Zum Inhalt der Seite

Bis ans Ende der Welt

Das Schwert folgt stets dem Herzen
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Sturm

Verwundert blickte Hix sich um, als er gemeinsam mit Rim auf das Deck hinaustrat. Schwarze Wolken hatten sich am Himmel zusammengebraut, sie waren so dicht geballt, dass es aussah, als würde es genügen, die Hand auszustrecken, um sie zu ergreifen.

Die See schien wahrlich zu toben, es kam ihm wie ein Wunder vor, dass sie davon bislang nichts weiter mitbekommen hatten. Möglicherweise waren sie so sehr in ihr Gespräch vertieft gewesen.

Passagiere waren keine mehr zu sehen, lediglich Matrosen liefen geschäftig umher, aber Hix konnte erkennen, dass sie äußerst routiniert aussahen. Solche Situationen waren ihnen also nicht unbekannt. Es war gut möglich, dass sie auf diesen Breitengraden öfter in einen Sturm gerieten.

Rims besorgtes Gesicht verhieß ihm allerdings nichts Gutes. Ihr Blick war auf eine Wolkenbank gerichtet, wo blendende Blitze zuckten.

„Was ist los?“, hakte Hix nach, obwohl ihn das Gefühl erfüllte, dass er es gar nicht wissen wollte.

„Dieser Sturm ist nicht normal. Ich glaube, jemand will nicht, dass wir unser Ziel erreichen.“

„Vielleicht dieser Dougal?“

Rim schüttelte mit dem Kopf, doch gleich darauf zuckte sie mit den Schultern. „Ich glaube es nicht. Er dürfte gar nicht wissen, dass wir auf dem Weg zu ihm sind.“

Nachdenklich wandte sie sich ab und ging an die Reling, um ins Wasser zu blicken. Hix folgte ihr, um sie wieder zurückzuziehen, bevor sie noch in den Ozean fiel. Doch ihre Anspannung hielt ihn davon ab, sie auch nur anzufassen. „Was ist denn?“

Sie antwortete nicht, was seine Nervosität ins Unermessliche steigerte. Vorsichtig warf er ebenfalls einen Blick ins Wasser, was er gleich darauf zutiefst bereute. Ein länglicher Schatten glitt unter ihnen durch den Ozean und egal wie Hix es betrachtete, ein bedrohliches Gefühl ging davon aus.

Hastig wich Rim von der Reling zurück und wirbelte herum. „Ich muss Ailis holen.“

Ehe der Kriegerlehrling fragen konnte, weswegen sie diese Frau holen wollte, fuhr erneut eine heftige Erschütterung durch das Schiff. Die Matrosen schrien überrascht auf, Rim stürzte zu Boden, Hix ging in die Knie und klammerte sich automatisch an die Reling. Sein Magen schien sich einmal um sich selbst zu drehen, ein flaues Gefühl blieb zurück. Das Deck zitterte unter seinen Füßen, er glaubte zwischen dem Tosen des Sturms auch das Ächzen des Holzes zu hören.

Was immer das im Wasser war, es schien es auf das Schiff abgesehen zu haben. Aber weswegen?

Das Verhalten der Matrosen, die bereits wieder aufstanden, um mit ihrer Arbeit fortzufahren, sprach dafür, dass das normal war, während Rims Worte dagegensprachen. Er wünschte sich, den Matrosen glauben zu können, immerhin würde ihm das ein wenig Sicherheit geben, aber das Mädchen schien ihm doch verlässlicher.

Zu blöd...

Mit unsicheren Schritten lief er zu Rim hinüber, um ihr wieder aufzuhelfen. „Sei lieber vorsichtig. Warum willst du Ailis überhaupt holen?“

Ihre Panik würde doch ohnehin nur dazu führen, dass sie über Bord gehen oder einen von ihnen behindern würde, falls es zu einem Kampf kommen sollte.

Rim wollte gerade antworten, als ihre Augen sich vor Schreck weiteten und sie wieder verstummte. Sie starrte auf etwas hinter Hix, was diesen in einen Zwiespalt führte. Er wollte sich umdrehen, um herauszufinden, was sie da ansah, aber andererseits wusste er genau, dass er es bereuen würde.

