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Das Schloss der lahmen Schnecke

von

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Sich die Augen reibend, erwachte Seto Stunden später und wusste zuerst nicht, wo er sich befand. Kurz war er der Ansicht, die Erlebnisse der letzten Nacht seien Teil seines eben stattgefundenen Alptraums. Bis er richtig wach war und realisierte, dass dieses merkwürdige Schloss und der endlose Wald darum herum, nur allzu echt waren. Und was war mit seinem merkwürdigen Gastgeber?
 

Vorsichtig die Glieder streckend, bemerkte er, dass er mal ganz dringend auf ein bestimmtes Örtchen musste und wurde sich wieder unangenehm über seine gestrige Misere bewusst. Wenn er nicht bald an eine neue Hose kam… Stöhnend versuchte er, sich aufzurichten. Diese Bank war wirklich ziemlich hart. Schnell stellte er sich auf seine Füße und streckte sich. Warum nur drehte sich der Raum um ihn? Hoffentlich war das nur eine kurzzeitige Schwäche seines Kreislaufs und nichts Schlimmeres.
 

“Na, aufgewacht, Schlafmütze?” Kaiba zuckte unter der neckenden Stimme zusammen. Sein Gastgeber war so unerwartet und leise in den Raum getreten, dass er sich richtig erschrocken hatte. Er blinzelte und realisierte erst jetzt, wie merkwürdig der fremde Junge aussah. Letzte Nacht war er viel zu müde gewesen um richtig hinzuschauen und die Lichtverhältnisse waren auch nicht gerade die besten gewesen.
 

Prüfend legte er den Kopf schief. Ja, tatsächlich! Der Junge hatte rote Augen! War er etwa ein Albino, der sich die Haare gefärbt hatte - denn weiß waren sie nicht - oder trug er rote Kontaktlinsen? Außerdem waren seine Haare von ungewöhnlicher Farbe, um genau zu sein, hatte er gleich drei Haarfarben auf einmal, nämlich seitlich blonde, leicht gewellte Strähnen und hinten schwarz mit rötlichen Spitzen, die wie die Zacken eines Igels empor ragten. Was für ein Freak. Trotzdem konnte Kaiba nicht verhindern, bei dem Anblick schwach zu werden, da der Junge unglaublich hübsch war, trotz der Verunstaltung durch seine Frisur. Außerdem besaß er eine eindrucksvolle Ausstrahlung, wie sie Kaiba bei einem Menschen in diesem Alter noch nie erlebt hatte. Wenn er genauer darüber nachdachte, eigentlich noch nie. Er wollte sich am liebsten kneifen, um dieses Gefühl zu vertreiben, denn romantische Anwandlungen konnte er im Moment wahrlich nicht gebrauchen, genauso wenig, dass der andere noch merkte, wie er gerade in seinen Augen zu versinken drohte. Wer wusste außerdem schon, was dieser Freak im Schilde führte?
 

“Nun, hast du Hunger?”, erkundigte sich besagter Freak freundlich lächelnd, als durchschaue er genau, was Seto gerade fühlte und dachte.
 

“Nein, aber ein Bad wäre nicht schlecht”, verschränkte Kaiba die Arme vor der Brust und versuchte, durch seine abweisende Art, seine Unsicherheit zu verbergen. Sein Magen strafte ihn jedoch Lügen, da er laut vernehmlich knurrte, als er ans Essen dachte. Der Junge kicherte.
 

“Gut, wie du willst. Ich zeige dir das Bad. Übrigens, du kannst mich Yami nennen”, stellte er sich endlich vor. Dunkelheit, was für ein merkwürdiger Name, dachte Kaiba bei sich und folgte ihm, schauderte gleichzeitig unter dem bedeutungsvollen Blick, mit dem der andere ihn bedachte.
 

Halb erwartete er, ein ebenso altmodisch eingerichtetes Bad vorzufinden, wie es die Küche war und vermutete schon, in einer kleinen Holzwanne oder ähnlichem baden zu müssen. Am besten noch, dass das Wasser dafür über offenem Feuer angeheizt werden müsste. Jedoch stellte er zu seinem Erstaunen fest, dass das Badezimmer im Gegenteil sehr modern eingerichtet war, was überhaupt nicht zum Rest des Schlosses passen wollte. Verwundert und es gar nicht glauben könnend, blickte er sich um. Geräumig war es auch noch. Yami kicherte wieder, schien sich ja köstlich über ihn zu amüsieren, dieser Junge.
 

