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The Demon Factor

Eine Rachel Morgan-Fanfic
von

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I

Nicht nur das Wetter war ein Desaster.

Detective Glenn stand knöcheltief im Schlamm, neben ihm eine halb versunkene Leiche.

Weiblich, um die zwanzig, mittelgroß, vielleicht blond und von oben bis unten besudelt mit Dreck, Eis- und Schneematsch und sowieso war die ganze Sache ziemlich eklig.

Die CW Bailey Bridge, von der das Opfer geworfen worden war, tat ihm nicht den Gefallen den penetranten Schneeregen, der ihn bis auf die Haut durchnässte, von ihm abzuhalten.

Dass die Tote von der Brücke geworfen worden war, daran bestanden aktuell die wenigsten Zweifel. Hätte die Gute bei Sturz und Aufprall noch gelebt, sie hätte geblutet wie eine angestochene Sau. Aber da war kein Blut.

Es war eine einfache Rechnung: wo kein Blut war, da war auch kein Leben. Hier ja sowieso nicht mehr.
 

Ansonsten tappte das FIB im Dunkeln.

Glenn hatte keinen Namen, noch nicht. Offensichtlich gab es bis jetzt keine passende Vermisstenanzeige und seine Kollegen brauchten Zeit, um die einschlägigen Datenbanken zu durchsuchen. Vielleicht ergaben die Fingerabdrücke irgendwas, aber er glaubte nicht recht daran. Es war ja nicht mal sicher ob es sich um einen Menschen oder einen Inderlander handelte – Schlamm und Schneeregen wuschen einfach alles fort.

Alles bis auf die feinen, aber charakteristischen Narben in der Halsregion.

Sichere Anzeichen dafür, dass er einen Schatten vor sich hatte. Und wo Schatten waren, da waren die dazugehörigen Vampire vermutlich nicht weit.
 

Das war übrigens auch der Grund, weshalb man ihn aus dem Bett geholt hatte. Er war der Inderlanderspezialist des FIB. Und Vampire waren Inderlander – sein Zuständigkeitsbereich. Und wenn das hieß, dass er um neun Uhr aus dem Haus musste, statt erst zur Spätschicht, und sich dabei fast alle Beine brach, weil der Schneeregen den Weg bis zu seinem Wagen in eine Rutschbahn verwandelt hatte. Nicht zu reden von dem beschissenen Verkehr...

Aber gut, er würde sich nicht beklagen: Ausnahmsweise war das FIB schneller als die IS, die sich wohl nur einmischen würde, wenn sich herausstellte, dass die Tote tatsächlich ein Inderlander war – und der Täter auch.

Der Fall gehörte ganz und gar ihnen. Und das würde Glenn sich nicht nehmen lassen.

Das hier würde ohne die Hilfe von Inderlandern ablaufen.

Und wenn er so auf die Angaben, die ihm einer der Officer ausgehändigt hatte, schaute, bestätigte sich dieser Beschluss nur noch. Gefunden hatte die Leiche Trent Kalamack, mit seinem Gefolge.

Rachel fiel als Hilfe aus. Und wie sie ausfiel...
 

Die Spurensicherung war mit ihrer Arbeit fertig und überließ dem Gerichtsmediziner, der die Leiche abtransportieren würde, das Feld. Detective Glenn verließ den Ort des Geschehens noch nicht.

Man hatte nur ein Bettelarmband in den Ästen gefunden, dass zur Leiche gehören mochte – oder auch nicht, aber sonst war das Ganze bis lang ziemlich hinweislos. Er hoffte ja kaum noch darauf, selbst etwas zu finden – seine Kollegen waren in der Regel zuverlässig – aber er wollte sich nicht vorwerfen lassen, dass er nicht ausreichend gesucht hatte, falls sich doch noch etwas fand.

Das ganze Areal war ein einziges Schlammfeld aus Dreck, tauendem Schnee der letzten Tage und verrottendem Gras des letzten Jahres, abgesteckt mit Flatterbändern. Hoffentlich war das der letzte heftigere Wintereinbruch, er wollte nicht noch im April seine Inderlander im Schnee suchen.

Aus dem Matsch ragten kahl und klagend die Bäume und Sträucher, die das Ufer des Ohios säumten. Er hörte von hier, wie sich das Wasser am Ufer brach. Wäre die Leiche ein paar Meter weiter links aufgeschlagen – sie hätten sie nie gefunden, nicht, bevor sie nicht irgendwo angeschwemmt wurde.

Die CW Bailey war gerade weit genug entfernt, damit die Leiche dort aufschlug, wo sie aufschlug. Physik war nicht seine Stärke, aber so weit, wie die Leiche von der Brücke entfernt war, musste sie ganz schön Schwung drauf gehabt haben...
 

