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World of Faerûn - 5. Staffel

Ghosts Of Apocalypse
von

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Folge 91: Das Netz des Schicksals

Die finale Schlacht gegen den Avatar des Todes hatte ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Trotz zahlreicher Versuche Nerull entscheidend zu Schwächen oder zu besiegen, stand das Avatarwesen noch immer im Vorteil Zwar war Shanes Attacke von Erfolg gekrönt, aber Nerull gelang es abermals seine Verletzungen zu Regenieren, wenn gleich er seine verlorenen Gliedmaßen dieses Mal nachwachsen lassen musste.

„Nein …“, gab Kyren atemlos von sich, denn der kurze Hoffnungsschimmer, den Shanes Einsatz mit sich gebracht hatte, drohte bereits wieder zu erlöschen. Der Schock stand ihr sichtlich ins Gesicht geschrieben, denn so sollte seine Tat ohne nachhaltigen Einsatz ohne Konsequenzen bleiben. Der Halbelf selbst rang mit schier unerträglichen Schmerzen in der Brust. Tränen liefen seine Wangen hinab, seine Atmung war schwer und sein Gesicht verbissen.

Das finstere Wesen schien dem ein Ende bereiten zu wollen und bereitete einen Zauber vor, der Shane beseitigen sollte, doch etwas schien ihm auf einmal davon abzuhalten. Ruckartig ging sein Blick in Richtung Osten, wo sich unerwarteter weise eine weitere Gestalt näherte.
 

Der starke Wind ließ die Robe des Fremden unkontrolliert durch die Gegend fliegen, dessen er sich soeben entledigt hatte. Der Schritt des Mannes war eher ruhig, doch jedes Mal wenn einer seiner Füße den Boden betrat schien es als ob die Erde erbeben wollte. Ein schwarzes, ärmelloses Oberteil war unter der dunklen Robe zum Vorschein gekommen und gab nun nahezu freie Sicht auf den muskulösen Körper des Ankömmlings. Mit seinem Erscheinen schien die Zeit zu erstarren. Es dauerte einen Moment bis Kyren den Mann identifizieren konnte und sie schließlich seinen Namen aussprach. „Diron …“, sagte sie in fast ehrfürchtigen Ton. Er war jemand gewesen den sie als Letztes an diesen Ort vermutet hätte. Sein düsterer Blick war zielgerichtet auf Nerull fixiert, der noch abwartete wer sich dort näherte.

Es waren noch gut fünfzig Meter zum Avatar des Todes bis Diron schließlich stehen blieb. Ohne Worte, ohne eine Geste stieg er ins Kampfgeschehen ein. Seine Muskeln spannten sich an als er mit angewinkelten Armen eine Magie zu entfesseln begann, die Kyren einen tief stechenden Schmerz in den Kopf jagte. Für den Bruchteil einer Sekunde legte sich ein Lichterspektakel um den Körper des Nekromanten.

Kyren vermochte kaum in Worte fassen was geschehen war. Vereinzelte Lichtblitze durchzogen Dirons Körper, kleinere Gesteinsbrocken begannen um ihn herum nach oben zu schweben. „Unglaublich … er muss hunderte von Schutzzaubern gleichzeitig auf sich gelegt haben. Die Luft um ihn herum ist regelrecht elektrisiert.“, kommentierte sie das Geschehene, noch immer etwas benommen vom Kopfschmerz.

„Ich gebe dir exakt fünf Sekunden Zeit um daher zu verschwinden wo du hergekommen bist. Danach werde ich dich töten!“, rief er Nerull entschlossen zu. Wahrscheinlich hätte das Wesen über eine derart anmaßende Drohung gelacht, wäre es in der Lage gewesen solche Empfindungen zu hegen. So blieb es bei einem einfachen Schnauben. Kurzum entledigte sich die Kreatur seiner zerrissenen Kluft, ganz so als wollte es den aufwärts zählenden Nekromanten eine Antwort geben.

