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Schicksalsschläge

von Leben und Vergangenheit
von

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Verlust - Zerberus

Der Morgen war nebelig und kalt, wie es hier eigentlich immer war. Schnee lag in hohen Wehen auf den Wegen und machte das Laufen zur Qual. Noch lag das Dorf still und schlafend da. Nur ein einsames Licht brannte und das dumpfe Schlagen eines Schmiedehammers auf Metall störte die Ruhe.

Durch dieses Geräusch geweckt tappte ein Junge die Treppe seines Elternhauses hinab und rieb sich die eisgrauen Augen. Sein kurzes schwarzes Haar war durcheinander von einer unruhigen Nacht. Langsam betrat er die Schmiede und sah den Mann am Amboss mit großen Augen an. „Warum arbeitest du schon so früh, Papa?“

Andor hielt inne und sah auf seinen Sohn hinunter „Geh wieder schlafen, Zerb… Es ist noch dunkel.“

„Ich mag aber nicht mehr… außerdem bist du zu laut“ murrte der Junge und sah sich in der Schmiede um, ehe er ein langes Schwert hervorzerrte „Wow… das ist aber groß“

Der Schmied schmunzelte und ließ den Hammer auf dem Amboss ruhen um zu dem Jungen zu gehen und ihm das Haar zu zausen. „Das ist doch noch viel zu groß für dich, mein Junge… lass es liegen“

„Ich will’s aber haben!“

Andor seufzte resignierend „Wenn du älter bist und es brauchst, ok?“

„Na gut…“

Der Schmied nickte noch mal kurz „Geh jetzt wieder hoch… Es ist zu gefährlich hier“ Damit begab er sich wieder an seine Arbeit und der Junge namens Zerberus lief wieder hinauf.

So ging es Tag ein Tag aus. Der harte Winter im Hochland zog herein und die Schmiede war bald ein viel besuchter Platz, bot sie doch immer Wärme durch das lohende Feuer der Esse. Doch dieser Winter sollte nicht enden wie die anderen.

Es wurde dunkel. Einer der letzten Tage der harten Zeit ging gerade vorbei, da erklangen von draußen laute Schreie. Andor hob ruckartig den Kopf und wandte sich zur Türe. Als der Junge herunter kam und fragte was denn los sei, schluckte der Schmied kurz „RUNTER! Geh in den Keller, Zerb! UND BLEIB DORT!“

Zerberus reagierte erschrocken und gehorchte. Noch nie hatte sein Vater ihn so angeschrien.

Andor selbst lief hinaus.

Auf der Straße herrschte reges Durcheinander. Die Menschen liefen herum und riefen nach ihren Lieben oder rannten einfach um ihr Leben. Doch weshalb? Andor sah sich suchend um, doch lange brauchte er das nicht. Über den Häusern erhob sich ein gewaltiges schauerliches Wesen. „Ihr Götter!“ entfuhr es dem Schmied. Was nun? Er blickte zum Haus. Wäre sein Sohn im Keller sicher? Vorerst gewiss, aber das Biest durfte nicht ans Haus heran kommen.

Andor packte also sein Schwert und lief los, durch die Menge kämpfte er sich auf den Drachen zu und griff an. Er hatte kaum eine Chance, das wusste er aber er wollte nicht auch noch den Sohn verlieren, nachdem er schon seine Frau begraben hatte.

Doch Andor sollte versagen. Sein erster Angriff fehlte und der Schweif des Drachen lehrte ihn das Fliegen. Er krachte gegen eine Hauswand und rutschte daran hinunter. Ein Balken brach, traf seine Stirn und schickte den Schmied in Dunkelheit.
 

In seinem Versteck zusammengekauert hockte Zerberus. Das Schwert, das sein Vater ihm immer verwehrt hatte, lag neben ihm. Er hörte die Schreie und das Brüllen des Drachen. Doch Zerb wagte nicht hinaus zu sehen. Die Zeit schien still zu stehen und sein Herz hämmerte wild in seiner Brust. Dann schrak er hoch. Über ihm krachte es und staub rieselte durch die Dielen hinunter. Zerb hustete und rieb sich die Augen. Da wieder ein Krachen, diesmal lauter. Dielen brachen, Balken stürzten zu Boden. Das Haus! Das Haus stürzte über ihm zusammen und Zerb konnte nicht mehr hinaus.

