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Unloved

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Unloved

Autor : Shirokko
 

Disclaimer: Es ist alles meins. Ich habe mir das alles ausgedacht, habe hier all das verarbeitet, was sich in meinem Herzen angestaut hat… Ich möchte nicht, dass jemand anderes, diese Idee missbraucht.
 

Warnungen: Diese Geschichte enthält Shonen-Ai. Allerdings in so geringem Maß… Viel eher sollte man sich vor möglichen depressiven Gedanken in Acht nehmen.
 

Kommentar: Diese Geschichte beruht auf einem Gefühl, das in mir wohnte. Teilweise ist es das, was ich dachte, denke, fühle… Ich hatte Glück, aber das wusste ich damals noch nicht.

Ich hoffe wirklich, dass es euch gefällt… Ich selbst bin mir nicht sicher. Diese Geschichte existiert schon ein halbes Jahr, seit ich dieses Lied kenne, aber bisher habe ich sie nicht hochgeladen… Warum? Vielleicht, weil sie nicht dem hohen Standart von Blind oder Voice entspricht, aber gerade heute denke ich, dass ich es wagen sollte.

Also… Viel Spaß beim Lesen.

Ich hoffe auf viele Kommentare! Sagt mir bitte, eure ehrliche Meinung. Es wird mir helfen, meine Fehler und Macken auszubügeln!
 

Unloved
 

Ich weiß nicht mehr, wann es angefangen hat.

Es war alles so verschwommen zu der Zeit und ich habe es am Anfang gar nicht so richtig bemerkt. Es kam mir einfach so vor, als hätte er von heute auf morgen keine Zeit mehr. Ganz plötzlich hat er kaum noch mit mir gesprochen, wir haben uns nur noch selten gesehen und irgendwie…

Irgendwie habe ich das Gefühl, ich wäre schuld daran.

Ich hätte ihn damals nicht allein lassen sollen… hätte mich nicht zurückziehen sollen…
 

Ich glaube, es begann damit, dass er nach der Schule zu mir kam und mir freudestrahlend berichtete, er hätte jetzt eine Freundin. Eine feste Freundin. So eine, mit der man immer und überall zusammen sein wollte, weil man sie liebte. Er wirkte so glücklich und ausgelassen, förmlich überdreht, lachte die ganze Zeit. Sein Gesicht leuchtete, seine Augen funkelten vor Leben und Glück, seine Lippen trugen ein Lächeln, das ich an ihm nie zuvor gesehen hatte…

Es tat mir weh, ihn so zu sehen.

Ich konnte mich auch nicht wirklich für ihn freuen.

Ich wollte ja, aber ich konnte nicht. Ich habe nur gelächelt und ihn beglückwünscht. Mehr nicht. Seine Begeisterung teilte ich nicht.

Und er hat es, glaube ich, nicht einmal bemerkt.

In der Schule am nächsten Tag hatte sich seine Stimmung nicht geändert. Er war glücklich. Definitiv. Und er war wacher als üblich. Als hätte er in dieser Nacht besser geschlafen als sonst. Dabei erzählte er mir, dass das gar nicht der Fall gewesen sei. Er hatte angeblich gar nicht geschlafen. Es lag nur an ihr. An dem Mädchen, das er liebte und das ihm endlich näher gekommen war. Sie hatten vor an diesem Abend in die Disco gehen und er fragte mich, ob ich mitkommen wollte. Ich sagte zu, denn wir gingen schließlich immer gemeinsam. Immer.

Aber diesmal war es anders. Ich hatte mich zurecht gemacht wie immer, war schon da, wartete vor der Tür auf ihn, weil wir uns diesmal hier treffen wollten. Diesmal holte er nicht mich ab.

Diesmal holte er sie ab.

Eine Stunde später wartete ich immer noch und langsam wurde mir kalt in meiner dünnen Jeansjacke. Es war Winter und diese Jacke war für einen längeren Aufenthalt unter freiem Himmel nicht geeignet. Sie war nur Schmuck. Ein Alibi für meine Eltern.

Als er kam, hätte ich ihn fast nicht erkannt. Er trug schwarz. Ganz schwarz. Er. Der einer der farbenfrohesten Menschen war, die ich kannte. Er kam auf mich zu, seine Freundin im Arm, ein hautenges, schwarzes Shirt unter einem langen, schwarzen Mantel. Seine Lederhose glänzte im Licht der Straßenlaternen und seine von Natur aus schwarzen Haare waren seltsam hochgegelt. An den Fingern glänzten Ringe und er trug so ein komisches Lederband mit Stacheln um den Hals. Und seine Augen und Lippen waren geschminkt.

Er hasste Schminke. Das hatte er mir mal gesagt.

Mein nächster Blick galt seiner Freundin. Sie war klein, hatte strohbleiches Haar, das wie bei einem kleinen Mädchen zu beiden Seiten zu kurzen Rattenschwänzen gebunden war. Ihre Augen waren ebenfalls schwarz betont und der Lidstrich ging noch bis knapp vor die Ohren. Ihre Lippen waren knallig rot und ihr ebenfalls schwarzes Kleid hatte mehr Rüschen als alles andere. Wie eine Puppe. So kam sie mir vor.

Ihr Blick, den ich auffing, war schlimmer als der einer Puppe. Sie hatte für mich nichts übrig, das teilte sie mir unverhohlen mit.

Yo begrüßte mich mit Handschlag, wie er es immer tat, doch die ansonsten noch folgende, obligatorische Umarmung blieb aus. Ich drängte ihn nicht, konnte verstehen, dass er vor seiner Freundin eine solche Intimität unter Männern nicht zeigen wollte.

Aber es tat weh. Wieder.

Und wieder ignorierte ich es mit einem falschen Lächeln, denn ich konnte das Gefühl nicht einordnen.

Wir gingen hinein und suchten uns einen Tisch, doch es dauerte gar nicht lange, da war ich allein. Yo führte sie zum Tanzen auf die Fläche. Ich sollte die Plätze und die Getränke bewachen. Sie hatten gefragt. Ich hatte ja gesagt. Zwei Stunden später bereute ich das, denn sie kamen nicht wieder.

Es war ein Uhr, ich war müde, die Luft hier drin war stickig und die Musik zu laut. Ich wollte nach Hause, denn ich fühlte mich einfach nur miserabel. Als würde ich krank werden.

Normalerweise wäre es anders gewesen. Normalerweise hätte ich ein Mädchen angebaggert. In einem Wettstreit mit ihm. Wer es als erstes schaffte zu landen, würde die Getränke bezahlen müssen. Diesmal war er auf jeden Fall schneller. Er hatte sein Mädchen mitgebracht, also brachte das Spiel nichts mehr. Und ich hatte nicht die Kraft mich aufzuraffen und trotzdem eine anzubaggern. Ich war lustlos. Und ich war müde. Ich wollte nach Hause.

Ich ließ meine Augen über die Tanzfläche schweifen, in der Hoffnung, ich würde Yo sehen, doch dem war nicht so. Er war verschwunden, mitsamt seiner auffälligen Begleitung. Ich konnte ihn nicht sehen.