„Die Zeit ist um!“, tönte Diron exakt fünf Sekunden später und legte seine Hände in eine Stellung für einen Zauber. Noch fürchtete sich Nerull nicht vor den Konsequenzen, wertete die Situation als eine Art Bluff, doch es unterschätzte seinen Gegner gewaltig. Mystische Worte verließen die Lippen des Nekromanten und formten einen blitzähnlichen Zauber, der zunächst in den Boden tauchte und schließlich seinen Gegner von unten erfasste.

Zum ersten Mal vernahm man einen wehklagelaut der Kreatur, die sichtlich mitgenommen wirkte, nachdem der Zauber getroffen hatte. „Du hast zwar alle Stärken der Elementare, aber auch alle Schwächen!“, fügte Diron einem direkten Faustschlag ins Gesicht hinzu. Fortan verlagerte er alles auf den Faustkampf und schien damit durchaus Erfolg zu haben. Ein heftiger Tritt katapultierte das Wesen in einen Felsen, doch damit, so wusste Diron, würde der Kampf noch nicht gewonnen sein.
 

Trotz der relativ primitiven Denkweise der Kreatur, schien dem Wesen durchaus bewusst zu sein, dass es unterliegen würde. Statt sich mühsam aus den Gesteinsbrocken zu befreien, tat es was nötig war um sich wieder einen Vorteil zu verschaffen.

Zur Überraschung aller löste es den Zauber, den es gegen Jaygoyle angewendet hatte und brachte ihn ins Kampfgeschehen zurück. Anfangs schien er noch etwas desorientiert, merkte aber schnell was mit ihm geschehen war. Er sollte nicht allzu lang Gelegenheit haben sein weiteres Vorgehen zu bedenken, denn kaum hatte er die Umstände realisiert, die zu seinen Verschwinden und Wiederauftauchen geführt hatten, fiel Nerull wie ein dunkler Schatten über ihn her. Wie ein Schleier legte er sich über ihn, der seine Gestalt völlig unter dem Mantel der Dunkelheit verschwinden ließ. Jaygoyle versuchte sich zu wehren, doch es war vergebene Müh. Schließlich formte sich eine neue fremdartige Gestalt aus der erzwungenen Vereinigung, die sogar ein Gesicht hatte. Eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Bodak oder einem Doppelgänger war nicht abzustreiten, doch die Form die dort entstanden war, war sicher weitaus gefährlicher.

Nicht nur die Gestalt Nerulls hatte sich verändert – dadurch dass er sich Jaygoyle einverleibt hatte, schien es auch so etwas wie eine Persönlichkeit hinzugewonnen zu haben. Nun wollte es Rache für die Schmerzen die ihm Dirons Hände zugefügt hatten.
 

Eine Zeit lang standen sich die beiden Gegner abwartend gegenüber, während sich ihre Augen die finstersten Blicke zuwarfen. „Ha, für einen Menschen hast du einige erstaunliche Fähigkeiten.“, tönte eine dämonische Stimme aus der Richtung Nerulls. Kyren war überrascht, hatte sie das Wesen doch noch nie reden hören. Es schien sich auch sekundäre Eigenschaften einverleibt zu haben, was es für sie noch unberechenbarer und gefährlicher machte.

„Mit Schmeicheleien wurde noch nie ein Kampf gewonnen.“, erwiderte Diron ungerührt. Fast zeitgleich stürmten die beiden Kontrahenten schließlich aufeinander los. Ein erbitterter Zweikampf entstand, bei der keiner der beiden wirklich überlegen wirkte. Dirons Technik wirkte akrobatisch, Nerulls dafür umso tödlicher. Der Nekromant erwies sich als wendiger, weshalb es ihm immer wieder gelang einige Treffer zu platzieren. Dieses mal zerfiel Nerull an den Verwundeten stellen nicht zu Rauch, wirkte aber auch nicht so als ob es ihn wirklich schwächen würde. Nach einer Schlagkombination endete der Kampf der Beiden in einer spiegelähnlichen Lage. Beide hatten die rechte Hand um den Hals des Gegners gelegt.

