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Vampirzwillinge

Sind nicht eher die Menschen Bestien?
von

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Überraschung

Nur langsam kam ich wieder zu mir. Das erste, was mir auffiel, war, dass mir sehr übel war und ich glaubte, mein Kopf müsste bald vor Schmerzen zerspringen.

Dann fühlte ich, dass ich meine Arme und Beine gar nicht bewegen konnte. Deutlich spürte ich den Druck von Seilen, die fest um meine Gelenke geschlungen waren. Verdammt, was war passiert?

Ich hörte gedämpfte Musik und... Verkehrslärm. Erst jetzt bemerkte ich die Fliehkräfte, die mich nach rechts und mal nach links drückten und ich wusste plötzlich, das ich in einen Wagen auf dem Rücksitz lag. Bevor ich das richtig verarbeiten konnte, bog der unbekannte Fahrer scharf nach rechts und ich krachte auf die verletzte Stelle meines Schädels.

Schon wieder verlor ich in kürzester Zeit mein Bewusstsein.
 

Diesmal ging das Aufwachen leichter und schneller vonstatten.

Ich lag auf etwas bequemes und mein Kopf schmerzte fürchterlich, aber nicht so explosionsartig wie vorhin. Ich stöhnte, als ich mich regte und vorsichtig meine Augen öffnete. Es ging unheimlich schwer.

Und es war auch unnötig, da es stockfinster war. Entweder es war noch Nacht oder ich lag in einem fensterlosen Raum.
 

Ohne Warnung kamen meine Erinnerungen zurück und ich schreckte auf. Nun laut stöhnend, wollte ich mich an meinem plötzlich laut pochenden Kopf greifen, denn gefesselt war ich nicht mehr. Kurz spürte ich einen Verband, dann packte mich etwas und drückte meine Hände zurück auf die weiche Unterlage. Mit angehaltenen Atem hielt ich still.

„Ganz ruhig“, flüsterte eine tiefe, sanfte Männerstimme.

„Du bist verletzt und solltest liegen bleiben.“

Die fremde Hände entfernten sich und ich versuchte, die Finsternis zu durch dringen, um die Person zu sehen. Aber es ging nicht.

Der Mann hatte wohl keine Probleme damit.

„Deine Augen fokussieren nicht richtig. Das zeigt auf eine Gehirnerschütterung. Aber ich glaube nicht, das sie schwerwiegend ist“, diagnosierte er und eine Hand strich leicht über meine Stirn. Sie war wundervoll kühl.
 

Ich nahm all meinen Mut zusammen und öffnete mein Mund, aber es kam nur sinnloses Gekrächze heraus. Ich versuchte die Lippen zu befeuchten, doch mein Mund war zu trocken. Etwas Kaltes, ich glaubte ein Glasrand, drückte sich gegen meinen Lippen, aber ich weigerte mich.

„Komm trink. Es ist wird dir gut tun.“

Ich war misstrauisch, aber leider war mein Durst ziemlich groß.

Nun, er würde sich wohl nicht so viel Mühe machen, nur um mich am Ende zu vergiften. Mit dem Gedanken gab ich meinen Widerstand auf.

Erfrischend rann die Flüssigkeit durch meine Kehle.

Plötzlich verschluckte ich mich und das Glas wurde sofort weg gezogen.

„Wo... wo bin ich?“, fragte ich heißer.

„Wer sind Sie und was...“

Finger legten sich auf meine Lippen und ich verstummte.

„Du solltest etwas schlafen. Antworten gibt es später... vielleicht.“
 

Schlafen? Wie sollte ich in so einer Situation schlafen können?

Komischerweise spürte ich wie sich ein Taubheitsgefühl in meinem Körper sich ausbreitete. Was war im Wasser gewesen?

Panisch wollte ich mich aufrichten, aber schon wieder hielten mich Hände, die mich zurück auf mein Lager drückten.

„Ruhig“, erklang die sanfte Stimme. Ich wollte nicht, konnte aber die aufkommende Müdigkeit nicht abwehren.

Alles verschwamm und meine Augenlider fielen zu...
 

Als ich erwachte, fühlte sich mein Körper ausgeruht und matt an. Müde öffnete ich die Augen und versuchte so gut wie möglich zu sehen. Die weiche Unterlage, auf der ich lag, war ein fremdes, breites Bett mit schwarzem Bezug aus Seide. Ich befand mich in einen großen Schlafzimmer, war aber diesmal allein. In der Mitte war ein Glastisch, auf der eine Flasche und ein Becher stand. Es gab nur eine geschlossene Tür und zwar auf der anderen Zimmerseite, wo das Bett stand.

