Meine Name ist Loveless, obwohl ich in nie benutze.
Wer gab ihn mir wohl?
Warum kennen mich so viele unter diesem Namen, obwohl ich ihn selbst nicht kannte?
Ich weiß, dass er eine besondere Bedeutung hat; „der ohne Liebe“.
Bin ich wirklich ohne Liebe?
Sind diese freundschaftlichen Gefühle nur gelogen?
Belüge ich mich selbst?
Gerade weil ich ohne Liebe bin?
Ist der Gedanke, ohne Liebe zu sein, so …
Ich weiß es nicht, lehne mich zurück, starre auf ein Bild, eine Erinnerung an ihn, an Seimei, meinen Bruder.
Er hatte immer noch seine Ohren, bevor er verstarb, dieser glückliche Ausdruck in seinen Augen …
Beloved – das war sein Name.
Wer wählte in für Seimei aus?
Wie fanden er und sein Kämpfer zusammen?
Die Frage interessiert mich schon lange, sehr lange, seit dem Tag, an dem ich wusste, dass sie beide zusammen gehörten.
Seimei soll ihn wie einen Hund behandelt haben, nur Befehle erteilt haben, nichts anderes.
Ist es das, was „Beloved“ ausmacht?
So kalt und lieblos zu sein?
So wie ich?
Nein, garantiert nicht.
Diese Erinnerung sagt etwas anders.
Es fällt mir nicht schwer zu glauben, dass Seimei, mein geliebter Bruder, wirklich so gewesen sein soll.
Aber sein Kämpfer … bestätigt er das nicht auf irgendeine Weise?
Warum sollte er mich beschützen, wenn Seimei ihm es nicht befohlen hat?
Ich glaube, das ist der einzige Grund, warum sein Kämpfer zu mir kam.
Anfangs.
Ich lege das Bild, die Erinnerung weg, ich will meinen Bruder, Beloved, nicht mehr sehen.
Natürlich vermisse ich ihn, sehr sogar, doch ich kann ihn nicht ins Leben zurückrufen – warum also ihm weiterhin hinterher trauern?
Meine Tränen wären eh nur vergebens geweint.
Sicherlich …
„Soubi?“
Sein Name; der Name seines Kämpfers, der Name meines Kämpfers.
„Beloved“ ziert seinen Hals, das Zeichen, dass sie zusammen gehören.
Seimei der Meister, Soubi der Sklave.
Es hat sich nicht viel geändert, nur der Name des Meisters.
Aus Seimei wurde Ritsuka, aus Beloved Loveless.
Und nun sind Meister und Sklave in einem Raum; Meister sich auf sein Bett legend, der Sklave auf dem Boden sitzend, sich ans Bett lehnend.
Soubi, mein Kämpfer, sieht auf, kurz, bevor er wieder die Augen schließt.
„Ja?“
Ich sehe ihn an – hat er es bereits gemerkt?
„Ach nichts …“
Langsam richte ich mich etwas auf, blicke auf ihn hinunter, nicht anders als sonst, derselbe Augenblick wie sonst auch.
„Ja.“
Dasselbe Wort, andere Betonung; hat er mit Absicht nichts anderes gesagt?
Verrat mir, Soubi, warum bist du so kalt?
Ist das dein Plan?
Er spielt mit seinem Handy, sieht sich Bilder von mir an, die er damit gemacht hat, liest sich SMS durch, die ich ihm schickte.
Sein hochgekrempeltes Hemd offenbart seine Unterarme, den Part seines Körpers, den ich sehen will.
Ich lege meine Arme von hinten um seinen Hals, mein Kopf ruht auf meinen Armen, an den seinen gelehnt.
Als ich das zum ersten Mal tat, war er vollkommen überrascht, doch er wehrte sich nicht, legte seine Hand auf meine und lächelte.
Soubi, mein Kämpfer, ist nicht so kalt, wenn er doch lächeln kann.
Jene Worte („Ich liebe dich“) habe ich schon lange nicht mehr gehört, aber ich bestehe auch nicht darauf.
Ich habe den Befehl, dass er sie nicht mehr sagen darf, schon lange aufgehoben.
Ich sehe mich nach ihnen, doch ich sage es ihnen nicht.