Für Kyren war es ohnehin sehr mutig gewesen dem Avatar des Todes so nah zu kommen, doch Diron schien seine Berührungen nicht zu fürchten. Nerulls Mimik veränderte sich zu der eines zufriedenen Wesens als er seine Hand fest um dessen Hals geschlungen hatte, denn nun, so glaubte er, war der Mensch leichte Beute. Nach kurzen zögern begann er dem Magier die Lebenskräfte auszusaugen, so wie er es bei so vielen Tausenden zuvor bereits getan hatte. Diron schien zu spüren was er tat, doch statt vor Furcht zu erstarren begann er breit zu Grinsen. „Was denn? Glaubt Ihr, Ihr seid das einzige Wesen was dazu in der Lage ist?“, fragte er spöttisch, worauf Nerull geschockt von ihm abließ und einige Schritte zurück torkelte. Entsetzt griff er sich an den Hals als er realisierte das ihm sein Gegner wiederum seine Lebenskräfte entzogen hatte. Diron wirkte von all dem völlig unangetastet, bedankte sich sogar. „Das war sehr erfrischend. Es kommt ja auch nicht alle Tage vor, das man sich göttliche Lebensenergien einverleiben kann.“, kommentierte er das Geschehene und rieb sich nur leicht den Hals.

Dido, der derweil aus seiner Ohnmacht zurückgekehrt war, glaubte nicht was er sah. „Was? Soll das heißen, dieser Typ ist nun noch mächtiger?“, stotterte er, mit zittriger Hand auf den Nekromanten deutend. Selbst für Kyren war es nur schwer vorstellbar, wie mächtig Diron war, denn selbst nachdem sich Nerull Jaygoyle einverleibt hatte, war er noch immer überlegen.
 

Diron erkannte das sich durch die Einverleibung Jaygoyles ein weiterer Vorteil für ihn ergeben hatte, denn die Persönlichkeit die Nerull nun angenommen hatte, ließ Wut und Hass zu. In diesen Kampf war ein klarer Kopf siegentscheidend und eben diese Eigenschaft schien die Kreatur gerade zu verlieren, so wutentbrannt wie er aufschrie. „Das werdet Ihr bereuen!“, fauchte der Avatar sichtlich erzürnt und sammelte all seine Kräfte zum alles entscheidenden Angriff.

Als Kyren sah das Diron einen Schutzschild um sich herum heraufbeschwor, ahnte sie das es recht gefährlich werden würde, wenn man an Ort und Stelle blieb. Hektisch beschwor auch sie einen Schutzzauber, der sich wie eine Glaskugel um, Shane, sie und Dido legte.

Decan hingegen hatte eine bessere Idee als sich einfach nur zu schützen und nahm die Phase der Heraufbeschwörung wahr um einen Gegenangriff zu starten. Obwohl er schon am Ende seiner Kräfte war, gelang es ihm ein weiteres Mal eines seiner Katanas mit einer Lichtklinge auszustatten.

Diron bemerkte zu spät was der Gotteskrieger vorhatte, denn er wusste um die Gefahr seiner Aktion. „Nein!“, rief er ihm mahnend zu, doch da teilte dessen Klinge das Avatarwesen im Hüftbereich bereits in zwei Teile. „Der Zauber wird außer Kontrolle geraten!“, schrie er aufgeregt und tat sein Möglichstes um eine totale Katastrophe zu verhindern. In der Hoffnung noch ein paar Sekunden zu haben um die Sache zu entschärfen ging er zum direkten Angriff auf den Entzweifallenden Nerull zu, doch auch er konnte nicht mehr verhindern, das eine riesige, schwarze Kugel aus Magie sich binnen hundertstel Sekunden aufbaute und schließlich explodierte. Die Zerstörung die Folge, nahm ein immenses Ausmaß an. Selbst Kyrens Schutzkugel brach wie Glas unter der Wucht, der feindlichen Magie. Eine heftige Druckwelle schleuderte die Abenteurer regelrecht davon, denen es nur mit Mühe gelang, irgendwo halt zu finden.
 

