“Zeigst du mir, wie man mit einem Mann schläft?” Yami grinste auf diese Frage hin dreckig.
“Bist du dir sicher, dass du das willst?”
“Ja, bin ich”, erwiderte Kaiba ganz ernst.
“Hn, gut. Aber nicht hier, okay?”
“Warum nicht? Dieses Licht turnt mich irgendwie an.” Für diese Bemerkung bekam er einen schmerzhaften Kniff in den Hintern.
“Weil ich nicht will, dass da irgendwelche Wesen durchkommen und uns zugucken, wenn du es genau wissen willst. Außerdem ist der Steinboden zu hart. Lass uns noch so lange hier bleiben, wie es nötig ist. Dann sehen wir weiter.”
“Na toll, ich liebe solche Aussagen. Wie lange dauert ‘wie es nötig ist’ denn?”
“Das kann ich leider auch nicht genau sagen. Aber ich schätze mal, gegen Abend dürften wir es geschafft haben. Aber natürlich können wir jetzt, da die Energien sich beruhigt haben, eine Mittagspause machen.”
“In der wir dann schmutzige Sachen treiben?”, grinste Seto, der offenbar nur noch an das eine dachte.
“Wenn du dein erstes Mal so schnell hinter dich bringen willst?”
“Oh, ja!”, meinte Kaiba und lief begeistert wie ein junger Hund neben ihm her. Yami seufzte.
“Die Jugend von heute. . .”, murmelte er vor sich hin.
“Hast du was gesagt? Moment mal! Wenn du seit dreitausend Jahren keinen anderen Besuch außer mir hattest, dann müsstest du es ja bitter nötig haben.”
“Wer sagt, dass ich seit dreitausend Jahren keinen Besuch hatte?”, konterte Yami geschickt und ließ sich nicht auf seine Anspielungen ein.
“Willst du mich etwa eifersüchtig machen?”
“So weit kommt’ s noch! Als ob ich das bei dir nötig hätte.”
“Hm, nun, wenn deine verrückte Geschichte stimmt, bist du zwar älter und erfahrener als ich, aber. . .trotzdem noch viel kleiner”, mit diesen Worten presste Kaiba ihn an die nächste Wand.
“Was denn, willst du mich nun überfallen?”, lachte Yami unbeeindruckt. Im nächsten Moment wunderte sich Kaiba, da er sich auf dem Boden wieder fand und seinen Freund nur noch von hinten erblickte - obwohl das auch keine schlechte Aussicht war, da der eine sehr enge, schwarze Hose trug. “Älter und erfahrener, du sagst es”, meinte er spöttisch und schien noch mal extra provozierend mit dem Hintern zu wackeln, während er davon ging. Wütend sprang Kaiba auf. So leicht würde ihm der Kleine nicht davon kommen!
Schließlich saßen beide doch ganz brav am Mittagstisch und aßen gemeinsam. Allerdings wollte Kaiba noch nicht aufgeben und versuchte seinen neuen Freund dahingehend zu beeinflussen, dass er noch nicht zum Tor zurückkehrte. Doch leider war dieser mindestens so stur wie er selbst und setzte sich durch. Jedoch gingen beide wieder gemeinsam dorthin, da es so einfach leichter war, die Energien abzuleiten. Gegen Abend verließen die sie das magische Licht und Yami fühlte sich nicht mal halb so erschöpft wie sonst. Endlich sah Kaiba seine Gelegenheit gekommen und schnappte sich Yami, um ihn auf dessen Bett zu drücken.
“Tust du es jetzt mit mir?”, erkundigte er sich nach einem heftigen Kuss. Yami erwiderte nichts, sondern zog ihn erneut zu sich herunter, verwickelte ihn in ein heißes Zungenspiel, das allein Kaiba schon rasend machte, ihn sich reflexartig an Yami pressen ließ. “Mir ist ganz komisch”, flüsterte Seto hochgradig erregt und ließ sich von seinem Freund das Hemd abstreifen.
