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Liebe - Für immer!

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Liebe - Für immer!

Seit Jahren schon lebt Joanna in derselben Stadt, geht auf dieselbe Schule, führt jeden Tag aufs Neue dasselbe Leben. Und noch immer hat sie ein einziges Wort, um all das zu beschreiben: Langweilig! Sie hat die Schnauze voll davon, es reicht ihr langsam. Sie möchte etwas Neues erleben, etwas Aufregendes! Aber bevor in diesem „Kaff“, wie sie es nennt, etwas passiert, friert die Sonne ein… Und dann sind jetzt auch noch Sommerferien! Langweiliger kann es wohl kaum werden… So gut wie jeder ist weg. Das einzige, was hier etwas Abwechslung verspricht, ist die alte Villa am Stadtrand. In ihr soll es ja angeblich spuken, allerdings hat Joanna noch nie einen Geist oder ähnliches dort gesehen.

Gelangweilt schlendert sie ihre Straße entlang, auf dem Weg zu der alten Villa. Sie ist nur eine Straße weiter, abseits der Kleinstadt. Joanna wohnt genauso abseits, da ihre Mutter nicht gerne inmitten eines Menschenauflaufs lebt, aber sie teilt da eher die Ansichten ihres Vaters. Sie liebt Abenteuer, genau wie er, deswegen war er irgendwann auch zur See gefahren und nie zurückgekehrt. Er hat sein Abenteuer anscheinend gefunden…

Immer noch schlendert sie die Straße entlang, gelangt nun endlich zu der Straße, in der die alte Villa steht. Kein Mensch wohnt mehr in dieser Straße, die Häuser sehen zwar alle nett aus, aber die Villa verbreitet anscheinend ein schlechtes Karma. Endlich steht sie nun vor dieser, sie musste vorher einen schmalen Sandweg entlang gehen, rechts und links von ihr gewaltige Bäume, die die Villa von der Straße aus verbergen.

Vor ihr erstreckt sich nun der gewaltige Garten mit kniehohem Gras, lauter Blumen in ihm verborgen. Die alten Gartenmöbel stehen immer noch auf der Veranda, überwuchert von Moos. Die Fenster voller Staub und Dreck, sodass keiner mehr richtig hindurchsehen kann. An den Wänden schlängelt sich der Efeu empor, hat schon das Dach halb erklommen. Die Sonne lässt ihr warmes Licht auf die Villa scheinen und obwohl alles so alt aussieht, so unbewohnt, schon seit langer Zeit verlassen, sieht sie doch so vertraut, so gemütlich aus… Sie macht ein paar Schritte, auf die Villa zu, bis sie noch etwa sieben Meter von der kleinen Treppe, die zur überdachten Veranda heraufführt, entfernt ist.

Der Wind weht sanft durch ihr langes hellbraunes Haar. Ihre grün-blauen Augen schauen gerade aus, auf die Villa. Für einen Augenblick schließt sie sie, hört dem Wind zu, der durch die Blätter und das Gras weht. Dann öffnet sie entschlossen die Augen und geht auf die kleine Treppe zu, mit der rechten Hand umfasst sie den Träger ihrer kleinen Tasche, die sie sich umgehängt hat. Leise und mit langsamen Schritten schleicht sie auf der Veranda umher. Aufmerksam sieht sie sich um, genießt die natürliche Ruhe und die warmen Sonnenstrahlen. Dann kommt sie an der knarrenden Haustür an. Sie besteht aus zwei Türen, die eine Seite geschlossen, die andere weht knarrend im Wind.

