Teil 3: Dunkelheit und Licht
Ich laufe zurück, so schnell mich meine Beine tragen. Ich laufe und
laufe zurück zu ihr. Ich würde sie überall finden, denn unsere
Seelen sind wie zwei Pole, die sich anziehen. Mit jedem Schritt, den
ich gehe, fallen die Schatten mehr und mehr von mir ab. Ein Gedanke
vertreibt sie, Musashi. Wie konnte ich sie nur zurücklassen, wo sie
mich am dringensten brauchte? Ich hasse mich dafür. Ich bin so
unfähig! Mich kann man wirklich nicht mögen, denn die Menschen, die
mir vertrauen, enttäusche ich auf ganzer Linie. Manchmal wünschte
ich, ich wäre nie geboren worden. Tränen laufen meine Wangen
herunter. Wieder passiere ich die Tür, doch diesmal nehme ich die
Aura dieses Hauses kaum noch war. Musashi! Ich muss sie finden! Ich
muss ihr helfen, denn sie ist der Grund, weshalb ich lebe. Ich folge
dem Licht ihrer Seele, doch es wird immer schwächer und plötzlich
ist mir, als wenn es erloschen ist. Ich kann ihr Licht, ihre Wärme
nicht mehr finden. Etwas Schreckliches ist geschehen, das spüre ich
und allein der Gedanke daran lässt mein Herz erschaudern. Ich laufe
wahllos durch die Dunkelheit, immer auf der Suche nach ihr. Ich weiß
nicht, wie lange ich sie gesucht habe, bis ich sie irgendwann fand.
Sie stand, mit dem Rücken zu mir, zum Fenster herausgebeugt, als ich
den Raum betrete. Ja es ist eindeutig Musashi, ihre langen roten
Haare wiegen sich sanft im Wind. Aber irgendetwas stimmt nicht. Ich
spüre keine Wärme, kein inneres Licht von ihr ausgehen. Wo ist die
Aura der Hoffnung, die sie sonst immer umgibt? "Musashi" weine ich
"ich wollte dir nicht weh tun und ich wollte dich auch nicht alleine
lassen. Ich bin halt zu unfähig und zu schwach...." Langsam drehte
sich Musashi zu mir um. Oh Gott! Ich glaube, ich werde niemals in
der Lange zu sein, zu beschreiben, was ich in diesem Moment gesehen
und gefühlt habe. Musashis Augen.. Ihr Gesicht.. . Musashi hatte
immer für mich das schönste Gesicht der Welt. Ein Blick von ihr
genügte, um mir zu sagen, dass alles gut wird, egal, wie schlimm es
um uns stand. Ihre Augen sagten das, was sie mit Worten nicht
ausdrücken konnte. Dass sie sich um uns sorgt. Das sie der netteste,
liebenswerteste und mitfühlenste Mensch ist, den es auf der Welt
gibt. Und jetzt? Ihre engelsgleichen Züge sind zu einer Maske des
Hasses verzerrt. Ihre wunderschönen Augen sie sind ...tot! Da ist
nichts mehr, außer Hass, nie enden wollender Hass. Sie ist nicht
mehr die Musashi, die sie einmal war, nicht mehr die Musashi, die
ich liebe. Das ist alles meine Schuld. Wie soll ich sie bloß zurück
holen? Erst jetzt nehme ich die große, blutende Wunde in ihrem
Oberkörper wahr. "Oh Gott, Musashi, das sieht schlimm aus, du musst
sofort zu einem Arzt" Instinktiv versuche ich, ihre Hand zu greifen
und sie aus diesem Haus zu führen. Bevor ich ihre Hand greifen kann,
hebt sie diese. Sie hält etwas in ihrer Hand. Einen länglichen,
glänzenden Gegenstand. Es ist ein Schwert. Diese Erkenntnis trifft
mich ungefähr zur selben Zeit, wie das Schwert selbst. Mein Ärmel
verfärbt sich langsam rot. Die Wunde muss sehr tief sein. Sie tut
sehr weh, aber der seelische Schmerz ist tausend Mal schlimmer. Ich
will es einfach nicht begreifen! Warum tust du das! Bitte Musashi,
hör auf! Lass es nicht so enden....
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Es gefällt mir, zu sehen, wie er leidet. Seine schreckensgeweiteten
Augen, als er registrierte, was ich in der Hand hielt. Sein
ungläubiger Blick, als sich die kalte Klinge in seinen Arm bohrte.
Wie in einem surrealen Gemälde beißt sich seine Augenfarbe mit dem
frischen Blut, was in sein Gesicht gespritzt ist und das macht es um
so faszinierender. Er hat es nicht anders verdient. Er nicht und
auch nicht all die anderen Menschen, die mich ausgenutzt haben. Aber
dafür werden sie bezahlen, die Rache ist mein! "Bitte, Musashi, lass
es nicht so enden!" wimmert er. Bettel ruig um Gnade, bettel ruig um
dein mickriges Leben. Na los, es war dir doch auch vorhin so
wichtig. Vorhin, als du mich im Stich gelassen hast. Er versucht
meinen Schlägen auszuweichen, aber er schafft es nicht. Keine Angst,
Kojiro, du wirst nicht sofort sterben, so einfach mache ich es dir
nämlich nicht. Du sollst leiden, genau wie ich gelitten habe.
"Musachi, es tut leid, was geschehen ist, komm zurück. Bitte, bitte,
komm zurück" "Lügner! Es tut dir doch kein Stückchen leid! Glaubst
du, du kannst mich immer noch mit deinen Lügen einwickeln? Niemals!
Dir werde ich dein verdammtes Maul stopfen". Er hat keine Chance.