Kyren war überrascht angesichts der Explosion so glimpflich davon gekommen zu sein, doch als man wieder aufsah, entdeckte man den Grund dafür. Diron hatte einen magischen Schutzwall um das zentrale Kampfgebiet gelegt und so größere Schäden eingedämmt. Die Folgen waren dennoch unübersehbar. Ein Regen aus verbrannter Erde rieselte wie Schnee vom Himmel hinab. Der Boden selbst hatte sich zu einer unwirklich Landschaft geformt. Dirons Barriere war derweil nicht von langer Dauer und bröckelte wenige Sekunden später. Darunter legte sich eine Staubwolke nieder, die durch die Explosion aufgewirbelt wurde. Für einen Moment herrschte eine gespenstische Stille am Ort des Kampfgeschehens. Weder Diron noch Nerull waren zu sehen. Lediglich Decan kniete mit verkrampfter Miene in respektabler Entfernung, nur unweit von Salina und Baram entfernt, die regungslos am Boden lagen. „Ist es vorbei?“, fragte Dido zögerlich und näherte sich Kyren an. Seine Frage sollte eine Antwort erhalten als Nerulls Hand auf einmal aus den Boden schoss. Es musste Nerulls Hand sein, denn sie hatte nur drei Finger und hatte eine ungesunde graue Hautfarbe. Noch bevor sich der Rest des Körpers aus der Erde grub, erschien auch Diron durch eine Teleportationsfeld, ganz in der Nähe von Nerull. Er bluetete an der Stirn und aus seinen linken Arm, ragte ein Knochen heraus. Er war sichtlich angeschlagen, während Nerull praktisch unversehrt aus der Erde kroch. Als dieser realisierte war Geschehen war, begann er gönnerhaft zu lachen und wagte es sich bereits als Sieger zu sehen. Dennoch war es Kyren, die als erste die Lage kommentierte. „Oh, nein, mit diesem Arm kann er doch unmöglich weiter kämpfen.“, meinte sie besorgt, sich erschrocken die Hände vor den Mund haltend.

„Sieht so aus als wäre es vorbei, Mensch. In Anbetracht Eurer Verletzung würde ich sagen, das Ihr es nicht mehr lange macht.“, spottete Nerull, doch Diron wirkte dem entschlossen entgegen. „So? Ihr stört Euch an meinem Arm? Wenn das alles ist …“, erwiderte er nüchtern und griff sich mit der rechten Hand an den linken Oberarm. Nerull traute seinen Augen nicht als sein Gegner sich bei vollem Bewusstsein seinen verwundeten Arm einfach abriss und beiseite warf. Kyrens Augen weiteten sich vor Schock, so unfassbar war das was geschehen war. Einen Moment spritze noch Blut aus der linken Schulter des Nekromanten, der mit einem langen Schrei eine Magie auf seine Wunde ansetzte, die diesen Makel reinigen würde. Binnen eines Wimpernschlags schoss ein neuer Arm aus der linken Schulter des Magiers, genauso muskulös und genauso gebaut, wie der vorherige.
 

Nicht nur Nerull fehlten die Worte und Dido suchte ein weiteres Mal die Ohnmacht. Selbstbewusst und so als nichts gewesen wese, prüfte Diron noch einmal sein nachgewachsenes Körperteil. „Wenn man die Mächte von Mesa richtig einsetzt, können Sie ganz nützlich sein.“, meinte Diron nebenbei, bevor er sich wieder seinem eigentlichen Problem zuwendete. „Unmöglich!“, gab Nerull verdutzt von sich. Kyren bekam ihren staunenden Mund fast gar nicht mehr geschlossen, denn solch eine Regenerationsfähigkeit kannte sie bis dato nur von Trollen.