Vorsichtig lugt sie hinein, schiebt zögernd die Tür auf und ist vollkommen überwältigt von dem Anblick. Sie findet sich in einer großen Eingangshalle wieder, so groß, wie ihr halbes Haus! In der Mitte des vollgestaubten Bodens befindet sich ein Mosaik, die hintere Wand ist leicht rundlich, komplett aus Fenstern vom Boden bis zur Decke, und in dieser Form verläuft auch die Treppe an ihr entlang, beginnt aber an der linken Wand. Links und rechts befinden sich Bögen in der Wand, die in andere Räume führen, aber Joanna ist momentan eher von der Fensterwand, dem Mosaik und der Treppe fasziniert. Vor ihrem inneren Auge verschwindet der Staub, der Kronleuchter an der Decke glitzert noch stärker im Sonnenlicht und sie steht inmitten von lauter Menschen, die tanzen, in alten Ballkleidern…

Plötzlich wird sie aus den Gedanken gerissen – Schritte! Aber als sie die Augen öffnet sind sie schon verstummt. Irritiert sieht sie sich um, aber keiner ist da. War das vielleicht ein Anzeichen für einen Geist? Spukt es hier wirklich? Na ja, es wäre schon toll… Aber das hatte sie sich bestimmt nur eingebildet. Mit langsamen Schritten geht sie auf die Treppe zu, steigt sie empor, in das obere Geschoss. Oben angekommen befindet sich eine Art Flur, fast wie die Eingangshalle unten, nur viel kleiner. Geradeaus befinden sich zwei große Fenster, hinter ihr, an der Treppe, erstrecken sich immer noch die Fenster vom Erdgeschoss, bis knapp unter den Boden des Dachbodens.

Sie geht durch die verschiedenen Räume, die irgendwie alle miteinander verbunden sind. Sie kommt durch Schlafzimmer, ein Kaminzimmer, ein Trophäenzimmer und schließlich sogar in die Bibliothek. Als sie in diese eintritt ist sie vollkommen überwältigt von dem Anblick. Sie steht auf einer kleinen Plattform, am Ende von dieser führt eine schmale Treppe hinunter in den ersten Stock. Die Regale reichen bis zur Decke, also ganze zwei Stockwerke hoch! Sie sind bis oben hin voll mit Büchern gefüllt und Joanna würde so gerne jedes von ihnen lesen… Aber dafür hat sie nun keine Zeit, außerdem fühlt sie sich unwohl dabei, sie zu lesen. Sie geht an den Regalen entlang, liest immer wieder Titel von Büchern, die sie bereits gelesen hat und sogar förmlich verschlungen hat, dann entdeckt sie schließlich ein Buch, das einen wunderschönen Einband hat. Es ist blutrot, mit goldener Schrift und goldener Verzierung. Auf dem Buchrücken steht mit geschwungener Schrift der Titel und Joannas Hand greift bereits danach, doch kurz bevor sie es berührt, merkt sie es und zieht sie zurück. Sie weicht einen Schritt nach hinten, dann geht sie aus der Bibliothek hinaus. Von dort aus, dann wieder auf die Veranda.

Die Sonne steht immer noch hoch erhoben am Himmel, wärmt die Umgebung mit ihren Strahlen. Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen setzt sie sich seitwärts auf die alte Hollywoodschaukel, holt einen Zeichenblock mit Din A4 Format heraus und beginnt mit einem Kohlestift zu zeichnen. Mit dem rechten Fuß schaukelt sie sich leicht hin und her und vergisst alles um sich herum, konzentriert sich komplett aufs Zeichnen… Die Zeit vergeht wie im Fluge und obwohl sie sich so aufs Zeichnen konzentriert, spürt sie bereits kurz nachdem sie angefangen hatte, dass irgendwer bei ihr ist. Nachgesehen hat sie noch nicht, es ist ihr ehrlich gesagt auch egal, doch plötzlich spricht jemand neben ihr mit einer sanften, musikalischen Stimme: „Du zeichnest sehr gut!“

Total erschrocken kippt sie seitwärts von der Schaukel herunter, knallt auf den Boden. „Au!“ Mit schmerzverzerrtem Gesicht fasst sie sich an den Hinterkopf, während die musikalische Stimme wieder spricht: „Hab ich dich erschrocken? Tut mir Leid!“ Sie klingt ein wenig belustigt.

„Ja, hast du!“ Joanna hingegen klingt eher beleidigt, richtet sich auf und klopft sich den Dreck von der Kleidung.