Ich führe das Schwert erbarmungslos und präzise. Sein Körper ist
übersäht von tiefen Schnittwunden und sein linker Arm hängt schlaff
herunter. "Musashi... Hör auf. Ich bin hier, um dir zu helfen. Ich
brauche dich doch.." "Wie schön für dich, ich brauche dich und deine
Hilfe nicht! Es macht keinen Spaß, gegen einen wimmernden Wurm wie
dich zu kämpfen. Warum versuchst du dich nicht zu wehren. Wir
befinden uns hier schließlich in einer Waffenkammer. Ist dir dein
Leben nichts mehr wert? Oder warst du nur zu dumm, auf die Idee zu
kommen, dir auch eins der Schwerter zu nehmen. Falls es das war,
hier, fang." Mit diesen Worten werfe ich ihm ein herumliegendes
Schwert zu ."Und jetzt kämpfe! Kämpfe gefälligst um dein
nichtsnutziges, mickriges Leben!" Sein Gesicht nimmt ein zu allem
entschlossenen Gesichtsausdruck an. Na endlich muss ich seinen
traurigen Gesichtsausdruck nicht mehr sehen. Ich laufe mit gezücktem
Schwert auf ihn zu und dann passiert das Unglaubliche. Er wehrt sich
nicht, er weicht noch nicht einmal aus. Er schreit auch nicht, als
sich das Schwert in seinen Oberkörper bohrt. Er steht nur da und
schaut mich aus seinen großen, traurigen Augen an. Ich ziehe
instinktiv das Schwert zurück und er sackt auf seine Knie. "Warum?
Warum hast du das getan" schreie ich ihn an. "Musa" seine Stimme
zittert und Tränen laufen seine Wangen herunter "Glaubst du, dass es
so etwas wie Glück auf dieser Erde gibt?" Er machte eine Pause "Ich
habe mich immer danach gesehnt, glücklich zu sein und darum habe ich
es überall gesucht. Ich habe es überall gesucht, an den
unmöglichsten Orten, so wie jemand seine Brille sucht.." Kojiro
schluchzte, bevor er weiter sprach "Und er sucht sie und sucht sie,
aber er kann sie niemals finden, weil er sie schon längst auf der
Nase hat." Er versucht, zu lächeln, aber seine Augen sind unendlich
traurig "Ich habe dich allein gelassen und ich weiß, dass das der
größte Fehler meines Lebens war und ich es niemals wieder gut machen
kann" Er senkt seinen Kopf. Tränen und Blut laufen zusammen und
tropfen auf den kalten Boden "Ich lege mein Leben in deine Hände, tu
mit ihm, was du willst. Ich werde mich nicht mehr wehren und ich
werde auch nicht mehr weglaufen.." "Lügen! Alles Lügen! Es gibt
nichts, was zwei Menschen aneinander bindet außer Lügen! Warum
berühren deine Worte mein Herz? Ich will deine Lügen nicht mehr
hören! Ich will deine Augen nicht mehr sehen! Stirb! Stirb endlich!"
Und ich hebe das Schwert zum letzten, alles vernichtenden Schlag...
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Sie hebt das Schwert zum allerletzten Mal. Ich schließe die Augen.
Die Zeit scheint nicht zu vergehen. Ich habe es auch nicht besser
verdient, ist mein letzter Gedanke. Dann saust das Schwert nieder.
Ein Schrei zerreißt die Nacht. Das bin nicht Ich! Ich reiße meine
Augen auf. Ein Gedanke "Musachi!" Das Mädchen, was mit mehr
bedeutet, als alles andere in der Welt steht in einiger Entfernung
vor mir. Das Schwert steckt in ihrer Brust. Aber nur einen
Augenblick, dann zieht sie es heraus und lässt es auf den Boden
fallen. Bjelle steht neben ihr. Musachi muss sie aus ihrer Seele
vertrieben haben. Sie scheint verwirrt, nicht mehr hasserfüllt. Ihr
Gedanke scheint der selbe zu sein wie meiner "Warum? Warum hast du
das getan?" In Musashis Augen verschwindet der Hass. Einen Moment
ist da etwas, eine Mischung aus Liebe und Trotz. Ihr Blick! Doch
dann verschwindet er. Alle Gefühle weichen dem Nichts. Da ist nur
noch Resignation. Sie hat aufgegeben. Sie fällt der Länge nach auf
den Boden. Ihre Augen starren an die Decke. Plötzlich kommt mir eine
Erinnerung. Musashi Nyase und ich mussten vor ein paar abgerichteten
Fukanos flüchten. Nach dem wir in Sicherheit waren, hatte Nyase
angefangen zu behauten, dass man diese gemeingefährlichen,
bösartigen Viecher lieber einschläfern sollte. Darauf hin hatte ihn
Musashi ganz wütend angesehen und geantwortet: "Es gibt kein Gut
oder Böse. Jede Seele, die auf diese Welt kommt ist unschuldig und
engelsgleich. Aber manche haben halt mehr Glück als andere". Dann
hat sie so seltsam traurig gekuckt und ich habe es damals nicht
verstanden. Jetzt verstehe ich es. Musashi! Ich laufe auf sie zu.
