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... Akzeptanz

Um uns herum war es ziemlich dunkel. Eigentlich mochte ich den Wald und seine Bewohner, doch jetzt grade waren sie mir eher lästig. Meine Ohren reagierten auf das kleinste Geräusch. Auf das Rauschen der Blätter im Wind, auf das Pochen unserer beider Herzen, auf jeden knackenden Zweig. Alle Härchen an meinen Armen hatten sich aufgestellt. Adrenalin schoss schon fast Literweise durch meinen Körper, ich war angespannt bis in den kleinsten Muskel.

Das musste ich aber auch sein. Ganz langsam rann mir etwas Warmes übers Gesicht, bahnte sich den Weg über meiner Stirn zu meinen Wimpern, von denen es langsam auf meine Wange und dann zu Boden tropfte. Blut, ziemlich eindeutig sogar. Scheiße, das würde mir noch die ganzen Idioten auf den Hals hetzen. Auch wenn mein Blut für sie wahrscheinlich stank, wie für mich eine Müllkippe im Hochsommer, sie würden kommen, um sich mein Spektakel an zu sehen. Hinter mir knackte es laut. Meine Ohren zuckten bedenklich.

"Sei still.", knurrte ich ungehalten.

"Er ist noch hier. Ein Mucks, und wir sterben vielleicht." Das half, er bewegte sich nicht weiter. Auch ohne mich um zu drehen, wusste ich um seine Angst. Ich roch sie. Angstschweiß hatte eine undefinierbare Note, die man überall wieder erkannte.

"Beruhig dich, der kann dir nichts, solange ich da bin.", flüsterte ich nach hinten. Der Herzschlag hinter mir wurde geringfügig langsamer, und damit auch leiser. Endlich konnte ich mich wieder auf meine Umgebung konzentrieren. Verdammt, wie gerne hätte ich jetzt um Hilfe gerufen, doch etwas so lautes würde meine Ohren für längere Zeit blockieren. Lange genug für ihn, um meinen Begleiter zu töten. Obwohl ich fieberhaft überlegte, vernahm ich ein erneutes Knacken im Geäst, doch diesmal ein ganzes Stück weiter hinten. Erschrocken riss ich die Augen auf.

"Ducken!", brüllte ich meinen Begleiter an und sprang im gleichen Atemzug über ihn hinweg meinem Gegner an den Hals. Überrumpelt von meiner Attacke, und dem ihr vorangehenden Schrei war es meinem Feind nicht gelungen, zu reagieren. Nun kniete ich über ihm, ein Knie in seinen Magen gedrückt und fixierte mit meinen Händen seine Ellenbogen am Boden. Mein Puls wurde langsamer, ich hatte ihn.

"Na na, Flohpelz! Das ist mein Leckerbissen, such dir jemand anderen.", schnurrte das nun kampfunfähige Ekelpaket unter mir. Mein Gesicht versteinerte.

"Du lässt gefälligst deine dreckigen Zä... Finger von meinem Freund!", knurrte ich leise.

"Du hast mir gar nichts zu sagen, Sohn einer räudigen Hündin.", fauchte er zurück. Jetzt wurde mein Lächeln leicht schräg, und extrem verschlagen.

"Stumpfzähnchen, du hast wohl den Blick auf den Kalender versäumt.", flüsterte ich ihm zu.

"Ich kann dir alles, wir haben die nächsten drei Tage lang Vollmond, und er ist auch noch extrem nah an der Erde. Du weißt, was das für euch heißt." Seine Augen weiteten sich. Man sah förmlich, wie das tote Gehirn zu arbeiten begann.

"Genau. Und jetzt verzieh dich.", knurrte ich ihm abschließend noch einmal zu, dann stand ich auf und ließ ihn los. Hinter mir hörte ich ein erschrockenes Aufkeuchen. Lächelnd wand ich mich zu meinem Begleiter um, der immer noch wie paralysiert auf dem kalten Waldboden saß.

"Schon okay, der geht jetzt.", erklärte ich. Doch in den schreckgeweiteten Augen meines Freundes spiegelte sich etwas völlig anderes. Hinter mir erhob sich ein schlanker Körper aus dem feuchten Gras und nahm erneut Kampfpose ein. Auch meine Augen wurden mit einem mal merklich größer. War der Kerl lebensmüde? Etwas Warmes tropfte auf meine Wange. Mein Blut.

