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Der Zweck heiligt die Mittel

Eine Baldur's Gate-FF
von

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Lux Aeterna

Reges Getuschel herrschte in der Menge auf dem Markplatz Eshpurtas.

Das ansonsten leergefegte Zentrum der kleinen Stadt war überfüllt mit Menschen und den Vertretern anderer Spezies, ganz im Gegensatz zu gewöhnlichen Tagen in der kleinen Stadt. Aber heute war kein gewöhnlicher Tag.

Eshpurta war weit davon entfernt, ein Knotenpunkt in der Infrastruktur Amns zu sein, doch wenn es etwas gab, worauf die Eshpurtaner stolz sein konnten, so war es ihre Waffenproduktion, die selbst die Soldaten des Landes mit der nötigen Ausrüstung versorgte. Ihr militärischer Status war das Herz Eshpurtas – dementsprechend groß war der Zorn der Einwohner, als es bei eben dieser Produktion zu erheblichen Schwierigkeiten kam.
 

Das Getuschel, das den Marktplatz erfüllte, verhieß nun die Ankunft ihrer möglichen Rettung; ehrfürchtige Stimmen sprachen von „legendären Kriegern“ und „berüchtigten Abenteurern“ – ja, von dem „Kind Bhaals“, dem letzten Nachkommen des Gottes des Mordes, der schon viele Jahre geschlagen war und nur eine Tochter hinterließ, die sich gegen alles gewandt hatte, wofür sein Name stand.
 

Besagte Tochter wurde in diesem Teil Amns bereits sehnsüchtig erwartet.
 

„Ich hab gehört, sie hätte sich mit der Vampirfürstin angelegt“, ließ ein dicker Bauer kurzatmig verlauten. Seine Stimme triefte vor Hochachtung.
 

„Und sie besiegt!“, fügte ein Junge von nicht mehr als ein paar Jahren mit piepsiger Stimme hinzu. „Mit Pflöcken“, meinte er nach einem kurzen Moment angestrengter Überlegung schließlich.

Seine Belohnung war ein Schlag auf den Hinterkopf von einem sehr miesepetrig dreinblickenden Magier.
 

„Womit auch sonst, verdammter Gnom“, zischte der Magier übellaunig. „Selbst der Bhaalsprössling kann Vampire nicht erwürgen.“
 

„Es heißt, ihre Mutter war eine Avariel“, mischte sich eine untersetzte Halblingsfrau ein, um einer Auseinandersetzung vorzubeugen.
 

„Pah, und dann soll das Weib uns aus der Bredouille helfen?“, schnauzte sie der Magier wieder barsch an. „Verdammte Flügelelfen. Sind doch viel zu weich, um irgendwen einen Kopf kürzer zu machen!“ Er schnaubte abfällig.
 

„Aber die Avariel sollen wunderschön sein“, murmelte die träumerische Stimme eines jungen Mädchens. Sie seufzte theatralisch, als der wütende Blick des Magiers sie von der Seite traf. „Ihre Flügel sind schneeweiß, ihr Haar seidig und glatt, ihre Stimme engelsgleich und ihre Körper zerbrechlicher als Glas.“
 

„Weswegen sie sich auch gut eignen, um unserem Trollproblem Abhilfe zu schaffen“, meinte der Magier spöttisch. „Außerdem ist sie dann ohnehin nur eine halbe Avariel. Bei dem Vater hilft auch die Elfenmutter nicht mehr, pah!“
 

Das verträumte Mädchen wollte ihre Stimme erheben, um nachzufragen, doch der bösartige Blick, der ihr zugeworfen wurde, ließ sie augenblicklich verstummen.
 

„Nun mal halblang, Edwin. Deine Schwarzseherei macht gar nichts besser!“, warf eine resolute Frauenstimme ein. „Avariel hin, Avariel her, wir brauchen ihre Hilfe.“
 

„Schon gut, schon gut, Samira.“ Edwin gab sich geschlagen. „Wahrscheinlich hat sie Hühneraugen“, murmelte er gehässig, jedoch so leise, dass die junge Frau ihn nicht hören konnte.
 

„Pscht, da tut sich was!“, rief einer der Halblinge zuvorderst der Masse aus. Die Leute dahinter drängelten sich angesichts einer eventuellen Attraktion in einstimmiger Aufregung dem Mittelpunkt des Geschehens entgegnen.
 