Sie ist wie ein Engel, einer der an dieser Welt zerbrochen ist. Ihre
Stimme ist so leise, als sie mit mir spricht, so als sei sie sehr
weit weg: "Kojiro, ich schenke dir dein Leben. Geh jetzt. Wenn du
dich beeilst, kannst du noch gerettet werden.." wieder steigen mir
Tränen in die Augen "Aber ich geh nicht ohne dich. Komm wir gehen
zusammen, dann werden wir beide gerettet..." "Ich will aber nicht
mehr gerettet werden" Ihre Stimme hat keinerlei Emotionen, als sie
das sagt. Mit zerreißt es fast das Herz. Es ist tausend Mal
schlimmer als die Wunden, die meinen Körper bedecken. "Warum?" fragt
auch Bjelle. "Weil.." und jetzt schreit sie fast "Weil ich nicht
mehr leiden will! Ich will nicht mehr ausgenutzt werden, ich will
nicht mehr hassen, ich will nicht mehr versagen und vor allen Dingen
will ich nicht mehr darauf hoffen, dass alles besser wird, um dann
doch immer und immer wieder enttäuscht zu werden. Es gibt kein Glück
für mich. Ich will einfach, dass alles aufhört, verstehst du?" Sie
dreht den Kopf weg von mir. Natürlich verstehe ich. Wahrscheinlich
besser, als jeder andere. Denn das sind die Gedanken, die ich so oft
mit mir herumgetragen habe. Sie sind ein Teil von mir. " Du hast
gesagt, die Hoffnung stirbt zuletzt und dass man jedem Tag die
Chance geben sollte, der schönste seines Lebens zu werden!" Ich
glaube ich heule wie ein kleines Kind. "Was weißt du schon über
mich, Kojiro? Nichts!" ihre Stimme klang wieder leise und
resigniert, trotzdem klang Schmerz mit. Auch mir tun ihre Worte
unheimlich weh. Ja, sie hat recht, ich weiß nichts über sie und sie
nichts über mich. Warum sind da immer diese unsichtbaren Mauern
zwischen uns gewesen? Ich weiß nicht mehr weiter. Mein Arm tut so
weh. Trotzdem verspüre ich nicht das Bedürfnis, mich in Sicherheit
zu bringen. Ich werde sie nicht noch einmal alleine lassen, egal was
passiert. Ich habe nicht mehr die Kraft zu stehen, also setze ich
mich. Mein Gesicht vergrabe ich in meinen Händen. Ich weiß einfach
nicht mehr weiter. Wenn alles eh zum Scheitern verurteilt ist, warum
haben wir es dann immer wieder versucht und daran geglaubt. Wenn es
keine Hoffnung auf Glück für uns gibt, wäre es dann nicht besser, zu
sterben? Dieser Gedanke! Ich hatte ihn schon mal. Ich weiß es und
ich erinnere mich auch wann es war. Ich weiß nicht, ob sie mir
zuhört, oder ob ich nur mit mir selbst rede, aber es ist meine
einzige Chance "Es war einmal ein kleiner Junge. Er hatte alle
Dinge, die sich ein Junge in seinem Alter nur wünschen kann, denn
seine Eltern waren sehr reich und lebten in einem großen Haus.
Trotzdem war der kleine Junge sehr traurig und weinte oft die ganze
Nacht. Hätte er nicht glücklich sein müssen? Er hatte doch alles,
was man sich für Geld kaufen kann." Ich mache eine Pause, ich darf
nicht daran denken, was ich erzähle. Es darf mir nicht ans Herz
gehen.. "Aber Geld kann einem keine Liebe kaufen, oder Geborgenheit,
es kann einem nicht das Gefühl geben, etwas besonderes zu sein..."
Es gelingt mir nicht.." Der kleine Junge war immer allein gewesen,
allein in seinen Bergen von teurem Spielzeug. Es gab niemanden, der
ihm sagte wie liebenswert er sei, oder der ihn in dem Arm nahm, ihn
tröstete, wenn er traurig war oder mit ihm lachte, wenn er fröhlich
war. Er war immer allein. Das einzige, was er von anderen Menschen
wahr nahm, war, dass sie unzufrieden mit ihm waren, egal was er tat.
Und dabei hat er alles versucht, damit sie ihn mögen." Ich kann
nicht anders, ich muss weinen. Warum bin ich bloß so egoistisch?
"Der kleine Junge wurde immer trauriger und verzweifelter und eines
Tages lief er einfach weg. Und er lief und lief, aber egal, wohin er
kam, überall jagte man ihn sofort wieder weg. Niemand wollte den
kleinen Jungen. Irgendwann blieb er einfach liegen. Es war Winter
und dicke Schneeflocken fielen vom Himmel. Er war erst 8 Jahre alt
und trotzdem wollte er sein Leben wegwerfen." Ich muss mich zusammen
nehmen um nicht aufzuhören. Das Sprechen fällt mir so unheimlich
schwer.. "Er glaubte, dass es für ihn keine Hoffnung darauf gab,
dass er jemals glücklich sein würde. Er wollte nicht mehr allein
sein... . Er schaute zum Himmel und wartete auf seinen Tod. Aber auf
einmal war da etwas, etwas, das ihm Mut machte. Etwas, das seinen
Lebenswillen und seine Hoffnung wiedererweckte. Und der kleine Junge
stand auf und schleppte sich weiter. Das war das beste, was er je
getan hat, denn wenig später lernte er ein wundervolles Mädchen
kennen. Sie umgab dieselbe Aura, die ihn im Schnee das Leben
gerettet hat. Vielleicht war sie es ja, die ihm zurückgeholt hat.
Auf alle Fälle war sie gut zu dem kleinen Jungen. Sie beschützte ihn
vor den anderen Kindern und sie war der erste Mensch, der ihn so
mochte, wie er wirklich war. Sie hat mit ihm zusammen gelacht und
mit ihm zusammen geweint. Der kleine Junge mag dieses Mädchen mehr
alles andere auf der Welt und er ist so unendlich glücklich, dass er
sie kenngelernt hat. Aber das Mädchen wirkt manchmal so unendlich
traurig. Und sie lässt niemanden an sich heran. Sie baut hohe Mauern
um ihre Seele und hängt schwere Schlösser um ihr Herz. Niemand kann
sehen, dass ihre Seele heller brennt als alle anderen. Aber der
kleine Junge weiß es und er hat Angst, dass das Feuer erlöschen
wird, weil sie ihre Tränen immer herunterschluckt, so dass sie auf
das Feuer tropfen. Er braucht dieses Feuer, um die Schatten zu
vertreiben und um nicht zu erfrieren." Ich heule so doll, dass ich
mir nicht sicher bin, ob man mich überhaupt noch verstehen kann "Sag
mir warum legt das Mächen ihre wundervolle Seele hinter die dunklen
Mauern und warum lässt sie den Jungen nicht zu sich? Warum?" Stille
durchzieht den Raum. Warum frage ich das überhaupt? Sie hört mir
doch eh nicht mehr zu. Außerdem, habe ich sie jemals so richtig an
mich rangelassen? Ihr erzählt, was mich bewegt? Nein, das habe ich
nicht! Aber warum? Sie ist doch der einzige Mensch, der mir etwas
bedeutet, der mich vielleicht verstehen könnte. Ich habe sie nicht
an mich herangelassen... "... Damit es nicht so weh tut, wenn er sie
dann wieder verlässt und sie wieder alleine ist" höre ich eine
schwache Stimme meinen Gedanken vervollständigen. Wir sind so gleich
Musashi, so gleich und doch so verschieden. Ich wische mir die
Tränen aus meinen Augen "Aber ich würde dich niemals alleine lassen.
