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Bis ans Ende der Welt

Das Schwert folgt stets dem Herzen
von

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Getrennte Wege

Überraschenderweise dauerte es gar nicht lange, bis sie wieder in der Messingburg ankamen. Die Aufräumarbeiten waren bereits abgeschlossen wie Hix rasch feststellte, es war als wäre nie etwas geschehen.

Wären da nicht die lebhaften Erinnerungen an die Ereignisse gewesen, hätte er wirklich geglaubt, dass das alles nur Teil seiner Einbildung gewesen war.

Gemeinsam mit Fion und Ailis legte er den Weg in den westlichen Teil der Stadt zurück. Sogar der Grenzübergang war bereits wieder intakt, doch bislang noch ohne nennenswerte Anzahl Personen, die hindurch wollte. So dauerte es nicht lange, bis die kleine Gruppe sich wieder im Westen befand.

Vor dem Runenladen stand ein mit einem sternenübersäten Tuch verhangener Tisch. Ein kleines in Weiß gekleidetes Mädchen saß darauf, das rosa Haar war hochgebunden, die blauen Augen blickten ernst umher. Was Hix' Blick allerdings auf sich zog war ein Teil einer Metallkette, das von einer Befestigung an ihrem Hals herabhing. Es machte den Eindruck als wäre sie ein Hund, der sich von seiner Halterung losgerissen hatte. Woher kam dieses Kettenstück wohl?

Als sie die kleine Gruppe sah, sprang sie von dem Tisch herunter. Mit in die Hüften gestemmte Arme sah sie ihnen entgegen. „Da seid ihr ja endlich! Ich dachte schon, ihr macht Urlaub!“

Hix schluckte, als er ihre angesäuerte Stimme vernahm, die ihr niedliches Äußeres Lügen strafte.

Fion und Ailis ließen sich davon allerdings gar nicht beeindrucken.

„Tut uns Leid“, sagte er. „Es hat etwas länger gedauert.“

„Bedank dich dafür bei ihm~“, säuselte Ailis und deutete zu Hix hinüber.

Fion zischte ihr etwas zu, was der Kriegerlehrling nicht verstehen konnte, worauf sie sich allerdings seufzend entschuldigte. „Aber jetzt sind wir ja da.“

„Wurde aber auch wirklich Zeit!“, setzte das Mädchen nach. „Hier ging gestern alles drunter und drüber und ihr habt's verpasst.“

„Wir haben die Quelle verfolgt, Dummerchen“, erwiderte Ailis amüsiert, doch sie erntete einen wütenden Blick des Mädchens dafür.

„Woher sollte ich das denn wissen?“, herrschte sie die Größere an. „Es hieß, ihr wolltet nur zu dem Mädchen, das Dougal hergebracht hat und dann seid ihr verschwunden!“

Beruhigend hob Fion die Hände. „Es ist schon gut, Zarah. Dougal und das Mädchen sind uns leider entwischt, aber wir haben dafür ihren Freund mitgebracht.“

Er zeigte auf Hix, als er den Kriegerlehrling dem Mädchen vorstellte. Sie wirkte alles andere als begeistert, aber sie sah auch nicht wütend aus, als sie ihm zunickte. Er erwiderte das Nicken.

„Hix, das ist Zahra“, fuhr Fion fort. „Sie ist meine Begleiterin, von der ich gesprochen habe. Mit ihrer Hilfe kann ich das Tor wieder öffnen und Dougal folgen.“

Neue Hoffnung erwachte in dem Kriegerlehrling. „Dann werde ich Tengaar bald wiedersehen?“

Zarah schnaubte. „Glaub bloß nicht, dass ich dich mitnehme. Das ist viel zu gefährlich für so 'nen Grünschnabel wie dich.“

Irritiert musterte er das Mädchen genauer. Doch egal wie er sie betrachtete, sie erschien ihm immer jünger als er selbst. Er schätzte sie nicht alter als zehn, also warum bezeichnete sie ihn als Grünschnabel? Galt das normalerweise nicht anders herum?

Ailis schnalzte mit der Zunge. „Mhm, sie wird dich wirklich nicht mitnehmen, tut mir Leid.“

„Es ist besser, wenn du hier bleibst“, bestätigte Fion. „Es könnte gefährlich werden.“

„Aber es geht um Tengaar“, warf Hix ein. „Ich muss ihr helfen!“

Die drei Personen im gegenüber tauschten Blicke miteinander, die ihm allesamt nicht gefallen wollten. In jedem einzelnen las er Geringschätzung und etwas, das ihm sagte, dass er nur als Hindernis galt.

