To catch a few things …
Erlösend hallte die Pausenklingel endlich durch die Gänge der Schule.
‚Na Endlich‘, dachte sie Kelsi und griff nach ihrer Mappe um sie hastig in ihre Tasche zu stecken. Lautes Rascheln von Blättern und Stuhlgerücke waren zu hören, bevor die Anderen aus der Klasse stürmten, um ihre Pause zu genießen.
Zusammen mit Martha lief Kelsi in den Gang, wo Gabriella und Taylor schon auf sie warteten.
„Eine Hälfte haben wir überstanden“, meinte Martha erleichtert. „So negativ heute?“, fragte Gabriella überrascht. „Nein, sie kann es einfach nur nicht bis zum Cheerleader-Training aushalten“, antwortete Kelsi lachend. Sie hatte sich das Gejammer ihrer Freundin die ganze Biostunde anhören müssen.
„Die Jungs warten in der Cafeteria auf uns“, meinte Taylor und scheuchte sie in die Richtung des Saales.
Kelsi hätte stöhnen können. Es waren schon gut dreißig Grad im Schatten. So gut es ging, hatte sie sich selbst so leicht wie möglich angezogen und trotzdem war sie kurz vorm Zusammenbruch.
Bei der Hitze konnte sie einfach nicht essen, ohne dass ihr schlecht wurde. Und nichts zu essen, während die Wildcats neben ihr saßen, war ein Akt der Unmöglichkeit, einer würde sie dazu zwingen.
Auf einmal klingelte ihr Handy. „Wow“, meinte Martha überrascht über das neue Ereignis. In den drei Jahren, in denen sie schon auf die Schule gingen, hatte Kelsi noch keinen Anruf in Anwesenheit ihrer Freunde bekommen. Kelsi schüttelte den Kopf und nahm ab. „Hallo?“
„Hey Kels, ich bin es Ryan…“hörte sie von der anderen Seite.
„Ach hey“, meinte sie erfreut, und sie freute sich wirklich, „was gibt’s?“ Er rief normalerweise immer nur dann an, wenn er sie nirgendwo finden konnte.
Sie blieb stehen, die Mädchen musterten sie mit neugierigen Blicken.
„Bist du allein?“, fragte er unsicher. Was war denn das für eine Frage?
„Moment“, sagte sie schnell und nahm das Handy runter, „geht schon einmal vor. Ich komm gleich nach.“
„Wer ist denn da?“, fragte Taylor interessiert. Sie hatte mal wider die Flöhe husten gehört. Besser gesagt die Aussicht Kelsi zu verkuppeln.
„Wir treffen uns später ja“, meinte diese schnell zu den Mädchen und ging in Richtung des Bandraums, der um die Ecke lag.
„Hey, das ist aber nicht fair!“, rief ihr Martha hinterher. Kelsi drehte sich lächelnd um und warf ihnen eine Kusshand zu. Wenigstens konnte sie so ihrem Schicksal entgehen, die nächsten zwei Stunden mit ihrem Magen zu kämpfen. Sie ging eilig in den Raum.
Sie nahm das Handy wieder hoch, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. „So jetzt bin ich allein“, sagte sie dann, während sie sich an das Klavier lehnte.
„Ich muss dich um einen Gefallen bitten.“
Noch eine Prämiere an diesem Tag. Sie grinste.
„Schieß los, ich bin ganz Ohr.“
Sie hörte nur, wie Ryan tief Luft holte. „Du musst mir etwas aus meinem Spint bringen, bitte.“
Er hörte sich merkwürdig an. Als ob es ihm peinlich wäre.
„Na gut“, meinte Kelsi und ging wieder aus dem Raum. Warum hatte er das nicht gleich gesagt? Dann wäre sie sofort zu ihren Spinten gegangen. Warum machte er einen solchen Aufstand darum?
Sie ging um zwei Ecken und ein kurzes Stück vom Gang, bis sie bei den weißen Spinten angekommen war. Ryan gab ihr seine Nummer durch und sie öffnete seinen Spint.
Wie gewöhnlich sah der Spint ein wenig chaotisch aus, aber das war sie von ihm gewohnt. Schließlich lagen die Spinte der beiden schon ihre gesamte Laufbahn der East High nebeneinander.
Er schien ein wenig aufgeräumt zu haben, die Zettelwirtschaft auf der oberen Ablage war verschwunden und auch seine Bücher waren erstaunlicherweise in einer Reihe aufgestellt.
Im Gegensatz zu seiner Schwester hatte er einen 0-8-15 Spint. Kein Glitzer, kein Glamour, ein einfach Spint eben. An der Tür konnte sie die wenigen Bilder erkennen. Eins von ihm mit Sharpay, ein paar von Aufführungen und das Gruppenfoto von Lava Springs nach der Talentshow.
„Also, was möchtest du denn haben?“, fragte sie gut gelaunt.