„Tut mir Leid!“ Die Stimme lacht und als Joanna aufsieht, sieht sie direkt in das Gesicht eines Jungen ihren Alters, also etwa sechszehn. Seine Haare sind rabenschwarz, seine Augen bernsteinfarben… Und sein Lachen klingt unglaublich wohltuend. Joanna weiß nicht, was mit ihr los ist, sie sieht ihn an und augenblicklich ist jeder Ärger, jegliche Wut verschwunden, als würde alles in seinen wunderschönen Augen versinken… „Hm? Alles okay mit dir?“

Sie wird aus den Gedanken gerissen. „Äh… J-ja! Ähm… Darf ich fragen, wer du bist?“, fragt sie zögernd und hebt ihre Sachen wieder auf.

„Mein Name ist Noe und ich bin ein Geist.“ Er antwortet ihr mit einem breiten Lächeln, während er sie über den niedrigen Zaun der Veranda hinweg ansieht, den Kopf auf die Arme gelegt, welche auf den Zaun gestützt sind.

„Noe also… Moment – Ein Geist?!“

„Bist du jetzt erschrocken? Willst du jetzt wegrennen, wie all die anderen auch?“ Wieder lacht er, aber als Joanna mit Nein antwortet hört er augenblicklich auf. „Wie?“

„Nun ja, ich wollte schon immer mal einen Geist treffen!“

Noe sieht sie nur verblüfft an.

„Sag mal… Darf ich dich zeichnen, während du mir von deinem früheren Leben erzählst?“, fragt sie freundlich mit einem strahlendem Lächeln und er kann einfach nicht anders, als Ja zu sagen. Er setzt sich ihr gegenüber auf einen der Stühle und erzählt ihm von seinem früheren Leben, während Joanna wieder auf der Hollywoodschaukel sitzt und ihn zeichnet. Er erzählt, dass er sich eigentlich kaum daran erinnern könne, es sei schon so lange her. Damals hätte er hier gelebt, zusammen mit seinen Eltern. Es wäre ein sehr einsames Leben gewesen.

„Du musst wissen, wir hatten kaum Personal, es reichte gerade mal fürs Kochen und Putzen und solche Dinge, meine Eltern waren extrem geizig. Ich durfte kaum mit Kindern spielen und war die ganze Zeit allein in diesem großen Haus. Meine Eltern waren oft unterwegs, ohne mich. Ich habe nur gelernt, nur gelesen. Bis ich fünfzehn wurde. Ich habe mich abends aus dem Haus geschlichen und mich mit Menschen in meinem Alter angefreundet, aber kurz bevor ich sechszehn wurde, haben es meine Eltern dann herausgefunden und meine Mutter sprach einen Fluch über mir aus. Als ich dann immer noch nicht aufgehört habe, wurde sie wütend, hatte mir eine Ohrfeige verpasst und mir danach eine Strähne ausgerissen. Sie hob sie in meine Richtung und sprach einen Fluch aus, laut dem ich für immer in der Hölle schmoren solle, wenn ich es wagen würde, sie zu verraten. Plötzlich brach ein Gewitter los. Und meine Eltern zogen von dannen. Sie fuhren mit dem alten Auto davon, ich rannte ihnen hinterher, ich habe geweint, das weiß ich noch… Ich rief, dass ich sie über alles auf der Welt hassen würde, für das, was sie mir mein Leben lang angetan hatten und plötzlich traf mich der Blitz. Und das passierte alles an meinem Geburtstag…“ Er beginnt leise bitter zu lachen.

