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To be forgiven

Zeig mir das Licht
von

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SOS

Was brachte es ihr Jami zu bestrafen? Das würde ihn auch nicht wieder lebendig machen, also ließ sie Jami ziehen, ohne auf irgendwelche Mordgedanken zu kommen, die ihn betrafen... Nein, anderes kam in ihrem Sinn auf.
 

Dieses Leben, wenn man es so nennen konnte, hatte sie satt. Es hatte etwas von da sein, aber auch nicht. Sie fühlte sich schon seit langem nicht mehr vollständig, oder gar glücklich. Nur für einen Moment hatte man ihr das gegönnt, und sie war ihm dankbar, dass er seinen Mund aufgemacht hatte – zwar im letzten Moment, aber so kam es ihr wenigstens nicht ganz so schrecklich vor. Natürlich war es eine Tragödie, die sie durchlebte – sie hatte schließlich die letzten Jahre so etwas wie Liebe nicht erfahren, aus purer Angst, Außenstehende mit hinein zu ziehen. Innerhalb dieser Organisation gab es nicht wirklich normale Männer und sie mochte eigentlich nichts mehr, als Männer, die ein weiches Herz hatten. Leider waren diese stets auf eine gewisse Weise oft enttäuscht worden, aber sie hatten sie auch immer verstanden – wie sie sich fühlte nach einem Dutzend enttäuschter Liebeleien. Die meisten waren einfach nur gute Freunde, mit denen sie sich gut verstand, aber diese so genannten Freunde waren ihr heilig. Und keinem von ihnen sollte etwas zustoßen. Aber ohne Freunde, das war kein Leben, sie hatte sich so oft gesagt, es wäre besser, wenn sie niemanden zu nah an sich ranließ – das hatte sie auch die ganze Zeit gelebt, nun stellte sie fest, dass es rein gar nichts gebracht hatte. Sie hatte trotzdem nicht einen weiteren Toten verhindern können. Und Jami lachte nun bestimmt wieder über sie, er lachte über alle, die auch nur ansatzweise ein Herz besaßen, er lachte im Grunde doch sogar über Kir, obwohl er sie angeblich so sehr verehrte, dass er sie wahrscheinlich auf der Stelle geheiratet hätte.

Es herrschte Stille und es war sehr dunkel, ihre Tränen waren daher ein einziges Zucken ihres Körpers, den Geräuschen zufolge weinte sie bitterlich. Es war niemand in der Nähe, der ihr hätte Trost spenden können. Sie wünschte, nicht mehr hier zu sein, es war so schrecklich. Wie konnte man ihr so was auch noch antun? Jami gab sich wohl ordentliche Mühe, dass sie verzweifelte und unglücklich war – kein Wunder, er hasste ja die Polizei und sie gehörte auf gewisse Weise eben einfach zu dieser. Ihre Eltern, ihre Geschwister, alle waren sie Polizisten. Ihre Familie zu zerstören hatte ihm ja auch große Freude bereitet, oder? Irgendwann würde er dann auch noch ihren Bruder, der ihr als einziger geblieben war, ermorden, sie traute ihm alles zu, er schien sie abgrundtief zu hassen, weil sie ihn abgewiesen hatte.

Sie fühlte sich wie erfroren in einem tiefen Abgrund, aus welchem es kein Entrinnen gab.

Kimiko wollte nicht mehr so leben, es war alles so aussichtslos. Wahrscheinlich würde alles erst enden, wenn Jami alle ihre Freunde und ihren Bruder ermordet hatte, ja, dann war er vielleicht zufrieden. Warum konnte er nicht unter den Toten sein, die innerhalb der Organisation stets fielen? Warum überlebte er alles? Wieso hatte dieser Mensch so viel Macht?

Die 22-jährige hatte sich mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt, als ihr fast direkt vor den Füßen etwas auffiel, womit sie nun gar nicht rechnete. Man konnte sie kaum sehen, aber sie hatte das Glück den Gegendstand zu entdecken. Er war voller Blut, was sie aber nicht davon abhalten konnte, danach zu greifen. Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie so etwas in den Händen hielt, sie hatte Waffen immer gehasst, aber das musste wohl die Tatwaffe sein. Sie wusste nicht, was sie damit anrichtete, als sie diese Waffe an sich nahm, ihr Verstand war fast komplett ausgeschaltet. Sie hatte jemanden verloren und freute sich über die Waffe, ja, sie freute sich sehr über sie, sie kam wie gerufen… Gott wollte jetzt sicher, dass sie es beendete, dass sie aufhörte, sich zu quälen. Vielleicht wollte er sie auch wieder vereinen, an einem Ort, wo sie weniger Pech haben würden, als hier…