Langsam stapfte er durch den Schlamm, warf den armen Schweinen, die das Opfer in einen Sarg hievten, nur einen kurzen Blick zu und suchte.

Es war erfolglos. Eigentlich war er nicht nur erfolglos, sondern auch nass, dreckig, halb erfroren und ziemlich frustriert. Natürlich.

Heilige Tomate, wie er es hasste.

Er hörte, Schritte hinter sich, drehte sich aber nicht um, als Dorothy ihn ansprach. „Was gedenkst du zu tun, Glenn?“

Die Frau hätte seine Mutter sein können und war die Güte in Person. Er war froh, dass sie ihm diese Frage stellte und keiner seiner anderen Kollegen. Seine Laune war auf dem tiefesten Tiefpunkt seit gefühlten Dekaden.

„Auf die Ergebnisse der Obduktion warten, vielleicht ergibt die ja was.“ Vielleicht aber auch nicht. „Fahr schon mal vor und gönn dir einen Kaffee, ich komme nach.“

Er würde noch einen Abstecher in die Hollows machen, bevor der Fall ihn auffraß und vor Ende der Woche nicht wieder ausspuckte.

Ein Blick auf die Uhr versicherte ihm, dass es noch nicht um zehn war – perfekt.

Rachel würde ihn hassen.
 

Die Klingel hallte so laut durch die alte Kirche, dass selbst Glenn es hörte.

Dennoch dauerte es erstaunlich lange, bis sich die Tür unter nur halb unterdrücktem Fluchen öffnete und sich ein kupferroter Busch durch den Spalt schob.

Eindeutig, Rachel Morgan hatte noch keine Zeit für den Badbesuch gehabt. Neben dem Krähennest von einem Haar sah er nur einen plüschigen rosafarbenen Morgenmantel.

„Betteln und Hausieren verboten. Verschwinden sie, wir haben zu tun“, murrte die junge Frau hinter der Mähne. Glenn konnte nicht einmal die Augen sehen – es war alles eine fließende Wolke besonders widerspenstiger Haare.

„Guten Morgen, Miss Morgan“, erwiderte er gelassen und ließ gerade genug Spott einfließen, damit es die Frau weckte.

Er erzielte die gewünschte Wirkung: Rachel Morgan hob den Kopf und strich sich zumindest einen Teil der störenden Mähne aus dem Blickfeld.

„Glenn, bist du das? Verdammt nochmal, weißt du, wie spät es ist?“

Er nickte. „Punkt zehn Uhr. Die perfekte Zeit zum Frühstück. Wo ist mein du-weißt-schon?“

Das räumte wohl alle Zweifel an seiner Identität in ihrem Inderlandergehirn aus dem Weg. Sehr schön.

„Glenn? Ich bring dich um.“

Trotzdem öffnete sie ihm einen Augenblick später die Tür.
 

Die Matten, mit denen der Boden des ehemaligen Hauptraumes der Kirche bei seinem letzten Besuch ausgelegt gewesen war, fehlten, was dem Raum ein weniger seltsames Erscheinungsbild verlieh. Statt der Matten irritierte ihn nun jedoch ein Schreibtisch – über und über mit Topfpflanzen zugestellt. Ein arbeiten darauf war wohl nur schwer möglich … Die Pixies, vielleicht. Obwohl es für Pixies erstaunlich leise war. Vielleicht hielten sie doch Winterschlaf oder was Pixies im Winter halt so taten...

„Ivy schläft?“

„Würde sie es nicht tun, wärst du jetzt tot.“

Das war wahr. Glenn erinnerte sich noch gut an seine erste Begegnung mit der lebenden Vampirin. Sie hasste Überraschungen. Ivy Tamwood war ungefähr so ausgeglichen wie Schwarzpulver vor der Erfindung des Dynamits (Nicht, das Vampire nicht ohnehin so gefährlich wie Sprengstoff waren,) so viel hatte er mittlerweile gelernt. Wenn man mit ihr auskommen wollte, musste man schnell lernen, wie ein Vampir tickte. Sehr schnell. Er fragte sich nur, wie Rachel das auf Dauer aushielt.
 

Rachel schlappte unterdessen in ihren pinken Plüschpantoffeln vorneweg in die Küche. Morgenmantel und Haare umwehten sie bei jedem Schritt. Ein Armband schwang mit. Es stand ihr nicht sonderlich, vermutlich war es ein Geschenk.

Glenn hatte nicht vor, die sich aufbauende Stille zu beenden, auch wenn sie unangenehm wurde. Er war unangenehme Stillen gewohnt und irgendwie hypnotisierten ihn die vielen klimpernden Anhänger an dem komischen Armband.