„Es wird Zeit dem hier ein Ende zu setzten.“, tönte Diron nüchtern und brachte seine Hände für einen weiteren Zauber in Stellung. Bevor Nerull überhaupt wusste wie ihm geschah, strahlte ein mystische Rune rot am Boden um ihn herum auf. Hunderttausende von magischen Streufeuern begannen aus der den Runesymbolen empor zu sprießen und prasselten auf das Avatarwesen ein. Mit jedem Treffer begann er mehr und mehr hell aufzuleuchten, bis er schließlich explodierte. Die Wucht der Explosion schleuderte schließlich sogar eine Gestalt hervor, die bereits verloren geglaubt war. Jaygoyle landete unsanft, Abseits vom Kampfgeschehen, womit Diron seinen Gegner entscheidend geschwächt hatte. Was übrig blieb war die Gestalt, die schon seit einiger Zeit auf Erden wandelte. Obwohl sein Ego sich langsam verflüchtigte rang es sich noch ein paar letzte Worte heraus. „Nein, unmöglich. Die Apokalypse kann nicht gestoppt werden!“, ächzte das Wesen, sichtlich geschwächt. „Weder die Götter, noch das Schicksal schreiben mir vor, was der nächste Tag bringen wird. Ihr seid nicht mehr als ein Unfall den, ich zu beseitigen habe.“, entgegnete der Nekromant streng und ging zum finalen Angriff über. Ein letzter Zauber sollte die Schlacht zu seinen Gunsten entscheiden. Ein Wirbel aus bunten magischen Strömen schoss aus seinen Händen und erfasste das Avatarwesen. Ein wildes Farbenspiel umschlang Nerulls Körper und drang immer wieder durch den selbigen hindurch. Es dauerte nur wenige Sekunden, da zerbrach seine Hülle in gleißenden Licht unter ohrenbetäubenden Lärm. Dem folgte eine gewaltige Lichtsäule, die weit in den Himmel ragte und schließlich wieder erlosch. Was blieb war der niederfallende Körper seines einstigen Herrn, samt der Mächte seiner Brüder, die in Form verschiedenenfarbiger Kugeln um ihn herum schwebten. Fast automatisch, wenn auch langsam, schwebten diese auf Kyren zu, wo sie bereit waren sich von der Brosche versiegeln zu lassen. Nur zaghaft, noch immer fassungslos vom Geschehenen nahm sie die Brosche hervor und ließ die Mächte hinein fließen. Schließlich löste sich auch der Körper vom Herrn der Untoten in eine Lichtkugel auf und gesellte sich zu den anderen. Wortlos nahm die Elfin auch diese Elementarmacht in empfang, denn nach all den Geschehnissen wusste sie nicht ob es damit vorbei war.
 

Dirons Aufgabe war erfüllt und dennoch blieb er um sich einer letzten Sache zu widmen. Gemächlich näherte er sich Shane, der kaum in der Lage war zu ihm aufzusehen. Krampfhaft hielt er sich das Herz und atmete als ob er keine Luft bekäme. „Es ist wirklich beeindruckend das du es geschafft hast aus eigenen Willen meinen Zauber zu brechen. Dennoch bist du eine Gefahr für dich und jene die dir Nahe stehen. Ich werde dich an einen Ort verbannen, wo du niemanden mehr Schaden zufügen kannst …. Sen Chun!“, wirkte er streng auf ihn ein, laut genug das es auch Kyren hören konnte. Auf einmal begann alles Sinn zu machen, wenn gleich sie sich nicht erklären konnte, wie Bhaals dunkle Seite noch immer in ihm existieren konnte. So viele Gedanken durchströmten sie, doch als sie einschreiten wollte, war ihr Körper wie gelähmt. Ihre viele Magie hatte sie ihrer Kräfte beraubt, so dass sie gezwungen war, zuzusehen als Diron seine Hand gegen Shane erhob.