Das Handy rausholend, tippte sie eine für ihre Verhältnisse lange SMS an eine sehr gute Freundin, die ihr oft zugehört hatte, sie wollte sie nicht im Unklaren lassen, auch wenn es wehtat, andere zu verletzen. Sie hatte IHN ja nicht verloren, sie hatte noch eine Zukunft, sie hoffte es wirklich für ihre Freundin, dass es ihr nicht genauso ergehen würde.
 

I don't wanna hear the bad news when I was a little girl

In front of the mirror I couldn't understand a thing

There were tears falling down my cheeks no matter

How much, I washed my face, I couldn't wash my soul.
 

I should have hold on to him tight

I wanted to hold him back so he wouldn't leave
 

A frozen rose that has lost it's love

Only the memories of you dye her into red

Stays there waiting to melt away

The petals scatter like glass tears
 

I really I'll forgive you if you're afraid of me

I wanna be hold so tight that I can't breath

Save me from my loneliness

If it was possible I shouldn't have meet you


 

Hiroya umgriff seine Waffe fester, er wollte auf alles gefasst sein, das musste er schließlich, wenn er nicht einmal hinterrücks von jemandem erschossen werden wollte. Auf seinem Weg begegnete er Jamis Opfern, er konnte kaum hinsehen, es war schrecklich, wieso hatte er sich von Juro überreden lassen, sich nicht in diese Sache einzumischen? Weil sie gefährlich war?
 

Katori war gerade bei einer Freundin, als ihr Handy vibrierte und sie es rausholte, um zu gucken, wer ihr geschrieben hatte. Es konnte ja sein, dass jemand sie dringend brauchte, das kam nun wirklich nicht selten vor, dass jemand von ihnen in Gefahr schwebte. Und heute war in der Stadt jedenfalls der Teufel los, man sah es in den Nachrichten, was vorgefallen war. Sie hoffte ja, dass sich jemand meldete, mit guten Nachrichten. Von Sêiichî wusste sie, was mit Yuichi passiert war, sie war sogar schon im Krankenhaus aufgetaucht, wo Rena sie allerdings nicht haben wollte, sie würde nur alle noch verrückter machen, hatte sie gesagt. Cencibel solle sich um sie kümmern… Wieso mussten sich eigentlich immer alle um sie kümmern? Sie wollte wissen, wie es Yuichi ging und zwar als erste, aber keiner wollte ihr etwas sagen, alle schwiegen sie.

Als Katori dann aber Kimis Nachricht las, wurde sie bleich, Shannen guckte sie schief an und fragte sie dann, ob es ihr gut ging.

„Ich will… jetzt nicht reden…“ Ohne sich aufhalten zu lassen, nahm sie sich ihre Jacke und verschwand aus dem Haus raus, natürlich lief ihr Shannen nach, die den Auftrag hatte, auf sie Acht zu geben.

„Keine Angst, ich fahr nicht zu Yuichi, außerdem bin ich sehr wohl in der Lage, auf mich selbst Acht zu geben! Du hältst mich jedenfalls nicht auf!“

Sie war ins Auto gestiegen und davon gebrettert, als sei der Teufel hinter ihr her. Und obwohl es verboten war, telefonierte sie im Auto, oder zumindest versuchte sie es. In der SMS hatte gestanden, dass alles vorbei war, dass Jami ihr den liebsten Menschen nun auch noch weggenommen hatte, dass es kein Zurück gab, und sie keinen Ausweg mehr aus dieser Situation fand, da sie schon viel zu tief mit drin hing. Sie dankte ihr für ihre Freundschaft und dass sie die ganze Zeit über für sie da gewesen war… Und doch konnte ihn niemand ersetzen. Sie solle nicht traurig darüber sein, sie würde ihren Frieden nun endlich finden…