Schwerfällig setzte ich mich auf. Mein Kopf schmerzte zwar, aber es war erträglich. Nur das Schwindelgefühl, was plötzlich kam, war unangenehm.

Ich schob die Decke zur Seite und schwang meine Beine aus dem Bett. Obwohl, schwingen konnte man es nicht nennen. Fast fiel ich wieder zurück als der Schwindel für einen Moment stärker wurde, aber ich biss die Zähne zusammen.
 

Für paar Minuten blieb ich sitzen und mein Herzschlag beruhigte sich langsam.

Es war schwierig, aber irgendwie schaffte ich es aufzustehen und auf zittrigen Beinen zu einem Fenster zu wanken. Es befand sich gleich neben dem Bett und zum Glück nur zwei Meter entfernt. Ich klammerte mich an dem Fensterrahmen und blickte hinaus. Wald, soweit das Auge reichte.

Verdammt, wo hatte man mich hingebracht?

Und wohl die wichtigste Frage: Warum?
 

„Du bist wach. Sehr schön.“

Erschrocken drehte ich mich zu der Stimme um. Durch die ruckhafte Bewegung wurde mir kurz schwarz vor den Augen und ich stützte mich auf das Fensterbrett, damit ich nicht umfiel.

Ein schlanker doch kräftig wirkender Mann, kaum älter als ich, stand mit verschränkten Armen an der jetzt offene Tür. Auffallend waren die weißen Haare, die glatt bis unter den Achselhöhle reichten und die schwarzen Augen.

Irgendwie erinnerten sie mich an Samirs Raubtieraugen, die das Wort Gefahr aussendeten. Bei dem hier war es nicht anders.
 

„Wer sind Sie?“

Meine Stimme zitterte etwas, aber bei wem würde das nicht, wenn er vor einem Mörder stände?

Schweigend kam er auf mich zu und packte mich an den Armen, stützte mich. Ich wollte mich los reißen, doch der Griff war zu fest.

„Ich bin Lorca und du solltest dich noch nicht so anstrengen. Und rede mich bitte nicht mit Sie an, sonst fühl ich mich so alt“, antwortete er mir nun doch, zog mich zum Bett und wies mich an, mich darauf nieder zu lassen. Ich musste gehorchen, da ich gegen den Druck seiner Hände nicht ankam. Sobald er los ließ, rutschte ich von selbst weiter auf das Bett.

Weg von ihm.
 

Lorca beobachtete dies aus ausdruckslosen Augen. Mit leichten Schritten ging er auf den Tisch zu und öffnete die Flasche. Er goss etwas von dem Inhalt in den Becher und kam wieder auf mich zu.

„Hier trink.“

Er hielt mir das Getränk direkt vor die Nase, aber ich machte keine Anstalten es entgegen zu nehmen. Möglich, dass ja wieder was beigemischt wurde.

So, als könnte er meine Gedanken lesen, grinste er mich an.

Er hob den Becher an die Lippen und trank einen Schluck.

„Da ist nur Wasser drin. Mein Wort drauf.“

Was auch immer sein Wort wert war.

Trotz meines immer noch vorhanden Misstrauens, nahm ich es und trank. Wohl hauptsächlich weil mein Körper es brauchte. Ich fühlte mich entsetzlich ausgetrocknet. Lorca entfernte sich ein paar Schritte und setzte sich auf einen Stuhl, der an der Wand lehnte.
 

„Warum hast du die alte Frau umgebracht?“, fragte ich vorsichtig. Er sah mich seltsam an. „Aus Gründen, die du nicht zu kennen brauchst.“

War das ein gutes Zeichen, dass er sein Mordmotiv nicht darlegen wollte? Denn ich befürchtete, dass er auch mich töten wollte. Auch wenn ich nicht wusste, warum er es nicht schon in der Bibliothek tat.

„Ich lasse Zeugen nie lebend zurück.“

Erschrocken hob ich meinen Kopf und sah in seine schwarzen, kalten Augen.

„Und wa... warum lebe ich noch?“, wagte ich zu fragen.

„Weil der Geruch meines Bruders an dir haftet. Das sagt mir, dass er erst vor kurzem mit dir zusammen war und ich wollte ihn nicht verärgern, indem ich dich töte. Da ich mir nicht sicher sein konnte, was er von dir wollte.“

„Geruch? Dein Bruder? Wer soll das sein?“ Ich verstand das alles nicht.

„Ja, mein Bruder. Er wird wohl bald hier sein. Ich hatte ihn vorhin am Handy erwischt, bevor du erwacht bist. Er weiß zwar nicht, um was es geht, aber ich sagte ihm, ich hätte eine Überraschung für ihn.“ Er lächelte unheilvoll.