Klappernde Hufe kündigten die Ankunft der zukünftigen Retter an. Die Menge hielt andächtig den Atem, als eine fünfköpfige Truppe auf prächtigen Rössern auf dem Platz zu stehen kam, der seit Stunden von geifernden Stadtbewohnern belagert wurde.

Zuerst stieg die offensichtliche Anführerin von ihrem Pferd. Man konnte nicht viel mehr von ihr sehen als ihr langes Haar, das ihr Gesicht verdeckte; sie war gerade dabei, ihren Mitstreitern kurz angebundene Befehle zuzubrüllen.
 

„Ihre Stimme klingt gar nicht wie die eines Engels“, merkte der Junge mit der piepsigen Stimme schüchtern an. „Pscht!“, fuhr ihn ein angespannt beobachtender Bauer an, der sich bereits seit Anbeginn der Versammlung nur schweigsam auf seine Mistgabel gestützt hatte.

Schließlich sprang der Bürgermeister von seinem Podest, von dem aus er seit einer ganzen Weile versucht hatte, aufkommende Krawalle in der Menschenmenge zu vermeiden, und stürzte untertänig auf die fünf Abenteurer zu, die sich derweil interessiert umsahen.

Nun wandte sich auch der vermeintliche Bhaalspross um und sah dem gehetzten Bürgermeister mit stoischer Miene entgegen – während sie ihre Haltung straffte und den Bürgermeister teilnahmslos ansah, fielen ihre langen Haaren in ihren Nacken und gaben ihr Gesicht frei.
 

Das verträumte Mädchen stieß ein erschrockenes Keuchen aus, als sie die Anführerin genauer betrachten konnte. Von elfengleicher Schönheit konnte man hier nicht sprechen.
 

„Also doch Hühneraugen“, frohlockte Edwin, während Samira ihm mit dem Ellenbogen einen Stoß in die Rippen verpasste. „Ugh!“, keuchte er auf, als die Atemluft ob des unerwartet heftigen Stoßes aus seinen Lungen gepresst wurde, doch der schadenfrohe Gesichtsausdruck blieb.
 

Dem Bürgermeister waren die tratschenden Leute keineswegs verborgen geblieben, also lotste er die Abenteurer mit knappen Gesten ins Zentrum des bürgermeisterlichen Lebens: das Rathaus.
 

* * *
 

„Euer Problem ist also?“

Gilal, der vielbetuschelte Bhaalspross, war direkt zum Geschäftlichen gekommen, als sie außerhalb jedweder Störfaktoren in einem der vielen Rathauszimmer saßen.

Den Met, der eigens aus der örtlichen Taverne hergeschafft worden war, ignorierte sie. Vermutlich war es auch besser so, wenn ihr der Geschmack gerösteter Ratten nicht behagte. Bei den heutigen Tavernen wusste man nie so recht, woran man war.
 

Der Bürgermeister lächelte verlegen. Gilal stocherte munter weiter.

„Drachen? Eine Hobgoblinplage? Augenlose Sektierer? Nun redet schon, wir können keine Gedanken lesen!“
 

„Nun ja, es ist mehr ein... infrastrukturelles Problem.“ Der Bürgermeister hüstelte weiterhin verlegen. Gilal kratzte sich ratlos am Kopf. „Ein infrastrukturelles? Was darf ich mir darunter vorstellen?“
 

„Lasst mich von vorne anfangen, Gilal“, begann der Bürgermeister langsam.

„Wie Ihr vielleicht wisst, sind wir Amns wichtigster Waffenproduzent. Das Eisenerz, das wir benötigen, stammt aus den Bergen weiter im Süden, doch seit die Straßen versperrt sind, kommt keine Karawane mehr zu uns durch. Ich denke, Ihr versteht unser Anliegen, nicht?“
 

„Was hält die Karawanen auf?“, fragte Gilal skeptisch. Bürgermeistern war nie zu trauen, vor allem nicht, was die Verharmlosung örtlicher Probleme anbelangte.
 