Wie konnte sie denn nur daran denken? Katori wusste natürlich, dass sie immer Angst davor gehabt hatte, dass man zu viel über sie herausfand, vor allem Jami, dass er dann die richtigen Leute angriff, um ihr zu schaden, da sie aufgemuckt hatte und nun war dieser Fall also eingetreten. Was hatte den Mistkerl geritten? Wieso hatte er IHN nicht wenigstens zufrieden lassen können? Katori wusste schon seit langem, dass SIE ihn liebte. Warum ausgerechnet er? Die Blondine kannte Kimiko gut genug, dass sie fähig war, sich etwas anzutun, wenn man ihr zu viel zumutete. Man hatte schließlich schon einmal einen Mann ihretwegen getötet, sie konnte sich nicht vorstellen, dass es diesmal anders war…
 

Wie gut, dass sie eine Anlage im Auto installiert hatte, die es ihr ermöglichte, Kimikos Handy aufzuspüren, so landete sie recht schnell bei der alten Firma. Schon als sie aus dem Auto ausstieg, kam ihr heftigster Wind entgegen – ein sehr schlechtes Omen und dann sah sie Hiroya vor dem Gebäude stehen, wie er nach oben guckte und wohl irgendwie so aussah, als würde er die schrecklichsten Dinge ahnen.

Wusste er etwa auch davon? Hatte sie ihm ebenfalls geschrieben?

Katori stürmte auf ihn zu, er hörte es natürlich und richtete erst einmal seine Waffe auf sie, guckte sie verwirrt an und ließ sie dann sinken.

„Was, du? Wo kommst du denn her?“

„Kimi hat mir geschrieben, sie ist da drin, beeil dich!“ Katori schnappte ihn am Handgelenk und zerrte ihn förmlich hinter sich her.

„Jami ist hier… nicht wahr? Irgendwas ist passiert! Du siehst aus, als wenn du ziemlich Panik hättest!“

„Sie hat vor sich das Leben zu nehmen, sie hat die Schnauze voll von Jami! Er hat ihren Freund umgebracht!“

Hiroyas Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig, man sah ihm den Schock an, er hatte das Gefühl, als würden sich ihm die Eingeweiden zusammenziehen, er ließ sich nur noch hinterher schleifen, selbstständig rennen, tat er nicht mehr wirklich… Es war nicht seine Art so zu reagieren, aber gerade war ihm furchtbar schlecht, so erging es ihm sehr selten.

Vor knapp einer Stunde hatte er doch noch mit ihm telefoniert – wegen Jami. In ihm kam ziemliche Wut auf. Dieser Mistkerl, ihm war natürlich klar, weshalb er ihn überhaupt angefasst hatte – er war ihm nun wirklich nicht gefährlich, vielleicht konnte er ziemlich großkotzig sein und hatte sich mal mit ihm angelegt, aber das war kaum ein Grund, wegen dem Jami Menschen tötete. Nein, er wusste ganz sicher, dass man ihn gewarnt hatte, deswegen hatte er…
 

Sie suchten die Firma ab, fanden aber erst im oberen Geschoss vorm letzten Zimmer erste Anhaltspunkte. Blut, es war eindeutig Blut auf dem Boden, die Tür stand weit offen und dann sahen sie das ganze Spektakel. In Katoris Körper fuhr ein Zittern. Sie hatte es wirklich getan. Wie konnte sie nur? Warum hatte sie nicht gewartet? Hiroya hielt Katori fest, die auf sie zustürmen wollte, in ihren Augen die Tränen der Verzweiflung. „Du dummes Mädchen!“

„Ja haste Recht… Sie ist dumm… Zumindest wenn es um ihn geht. Und Jami wusste das…“ Hiroya nahm ein Taschentuch und nahm die Waffe an sich, die am Boden lag. „Das ist nämlich seine Waffe, sie hat sich mit seiner Waffe erschossen. Diese Mistkröte hat ihn ermordet und die Waffe hier gelassen, damit sie sich das Leben nehmen KANN! Ich könnte kotzen! Der lernt mich kennen!“ Während Katori noch immer weinte, traten auch in Hiroyas Augen Tränen, er schaute weg, er konnte sich das gerade nicht mehr ansehen. Aber auch war der Mann voller Wut und Hass auf diesen Kerl, denn dieser hatte seine Freundin getötet, seine eigene Geliebte ebenfalls und Hiroyas zwei Geschwister. Nicht einmal vor seinen Eltern hatte er Halt gemacht…

Man hatte ihn um Hilfe gebeten, wie konnte er ahnen, dass es so enden würde? Nicht nur, dass dieser Mistkerl seine Schwester in den Wahnsinn getrieben hatte, er hatte auch noch eine Horde Rettungs-Sanitäter einfach so ermordet, um erfolgreich zu sein, kaum zu glauben, wie weit sein ehemaliger Freund für seinen Erfolg ging. Er war ein erbärmlicher, kleiner Idiot, der keine andere Möglichkeit sah, als weiter erfolgreich zu sein, da man ihn ansonsten abschoss. Hiroya wusste, wie die Regeln innerhalb der Organisation waren, entweder taugte man etwas, oder man wurde vom Boss entlassen, was einem Todesurteil gleichkam.