„Siehst du die blaue Tasche an der Seite?“
Es war schwer sie zu übersehen, schließlich hing sie an dem Haken… „Ja“
„Die bräuchte ich“ Und mehr nicht?
„Na gut“ Sie griff danach. Wofür er sie wohl brauchte?
„Und könntest du bitte nachgucken, ob wirklich alles drin ist?“ Wieder klang seine Stimme so bedrückt.
„Was sollte denn drin sein?“ Langsam fand sie es nervend ihm alles aus der Nase zu ziehen, was sie sich allerdings nicht anzumerken versuchte, denn irgendwie war dieses Telefonat auf der anderen Seite sehr unterhaltsam.
Er sagte es ihr, doch sie konnte es nicht verstehen weil drei Meter weiter zwei Jungs aufeinander gesprungen waren und nun einen Radau machten, als gebe es kein Morgen mehr.
„Entschuldige, es ist so laut!“, rief sie, „kannst du es gleich bitte noch einmal wiederholen?“
Auf einmal tauchte ein Lehrer auf und wies die Jungs zurecht und schickte sie hinaus. Kelsi versteckte schnell das Handy im Spint. „Sollten Sie nicht in der Cafeteria sein?“, fragte der Lehrer argwöhnisch.
„Ich muss nur noch schnell etwas in meinem Spint aufräumen“, log sie hastig. Er warf ihr einen skeptischen Blick zu, sagte aber nichts und ging wieder.
Als er außer Sichtweite war, holte sie das Handy hervor und meinte, „das war knapp. Also noch einmal: was sollte in der Tasche sein?“
„Einmal komplett Klamotten wechseln“ Wenn er komplett sagte, meinte er dann auch wirklich, wirklich komplett? Kelsi schluckte schwer und wurde ein wenig rot. Bildete sie es sich nur ein oder war es gerade wirklich um ein paar Grad wärmer geworden…
Aber kneifen konnte sie nicht mehr. ‚Stell dich nicht so an. Ist doch nichts dabei. Und anders herum wäre es noch peinlicher‘, stellte sie fest. So öffnete sie Sporttasche und sah hinein. „Flipflops?“fragte sie unsicher, denn die waren das erste, was ihr entgegenkam. „Ja“
Sie holte sie heraus, damit sie besser sehen konnte. Ein hellblaues T-Shirt, schwarze Caprihosen, Boxershorts (eine mit hellblauen und weißen Längsstreifen)…das wichtigste fehlte…
„Ryan, es fehlt der Hut“ Sie hörte ihn laut auflachen. „Da ist kein Hut dabei, ich werde ohne einen auskommen müssen“
„Noch etwas?“, fragte sie und warf sich die Tasche über die Schulter.
„Nein das sollte genügen“ Er hatte sich immer noch nicht ganz gefangen. Na wenn er meinte…. Sie schloss seinen Spint.
„Wohin soll ich gehen?“
„Untere Sportkabinen“
„Ich bin sofort da“ meinte sie, legte auf und öffnete kurz ihren eigenen Spint, um ihre Bücher zu wechseln. Im Eiltempo wuselte sie dann die Gänge und Treppen hinunter.
Vor der Jungenumkleide stand ein pitschnasser Ryan. Mit nichts als einem Handtuch um die Hüften.
Es kostete ihre ganze Überwindung kein komisches Geräusch von sich zu geben oder zu erröten. Die Temperatur schien gerade noch mal um zehn Grad nach oben geklettert zu sein.
Er selbst sah auch nicht wirklich drein, als ob er sich wohl in seiner Haut fühlte. „Bitte“, war das einzige Wort, das sie noch sprechen konnte, und reichte ihm die Tasche. „Ich bin sofort wieder hier“, sagte er dankbar, nahm sie entgegen und eilte davon.
Kelsi atmete enttäuscht aus, sie hätte ihn am liebsten noch länger betrachtet. Sie lehnte sich gegen die Wand und versuchte sie das Bild ins Gedächtnis einzuprägen. Als sie selbst realisierte, was sie gerade tat, schoss wieder Röte in ihre Wangen. Allerdings war schon allein der Anblick der Mühe wert gewesen. Es musste verboten werden, so gut auszusehen.
Nach zehn Minuten kam Ryan angezogen wieder heraus, gerade als sie feststellte, dass er einen weit aus besseren Geschmack für Boxershorts hatte, als ihr älterer Bruder. Er hatte die Tasche wohl in seinem Sportspint eingeschlossen.
„Eine Erklärung?“, fragte Kelsi. Und es war wirklich eine Schande ihn wieder vollends bekleidet zu sehen, das Handtuch hatte ihm wesentlich mehr geschmeichelt. ‚Reis dich zusammen verdammt‘, fuhr sie sich selbst an.