Obwohl er so viel Schmerzen hatte, das er kaum sprechen konnte, rang er sich ein paar letzte Worte heraus, gerade noch laut genug, das der Nekromant sie vernehmen konnte. „Sag ihr bitte … sag ihr bitte das ich … sie …“, wisperte er mit letzter Kraft und obwohl ihm die Stimme versagte, verstand Diron was der letzte Wunsch des Halbelfen war. Er zögerte seinen Zauber ein-zwei Sekunden heraus, die er nutzte um zu dem Elfenmädchen zu sehen, das mit weinerlichem Blick zu ihm herüber sah. Ihr entsetzter Schrei konnte jedoch auch nicht verhindern, dass er seine Magie auf Shane wirken ließ und er in einem violetten Lichtstrahl aus Magie verschwand. „Nein! Shane! SHANE!“, kreischte Kyren panisch und kroch unter Tränen in seine Richtung, auch wenn es längst zu spät war. Dido, abermals aus der Ohnmacht erwacht, wurde blass im Gesicht. Decans Mimik erstarrte, vor Schock und Hilflosigkeit.

Ein letztes Mal wendete sich Diron nach vollbrachter Tat den Abenteurern zu. „Wir werden uns nie wieder sehen.“, sagte er und rief sich ein Portal herbei, durch das er schließlich verschwand, ohne eine Erklärung für all seine Taten zurück zu lassen.

Endlose Tränen traten aus den Augen der Elfenmagierin. Immer wieder schlug sie auf den Boden um den Schmerz in ihrem Herzen zu mildern. Sie konnte nicht glauben, dass Shane aus ihrem Leben gerissen wurde. Nicht einmal der Sieg über Nerull und die Rettung Faerûns vermochten sie zu trösten. Nur zu gerne hätte sie die Brosche in ihrer rechten Hand gegen das Leben ihres Freundes eingetauscht, doch sie fühlte sich so machtlos wie nie zuvor. Ein Gefühl tiefer Leere durchströmte ihr Herz und obwohl die Schlacht gewonnen war, fühlte sie keine Freude darüber.
 

Das Spektakel war vorbei und der Weiße Falke schien recht amüsiert über den Ausgang des Kampfes. „Wie unterhaltsam. Unterhaltsam und interessant. Den Halbelfen hat eine Böse Seele inne gewohnt.“, dachte er laut vor sich hin und erhob sich von seiner Position. Ein kurzer Blick nach links verriet ihm, dass er Gesellschaft bekommen hatte. „Wie schön dass du dich so gut amüsiert hast. Aber ich werde nun auf meiner Rache sitzen bleiben!“, nörgelte Jaygoyle in menschlicher Form aus entsprechender Richtung. Gelassen klopfte der Meisterdieb seine Kleidung sauber und sah noch einmal zum zerklüfteten Schlachtfeld hinaus. „Weißt du, man bekommt nicht immer das was man verdient …“, entgegnete er ihm mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Noch bevor Jaygoyle genauer über diese Worte nachdenken konnte, verschwand der Mann in Weiß wie eine Fata Morgana und ließ ihn allein zurück. Schnaufend wendete er sich ab und entschied sich das Areal über ein Portal zu verlassen.
 

Währenddessen traf Diron in seinen Hallen ein, wo sein einstiger Meister bereits auf ihn wartete. Sein Blick war finster, denn er wollte keine weiteren unangenehmen Überraschungen mehr erleben. Unter seiner Priesterlichen Tracht zog Adrian ein kleines Fläschchen hervor in dem sich eine grünliche, durchsichtige Flüssigkeit befand. „Das hast du gut gemacht. Hier, es sollte seine Wirkung nicht verfehlen.“, meinte er und warf es ihm zu. Diron fing es ohne größere Probleme mit einer Hand auf, doch dies stellte ihm keineswegs zufrieden. „Wo ist sie?!“, fragte er streng. „Sie ist in deinem Zimmer und schläft wie ein Engel.“, antwortete er mit einem einladenden Lächeln.