Langsam stand ich auf, trank aus und machte mich auf den Weg. Er würde sich denken können, wo ich war, wenn er wiederkam. Er würde denken, ich hätte ein Mädchen gefunden und wäre mit ihr raus gegangen, vielleicht zu ihr gefahren, vielleicht in ein Hotel… Er konnte ja nicht wissen, dass er mit diesem Gedanken diesmal völlig falsch liegen würde. Er würde sich jedenfalls keine Sorgen machen.

Ich sah ihn auf dem Weg hinaus im Treppenhaus. Er stand in einer Ecke und küsste seine Freundin gegen die Wand, die Welt um sich herum vergessend. Ihre Hände bewegten sich unter seinem Shirt.

Mir wurde schlecht.

Ich floh vor diesem Bild, rannte einfach davon, ohne die Gelegenheit genutzt zu haben, ihm zu sagen, dass ich ging. Doch es war längst zu spät. Das Bild hatte sich bei mir eingebrannt und mir wurde etwas Erschreckendes klar:

Ich hatte verloren.

Wie ich auf diesen Gedanken kam, wusste ich nicht, aber er sorgte dennoch dafür, dass ich mich, kaum dass ich zu Hause war, in meinem Zimmer einschloss und den ganzen nächsten Tag nur noch in einer Ecke hockte. In mir brannte ein Schmerz, eine Angst, eine Gewissheit, dass mir die Kehle eng war. Meine Hände hatte ich zu Fäusten geballt und zwischen meinen Knien eingeklemmt, denn sie zitterten wie verrückt.

Es war das letzte Mal, dass wir gemeinsam in der Disco waren. Er hat danach nie wieder gefragt, ob ich mitkomme.
 

Am Wochenende habe ich bei ihm angerufen, um zu fragen, ob er da wäre. Sechs Mal. Er hat nicht einmal abgenommen und auch nicht zurückgerufen. Ich habe es irgendwann aufgegeben. Ich konnte es ja verstehen. Er hatte eine Freundin, das Mädchen, das er schon seit ewigen Zeiten vergötterte, da kümmerte er sich jetzt lieber um sie als um mich. Ich konnte es verstehen, aber es gefiel mir nicht. Ganz und gar nicht. Ich fühlte mich verraten.

Ich fühlte meine Freundschaft mit Füßen getreten.

Und im nächsten Moment schüttelte ich diesen Gedanken ab. Er hatte alles Recht der Welt, wenn er mit ihr zusammen sein wollte. Ich war sein Freund, ich sollte ihm nicht im Weg stehen und ihm dieses Glück gönnen.

Warum tat ich es dann nicht? Warum hatte ich so eine Heidenangst um ihn? Warum hatte ich Angst, dass ich ihn verlieren könnte?
 

Am Montag kam er nicht in die Schule.

Ich wartete vor dem Tor auf ihn, wie ich es immer tat, doch er kam nicht. Und letztendlich kam ich zu spät zum Unterricht und musste vor der Tür stehen. Zeit, nachzudenken. Ich machte mir Sorgen, dass ihm was passiert wäre, malte mir Höllenszenarien aus, weil er nicht angerufen hatte, um sich bei mir krankzumelden, wie er es sonst immer tat. Der Lehrer wusste auch nichts. Und auf den Anruf in der kleinen Pause reagierte er auch nicht. Meine Sorgen waren so heftig, dass ich Bauchweh davon bekam und nach der Schule bei ihm vorbeischaute. Seine Mutter blickte mich nur an und lächelte. Er hätte heute Morgen das Haus verlassen, um zur Schule zu gehen.

Ich begriff, dass er geschwänzt hatte. Ohne mich. Er hatte es mir nicht einmal gesagt. Das machte mich traurig.
 

Am nächsten Tag kam er zu spät. Drei Stunden. Und das einzige, das er antwortete, als ich ihn fragte, warum er denn nichts gesagt hatte, war, dass er es vergessen hatte. Allem Anschein nach tat es ihm nicht einmal leid.
 

Die nächste Zeit war ähnlich. Er kam zu spät, schwänzte, machte seine Hausaufgaben nicht mehr und er hatte begonnen zu rauchen. Er hasste Raucher, hatte er mal gesagt. Auch nur leere Worte, wie es schien. Aber was das absolut Schlimmste war: Er distanzierte sich von mir.

Zuerst stellte ich nur eine gewisse Wortkargheit fest, die ich darauf schob, dass er mit den Gedanken wahrscheinlich bei der Puppe war, doch mit der Zeit wurde es deutlicher. Fragte ich ihn, ob wir am Nachmittag mal wieder etwas zusammen machen wollten, blockte er ab und meinte, er hätte schon was vor. Auch längerfristige Planungen verschob er jedes Mal auf den letzten Drücker oder erschien einfach nicht. Als wäre ich ihm plötzlich nichts mehr wert.

Die Gefühle von Verrat kamen zurück. Heftiger als zuvor. Ich fragte mich, warum ich es immer wieder versuchte, warum ich ihn immer wieder fragte, ob wir etwas zusammen unternehmen würden. Ich fragte mich, warum ich mir das antat, dass ich stundenlang vor dem Kino wartete, obwohl der Film, den wir hatten sehen wollen, längst vorbei war.

Ich fragte mich, was ich ihm eigentlich noch bedeutete.

Ich bekam eine Antwort, als er aus unserem Fußballclub austrat. Ich fragte ihn, warum, wo er das Spielen so sehr geliebt hatte.

Seine Antwort war einfach. „Weil du im Team bist.“

Ich war wie erschlagen, blickte ihm nach, als er ging. In seinen Augen hatte ich eine Trauer gesehen, die ich nicht verstand.

In mir schrie alles.

Warum? Wenn es ihm so wehtat, das zu sagen, warum tat er es dann? Warum gab er alles auf, woran er geglaubt hatte? Warum hatte er mit dem Rauchen angefangen? Warum trug er schwarz, wenn er grün und rot doch so sehr liebte? Warum hörte er mit dem Spielen auf, wenn er es doch immer genoss, zu laufen? Warum tat er nichts mehr für die Schule, wenn er doch später Arzt werden wollte? Warum…

Warum kündigte er mir so direkt die Freundschaft, wenn es ihn vor Schmerzen fast zerriss?
 

Als ich diesmal in meinem Zimmer in der kleinen dunklen Ecke saß, weinte ich.
 

Ab diesem Tag sprach er nicht mehr mit mir. Er saß wie immer am Fenster neben mir, doch anstatt sich mit mir zu unterhalten, starrte er aus dem Fenster. Und ich… Ich wusste nicht, was ich tun sollte, vergrub mich in meinen Hausaufgaben und den Zusatzaufgaben, die ich für die Uni bearbeitete, auf die er auch einmal hatte gehen wollen. Warum ich es noch tat?

Nennt es Hoffnung.

Ich hoffte, dass er sehen würde, dass sie nicht gut war für ihn.