Die Küchentür öffnend übernahm Rachel diesen Part ohnehin. Anscheinend wachte sie langsam auf.

„Wir haben halb sechs Uhr abends ausgemacht. Du weißt, wann das ist, oder?“

„In neuneinhalb Stunden. Habe ich dich geweckt?“

Natürlich hatte er. Und er freute sich darüber diebisch, auch wenn er das Rachel mit Sicherheit nicht auf die Nase binden würde.

Sie riss die Kühlschranktür so heftig auf, dass die Ketchupflaschen klirrten, und drehte sich ruckartig zu ihm um. Die Plüschpantoffeln bebten.

„Du scheinst ja bester Laune zu sein“, erwiderte sie giftig.

„Ich hatte heute Morgen eine Leiche bei der CW Bailey, drei Beinahe-Unfälle, weil einige Autofahrer nicht zu verstehen scheinen, dass es bei Schneeregen glatt sein könnte, und bin nass bis auf die Haut. Gib mir den Ketchup, dann bin ich weg und du kannst weiter schlafen.“

Sie kramte missmutig nach zwei vollen Flaschen und wünschte ihm dabei vermutlich den T4 Angel-Virus an den Hals, drückte ihm aber schließlich den Ketchup wie Diebesgut in die Hand.

„Leiche? War sie hübsch? Brauchst du Hilfe?“

Um der Tomate Willen – Nein.

„Nein und nein. Sie war schlammig und ich brauche keine Hilfe. Nick hat sich beruhigt?“

Er wusste, dass er etwas falsches gesagt hatte, sobald er den Namen Nick ausgesprochen hatte. Rachel zog die Stirn kraus und warf ihm einen Blick zu, als sei er ihr nächster Snack.

„Nein.“

„Nein?“

„Ich gehe jetzt mit Kisten.“

„Felps?“

„Nimm deinen Ketchup und scher dich raus!“
 

Glenn würde Rachel nicht anrufen.

Oh nein, das würde er ganz sicher nicht.

Auch wenn er jetzt die ersten Ergebnisse der Untersuchungen auf dem Schreibtisch hatte.

Die Leiche war, wie erwartet, bereits vor dem Sturz gestorben. So weit so gut: Sie war nicht nur tot, sie war auch blutleer. Bis auf den letzten Tropfen. Gut, das hatte er bereits erwartet – wo Schatten waren, da waren Vampire nie weit – und trotzdem warf es mehr Probleme auf, als es löste: Die markanten Bissmale fehlten. Das, was sich an Bissen finden ließ, waren nur die üblichen Narben. Viele schon verblasst und die Jüngeren auch zu alt.

Er wusste nicht, ob Vampire Blut aus einem Körper saugen konnten, ohne Spuren zu hinterlassen, aber wenn sie es nicht konnten, dann hatte er ein Problem: Aus einer Schatten, die vermutlich von ihrem Vampir ein wenig zu stark ausgetrunken worden war, wurde eine Schatten, die von so halbwegs allem, was es auf dieser Welt an Inderlandern gab, umgebracht worden sein könnte.

Und er wusste nach wie vor nicht, um wen es sich bei der Leiche handelte.

Es handelte sich bei ihr um eine Hexe, die vermutlich mit Kraftlinien gearbeitet hatte. Vermutlich war sie Anfang bis Mitte zwanzig, tatsächlich blond und eben blutleer.

Oh und sie war ein unbeschriebenes Blatt. Das FIB hatte keine Fingerabdrücke von ihr. Keine Fotografien. Keine Einträge wegen Gewaltverbrechen, Diebstählen, Drogenmissbrauch oder Blutexessen in der Öffentlichkeit oder in einschlägigen Etablissements.

Vermisst wurde sie anscheinend auch nicht.
 

Trotzdem tippte Glenn nun die wichtigsten Fakten in ein Dokument auf seinem Rechner. Nicht, dass er sich nicht dennoch im Kreise drehte, so wie Rachel vermutlich auf ihrem neuen Drehstuhl an ihrem neuen Schreibtisch mit den Zimmerpflanzen.

Nicht, das er sie jetzt anrufen würde.

Er blätterte frustriert zur nächsten Seite. Ein recht gutes Foto des gefundenen Armbands.

Das Ding war nicht sonderlich hübsch mit vielen Anhäng-

Oh.

Viele Anhänger.

Er kannte das Ding. Er hatte es erst vor Kurzem gesehen – an Rachel Morgans Handgelenk.

Verdammt.

Er würde sie nicht anrufen.