„Er liebt Überraschungen. Also wird es nicht lange dauern, bis er sich mit dir befasst.“
 

Ein eiskalter Schauer rann mir den Rücken hinunter. Bin ich jetzt zwei Mördern in den Händen gefallen? Zwei Brüder, wobei einer von ihnen mich schon als Opfer ausgesucht hatte. Zumindest entnahm ich das dem Worten, die ich gehört hatte. Ich musste hier weg!
 

Schnell rutschte ich an der Seite vom Bett runter, der am weitesten weg von diesem Irren war und sprintete zu der Tür. Es war zwar eher ein Torkeln, aber das Adrenalin gab mir unwahrscheinlich Kraft und Schnelligkeit.

Auf einmal stand der Weißhaarige vor mir und ich prallte gegen ihn.

Woher kam der so plötzlich?

Er schlang seine Arme um mich und presste dabei meine eigene an den Körper.

Ich wehrte mich, versuchte mich los zu reißen, aber er hatte unmenschliche Kräfte.

„Lass mich los!“, schrie ich voller Panik.

„Nein“, antwortete er einfach und hielt mich weiter in einem fast schmerzhaften Griff gefangen, wobei er sich sichtbar nicht anstrengte.
 

„Beruhige dich.“

„Wie soll ich mich beruhigen, wenn ich doch bald umgebracht werde?!“

„Das hatte ich doch nicht gesagt.“

„Ach nein? Was sollte denn sonst das ganze Gespräch bedeuten? Du sagtest selbst, dass dein Bruder mich ausgesucht hätte und sich nun um mich kümmern will!“ Ich war mit den Nerven am Ende und Tränen bildeten sich in meinen Augenwinkeln. Noch immer wehrte ich mich, aber meine Kraft erlahmte rasch.

Eine Hand griff nach meinen Kinn und zwang mich in seine Augen zu starren. Es war als blickte ich in den unendlichen Nachthimmel. Ich versank in ihnen.

Eine unerklärliche Ruhe überkam mich und ich blieb bewegungslos stehen.

„So ist es gut“, sprach er leise, entließ mich aber nicht aus den Bann seiner Augen. Ich wollte weg gucken, aber es war unmöglich.
 

„Wollte mein Bruder dich töten, hätte er es schon längst getan. Aber du lebst und hast seinen Geruch an dir. Er scheint Interesse an dir zu haben. Ich meine das ernst. Und keine Angst, wir spielen nie mit unseren Opfern. So grausam sind wir nicht, obwohl es für unsere Rasse gewöhnlich so ist. Wir töten, ohne Schmerzen zu verursachen.“ Endlich sah er weg.

„Soll mich das beruhigen?“, kam es fast schüchtern von mir. Ich verstand immer noch nicht, von was er sprach.

Mag sein, dass seine Augen mich irgendwie hypnotisierten, aber mein Denken schalteten sie nicht ab.

Er lächelte: „Nun, es war ein Versuch.“
 

Plötzlich hob er mich hoch. Eine Hand unter die Kniekehlen und die andere stützte meinen Rücken.

„Hey, was soll das?“, protestierte ich.

Schweigend trug er mich zum Bett und ließ mich vorsichtig darauf nieder.

„Du bleibst jetzt hier und wartest bis mein Bruder kommt. Ich habe zu tun und keine Lust dich wieder einzufangen.“

Er begutachtete meinen Kopfverband und überzeugte sich, dass er fest saß.

„In deinen Zustand kommst du nicht weit. Der nächste bewohnte Ort ist 50 Kilometer von hier entfernt. Also nützt abhauen auch nichts.“

Er ging zu der offenen Tür.

„Ich werde trotzdem vorsichtshalber abschließen, da ich nicht weiß, wie dumm du bist.“ Mit diesen Worten verließ er das Zimmer und schloss die Tür. Deutlich konnte ich hören, wie das Schloss zuschnappte. Ich war eingeschlossen.
 

Seufzend lehnte ich mich an das Kopfkissen hinter mir. Jetzt, wo ich die schwarzen Augen nicht mehr vor mir hatte, wollte die Panik wieder kommen. Ich unterdrückte das Gefühl. Schließlich sagte Lorca, dass man mich nicht ermorden wollte. Kann ich seinen Worten vertrauen? Denn einen Tick hatte dieser Typ sicher, wenn er sich schon als eine andere ‚Rasse’ sieht.
 