Schmunzelnd wandte Ailis sich ihm schließlich wieder zu. „Komm schon, wir bleiben zusammen hier, das wird lustig. Du darfst auch Zielscheibe bei meinen Messervorführungen spielen.“

Wenn der letzte Satz wie ein wohlwollendes Versprechen klingen sollte, so hatte er seine Wirkung eindeutig verfehlt. Hix runzelte seine Stirn. „Ich würde lieber Tengaar retten...“

„Das geht aber nicht!“, sagte Fion, diesmal mit mehr Nachdruck. „Zarah und ich gehen allein.“

Der Kriegerlehrling zuckte zusammen, als der Mann seine Stimme hob. Jeglicher Widerspruch blieb ihm im Hals stecken, es schien ihm wirklich äußerst ernst zu sein.

Das Mädchen schnaubte erneut. „Ganz genau! Also worauf warten wir noch?“

Es kam Hix mehr als nur surreal vor als die beiden sich plötzlich in Richtung Osten wandten und davonliefen, ohne Gepäck mitzunehmen oder dass er noch einmal Einspruch erhob.

Während er ihnen hinterhersah, überlegte er, warum er nur schweigen konnte, statt etwas zu sagen und für seinen Willen einzustehen, bis zum Letzten, wenn es sein musste.

Zu einem großen Teil lag es wohl an dem selbstsicheren, fast schon aggressiven, Auftreten der beiden. Sie schienen genau zu wissen, was sie tun und was sie dabei nicht gebrauchen konnten – und in diesem Fall war das zufällig er.

Aber warum kamen sie auf die Idee, dass er ihnen so sehr im Weg stehen könnte?

Sicher, er war nicht der beste Schwertkämpfer, aber bei Weitem auch nicht der Schlechteste. Besonders wenn es um Tengaar ging, wuchs er über sich hinaus.

Andererseits kannten Fion und Zarah den Entführer offenbar und wussten etwas über ihn, was Hix nicht wissen konnte. Vielleicht würde er also wirklich nur unnötig im Weg stehen.

Ailis holte ihn aus seinen Gedanken, indem sie ihm eine Hand auf die Schulter legte. „Nicht so trübselig, mein Lieber. Du wirst sehen, Fion und Zarah werden im Handumdrehen wieder da sein, du kannst deine Freundin in die Arme schließen und alles wird gut sein.“

Ihr Lächeln verriet, dass sie tatsächlich glaubte, was sie ihm erzählte. Hix dagegen fiel es schwer, auch daran zu glauben. Er wollte es, aber das schlechte Gefühl in seinem Inneren verhinderte diesen Glauben.

„Komm erst mal mit rein~“, sagte sie. „Wir sprechen drinnen ein wenig.“

Mit sanfter Gewalt führte sie ihn in den Runenladen – wo Hix ungläubig auf ein kleines, am Tisch sitzendes Mädchen sah. „B-bist du nicht gerade...?“

Ohne etwas zu sagen deutete er hinaus, doch als das Mädchen ihn lächelnd ansah, wusste er, dass es sich bei diesem um ein ganz anderes handelte, auch wenn sie genauso aussah wie Zarah.

Ailis lachte leise. „Hix, das ist Rim. Die Zwillingsschwester von dem kleinen Biest, das du eben kennen gelernt hast. Im Gegensatz zu dem ist Rim aber ein wahrer Engel. Stimmt's, Kleine?“

Das Mädchen lächelte verlegen. „Wenn du es sagst, Ailis.“

Jedenfalls war dieses Kind ihm wesentlich sympathischer als die Schwester, soviel war sicher.

„Rim, das ist Hix. Der Freund von Dougals Opfer.“

Mit großen Augen sah das Mädchen ihn an. „Oooh~ Dougal war begeistert von ihr, sie muss ein toller Mensch sein.“

Was genau meinte sie damit? Hix konnte sich keinerlei Reim darauf machen.

Vor allem verstand er immer noch nicht, was dieser Mann mit Tengaar wollte.

„Ailis, kannst du mir jetzt erzählen, was Dougal will?“

Sie machte eine einladende Geste, damit er sich zu ihr und Rim an den Tisch setzte. „Ich kann dir nicht wirklich alles erzählen, ich bin nicht Fion, ich weiß nicht viel von Dougal.“

„Das ist in Ordnung“, erwiderte Hix. „Hauptsache du weißt irgend etwas.“

Sie nickte. Für einen Moment schien sie nachzudenken, doch als er bereits ungeduldig zu werden begann, sprach sie weiter: „Seit einigen Jahren sucht Dougal nach bestimmten Mädchen. Sie alle sind in Magie bewandert und über viele Umwege mit Klift verwandt.“

„Dem Kreuzfahrer?“, hakte Hix nach.