Ich hoffte, dass er erkennen würde, dass ich noch da war, dass er zurückkommen würde und alles wieder so wurde wie früher.

Er tat es nicht. Auch nicht nach einem Monat, nicht nach zweien, nicht nach einem halben Jahr.

Es hatte sich bei mir eine Menge geändert. Ich war besser geworden. Klassenbester. Ich war mehr zurückgezogen als früher, sprach nicht mehr mit anderen, vergrub mich in Arbeit oder in meinem Zimmer. Den Fußballclub gab ich auf. Es war nicht mehr das gleiche ohne ihn. Ich suchte Beschäftigung, Ablenkung, fand sie im Programmieren von Internetseiten für die Firma meines Vaters. Ich bekam Geld dafür, doch ich gab es nicht aus. Ich ging nicht mehr in Discos oder ins Kino. Ich konnte gar nicht. Immer wenn ich wollte, überwältigte mich Schmerz und Hoffnungslosigkeit. Und wenn mich jemand ansprach, der ganz offensichtlich Interesse an mir hatte, ließ ich sie stehen oder sagte ihr direkt ins Gesicht, ich hätte kein Interesse.

Ich wurde zum Streber.

Und ich stellte fest, dass ich ohne ihn ganz alleine war. Ich hatte keine anderen Freunde, die mir so nahe waren wie er. Ich hatte die ganze Zeit über nur ihn gehabt. Ich war regelrecht einsam.

Ich wollte ihn zurück. Ich wollte ihn so sehr zurück, dass ich regelmäßig heulte wie ein Baby. Ich lag auf meinem Bett und die Tränen wollten nicht aufhören zu fließen. Es reichte schon daran zu denken, dass er nicht da war, um zu fragen, was mit mir war, damit es weiterging, und so verbrachte ich mitunter Stunden damit, einfach nur zu weinen.
 

Drei weitere Wochen später wechselte ich die Schule. Ich hatte mit meinen Noten die Chance auf ein Stipendium an der Uni bekommen und durfte auf meinen Wunsch hin frühzeitig wechseln. Ich wollte Abstand von ihm haben. Ich konnte es nicht mehr ertragen, dass er da war. Ich konnte nicht mehr ertragen, dass er neben mir saß und mich anschwieg.

Als ich es ihm sagte, hat er mich nur angesehen und dann genickt. Seine Augen hatten so ausgesehen, als hätte er mich am liebsten zurückgehalten, aber stattdessen sagte er nur Lebewohl.

Ich bin gegangen. Seine Worte hatten mir das Herz zerrissen. Es klang endgültig.
 

Es war ein warmer Spätsommertag, als ich ihn wieder sah. Die Schule würde in den nächsten Tagen wieder anfangen. Er trug trotz der Hitze seinen schwarzen Mantel, war geschminkt wie ein ägyptischer Pharao und seine Haare waren zu einem Zopf in seinem Nacken gebunden. Er hatte sie sich wachsen lassen. Es stand ihm gut.

Ich lächelte traurig. Er hatte mich nicht bemerkt.

Oder nicht bemerken wollen.

Zufällig hatte ich den gleichen Weg, aber ich wollte gar nicht in seiner Nähe sein. Ich wollte ihn vergessen. Deshalb hatte ich doch gewechselt! Also ging ich langsamer. Aber kurz bevor er aus meinem Blickfeld verschwinden konnte, sah ich, wie er auf seine Freunde traf. Das Püppchen aus der Disco fiel ihm um den Hals und küsste ihn und vier weitere schwarz gekleidete Gestalten begrüßten ihn mit Handschlag und Umarmung.

Sie hatten mir mein Privileg genommen.

Ich bemerkte erst, dass ich stehen geblieben war, als die Gruppe sich in Bewegung setzte. Sie kamen auf mich zu. Direkt.

Und gingen an mir vorbei, ohne mich zu beachten. Yo hatte meinen Blick nicht einmal erwidert.

„Sag mal, kanntest du den?“

„Den Jungen grade?“

„Ja. Er hat dich so angeschaut…“

„Nie gesehen.“

Ich begann zu laufen. Ich rannte, was das Zeug hielt. Bis meine Lungen nach Luft schrieen, bis meine Beine schmerzten, doch ich rannte weiter. Mein Herz tat weh, meine Augen brannten, meine Kehle war so eng wie noch nie. Seine Worte… Er hatte mich verraten! Er hatte mich fallen lassen wie eine heiße Kartoffel! Er hatte… er hatte mich verleugnet. Seinen besten Freund! Er hatte…

Auf einer Anhöhe blieb ich stehen. Ich bemerkte erst, dass ich schrie, als ich damit schon wieder aufhörte, weil mir die Luft knapp wurde. Die Menschen um mich herum starrten mich angstvoll an, einige schoben ihre Kinder schnell weiter, einige lachten auch.

Sie lachten über meine Tränen.

Ich hätte auch lachen können. Dass ich ihm noch immer nachtrauerte, dass ich wirklich so dumm war, zu hoffen, dass er zurückkommen würde. Dumm - ja, das war ich. Ich hasste mich. Ich hasste mich für meine Dummheit. Ich hasste mich dafür, dass ich nicht von ihm loskam. Und ich hasste mich dafür, dass ich ihm nicht einfach sagen konnte, was er mir da antat. Stattdessen spielte ich ihm immer den starken Jungen vor, dem es nichts ausmachte. Woher sollte er denn wissen, wie ich mich fühlte, wenn ich meine Gefühle versteckte?

Er sollte es wissen. Er hatte es schließlich immer gewusst. Er hatte immer gewusst, wie ich mich fühlte! Verdammt, er wusste es doch auch jetzt!

Oder?

Langsam setzte ich mich wieder in Bewegung, da war plötzlich ein Mädchen neben mir.

„Ist alles in Ordnung? Kann ich dir vielleicht helf…“

„Mir ist nicht zu helfen!“, blaffte ich sie an und sie zuckte zurück. Es war mir egal. Mir tat alles weh, da konnte ein anderer auch mal Schmerzen empfinden, wenn schon das Wetter mich verhöhnte!

Als ich im Wohnheim ankam, tat es mir leid. Sie konnte ja nun wirklich nichts dafür, dass er so bescheuert war und ich unglücklich in ihn verliebt. Denn das wurde mir jetzt langsam klar. So fühlen konnte man sich doch nur, wenn man jemanden liebte, oder? Dieser Schmerz in meiner Brust, das war Liebe, nicht wahr?

Warum war Liebe so grausam? Warum war Liebe so grausam zu mir, während sie ihn offenbar so glücklich machte? Das war doch nicht fair.
 

An diesem Wochenende sagte ich meinen Eltern, dass ich nicht mehr zu ihnen nach Hause kommen würde, dass ich zu viel zu tun hätte.

Sie lächelten nur und glaubten zu verstehen.
 

Es war bereits Winter, als ich das erste Mal wagte, wieder nach Hause zu gehen. Ich hatte mich nicht angemeldet, weil ich mir noch immer nicht sicher war, ob ich das durchziehen wollte. Es fiel mir so unendlich schwer, den Weg von der Bahnstation zu dem Haus zu laufen, in dem meine Eltern und meine Schwester wohnten. Ich musste an seinem Haus vorbei.