„Naja meine Kleider sind mir abhanden gekommen, anscheinend ist jemand wegen meines Trainings ein bisschen sauer“, antwortete er. Seine Haare waren immer noch ein wenig nass. Sie trat an seine Seite.
„Was hast du denn gemacht?“, fragte sie und wuschelte ihm durchs Haar.
„Ich war schwimmen“, antwortete er schlicht, „hilft mir dabei einen klaren Kopf zu bekommen. Und ich kann mir schon denken wo meine Sachen sind. Sicher auf der Bühne.“
Sie lachte, da wollte wohl jemand dass Ryan einen Auftritt wie Zara und Dion hinlegte.
„Wieso hast du mich angerufen?“, fragte sie spontan. Immerhin hatte er ihr seine Schlosskombination für seinen Spint geben müssen, Sharpay wusste sie sicher so…
„Naja Sharpays Handy war aus“, meinte er schulterzuckend. Kelsi nickte, das war also der Grund. Ein wenig enttäuscht war sie schon, dass konnte sie nicht leugnen.
Ryan lachte und legte einen Arm um ihre Schulter. „Ich mach nur Spaß“, meinte er und drückte sie kurz, „du bist die Einzige, bei der ich weiß, dass du meine Kombination nicht missbrauchst und nicht in aller Öffentlichkeit darüber herziehst.“
Sie lächelte zurück, das war eine Antwort, mit der sie sich anfreunden konnte. Leider ließ er sie wieder los.
„Du gehst also in deinen Freistunden schwimmen“, stellte sie fest, während sich die beiden im Schneckentempo zur Treppe bewegten. „Seltener. Heute ist es so heiß, dass ich mich kaum konzentrieren konnte. Nun, ich hatte Zeit, der Pool war frei. Den Rest kannst du dir ja denken.“
Sie schlichen die Treppe hintereinander hoch. „Das nächste Mal schließe ich meine Sachen ein … oder ich gebe sie dir gleich zur Verwahrung.“
Sie gluckste. Eine Aufgabe, die sie nur zu gern übernehmen würde. „Gehen wir deine Sachen abholen, bevor noch etwas schlimmes passiert“, sagte sie. „Und hängen wir noch einen Spaziergang dran, damit dich keiner zum Essen zwingen kann“, ergänzte er. Sie drehte sich auf der letzten Stufe um, damit sie ihn ansehen konnte. Er stand zwei Stufen unter ihr, sodass sie ausnahmsweise mal auf einer Augenhöhe waren.
„Du hast es bemerkt?“, fragte sie gerührt. „Das du bei Hitze Mittags nichts essen kannst, ohne dass dein Magen rebelliert?“, fragte er schmunzelnd, „schon möglich.“
Sie konnte nicht anders als ihn anzulächeln. Er war der Einzige, dem es von allein aufgefallen war. Ihm hatte sie noch nie etwas zu erklären gebraucht, er verstand es einfach. Er verstand sie.
„Na komm Miss Composer. Wenn wir uns nicht beeilen, war es das mit dem „Herr Choreograph“.“
„Es fehlt aber noch etwas“, meinte sie grinsend. „Was denn?“, fragte er neugierig.
Schnell zog sie einen ihrer Hüte aus ihrer Tasche hervor, der zu seinem T-Shirt passte und setzte ihn ihm auf. Sie hatte ihn extra aus ihrem Spint genommen. Ryan ohne Hut, das war ein Schwerverbrechen. „Passt doch wie angegossen.“
„Nicht zu kitschig?“, fragte er und fuhr über die Krempe.
Sie schüttelte den Kopf „Jetzt bist du wieder mein Choreograph!“
„Danke“, meinte er lächelnd und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
Kam es ihr nur so vor oder war das Thermometer gerade um gefühlte hundert Grad nach oben geklettert…
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~------------------------------------~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Triumphierend streckte Sharpay ihre Hand aus. Sie konnte hören, wie Chad und Troy neben ihr leise fluchten. „Wie hast du das erraten?!“, fragte Chad frustriert, während er und Troy ihr zwanzig Dollar in die Hand drückten. Die drei standen versteckt hinter einer Ecke und beobachteten, wie Ryan und Kelsi an der Treppe standen, eng umschlungen in einem Kuss.
„Männer“, sagte sie kopfschüttelnd, drehte sich zu ihnen um und fuhr selbstsicher fort, „eure Pläne sie zusammenzubringen waren einfach nur schwach.“ „Und deiner war genial? Seine Klamotten zu verstecken???“, fragte Troy immer noch ungläubig.
Sie machte einen Schmollmund. „Seid jetzt keine schlechten Verlierer“, sagte sie in ihrer Boi-Stimme und ging den Gang zurück. Sie kannte ihren Zwilling eben doch am besten.
Grinsend betrachtete sie das Geld in ihrer Hand und fragte sich, was Zeke wohl von einem spontanen Kinobesuch halten würde.
