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Wider Willen und Plan

Pokémon-Geschichte mit eigenen Charakteren.
von

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Galagladi

„Niemand sonst hätte die Fähigkeit oder die Absicht gehabt... niemand sonst könnte für Eljas' Tod verantwortlich sein.“, Jaskas Stimme bebte mit Wut und Trauer.

Ein tiefer, langer Ton entwich Lohgocks Kehle.

„Ich weiß.“, sagte Mikko langsam. „Ich erinnere mich.“
 

*
 

Bruchstücke von Erinnerungen liefen vor Mikkos innerem Auge vorbei, wie ein zufällig zusammen geschnittener Film, dem die entscheidende Hälfte fehlte. Die einzige Konstante waren ein alles verzehrendes Feuer und ein merkwürdiges, rotes Leuchten. Eljas war nicht zurück gekehrt, um ihm die verlorene Erinnerung zurück zu geben.

Frustriert fuhr er sich mit den Fingern durch die ohnehin schon wilden schwarzen Haare. Die Gedanken waren wie Wasser, das ihm durch die Finger glitt. Je mehr er versuchte, sich zu erinnern, desto schwerer wurde es. „Ich brauche Trasla...“, murmelte er. Und dann durch fuhr es ihn wie ein elektrischer Schlag. „Eljas hatte ein Trasla, oder?“

Er sah Tuomo und Jaska erwartungsvoll an, doch was auch immer er an Reaktionen erwartet hatte, das war es nicht. Tuomo wich seinem Blick aus und Jaska schüttelte nur den Kopf. „Er war kein Fan von Psycho-Pokémon. Im Gegenteil... ich hatte immer das Gefühl, dass sie ihm unheimlich waren.“

Mikko ließ die Schultern hängen. Einen Moment lang war er sich so sicher gewesen! Aber wenn Eljas kein Trasla gehabt hatte... woher kam dann dieser Schatten einer Erinnerung? Nein, es war mehr, er war sich so sicher gewesen...!

Tuomo riss ihn aus seinen Gedanken. „Schätze, wir sollten dann mal zurück. Ich werd im Zirkus gebraucht und Jaska braucht das Bett mehr als du.“, sein Versuch, das ganze humorvoll klingen zu lassen, scheiterte kläglich.

Dennoch nickte er und stand auf, einfach liegen bleiben hatte ja auch keinen Sinn. „Okay.“, stimmte er mit wenig Enthusiasmus zu, hauptsächlich weil er einfach nicht wusste, was er sonst tun sollte. Etwas in ihm beharrte darauf, Trasla zu brauchen, aber wenn weder Jaska noch Tuomo von einem solchen Pokémon in Eljas' Besitz wussten, wo sollte er mit der Suche anfangen?

Er verließ das Krankenhaus in bisher ungekannter hoffnungsloser Stimmung, was vielleicht der Grund dafür war, dass ihm die wissenden Blicke, die Lohgock und Tuomo austauschten, gänzlich entgingen.
 

Erst im Zug und nach über einer Stunde Fahrt griff Tuomo das Thema wieder auf.

„Jaska hatte nicht ganz Unrecht, weißt du?“, begann er und Mikko sah von seiner angestrengten Arbeit, die vorbeiziehende Landschaft anzustarren, auf. „Eljas und Psycho-Pokémon... ich meine, Kampf-Pokémon lagen ihm offensichtlich mehr, aber auch so, mit dem Psycho-Typ wollte er nichts zu tun haben.“

Mikko war nicht ganz klar, wie ihm diese zusätzliche Ausführung helfen sollte und wollte das auch gerade sagen, also Tuomo ungerührt fort fuhr.

„Darum hat hat er sein Kirlia zu einem Galagladi entwickelt.“

Mikkos Augen wurden groß und er saß urplötzlich gerader. „Also hatte er doch ein Trasla!“, aber warum hatte Jaska nichts davon gewusst?