Schon als ich in die Straße einbog, sah ich das Licht in der Wohnung, in der er gelebt hatte. Ob er noch immer dort wohnte? Ob er daheim war?

Allein der Gedanke tat weh, dass er da sein könnte und ich ihn nicht einfach, so wie früher, kurz besuchen konnte. Es tat so sehr weh, dass ich schon fast soweit war, einfach umzukehren und ins Wohnheim zurückzufahren. Doch irgendwie überwog in mir ein Gefühl, das die letzten Monate gewachsen war: Sehnsucht. Ich wollte ihn wieder sehen! Ich wollte ihn so sehr wieder sehen, dass es mir fast die Brust zerriss, wenn ich daran dachte, dass er vielleicht nicht mehr hier wohnen könnte.

Diese Sehnsucht war es auch, die mich vorwärts trieb. Meine Augen waren unverwandt auf sein Fenster gerichtet und ich wusste sofort, dass er wirklich noch immer dort wohnte. Die ehemals maigrünen Vorhänge waren durch schwarze ersetzt worden. Sie waren zugezogen.

Es zog mir das Herz zusammen. Ich war ihm so nah. Ich war ihm so nahe und konnte ihn nicht sehen, nicht sprechen. Ich wollte ihn umarmen und ihm sagen, wie sehr ich ihn vermisste, dass ich vermisste, mit ihm herumzualbern, ihn zu beobachten, wenn er mal wieder etwas aß, das er nicht mochte, wie er über den Sportplatz rannte oder mir etwas erklärte, was ich nicht verstand. Ich wollte ihm sagen, dass ich ihn liebte, aber all das war ja doch nur Suggestion. Mehr nicht. Nur eine lächerliche Idee von mir. Schließlich hatte er selbst gesagt, dass wir uns nicht kannten. Und wenn man jemanden nicht kennt, dann kann man auch keine Sehnsucht nach ihm haben, oder?

Ohne dass ich es bemerkt hätte, war ich stehen geblieben, die Augen unverwandt auf den schwarzen, unfreundlichen Stoff gerichtet. Wieder fühlte ich diese Verzweiflung, die mich immer ergriff, wenn ich an ihn dachte, und diesmal war sie schlimmer als je zuvor. Meine Seele schrie nach ihm.

Warum? Warum war ich nach all der Zeit noch immer so abhängig von ihm? Er war doch nur einer! Er war doch nur einer von achteinhalb beschissenen Millionen Menschen in dieser beschissenen Stadt! Warum konnte ich dann gerade ihn nicht vergessen? Warum war nur er in meinem Kopf?

Ich spürte schon wieder die Tränen in mir hochsteigen angesichts der Unerreichbarkeit, die er für mich hatte, wollte gerade gehen, da bewegte sich der Vorhang und im nächsten Moment sah ich ihn. Die Augen waren dunkel betont, die Haut blasser, die Haare offen und noch ein bisschen länger als das letzte Mal. Wieder trug er schwarz. Ein schwarzes Samthemd mit Rüschen… Er war wunderschön.

Und er hatte mich bemerkt. Seine schwarzen Obsidiane weiteten sich in Erkennen und ich wusste, dass er mich erkannt hatte. Ich vergaß fast zu atmen, als ich in diesen Augen versank, als ich das zaghafte Lächeln auf seinem Gesicht sah. Ohne es recht mitzubekommen, erwiderte ich die unsichere Geste, spürte die Hoffnung in mir auflodern.

Wurde jetzt wieder alles gut?

Seine Hand, die das Fenster hatte öffnen wollen, sank wieder herab und ich konnte die Zigarette darin sehen. Er hatte also rauchen wollen. War er jetzt tatsächlich eingefleischter Raucher? Warum machte er das Fenster nicht auf und sprach mit mir? Warum blickte er mich nur an, als würde er gleich anfangen zu weinen? Warum… war da plötzlich Mitleid auf seinem Gesicht?

Der Vorhang bewegte sich erneut und die Puppe erschien neben ihm, fragte ihn was. Ihr Lächeln so zuckersüß, dass man Karies davon bekommen konnte.

Und plötzlich wurde mir mit erschreckender Deutlichkeit klar, dass ich gegen sie sowieso niemals eine Chance haben würde. Sie war klein, niedlich, weiblich und hübsch. Und ich? Ich war relativ groß, schlaksig, hatte strohige Haare, die taten, was sie wollten, raue Hände und ein Durchschnittsgesicht ohne die bei Japanern üblichen Fettpölsterchen, die ihre Gesichter so weich und warm aussehen ließen… Ich war ein unauffälliger, nichts sagender Junge. Mehr nicht.

Er antwortete etwas und sie lächelte, dann traf mich ihr Blick. Er ging tief. Sehr tief. Innerhalb von einer halben Sekunde trat in ihre Augen ein Hass, der mich frösteln ließ, der mir deutlich sagte, dass ich hier nichts mehr verloren hätte. Sie funkelte mich an, als würde sie mich am liebsten ermorden. Dann zog sie ihn vom Fenster weg und das letzte, was ich von ihm sah, war ein liebevolles Lächeln in ihre Richtung. Mich beachtete er gar nicht mehr.

Ich ging. Mich hielt hier nichts mehr. Ich ging zurück ins Wohnheim. Und ich verließ es gar nicht mehr. Nicht am Abend, nicht am Wochenende. Meinen Eltern sagte ich, ich hätte keine Zeit, da das Studium mich zu sehr beschäftigte. Sie sagten, sie würden verstehen.
 

Zwei Wochen später zog mein Zimmergenosse aus, weil er es mit mir und meiner schweigsamen Art nicht mehr aushielt.

Es kam kein neuer. Ich blieb alleine. Es war mir egal. Ich wollte keinen Zimmerpartner. Ich wollte Yo zurück. Ich wollte meinen Yo wieder haben! Ich wollte doch nur ihn! Niemanden anderen! Ich musste doch gar kein Arzt werden! Ich musste auch nicht blaue Jacken tragen, könnte schwarz tragen wie er. Ich könnte rauchen und mit Gruftis oder Gothics rumhängen, wenn er das wollte. Ich würde alles dafür tun, dass er mich wieder bemerkte.

Ich würde alles dafür tun, dass ich niemals wieder Mitleid in seinem Gesicht sehen musste.

Doch dummerweise verfolgte mich genau dieser Blick bis in meine Träume. Sein mitleidsvoller Blick, der mir sagte, dass ich einfach aufgeben sollte. Dass ich ihn vergessen sollte.