Wann wird er sie endlich gebrauchen?
Soubi klappt sein Handy zu, legt es neben sich, schließt die Augen. Es ist so offensichtlich, dass er meine Berührung genießt - verlangt er mehr davon?
Natürlich tut er das, doch er würde nie danach fragen.
Er akzeptiert diese Tatsache einfach.
Ich bin mir sicher, er wartet darauf, dass ich es sage.
Dass ich es bin, der seine Nähe sucht.
Ich suche seine Nähe, ja, will, dass er bei mir ist, auch, wenn er schweigt, einfach nur da sitzt und nichts tut.
Dass er da ist, reicht mir vollkommen aus. Ich bin mir nicht sicher, ob er das weiß, merkt.
Aber in diesem Moment ist es nicht unbedingt von Bedeutung.
Ich habe etwas, dass ich wissen muss und allein Soubi kann mir die Antwort geben – besser gesagt zeigen.
Soll ich ihn fragen oder mir einfach nehmen, was ich wissen will?
Soubi fragt immer nach Befehlen, verlangt, dass dem Sklaven vom Meister eindeutig gesagt wird, was zu tun ist. Ich müsste nicht fragen.
Doch warum zögere ich dann?
„Ritsuka?“
„Ja?“
Ich werde ein wenig schläfrig, in seiner Nähe fühle ich mich so sicher, so unbekümmert, mein Leben ist in seiner Hand sehr gut aufgehoben.
„Warum zitterst du?“
Tue ich das?
Zittere ich wirklich?
Weswegen?
Vor Angst?
Vor Aufregung?
Ich weiß, was ich will, aber … was ändert es, wenn ich es erfahren habe?
Viel? Gar nichts?
Nein, die Menge bedeutet nichts.
Dass sich etwas ändert, ist das von Bedeutung.
Soubi, mein Kämpfer, weißt du es wirklich nicht?
Lüge mich nicht an!
„Ist dir kalt?“
„Nein, mir ist nicht kalt.“
Er macht sich Sorgen – berechtigt? Oder bin ich nur zu sehr in meine Gedanken vertieft, die mir so viel Schönes versprechen?
Sollte ich die Antwort von ihm bekommen, die ich haben will, werde ich dann glücklich?
Endlich den Beweis dafür haben, dass Soubi zu mir gehört und ich nicht umsonst seine Nähe wünsche?
„Warum dann?“
Ist es notwendig, ihm eine Antwort zu geben?
Ich lasse ihn los, setze mich auf; starre auf meinen linken Unterarm, den Pulli etwas hochgezogen.
Dort steht er, mein Name, direkt unter dem Handgelenk, schwach zeichnen sich meine Adern darunter ab.
Hat er …
Ich setze mich neben ihn, meinen Kämpfer, auf den Boden, er sieht mich überrascht an.
Ich konnte es vom Bett aus nicht genau erkennen, doch jetzt … ich greife nach seinem linken Unterarm, sanft, ziehe ihn zu mir rüber.
Doch, tatsächlich, da steht er, mein Name, Loveless.
Auf dem Körper von Soubi, meinen Kämpfer, steht mein Name.
Ich streiche mit dem Finger über seine sanfte Haut.
„Dein Name … wir sind verbunden, endlich …“
Er flüstert nur, lächelt schwach.
„Ist dir das nie aufgefallen, Soubi?“
Ich sehe ihn an, beobachte, wie sein Blick auf meinem Handgelenk ruht, denselben Namen wie auf dem seinen entdeckt.
„Seit wann ist er da?“
„Seit dem Augenblick, in dem ich akzeptiert habe, der ohne Liebe zu sein, obwohl ich ein Gefühl wie dieses zu empfinden vermag.“
„Für wen?“
Endlich sind mir miteinander verbunden, eins; Seimei ist nicht mehr wichtig, nicht für mich.
Ich kann endlich bei Soubi sein, ohne daran erinnert zu werden, dass es einzig und allein der Verdienst meines Bruders ist, mit Soubi zusammen sein zu können.
Ich lehne mich an ihn, er legt seinen Arm um mich, zieht mich weiter an ihn, unsere Hände mit meinem Namen verziert ineinander verschlungen.
„Für dich.“