Als der Staub sich endlich lichtete, hockte der Junge zerschrammt und blutend in einem kleinen Hohlraum. Draußen rief jemand, wühlte in den Trümmern. Der Junge sah auf, doch er sagte nichts. Die Angst schnürte seine Kehle zu. Das Rufen wurde lauter, energischer, panisch. Jemand rief seinen Namen. Immer und immer wieder. Doch Zerb schwieg weiter. Erst nach gefühlten Stunden hob er den Kopf und rief: „PAPA! Hier bin ich! Hilf mir Papa!“

Aber seine Rufe blieben unerhört. Zerb weinte und umklammerte seine Knie. „Papa…“ Hatte man ihm im Stich gelassen? Weinend versuchte der Junge sich frei zu kämpfen. Nutzte das Schwert neben sich als Hebel um Balken und Steine beiseite zu räumen.

Endlich draußen bot sich dem Jungen ein grausiges Bild, dass ihn nie mehr loslassen sollte: Das Dorf lag in Trümmern. Überall lagen Leichen und es stank regelrecht nach Feuer und Blut.

Zerberus, der in seinem jungen Leben noch nie einen Toten gesehen hatte, war geschockt und wich zurück. Sein Magen drehte sich um und nachdem er sich übergeben hatte, wurde es ihm klar: Dieses Massaker konnte niemand überlebt haben. Dennoch suchte er nach seinem Vater. Doch schließlich musste er wegen Hunger und Müdigkeit aufgeben und kauerte sich in den Resten der Schmiede zusammen. Tage verbrachte er hier alleine, bis ein Schatten über ihn fiel. Als er aufsah, erblickte er eine Elfe, die ihn mit bedauerndem Lächeln musterte. „Es tut mir leid, mein Junge“ meinte sie leise

„Hast du meinen Papa gesehen?“ schniefte Zerb leise

„Nein… nein leider nicht, aber erstmal müssen wir dir was zu Essen besorgen und dann versuch etwas zu schlafen“ Damit nahm sie die Hand des Jungen und verließ mit ihm das Dorf.
 

Zerb seufzte und strich dem Fuchs unter sich über den Hals. Er war immer noch ein Kind – gerade einmal fünfzehn Jahre alt. Das war kein Alter für jemanden mit seinen Ahnen. Das Schwert an seinem Gürtel wirkte viel zu gewaltig für den schlanken Jüngling. Neben ihm auf einem Schimmel saß die Elfe, die ihn einst gefunden hatte.

„Du willst es wirklich?“ fragte sie leise. „Willst du dir das antun, Zerb?“

Zerberus nickte „Ich muss es wissen. Ich weiß, dass ich ihn nicht finden werde, aber vielleicht finde ich einen Hinweis ob er noch lebt. Bitte, Cuil… halte mich nicht auf.“

Sie seufzte resignierend und zog ihr Pferd herum, um dem Jungen einen Kuss auf die Stirn zu hauchen. „Ich bin nicht deine Mutter, Zerb, aber ich liebe dich, wie meinen Sohn. Pass auf dich auf. Ich werde deiner Rückkehr harren.“ Mit diesen Worten verließ sie den Jungen.

Zerb sah ihr eine Weile schweigend nach, ehe er die Augen wieder nach vorn richtete. Er wusste nicht, ob er seine Zeit verschwendete, ob er etwas finden würde. Doch schon seit jenem Tage nagte es an ihm. Die Stimme, die ihn damals gerufen hatte, hallte in seinen Träumen wider.

Er schüttelte den Kopf und trieb den Fuchs an. Hinab in ein verschneites Tal und einen Wald, der im ewigen Winter erstarrt war.

Drückende Stille hielt Zerb in ihrem Bann, als er die Baumgrenze querte. Hier schien es kein Leben mehr zu geben. Kein Vogel, kein Wild, ja nichtmal eine Maus schien in diesem Wald zu leben. Nie hatte der Junge einen so leblosen Ort gesehen wie diesen Wald.

Es war Jahre her, seit der Drache hier gewütet hatte und doch hing die Aura des Todes noch immer wie ein Fallbeil über diesem Tal und Zerb spürte dies nur zu deutlich. Seine Nackenhaare stellten sich auf, ihm fröstelte trotz des warmen Fellmantels um seine Schultern. Seine Augen irrten unstet umher und suchten die Umgebung ab.

Zerb fühlte sich beobachtet, als würde irgendwo vor ihm ein dräuendes Untier auf ihn lauern, nur darauf wartend, dass der Halbelf einen Fehler machte und sei er noch so klein.

Er schüttelte den Gedanken ab. Zerberus war nicht hierher gekommen um wie ein kleines Kind wieder um zu kehren und vor einer eingebildeten Gefahr davon zu laufen. Nein, er wollte Antworten, wollte zu mindest einen Hinweis darauf haben, was damals geschehen war und ob sein Vater noch lebte.