Ich wurde schlaflos. Ich arbeitete weiter, bis ich nicht mehr konnte und die Ohnmacht meinen Schlaf ersetzte. Ich lernte ununterbrochen, wurde besser und überholte meinen Kurs mit dem Stoff. Bald versorgten mich meine Professoren mit Material, um mich zu fördern. Im März hatte ich den Stoff des nächsten Jahres vollkommen verinnerlicht, mehr als die Hälfte der Klausuren geschrieben und dennoch als Klassenbester abgeschnitten. Klassenbester des nächsten Jahrgangs. Ich stieg auf, besuchte andere Vorlesungen als meine Altersgenossen, ich verbrachte mehr Zeit in der Bibliothek als auf meinem Zimmer. Die Ringe unter meinen Augen wurden immer dunkler und ich wurde immer häufiger gefragt, ob es mir noch gut ginge. Mir war häufig schwindelig und ich nahm ab. Gewaltig ab. Meine Hände zitterten immer häufiger unkontrollierbar, was ich mit zu langen Ärmeln vertuschte. Ich hatte einen Verschleiß an Papier und Stiften, der sich kaum noch sehen lassen konnte. Das ganze Geld, das ich von meinem Vater für die Bearbeitung seiner Internetseiten bekam, ging für Papier und Bücher drauf. Lehrbücher. Und für Zigaretten.

Ich hatte zu rauchen begonnen.

Am 3. März hatte ich meine erste Zigarette bekommen. Von einem Mädchen, das wie ich häufig in der Bibliothek zu finden war. Es hatte wirklich Wunder bewirkt. Das Zittern hatte aufgehört, ich hatte mich benebelt gefühlt, selbst wenn der Rauch mich zum Husten gebracht hatte. Danach hatte ich immer häufiger zu einer Zigarette gegriffen, um mich zu beruhigen. Immer wenn mich sein Bild zu überwältigen drohte.

Es war ein Teufelskreis, denn jeder Zug erinnerte mich an seine Worte, dass er Raucher nicht mochte. Jeder Zug erinnerte mich daran, wie er mich angesehen hatte, als ich unter seinem Fenster gestanden hatte. Meinetwegen hatte er seine Zigarette verschoben.

Ich bestand das vierte Semester im Juli, in der vorlesungsfreien Zeit. Zu dieser Zeit dachte ich schon weniger an ihn. Aber mein Zustand war auf einem Tiefpunkt angelangt. Kopfschmerzen plagten mich, ich zitterte immer häufiger und konnte nichts mehr bei mir behalten. Ich ernährte mich bald nur noch von Wasser und Kaugummi und Zigaretten, doch letztere halfen auch nicht mehr. Das Zittern verschwand nicht mehr. Und ihr Geschmack verursachte mir eine Übelkeit, dass ich regelmäßig die Toilette aufsuchte.

Im Folgenden gab ich das Rauchen auf. Es war keine schöne Erfahrung, immer wieder rückwärts zu essen, wenn man eh nichts im Magen hatte.
 

Es war Ende August, als ich zusammenbrach.

Ich stand an der Tafel und ließ mir von meinem Mentor erklären, wie ein bestimmtes Mittel im Körper wirkte. Er war gerade dabei mir aufzumalen, welche Stoffe die Synapse wann freigab, da schwankte ich zum ersten Mal. Ohne dass er es bemerkte, hielt ich mich an der Tafel fest und nickte auf seine Frage, ob ich verstanden hatte. Es war nichts Besonderes. Den ganzen Tag über hatte ich schon einen seltsamen Druck auf den Ohren und das Gefühl, irgendetwas wäre nicht in Ordnung, aber ich wusste ja, dass mit mir etwas nicht stimmte, also machte ich mir darum keine Gedanken. Ich war es gewöhnt.

Als er zur Funktionsweise der Rezeptoren der Empfängerzelle überging, wurde um mich herum alles schwarz. Ich spürte meine Knie ihren Dienst verweigern, doch den Aufprall auf dem Boden bekam ich nicht mehr mit.
 

Ich erwachte im Krankenhaus. Es war hell im Zimmer und die Maschine neben mir blinkte vor sich hin. Irgendwo in dem Raum waren Schatten zu sehen. Ich brauchte nicht lange, um zu begreifen, dass es meine Eltern, mein Mentor und ein Arzt sein mussten. Sie redeten miteinander, aber hören konnte ich nichts. Ich fühlte mich wie in Watte gepackt, vollkommen taub. Aber ich brauchte auch nicht wirklich hören, was sie sagten, um zu wissen, dass es nicht gut um mich stand. Soviel medizinisches Wissen hatte ich bereits angehäuft.

Darüber Gedanken konnte ich mir auch keine machen, weil ich kurz darauf wieder einschlief.
 

Man erklärte mir später per Papier, dass ich einen Hörsturz gehabt hätte. Nichts wirklich Schlimmes. Lediglich durch Stress ausgelöste Gehörstörungen, die sich früher oder später wieder geben würden.

War ja nicht weiter schlimm, dachte ich. Lernen konnte ich auch ohne Ohren, doch sie machten mir einen Strich durch die Rechnung. Sie schickten mich nicht in die Schule zurück, sondern zu meinen Eltern nach Hause. Am nächsten Wochenende sollten sie mich abholen, damit ich mich mal wieder so richtig ausruhen könnte, denn neben dem Hörsturz hatte man bei mir eine akute Mangelernährung festgestellt. Man hatte mich sogar gefragt, ob ich Bulimie hätte, doch das konnte ich zum Glück verneinen. Auch wenn ich mich häufig übergab - ich tat es nicht vorsätzlich.

Man verschrieb mir einen Psychologen und befreite mich vorerst für zwei Monate von den Vorlesungen, verbat mir sogar, irgendetwas zu lernen, was mich schlicht fertig machte. Ich konnte nicht sagen, warum. Das Nichtstun brachte mich um den Schlaf und um meine innere Ruhe, dass man mich mit Mitteln voll dröhnte, die mich ruhig halten sollten. Man verlängerte meinen Aufenthalt im Krankenhaus um eine Woche, in der man mich auf den regelmäßigen Konsum von schwachen Betäubungsmitteln stellte.

Ich muss sagen, es war angenehm, einfach nicht mehr denken zu können. Man konnte sich treiben lassen, sah mal dies, mal das, ohne sich Gedanken darüber machen zu müssen.

Ich sah häufig ihn, wie er unter den Kirschbäumen stand und mich anlächelte, um ihn herum die fliegenden Blütenblätter.
 

Mitte September stieg ich vor unserem Haus aus dem Wagen meiner Eltern. Ich hatte einen Schlafanzug aus dem Krankenhaus an, dazu Turnschuhe und den schweren Mantel meines Vaters, der wollte, dass ich warm blieb.

Und ich musste mich so sehr darauf konzentrieren, dass ich stehen blieb und nicht umkippte wegen der Übelkeit von der Autofahrt, dass ich ihn erst bemerkte, als er stehen blieb und mich fassungslos anstarrte. Seine Freunde blieben nur Sekunden später stehen, verwundert, was denn los wäre, doch er bemerkte es nicht. Ich selbst nahm es nur am Rande wahr. Seine Augen nahmen mich viel mehr in Anspruch, so dass ich schließlich alles um mich herum ausblendete.

