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Supernova

von

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8. Kapitel - (Die Ruhe vor dem Sturm)

Kurogane konnte nicht anders als für einen kurzen Moment seinen schlechten Eindruck über diese Welt zu korrigieren und entspannt die Augen zu schließen.
 

Tief ließ er sich in den bequemen Stuhl sinken und genoss seit langen mal wieder die warmen Strahlen der Sonne, die auf sein Gesicht schien und endlich, endlich, die absolute Ruhe um ihn herum. Selbst der für gewöhnlich immer plappernde Magier hielt mal die Klappe und genoss scheinbar selbst den Ortswechsel. Diese Ruhe war nach dem natürlichem Lärm im Lager und den ewig belebten Einkaufsstraßen der Stadt eine wahre Wohltat und über einen versteckten Lautsprecher schallte sogar Vogelgezwitscher.
 

Souhi war unter einem langen, schwarzen Mantel verborgen, der momentan neben ihnen halb über einem Stuhl hing. Denn Waffen waren „oben“ - wie die Bewohner des „Bambushains“ den normalen Teil der Stadt nannten - nicht nur ein seltener Anblick, sondern auch strikt verboten. Selbst Reisende wurden bei ihrer Ankunft genauestens untersucht und mögliche Waffen abgenommen. Dabei waren die meisten Waffen gar nicht so offensichtlich wie ein Schwert, sondern meist Elektroschocker in irgendwelchen Implantaten oder Geräte mit denen man, ohne angeschlossen zu sein, andere Geräte beeinflussen konnte, wie z.B. die Kontrollluftboote, die ständig über den Hochhäusern der Stadt kreisten. Diese Implantate wurden dann einfach entfernt, jedoch war niemand so „verrückt“, wie es jemand aus dem Lager ausgedrückt hatte, tatsächlich eine so altmodische und auffällige Waffe mit in die Stadt zu nehmen und deswegen war es auch nicht schlimm, dass ein Stück der kunstvoll verzierten Schwertscheide unter dem schwarzen Stoff hervorblitze. Man würde es für eine Attrappe halten und noch dazu boten die zwei, vor einem Café gemütlich in der Sonne sitzenden, Gestalten zwar ein kontrastreiches, aber absolut friedliches und unauffälliges Bild.
 

Fye, ebenfalls halb in seinem Stuhl liegend, mit einem Katzengrinsen im Gesicht und einen halb ausgetrunken Eiskaffee vor der Nase, öffnete blinzelnd ein Auge als sich ein Vogel auf seinen Finger setzte, die Singstrophen aus dem Lautsprecher leiser wurden und nur noch eine Vogelstimme im Vordergrund sang.
 

“Hey..“, murmelte er leise und bewegte seinen Finger etwas. Der kleine Vogel mit strahlend grünen Gefieder und einem großen roten Punkt am Hals stakste geschickt auf den schlanken Fingern herum und flog dann auf Fye Schulter. Kritisch beobachtete Kurogane die Szene und auch wie Fye plötzlich glücklich und versunken lächelte. Ein Lächeln, das er nur selten an ihm sah. Eigentlich noch nie, aber er achtete auch nicht sehr darauf, dieses Theater mit seiner ewig gespielten guten Laune und alles verbergenden Lächeln ging ihm dazu zu sehr auf die Nerven. Es musste gespielt sein, denn selbst der fröhlichste Mensch konnte nicht immer so gut drauf sein, wie Fye es vorgab zu sein und so unbekümmert war er offensichtlich auch nicht. Für einen Moment schweiften seine Gedanken zu den Ereignissen in und vor der CLOVER Bar ab, doch dann schob er auch sie bei Seite.
 