Die Nacht brach herein, als er den Wald gerade zu einem Viertel durchquert hatte. Zerb suchte einen relativ geschützten Platz und stieg ab. Ein Feuer für die Nacht war bald entfacht und er ließ sich daneben nieder. Ob er schlafen würde? Er wusste es nicht. Immer wieder war ihm eingebläut worden, dass man bei solcher Kälte nicht schlafen sollte. Zerb starrte in die züngelnden Flammen. Stunde um Stunde zog vorbei. Kein Geräusch war zu hören, außer, wenn das Pferd sich regte, dass er nahe des Feuers angebunden hatte. Zerbs Augen fielen zu. Es dauerte nicht lange und er war trotz aller Vorsicht eingeschlafen.

Als er wieder erwachte, waren Stimmen um ihn herum. Die Worte verstand er nicht, denn es schienen alle gleichzeitig zu reden. Er kniff kurz die Augen zusammen und hob dann den Kopf. Zerb erschrak. Der Junge saß an einen Baum gelehnt, die Hände zusammengebunden. Um ihn herum standen mehrere dunkel gewandete Gestalten. Zerberus konnte keine Gesichter erkennen. Er ahnte aber, dass dies nichts Gutes zu bedeuten hatte. Hatte Cuil Recht? War es ein Fehler gewesen hierher zurück zu kommen? Zerb schüttelte den Kopf. Er musste hier weg, nur wie?

Einer der Männer trat auf ihn zu und ging vor ihm in die Hocke. Zerb sah kurz in zwei gelbe Augen, dann blitzte Stahl auf und nur Sekundenbruchteile später schoss sängender Schmerz durch seine Schulter.

Der Halbling schrie auf und keuchte. Er wusste nicht was das sollte und als er fragte, wurde die Klinge in seiner Schulter herumgedreht. Die Antwort blieb man ihm jedoch schuldig. So blieb ihm nur da zu sitzen und die Gestalten zornig an zu funkeln. Der Schmerz in seiner Schulter brachte ihn beinahe um den Verstand. Er kannte Schmerzen nicht, dies war seine erste Begegnung damit und es sollte wohl nicht seine letzte bleiben.

Tage vergingen in denen die Männer Zerberus mit sich schleiften. Immer tiefer ging es in die Berge. Der Junge war mittlerweile aus gehungert und seine Kräfte neigten sich rapide dem Ende zu. Man gab ihm nichts zu essen. Nichtmal Wasser bekam er und keine Rast blieb ihm vergönnt.

Endlich hielt der Trupp. Aufgeregt murmelten die Männer um ihn herum. Zerb hörte das Klirren und Schaben von Schwertern, die aus ihren Scheiden gezogen wurden. Müde und halb tot sah Zerb gerade noch wie eine Truppe Berittener auf sie zu kamen. Seine Augen fielen zu, während um ihn herum ein Kampf entbrannte, sackte er zusammen. Er merkte nicht mal mehr, wie ihn jemand vom eigentlichen Kampfgeschehen weg zog und ihm sein Schwert hinlegte.
 

Zerb erwachte erst wieder als bereits alles vorbei war und er war auch nicht mehr in den Bergen. Nein, Zerb lag in einem warmen Zimmer auf einem Bett. Er setzte sich auf und sah sich um. Die Wände hatten eine weißlich grau Färbung. Der junge erhob sich und sah sich genauer um. Jetzt auf den zweiten Blick bemerkte er, dass dies kein steinernes Gebäude war. Nein, die Mauern bestanden aus Knochen.

Zerb wich zurück und schluckte. Wo war er nun wieder hinein geraten?

An der Türe klopfte es, ehe ein Mann eintrat. Er hatte dunkle Sachen bei sich und legte sie auf einen Stuhl. „Ah, du bist also endlich wach? Das ist gut.“

Zerb legte den Kopf schief „Wer bist du? Wo bin ich hier?“

„Eines nach dem anderen, mein junger Freund. Zie dir erstmal ordentliche Kleider an und dann solltest du essen. Danach wird unser Großmeister dir alles erklären“

Zerb seufzte und tat wie ihm geheißen. Er zog sich an und ließ sich von dem anderen zum Esszimmer führen. Nach dem ersten ordentlichen Frühstück seit langem, wurde er zum Großmeister gebracht.

Dieser ältere Mann namens Skullmera erklärte Zerberus, dass er sich bei den Todesrittern befand und dass sie ihn in den Bergen als gefangener einer Organisation gefunden und dort heraus geholt hatten.