Innerhalb von Sekunden brach das über mich herein, was ich die letzten Monate erfolgreich verdrängt hatte, indem ich mich bis zur Erschöpfung vorwärts trieb. Sehnsucht, unerfüllte Liebe, Schmerzen, Angst, Hoffnungslosigkeit, das Gefühl, verraten worden zu sein, das Gefühl, nicht zu genügen, das Gefühl, für ihn nichts wert zu sein. Das Gefühl, dass meine Gefühle nichts wert waren.

Und er blickte so betroffen zurück, dass ich die Tränen in mir brennen spürte. Hoffnung brandete in mir hoch und ich schwankte, dass er erschrocken einen Schritt auf mich zu machte.

Seine Freundin hielt ihn auf und er blieb tatsächlich stehen. Und auch wenn er den Blick nicht von mir nahm, es war zuviel. Meine Kraft war am Ende. Dieser winzige Hoffnungsfunke hatte sie vollständig aufgebraucht. Ich spürte die Dunkelheit - die Einsamkeit - nach mir greifen und gab ihr einfach nach.

In diesem Moment verlor das Leben für mich endgültig seinen Sinn.
 

Ich erwachte in meinem Bett. Es war dunkel. Oder war es in mir dunkel, so dass ich nichts sehen konnte? Um mich herum war es immer noch alles still, aber das lag wohl daran, dass ich wegen meiner Krankheit nicht hören konnte. Es machte mir nichts aus. Stille war schön.

Minutenlang starrte ich zur Decke. Meine alte Decke aus Kindertagen, beklebt mit Postern von Popstars und Animehelden, die Yo und ich verehrt hatten. Ich hatte sie wegen ihm verehrt.

Tränen meldeten sich durch Brennen in meinen Augen an und ich ließ sie laufen.

Ich hatte ihn verloren.

Ich hatte ihn verloren, weil er nicht die Kraft hatte, weiter für sich selbst zu denken und zu entscheiden. Er hatte mich aufgegeben, obwohl er nicht wollte. Ich hatte es in seinen Augen gesehen. So oft. Als er sagte, er wolle aus dem Fußballclub austreten. Als ich Lebewohl sagte. Als ich unter seinem Fenster stand. Als ich aus dem Auto stieg. Jedes Mal hatte er etwas sagen wollen und jedes Mal hatte sie ihn davon abgehalten. Sie. Die Puppe. Die Puppe, die ihn lenkte, als wäre er eine Marionette. Sie hatte ihn zu ihresgleichen gemacht: zu einer Puppe ohne eigenen Willen.

Es tat weh.

Es tat so sehr weh.

Es tat so sehr weh, dass ich ihm wirklich und wahrhaftig nicht genug bedeutet hatte, dass er sich von ihr hatte lösen können. Dass ich ihm so… egal gewesen war!

Ich bemerkte gar nicht, dass ich stand oder saß. Ich bemerkte gar nicht, wie der Füller über das Papier kratzte. Sein alter Füller. Er hatte ihn mir einmal geschenkt. Aber das war schon Jahre her. Wahrscheinlich wusste er gar nicht mehr, dass er existierte. Oder wie viel er mir bedeutete.

Wie viel mir die Zeilen früher bedeutet hatten, die aus seiner Spitze flossen.
 

I bet you don't know how it feels

to be walking past your house at night

I bet you don't know how it feels

To stand outside and watch the lights
 

Wahrscheinlich konnte er sich gar nicht vorstellen, wie sehr diese Zeilen an Bedeutung

gewonnen hatten.

In der Zeit, seit wir das letzte Mal in der Disco gewesen waren.

In der Zeit, seit wir das letzte Mal miteinander gesprochen hatten.
 

And I don't know why

I just can't seem to dry

the rain on my face

all the tears I've cried
 

Wie wahr sie inzwischen geworden waren. Wahrscheinlich hätte er sich niemals ausgemalt, dass ich überhaupt jemals weinen würde. Er hielt mich für stark…
 

I think of the day

when you pushed me away

what can I do when I still love you?
 

Früher hatten wir darüber gelacht, wie albern es war, jemandem so nachzutrauern. Obwohl es mich immer tief berührt hatte.

Ob er jetzt wohl mich auslachte?
 

What can I do – where can I hide

from all of these feelings I keep inside?

It's dark as can be

and you'll never see

just what it's like to feel…

what it's like to feel unloved
 

Ja, ich war mir sicher, er wusste es nicht. Schließlich hatte er jemanden, der ihn liebte.

Die Puppe, nicht wahr?

Mich…
 

Bet you don't know how it feels

when your life flashes before your eyes

I bet you don't know how it feels

the moment when you realize

that you lost all you had

all that's good - all that's bad
 

Ob das so war? Ob er es tatsächlich niemals wissen würde?

Ich hoffte so sehr, dass er es bemerken würde. Ich hoffte so sehr, dass er mich vermissen würde, dass er bemerken würde, was er verlor, was er aufgegeben hatte. Ich hoffte es so sehr, dass wieder Tränen flossen und auf das Papier tropften. Die Schrift verschwamm, löste sich auf…
 

And everyone tells you, you should be glad
 

Sicher, das hätten sie gesagt, hätte es auch nur einer gewusst.
 

Your love for me is gone
 

Falsch. Die einzig unwahre Zeile.

Sie war nie da gewesen. Meine Liebe war einseitig! Die ganze Zeit über!
 

I should be moving on

And find someone new - but I still love you
 

Ich habe keine Lust dazu! Ich liebe ihn! Ich liebe ihn über alles. Immer noch. Es ist fast zwei Jahre her, dass er beschlossen hat, dass ich unwichtig bin für ihn! Und ich liebe ihn wirklich noch immer! Ich will dieses Gefühl auch nicht aufgeben! Ich will ihn lieben! Ich will für ihn da sein! Ich will, dass er mich braucht! Ich will, dass er begreift, wie wichtig er für mich ist, dass mein Leben ohne ihn keinen Sinn macht!
 

What can I do – where can I hide

from all of these feelings I keep inside?
 

Nirgends! Ich habe es doch versucht! Ich habe es versucht! Ein ganzes Jahr! Ich war ein ganzes Jahr nicht in seiner Nähe! Und was hat es mir gebracht?

Gar nichts! Das Gefühl ist noch da! Wie soll ich mich davor verstecken? Kann mir das mal einer sagen? Wenn Arbeit und Ablenkung nichts bringt, was dann?
 

It's dark as can be

and you'll never see

just what it's like to feel…

what it's like to feel unloved
 

Doch, vielleicht. Vielleicht würde er es erfahren. Wenn sie ihren Spaß an ihm verlor. Dann würde er vielleicht erkennen, was er mir damit antat, dass er mich allein gelassen hatte.
 

If I could turn back time

if I could press rewind

go back to the days when you were mine
 

Wenn das gehen würde, dann hätte ich es getan! Einfach nur, um noch einmal mit ihm zu sprechen, seine Stimme zu hören, ihn zu sehen, berühren zu dürfen. Einfach nur, um ihm zu sagen, dass ich ihn liebe! Aber das war nun mal nicht möglich! Es war ein Traum! Ein Traum, den ich seit mehr als einem Jahr immer wieder träumte!