Als er kurz darauf sein Gemach betrat, glaubte er für einen Augenblick das ihm die Luft zum atmen fehlen würde, so sehr traf ihn der Anblick des Kindes, das friedlich in seinem Bett schlummerte. Das verhüllte Mädchen, wachte über sie und schien erfreut als sie Dirons Gesicht sah. Nur zögerlich, hoffend dass es kein Traum war, näherte er sich dem Bett. „Es geht ihr gut. In ein paar Stunden wird sie aufwachen und sich an nichts erinnern können.“, meinte sie. Wie entkräftet ging Diron vor dem schlafenden Mädchen in die Knie. Seine Pupillen zitterten vor Aufregung als er sah wie sie atmete. Sie war ganz und gar menschlich, so wie er sie in Erinnerung hatte. Adrian hatte sein Versprechen gehalten.

Alles was nun noch zu tun blieb war, die grünliche Flüssigkeit zu sich zu nehmen. „Bist du dir wirklich sicher?“, tönte es auf einmal hinter ihm hervor als er das Fläschchen öffnete. Adrian wollte ihn mit dieser Frage nicht von seiner Tat abhalten, aber er wollte verhindern dass er, von Emotionen getrieben, überstürzt handelte.

„Ich weiß das meine Hände mit Blut besudelt sind und nichts von dem was ich getan habe, ist je wieder gut zu machen. Ich habe jedes erdenkliche Opfer in Kauf genommen, dem Schicksal das mir die Götter auferlegt haben, die Stirn geboten. Das alles soll nicht umsonst gewesen sein. Ich bin entschlossen auch den letzten Schritt zu gehen.“, erwiderte er mit nüchterner Stimme und nahm den Trank zu sich.

Er wusste dass der Trank nicht sofort wirken würde und wendete sich Adrian ein letztes Mal zu. „Mein Gedächtnis – löscht es!“, sagte er, weniger Bittend als Fordernd. Adrian entglitt ein kurzes Schmunzeln, ganz so als ob er damit gerechnet hatte, dass der Magier das sagen würde. Unter den Augen des verhüllten Mädchens schritt er zur Tat und legte seine Hand auf dessen Stirn. Obwohl es nicht erkennbar war das er einen Zauber gewirkt hatte, brach Diron Sekunden später bewusstlos zusammen.

Die Mimik des mächtigen Zauberers war in Nachdenklichkeit versunken. „Meister Adrian … Also glaubt Ihr, dass Diron ein guter Mensch ist?“, fragte die verhüllte Beobachterin. „Er hätte das mächtigste Wesen auf dieser Welt werden können, aber hat alles für einen einzigen Menschen aufgegeben.“, antwortete er nickend. Noch einmal blickten die beiden auf das schlafende Kind. Schließlich wendete sich Adrian ab. „Tu mir den Gefallen und bring die beiden zurück nach Hause.“, wies er sie an und ließ sie allein in Dirons Gemach zurück. Für Adrian selbst, stand nun eine völlig neue Welt offen und es gab noch immer viel zu entdecken und viel zu erreichen.
 