Doch als selbst die Matrosen nach und nach stehenblieben und mit geöffneten Mündern auf diesen Punkt sahen, konnte er nicht mehr anders.

Hix wandte den Kopf – und zuckte zusammen. Der längliche Schatten aus dem Wasser erstreckte sich nun senkrecht schwebend in der Luft, das schlangenförmige Wesen maß gut und gern über drei Meter, wobei er sich da allerdings nicht festlegen wollte. Die schwimmhautartigen Auswüchse an der Seite schienen es schweben zu lassen. Die glühenden Augen zogen sämtliche Aufmerksamkeit auf sich, weswegen erst eine weitere Bewegung notwendig war, um die von Hix woanders hinzulenken.

Riesige Eiskristalle zogen rund um das Wesen ihre Bahn.

Der Kriegerlehrling konnte es sich nicht erklären, aber ihn beschlich der Gedanke, dass er diesen Anblick schon einmal gesehen hatte, er war sich nur nicht sicher, in welchem Zusammenhang. Zu diesem Zeitpunkt musste er auf jeden Fall angespannt gewesen sein, der Geruch von Schweiß und Blut kroch ihm für den Bruchteil einer Sekunde in die Nase. Kaum verdrängte er diese Erinnerung wieder, verschwand auch der Geruch.

Allerdings sah er sich immer noch mit diesem Wesen konfrontiert, von dem er nicht wusste, was es wollte. Aber was konnte so ein Etwas auch schon wollen?

„Rim...?“

Er sah das Mädchen nicht an, aber er war sich sicher, dass sie das nicht störte, da sie ebenfalls auf das Ungetüm starrte, was ihre knappe Antwort ihm auch bestätigte: „... Huh?“

Mit zitternder Hand deutete er überflüssigerweise darauf. „Was... ist das?“

Er konnte hören, wie sie schluckte. „Es ist ein Wasserdrachen, der aus der Welt der Leere kommt...“

Das sagte dem Kriegerlehrling tatsächlich etwas. Aus der Welt der Leere stammten die durch die Torrune beschworenen Monster – daher war die Rune des blauen Tores auch mit dieser verbunden und dieser Drache gehörte dazu. Luc hatte ihn oft im Kampf beschworen, daran erinnerte Hix sich.

„Und wie kommt er jetzt ausgerechnet hierher?“

Es fiel dem Kriegerlehrling schwer, sich vorzustellen, dass jemand an Bord des Schiffes seinen eigenen Tod beim Untergang riskieren würde. Außerdem war das Wesen schon viel zu lange hier, normalerweise schaffte die Rune immer nur ein kurzes Zeitfenster für den Angriff.

„Wenn ich das wüsste“, murmelte Rim.

Das Wesen fixierte den zitternden Hix mit seinen glühenden Augen, die ihn direkt aufzuspießen schienen. Dennoch wich er nicht zurück, sondern erwiderte den Blick. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, die Augen eines Menschen zu sehen, die ihn amüsiert beobachteten.

So ein Unsinn!, verwarf er den Gedanken wieder. Das ist doch nicht möglich.

Schließlich brach der Blickkontakt wieder ab, als das Wesen den Kopf nach hinten legte ein lautes Kreischen ausstieß, bei dem sogar die Eiskristalle zu zittern begannen und für einen kurzen Moment aus ihrer Bahn gerieten.

Erschrocken fiel einer der Matrosen zu Boden. „E-es wird uns alle töten!“

Auf diesen Ausruf hin begannen sie hektisch durcheinanderzurennen, bis einer nach dem anderen schließlich vom Deck verschwunden war, selbst jener, der zuerst gefallen war. Lediglich die beiden Reisenden blieben zurück.

Rim klammerte sich an Hix. „Das sieht nicht gut aus, das sieht nicht gut aus...!“

Ihre aufkommende Panik erinnerte ihn an Ailis, was ihm nicht sonderlich half, seine eigene Furcht zu unterdrücken.

„Was sollen wir tun?“

Er deutete ein Kopfschütteln an, das zeigen sollte, dass er es selbst nicht wusste. Was sollten sie auch gegen ein solches Ungetüm ausrichten?