„Das muss hart für dich gewesen sein…“

„War es auch. Danach war ich noch einsamer als je zuvor, denn als ich zu mir kam fand ich meinen leblosen Körper vor, neben dem eines unserer Dienstmädchen hockte und verzweifelt versucht mich wachzurütteln. Ich versucht alles Mögliche, damit sie mich wahrnahm, aber es war vergebens, sie konnte mich nicht sehen. Ich musste mit ansehen, wie mein lebloser Körper weggebracht wurde, wie das Personal sofort auszog und die Villa von da an vor sich hingammelte, mit mir als einzigen Bewohner…“

Schweigend sieht Joanna ihn mitleidig an, sie spürt seinen Inneren Schmerz förmlich…

„Meinen Eltern habe ich das nie verziehen… Vor allem meinem Vater habe ich nie verziehen, dass er dieses Hexenweib geheiratet hat! Nach meinem Tod kamen die beiden nie zurück und ich fand etwas sehr interessantes. Da ich nun ein Geist bin kann ich durch Wände gehen, bin unsichtbar, kann aber immer noch Dinge hochheben, Dinge spüren. Sogar Gefühle kann ich noch empfinden, außer körperlichen Schmerzen… Aber egal, ich weiche ab. Wie gesagt, ist sie ein Hexenweib! Ich habe nämlich in einem Zimmer, das immer verschlossen war, ein altes Zauberbuch gefunden, um es herum auf dem Tisch lauter halb heruntergebrannter Kerzen. Damit war auch klar, wieso ich nach dem Blitz aussah wie zuvor, nix von Brandspuren oder so. Es war der Fluch, der mir das Leben nahm. Anscheinend hatte ich meine Eltern wirklich verraten, jedenfalls so, wie meine „Mutter“ es auffasste. Na ja, ich hab außerdem ein Tagebuch dort in dem Zimmer gefunden und hab so herausgefunden, dass sie gar nicht meine leibliche Mutter war. Meiner leiblichen Mutter hatte sie mich weggerissen, verzauberte meinen Vater mit einem Fluch so, dass er glaubte, sie wäre meine Mutter und meine richtige Mutter vertrieb sie. Es ging ihr nur um das Vermögen meines Vaters. Deswegen hatte sie mir das Leben von Anfang an schwer gemacht, mich auf das Geschäftsleben getrimmt! Und mein Vater hatte dazu nichts gesagt… Aber ich weiß gar nicht, wieso ich deine Zeit damit verschwende, es geht dich eh nichts an und verstehen tust du wahrscheinlich auch nichts.“

„Vielleicht hast du Recht, aber es interessiert mich.“

„Klar, jetzt werde ich auch noch wie eine Attraktion aus’m Zirkus behandelt oder so!“

„Nein, so meine ich das nicht. Ich möchte dir helfen, dass du endlich in Frieden ruhen kannst.“

Seine Augen funkeln auf, als sie das sagt. „Meinst du das… ernst?!“

„Ja, das ist mein voller Ernst! Ich möchte dir gerne helfen. Ich hab das Gefühl, dass ich dir einfach helfen muss, also… Na ja, ich kann es nicht wirklich beschreiben. Aber ich willl dir helfen!“

Einen Moment lang sieht er sie schweigend an, dann beginnt er glücklich zu lächeln und meint: „Danke…“

Joanna lächelt ihn zufrieden an, dann fällt ihr aber etwas ein. „Sag mal…“, sie streckt ihm ihre Hand entgegen, sodass die Handfläche parallel zu ihrem Körper verläuft, „Kannst du mich eigentlich berühren?“

Noe sieht sie fragend an, dann streckt er ihr zögernd die Hand entgegen. Vorsichtig berührt er mit seinen Fingerspitzen ihre, legt dann seine komplette Hand an ihre, bis sie genau aufeinander passen. Immer noch, weiß Noe nicht, was sie damit bezwecken will, schaut von den Händen zu ihr und sie lächelt einfach nur glücklich. Sie wird durchströmt von einem seltsamen Gefühl. Sie kann es nicht genau beschreiben, aber es macht sie glücklich, sie spürt seinen Schmerz, sie will ihm helfen, aber was, wenn sie es schaffen und er danach für immer fort ist? Dieser Gedanke macht sie wieder traurig. Wenn es das Gefühl war, was sie vermutete, von dem sie immer gelesen hat, wie konnte das sein, wenn sie ihn doch gerade erst getroffen hat?!