„Nun, bleibt nur noch eine Sache zu klären.“ erklärte der Großmeister. „Wie sollen wir weiter mit dir verfahren? Du kannst hier bei uns bleiben und wir werden dich zu einem der unseren ausbilden. Oder aber du ziehst wieder deiner Wege und wirst wahrscheinlich in weniger als einer Woche 6 Fuß unter der Erde liegen. Nun? Was ist dein Wille, mein Junge?“

Zerb schloss die Augen. „Ich... ich will nicht sterben.“ meinte er leise. „Ich will herausfinden ob mein Vater noch lebt. Doch wiese Welt ist gefährlich.“ Zerberus sah auf. „Ich bleibe hier.“

„Sehr gut.“
 

Die nächsten Jahre lernte Zerberus alles, was er wissen musste um sich bald einen Todesritter nennen zu können. Nekromantie war ein wichtiger Bestandteil seiner Ausbildung. Zerb erwies sich als lernwillig und begabt. Schnell teilte man ihm die erste Mission zu.

Viele kleine Missionen hatte er zuvor als Knappe eines anderen Ritters miterlebt. Bei einer war ihm ein junger Rabe in die Hände gefallen. Das Tier hatte sich einen Flügel und ein Bein gebrochen, als es vor einem Habicht geflohen war. Obwohl es ihm verboten worden war, hatte Zerb den verletzten Jungvogel unter sein Wams gesteckt und mit sich genommen. Sein Elfenblut verbat ihm ein Tier leidend zurück zu lassen. Im Stillen hatte er das Tier geflegt und nun war ihm der Rabe wie ein Bruder geworden. Zerberus nannte ihn Belt nach dem Helden einer Geschichte, die er noch aus sseiner Zeit in der Schmiede kannte. Fortan nahm er den Raben immer mit sich.

Zerberus' Weg zu seiner ersten eigenen Mission führte ihn nun, nach Beendigung seiner Lehrzeit, wieder in den Schnee. Die Kälte zog durch seine Kleider. Doch er ignorierte es. Aus dem halbwüchsigen Jungen, war ein Krieger geworden, der gelernt hatte mit Kälte, Hitze und gar Schmerzen um zu gehen. Doch nichts hatte ihn auf diese Schwierigkeiten vorbereitet. Er wusste, dass seine Mission schwierig werden würde, doch bald stand er vor einem ganzen Rudel von Feinden.

Obwohl er wusste, dass er keine Chance hatte, zog Zerberus sein Schwert und stürtzte sich in den Kampf. Er musste nur den Anführer dieser Diebesbande ausschalten, dann wäre sein Auftrag erledigt. Immer wieder traf ihn eine Waffe und fügte ihm blutende Wunden zu, doch er kämpfte weiter.

Irgendwann schaffte er es durch einen Zufall den Anführer tödlich zu verwunden. Nun erst zog sich Zerberus zurück und suchte sein Heil in der Flucht. Er lief immer weiter durch den Schnee und verschanzte sich in einer Höhle. Tiefer und tiefer ging er hinein, bis er über einen Stein stolperte. Als er sich wieder aufgerichtet hatte und den Stein nun genauer betrachtete, merkte er, dass dies in Wirklichkeit ein Schädel war: der knöcherne Kopf eines Pferdes.

Zerb strich darüber und erschauderte. Etwas löste sich von dem toten Tier und schwarzer Rauch erfüllte bald die Höhle. Wabernd verdichteten sich die Schatten, unwirkliches blaues Licht erfüllte die Luft. Bald darauf erklang ein Schnauben und vor Zerbs ungläubigen Augen, wurde aus dem Nebel ein Tier. Ein Nachtmahr mit blauem Feuer, wo sonst Mähne und Schweif wären. Glutrote Augen musterten den Ritter mit schauerlich intelligentem Blick. Zerb wich zurück, doch der Nachtmahr tat nichts um ihn an zu greifen. Er stand einfach da und sah Zerb weiter an.

In diesem Moment merkte Zerb es. Dieses Wesen gehörte nun zu ihm. Zerb war sein Meister, sein Herr. Er richtete sich auf und ging auf den Nachtmahr zu. Der Ritter hatte von sowas gehört, doch nur die besten Nekromanten konnten so etwas. Zerberus hatte einem vor Jahren verstorbenen Wesen wieder Leben gegeben. Er hatte den Geist des Pferdes wieder in eine körperliche Gestalt gebracht, die sich dauerhaft hielt und kein Blut als Bezahlung brauchte. Der Nachtmahr nährte sich von Zerb selbst und doch wieder nicht. Diese Bindung würde bis in den Tod weiter bestehen.

„Hades“ raunte Zerberus leise und strich dem untoten Pferd über den Kopf „Dein Name ist Hades...“



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