“Hier hast du ein paar Handtücher”, reichte er ihm diese und verließ ihn fürs erste.
 

‘Ich wünschte, ich hätte auch eine neue Hose‘, dachte Seto betrübt. Wenn er sich jetzt wusch und dann in die dreckige Hose - er wollte gar nicht daran denken. Aber halb nackt konnte er auch nicht herumlaufen. Und der Junge sah nicht so aus, als hätte er Hosen in seiner Größe da. Aber vielleicht hatte er von seinem Vater etwas zum Anziehen? Immerhin konnte er hier nicht ganz alleine, ohne Eltern, leben. Also verließ er das Bad nach kurzem “Aufenthalt” wieder und lief Yami hinterher. ‘Wo ist er denn nur?’, wunderte sich Kaiba. Er suchte die Küche auf, aber da war er auch nicht. Weiter ging es durch scheinbar endlose Flure und Korridore und verlassene, riesige Räume, die trotzdem seltsamerweise alle blitzblank sauber waren. Wo war er hier nur rein geraten? Irgendwie hatte er das Gefühl in eine Art Patchwork-Schloss gelandet zu sein, weil einige Dinge so gar nicht zusammen passen wollten.
 

Mittlerweile ging Kaiba einen kreisrunden Gang entlang, wobei er das Gefühl hatte, dass es leicht aufwärts ging. Er rief nach Yami und hoffte, dass dieser ihn endlich hören würde. Doch der schien von seinem Schloss verschluckt worden zu sein. Und ihm ging es nicht gerade besser, wie er frustriert feststellen musste, als er sich immer weiter in den endlos scheinenden Gängen verirrte. Irgendwann gab er es ärgerlich auf und machte sich auf den Rückweg, welchen er sich zum Glück gut gemerkt hatte - so glaubte er zumindest.

Doch irgendetwas war hier seltsam, wie er nach einer Weile feststellte. Eigentlich hätte er schon längst wieder zurück sein müssen. Vielleicht hatte er die Länge des Weges einfach nur falsch in Erinnerung? Einige Zeit später musste er jedoch frustriert feststellen, dass er sich wohl verlaufen hatte, da er immer noch nicht das Bad wieder gefunden hatte. Verwirrt blickte er um sich. Das konnte doch nicht wahr sein! Der Weg war doch so einfach zu merken gewesen. Es war schließlich stets kreisrund nach oben gegangen, ohne jede Abzweigung. Wie hatte er sich da nur verlaufen können?
 

Kopfschüttelnd lief er weiter, darauf hoffend, den Weg zurück, oder Yami, doch noch zu finden. Leise vor sich hin fluchend bemerkte er, dass er selbst auch schon einen Drehwurm bekam. Das nicht etwa, wegen der kreisrunden Gänge, sondern schlicht und einfach, weil sein Kreislauf protestierte. Zudem konnte er sich nicht entscheiden, ob er nun schwitzte oder fror. Irgendwie war es beides gleichzeitig. Auf jeden Fall war ihm ziemlich kalt.
 

‘Scheiße, warum fühle ich mich nur so schwach?’, dachte Kaiba und lehnte sich zitternd an der steinernen Wand an. Er fühlte sich, als hätte er Blei in den Knochen. Zuerst hatte er geglaubt, er sei bloß müde von den ganzen Strapazen, doch das hier konnte keine normale Müdigkeit mehr sein, denn so fertig hatte er sich noch nie gefühlt, oder zumindest schon seit einer Ewigkeit nicht mehr. ‘Mist, ich werde mir jetzt doch hoffentlich nicht auch noch eine Grippe eingefangen haben?’, zweifelte er und hievte sich mit aller Not wieder von der Wand hoch. Er war überrascht, dass er für die einfachsten Schritte plötzlich unglaubliche Kraft aufwenden musste, so als laufe er nicht, sondern renne schon seit Stunden einen Marathon.
 

Er lief ein Stückchen weiter und war deprimiert, weil alle Gänge so gleich aussahen. Eine Weile später stützte er sich erneut an der Wand ab, wollte sich dann wieder aufraffen und weitergehen, doch um ihn drehte sich wieder alles und so sehr er sich auch dagegen sträubte, verließen ihn jegliche Kräfte und er ging in die Knie. Oh, wie er es hasste, so schwach und hilflos zu sein! Wie er es hasste, sich nicht selbst helfen zu können und auf andere angewiesen zu sein! Dieser Hass und die Wut gaben ihm noch einmal die Kraft, aufzustehen und ein paar Schritte weiter zu gehen. Doch plötzlich brach er endgültig zusammen, schlug hart mit Knien und Händen auf dem Boden auf und keuchte, als hätte man ihm die Luft abgedreht.