Katori, die den ersten Schock, dass sie Tränen in seinen Augen gesehen hatte, versuchte zu überwinden, bekam den nächsten, als sie Hiroya beobachtete, dessen Blick voller Selbsthass zu sein schien. „Ich dachte, dass es besser ist, wenn Jami denkt, dass ich und meine Schwester uns nicht mehr verstehen, dass wir uns hassen… Aber - das hat ihn nicht abgehalten. Nun hat er auch sie getötet - er hat sie alle getötet.“ Hiroya drehte sich herum, ging zum Fenster und schaute hinaus. „So ein feiges Schwein, warum hat er nicht versucht, MICH zu erledigen? Das wäre ihm wohl zu viel Arbeit gewesen!“ Er schlug mit den Fäusten auf die Fensterbank und war mehr als nur wuterfüllt.

Katori schloss die Augen, so hatte sie ihn noch nicht erlebt, aber sie glaubte ihm. „Ja, wahrscheinlich hast du Recht. Sie hat versucht ihn da rauszuhalten und auf ihr eigenes Glück verzichtet, nun ist er trotzdem tot. Den Gedanken zu versagen, ertrug sie nicht… Nicht schon wieder. Ich glaube, sie hätte sich lieber umbringen lassen, als dass jemand anderem etwas geschieht.“

„Und ich denke, dass sie einfach nur zu viel Angst hatte, dass es noch schlimmer kommen kann, und noch andere zu Schaden kommen, so war sie… Es hilft uns leider nicht, zu jammern. Jami wird jedenfalls nicht so weitermachen, den schnappe ich mir und dann büßt er für alle Taten, die er verbrochen hat. Ihn zu töten, das wäre zu billig, nein, ich hoffe, er überlebt, dann wird er erleben, was es heißt einsam zu sein. Diese Mistkröte hat davon doch keine Ahnung, er will immer nur, dass alles ihm alleine gehört und verlieren konnte er schon früher nicht.“ Hiroya erinnerte sich noch sehr genau, als sie noch Kinder gewesen waren. Immer, wenn Hiroya in Spielen gewonnen hatte, war Kenichi auf seine Sachen losgegangen und hatte etwas kaputt gemacht. Sie waren sehr lange eng befreundet gewesen, aber so einen Freund, auf den konnte man jawohl verzichten. Er würde auch niemals vergessen, als er sich versucht hatte, wieder in ihre Familie zu schleichen und dafür Yuriko benutzt hatte, die damals nicht wusste, dass Kenichi zu diesen Verbrechern übergelaufen war, das hatte ihr Vater der jungen Frau erfolgreich verschwiegen. Der Gipfel war ja gewesen, als sie gesagt hatte, er wolle sie heiraten und eine Familie mit ihr gründen. Er hatte lange dabei zugesehen, und erst dann erfahren, dass Kenichi diesen Verbrechern angehörte und einer ihrer besten geworden war. Er verbot ihm seine Schwester zu sehen und versprach ihm, er würde seine Killer-Karriere beenden. Jami sah das bis heute noch als Angriff und konnte ihm nie vergeben. Das Lustigste war gewesen, als er ihn um Hilfe gebeten hatte. Dachte der wirklich, dass er Verbrechern helfen würde??

