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Kurzgeschichten

das, was ich in ruhigen Minuten fabriziere
von

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Vorweihnachtsabend

Ich renne, muss mich beeilen. Viel Zeit bleibt mir nicht mehr, bis ich da sein muss. Überall hängt Wäsche auf den Leinen, die von Haus zu Haus gespannt sind... ich beachte sie kaum. Wie Farbschlieren nehme ich sie wahr, rot, braun, grün. Sie gehen ineinander über, verschmelzen zu einem bunten Himmel, unter dem ich durchrenne.

Schnell.

Händler kreuzen meinen Weg, in ihren Körben verschiedenste Dinge, die sie zum Verkauf anbieten. Die sie auch mir anbieten, aber was ich brauche habe ich schon. Glatt liegt es in meiner Hand, ein Rest Wasser gluckert im Inneren.

Ich darf es mir nicht ausmalen, darf nicht einmal daran denken, was passiert wenn ich zu spät komme. Ich weiß, du würdest sagen dass es nicht so schlimm ist. Aber heute, heute will ich um jeden Preis nochmal bei dir sein. Bevor du zurückgehst. Zurück in deine Welt, in ein Land, in dem Winter herrscht, Nässe und Kälte.

Das Hotel kommt in Sicht. Ich bemerke ein leichtes Stechen in der Seite, aber ich ignoriere es. Mein Ziel ist so nah, ich darf nicht aufgeben. Nur am Rande bemerke ich, dass mir die vom Salzwasser getränkten Hosenbeine hart gegen die Waden schlagen. Die Straße scheint immer länger zu werden, aber du bist noch da, ich kann es fühlen. Und das ist schließlich die Hauptsache.

Und dann, als ich nur noch wenige Meter vom Eingang entfernt bin, sehe ich dich. Du willst gerade in ein Auto steigen, ich rufe dir zu. Renne so schnell ich nur kann. Mein Atem geht pfeifend, aber immerhin: Du hast mich gehört, wartest. Als ich stehen bleibe, habe ich das Gefühl umzufallen, meine Beine scheinen mir nicht mehr gehorchen zu wollen. Strahlend und glücklich darüber, dich noch erreicht zu haben, drücke ich dir mein Geschenk in die Hand, gerade noch rechtzeitig. Jemand, den ich nicht kenne, schiebt dich bestimmt in das Wageninnere. Mir bleibt nichts anderes übrig als hinter dir her zu winken, einem kleiner werdenden Menschen, der auf dem Rücksitz eines teuren Autos ungläubig auf eine Muschel starrt.
 

Nein, traurig bin ich nicht, dass du weg bist. Schade nur, dass ich dein Gesicht nicht sehen kann, wenn du aufwachst. Wenn du die Muschel siehst und dich fragst, wie sie in deine Hand kam. Außerdem, wer weiß? Vielleicht sehen wir uns wiedern, nächste Nacht?

Ich setze mich auf die Hoteltreppe, genieße die letzten Strahlen der Sonne, die hier gerade untergeht. Innerlich bin ich mir schon fast sicher, dass du wiederkommst.

Die schönsten Träume hat man schließlich immer zweimal im Leben.
 

Morgen ist Weihnachten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Schreiberliene
2009-07-14T03:15:34+00:00 14.07.2009 05:15
Hallo,

ich mag deinen Stil recht gerne; die Wiederholungen und herausgestellten Worte erschaffen eine Atmosphäre, die gut zu deiner Geschichte passt. Als Leser fiebere ich mit und möchte wissen, ob der Unbekannte es schafft und rechtzeitig ankommt.

Inhaltlich war ich nach dem letzten Satz zuerst etwas verwirrt, bis mir klar wurde, dass er sich nicht darauf bezog, dass das Ich geträumt hat, sonder vielmehr darauf, dass das Ich der Traum war...
Das hat mir sehr gut gefallen, die Idee hat etwas rührendes. Auch die Muschel, die offensichtlich aus dem Traumland mitgenommen werden kann, ist ein schönes Detail und verleiht dem Geschehen etwas märchenhaftes.

Mir hat es wirklich gut gefallen - diesmal hält sich die Verstörung also in Grenzen.

Ein paar Fehler sind mir zu Anfang aufgefallen; muss ist einmal unschön wiederholt, "Vielleicht sehen wir uns wiedern, nächste Nacht?" <--- hier ist das "n" zuviel und gerade am Anfang könnte man noch etwas aufmerksamer drüberlesen.

Wirklich viel Kritisches fällt mir momentan nicht ein; mal sehen, ob sich das ändert, wenn ich irgendwann ein paar längere Werke von dir lese.

Alles Gute,

Anna

~present for you~
Von: abgemeldet
2009-05-21T15:17:03+00:00 21.05.2009 17:17
Hat mir sehr gut gefallen ^-^

Ich mag deine Art Dinge zu umschreiben, sie ist sehr angenehm.

Nur habe ich nicht verstanden wer die Protagonisten waren, aber das wurde ja auch kaum umschrieben (was ja nicht unbedingt schlecht sein muss)xD

Ich finde da kann sich jeder seinen Teil dazu denken, mir gefällt das XD

Also, entschuldige diesen kurzen Komentar der keine Kritik beinhaltet xD

lg, andoa-chan

~a present for you~


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