Wenn doch wenigstens der seltsame Junge jetzt hier wäre. Dieser strahlte irgendwie eine eigentümliche Wärme aus, an die er sich gerne anlehnen würde - etwas, woran er in gesundem Zustand nicht einmal gedacht hätte. Doch jetzt sehnte er sich nur noch nach Halt und Geborgenheit und vor allem Wärme - ihm war so furchtbar kalt und niemanden würde es kümmern, wenn er hier starb. Es gab niemanden, der ihn vermissen würde. Nicht einmal seine Adoptiveltern. Wenigstens würde er dann bei Mokuba sein. ‘Aber was denke ich da?’, schalt sich Kaiba. ‘Von so einer Grippe stirbt man nicht gleich, es sei denn man ist alt oder schwach und beides bin ich nicht. Wahrscheinlich ist nur diese verdammte Grippe Schuld, dass ich so deprimiert bin - und die Tatsache, dass ich vor lauter Erschöpfung nur noch schlafen will, es auf diesem kalten Steinfußboden aber nicht kann, ohne mir tatsächlich den Tod zu holen.’ Plötzlich fühlte er einen heftigen Schmerz in seinem Kopf, dann nichts mehr.
 

“Hm”, machte Kaiba und kuschelte sich näher an die Wärmequelle heran, auf die sein Kopf gebettet war. Leider war diese aber doch etwas hart. Trotzdem, die angenehme Wärme und Geborgenheit, welche sie ausstrahlte, war unglaublich verlockend. Wenn er sich doch nur bewegen und das warme Etwas näher an sich heranziehen könnte. Doch irgendwie gelang es ihm nicht mal, die Augen zu öffnen, die förmlich aneinanderklebten. Er fühlte ein angenehmes Streicheln in seinen Haaren und plötzlich…
 

“Ah!”, schreckte er zusammen, als etwas Eiskaltes und Nasses in seinem Gesicht landete.
 

“Aufwachen, Schlafmütze!”, kicherte eine spöttische Stimme.
 

“Argh!”, machte Kaiba, kam ruckartig hoch und hielt sich den schmerzenden Kopf. Nur langsam klärte sich sein Blick, während er heftig blinzelte. “Was…?”
 

“Ganz langsam”, empfahl Yami einfühlsam, der, wie Kaiba nun bemerkte, vor ihm auf einem Bett saß und auf dessen Schoß er gelegen hatte. Er wurde rot, als er das bemerkte. Gleichzeitig ärgerte er sich darüber, dass er auf dem Schoß dieses hübschen Jungen gelegen und es kaum mitbekommen hatte. Im nächsten Moment jedoch ärgerte er sich wiederum über letzteren Gedanken. Wie konnte er sich zu solchen Empfindungen hinreißen lassen?
 

“Tst, das kommt eben davon, wenn kleine Jungs nachts draußen im Wald herumlaufen. Du hast dir eine ganz schön heftige Grippe eingehandelt. Und nun leg dich wieder hin!”
 

“Was soll das heißen? Ich bin kein kleiner Junge!”, protestierte Kaiba schwach, da ihm selbst das Reden schwer fiel, weil er ziemlich heiser und erschöpft war.
 

“Natürlich nicht. Du bist schon ein ganz Großer, was?”, lächelte Yami amüsiert. Kaiba funkelte ihn wütend an, war aber gleichzeitig ziemlich irritiert, da sein merkwürdiger Gastgeber sich einerseits über ihn lustig machte, aber andererseits so fürsorglich und einfühlsam mit ihm umging. Nun, er war ohnehin zu erschöpft, um über irgendetwas länger nachzudenken, also ließ er sich entkräftet wieder auf das Bett sinken, hätte sich dabei am liebsten an Yami herangekuschelt, was ihm aber viel zu peinlich war um es wirklich zu tun.
 

Kaiba zuckte zusammen, als er erneut etwas Nasskaltes auf seiner Stirn zu spüren bekam und registrierte diesmal, dass es sich um einen Waschlappen handelte. Außerdem wurde ihm die eben heruntergerutschte Decke wieder übergelegt. Warum tat dieser fremde Junge das nur alles für ihn? Etwa aus Nächstenliebe?
 