Tuomo schien mit dem Thema ihrer Unterhaltung alles andere als glücklich zu sein, doch obwohl es ihm offensichtlich unangenehm war, sprach er weiter. „Er hat es selten in Kämpfen eingesetzt, und... ich mein das todernst, okay?“, Mikko nickte, unsicher was genau Tuomo ihm sagen wollte, „Er hatte Alpträume danach. Und nicht die sanftere Sorte.“

Mikko runzelte die Stirn. „Alpträume? Nach Pokémon-Kämpfen?“

Tuomo nickte nur abrupt. „Er hat mir nie gesagt, was es damit auf sich hatte, und ich glaube, er hat mir eine Menge erzählt, was sonst niemand von ihm wusste.“

Ein tiefes Gurren Lohgocks ließ den blonden Jungen traurig lächeln. „Natürlich, außer dir, verzeih.“

Mikko fuhr sich über die Arme; ihm war gleichzeitig warm und kalt. „Wo sind Eljas' Pokémon jetzt?“, fragte er mit dem Wunsch, diese merkwürdige Unterhaltung hinter sich zu bringen. Bis vor einer Sekunde hätte er nicht gedacht, dass sich Tuomos Mine noch weiter verfinstern konnte.

„Bei seinem Vater.“, erklärte er mit unverhohlener Missbilligung, „In Wiesenflur.“
 

Wie es sich herausstellte, hatte Tuomo über Eljas' Vater nicht viel gutes zu sagen. In seiner Jugend war er ein erfolgreicher Koordinator gewesen, heute gab er Unterricht. Von Pokémon-Kämpfen hielt er nicht viel, weshalb er die Karrierewahl seines Sohnes nie unterstützt hatte, und auch sonst war er mit einigen von Eljas' Entscheidungen alles andere als einverstanden gewesen.

„...aber er ist nun mal Eljas' Vater, also hat man alles was ihm gehört hat da abgeladen, inklusive der Aufsicht über seine Pokémon.“, eine Tatsache, die Tuomo nach wie vor zur Weißglut treiben konnte.

Mikko konnte nicht sagen, in wie weit das gerechtfertig war, aber er war vollkommen ergriffen von einem seltsamen Gefühl des Antriebs, dem unbestimmten Wissen, dass er dieses eine Pokémon treffen musste. Warum auch immer. Trasla, oder Galagladi – Tuomos Worten zum Trotz hatte Mikko fortwährend das Bild eines Traslas im Kopf, doch es war wie die Erinnerung an einen Traum: wage und unbeständig.

„Dann gehe ich nach Wiesenflur.“, erklärte Mikko, selbst etwas überrascht von der Entschlossenheit in seiner Stimme.

Tuomo hatte keine Einwände, im Gegenteil. Er wirkte erleichtert. „Gut. Tu was du kannst. Wenn du Hilfe brauchst, dann meld dich bei mir.“
 

Es war Abend als der Zug in Malvenfroh ankam.

Mikko wollte keine Zeit verlieren, und brach früh am nächsten Morgen nach Wiesenflur auf. Es schien, als wollte seine seltsame Reise ihn immer wieder dort hin zurück führen, was ja auch passend war. Es war ja auch Eljas' Stadt gewesen.

Herauszufinden wo Eljas' Vater wohnte war gar nicht so schwierig; die Tatsache, dass Eljas in Wiesenflur eine Berühmtheit war, kam ihm hier zu Hilfe. Es schadete auch nicht, dass das Haus eher die Bezeichnung 'Anwesen' verdiente und in der Nachbarschaft hervor stach.

Unsicher betrachtete er das imposante Gebäude durch die Gitterstäbe des Eingangstores; der Rest des Geländes war von einer Mauer umgeben. Was er davon sehen konnte war eine gepflegte Gartenanlage, wenn auch eher schlicht gehalten, die von dunklen Tannen umrandet war. Wirklich einladend wirkte es nicht, aber da konnte man wohl nichts machen.