Für einen kurzen Moment konnte Hix den Schwanz der Bestie sehen, als dieser kraftvoll das Wasser peitschte und sowohl das Meer als auch das Schiff in Aufruhr versetzte.

Erneut gab das Holz ein lautes Ächzen von sich in dem zu erahnen war, dass es dem Druck nicht mehr lange standhalten würde.

Hix wollte sich schon Sorgen machen – als er plötzlich spürte, wie er von seinem Platz zu rutschen schien.

Die Sorgen wurden von einer plötzlichen Panik verdrängt, als er er realisierte, dass sich das Schiff zur Seite neigte und er und Rim auf die Reling zurutschten. Erst langsam, doch dann knallten sie beide mit voller Wucht dagegen. Hektisch schnappte Hix nach Luft, nachdem ihm sämtlicher Sauerstoff aus den Lungen gepresst worden war.

Allerdings blieb ihm nicht viel Zeit, darüber nachzudenken. Das Schiff neigte sich weiter, er verlor den Boden unter den Füßen und war im nächsten Moment von Wasser umgeben, das auch den fehlenden Sauerstoff in seiner Lunge zu ersetzen versuchte.

Er wollte wieder zurück an die Oberfläche schwimmen, doch weder Arme noch Beine reagierten auf seine Gedanken, weswegen er hilf- und machtlos nur mitansehen konnte, wie sich die Oberfläche immer weiter zu entfernen schien, genau wie in seinen Albträumen.

Allerdings verspürte er keine Furcht oder dergleichen, sondern nur eine tiefe innere Zufriedenheit.

Seltsam... unter Wasser scheint es nicht zu stürmen...

Etwas durchbrach die Oberfläche und schien sich auf ihn zuzubewegen, aber der schwarze Schleier vor seinen Augen machte es ihm unmöglich, zu sehen, was es war.

Mit einem lautlosen Seufzen schloss er die schwer gewordenen Augenlider und gab der wärmenden Umarmung der Ohnmacht nach.
 

In Falena gab es derweil zwei Personen, welche die Geschehnisse auf dem Meer interessiert beobachteten. Der Mann, der am Tisch saß und gebannt in die Kugel starrte, die diese Ereignisse zeigte, schien besonders angetan davon zu sein, seine goldenen Augen glitzerten amüsiert und überdeckten die darin vorherrschende Kälte. Sein langes schwarzes Haar bildete einen Kontrast zu dem silbernen seines Schülers, der neben ihm stand und unbewegt ebenfalls in die Kugel sah. Der Jüngere schien sogar recht gelangweilt von der Darbietung zu sein. Im Gegensatz zu seinem Meister interessierte ihn das Leid anderer – oder andere allgemein – nicht sonderlich, weswegen er kein Vergnügen aus solchen Dingen zog.

Zufrieden lehnte der Meister sich zurück, als das Schauspiel schließlich beendet war.

„Und was sagst du, Cain?“

Die selbstgefällige Stimme des Mannes erfüllte den finsteren Raum und unterstrich die machtvolle Aura seines Besitzers.

Der angesprochene Schüler wandte ihm den Kopf zu. „Ich verstehe immer noch nicht, warum Ihr Eure Zeit mit so etwas verschwendet, Meister Lances.“

Kaum jemand würde es wagen, so mit diesem Mann zu sprechen, doch in seiner Stimme klang immer noch Respekt, auch wenn seine Worte diesen vermissen ließen.

Lances sah Cain lächelnd an. Es war eine hochmütige Grimasse, die jedem sagte, für wieviel besser er sich im Vergleich zu seinem Gegenüber hielt – Cain war dagegen allerdings inzwischen immun, weswegen er sich nicht darum scherte.

„Du hältst das wirklich für Zeitverschwendung? Cain, Cain, Cain, du solltest deinen Meister langsam kennen. Ich verschwende gar nichts, ich arbeite stets in weiser Voraussicht.“

„Und weswegen verhindert Ihr, dass ein Versager wie er Falena erreicht?“

Er verstand es einfach nicht. Warum fürchtete sein Meister, der von seinesgleichen gefürchtet und gleichermaßen geächtet wurde, sich vor einem kleinen Kriegerlehrling aus Toran?