Noch lachhafter wäre aber, wenn er es ernst gemeint hätte und seine Schwester Yuriko zu allem Überfluss geliebt hätte… Er hatte sie nicht verdient, das hatte er nie, und nun hatte er sie auch noch selbst getötet. Wenn das seine Liebe war, dann sollte man sich ernsthaft mal überlegen, ob man ihn nicht in einer Psychiatrie unterbringen sollte… Jedenfalls hatte der Gute einen ordentlichen Dachschaden, dass er zu denen gehörte, hatte ihn also niemals wirklich gewundert. Und das obwohl sie beide aus Polizei-Familien kamen und man Kenichis Eltern und seine Schwester getötet hatte, unterwarf er sich noch immer diesem Schwein, das in der Organisation das meiste Sagen hatte, er war ja so ein Feigling. Niemals hätte ER sich dem Mann unterworfen, der seine Familie zerstört hatte…

Katori stand da und blickte zu Boden, im Raum stank es erbärmlich, doch diesen Geruch war sie schon seit langem gewöhnt. Dass Jami herzlos war, war nun bewiesen. Es war wirklich eine Schande, dass er frei herum lief und sich frei aussuchen konnte, wen er als nächstes erschoss. Er tat, was ihm beliebte und der Boss schaute seelenruhig dabei zu, solange es nicht Vermouth, Valpolicella oder Carpano traf. Ihr war übel beim Gedanken, dass er Menschen, die ihnen nichts Böses getan hatten, einfach so fertig machte. In Kimikos Fall konnte man das sehen, wie man wollte, er hatte sie manipuliert und sie damit wahnsinnig gemacht, und sie hatte Jami jawohl nun wirklich nichts Schlimmes getan. Sie hatte ihn nicht verraten. Vielleicht hatte sie ihn nicht sonderlich gemocht und hasste seine Nähe, aber sie hatte nichts Verräterisches getan, es war also ein vollkommen unsinniges Unterfangen.

„Hiroya, es gibt sicher eine Lösung, Jami zu stürzen, ich denke schon sehr lange darüber nach, wie man es anstellen könnte. Und nicht nur ich denke darüber nach, einige von uns überlegen, ihn zu überlisten, die meisten trauen sich nur nicht. Kaum zu glauben, dass er so ein Feigling sein soll, wenn er anderen so viel Angst einjagt.“

Hiroya musste lachen, er fand es wirklich absurd sich das zu fragen.

„Schau doch, wie feige er war“, er zeigte auf die beiden Personen, die am Boden lagen. Kimikos Kopf war auf den bluten Körper ihres Freundes gefallen, sie lagen da, als wenn sie sich gefunden hätten, im letzten Augenblick und es würde mit dem Teufel zugehen, wenn sie es nicht gewusst hätte, sogar er selbst hatte davon gewusst, dass er sie geliebt hatte, das sah ja ein Blinder. „Guck doch nur, er hat Handschellen benutzt, gegen eine unbewaffnete Person, das sagt jawohl alles darüber aus, wie feige er ist. Nur mit einer Waffe fühlt er sich stark, dann kommt er sich unbesiegbar vor. Aber auch ihm wird mal ein Fehler passieren, ich möchte dann derjenige sein, der ihn diesen Fehler bitter bereuen lässt. Alleine dafür, dass er sogar so weit geht, jemanden zu töten, dass er Sanitäter, die seiner Rettung dienten, erschießt. Es war ihm wohl sehr daran gelegen, ihren Freund zu töten, dafür hat er jawohl alles getan. Warum ist er bloß so ein entsetzlicher Feigling? Ich würde mich sehr freuen, wenn er mich mal direkt angreift… Aber er flüchtet lieber vor mir.“

„Ich verstehe dich sehr gut, wirklich. Aber sich darüber aufzuregen, wird dir auch nichts nutzen. Wenn du willst, helfe ich dir, Jami zu kriegen.“ Er wollte ihn nicht ermorden, er hätte allen Grund dazu gehabt, aber seine Polizistenehre war ihm wohl noch mehr wert, zum Glück. „Aber ich wollte dir noch was anderes sagen! Wusstest du, dass unser Boss sich wahnsinnig für dich interessiert? Jami findet es gar nicht prickelnd, er kocht vor Wut. Vielleicht ist das ja sein schwacher Punkt, wo man ihn angreifen kann…“

Hiroya konnte immer noch nicht glauben, dass eine Frau, die wie ein Engel wirkte, zu diesen Leuten gehören konnte, wahrscheinlich war auch sie unter Druck gesetzt worden, ganz genauso wie seine Schwester. Nur welchen Grund es wohl bei ihr gehabt hatte? Das hätte ihn schon interessiert. Noch nie hatte er ansatzweise daran gedacht, mit einem Organisationsmitglied zusammen zu arbeiten, aber sie hatte einen guten Kern…

„Ich weiß deine Hilfe zu schätzen, sei aber vorsichtig, dass du dein eigenes Leben damit nicht riskierst, ich bin ein Einzelkämpfer und habe mich damit bisher IMMER behauptet…“

Ja, wahrscheinlich war er einer, aber es war ungesund auf Dauer gegen die Organisation im Alleingang vorzugehen. Und Hiroya machte gerade eine sehr schlechte Phase durch. Seine Freundin und seine Familie waren ermordet worden, auch wenn er es nicht zeigen wollte, er litt schrecklich darunter, das machte ihn schwächer als sonst. Es war wie ein Schutzschild um ihn herum, das langsam aber sicher verschwand.