Wäre so etwas möglich, dann würde ich mich in der Vergangenheit verschanzen und niemals wieder zurückkehren!
 

What can I do - where can I hide

from all of these feelings I keep inside?

It's dark as can be

and you'll never see

just what it's like to feel..

what it's like to feel unloved
 

Ich wünsche ihm nicht, dass er diese Erfahrung jemals machen muss, denn die Qual ist unerträglich. Die Qual, dass man begreift, dass man der einzige ist, dass man alleine ist mit seinen Gefühlen. Wenn man erkennt, dass Sehnsucht unerwidert ist und Schmerzen nicht erkannt oder ignoriert werden. Es ist schmerzhaft zu wissen, dass es eine Zeit gab, wo man alles für den anderen war und diese Zeit nicht ausreichend genutzt hat.

Ich hoffe, dass er mich wenigstens vermisst, wenn ich gehe. Ich hoffe es wirklich. Ich liebe ihn. Er ist mir wichtig und so hege ich die klitzekleine Hoffnung, dass ihn wenigstens mein Tod ein wenig berührt, dass er sich diesmal nicht von seiner Freundin weiterziehen lässt, damit er sich nicht mehr mit mir beschäftigt. Nur einmal will ich wichtiger für ihn sein als sie. Nur ein einziges Mal. Das reicht mir doch schon. Das ist alles, was ich will. Dass er ein einziges Mal nur an mich denkt, wenn er an meinem Grab steht.
 

Es ist der 21. September. In Zukunft wird dies mein Todestag sein.

Yo, vielleicht denkst du in den kommenden Jahren wenigstens an diesem Tag an mich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (24)
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Von:  DBZ-Fan1986
2010-11-07T20:02:05+00:00 07.11.2010 21:02
eine sehr schöne Geschichte, traurig und melancholisch.
ich finde es nur schade, dass Yo nie mehr mit ihm gesprochen hat. Auch am Schluss nicht, als er aus dem Krankenhaus kam, obwohl er es so sehr wollte.
Von:  Bumblebee86
2009-11-05T23:32:34+00:00 06.11.2009 00:32
PS: ich bin kein so negativer mensch eigentlich, es sind immer nur so phasen... wo ich so denke... ^^ und die gescichte hatr das gerade so ein wenig hochwallen lassne. ich finde die story klasse^^
Von:  Bumblebee86
2009-11-05T23:30:44+00:00 06.11.2009 00:30
diese geschichte.. ich kann den jungen verstehen... den ich erzähler.. für den eine wlet zusammen bricht... dieser junge könnte ich sein... ich hege die gleichen gefühle wie er manchmal... ich verfluche diese scheiß welt ebenfalls manchmal, scheiß liebe... genauso denke ich auch..

danke das du die geschichte geschrieben hast. sie gibt mir kraft, denn so wie er... will ich nicht enden...

Danke...
a
Bell
Von:  Purrgatory
2009-05-15T12:35:01+00:00 15.05.2009 14:35
oh scheiße ich heul gerade voll!
das ist so schön geschrieben!
ich habe schon wieder eine gänsehaut bekommen!
wie schaffst du es so viel gefühl in eine geschichte zu bekommen??
man kann sich richtig in den jungen hineinversetzen!! ich wünsche ganz ehrlich niemandem das es ihm so ergeht wie ihm!
glg und ein paar tränen Sinje
Von:  KiyO_
2008-09-08T11:56:44+00:00 08.09.2008 13:56
..super gut erzählt..super schreibweiße
es gibt keine besseren geschichten als die, die man sich nicht nur einfach so "ausdenkt" ohne die gefühle wirklich zu kenn~
ich muss sagen..alles was du geschrieben hattest ,kam mir so unendlich bekannt vor, das ich wirklich fast die ganze geschichte lang geweint habe~
teilweise hätten es genauso gut meine worte sein können
es hat mich so stark an dinge errinert die ich vergessen wollte~ das ich leichte atemnot bekam,was aber für deine geschichte spricht~
denn so gehts mir nicht oft wenn ich etwas lese..
und jetzt fehlen mir seit wirklich langer zeit die worte...
was kann ich jetzt noch dazu sagen..
weiter so..
und ich hoffe das du verarbeiten konntest, was du verarbeiten wolltest
und das du deinen inneren frieden findest
weil ich genau weiß wie es ist den nicht zu haben...

LG

Kiyo

Von:  AudreyBlanche
2007-10-27T17:31:38+00:00 27.10.2007 19:31
Mein erster Gedanke, als ich mit dem Lesen fertig war: Ich will nicht, dass es aufhört, will von dir jetzt nicht mit diesem Gefühl alleine gelassen werden!

Ich kann nicht sagen, ob dieses Ziehen in meinem Bauch dasselbe ist, das auch deine Hauptperson gefühlt hat, aber es tut weh. Es tut so weh! Ich spüre die Tränen in meinen Augen brennen, und kann doch nicht heulen. Kann es schon so lange nicht mehr.

Du hast mit deiner erzählenden Art und Weise Gefühle zurückgebracht, die ich glaubte, vergessen zu haben. Du sprichst diese Worte, die ich im Sinn hatte, als meine beste Freundin mich zurückließ, als wir zwei Jahre nicht mehr miteinander sprachen. Es ist zwar leider schon zu lange her, als dass ich Voice und Blind! hiermit vergleichen könnte, aber ich denke, dass sich diese Geschichte auf jeden Fall mit ihnen messen kann. So wie ich Blind! nicht weiter lesen konnte, so habe ich mich auch hiervor lange gedrückt. Ich wollte nicht wieder in diesen Abgrund fallen. Heute habe ich mich darauf eingelassen, weil ich dachte, vorbereitet zu sein, es ertragen zu können. Und es hat mich niedergestreckt. Nicht nur mit einem Hieb, nein, jeder Absatz, jedes Aufeinandertreffen der beiden war ein erneuter Schlag. Es schmerzt, als wäre ich an seiner Stelle, auch wenn ich nicht den Mut zum Selbstmord habe.

Zuerst habe ich gedacht, dass du es auch einfach als Bruch einer Freundschaft bezeichnen könntest, dass man auch verzweifelt, selbst wenn man diese wichtigste Person im eigenen Leben nicht auf diese Art geliebt hat. Bis zu dem Moment, als du von Liebe sprachst, hätte meiner Meinung nach auch die Erklärung ‘enge Freundschaft’ gereicht, doch spätestens ab dem Studium habe ich verstanden. Auch wenn man unter Freundschaften leiden kann, so war das Ausmaß seiner Qual ein anderes, es ging tiefer. Vielleicht ist dies der Unterschied, zwischen ihm und mir. Vielleicht ist das der Grund, warum ich mich nicht umgebracht habe, als sie mich verließ.

Ich finde es außergewöhnlich, wie intensiv ich bei deiner Geschichte mitfühle. Du hast einen Schreibstil, der einen sofort mit hineinzieht. Der Emotionen verdeutlicht, fühlbar macht. Bei allem, was du sagst, zweifle ich nicht einmal daran, dass es die Gedanken eines Jungen sein könnten. Obwohl er weint, macht ihn das für mich nicht zu einem Mädchen.