Er würde sie ganz sicher nicht anrufen.

Trent Kalamack war vielleicht in die Sache verwickelt, es war nicht weise, sie anzurufen.
 

An der Tür klopfte es und ließ ihn zusammen zucken. Allerdings gab ihm das Klopfen die Zeit, sich zu sammeln. Es gab nur eine handvoll Mitglieder im FIB, die ihm den Luxus gönnten und anklopften – die meisten Platzen einfach rein, solange er nicht abschloss.

Glenn hatte eine gewisse Idee, um wen es sich handeln konnte. Tatsächlich war es Captain Edden, der eintrat, als er ihn herein rief.

Sein Vater hatte einen Stapel Papier in den Armen und schien eigentlich besseres zu tun zu haben. „Wie weit bist du?“

„Nicht weiter als vor zwei Stunden. Du?“

Der Mann nickte zu dem Stapel in seinen Armen. „Zwei weitere unidentifizierte Leichen.“

Na klasse.

Ihm schwante böses. Und vor allem viel, viel Arbeit. Und ein Gedanke, den er nicht denken wollte.

Er würde Rachel nicht anrufen. Ganz sicher nicht.

Die Augen schließend und schwer schluckend stellte er schließlich die Frage, die er fragen musste: „Weiblich, um die zwanzig, so ein Armband?“

Einen ausgiebigen Blick auf die Akte auf Glenns Schreibstisch werfend, blätterte Edden durch seinen Stapel und nickte schließlich.

„Eine von ihnen. Woher weißt du das?“

Oh verdammt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Kim_Seokjin
2009-10-08T13:21:54+00:00 08.10.2009 15:21
Oh man, hier meldet sich endlich, dein Wichtelchen mit den ausgiebigen Kommentaren. Ich weiß, dass ich viel zus pät dran bin und du darfst mich dafür weiß wie ich stark ind en Arsch treten. *drop*
Vor Ewigkeiten hatte ich ja schon geschrieben, dass ich die geschichte liebe und ich tu es immer noch.
Glenn ist dir herrlich gelungen. Wenn er so stoffelig sein will und wenn er nicht Rachel anrufen will und es ja schlussendlich doch tut. *grins*
Von:  Knoblauchgurke
2009-08-08T15:12:01+00:00 08.08.2009 17:12
>Nicht, dass er sich nicht dennoch im Kreise drehte, so wie Rachel vermutlich auf ihrem neuen Drehstuhl an ihrem neuen Schreibtisch mit den Zimmerpflanzen.<

Ich liebe diesen Satz <3

Überhaupt gefällt mir das erste Kapitel sehr gut, dein Stil passt zur Handlung und die Charaktere sind gut getroffen. Ich bin schon darauf gespannt, wie die Geschichte sich weiterentwickelt und was Kisten und Trent mit der Leiche zu schaffen haben. Mal sehen, wann ich dazu komme, weiterzulesen *g*
Von:  Nochnoi
2009-06-06T12:12:18+00:00 06.06.2009 14:12
Also ich muss sagen, dass fängt ja schon vielversprechend an ^^

Gleich vorweg: Ich mag Glenn, so dass ich es sehr schön finde, dass er hier gleich seinen ersten Auftritt hat ^^ Und Trent scheint ja auch noch eine Rolle zu spielen, darauf freue ich mich ebenfalls :)

Ich finde, du hast einen sehr schönen Erzählstil. Flüssig, gut zu lesen und sehr lebendig. Man fühlt auf jeden Fall sehr mit Glenn mit ;) Und ich kann ihn wirklich verstehen, Schneematsch ist echt das Letzte ;p

Der Fall scheint sich auch äußerst interessant zu gestalten. Eine Leiche, die ausgesaugt wurde, aber keine erkennbaren Bissspuren zeigt, und dann noch das Armband, das seltsamerweise auch Rachel trägt o.ô

Ich bin wirklich gespannt, wie sich das Ganze entwickelt!

Liebe Grüße
Nochnoi
Von:  _Delacroix_
2009-06-05T11:06:12+00:00 05.06.2009 13:06
Nach all den Mühen und all dem Leid ist sie also endlich online.
Naja, OK Teil 1 ist online. Aber doch, das finde ich gut.
In der Szene hat mir persönlich der Leichenfund am Besten gefallen. Wegen der Beschreibung, nicht wegen der Leiche, nur um das gleich Mal klar zu stellen.

Gut, zum größten Teil habe ich dir meine Meinung ja eh schon gesagt und wenn ich was zu sagen hätte, würde ich es vermutlich mündlich tun. Das geht schließlich schneller.

Ich hoffe auf viele, interessierte und begeisterte Leser.^^


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