„Früher...“, begann der Magier und nahm einen tiefen Schluck von seinem Eiskaffee und trotz der Bewegung flog der Vogel nicht weg, „hatten meine Eltern..“, kurz wurde seine Stimme unsicher, „einen riesengroßen Vogelkäfig, so groß, dass er fast den ganzen Innenhof einnahm. Ich habe gerne mit ihnen gespielt und ich glaube ich habe immer sehr viel Ärger bekommen, weil ich sie dauernd frei gelassen habe...“
 

Nicht wirklich interessiert, aber überrascht, dass der Magier mal etwas über sein Vergangenheit erzählte, fragte Kurogane: „Warum hast du sie frei gelassen, wenn du so gerne mit ihnen gespielt hast?“
 

Das Lächeln wurde einen Moment etwas bitterer. „Sie haben mir Leid getan.. Vögel sollten nicht eingesperrt sein, sie gehören in den Himmel.“
 

Bevor Kurogane über diese abgedroschene Antwort die Augen verdrehen konnte, wurde ihr Gespräch von einem blonden Kellner im altmodischem Frack unterbrochen. „Wünschen die Herren noch etwas? Ihre Zeit läuft ab, wollen sie verlängern?“
 

“Jap, und noch einen Fruchtcocktail für die finstere Gestalt da drüben“, und schon hielt Fye ihm Kuroganes Handgelenk hin und in einer dezenten Bewegung scannte der Kellner mit seiner Hand darüber.
 

Eine Weile noch genossen sie schweigend die Atmosphäre. Wahrscheinlich brauchten die Leute solche Orte, um in dieser verrückten, lauten und überfüllten Stadt überhaupt klar zu kommen, denn auf ihrem Weg hatten sie unzählige solcher Cafés gesehen. Kurogane fand es eigentlich kitschig, unglaublich kitschig. Die Sonne schien auf diesen Platz wie im Hochsommer und dennoch waren die Temperaturen dank einer leichten Briese angenehm. Durch die Technik dieser Welt drang kein Laut des Stimmengewirrs der nahen Einkaufsstraße zu ihnen und dieses kleine Café strotze nur so vor exotischen Pflanzen, sogar die gesamte Häuserwand war mit Efeu bedeckt, dazu sangen und flogen überall Vögel.
 

„Hier, probier mal. Das ist Eiskaffe, schmeckt total lecker!“, und schon schob Fye das hohe Glas mit der bräunlichen Flüssigkeit neben den rot-gelben Cocktail des Ninjas. Doch dieser beugte sich nur vor und nahm einen weiteren Schluck von seinem eigenem Getränk. „Nein danke, ich bleib' lieber beim Alkohol, der macht diese Welt gleich ein wenig erträglicher.“
 

Ein leises Sirren war zu hören, der Vogel auf Fyes Schulter spielte nicht mehr mit ein paar blonden Haarsträhnen, sondern löste sich in der Bewegung erstarrt auf und schon saßen sie wieder vor einem unscheinbaren Café mit spiegelblanken Fassaden, die mindestens noch 15 Stockwerke nach oben erstreckten und der gewohnte Lärm drang an ihre Ohren.
 

Schwer seufzte Kurogane, schüttete den Rest des Cocktails auf ex herunter und stand aus dem bequemen Stuhl auf. Auch wenn es alles nur Hologramme waren, kam er nicht umhin, diese Atmosphäre genossen zu haben.
 

Der Magier streckte sich ausführlich. Sie waren den ganzen Vormittag in der Stadt herumgelaufen und hatten nach den Blagen gesucht, doch ohne Erfolg. Irgendwann hatten sie sich, immer noch ohne einen Anhaltspunkt, in dieses Café gesetzt und eine Pause gemacht.
 

„Lass uns weitersuchen, Kuro-rin!“
 

“Lass die Spitznamen.“
 

Breit grinste ihn der Magier an. „Aber wieso denn, ich find sie süß!“
 

“ICH bin aber nicht süß und du bist gleich einen Kopf kürzer, wenn du so weiter machst.“
 

„Mensch, immer bist du so muffelig~“
 

Und so weiter. Eben die Konversation, die sie schon den ganzen Vormittag führten. Als hätte er nicht andere Dinge zu besprechen, doch um Antworten, schien sich der Blonde immer noch meisterhaft drücken zu können. Immerhin lief es wenigstens wieder ein wenig normaler zwischen ihnen. Ohne auf das weitere Gebrabbel des Magiers zu hören, zog er ihn einfach wieder in die Menschenmasse.
 

“Eigentlich war es dumm von mir..“, murmelte der Magier als sie irgendwann in eine nicht ganz so laute und belebte Gasse einbogen.
 