Wirklich! Ohne dich bin ich auch alleine. Ich brauche dich
wahrscheinlich noch mehr als du mich. Und ich würde dir niemals weh
tun! Weil ich dich ..wie soll ich das ausdrücken? Ich hasse das Wort
"Liebe" Es ist so voller Lügen. Meine Eltern haben gesagt, dass sie
mich lieben und nur das beste für mich wollen. Viele Menschen sagen,
dass sie sich lieben, obwohl es ihn nur um Geld oder Sex geht." ich
mache eine Pause und versuche meine Gedanken zu ordnen, dann beginne
ich von neuen "Aber es gibt ein Gefühl, das stärker ist, als alles
andere, das einen unvollkommen vorkommen lässt, ohne einen anderen
ganz bestimmten Menschen. Nur dieser andere Mensch kann einen
vervollständigen. Dieses Gefühl lässt einen den anderen so sehen,
wie er wirklich ist. Es ist wie die Sonne, ohne die nichts leben
kann. Es ist wie eine Brücke, die zwei Inseln miteinander verbindet.
Es lässt einen jede Grenze überwinden, Hass, Traurigkeit, Zeit,
Entfernung und ich bin mir sicher, es überwindet sogar den Tod.
Diese Gefühl duldet keine Lügen und dieses Gefühl empfinde ich für
dich." Was dann passierte kam mir so unwirklich vor, wie in einem
Traum. Musashi dreht mir ihr Gesicht zu. Sie weint. Irre ich mich,
oder ist hinter den Schleier aus Tränen Hoffnung? Ich krieche zu ihr
und nehme sie in meine Arme. Ich kann ihre Wärme spüren. Es tut so
gut, nach all der Kälte einen lebenden Körper zu spüren. Wenn sie
bei mir ist, habe ich keine Angst. Unser Blut läuft zusammen und
vermischt sich. Unsere Blicke treffen sich. Dann beginnt sie zu
sprechen "Ich vertraue dir, Kojiro, ich vertraue dir mehr als allen
anderen auf der Welt. Hilf mir heraus aus der Dunkelheit. Hilf mir
meine Seele zu retten"
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Ich blicke in seine wunderschönen Augen. Auch ein Teil seiner Seele
liegt noch begraben in der Dunkelheit. "Ich würde selbst den grauen
Himmel blau streichen, wenn ich wüsste, dass es dich auch nur ein
bisschen glücklicher machen würde" Ich weiß, Kojiro, ich weiß. Deine
Augen sagen, dass du mich niemals anlügen würdest. Sie verraten so
viel über dich. Es tut mir so leid, was geschehen ist. Ich habe dich
verletzt, körperlich und vor allen Dingen seelisch. Trotzdem hast du
zu mir gehalten. Womit habe ich jemanden wie dich bloß verdient? Man
sagt, dass Menschen, die es besonders schwer im Leben hatten ein
Wunder wiederfährt. Bist du mein Wunder? Ja, du hast recht, wir
können alles sein und wir können alles erreichen, wenn wir es
wirklich wollen und wenn wir zueinander stehen. Wir werden es
schaffen! Wir werden die Dunkelheit vertreiben. Die Dunkelheit, die
in unseren Herzen liegt und so lange ein Teil von uns war. Das
verspreche ich....
Was passiert mit mir? Ich spüre eine Kraft in mir. Sie ist so
angenehm warm. Sie erfüllt meinen Körper mit ihrem hellen Leuchten.
Wie ein kleiner Tropfen, der ins Wasser fällt und weite Kreise
zieht. So wirkt die Kraft von mir ausgehend fort. Ich öffne meine
Augen und sehe, dass mit Kojiro das Selbe passiert wie mit mir.
Irgendwann treffen sich unsere Kreise. Sie gehen ineinander über...
. Ich habe keine Angst, im Gegenteil, ich habe mich mein Leben lang
noch nie so sicher und geborgen wie jetzt gefühlt. Mit jeder unserer
Wellen, die in ineinander übergehen, ist es, als wenn sich unsere
Seelen immer mehr vereinigen. Ich fühle, was Kojiro fühlt. All seine
Liebe, seine Hoffnungen, aber auch seinen Hass und seine Angst.. .
Ich kenne jeden seiner Gedanken, als wären es meine eigenen. Ich
fühle alles, was er in seinem Leben erlebt hat, so, als hätte ich es
selbst erlebt. Ich weiß, dass er alle meine Gedanken und Gefühle
jetzt so kennt wie seine. Es gibt keine Geheimnisse mehr vor uns.
Keine Mauern. Es gibt nichts mehr, was uns trennt. Ich bin einem
anderen Menschen niemals so nah gewesen und niemals habe ich mich
einem anderen Menschen so schutzlos ausgeliefert. Doch ich weiß,
dass ich mit Kojiro die beste Wahl getroffen habe, die ein Mensch
treffen kann, denn ich habe in seine Seele gesehen... Sie ist mir so
vertraut, als wäre sie ein Teil von meiner eigenen, den ich schon so
lange gesucht habe. Es tut so gut, sie so nahe zu spüren. Es fühlt
sich anders an, als vorhin mit Bjelle. Dort war es Hass, der unsere
Seelen vereinigte, jetzt ist es die Liebe. Das Gefühl zusammen zu
gehören, egal was passiert. Unsere Seelen. Sie sind füreinander
bestimmt. Sie gehören zusammen, wie Schlüssel und Schloss, Sonne und
Mond, Tag und Nacht. Nichts kann ohne den anderen existieren. Ich
fühle mich fast komplett und ich weiß, dass Kojiro genau so fühlt
wie ich. Aber etwas fehlt. Ein kleiner Teil. Das Licht legt sich um
uns. Alles wird hell...