“Ich werde dir eine schöne Hühnersuppe, extra für Kranke, machen. Also bleib schön liegen!”, sprach’ s und verließ den Raum. Himmel! Konnte dieser Junge nicht einmal seine Spötteleien sein lassen? Vielleicht machte es ihm einfach nur Spaß, ihn zu ärgern und er behielt ihn deshalb hier?
 

Wie viel Zeit mochte inzwischen wohl schon vergangen sein? Kaiba starrte blicklos an die Decke. Hatte ihm der merkwürdige Junge nicht eine Suppe machen wollen? Doch er lag schon seit einer Ewigkeit hier und dieser kam nicht wieder zurück. Ob er ihn vergessen hatte? Oder hatte er so tief und fest geschlafen, dass er ihn nicht hatte wecken wollen? Seufzend richtete Kaiba sich auf und versuchte dabei, den Schwindel in seinem Kopf zu ignorieren. Doch als er erstmal auf seinen Füßen stand, wurde es nur noch schlimmer und obendrein fror er ohne die Decke erbärmlich, weshalb er kläglich an seinem Aufsteh-Versuch scheiterte und wieder unter die Decke kroch. Nach Yami sehen, konnte er auch noch später. Hauptsache, erstmal schlafen - das hieß, wenn er bei seiner Zitterei überhaupt würde einschlafen können.
 

Die folgende Nacht und der nächste Tag kamen Kaiba endlos vor. Einerseits war er so erschöpft, dass er nicht aus dem Bett kam - es sei denn, er musste mal notgedrungen raus - andererseits wachte er aber auch immer wieder auf und wälzte sich unruhig im Bett hin und her und verschwitzte die Laken. Irgendwann spät in der darauf folgenden Nacht war er jedoch richtig eingeschlafen und träumte wirres und erschreckendes Zeug. Als er noch vor der Morgendämmerung wieder aufwachte, überfiel ihn ein schreckliches Zittern, das nicht nur von der Grippe herrührte, sondern auch eine Folge der Angst war, die ihm sein letzter Traum beschert hatte. Und dieser Alptraum hatte eine erschreckend reale Komponente, nämlich die Einsamkeit. Plötzlich wurde er sich bewusst, dass er außer seinen Adoptiveltern niemanden hatte, der ihm nahe stand.
 

Andere Menschen hatte er in seiner Arroganz immer von sich gestoßen, wollte keine Freunde haben, weil er besser allein klar kam und von niemandem abhängig sein wollte. Außerdem vertraute er niemandem. Seit sein kleiner Bruder Mokuba vor drei Jahren gestorben war, fühlte er sich einsamer als je zuvor. Nur hatte er dieses Gefühl bisher immer erfolgreich verdrängt. Und was seine Adoptiveltern anging - diese sorgten zwar dafür, dass es ihm in materieller Hinsicht an nichts fehlte, jedoch waren sie und Seto einfach zu unterschiedlich, als dass sie sich wirklich wie Eltern und Sohn nahe gekommen wären. Jetzt hatten sie ihn sogar ausgesetzt, auch wenn sich Seto sicher war, dass dies nur eine Strafe sein sollte und sie inzwischen bestimmt schon längst wieder nach ihm suchten. Wahrscheinlich war es sogar nur eine Affekthandlung seines Vaters gewesen, der in diesem Moment besonders wütend gewesen war. Und seine Mutter hatte schlicht und einfach zugesehen und sich herausgehalten.
 

Er lächelte still vor sich hin. Zum Glück hatte er sein Handy nicht dabei, sonst hätten ihn seine Adoptiveltern wahrscheinlich schon längst angerufen und zu wissen verlangt, wo er sei. So aber konnte er noch den Aufenthalt hier bei diesem hübschen, mysteriösen Jungen genießen und herauszufinden versuchen, wer er eigentlich war. Mit diesem Gedanken war er auf einmal sogar froh, dass alles so gekommen war, wie es sich nun eben darstellte. Der Alptraum hatte seinen Schrecken verloren, was auch daran liegen mochte, dass er nun halbwegs wach war und in die Wirklichkeit zurückgefunden hatte. Jetzt, mit offenen Augen, schien alles nicht mal halb so schlimm.
 