"Oh fuck!", fluchte ich leise. Das hatte ich ja vollkommen vergessen. Na toll, jetzt musste ich ihn töten. Ich spürte einen minimalen Luftzug an meinem Hals und wirbelte herum. Unbewusst hob ich den rechten Arm und schlug zu, dem Angreifer genau zwischen die Kiefer, bis tief hinein in den Rachen. Stille. Wir blinzelten erstaunt. Damit hatten wir irgendwie alle nicht gerechnet. Ich nutze die Situation.

"Du musst noch viel lernen, wahrscheinlich bist du sogar jünger als ich. Bis du es kannst, lässt du mich und meine Leute besser in Ruhe." Meine Miene verdunkelte sich.

"Und auch die, die unter unserem Schutz stehen." Damit drückte ich meinen Arm nach unten und zog ihn über seine Eckzähne. Meine Haut riss, Blut floss aus der frisch entstandenen Wunde. Lycanerblut. Für Vampire wie ihn, das reinste Gift. Aus Reflex schluckte er. Vollidiot. Ich zog meinen Arm zurück und wand mich nun endgültig ab. Hinter mir hörte ich etwas mit einem dumpfen Ton auf den Boden aufschlagen.

"Lass uns gehen.", murmelte ich. Ich streckte meine Hand aus, um meinem Freund beim aufstehen zu helfen, doch er wich erschrocken zurück.

"Was war das? Was hast du gemacht? Hast du ihn getötet? Wer ist das?", brabbelte er plötzlich vor sich hin. Er schien vollkommen apathisch. Okay, vielleicht ließ er sich ja ablenken.

"Ein Kamp. Gewonnen. Nein. Ein Idiot.", beantwortete ich seine Fragen seelenruhig und in der richtigen Reihenfolge. Das schien ihn tatsächlich schwer zu verwirren. Vor allem, weil meine Antworten wohl nicht so ausfielen, wie er sie gern gehabt hätte. Ich sagte ihm, was er wissen wollte und behielt doch alles für mich. Dann schritt ich langsam an ihm vorbei. Anscheinend wollte er mich ja nicht berühren.

Die nächste Frage kannte ich schon. Sie war mir am unangenehmsten und auch am gefährlichsten. Hinter mir erhob sich mein Begleiter und kam mir nach. Ich verursachte keinen Laut, obwohl ich über trockenes Laub schritt, während er nicht verhindern konnte, dass es bei jedem Schritt unter seinen Füßen knackte und splitterte. Ich musste nicht lange auf die Frage warten, vor der es mich jedes Mal gruselte.

"Was bist du?", flüsterte er. Ruckartig blieb ich stehen. Als nächstes würde ich abwimmeln, und er würde beharren.

"Frag nicht, wenn du die Antwort nicht verkraften kannst."

"Woher willst du das denn wissen? Sag es mir, bitte." Totales Klischee, wie immer.

"Auf eigene Gefahr."

"Solange du es überhaupt erzählst."

"Solange du es nicht weiter erzählst."

"Versprochen." Stille.

"Ein Lycaner.", flüsterte ich leise. Ich hasste diesen Teil der Unterhaltung. Offenbarung war nicht so mein Ding.

"Na, klar! Und wer war der Kerl da eben? Ein Vampir?" Den spöttischen Unterton konnte ich einfach nicht überhören.

"Exakt.", erwiderte ich staubtrocken. Wieder Stille.

"Beweis es.", forderte er mich auf. Eine Träne rollte über mein Gesicht. Ja, ich würde es ihm beweisen, und dann würde er gehen, wie alle Anderen auch.

"Du willst einen scheiß, verdammten Beweis?", fragte ich mit erstickter Stimme.