Als ich meine Augen wieder öffne, bin ich weit weg. Ich muss meinen
Körper wieder einmal verlassen haben, denn ich spüre keine Schmerzen
mehr. Kojiro liegt nicht mehr in meinen Armen. Doch ich fühle seine
Nähe, darum habe ich keine Angst vor der Dunkelheit, die mich
umgibt. Die Kraft Kojiros und meiner Seele lässt die Schatten
einfach abprallen. Als ich mich an die Dunkelheit gewöhnt habe, kann
ich den Ort erkennen. Ich bin wieder in meiner Vergangenheit. Aber
etwas hat sich verändert, das spüre ich. Das Haus scheint leer. Wo
ist die kleine Musashi? Ich gehe hinaus in den Garten. Dicke
Schneeflocken fallen vom Himmel. Eine landet auf meiner Hand.
Schneeflocken. Für mich ein Symbol für das Leben, aber auch für den
Tod. Ich habe früher oft im Schnee mit meiner Mutter gespielt. Ich
erinnere mich, wie glücklich ich dann war. Aber der Schnee hat mir
auch meine Mutter genommen, indem er sie unter sich begrub. Leben
und Tod. Liebe und Hass, Licht und Dunkeln es liegt so dicht
beieinander... . Aber warum Schneeflocken? Nachdem meine Mutter
starb, hat es den ganzen Winter nicht mehr geschneit. Die kleine
Musashi sitzt auf einer alten Holzbank. Aber hier stand nie eine
Bank. Überhaupt sieht die ganze Gegend irgendwie anders aus. Ein
kleiner Junge sitzt neben ihr. Kojiro? Das kann gar nicht sein! Ich
habe ihn erst einige Jahre später kennen gelernt. Jetzt bemerke ich
auch den echten Kojiro. Er steht nicht weit von mir. Ich spüre, dass
er genau so verwirt ist wie ich. "Warum weinst du?" Bricht das
kleine Mädchen das Schweigen. Der kleine Junge schaut ungläubig,
dann redet er mit tränenerstickter Stimme "Weil ich so allein bin,
auf der Welt und es niemanden gibt, der mich liebt, oder der sich um
mich sorgt" "Ich bin auch alleine" antwortet das kleine Mädchen und
schaut in die Ferne "Meine Mutter hat versprochen, dass sie
zurückkommt aber.." Man hört deutlich, wie sie schluchzt "Ich
glaube, sie hat mich alleine gelassen". Der kleine Junge steht auf
und geht zu ihr hin "Du bist nicht mehr alleine. Jetzt hast du doch
mich." " Ja und du bist auch nicht mehr alleine, denn du hast mich"
Die beiden Kinder, die so lange Zeit alleine geweint haben lachen.
Sie lachen und fallen sich in die Arme. Sie drücken sich ganz doll
aneinander, so, als glaubten sie, dass sie sich verlieren, sobald
sie sich loslassen. "Wir werden uns niemals alleine lassen, ja? Ich
will einfach nicht mehr zurück in die Dunkelheit..."
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Jetzt verstehe ich es und ich weiß, dass Musashi es auch versteht.
Als ich gestern Musashi betrachtet habe, als sie schlief, war mir
der Gedanke gekommen, dass sie mir helfen kann. Nur sie. Aber ich
wusste nicht wobei. Jetzt weiß ich es. Meine Seele ist an der
Einsamkeit zerbrochen und ein Stückchen ist verlorengegangen. Nur
sie konnte mir helfen, mein verlorenes Stückchen Seele aus der
Dunkelheit zu befreien. Und nur ich konnte ihr helfen, ihrs zu
befreien. Als wir unsere Seelen vereinigten, vereinigten wir auch
unsere verlorenen Stückchen. Wir haben uns in der Einsamkeit
getroffen, jetzt sind wir nicht mehr allein. Ja, es stimmt, ich habe
Musashi leider nicht früher getroffen. Es ist nur symbolisch. Es
sagt mir, dass ich nicht mehr alleine bin und nie wieder sein werde.
Musashi und ich bewegen uns auf die Kinder zu. Immer noch lächelnd,
lösen diese sich aus ihrer Umarmung. Die kleine Musashi läuft mit
offenen Armen auf Musachi zu und der kleine Kojiro auf mich. Ich
fange ihn auf und will ihn in meine Arme nehmen, aber er versinkt in
mir. Ein Teil von mir, den ich längst verloren glaubte, den ich für
tot hielt, ist zu mir zurückgekehrt. Ich kann nicht beschreiben, was
für ein Gefühl das ist. So muss sich ein Schiffsbrüchiger fühlen,
wenn er fast alle Hoffnungen aufgegeben hat und dann, plötzlich, das
rettende Land in Sicht kommt. Auch Musashi hat ihren verlorenen Teil
wiedergefunden. Wir fallen uns in die Arme, so wie es die Kinder
eben noch getan haben. Das Gefühl, es ist so schön, es übersteigt
alle Vorstellungskraft. Ich wünschte, es würde niemals aufhören.