Ich bin begeistert, wie du seine Erschöpfung mit seiner Krankheit verknüpfst. Wie er zwar so gut wie nichts mehr isst, aber dennoch nicht magersüchtig ist, jedenfalls nicht im vollem Ausmaße. Seine Reaktionen und Taten sind nachvollziehbar. Es kommt häufig vor, dass man solche Krankheiten beinahe hat, aber vielleicht doch noch was isst, weshalb man nicht wirklich magersüchtig ist, oder - wie bei dir - es nicht bewusst wieder ausspuckt, weshalb er sich nicht für bulimieerkrankt hält. Ich würde ja sagen, dass er Bulimie hatte und eigentlich denke ich auch, dass Ärzte jemanden mit solchen Symptomen nicht so einfach wieder gehen lassen, aber das hat es sicher auch schon gegeben.

Aber ich fand es nicht gut, dass er Yos Blicke interpretiert hat. Es ist okay, wenn er sie sich selbst zu Gute interpretiert (also einfach annimmt, dass Yo auch traurig ist, und das in seinem Blick deutlich wird), aber irgendwie hast du sie ein wenig zu urteilend geschrieben. Ich hatte das Gefühl, dass er wüsste, was in Yo vorgeht, und während der Geschichte kam es mir eher so vor, als gründe sich ihre Trennung auf die fehlende bzw. gestörte Kommunikation…

Und eine Sache habe ich nicht verstanden. Haben er und Yo das Lied früher gehört und er schreibt es jetzt aus seiner Erinnerung auf, oder haben sie es damals gemeinsam geschrieben? Oder liege ich mit meinen Überlegungen gerade total daneben? Es wird klar, dass er das Lied als Abschiedsbrief an Yo aufschreibt, aber woher nimmt er es?

Mich würde jetzt auch noch sehr interessieren, wie Yo die ganze Sache sieht! Aus seinen Reaktionen kann man ja nicht wirklich genug herauslesen, um zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen. Solltest du also noch die Lust und Muse haben, seine Sichtweise zu beschreiben, so würde ich das sehr begrüßen. Ansonsten würde ich mich freuen, wenn du mir es so sagen könntest, damit ich die Geschichte irgendwann für mich selber abschließen kann. Wenn du es nicht preisgeben willst, ist das auch okay. Ich würde es verstehen, denn es nimmt einem den Freiraum, über ihn zu spekulieren.

In diesem Sinne danke, dass du mir damals mitgeteilt hast, dass du diese Story online gestellt hast und es tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe. Aber ich hatte Angst; und - wie ich jetzt ja weiß - nicht unbegründet. Trotzdem war es schön, deine Geschichte zu lesen. Es ist schade, dass auch du so eine Erfahrung hattest machen müssen, aber ich freue mich, dass es noch wirklich gute Autoren gibt. Welche, die Erlebtes in Worte fassen können, die einen erreichen und berühren. Und das hat deine Geschichte definitiv!
Von: abgemeldet
2007-10-14T16:08:54+00:00 14.10.2007 18:08
Tja was sagt man dazu
ich muss agen zur zeit bin ich etwas erschlagen, das waren wirklich viele intensive Gefühle die du da zu ausdruck gebracht hast.
Zumal es mich irgend wie daran erinnert hat das ich selbst mal eine Freundin auf so ähnlich weise verloren habe.
Es war damals einfach so das sie weiter ging sich veränderte und nicht mehr sah das es mir wehtat wenn sie mich ignorirte und sich selbst wenn sie bei mir zu Hause war so benahm als wäre ich unwichtig.
Das mag nicht ganz so gewesen sein wie deine Story aber es war doch ein ähnliches Gefühl damals wie heute.
Ich fand es große klasse besonders weil es sich wirklich so angehört hat als hättest du das selbst erlebt(was ich als sehr schade empfinden würde).
So ich gehe das jetzt erstmal verdauen, und bedanke mich dafür das du mich gebeten hast sie zu lesen auch wenn ich dem dadurch das ich hier nicht ganz so oft on bin nicht so schnell folgen konnte.
LG shadow-p
Von:  Kaori2103
2007-10-13T09:42:32+00:00 13.10.2007 11:42
ich fand die Story klasse, in ihr stecken so viel gefühl und ich denke viele können sowas nachvolziehn in der gleichen ober in ähnlichen fällen!...

leider ist es in meinem fall auch gerade so ein ählicher fall, man merkt das etwas nicht stimmt das sich wer zurückzieht, immer weniger mit einem redet, einem sachen verschweigt, man siht sich immer weniger... man weis nicht mehr was man denken soll... ob da das hoffen und kämpfen noch einen sinn hat?!

die Story ist aber überwältigend, ich würd mich freun wenn ich bald wieder eine Geschichte von dir zu lesen bekomm und eine nicht so traurige.
ich wünsche dir viele schöne, glückliche und fröhliche Stunden im Leben!

kiss kaori

Von: abgemeldet
2007-10-12T17:13:13+00:00 12.10.2007 19:13
die story ist wirklich klasse auch wenn ich das ende nur noch etwas verschwommen gelesen hab
ich hab auch den fehler gemacht mir das lied dazu anzuhören und es passt wirklich super
ich hatte voice auch schon gelesen und das war auch schon so traurig
es ist anders als deine anderen ffs aber ich würde nicht sagen besser oder schlechter einfach nur anders
ich hoffe sehr das auch weitere ffs in der richtung dazukommen (vllt nicht ganz so traurig)
bis bald kim
Von:  Whisper
2007-10-03T23:25:05+00:00 04.10.2007 01:25
Hey...
Also nach deiner Nachricht hab ich mich gleich mal dran gesetzt und hab begonnen zu lesen, auch wenn ich vorher schon vom Titel her geahnt hab das es traurig wird. Ich bin nur bis zur dritten Seite gekommen, ehrlich.
ûû Nach der ersten Seite stellte sich Bedrückung bei mir ein, nach der dritten ein Depressionsgefühl. Die vierte hab ich nur mehr überflogen... könnte daran liegen das ich sowas schonmal erlebt hab (bis auf den Schluss natürlich ^^;) aber ich interpretiere es so, das du einfach eine wahnsinnig ausdrucksstarke Geschichte (?) verfasst hast, die unendlich traurig ist und... einen auch traurig macht. ^^; Es ist wirklich gut geschrieben. Völlig anders als "Blind" das ich ja auch von dir gelesen hab, ich möchte fast sagen "besser". Denn dieser Text wirkt einfach nur ehrlich und er sagt viel mehr aus. ^-^ Man spürt förmlich was du bei jedem Wort gespürt hast (quasi XD) und es ist... gut. Sehr gut sogar.
Mit Depressionsgefahr. XDD'

Also weiter so! ^___^ Auch wenn ich's wahrscheinlich wieder
nicht zuende lesen werde können... ^^;
LG~


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