„Alles okay?“

„Äh…“, sie wird wieder aus den Gedanken gerissen und lässt ihr Hand sinken, „J-Ja, alles bestens! Ich war nur gerade in Gedanken vertieft. Habe ich mich eigentlich schon vorgestellt? Mein Name ist Joanna!“

„Joanna… Der Name passt zu dir.“ Er lächelt sie sanft an und sie wird rot. Sie weiß nicht wieso, sie wird es einfach. Verlegen schaut sie weg, aber seinem Blick entgeht nichts.

Von diesem Tag an treffen sie sich jeden Tag. Mit Freuden kommt Joanna jeden Tag an, erzählt ihm Geschichten von fernen Ländern, wo sie in ihren Träumen immer hinreist, während er aufmerksam und gespannt zuhört. Aber sobald sie damit fertig ist, beginnt sie wieder darüber zu grübeln, wie Noe endlich in Frieden ruhen könnte. Er ist genauso ratlos wie sie, dann hat sie aber einen Einfall: „Vielleicht musst du einfach mit deinem Körper wieder vereint sein!“

„Vereint? Wie das, ist doch bestimmt schon längst zerfallen…“

„Vielleicht reicht es aber schon, wenn du nur zu dem Ort gehst, an dem sich dein Körper befindet.“

Und so machen sich die beiden auf zu dem Friedhof im Zentrum der Stadt. Unterwegs unterhalten sie sich und Noe lässt sich nicht anmerken, wie nervös er eigentlich ist, genauso wie Joanna. Allerdings ist Joanna wegen seiner Gegenwart nervös und Noe eher wegen dem Friedhof. Schließlich stehen sie vor dem Eingang. Links und rechts von diesem erstreckt sich eine große Hocke, die nur die Baumkronen zum Beobachten lässt. Hinter dem Tor ein langer Weg aus Kies, von dem immer wieder kleinere Kiespfade abzweigen, zwischen denen die verschiedenen Gräber liegen. Obwohl man mit Friedhöfen immer Unheimliches in Verbindung bringt, sieht dieser hier komplett anders aus. Lauter Blumen und im Zentrum des Friedhofes befindet sich ein kleiner Brunnen. Aber als sie vor dem Tor stehen und zwei Minuten lang nur hinein starren, macht Noe einen Schritt zurück.

„Noe?“

„I-Ich kann das nicht…“

„Noe…“ Sie sieht in mitleidig an.

„Ich kann das nicht! Was ist, wenn es klappt, was passiert dann mit mir?!“

„Noe, du brauchst keine Angst zu haben, ich bin doch bei dir!“ Sie reicht ihm sanft lächelnd seine Hand, aber die Angst ist immer noch auf seinem Gesicht zu lesen. Doch als er sie gerade ergreifen will ertönt eine Stimme: „Na, Kleine? Führen wir Selbstgespräche?“ Genervt wendet Joanna den Blick in die Richtung, aus der die Stimme kommt. Und da sieht sie auch schon drei Vollidioten!

„Nick, Leon und Brian! Das Idioten-Trio ist wieder komplett! Was wollt ihr?!“

„Na wir dachten uns, dass du Gesellschaft brauchen könntest, wenn du schon mit dir selbst spricht.“ Leon geht höhnisch grinsend auf zu und streift mit seiner Hand durch ihre Haare, aber sie entzieht sich seiner Berührung und meckert ihn an, dass er sie nicht anfassen solle. So geht es immer weiter, sie meckert und meckert, aber die Jungs nerven sie dadurch noch mehr und Noe merkt, wie langsam Wut in ihm aufsteigt. Allerdings nicht die Art Wut, die er bei seinen Eltern empfindet, sondern anders… War es… Eifersucht?