„Trolle“, antwortete der Bürgermeister düster. „Tote Trolle.“
 

Fünf Minuten später sahen die irritierten Gesichter Gilals und ihrer Mitstreiter nicht viel geistreicher aus. „Verstehe ich das richtig“, wiederholte Gilal ungläubig. „Ihr behauptet also, die Zufahrtsstraßen sind versperrt, weil die Trolle in den Bergen dort Selbstmord begehen?“
 

„So ist es“, bestätigte der Bürgermeister nervös. „Hört, ich weiß selbst, wie es klingt, und ich würde es auch nicht glauben, wenn nicht mein Sohn selbst Zeuge dessen geworden wäre. Bislang können wir uns diesen Irrsinn auch nicht erklären, und genau deswegen braucht es Eure Hilfe, Gilal!“
 

„Nun gut“, brummte Gilal zustimmend. „Lasst uns über die Bezahlung sprechen.“
 

* * *
 

„Minsk hat sowas noch nie gehört“, plapperte der gleichnamige Krieger munter vor sich hin, während er und die vier anderen Abenteurer lustlos in Richtung des Erzgebirges stapften. Ihr Weg war bisher schweigsam verlaufen, vom lebhaften Redeschwall Minsks abgesehen, und doch war es niemandem der anderen möglich, den heiteren Recken zum Schweigen zu bringen. Zum Unmut aller Beteiligten.
 

„Sui- Suz- Su... Selbstmörderische Trolle, sowas. Boo ist auch völlig von den Socken“, schwafelte er und deutete dabei auf den kleinen Hamster in seiner Tasche. „Wenn Boo Socken hätte“, bemerkte er nach kurzem Grübeln.
 

„Wir werden es rausfinden, Minsk“, sagte Gilal gepresst. So tapfer und nützlich Minsk im Kampf war, so anstrengend war er in allen anderen Lebenslagen.
 

„Oh, Minsk ist sich sicher, dass wir das werden“, antwortete dieser nur beschwingt. „Immerhin sind Minsk und sein kühnes Gefolge unterwegs, das Myst-... Rätsel zu lösen, jawohl!“
 

Gilal räusperte sich. Minsk warf ihr einen nervösen Blick zu. „Gilals Gefolge“, korrigierte er daraufhin hastig. „Wie Minsk das nur immer vergisst. Blöde Sache, was, Boo?“ Fröhlich streichelte er den kleinen Hamster, der dies mit einem entrüsteten Quieken quittierte, bis Minsk die Hand von ihm nahm. „Verzeihung, Boo.“
 

Aerie, eine zierliche Magierin, die neben Gilal herlief, seufzte nur angesichts des hoffnungslosen Kriegers. Es gab Fälle, da half nichts mehr. Wenn Hamster involviert waren, stand es um den Intellekt grundsätzlich schlecht.
 

„Eilt, Freunde“, rief Keldorn ihnen zu. Er war den anderen schon um einiges voraus und hielt ein wachsames Auge auf die Umgebung gerichtet. „Es sieht so aus, als zieht die Nacht bald ein.“
 

Gilal warf einen prüfenden Blick gen Himmel und nickte zustimmend. Keldorn hatte Recht, es war besser, sie legten einen Zahn zu, ansonsten müssten sie sich den Trollen – tot oder nicht – im Dunkel der Nacht stellen. Die Aussicht war zwar nicht so fürchterlich, dass sie umgehend kehrtmachen wollte, aber es erfüllte zumindest Gilal nicht gerade mit Vorfreude.
 

„He, schaut mal!“, kam es von Imoen, die sich ebenso wie Keldorn etwas ferner der Gruppe herumgedrückt hatte. „Ich glaube, wir sind da“, meinte sie und deutete grinsend auf einen grünen Hügel, der von allerlei Insekten umschwirrt wurde.
 

Der Hügel stellte sich als Ansammlung von Trollleichen in verschiedensten Stadien der Verwesung heraus. Gilal rümpfte angewidert die Nase, als sie näher an die Kadaver herantrat, während Aerie, die ihr schweigend folgte, eine grünlichere Gesichtsfarbe bekam. Minsk bedachte das Ganze mit offenkundigem Interesse, Imoen grinste nur weiterhin. Keldorn schließlich machte einen mutigen Schritt auf die Kadaver zu und ging nahe genug heran, um die toten Körper genauer auf Hinweise zu untersuchen.
 

„Nun, sie sehen alle relativ unverletzt aus“, meinte er letztlich und sah zu den anderen.
 