“Ich weiß, mein Schatz”, lächelte Yami, zog auch noch seine Hose aus und drehte ihn herum, wobei der sich wie Wachs in seinen Händen anstellte. Offenbar war jetzt auch von Yami jegliche Zurückhaltung gewichen, was man an dem Funkeln in seinen Augen bemerken konnte. “Na los, worauf wartest du noch? Zieh mich aus”, verlangte Yami. Das ließ sich Kaiba nicht zweimal sagen und riss ihm das Hemd förmlich von den Schultern, knöpfte die schwarze Hose auf und zog sie herunter. Er staunte nicht schlecht, als er Yamis wunderschönen Körper erblickte. Nein, auf die Idee, er habe schon dreitausend Jahre auf dem Buckel, kam man wirklich nicht. Er sah wie höchstens 17 aus.
Zufrieden aneinander gekuschelt, lagen die beiden anschließend im warmen Bett und genossen die Zweisamkeit. Seto mit einem breiten Grinsen im Gesicht, das aus irgendeinem Grund nicht weichen wollte.
“Das tun wir noch öfter, ja?”, meinte er.
“Willst du etwa schon wieder?” Doch offenbar wollte er nicht, denn als Yami erneut rüberblickte, war der Große eingeschlafen wie ein Baby.
Als sie am nächsten Morgen am Frühstückstisch saßen, funkelte Kaiba böse zu Yami rüber. Dieser blickte irritiert zurück.
“Willst du Marmelade?”, erkundigte er sich, woraufhin er einen verwirrten Blick bekam. Er tunkte einen Finger ins Glas und leckte ihn genüsslich ab, registrierte dabei zufrieden, dass sein Freund aussah, als wollte er sich schon wieder auf ihn stürzen - doch dann kam der grimmige Blick zurück.
Als Kaiba es sich etwas umständlich auf einem Kissen bequem machte, wusste er, warum. Schadenfroh grinste er vor sich hin.
“Was?”, schnappte Seto.
“Ach, nichts.”
“Macht es dir etwa Spaß, dass mir jetzt alles wehtut?”
“Du wolltest es doch.”
“Aber nicht so!”
“Wie denn dann?”
“Natürlich weniger schmerzhaft, du Idiot!”
“Wenn ich mich recht entsinne, warst aber du derjenige, der nach mehr verlangt hat. Wie hast du noch mal geschrieen?”, betonte er provozierend und freute sich regelrecht, seinen Freund aufziehen zu können.
“Hör auf, dich über mich lustig zu machen!”
“Schon gut, Schätzchen”, zog Yami sich auf seinen Schoß und schlang die Arme um seinen Nacken. “Das nächste Mal passe ich besser auf, okay?”
“Das nächste Mal liegst du unten!”, blaffte Kaiba.
“Oh, nein! Du hast schon in deinem letzten Leben dauernd oben gelegen. Diesmal bin ich dran!”
“Was?” Plötzlich mussten beide loslachen. Ausgelassen machten sie sich an’ s Frühstück.
So vergingen einige Tage in fröhlicher Zweisamkeit, aber auch angestrengter Konzentration unter dem Dimensionstor - bis sich die Auswirkungen von Halloween verflüchtigt hatten und Yami, der immer noch die Hauptarbeit übernahm, sich etwas entspannen konnte.
“Du hast Recht, es ist wirklich wunderschön hier”, stellte Kaiba fest, während er Yami an sich drückte. Die beiden saßen zusammen auf einer riesigen Wiese neben dem angrenzenden Wald, die halb von bunten Blättern bedeckt war. Eine lauwarme Brise wehte über sie hinweg und verstärkte die frische Herbstluft. Die wahrscheinlich letzten warmen Sonnenstrahlen des Jahres, kitzelten die beiden auf der Nase.
“Ich habe mir etwas überlegt, wie wir zusammen bleiben können, ohne dass du für längere Zeit das Schloss verlassen musst”, begann Kaiba. “Einen Tag könntest du es doch verlassen, ohne Schaden zu nehmen und ohne dass lauter dieser Biester in unserer Welt auftauchen, oder?”
“Ja, das ist möglich. Nur zu Halloween muss ich ständig dort bleiben. Worauf willst du hinaus?”
“Nun ja, was ist, wenn ich hier, direkt neben dem Schloss, auf dieser wunderschönen Wiese, eines Tages ein Haus für uns beide bauen lasse. Während du tagsüber im Schloss bist, gehe ich arbeiten und abends treffen wir uns dann Zuhause - Problem gelöst!”
“Meinst du?”, zweifelte Yami, der seit einer Ewigkeit nichts als die Schlossmauern gesehen hatte und nicht glauben konnte, dass alles so einfach sein sollte.