„Aber…“

„Ich muss alleine klarkommen! Ich bin mit schuld daran, dass meine Schwester tot ist, ich hätte nach seinem Anruf gleich herkommen müssen, ich hätte das Schlimmste verhindern können. Er wäre nun noch am leben und sie hätte keinen Grund sich umzubringen… Sie wären beide noch hier. Ich bin so verdammt dumm, ich habe die Lage unterschätzt. Ich dachte doch nie im Leben, dass Jami ihn hier einsperren, fesseln und sogar erschießen würde!“ Der Mann zitterte am ganzen Leib, seine Hand legte er an die Stirn, er schwitzte und doch war ihm furchtbar kalt. Er wusste auch nicht, woher es kam, dass er Vertrauen zu dieser Person gefasst hatte.

„Jeder macht mal einen Fehler, aber mache nicht den, dass du dich auf dich alleine verlässt, das kann schwer ins Auge gehen, spätestens, wenn der Boss sich überlegt, dich richtig anzugreifen. Er hat sich bisher noch nicht die Mühe gemacht, seine besten Leute auf dich anzusetzen, sei dir dem im Klaren! Ihm ist nicht daran gelegen, dich zu töten… Er hat sich nie Mühe gegeben, dass du verschwindest…“

„Er muss mich für harmlos halten!“

„Das wohl eher weniger…“ Er hatte den Punkt noch nicht wirklich verstanden, was sie ihm mitteilen wollte, sie warnte ihn und er dachte, dass der Boss ihn für harmlos hielt.

„Er würde dich viel lieber einfangen, die Gelegenheit hatte er allerdings noch nie! Stattdessen macht er es bei kleinen Kindern, die sich nicht wehren können!“

Hiroya schwieg, er wusste nur zu genau, dass der Boss kleine Kinder liebte – ganz besonders um sie zu Killern zu machen, so wie Kenichi früher, er hatte ihn immerhin schon mit 12 zu sich genommen. Aber nicht nur bei ihm hatte er das versucht…

Die Erinnerungen kamen zu ihm zurück, auch ihn hatte man als Kind versucht zu entführen. Er hatte jedoch Glück im Unglück gehabt. Es würde mit dem Teufel zugehen, wenn das damals nicht ebenfalls die Organisation gewesen wäre… Der Zufall wäre zu groß, das konnte sich Hiroya einfach nicht vorstellen. „Und besonders mögen tut er Kinder von Polizei-Familien… Ich weiß Bescheid, den Akajas hat er schließlich auch einen künftigen Polizisten genommen. Er wäre sicher einer geworden, ganz sicher.“

Katori wunderte sich ein wenig, dass Kimikos Bruder nun Yuichi ansprach. „Wäre möglich, jedenfalls kein Killer. Aber glaub mir, nicht alle Kinder, denen das widerfahren ist, sind wie Jami. Der Sohn der Akajas tut alles dafür, um die Organisation zu stürzen, genauso wie sein Freund Sêiichî. Sie sind nur darauf aus, ihre Chance zu ergreifen, wie ich. Du siehst, du bist nicht alleine im Kampf gegen die Organisation.“

„Es tut gut, das zu hören. Ich dachte nicht, dass es so viele wagen, sich zu wehren. Vielleicht habe ich mich ein wenig verkalkuliert, ich kenne Sêiichî nämlich und habe nur Böses von ihm gedacht, vor allem weil…“

Man sah an ihren Augen, dass sie wissen wollte, was er im Begriff war zu sagen, obwohl Katori sich denken konnte, dass Hiroya auf Vermouth ansprach.