„Abgesehen davon, dass sie tot sind“, kommentierte Imoen spöttisch, lachte dann aber. „Ja, ich seh’s auch. Scheint so, als hätten sie sich ihre eigenen Schwerter direkt ins Herz gerammt. Ein gewöhnlicher Kampf hätte mehr Wunden verursacht.“
 

„Seltsam“, murmelte Gilal gedankenversunken. Was hatte sie nur dazu veranlasst?
 

„Wie auch immer, wir sollten das Lager aufschlagen“, meinte Keldorn mit einem weiteren Blick himmelwärts. „Dort drüben, bei den Steinhügeln, scheint es mir sicherer als hier.“
 

Gilal warf einen kurzen, prüfenden Blick Richtung der Felsgruppe, von der Keldorn sprach, und nickte. „Irgendwelche Einwände?“ Sie sah die anderen fragend an. „Nein? Gut, auf geht’s.“
 

* * *
 

Die Nacht verlief unruhig. Gilal fiel es schwer, zur Ruhe zu kommen; sie konnte immer wieder das Heulen der wilden Wölfe hören, die sich im östlich gelegenen Wald tummelten. Sie war sich auch sicher, zuweilen die huschenden Schatten anderer Tiere im Dunkel ausmachen zu können, aber nichts hatte es bisher gewagt, der rastenden Gruppe zu nahe zu kommen.
 

Das änderte allerdings auch nichts an ihrem ruhelosen Zustand.
 

Ein plötzliches Knacken zerrte wieder an ihren Nerven. Es schien, als wäre es unweit ihres Lagers von irgendjemandem, irgendetwas, verursacht worden, aber Gilal kannte ihre überaktive Vorstellungskraft. Gerade im Dunkeln. Es brachte nicht nur Vorteile, die Tochter eines mörderischen Gottes zu sein, denn zumindest die Alpträume waren ihr praktisch in die Wiege gelegt.
 

Ein weiteres Geräusch lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Nacht.
 

Die verdammten Mistviecher konnten auch nie aufhören, ihr Misstrauen zu erregen. Die Übersensibilität ihres Geistes konnte ihr vor allen Dingen nachts zu schaffen machen, und diese verfluchten Tiere änderten daran auch nichts.
 

Der Wind brauste ihr immer noch um die Ohren und trug damit weiterhin Geräusche zu ihr.

Lux aeterna, schien der Wind sachte zu murmeln. Gilal nahm es nur gedämpft war; ihr Verstand war zwar aufmerksam, immer, aber die Müdigkeit zog sanft an allen Winkeln ihres Geistes.
 

Lux aeterna, flüsterte der Wind, und - mit einem Mal war sie hellwach.
 

„Imoen, verdammt, Imoen“, flüsterte sie hektisch, während sie unentwegt an ihrer Schulter rüttelte. „Imoen, beweg dich!“
 

Keine Sekunde später war Imoen putzmunter, und auch die anderen ließen sich nicht lange bitten.
 

„Kommt dir das bekannt vor?“, fragte Gilal grimmig, und Imoen bejahte. Auch Aerie nickt zustimmend.
 

„Lux Aeterna, das ewige Licht“, erklärte Imoen Keldorn, der sie mit fragender Miene ansah. „Das müsstet du eigentlich wissen, so als Paladin“, spottete sie, wurde auf Gilals mahnenden Blick hin jedoch augenblicklich wieder Ernst. „Ich geb dir die Kurzfassung: Es lässt Tote nach dem Willen des Magiers tanzen.“
 

„Tote?“, fragte Minsk. „Also... die Trolle?“
 

„Das nehme ich an“, meinte Gilal düster. „Wer auch immer dahinter steckt, ist für diese Trolltode verantwortlich.“
 

„Keine Selbstmorde?“, fragte Minsk wieder, diesmal fast enttäuscht.

Imoen grinste nur. „Ich weiß, wäre auch zu lustig gewesen, was, Minsk?“
 

Gilal schüttelte nur verständnislos den Kopf. „Wir haben keine Zeit für Späße, uns bleibt nicht mehr viel Zeit, es sei denn, ihr wollt einer Horde toter Trolle gegenüber stehen.“
 

Doch der Teufel ließ sich nicht lange bitten. Das gehetzte Gespräch wurde unterbrochen, als plötzlich Leben in dem grünen Hügel aufflackerte – die Trolle erwachten zum Leben. Zumindest metaphorisch.
 