“Ja, dazu müsste ich mich nur”, und hierbei verzog Seto das Gesicht, “wieder mit meinem Adoptiv-Vater vertragen. Sonst enterbt mich der Alte noch und ich kann mir kein Haus leisten. - Autsch! Yami, was soll das denn?” Dieser hatte ihn nämlich gerade schmerzhaft in die Seite gekniffen.
“Wie sprichst du denn von deinem Vater? Du solltest froh sein, dass er dich aufgenommen hat, obwohl er nicht dein richtiger Vater ist.” Seto guckte etwas bedröppelt drein. Wieso reagierte Yami nur so allergisch? “Mein Vater starb, als ich noch sehr jung war. Ich hatte niemanden, der mich adoptiert hat. Ich musste ganz allein zurechtkommen. Außerdem - gegen mich ist dein Vater sehr jung, also nenn ihn nicht Alter, sonst komm’ ich mir noch viel älter vor.”
“Sorry, Yami. Daran habe ich gar nicht gedacht. Es tut mir leid, bist du mir jetzt böse?”, guckte er ganz traurig auf dessen Rücken. Yami seufzte.
“Meine Güte, was hab ich mir nur dabei gedacht? Ich bin uralt und du gerade mal dabei erwachsen zu werden. Es kann eben niemals wieder so sein wie. . .damals.”
“Nein, sag das nicht!”, protestierte Seto und schlang seine Arme von hinten um ihn. “Ich liebe dich und es ist mir egal, wie alt du bist.”
“Schon gut”, meinte Yami und legte eine Hand auf seinen Arm. “Deine Idee mit dem Haus ist toll, ich danke dir.” Doch irgendwie hatte Seto das Gefühl, dass die Sache noch nicht vom Tisch war.
Wieder im Schloss, blickte sich Kaiba nachdenklich um.
“Ist was?”, erkundigte sich Yami.
“Nein, nichts besonders. Ich frage mich nur, warum die Einrichtung in den Räumen so unterschiedlich ist. Wie kommt das?”
“Das weiß ich leider auch nicht. Es war schon damals so, als ich hier her kam. Ich habe keine Ahnung, was sich der ehemalige Besitzer dabei gedacht hat oder wer das überhaupt war. Doch dafür, dass die Möbel inzwischen an die dreitausend Jahre alt sind, haben sie sich doch ganz schön gut gehalten, nicht wahr?”
“Allerdings”, lächelte Seto, konnte die Sache aber immer noch nicht so recht glauben. “Apropos Zeit - irgendwie kommt es mir manchmal merkwürdig vor wie hier die Zeit vergeht. Manchmal scheine ich Blackouts oder so was zu haben. Zum Beispiel, als ich dich zum ersten Mal unter dem Dimensionstor entdeckt habe, da war es gerade erst Nachmittag, als ich dich gesucht habe, aber dort im Saal schienen die Sterne durch das Glasdach. Da ist doch irgendwas faul und so lange war ich sicherlich nicht durch das Schloss unterwegs.”
“Aha, es ist dir also auch schon aufgefallen, dass hier die Zeit anders vergeht? Man kann eine Ewigkeit hier drin sein, während draußen nur einige Tage vergehen. Weißt du, ich habe dir ja erzählt, dass ich jetzt schon ungefähr dreitausend Jahre alt bin. Allerdings sind draußen erst ein paar Hundert vergangen. Ganz genau kann ich es aber nicht sagen. Ha, ha!”, lachte Yami, aber es klang reichlich gezwungen, “vielleicht heißt das Schloss ja deswegen ‘lahme Schnecke’, weil es nicht mal der Zeit hinterherkommt.”
“Hm”, machte Seto nur nachdenklich. Plötzlich ging er auf Yami zu und zog ihn mit sich auf die nächste Couch und auf seinen Schoß. “Du hast noch gar nicht gesagt, was du von meiner Idee hältst. Wie ist es, würde es dir gefallen, mit mir in einem Haus zu leben?”, guckte er ihn verliebt an.
“Ach, Seto . . .”, seufzte Yami und machte eine nachdenkliche Pause.
“Komm schon!”
“Gut, okay, warum nicht?”
“Ja!”, jubelte Kaiba und zog seinen Freund voller Freude zu einem Kuss heran.