Mikko sah zu Lohgock auf, doch der Blick des Pokémons war fest auf den Garten und das dahinter liegende Haus gerichtet.

Er seufzte und betätigte schicksalsergeben die Türglocke.

Es dauerte einen Moment, dann knackte es kurz in der Gegensprechanlage.

„Ja?“, erklang eine monotone Männerstimme.

„Ich... ähm...“, er hätte sich vielleicht vorher ein paar Worte zurecht legen sollen. „Sie haben ein Pokémon, das mir gehört.“, erklärte er schließlich hastig, aber mit fester Stimme. Wenn Eljas' Vater dachte, dass er nur irgendein Fan war, würde er ihn sicher gar nicht erst herein lassen.

„Wie sollte ich an eins deiner Pokémon kommen, Junge?“, kam es nach einer kurzen Pause.

Mikko schluckte. „Eljas hatte es für mich aufbewahrt.“

Stille am anderen Ende der Leitung. Zweifelnd blickte Mikko zu Lohgock, das aber weiterhin nur das Haus vor ihnen fixierte.

Es dauerte. Gerade wollte Mikko ein weiteres mal klingeln, als das Tor sich wie von alleine vor ihm öffnete. Damit gab es dann wohl wirklich kein Zurück mehr. Er war froh, Lohgock bei sich zu haben, als er die Auffahrt zum Haus hinauf ging. Nicht nur, weil es ihm irgendwie das Recht gab, hier zu sein, sondern einfach weil er sich besser fühlte, wenn er das Pokémon an seiner Seite wusste.

An der Tür erwartete ihn ein hochgewachsener Mann, den Mikko grob auf Anfang vierzig schätzte. Er hatte kurze, dunkelbraune Haare, die an den Schläfen deutliche graue Strähnen aufwiesen, und war schlicht bis konservativ gekleidet. Mit den vor der Brust verschränkten Armen wirkte er alles andere als einladend.

„Du hast genau eine Gelegenheit mir glaubhaft zu machen, dass du nicht bloß einer der vielen Fans meines Sohnes bist.“, erklärte er mit einem derart ablehnendem Tonfall, dass es nicht erst das Knurren eines gerade hinter ihm aufgetauchten Magnayens brauchte um Mikko einen unbeabsichtigten Schritt zurück machen zu lassen.

Lohgocks Kehle entwich der vertraute, raubvogelartige Schrei und Mikko konnte gerade noch einen Arm ausstrecken um es zurück zu halten.

„Ich bin kein Fan.“, erklärte er rasch, „Das hier, das ist doch Eljas' Lohgock-“, ein zustimmendes Gurren, „-und Eljas' Freunde haben mir erzählt, dass Sie sich um seine anderen Pokémon kümmern.“

Eljas' Vater sah ihn und Lohgock weiterhin grimmig an während er sein Pokémon mit einer kraulenden Hand in dessen Nacken beruhigte. Er seufzte hörbar. „Gut. Komm rein.“, sagte er schließlich nachdem er Lohgock einem prüfenden Blick unterzogen hatte.

Mikko folgte Eljas' Vater durch einen langen Flur, der mit Portraits von verschiedenen Pokémon geschmückt war, offenbar vor dem Hintergrund verschiedener Wettbewerbe. Er erinnerte sich, dass Tuomo ihm erzählt hatte, Eljas' Vater sein ein Koordinator gewesen. Viele der Bilder zierten Bänder, wie sie an Wettbewerbssieger vergeben wurden.

Drinnen war es wärmer und Mikko zögerte nicht, die dicke Winterjacke abzustreifen. Ihm war in letzter Zeit trotz der winterlichen Jahreszeit oft warm gewesen, woran auch der frostige Empfang nichts ändern konnte. Lohgock wich nicht von seiner Seite und seine Federn fühlten sich inzwischen vertraut und angenehm an, trotz der spürbar höheren Körpertemperatur des Feuer-Pokémons.