Wie aufs Stichwort knirschte nun die hölzerne Tür in den Angeln und Yami trat ein. Etwas überrascht blickte er zu Seto.
 

“Oh, und ich dachte schon, du wachst nie mehr auf.”
 

“Dir auch guten Morgen!”, lächelte Seto freundlich. Diesmal war Yami richtig überrascht.
 

“Hey, dir scheint es ja wirklich besser zu gehen. Das ist das erste Mal seit ich dich kenne, dass du so fröhlich bist.”
 

“Das habe ich nur deiner Medizin zu verdanken”, erklärte Seto mit einschmeichelnder Stimme. Ob der andere darauf hereinfiel? Schließlich war es das erste Mal, dass er versuchte, jemandem Komplimente zu machen und ihn zu verführen. Wie er zweiteres anstellen sollte, darüber musste er sich allerdings noch Gedanken machen.
 

“Hm, dabei hatte ich gar keine Medizin und mir deswegen schon Sorgen gemacht”, nahm dieser Kaibas Aussage allzu wörtlich. “Aber offenbar hast du eine gute Kondition und es auch so sehr gut überstanden.” Yami schwieg einen Moment. “Also, am besten sagst du mir jetzt, wo du wohnst, damit ich dich nach Hause bringen kann.” Das kam für Seto jetzt doch ein bisschen abrupt, immerhin hatte er sich schon fast an seinen Aufenthalt hier gewöhnt und sich richtig gefreut, noch ein bisschen Zeit mit dem niedlichen Jungen zu verbringen. Vielleicht sollte er einen plötzlichen Rückfall vortäuschen, damit er noch länger hier bleiben konnte? Oder sollte er den Jungen direkt fragen, ob sie Freunde werden könnten? Nein, niemals. Das war Kaiba dann doch zu erniedrigend. Wahrscheinlich würde sich der andere dann nur über ihn lustig machen.
 

“Ich habe kein Zuhause”, erklärte er plötzlich düster und wunderte sich im nächsten Moment selbst über seinen Einfall. Im Grunde hatte er aber wirklich keine Lust, zu seinen Adoptiveltern zurückzukehren. Zumindest in nächster Zeit nicht. Vielleicht, wenn es an der Zeit war, das Erbe anzutreten. . .
 

“Verstehe”, meinte Yami und blieb ausnahmsweise mal ernst. “Nun, hier kannst du jedenfalls nicht bleiben.”
 

“Warum nicht? Ich könnte dir helfen.”
 

“Bei was denn?”, äußerte sich Yami überrascht.
 

“Nun ja, dieses Schloss ist ziemlich groß, das macht bestimmt viel Arbeit. Ich kann dir dabei helfen und keine Sorge, ich verlange auch nicht viel.”
 

“Nein, danke”, lächelte Yami. “Für die Arbeit habe ich schon andere Hilfskräfte”, erklärte er, während er das Wort Hilfskräfte besonders betonte. “Ich werde schon noch einen anderen Aufenthaltsort für dich finden.”
 

“Wirst du dann auch da sein?”, erkundigte sich Seto mit tiefer Stimme und hätte sich im nächsten Moment selbst gerne auf die Zunge gebissen. Immerhin hatte er auf keinen Fall so direkt sein wollen. Was dachte der andere jetzt wohl von ihm? Und leider hatte Yami seine Bemerkung auch nicht fehlinterpretiert, denn er bedachte ihn nun mit einem verstehenden Grinsen.
 

“Nein, dort werde ich nicht sein. Ich werde immer nur hier sein”, erklärte er rätselhaft. “Aber wenn dir soviel daran liegt…”, zögerte er, “dann kannst du doch hier bleiben. Du solltest dir dann nur darüber bewusst sein, dass das . . . Konsequenzen nach sich ziehen könnte.”
 

“Verstehe”, meinte Kaiba und konnte sich ein dreckiges Grinsen nicht verkneifen.
 

“Ha, ich glaube, du verstehst mich falsch. Um es deutlicher zu formulieren: Wer immer dieses Schloss betritt und für längere Zeit darin verbleibt, für den ist es nicht mehr so leicht, es auch wieder zu verlassen.”
 

“Wie meinst du das?”
 

“Das wirst du dann sehen. Aber ich habe dich gewarnt. Also, wie lautet deine Entscheidung?” Kaiba indessen glaubte, der Junge sei nicht mehr ganz richtig im Kopf. Immerhin hatte er auch schon zu Beginn ihrer Begegnung behauptet, er sei älter als die meisten Menschen. Und jetzt diese Verrücktheit mit dem Schloss. . .
 