„Manchmal haben die größten Ereignisse die kleinsten Auslöser“, belehrte Lances ihn. „Das solltest du dir für die Zukunft merken.“

Cain rollte mit den Augen, was seinem Meister keineswegs entging. „Offenbar langweile ich dich. Das trifft sich gut, denn ich habe eine neue Aufgabe für dich.“

Unbewusst straffte Cain seine Schultern in Erwartung des Auftrags.

„Du hast mir doch erzählt, dass Dougal derzeit einen Gast beherbergt, oder?“

Der Schüler runzelte seine Stirn, Er erinnerte sich noch gut an diese rothaarige Frau von der ein gewisser Grad an Magie ausgegangen war, weswegen er seinem Meister davon erzählt hatte. Sein eigener Verdacht, dass sie möglicherweise eine Schülerin Dougals war, wurde von Lances allerdings nicht geteilt. Was sein Meister dann allerdings annahm verriet er ihm nicht.

„Was ist mit ihr?“, hakte Cain nach.

„Ich habe mir ein hübsches Spiel überlegt“, sprach Lances weiter, was zu einem erneuten Augenrollen bei seinem Schüler führte. „Na na na, ahne ich da Widerworte?“

„Natürlich nicht. Verzeiht, Meister. Fahrt bitte fort.“

Zufrieden mit dieser Reaktion nickte Lances. „Dougal plant etwas gegen mich und daher nehme ich mir das Recht heraus, ihn darin zu behindern.“

Er würde es auch tun, wenn Dougal nichts gegen ihn planen würde, fuhr es Cain durch den Kopf, doch er verwarf den Gedanken wieder und konzentrierte sich weiter auf Lances' Worte.

„Du wirst seinem Gast zur Flucht verhelfen und dafür sorgen, dass er sie nicht wieder in die Hände bekommt. Und glaub mir, er wird sehr verzweifelt versuchen, das zu schaffen.“

Ein zufriedenes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er sich vorstellte, wie alles idealerweise ablaufen sollte. Cain wünschte sich, diesen Enthusiasmus teilen zu können, doch er fühlte sich bereits im Voraus genervt von dieser Aufgabe.

Lances schien das genau zu spüren, denn plötzlich wandelte sich sein Lächeln in ein annähernd herzliches, als er seinen Schüler ansah. „Diese Aufgabe dürfte jemandem wie dir keinerlei Probleme bereiten. Im Anschluss werde ich dir auch wieder etwas von deiner Mutter erzählen.“

Der Anflug eines Lächelns erschien bei diesem Versprechen auf Cains Gesicht. Sofort verflog jeder Vorbehalt gegen die neue Aufgabe. „Sehr wohl, Meister Lances.“

„Dann mach dich auf dem Weg und enttäusche mich nicht.“

„Selbstverständlich nicht.“

Cain fuhr herum und verließ den Raum mit großen Schritten. Schmunzelnd legte Lances die Fingerspitzen aneinander. „Wenn es nur mehr Leute gäbe, die so leicht zu manipulieren sind...“

Er lachte leise und schon bald erfüllte das geisterhafte Echo seines Lachens den ansonsten leeren Raum.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  LeanaCole
2011-03-12T21:14:31+00:00 12.03.2011 22:14
Luc hatte ihn oft im Kampf beschworen, daran erinnerte Hix sich.

Luc!!! X3

Der Mann, der am Tisch saß und gebannt in die Kugel starrte

Heimkino vom Feinsten XDDDDDDD

weswegen er kein Vergnügen aus solchen Dingen zog.

Ja, was machste den sonst, um Spaß zu haben, Cain?

„Und weswegen verhindert Ihr, dass ein Versager wie er Falena erreicht?"

Erstens: Der Titel gehört schon Landis XD
Zweitens: Falena braucht nicht zwei Versager~

Yay! Tolliges Kapitel. Spannend und cool~ Cain macht doch immer wieder eine gute Figur *schnurr*
Und Lances hast du sehr gut dargestellt. Ich hätte es nicht besser machen können. Du hast wohl ein Talent über meine Charas zu schreiben *zu Lea schiel*
Hoffentlich sehen wir Cain und Lances bald wieder X3


Zurück