Es war ziemlich ruhig in meinem Gefängnis. Das Fenster war angekippt und so bekam ich die Autogeräusche mit. Schnell stand ich auf und lief zum Fenster. Zufrieden bemerkte ich, dass das Laufen diesmal besser ging. Ich sah hinaus, aber sah das Auto nicht. Fuhr wahrscheinlich von der anderen Seite des Hauses heran. Die Geräusche wurden lauter und ich hörte auch jetzt Musik. Was plötzlich abbrach als der Fahrer wohl das Ziel erreichte und ausstieg. Ich hörte eine Wagentür zuknallen. Dann war Ruhe.
 

Der Fahrer müsste jetzt im Haus sein und wie auf Signal hörte ich irgendwo zwei Stimmen im Haus. Sie waren zu gedämpft, als dass ich was verstehen könnte. Die eine Stimme klang nach meinem ‚Gastgeber’, auch die andere kam mir bekannt vor. Wo hatte ich diese Stimme schon mal gehört? Ich wusste es nicht. Ich versteifte mich als ein Schlüssel im Türschloss knirschte und langsam geöffnet wurde. Mein Mund klappte vor Überraschung auf als ein junger Mann mit langen, schwarzen Haaren, zusammengehalten durch einen Haarband, eintrat. Schwarze Augen, wie die von Lorca, sahen neugierig zu mir und blitzten verstehend auf. Der Mann trat nun endgültig ein und warf die Tür hinter sich wieder zu.
 

„Samir?“, krächzte ich voller Erstaunen. Samir kam näher auf mich zu und lächelte.

„Hallo Marc. Also das ist nun wirklich eine schöne Überraschung. Mit dir hatte ich überhaupt nicht gerechnet.“

Samir? Samir war der Bruder von Lorca? Nun, ähnlich sahen sie sich schon, aber er wäre somit der zweite Mörder! Ich fing an zu zittern.

Sein Lächeln wurde breiter. Lange Eckzähne, die ich vorher nicht an ihm gesehen hatte, blitzen wie zwei Dolche hervor und seine Augen schienen plötzlich rot zu leuchten. Ich blinzelte ungläublich und konnte einfach nicht glauben, was ich sah.
 

„Wie?!“

Ich wusste einfach nicht, wie ich reagieren sollte. Ich sah genauer hin. Die Augen waren wieder schwarz. Vielleicht hatte ich mir das Rot eingebildet. Doch die beiden spitzen Eckzähne waren immer noch vorhanden.

„Ich hoffe, Lorca hat dich nicht zu sehr geängstigt“, sagte Samir und setzte sich auf den Stuhl, wo zuvor sein Bruder saß. Er blickte mir ruhig in den Augen, während ich immer noch erstarrt im Bett saß.

„Was ist denn mit dir los? Du wirkst so steif.“
 

Ich sah ihn ungläublich an. Meinte er die Frage ernst?

„Nun, erstens habe ich mitbekommen, wie dein Bruder jemand umgebracht hatte. Zweitens wollte er dann mich ermorden, aber dein ‚Geruch’ an mir hatte ihn abgehalten. Und drittens habe ich mich während meiner Flucht verletzt und wurde entführt. Also verzeih mir, wenn ich jetzt ein bisschen angespannt wirke.“

Ich weiß, Sarkasmus pur. „Und kannst du bitte die falschen Zähne raus nehmen? Halloween ist doch schon längst vorbei.“

Meine Rede klang zwar mutig, war aber nur dazu da meine Angst zu überspielen. Im Prinzip kannte ich Samir gar nicht und konnte nicht wissen, wie er so ‚drauf’ war. Doch er lachte nur.

„Das Schicksal mag dich wohl nicht sehr.“ Er hob die rechte Hand und führte sie zu seinem Mund, betastete seine Eckzähne.

„Wegen der Zähne muss ich leider Widerworte geben, da sie echt sind.“

Samir lächelte raubtierhaft.

„Wie sonst sollten wir jagen können, um unseren Durst zu stillen?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  kaya17
2009-09-25T20:13:58+00:00 25.09.2009 22:13
Klasse Kapitel^^ bin mal gespannt was die noch so besprechen werden^^
Von: abgemeldet
2009-09-21T21:23:47+00:00 21.09.2009 23:23
O.o
bin jetzt schon wie verückt gespannt wie es weiter geht
Danke für die ENS ^_^
Von:  ReinaDoreen
2009-09-21T19:14:32+00:00 21.09.2009 21:14
Das ist wieder ein schönes Kapitel. Marc hat Samir wiedergetroffen, doch unter welchen Umständen. Nun dürfte ihm klar sein zu welcher Rasse Lorca und Samir gehören. Nur das wird nicht unbedingt beruhigend auf Marc wirken.
Reni


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