Darüber jetzt nachzudenken bringt es nicht, schnell sieht er sich um und rennt auf den Friedhof, ohne nachzudenken. Joanna ruft ihm noch hinterher, aber er hört sie nicht, er schnappt sich ein paar der Kiesel und wirft jedem der drei Jungen ein oder zwei an den Kopf, bis er ihre Aufmerksamkeit hat. Na ja, mehr oder weniger, denn sehen können sie ihn ja nicht. Unbemerkt schleicht sich Joanna davon und da taucht auch schon ein schwebender Ast auf. Augenblicklich steht den drei Jungen das Entsetzen und die Angst ins Gesicht geschrieben, dann ertönt auch noch schallend Noes Stimme: „Verschwindet… Verschwindet ihr drei Unwürdigen…“ Wie gebannt von der Angst verharren sie da immer noch, dann rennt Noe los mit dem Stock und nun rennen auch sie los, allerdings rennen sie eher schreiend davon! Noe rennt immer noch hinter ihnen her, verpasst dem hinten immer mal wieder eins mit dem Stock. Schließlich bleibt er lachend stehen und Joanna kommt zu ihm geeilt.

„Das tat gut!“, sagt er lachend.

„Das sieht man dir an!“ Auch sie lacht. „Aber sag mal… Ich dachte sie können dich nicht hören?“

„Tja, wenn ich in einen bestimmten Zustand umschalte, dann geht es, aber das wurde mir erst mit der Zeit klar. Woher glaubst du wohl stammen die Gerüchte, dass es in meiner Villa spukt?“

Jetzt, wo sie ihn so herzhaft lachen sieht, fällt es ihr noch schwerer, ihn gehen zu lassen. Ja, sie hat sich nun wirklich in ihn verliebt. Und sie hatte ihm noch nicht zum Geburtstag gratuliert! Das hatte sie vollkommen vergessen!

„Noe? Heute ist doch dein Geburtstag oder? Ich hab ihn total vergessen, tut mir Leid… Aber ich wünsch dir alles, alles Gute! Und ich hoffe, dass ich dir heute zumindest das Geschenk machen kann, dass du endlich in Frieden ruhen kannst!“ Sie lächelt ihn bezaubernd an, aber er merkt, dass sie bedrückt war, und er weiß auch wieso. Diese drei Typen haben es ihm endlich klargemacht. Er beugt sich vor und küsst sie auf die Wange.

„Das ist doch kein Problem, du hast mir schon etwas viel Besseres gegeben!“ Wie versteinert bleibt Joanna stehen, läuft knallrot an, während Noe zum Friedhof läuft. „Joanna? Kommst du?“ Lachend läuft er weiter, Joanna ihm hinterher. Wieso musste es nur so passieren? Wieso?! Und warum so schnell? Langsam schlendern sie über den Friedhof, Joanna mit betrübtem Blick auf den Boden. Noe war vorher noch nie auf einem Friedhof und ist ganz fasziniert von den verschiedenen Grabsteinen und den geschmückten Gräbern. Schließlich entdeckt er seins. „Joanna, da vorn!“ Er will gerade freudig loslaufen, aber da hält sie ihn am Handgelenk fest. Verwundert sieht er sie an, sie, die immer noch den Blick gesenkt hat. „Jo… Joanna?“

„N-Noe… Ich… I-ich muss dir etwas sagen…“ Einen Moment herrscht Stille. „N-Noe ich…“, sie beginnt zu schluchzen, dann sieht sie voller Tränen auf, „Ich glaub ich hab mich in dich verliebt. Ich weiß, dass ich dich gehen lassen muss, aber ich will dich nicht gehen lassen, ich will dich nicht vermissen, ich will nicht diese Leere spüren, die ich jeden Abend schon gespürt hab, wenn ich weg musste von dir! Seit einer Woche kennen wir uns jetzt… Und ich halte es ohne dich schon fast gar nicht mehr aus…“ Gegen Ende wurde sie leiser und Noe schaut sie total baff an, dann lässt sie ihn los und senkt wieder den Blick. Noe weiß nicht so recht was er sagen soll…

Aber da beginnt Joanna auch schon leise zu murmeln, dass er am Besten allein zu seinem Grab gehen solle. „Ich wünsche dir noch einmal alles Gute zum Geburtstag und ich hoffe, dass du jetzt endlich in Frieden ruhen kannst!“ Sie will losrennen, aber Noe packt sie am Handgelenk und lässt sie nicht los. Keiner außer ihnen befindet sich auf dem Friedhof, denn es dämmert bereits. Die beiden verharren so für eine halbe Ewigkeit…