„Ich denke, wir werden sehr leicht feststellen, ob deine Behauptung wahr ist.“, befand Eljas' Vater und öffnete eine Gkasvitrine am Ende des Gangs. In ihrem Inneren befanden sich eine nicht unwesentliche Abnzahl Pokébälle, die unmögliche alle Eljas gehört haben konnten. „Denn wenn mein Sohn tatsächlich eines deiner Pokémon besessen hat, wird es sich wohl an dich erinnern.“

Mikko hoffte, dass man ihm seine Nervosität nicht ansah. Würde Galagladi ihn erkennen? Trotzdem nickte er, entschlossen es zumindest zu versuchen.

„Nun. Welches Pokémon ist es?“, fragte Eljas' Vater mit einem Blick über seine Schulter.

Es grenzte an ein Wunder, dass der Mann seinen Herzschlag nicht mit bloßen Ohren hören konnte, dachte Mikko als er mit bebender Stimme antwortete. „Galagladi.“

„Hm.“, war die einzige Antwort, die er bekam, und selbst in dieser einen Silbe klang etwas mit, das Mikko vorsichtig als Arroganz und mehr treffend als Verachtung bezeichnen würde. Ob es schlicht und ergreifend daran lag, dass Galagladi ein Kampf-Pokémon war?

Eljas' vater wählte mit sicherer Hand einen der Pokébälle aus und legte ihn vor Mikko auf den Tisch. Die kleine rot-weiße Kugel rollte ein Stück, bevor sie nach leichten hin und her wackeln zur Ruhe kam – wie das Fangen eines Pokémons in Zeitlupe.

„Nun?“, der Mann klang ungeduldig, und sein Magnayen legte in gleicher Stimmung die Ohren an.

Mikkos Erinnerung an ein Trasla war gleichermaßen schwammig (hatte er es jemals auch nur in Ruhe angesehn?) und exakt (das Gefühl seines geradezu winzigen, zierlichen Körpers, das seltsame Gefühl von Vertrauen und... etwas anderem). Aber er hatte keine Zeit, länger darüber nachzudenken, ob es ihm nun helfen würde oder nicht. Mit dem beruhigenden Wissen, dass Lohgock ihm in jedem Fall beistehen würde, griff er nach dem Pokéball und ließ ihn mit einem Knopfdruck seine volle Größe annehmen. Er öffnete den Mund und konnte sich gerade noch davon abhalten, 'Trasla' zu sagen. „Galagladi!“, rief er und vor ihm erschien in einem roten Licht ein schlankes, hochgewachsenes grün-weißes Pokémon.

Für einen Moment nur hörte Mikko den angriffslustigen Schrei des Pokémons, dann trafen sich ihre Blicke und ihm war, als stünde die Zeit still als Galagladi galant vor ihm nieder kniete.

„Ich hab es nicht.“, flüsterte Mikko und hatte keine Ahnung wovon er sprach, „Es tut mir leid.“, aber dann wagte er es endlich seine Hand nach der seines Pokémons auszustrecken und er war sich sicher, zum ersten mal, dass er auf dem richtigen Weg war. Dies war sein Trasla, daran bestand kein Zweifel, und sie wussten es beide.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Persea
2012-04-16T22:25:41+00:00 17.04.2012 00:25
Aww!
Viel Liebe für dieses Galagladi!!
Ich liebe dieses Pokemon ja eh und bin sehr glücklich, dass es jetzt auch in deiner FF vorkommt!
Und es hat sich verneigt o///o (ich möchte auch so eins! D//:)

Dafür ist Eljas' Vater ja nicht gerade ein freundlicher Geselle...

Ich mag es, wie die Entwicklung von Mikko deutlich gemacht wird, je weiter die Geschichte vorankommt. Er macht sich richtig!! =D
Und ich mag es, wie deine Geschichte sich langsam, Stück für Stück erklärt und vorangeht.

Schön, dass es endlich weitergeht! **

(und natürlich auch unendlich viel Liebe für Lohgock X//D)


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