„Ach, scheiße“, fluchte Imoen, als die grüne Masse sich langsam entknotete und ihre zerfallenen Körper zum Kampf aufrichtete. Hier und da fehlten ein paar Gliedmaßen, die der Zeit bereits zum Opfer gefallen waren, aber ansonsten sahen sie recht bedrohlich aus.
 

„Minsk und Boo fürchten sich nicht vor Trollen, das wäre ja gelacht! Als ob Minsk nicht schon stärkere Gegner besiegt hätte!“, stieß Minsk hervor, während er versuchte, so heroisch wie möglich zu klingen. Imoen sah ihn an und hob eine Augenbraue.
 

„Auch Zombietrolle?“
 

„N-Nein. Aber Minsk hat keine Angst vor Zombies!“
 

„Ich auch nicht, aber wie macht man ihnen den Garaus?“, fragte Imoen grinsend. Es war erstaunlich, dass die junge Magierin selbst in solchen Situationen noch Zeit für flapsige Sprüche fand.
 

„Arrrrr!“ Ein wutentbranntes Grollen brachte die Truppe wieder auf den Boden der unangenehmen Tatsachen. Eine nicht zu verachtende Zahl an Trollen kam unaufhaltsam auf die fünf Recken zu, mitsamt einer ebenso beachtlichen Menge Kampfeslust.
 

Gilals Augen funkelten zornig, als sie den näherkommenden Trollen entgegen starrte. „Verdammte Stinkmolche“, stieß sie gepresst hervor und stürzte sich umgehend auf den ersten Gegner. Minsk fackelte nicht lange und preschte hinterher ins Gefecht.
 

„Taktik war nie ihre Stärke“, meinte Aerie versonnen und schaute zu Imoen. Keldorn sah die beiden Frauen fragend an, sagte jedoch nichts. „Die Trolle geben erst auf, wenn der Magier, der das Lux Aeterna beschwört, außer Gefecht gesetzt wird.“
 

Keldorn schien diese Information weniger zu gefallen, doch Imoen grinste ihn wieder zuversichtlich an. „Verlass dich auf mich, Kumpel. Ich mach das schon. Ihr haltet die beiden Schwachköpfe auf, alles klar?“
 

Mit diesen Worten drehte sich die Diebin um verschwand flink in Richtung der Wälder. Aerie sah ihr einen Moment entrückt hinterher. „Sie weiß, was sie tut“, meinte sie zu Keldorn und sah anschließend zu der kämpfenden Meute aus Trollen und ihren Mitstreitern.

„Komm, auf geht’s.“
 

* * *
 

Imoen schlich lautlos durch das trübe Dunkel am Waldesrand. Sie konnte spüren, dass eine Quelle magischer Energie sich irgendwo befinden musste, und sie war sich sicher, dass sie dem Verursacher all dieses Chaos‘ auf den Fährten war. Sie musste ihn nur noch erwischen, aber sie war nicht umsonst eine geübte Diebin. Welche Diebin konnte denn nicht angemessen schleichen, pah!
 

Wenige Momente später – sie wusste, wo sie war, ganz bestimmt! – zog ein schwacher Schimmer, der durch ein paar Baumstämme hindurch leuchtete, ihre Aufmerksamkeit auf sich.

Oh, sie kam der Sache näher...
 

„Kyaaaah!“ – Imoen grinste und blieb einen Moment zufrieden auf ihrem überrumpelten Widersacher liegen. Imoen war ebenso wenig wie ihre Schwester dafür bekannt, große Pläne zu schmieden, bevor sie zur Tat schritt. Auch dieser Bösewicht konnte das bestätigen.

Schließlich jedoch bequemte sie sich dazu, sich aufzurappeln und ihn kurzerhand magisch zu fesseln, bevor sie ihn eingehender unter die Lupe nahm – doch das bekannte Gesicht, das ihr hier entgegensah, verschlug ihr den Atem.
 

„B- Bürgermeister?!“
 

* * *
 

Das Rathaus sah genauso aus, wie sie es verlassen hatten. Der einzige Unterschied bestand darin, dass ein gefesselter Bürgermeister die rustikale Einrichtung zierte, aber Gilal fand nicht, dass es das Ambiente beeinträchtigte. Im Gegenteil, der geschlagene Gesichtsausdruck des Bürgermeisters verlieh dem Ganzen einen Hauch von Triumph, wenn auch keinen besonders ruhmreichen.
 