“Was war dumm von dir?“ Es war so unglaublich hoffnungslos in dieser Riesenstadt unter diesen unzähligen Menschen die Kinder zu finden, aber eine andere Möglichkeit als diese hatten sie einfach nicht.
 

“Die Vögel frei zu lassen.“
 

“Hm.“, unwillig zuckte er mit den Schultern. Er war es gewohnt, dass der Magier ihn voll quatschte und der andere war es gewohnt dabei ignoriert zu werden. Doch es überraschte und verwirrte ihn zugleich, dass der Magier auf einmal bereit war, so viel über seine Vergangenheit zu erzählen. Oder war das wieder nur eine Vertuschungsaktion? Seit dem Gespräch mit Souma wusste er gar nichts mehr. Weder ob er den Magier glauben konnte, noch was in ihm selbst vor ging.
 

„Dort wo ich herkomme, ist es sehr kalt, weißt du? Jedenfalls im Winter..“, wieder wurde seine Stimme so unsicher, aber schnell schien der Magier sich zu fassen.
 

“Ja,ja“, brummte Kurogane nur.
 

Eine Weile schwieg der Magier, doch dann redete er weiter. „Ich ließ sie irgendwie nie im Sommer frei, wenn sie noch Richtung Süden, in die wärmeren Gebiete hätten fliegen hätten können... sie sind sicher alle gestorben.“
 

Einen Moment sah er ihn aus den Augenwinkeln an. „Manchmal muss man sich eben zwischen Freiheit und Leben entscheiden.“
 

„Ja.. muss man. Aber ist es so verrückt beides zu wollen?“
 

„Ich vermute es ist ganz normal.“
 

„WOAH!“
 

“Was?“
 

Strahlend packte ihn der andere an der Hand. „Eine Konditorei! Kuro-pii, lass uns da rein! Ich kann den ganzen Mais und Reis nicht mehr sehen und in von der Firma gibt es soooooo leckere Quarktaschen! Und Puddingteilchen! Und Schoko-Croissants !!“
 

“Aha, hat dir wohl dieses Narbengesicht gezeigt oder kanntest du das auch schon vorher? So wie du die Sprache bereits konntest?“, konterte der Ninja etwas verächtlich, doch der Magier schien keineswegs darauf einzugehen, sondern zog ihn nur mit einem „Hier lang~“ in das Geschäft und orderte gleich zwei Teilchen, eine Tasse Kakao mit Sahne und „etwas bitteres zum Trinken“ für Kurogane.
 

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Es war dunkel geworden und sie hatten nicht mal ansatzweise Erfolg gehabt. Lustlos kaute der Ninja an einem pappigen „Fastfood“ – Brötchen herum, welches man einfach nicht essen konnte, ohne dass der Belag aus vermatschter Tomate, irgendeiner Soße, ein plattes Stück Fleisch und eine jämmerliche Entschuldigung von Salat halb herausrutschte.
 

Der große Platz vor ihnen, auf dem sie sich auch in dieser Welt das erste Mal begegnet waren, füllte sich langsam wieder mit Menschen und auch die Händler hatten ihre provisorischen Geschäfte wieder aufgebaut.
 

„Was machen wir, wenn wir sie nicht finden?“, murmelte der Magier nachdenklich und selber etwas k.o. gegen eine leere Pommestüte, die er gelangweilt musterte, zusammenfaltete und zum wiederholten Male die Webung darauf las.
 

“Wir müssen sie finden, oder wir bleiben ewig hier.“ Frustriert schmiss Kurogane den halb aufgegessenen Fraß in eine nahe Mülltonne und starrte finster in die Menge. Das war doch nicht zum aushalten! Sie saßen wieder auf dieser Bank, vor diesem seltsamem Gebäude und neben dieser halb verfallenen Statue und wieder einmal hatte er Kopfschmerzen.
 

„Kurogane..?“, kam nach einer ganzen Weile des Schweigens, in denen sie gedankenversunken der Menschenmasse beim Vorbeiziehen zugesehen hatten und Kurogane hin und wieder den Blick in den Himmel gerichtet und die kaum erkennbaren Luftboote beobachtete hatte.
 