Betrübt lag Kyren vier Abende später in ihrem Bett, weit ab vom letzten Kampfschauplatz, in ihrer Heimat Suldanessalar. Sie trug noch einige kleinere Verbände um ihre Schulter und Arme. Insgesamt hatte sie die Schlacht gegen Nerull aber recht gut überstanden. Sie hatte kaum gegessen und geschlafen, starrte einfach nur vor sich hin. Der Gedanke Shane verloren zu haben, ihn durch die Hand des Nekromanten sterben zu sehen, wich einfach nicht aus ihren Kopf. Sie versuchte an ihre Gefährten zu denken. Salina hatte in Suldanessalar ein neues Zuhause gefunden. Glücklicherweise konnten die meisten ihrer Wunden durch elfische Heilmagie gepflegt werden. Baram war sogar bereits wieder aufgebrochen und berichtete nun stolz in den Schänken von Amn, von seiner großen Reise, die seine Schmach überdecken sollte, welche er durch den Meisterdieb 1-1-2 erlitten hatte. Er nahm seine Wunden wie ein Zwerg, humpelte zwar noch etwas, war aber hart im Nehmen, wie die meisten seiner Rasse. Dido Fortune war seither verschwunden, wenn gleich Atrix jeden Abend seufzend vor ihrer Tür saß und hoffte das sie mit einer etwas fröhlicheren Miene herauskommen würde. Decan war direkt nach der Schlacht gegangen. Er sah seine Mission wohl als erfüllt oder aber die Götter hatten ihn wieder zu sich genommen. Sie alle hatten überlebt, doch so sehr es sie auch freute, es tröstete sie nicht über den Schmerz in ihrem Herzen hinweg. „Er fehlt mir so sehr.“, schluchzte sie leise vor sich hin, während eine Träne an ihrer Wange hinab lief.

Ein Geräusch ließ sie aus ihren Gedanken aufschrecken, doch als sie sich umblickte, sah sie nur, wie ihre Vorhänge durch einen Windstoß in ihr Zimmer geblasen wurden. „Ist da jemand?“, fragte sie zögerlich und stieg aus ihrem Bett. Ihre nackten Füße tapsten auf den kalten Boden ihres Zimmers in Richtung Balkon, von wo sie glaubte das Geräusch vernommen zu haben. Sie war überrascht Decan dort auf dem Brüstungsgeländer sitzen zu sehen, hatte er sich doch nicht einmal verabschiedet. „Decan? Was machst du hier?“, fragte sie verwundert. Es dauerte lange bis er die Worte fand, die einer Antwort genügten. „Dieser Nekromant - Diron X’elsion – hat vor langer Zeit das Mädchen verloren das er über alles geliebt hat. Er war noch ein Kind und nicht fähig sie wieder zu erwecken und dennoch gelang es ihm, sie als untotes Wesen wieder auferstehen zu lassen. Leider war sie nur eine Hülle, zu keinem menschlichen Gedanken fähig. Eine Gruppe Menschen tötete das Mädchen, weil sie in ihrem untoten Wesen eine Gefahr sahen. Seither gelang es Diron nicht sie als Mensch wieder zu erwecken. Er hat jede erdenkliche Schandtat begangen um dieses Mädchen zurück zu gewinnen und auch wenn seine Taten nicht edel waren ….“, erzählte er, bevor er von Kyren unterbrochen wurde. „Warum … warum erzählst du mir das?!“, fragte sie leicht verwirrt, aber auch etwas verstimmt. „Ich erzähle dir das, weil ich glaube dass Diron kein schlechter Mensch war.“, erwiderte er, den direkten Blickkontakt mit dem Elfenmädchen suchend. Sie war es gewohnt in seinen Augen eine kalte, gefühlstote Seele zu sehen, doch dieses Mal sah sie etwas anderes darin, dass keine Worte mehr bedurfte. „Was …“, stotterte sie atemlos, denn sie war sich nicht sicher ob sie seine Botschaft verstanden hatte. „Es war mir eine Ehre mit euch zu kämpfen.“, sagte er und hob die Hand zum Abschied. Die Stimme der Elfin war wie betäubt, während sich die Konturen des Gotteskriegers wie ein flüchtiger Nebel auflösten. Wieder sollte eine Träne, den Weg an ihrer Wange herunter finden, doch dieses Mal war sie von Hoffnung geprägt.



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