„Im Ernst, Bürgermeister. Und darunter stellt Ihr Euch ein geeignetes Konjunkturprogramm vor?“, fragte Imoen trocken.
 

Der Bürgermeister hüstelte pikiert, rührte sich aber nicht. Nicht, dass es ihm physikalisch möglich gewesen wäre. „Die Einbußen waren gering. Die verdammten Halsabschneider in Athkatla machen uns Konkurrenz“, knurrte er. „Ich hatte keine Wahl, ich musste doch irgendwie Aufmerksamkeit auf Eshpurta ziehen! Um des Gemeinwohl willens!“
 

„Mit Zombietrollen?“, fragte Gilal sarkastisch.
 

„Natürlich nicht!“, gab der Bürgermeister entnervt zurück. „Aber da Ihr, Gilal, Euch des Problems annahmt, sollte uns das genug Aufmerksamkeit verschaffen.“ Er sah selbstzufriedener drein, als es ihm zustand, fand Gilal.
 

„Meint ihr? Auch, nachdem der Bürgermeister eine Zombieplage inszeniert hat?“ Imoen lächelte ihn böse an, und der Angesprochene keuchte entsetzt auf.
 

„Nein, bitte, Ihr- Ihr dürft nicht- Ich bezahle Euch, womit auch immer, aber bewahrt Stillschweigen!“
 

„Ich hätte aber nicht übel Lust, ein wenig über die hiesigen Vorkommnisse zu schwatzen“, sagte Imoen fröhlich. Keldorn und Aerie tauschten amüsierte Blicke; man wusste Imoens sadistischen Humor nur zu schätzen, wenn man nicht auf der Seite des Opfers stand.
 

„Ich- Nein, hört Ihr, alles, ich gebe alles, aber bewahrt Euer Schweigen!“, flehte der Bürgermeister. „Es würde uns ruinieren! Bitte, ich flehe Euch an!“
 

„Alles?“, fragte Imoen. Das Grinsen auf ihren Lippen verhieß nichts Gutes.
 

„Alles“, entgegnete der Bürgermeister keuchend. „Alles.“
 

* * *
 

Die fünf Recken saßen schweigend in dem ruckelnden Karren, der sie nach Athkatla brachte. Im Vergleich zur kräftezehrenden Hinreise war diese Art des Rückwegs äußerst angenehm – dennoch verbrachten unsere tapferen Helden die Fahrt in eher angespannter Stimmung. Nur Imoen summte fröhlich vor sich hin.
 

„Imoen“, brach Gilal als erste seit Beginn der Rückreise das Schweigen. „Hältst du das für eine gute Idee?“
 

Imoen lachte spöttisch. „Warum nicht?“
 

„Nun ja“, meinte diese zögerlich, konnte jedoch nicht länger schweigend herumsitzen. „Den Karren, das Gold, das verstehe ich ja. Aber wofür sind die drei Jungfrauen?“
 

Imoens Augen funkelten, als sie, immer noch grinsend, zu einer Antwort ansetzte. „Naja, weißt du, wir machen eigentlich immer dasselbe. Du weißt schon, das Übliche, Trolle, Orks, all das Getier eben, und ab und zu mal ein paar Betrachter, ein paar Illithiden, ein paar Yuan-Ti. Aber so richtig spannend wird es nie!“
 

Gilal schluckte. Sie war sich nicht sicher, ob sie dieses Gespräch tatsächlich beenden wollte, aber es war wohl besser, wenn sie Imoens wahnwitzige Ideen vorher kannte. „Und... was hast du vor?“
 

„Naja“, meinte Imoen, und das verräterische Funkeln ihrer Augen verhieß Gilal nichts Gutes. „Ich dachte, wir probieren es mal mit Drachen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Legoory
2017-11-21T20:53:52+00:00 21.11.2017 21:53
Wie noch kein Kommi?
Ich hab mich köstlich amüsiert xD
Böse, sadistische Imoen, die kann einem richtig Angst machen. Wobei mir ihre Idee noch mehr Sorgen bereitet. Drachen? Wirklich?
Super geschrieben, vorallem der mürrische Edwin am Anfang hat mich zum Lachen gebracht ^^


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