„Ganz genau der. Tengaar ist allerdings die erste direkte Nachfahrin, die er aufspüren konnte.“

Wenn Hix die Geschichten richtig im Kopf hatte, war das nur logisch. Klift besaß keine anderen direkten Nachfahren außer jene, die im Dorf der Krieger lebten. Dass es überhaupt noch andere Mitglieder seiner Familie gab kam Hix erstaunlich vor. Sie mussten einem wahrhaft weit entferntem Zweig angehören, wenn nicht einmal Zorak davon wusste.

„Aber was will er mit diesen Mädchen?“, fragte Hix.

Ailis verzog ihr Gesicht als hätte er ihr gerade eine besonders ekelhafte Frage gestellt. Offenbar aber nur, weil sie dabei so angestrengt nachdenken musste. „Ich bin mir da nicht so sicher. Fion sagt es mir nicht und Dougal schon gar nicht – aber ich weiß, dass keines der Mädchen je wieder aufgetaucht ist, nachdem Dougal sie woanders hinbrachte.“

Hix' Herz rutschte augenblicklich in seinen Magen. „Sie tauchten nicht mehr auf? Was bedeutet das?“

Ailis und Rim tauschten einen unsicheren Blick miteinander aus, der nicht gerade hilfreich war, um Hix wieder neuen Mut zuzusprechen. Schließlich sahen beide wieder ihn an. „Na ja~ Viel Auswahl bleibt nicht mehr übrig, oder?“

„A-a-aber warum tut er das?“, fragte Hix schockiert.

Ailis vollführte eine Geste mit der Hand, die ausdrücken sollte, dass sie es selbst nicht wusste. „Was denkst du denn?“

Er wollte gar nicht erst darüber nachdenken, besonders nicht, da nun Tengaar diejenige war, die das Opfer sein würde. Erneut erwachte der Wunsch, sie zu retten, dieses Mal um einiges stärker als zuvor. Er musste sie einfach retten, ihm blieb keine andere Wahl!

„Ailis, weißt du, wo Dougal hin ist?“

Sie blickte ihn überrascht an. „Klar weiß ich das. Ist auch nicht weiter schwer, der Gute hat nur ein Haus. Aber warum fragst du das?“

Rim sah die Frau an, in ihrem Blick war eindeutig zu sehen, dass sie an ihrem Verstand zweifelte. Hix ging es ähnlich, selbst er fand seinen Gedankengang im Moment ganz einfach zu Durchschauen. „Ich will, dass du mich dort hinbringst!“

Seine eigenen Worte und die Entschlossenheit, mit denen er sie aussprach, überraschten ihn selbst. Aber es ging immerhin um Tengaar, da durfte er nicht nachlassen, er musste ihr helfen!

„Das werde ich aber nicht“, erwiderte Ailis stur. „Wir können das Tor sowieso nicht mehr benutzen, Fion wird es verschließen.“

„Dann nehmen wir einen anderen Weg!“

Er würde nicht nachgeben, keinen Zentimeter. Wenn es sein müsste, würde er sie persönlich quer über den Kontinenten tragen.

Sie verzog ihr Gesicht, offenbar gefiel ihr der Zielort nicht – oder der Weg zu diesem Ort.

„Aber das geht nicht“, jammerte sie leise.

„Warum nicht?“

Streng sah er sie an, was selbst für ihn ein äußerst ungewöhnliches Gefühl war. Er wusste nicht einmal, wie sein strenger Blick wohl aussah. Aber im Moment war das auch egal, denn offenbar wirkte es auch ohne sein Wissen. Ailis sank tiefer auf ihrem Stuhl. „Wir müssten lange mit einem Schiff fahren – und ich hasse Wasser!“

Wenn er an ihr Verhalten im Dorf der Enten zurückdachte, war Hass der falsche Ausdruck dafür – panische Angst passte eindeutig besser.

„Das ist lächerlich!“, wischte er den Einwand beiseite. „Das bisschen Wasser wird dich nicht umbringen!“

Im nächsten Moment bereute er bereits, das gesagt zu haben. Statt ängstlich wirkte sie plötzlich wütend, ihre Augen blitzten auf, als sie seinen Blick erwiderte. „Du hast doch keine Ahnung!“

Ihr plötzliches Fauchen verunsicherte ihn wieder. Er sah zu Rim hinüber, doch sie hob nur die Schultern, ihr Seitenblick zu Ailis verriet ihm, dass sie anscheinend etwas wusste, aber im Moment nichts sagen konnte.