Komplett! Jetzt sind wir endlich komplett. Alles wird gut, egal wie
es ausgeht. Egal ob wir überleben, oder ob wir sterben, denn wir
haben uns für immer gefunden und die Dunkelheit besiegt..... Das
Licht unserer Seelen leuchtet aus uns heraus und es leuchtet noch
viel heller und schöner als vorhin. Es hüllt uns ein, in einen
leuchtenden Ball aus Licht. All die Dunkelheit um uns herum weicht
diesem Licht. Wir schweben wie eine Sternschnuppe am Himmel. Aber
wohin? Und plötzlich weiß ich wohin. Irgendwo in der gigantischen
Dunkelheit fühle ich Bjelles und Tamas Seele. Und ich erinnere mich
an Willis Worte "Nur eine reine, strahlende Seele kann ihre Seele
retten, indem sie sie aus der Finsternis führt. Aber kein Mensch
besitzt eine solche Seele. Jeder hat seine Fehler und undichten
Stellen. Es ist hoffnungslos, niemand kann sie je retten..." Ja, er
hat recht. Kein Mensch kann je eine solche Seele besitzen. Aber
unsere Seelen haben sich vereinigt. Sie ergänzen sich, sie füllen
die Lücken und Fehler der anderen. Ob das gemeint ist? Wir müssen es
versuchen, es ist unsere einzige Chance, sie zu retten. Musashi
führt uns, denn sie kennt den Weg zu Bjelles Seele. Irgendwann kamen
wir bei ihr an. "Was wollt ihr noch?" schrie sie. "Lasst mich
alleine in meiner Dunkelheit". Sie war nicht mehr angefüllt mit
Hass, es war eher wie das Festhalten an etwas, so wie das Flackern
einer Kerze im Wind. "Wir sind hier um dir zu helfen!" höre ich
Musashi rufen. "Ich brauche eure Hilfe nicht! Jeder Mensch ist
allein. Ich habe gedacht, dass du so bist wie ich, Musashi, aber ich
habe mich in dir geirrt, du bist noch viel verlogener als all die
anderen!" "Doch, du hast recht, ich bin wie du. Ich verstehe dich,
denn ich hätte fast den selben Fehler gemacht wie du. Vertraue uns,
es gibt so etwas sie Liebe und Licht in dieser Welt" Wie recht
Musashi hat. "Warum sollte ich euch glauben?" scheit sie. Irre ich
mich, oder glitzern da Tränen in ihren Augen? Jetzt bin ich an der
Reihe "weil Tamar dich gar nicht im Stich gelassen hat!" "Lügner!"
jetzt weint sie wirklich "natürlich hat er mich im Stich gelassen".
Ich schüttel mit dem Kopf "Er hat dich weggeschickt, um dich zu
beschützen. Er wusste, wie aussichtslos die Lage im Schloss war. Er
hat dich losgeschickt, um die zu retten, die er liebt. Er selber hat
versucht, die Feinde aufzuhalten. Er starb schon einige Minuten,
nach dem du das Schloss verlassen hast." "aber.." schluchzte sie
"wenn das stimmen sollte, warum ist er dann die ganzen Jahre nicht
hier gewesen, kannst du mir das erklären?" "Weil du deine Seele
verschlossen hast" antwortete Musashi "du hast nur noch gehasst und
in deinem Wahn nichts anderes mehr wahrgenommen." Musashi schwebt
auf sie zu, ein warmes Licht umgibt sie immer noch. Sie legte
vorsichtig die Hand auf Bjelles Schultern. Bjelle schluchzte und sie
scheint am Ende zu sein. "Sch, es ist gut." tröstet sie Musashi"
Mach dir keine Vorwürfe, alles wird gut. Es ist niemals zu spät, um
sich zu ändern. Glaub ans Licht, dann werden alle Schatten hinter
dich fallen" Bjelle hebt ihren Kopf und schaut in Musashis Augen
"Ja, ich glaube euch, ihr seit wie ich. Euch kann ich vertrauen" Sie
lächelte. Ihre Aura schien sich zu ändern. Sie wurde heller und
freundlicher. Sie besaß wieder die Seele des Mädchens, das sie
einmal war. Auf einmal nehme ich noch eine Seele war. Es ist Tamar,
ich weis es. Jetzt wo Bjelle wieder sie selbst ist, konnte er den
Weg zu ihr finden. Jetzt ist der Augendblick, auf den sie beide seit
200 Jahren gewartet haben. Sie fallen sich in die Arme und weinen.
Worte können nicht ausdrücken, was sie sich zu sagen haben. Musashi
steht wieder dicht neben mir. Ich umarme sie und drücke sie an mich.
Ein Licht scheint auf Bjelle und Tamar. Es ist so friedlich und
klar. Es ist das Licht, was Seelen den Weg in die andere Welt weist.
Ihre Schemen scheinen sich aufzulösen. Sie sehen so glücklich aus
"Danke, ihr beide habt unsere Seelen aus der Dunkelheit gerettet.
Dafür werden wir euch in Ewigkeit dankbar sein." höre ich Tamars
Stimme in meinen Herzen "Ich bewundere euch für euren Mut, eure
Hilfsbereitschaft und euren endlosen Glaube an einander. Aber jetzt
kehrt zurück zu euren Körpern. Wenn ihr noch länger wartet, findet
ihr nicht mehr den Weg zurück! Ihr habt eine Chance zu überleben.
Euer Katzenfreund. Er hat euch nicht im Stich gelassen, er ist auf
dem Weg hier her. Und er hat Hilfe mitgebracht. Ich wünsche euch von
ganzen Herzen, dass ihr es schafft." Bjelles Stimme wurde immer
leiser. Es war nur noch wie das Raunen des Windes. Auch ihre
Konturen wurden immer blasser. Und dann waren sie verschwunden. Ich
war wieder alleine mit Musashi. "Ich kann noch nicht mit dir
zurückkehren. Ich habe noch etwas zu erledigen" höre ich ihre
Stimme. "Ich weiß" antworte ich. Ich wusste es, seit dem Moment, wo
wir unsere Seelen vereinigt haben und mir bewusst wurde, dass die
junge Frau in der Eisgrotte Musashis Mutter ist. "bitte, lass mich
mit gehen "bettel ich, obwohl ich die Antwort bereits kenne "nein,
diesen Weg muss ich alleine gehen. Außerdem wirst du immer bei mit
sein, egal wohin ich gehe" " Aber es ist gefährlich, noch länger
hier zu bleiben..." versuche ich sie zu überzeugen "Ich weiß, aber
wenn ich ihr nicht helfe, wird ihre Seele für alle Zeit verloren
sein und das ist viel schlimmer als der Tod." "Ich weiß, du hast
recht, aber versprich mir, dass du heil wieder zurückkommst" "Man
sollte nichts versprechen, das man vielleicht nicht halten kann.