„Was sind das eigentlich für komische fliegende Dinger da oben?“, unterbrach er den Magier.
 

“Ich weiß es nicht, ich glaube Teil der Kontrollsysteme.“
 

„Hm..“
 

Wieder Schweigen.
 

“Was wolltest du vorhin-“, doch dann brach er mitten im Satz ab. Was interessierte ihn es auf einmal, was der andere sagen wollte? Erfahrungsgemäß würde er ihn eh zulabern, egal ob er etwas sagte oder nicht.
 

“Sagen?“, ergänzte der Blonde.
 

“Hm.“
 

“Nichts wichtiges.“
 

Ein verächtlichen Schnaufen war die einzige Antwort, die Fye darauf bekam. Für wie blöd hielt er ihn eigentlich?
 

„Was?“
 

Es klang sanft, wie immer.
 

„Manchmal frage ich mich, wie lange du mir noch etwas vormachen willst.“
 

Schweigen.
 

Der Magier sah bedrückt zu Boden und dann die Statue an. Irgendetwas blitze in seinen Augen auf, etwas unglaublich trauriges, aber auch wieder etwas, was er nicht fassen konnte, und unglaubliche Verwirrtheit. Eine Antwort bekam er nicht.
 

“Hey, Magier.“
 

Aus seinen Gedanken gerissen sah ihn der andere Mann an. Der Ausdruck lag immer noch in seinen blauen Augen, die im Spiel aus Schatten und bunten Licht einen seltsamen dunkelblauen Farbton angenommen hatten. Fast wie der Abendhimmel, den man über dieser Stadt nicht sah.
 

“Ich habe dich gefragt, wie lange du mir noch etwas vormachen willst.“
 

Fye senkte den Blick und das was er nun sah, verwirrte Kurogane noch viel mehr, als alles was er in dieser Welt bisher gesehen hatte. Weinte der andere? Irgendwie erschreckte ihn diese Tastsache.
 

“Fye...?“
 

Doch als er aufsah, war da Traurigkeit, aber keine einzige Träne.
 

“Hm?“
 

Er wusste nichts darauf zu sagen und mit einem Seufzen drehte er den Kopf weg.
 

“Kuro-pon?“
 

“Hm..“
 

“Mach mal die Augen zu.“
 

“Warum?“
 

Auch hierauf bekam er keine Antwort, also tat er es nach einem kurzem Moment einfach und im nächsten Moment spürte er wie Fyes Stirn sich gegen seinen Oberarm lehnte. Mehr nicht. Einfach nur ein leichtes Anlehnen, ihre Körper waren sich nicht einmal besonders nahe, dennoch kam ihm diese Geste irgendwie intim vor. Doch er bewegte sich nicht, sondern ließ den anderen gewähren.
 

„Nicht mehr lange.. bitte hör einfach auf Fragen zu stellen.. “
 

Ergeben seufzte er. Er würde so oder so keine Antworten bekommen, wenn der Magier nicht bereit war, sie ihm zu geben. Warum sollte er dann nicht auch noch etwas warten?
 

Er öffnete die Augen und löste Fye etwas von sich. „Okay, okay.“
 

Ein leichtes Lächeln stahl sich auf die Lippen seines Gegenübers. „Kuro-chama vertraut mir!“
 

“Davon habe ich NIE etwas gesagt!“
 

Warum musste der Blonde ihn immer wieder so auf die Palme bringen?
 

“Aber in der Hinsicht schon, oder?“, drängte Fye weiter.
 

“Was bleibt mir anderes übrig?“
 

“Also tust du es?“
 

“JA VERDAMMT“, maulte er den anderen jetzt wirklich an. Das ging zu weit! Gerade war er der Magier noch fast so etwas wie angenehme Gesellschaft gewesen und schon brachte er ihn wieder zur Weißglut.
 

Doch der sein Gegenüber sagte gar nichts mehr, sondern sah nur mit einem zufriedenen Lächeln nach oben, in den durch Werbung, Luftboote und das Licht der Hochhäuser kaum zu erkennenden Himmel.
 

~~~~~~~~~~~ Kapitel 8~~ Ende~~



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