“Ich bleibe”, meinte er deshalb, ein leichtes Grinsen um die Lippen.
 

“Nun gut.” War das ein mitleidiger Blick, den Yami ihm da zuwarf? “Ach ja, du hast mir ja noch gar nicht gesagt, wie du heißt.” Überrascht stellte Kaiba fest, dass er das tatsächlich vergessen hatte.
 

“Mein Name ist Seto Kaiba. Aber nenn mich einfach Seto.”
 

“Set-o”, wiederholte Yami eigentümlich, als erinnere ihn der Name an irgendetwas. “Gut, Set-o”, meinte er schließlich lächelnd. “Dann heiße ich dich willkommen im Schloss . . . der lahmen Schnecke.” Kaiba war so verblüfft über den Namen, dass er sogar das Lachen vergas. Doch ehe er noch fragen konnte, was dieser merkwürdige Name zu bedeuten hatte, war sein eigentümlicher Gastgeber schon wieder durch die Tür verschwunden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  jyorie
2013-05-23T15:30:14+00:00 23.05.2013 17:30
Hey ^_^

*hi hi* seto gefällt es also bei Yami :D … das Schloss hat tatsächlich einen Eigentümlichen Namen, nur was hat Yami gemeint, er hat schon Helfer bei der „Schlossarbeit“ und wieso sollte Seto das Schloss nicht mehr verlassen können, wenn er länger bleibt, als nur um sich auszukurieren?

Liebe Grüße sendet Jyorie

Von:  Kassia
2007-10-07T16:48:21+00:00 07.10.2007 18:48
Weißt du, wie schwer es mir eigentlich fällt, dir hierzu einen Kommentar zu schreiben?
Im ersten Kapitel hat sich mir irgendwie diese blöde, dreckige Hose ins Gedächtnis gebrannt und jetzt im zweiten Kapitel taucht die schon wieder auf ^^°
Irgendwie blendet die alles andere bei mir aus, so dass du mit diesem wenig sinnigen "Kommentar" erst einmal Vorlieb nehmen musst.
Na ja, was ich vielleicht noch anmerken kann: Bei Yami dacht ich erst: "Hui, ein kleiner Waldtroll" und Kaiba klingt irgendwie so richtig...jung. Gefällt mir, obwohls ja drollig ist, wie schnell er sich in Yami verguckt hat. Ich nehm mal an das ist, weil Kaiba es nicht gewohnt ist, dass sich andere so um ihn kümmern und vielleicht auch, weil er denkt, dass Yami in seinem Alter ist. Ich schätze mal, viel Kontakt mit Jugendlichen seines Alters hatte er vorher auch nicht.

PS: Der Titel ist seltsam. Sehr seltsam. Bin mal gespannt, wie der sich noch erklärt.
Von: abgemeldet
2007-10-05T18:04:36+00:00 05.10.2007 20:04
Kompliment! Du bist nicht nur gut im schreiben, sondern auch richtig schnell *neidisch-sei*
Hm, warum muss ich nur ständig an Dracula denken?
Und dieser Schlossname... Nicht, dass sich alle Bewohner nachts in Schnecken verwandeln...

Also, weiter so. Freu mich schon auf das nächste Kapitel.

Yakori
Von:  kuestenfee1
2007-10-05T15:20:25+00:00 05.10.2007 17:20
Also, wer oder was ist Yami???
Und was hat es mit diesem Schloss auf sich?
Hoffentlich geht es schnell weiter. Aber wenn man sich anschaut, wann Du die letzten Kappis ON gestellt hast, kann man ruhig davon ausgehen.

Freue mich schon.

lg kuestenfee
Von:  Schreiberling
2007-10-05T09:46:11+00:00 05.10.2007 11:46
Aha, es geht also weiter.
Ich denke mal, dass noch ne Erklaerung zum Schloss der lahmen Schnecke kommt, denn momentan kapier ich es echt nicht, wieso du grad den Namen gewaehlt hast.

Was den guten Seto auf dem Schloss noch so erwarten wird? Ich bin gespannt.

Freu mich schon auf den naechsten Teil. Obwohl mir Yami in deiner FF manchmal wie ein keiner Kobold vorkommt. Du schreibst ihn ganz anders, als ich ihn je in einer FF gelesen haette.
VLG


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