Aber eins verspreche ich dir. Ich werde immer bei dir sein" Ich
schließe noch einmal meine Arme um sie. Wir schauen uns tief in die
Augen, unsere Lippen berühren sich. Es fühlt sich an, wie ein warmer
Frühlingstag, wenn der Winter kalt und grau war. Oder wie ein
Sonnenstrahl, der einen direkt ins Herz trifft. Dann löst sie sich
sanft aus der Umarmung. Sie lächelt noch einmal, bevor sie davon
schwebt. Ich schaue ihrem Licht so lange nach, bis es verschwunden
ist. Dann suche ich den Weg zurück zu meinen Körper...
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Wieder schwebe ich durch die Dunkelheit. Ich kann nicht weit sehen,
denn das Licht leuchtet nur einige Meter weit. Wenn ich mich
verirre, werde ich den Weg zurück niemals mehr finden. Trotzdem
folge ich meinem Licht. Ich denke über meine Mutter nach. Plötzlich
kommt eine Vision über mich, es ist wie ein kurzes Leuchten, dann
erlischt es wieder. Ich sehe eine junge Frau mit fliederfarbenen
Haar. Sie trägt dicke Wintersachen und wandert durch den Schnee. Es
ist meine Mutter. Ich fühle ihre Gedanken in meinem Herzen. Sie
versucht, einen großen Berg hoch zu steigen. Auf dem Berg ist
irgendetwas. Plötzlich löst sich eine Lawine. Sie rollt direkt auf
sie zu. Sie spürt die Kälte das Schnees und sie weiß, dass sie
sterben wird. Sie weint. Aber sie weint nicht um ihr Schicksal,
sondern sie weint um ihre kleine Tochter, die zu Hause auf sie
wartet. Sie weint darüber, dass sie ihr Versprechen nicht halten
kann und darüber, dass sie die Menschen, die sie liebt nicht
glücklich machen konnte. Dann starb sie. Sie starb unglücklich, weil
sie noch so viel erledigen wollte. Darum hängt ihre Seele zwischen
den Welten fest. "Mama, ich werde dich befrein, das verspreche ich.
Ich werde nicht zu lassen, dass es so endet" schreie ich in die
Dunkelheit. Dann wird alles hell und es ist unheimlich kalt. Ich
öffne meine Augen und ich bin in einer riesigen Eisgrotte. Es ist
die Grotte, die ich in Kojiros Erinnerungen gesehen habe. Ich weiß,
ich bin am Ziel. Ich laufe auf die Säule zu und erblicke sie. Sie
ist genau so schön, wie in meinen Erinnerungen. Ich erinnere mich
daran, wie warm und aufmunternd ihre Stimme klang, wenn sie mit mir
sprach und daran, wie geborgen ich mich in ihren Arm gefühlt habe.
Wenn ich traurig war, hat sie mir immer über mein Haar gestrichen
und mich getröstet. Und jetzt? Jetzt liegt sie begraben unter einer
dicken Eisschicht. All ihre Wärme ist erfroren. "Mama!" ich versuche
das Eis von ihr zu lösen, aber es geht nicht. Es schmilzt auch
nicht, egal was ich versuche. Langsam beginne ich zu verzweifeln.
Ich weiß, dass ich längst zurück sein müsste, aber ich will es nicht
so enden lassen! Wenn ich sie so sehe, dann zerbricht es mir das
Herz. "Mama" schluchze ich "Es tut mir so leid, dass ich dich
gehasst habe..." Tränen laufen mir aus den Augen. Sie laufen über
meine Wangen und tropfen auf Miyamotos Gesicht. Das Eis, es
schmilzt! Die Tränen bringen es zum schmelzen! Miyamoto öffnet
langsam ihre Augen. "Mama, es tut mir so leid" Ich falle ihr
schluchzend in die Arme. Ich fühle, wie ihre Hand durch meine Haare
streicht. "Meine kleine Musashi, bitte weine nicht. Es ist meine
Schuld, ich wollte dich nicht alleine lassen. Bitte verzeih mir".
Auch sie weint. Es tut so gut, meine Mutter wieder zu haben. Ich
hätte nie gedacht, dass ich sie jemals wieder sehen würde. Ich
vergrabe mein Gesicht ganz tief in ihren Armen. Es ist so wie
früher. Dann hebe ich meinen Kopf "Ich verzeihe dir, Mama, wenn du
mir verzeihst" Sie lächelt und drückt mich an sich. Alles Eis in der
Höhle ist verschwunden. Alles ist angenehm warm. Da ist dieses Licht
wieder. Miyamotos Umrisse werden immer heller. Dann fällt mein Blick
auf meine Hände auch meine Shilouette wird immer heller! Nein! Ich
darf noch nicht sterben. Ich habe Kojiro zurückgelassen und ich will
zurück zu ihm. Außerdem gibt es noch so viele Dinge im Leben, die
ich gerne ausprobieren möchte. Ich war noch nie im Herbst am Meer.