Ailis gewann durch seine erneute Verunsicherung wieder an Sicherheit. Bestimmend verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Wir gehen nicht und das ist mein letztes Wort.“

Es war verlockend, einfach nachzugeben, sich zu setzen und auf die Rückkehr der anderen zu warten. Aber es ging immer noch um Tengaar!

Der Gedanke an seine Freundin, die vermutlich gerade darauf wartete, dass er sie rettete, wenn sie denn schon wieder bei sich war, fachte seinen Mut erneut an, stärker als je zuvor. Er musste Ailis dazu überreden ihn zu begleiten oder ihm zumindest den Aufenthaltsort von Dougal zu verraten.

„Kannst du mir wenigstens sagen, wo er hin ist?“, fragte er hastig. „Wenn ich dir eine Karte gebe, kannst du es mir zeigen?“

Die in seiner Stimme mitschwingende Verzweiflung ließ Ailis' Blick wieder weich werden. Sie schien tatsächlich Mitleid zu empfinden, als sie verneinte. „Ich kenne den genauen Ort nicht und das Land, in dem er lebt, ist groß. Aber wenn ich in seiner Nähe bin, könnte ich dich hinführen.“

Kaum war sie wieder verstummt, fiel ihr auf, was sie gesagt hatte, weswegen sie noch hastig „Das heißt nicht, dass ich dich hinbringe“ hinzufügte.

Es fehlte nicht mehr viel, um den sanftmütigen Hix dazu zu bringen, Ailis kräftig durchzuschütteln, nur damit sie endlich ihre Sturheit aufgab und ihm half.

Er sah wieder Rim an. „Was ist mit dir? Kannst du mir helfen?“

Ihre Augen weiteten sich. „Ich? N-nein. Ich kann ihn nicht aufspüren.“

Obwohl sie verneinte, konnte Hix spüren, dass das Mädchen unter seinem Blick nachgab. Sie wandte sich nun ebenfalls an Ailis. „Vielleicht sollten wir ihn doch hinbringen...“

Doch die Frau schüttelte energisch mit dem Kopf. „Nein! Jetzt fang du nicht auch noch an! Fion und Zarah erledigen das schon für uns.“

Hix befürchtete, dass dies tatsächlich das Ende der Diskussionen sein könnte, aber Rim schien entgegen ihres friedlichen Äußeren nicht so leicht aufgeben zu wollen. „Was, wenn nicht? Auch Meister Fion ist nicht unfehlbar – und Zarah auch nicht.“

Ailis gab immer noch nicht nach, aber ihre Verteidigung bröckelte bereits, sie sank wiederholt tiefer auf ihrem Stuhl, noch einmal und sie würde auf dem Boden sitzen. Entschieden, scheinbar um sich selbst Mut zu machen, schüttelte sie noch einmal den Kopf. „N-nein...“

„Willst du wirklich Schuld an noch einem verschwundenen Mädchen sein?“, fragte Rim.

Hix fragte sich, was das bringen sollte. Mit Sicherheit würde Ailis nicht interessieren, was mit den Mädchen geschah, die sie nicht einmal kannte.

Doch offenbar hatte er sie da ganz falsch eingeschätzt. Ein lautes Seufzen begleitete das Zerbrechen ihrer Barriere. „In Ordnung – aber nur unter Protest!“

Erleichterung, wie nach einem bestandenem Kampf, durchströmte Hix. Nein, hier war es sogar noch besser. Er hatte nicht nur diesen Kampf gewonnen – wenn auch nur mit Hilfe von Rim – nein, er würde nun auch Tengaar retten können. Seine Tengaar.

Während Ailis und Rim sich hastig daran machten, ihre Sachen zu packen, sah Hix derweil aus dem Fenster in den Himmel. Er stellte sich vor, dass Tengaar im selben Moment ebenfalls in das unendlich scheinende Blau sah. Von diesem Gedanken beseelt legte er eine Hand auf den Griff seines Schwertes und leistete den stillen Schwur, sie zu retten, egal, wo sie sich nun befinden würde – und wenn er dafür bis ans Ende der Welt reisen müsste.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  LeanaCole
2010-07-22T11:34:17+00:00 22.07.2010 13:34
Wah~ Ich liebe kleine Zwillinge~ Und die beiden sind besonders tollig und sehen so niedlich aus~ X3
Darf ich sie haben? :D

Wenn es sein müsste, würde er sie persönlich quer über den Kontinenten tragen.
Ach komm. Du wirst es nicht mal aus der Stadt mit ihr auf dem Arm schaffen XD

Der letzte Satz gefällt mir besonders gut. Passt so schön zum Titel der FF XDDD
Außerdem fand ich es lustig, wie Hix sich am Ende doch durchgesetzt hat und Ailis immer kleiner wurde. Das war schön lustig XD


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