Seto Kaibas Freude währte auch noch, als er wieder außerhalb des Schlosses im Wald stand und wurde nur durch zwei Dinge getrübt: Einmal, dass er Yami nun erst mal eine Weile nicht sehen würde und zweitens, dass er sich wieder mit seinem Adoptiv-Vater vertragen, oder besser gesagt, sich bei ihm entschuldigen musste. Doch er würde es tun, für Yami. Für ihn würde er alles tun.
Es dauerte gar nicht lange, nur ein paar Tage später schon, am nächsten Wochenende, hatte sich Kaiba erneut in den Wald begeben, wo er Yami vorzufinden gedachte und ihm voller Vorfreude davon berichten wollte, dass er sich wieder mit seinem Adoptiv-Vater vertragen hatte und ihre Chancen auf ein Häuslein im Walde gar nicht schlecht ständen. Diesmal hatte er sich einen Wagen seines Vaters geliehen und dort sein Fahrrad eingeladen, damit er im Wald schneller vorankam. Voller Begeisterung schwang er sich in die Pedale und radelte in Richtung des Schlosses.
“Das gibt’s doch nicht! Wie weit ist das denn noch?”, stöhnte Kaiba, dem die Vorfreude allmählich verflog. Als er nach Stunden immer noch nicht das Schloss gefunden hatte, musste er wohl oder übel einsehen, dass er sich verfahren hatte. “Was ist, wenn ich Yami nie wieder finde?”, dachte er in plötzlicher Panik. “Ach was, nein. So schwer kann das doch nicht sein. Dann versuch ich es eben morgen wieder und diesmal mit einer Landkarte!” Kaiba hatte Glück im Unglück, dass er gerade noch vor Einbruch der Dunkelheit das geparkte Auto seines Adoptiv-Vaters wieder fand.
Noch am selben Abend suchte er daheim auf allen möglichen Karten nach Yamis Schloss, bis er frustriert einsehen musste, dass es nirgendwo verzeichnet war. Musste wohl daran liegen, dass es ein verzaubertes Schloss war, sagte Kaiba sich zur Beruhigung. Solche wurden eben nicht auf einfachen Karten eingezeichnet. Aber andererseits, Zauberschloss hin oder her - wenn es dort war, musste es auch irgendjemand mal entdeckt haben und dessen Existenz bekannt sein! Kaiba machte sich also weiter auf die Suche, diesmal im Internet. Das einzige, was er hier jedoch fand, waren mysteriöse Aussagen von Einzelpersonen, denen niemand glaubte, die ihre Erfahrungen im Netz veröffentlicht hatten. Auch diese berichteten, dass sie das Schloss später nie mehr wieder gefunden hatten. Es sei wie von Geisterhand verschwunden, ebenso wie sein mysteriöser Eigentümer, bei dem es sich um einen merkwürdigen, ungefähr 17 Jahre alten Jungen handele.
Doch so einfach wollte Kaiba nicht aufgeben, setzte sich mit besagten Leuten in Verbindung und quetschte sie aus und zusätzlich suchte er noch weiter den Wald ab. Irgendwann fand er die Stelle, an der seinen Nachforschungen gemäß hundertprozentig das Schloss der lahmen Schnecke stehen musste und auch die Wiese, auf der er mit Yami gesessen und ihre Zukunft geplant hatte, war dort. Nur eines fehlte: Das Schloss. Das einzige, auf das er blickte, war ein abgezäuntes Militärgelände. Das konnte einfach nicht wahr sein!
Kaiba blinzelte und seine Sicht verschwamm. Er wischte sich mit der Hand über die Augen. Warum musste er jetzt auch noch anfangen zu heulen? Er würde Yami wieder finden, und wenn es bis zum nächsten Halloween dauerte! Traurig blickte auf, als ihn etwas auf der Nase kitzelte und stellte fest, dass es eine kleine, wässrige Schneeflocke war. Langsam begannen viele von ihnen hinunterzufallen und schmolzen auf dem laubbedeckten Boden fast sofort wieder dahin. Kaiba wurde bewusst, dass es ja schon Anfang Dezember war. Der eine Monat, seit er Yami verlassen hatte, schien ihm wie im Flug vergangen zu sein. Aber andererseits war es auch eine kleine Ewigkeit. Die Zeit würde nie wieder wie vorher sein . . . ohne Yami.