Es muss toll sein, wenn einem der Seewind das Haar zerzaust. Und an
so vielen Dingen bin ich immer achtlos vorbei gegangen. Ich will
noch einmal einen Sonnenaufgang sehen, am besten mit Kojiro
zusammen. Und ich will Nyase wieder sehen, mich mit ihm streiten und
wieder vertragen. Es gibt so viele Wunder auf der Welt. Jeder Tag
ist ein Wunder. Das Licht, die Liebe, das Lachen, jedes freundliche
Wort und jedes strahlende Gesicht. Sie alle sind Wunder und jedes
Lebewesen ist ein Wunder. Oh bitte, ich muss zurück, zurück zu
meinen Freunden, zurück zu meinem Leben....
Es ist zu spät. Das Licht hat mich eingehüllt. Es läst mich
vergessen, wer ich bin. Es ist angenehm warm. Ich habe keine Angst
mehr zu sterben. Es ist nicht schlimm..... ich fühle mich zu Seite
gestoßen, hinaus aus dem Licht. Was ist passiert ? Plötzlich kann
ich wieder klar denken. "Musashi ich weiß, dass du noch nicht
sterben willst. Lauf jetzt, versuche deine Chance zu nutzen. Ich
kann dir nichts versprechen, aber ich hoffe, dass du erst in sehr
vielen Jahren diesen Weg wieder gehen wirst und dass du dann aus
vollem Herzen sagen kannst: Ja, es hat sich gelohnt, zu leben"
Miyamoto hat mich aus dem Licht gestoßen. Sie wird immer blasser
"Danke Mama, ich werde es versuchen und noch etwas.. " "beeil dich
Musa-chan" Ich lächel "Ich hab dich lieb" auch sie lächelte bevor
sie verschwindet "Ich habe dich auch lieb.."
Ich bin wieder in der Dunkelheit, wie soll ich den Weg zurück zu
meinem Körper bloß finden?
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Ich fühle mich eingeengt. Fast eingesperrt, wie in einem Käfig. Die
Schmerzen, die von meinem Körper ausgehen sind fast unerträglich.
Trotzdem bin ich froh, meinem Körper überhaupt noch zu spüren. Ich
habe es geschafft, ich bin zurück! Ich lebe. Die Frage ist nur, für
wie lange? Alles tut mir weh und ich fühle mich sehr, sehr schwach.
Wie viel Blut ich wohl verloren habe? Vorsichtig öffne ich meine
Augen, meine eigenen Augen. Es ist, als wenn ein Schleier über ihnen
liegt. Alles scheint verschwommen. Es dauert eine Weile, bis ich
einigermaßen klar sehen kann. Alles scheint unverändert und doch ist
alles anders. Die Aura des Hasses und der Trauer, die auf diesem
Haus lag ist verschwunden. Alles ist still und friedlich. Die Nacht,
draußen, vor den Fenster verliert ihre Sterne an den neubeginnenden
Tag. Im meinen Armen liegt immer noch der Körper des einzigen
Mädchens, das ich liebe. Es ist, als wenn ich einen Engel halte. Sie
sieht absolut friedlich und zufrieden aus. Wie jemand, der seinen
Frieden mit sich und der Welt geschlossen hat. Oh Gott, Musashi!
Bitte las meine Befürchtungen nicht war sein! Lebe! Mit letzter
Kraft versuche ich, ihren Puls zu fühlen, aber ich fühle vergebens.
Ihr Herz hat aufgehört, zu schlagen. Sie hat einfach zu viel Blut
verloren. Für sie würde jede Hilfe zu spät kommen. Das Mädchen, dem
mein Herz gehört ist tot. Aber auch ich werde immer schwächer. Es
geht zu Ende. Ich liege auf dem Boden neben ihr und halte sie dicht
an mich gedrückt. Ich spüre, wie das helle Licht immer näher kommt.
Aber ich habe keine Angst. Musashi ist bei mir und ich weiß, dass
uns nichts trennen kann, noch nicht einmal der Tod.
Auf einmal ist mir, als wenn ein zweites Herz neben meinen schlägt.
Vielleicht bin ich dem Tod einfach zu nahe, so dass ich anfange, zu
fantasieren aber Musashi lebt! Es scheint ihr unheimlich viel Kraft
zu kosten, ihre Augen zu öffnen. Ihre Augen! Sie sind von einem
strahlenderen Blau, als der Ozean und so unheimlich klar, ich kann
bis auf den Grund ihrer Seele schauen. Es sind die Augen einen
neugeborenen Kindes, sie sind so engelsgleich. Wir liegen auf dem
Boden. Ganz nah und schauen uns an. In Gedanken sage ich ihr, wie
glücklich ich bin, dass sie wieder da ist und dass sich mein Leben
gelohnt hat, allein aus dem Grunde, weil ich sie kennen lernen
durfte. Zum Sprechen reicht meine Kraft nicht mehr. "Dein Licht hat
mir den Weg zurück geleuchtet" antwortet sie mir, ohne auch nur ein
Wort zu sagen. "alles wird gut, Kojiro, denn ich liebe dich und ich
glaube daran" unter immensem Kraftaufwand versucht sie zu Lächeln
"Du hast recht Musashi, alles wird gut" lächel ich zurück. Und
draussen geht in den schönsten Farben die Sonne auf ...
Nur du
Nur du bist wie ein Feuer in der Nacht,
und leuchtest mir den Weg durch die Dunkelheit.
Nur du hast den Schlüssel,
um mich aus dem Gefängnis zu befrein.
Nur du öffnest das Tor,
um die Sonne in mein Herz zu lassen.
Nur du bringt den Baum des Lebens zu sprießen,
und gibst mir so das Leben zurück.
Nur du bist das rettende Land,
wenn ich im Meer der Einsamkeit ertrinke.
Nur du bist der Blick
der in mir neue Hoffnung weckt.
Nur du kennst die Worte
die mich retten.
Nur du!
Du bist wie das Licht auf steilen Klippen, wie ein Sonnenaufgang,
Wie der Wind, wie das Lachen, Wie ein Lied, wie der Frühling, wie
das Leben.
und dafür werde ich dich ewig lieben.
By Chaos
PS: nicht vergessen, ich will wissen das ihr von diesen Müll denkt