"Den kannst du haben." Ich legte den Kopf weit in den Nacken und atmete tief ein. Ich starrte genau in den Mond. So nah und doch so fern. Mein Freund, mein Licht, mein Leben. Und dann ließ ich ein markerschütterndes Heulen hören, wie es nie ein normaler Wolf zu Stande gebracht hätte. Traurig, weil alles nahe so fern war. Als mein Ruf in den Tiefen des Waldes verklang, senkte ich den Kopf zurück in seine ursprüngliche Position und sah ihn durchdringend an. Er sah ernst zurück.

"Das... hat sich wirklich sehr echt angehört aber wirklich überzeu..." Er wurde rüde unterbrochen. Von allen Seiten erklang das Echo meines Wehklagens. Viele Stimmen setzen mit ein, weinten mit mir, unterstützten meinen Ruf. Ein wahres Konzert an Stimmen erklang, und ich stimmte erneut mit ein. Wir heulten durch den ganzen Wald, und langsam kamen meine Geschwister aus ihren Verstecken.

Manche in ihrer menschlichen Gestallt, andere in ihrer wölfischen. Mein Herz raste, als seine Augen über das riesige Rudel hinweg glitten. Würde er akzeptieren, was ich war? Ein Kind der Nacht, ein Wolf, ein Lycaner... egal wie er mich nannte. In seinen Augen las ich den Schock, den Unglauben und... die Angst.

Ich hatte schon wieder die falsche Wahl getroffen. Nun zeichnete sich deutlich ein Gefühl in meinem Gesicht ab. Schmerz. Laut heulend ging ich in die Knie. Ich hatte es vermasselt, ich verlor erneut die Kontrolle.

"Festhalten!", erklang von irgendwo her der Befehl und vier starke Arme schlangen sich um meine Oderarme. Doch jetzt war es zu spät, ich war schon viel zu weit. Mit einem kräftigen Ruck löste ich mich von meinen Brüdern. Mein Rücken drückte sich durch, meine Hände veränderten sich. Urplötzlich setzte der Fellwuchs ein. Ach scheiße, tat das weh! Verzweiflungsverwandlungen waren verdammt schmerzhaft. Ich krümmte mich und stieß einen Schrei aus, der alle Ohren im Umkreis von einem halben Kilometer erschüttern musste.

Mein Kopf sackte nach vorne, freier Blick auf meine Pfoten. Jetzt stand ich vor ihm, ein großer, dunkler Wolf, vielleicht dreißig Zentimeter zu groß für ein normales Exemplar. Unwirsch schüttelte ich mir die Tränen aus dem Gesicht. Dann lief ich davon. Hinter mir hörte ich die Rufe meines Rudels laut werden, doch sie interessierten mich nicht mehr.

Ich wollte nur noch hier weg. Pfeilschnell rannte ich durch den Wald. Scheiße, wie konnte ich nur so blöd sein? Ich hatte weder jemandem vertraut, der nicht zu meinem Rudel gehörte und war wieder bitterlich enttäuscht worden. Warum musste mein blöder Rudelführer auch immer Recht haben. Er hatte mich gewarnt, doch ich hatte nicht auf ihn gehört. Und das hier hatte ich jetzt davon.

Ich war ein verletztes Kind der Nacht, auf der Suche nach dem, was man nicht finden konnte. Auf dem Weg zum dem, was man nicht erreichen konnte. Mit einem Wunsch, der nicht erfüllt werden konnte. Dem Wunsch nach Liebe, Vertrauen, Akzeptanz.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2009-09-08T19:11:55+00:00 08.09.2009 21:11
Also ich hab sie auch gelesen. ^^
Muss schon sagen, klingen tut sie gut.
Nur, was ist der Ich-Protagonist eigentlich für ein Geschlecht?
Ich weis nicht, ob der männlich oder weiblich sein soll.
Das wäre das einzige. ^^
Von: abgemeldet
2009-08-14T20:11:47+00:00 14.08.2009 22:11
Damit eines vorne Weg schon mal klar ist!
Ich hab NIE gesagt, dass diese FF grausam ist!
*beleidigt desu, dassu das behauptet hast*
Ich hab dir schon ganz genau gesagt, dass ich die FF gut finde, du hast zwar schon bessere geschrieben, aber dennoch gefällt sie mir!
>-<
Emo-Tripp hin oder her, du brauchst dein Werk nicht schlechter machen, als es ist.
*grummel*


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