Schließlich durchbricht Noe die Stille: „Willst du mich jetzt so hier stehen lassen, Joanna? Bisher war dieser mein schönster Geburtstag überhaupt. Lass ihn bitte nicht so enden…“ Bei diesen Worten schaut sie erschrocken auf, dreht sich um, da er sie losgelassen hat und plötzlich küsst er sie. Für einen Moment scheint die ganze Welt stillzustehen und Noe küsst sie zärtlich… Aber als sich ihre Lippen trennen fasst er sie sanft an der Hand und zieht sie vorsichtig mit sich mit, bis zu seinem Grab.

Er dreht sich ein letztes Mal um…

Schaut sie ein letztes Mal voller Schmerz lächelnd an…

Und seine letzten Worte säuselt der Wind sanft in ihr Ohr…

Ich liebe dich, Joanna…

Mit diesen Worten löst er sich in kleine Kugel aus Licht auf, die alle gen Himmel schweben…

Und Joanna bleibt allein zurück, die Tränen fließen über ihr Gesicht…

… Doch ihr Herz ist mit Freude erfüllt, denn er hat endlich seine letzte Ruhe gefunden …

Seit diesem Tag besucht Joanna Noes Grab beinahe jeden Tag. Jeden Tag aufs Neue setzt sie sich vor dieses und erzählt ihm, was ihr passiert war. Aber sobald die Schule wieder losgeht, schafft sie es nur noch ein Mal die Woche. Allerdings sind ihre Besuche nicht kürzer, denn sie hat dann umso mehr zu erzählen.

Und schließlich ist es wieder so weit. Sein Geburtstag ist da. Mit Tränen im Blick steht sie nun vor seinem Grab, in der Hand einen Blumenstrauß, den sie vorsichtig auf sein Grab legt. „Ach, Noe…“, beginnt sie und die Tränen fließen. „Es ist jetzt schon ein Jahr her, und ich liebe dich immer noch so sehr, ich vermisse dich immer noch so sehr… Ich hoffe, dir ergeht es jetzt endlich besser, als die Zeit, in der du allein warst…“

Und plötzlich ertönt hinter ihr eine bekannte Stimme: „Mir geht es besser, als nie zu vor, und das nur dank dir, Joanna!“

Augenblicklich wirbelt Joanna herum und er steht vor ihr. Noe. Ihr Noe! Aber sie kann es irgendwie nicht glauben… „N-Noe…?! Bist du es wirklich?“

„Ja. Ich habe es ohne dich nicht ausgehalten und ich weiß nicht wie, aber jetzt bin ich wieder da… Und es kann mich sogar jeder sehen! Als wäre ich wiederauferstanden!“ Er ist überglücklich und in seinen Augen glitzern die Tränen. Weinend vor Freude fällt sie ihm um den Hals.

„Ich hab dich so vermisst! Ich hab mich so nach dir gesehnt!“

„Ich auch… Ich liebe dich, Joanna…

Nie wieder wollen sich die beiden trennen, sie würden auf ewig zusammen bleiben. Und das tun sie auch. Seite an Seite leben sie seit dem glücklich zusammen in seiner Villa und selbst der Tod kann sie nicht trennen, denn sie sterben gemeinsam und leben doch weiter…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kyroka
2009-07-27T12:05:47+00:00 27.07.2009 14:05
So, jetzt muss ich dir doch mal ein Kommi machen XDD
Find die Story mal wieder total genial *Q*
Du kommst immer auf so geile Ideen *neidisch desu*
Ich will auch mal so`nen Geisterjungen treffen x3
Ich find das auch so süß wie er aus seiner Vergangenheit erzählt und Joanna ihm helfen will ><
Puhh, und ich dachte erst es gäbe ein trauriges Ende wo er zurück in sein Grab geht...aber dann zum Glück ein Happy End :D ^.^


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