„Weil er eine Frau wie Vermouth liebt? Tja, er hat eine kleine Macke, die Gefahr zieht ihn an, aber sie scheint ihn zu lieben, genauso wie er sie. Ich zweifle manchmal an seinem Verstand, diese Frau kann, wenn sie will, ganz schön bösartig sein.“

„Oh ja…“ Hiroya hatte es oft erlebt - wenn sie ausrastete, passierte oft etwas Schlimmes, auch auf ihn hatte sie mehr als einmal geschossen, in der Hoffnung, ihn mal tödlich zu erwischen.
 

Der Japaner schaute die Amerikanerin fasziniert an, nicht umsonst war sie für ihre Freizügigkeit bekannt. Deswegen trug sie ja auch eine Lederjacke und einen –rock, der ihr knapp über die Oberschenkel reichte. Die Jacke war offen und die Frau trug nicht mehr als einen weißen BH darunter, auch wenn es für diese Jahreszeit vielleicht etwas frisch für Derartiges war.

„Irgendwann wirst du dich noch mal erkälten, Chris“, seine Worte sollten nicht den Anschein machen, dass es ihm nicht gefiel, was die blonde Schönheit zeigte – nein, er war wirklich um ihre Gesundheit besorgt.

„So schnell bekomme ich keine Erkältung, Kenichi.“

„Gut – wie du meinst, aber sag’ nicht, dass ich dich nicht gewarnt hätte“, antwortete der Schwarzhaarige und änderte sogleich das Thema. „Aber, was mich viel eher interessiert: Was machst du denn hier? Solltest du nicht bei deinem verletzten Cognac sein?“

„Ich hab’s nicht mehr ausgehalten...“ Ihre Augen funkelten arglistig unter ihrem Pony hervor, der ihr im Gesicht lag, immerhin hatte sie den Kopf ein wenig gesenkt.

„Was meinst du?“

„Tust du nur so, oder bist du tatsächlich so einfältig?“ Man hörte ein Lachen von der blonden Frau, während die Absätze ihrer Stiefel, in der Lagerhalle widerhallten. „Schau mich an, dann schau dich hier um... We are alone now...“

Jemand, der Frauen liebte, so wie Jami, konnte dem Charme einer professionellen Schauspielerin natürlich nicht widerstehen, weswegen ihm halb die Augen zufielen, als hätte man ihn hypnotisiert. Sein Blick bewunderte zuerst noch einmal ihren Hals, dann ihr Dekolleté, danach ging er abwärts – in dem Moment wurde ihm heiß, noch dazu kam sie ihm immer näher und stand wenig später direkt vor ihm. Vermouth legte ihre Arme um ihn und presste seinen Körper an ihren, während sie in seine türkisfarbenen Augen blickte und ihn mit ihrem verführerischsten Augenaufschlag betörte.

„Soll das ein Angebot sein?“

„Greif zu, heute bin ich spendabel!“ Mit einer gehörigen Portion provozierender Worte rieb sie kurz ihre Brüste an seinem Oberkörper, bevor ihr Bein zwischen seinen Beinen auf und ab strich.

„Weißt du, Jami... Eigentlich liebe ich ja nur dich... Ich wollte es nur nie zugeben.“

Seine eine Hand wurde gegen ihre Hüfte gelegt, bevor er aufwärts strich bis zur Hinterseite ihres Slips, in welchen er kurzerhand seine Finger wandern ließ. Ihre Lippen lagen daraufhin auf seinen und sie spielte ein wenig, bevor sie in seine Jackentasche griff und ihm erst mal seine Pistole entwendete. Doch das reichte der Schauspielerin noch nicht, sie griff in ihre eigene Tasche, während seine Hand gegen ihre Brüste drückte. Eine Welle des Ekels durchforstete ihren Körper, als seine beiden Hände ihren Körper zu berühren wagten, in dem Moment löste sie ihre Lippen.

„Ich habe gelogen, Jami.“ Etwas Eiskaltes bohrte sich in den Rücken des Schwarzhaarigen und ließ ihn seine Augen weit aufreißen. Die ihren ruhten eiskalt auf seinen und blickten ihn erbarmungslos an.

„Cognac liegt im Koma... das ist deine Schuld!“, nun fauchte die Blondine und ihre Augen hatten ein gemeines Funkeln, wobei auch ein Hauch Trauer darin steckte.

Mit einem heftigen Stoß beförderte die Frau den Mann von sich, so dass er gegen die Mauer donnerte und langsam an dieser hinabglitt. Dabei blieb das Blut an der Mauer haften.

„Ich wollte es nicht – ich wollte ihm doch nicht derartig schaden, ehrlich“, verteidigte sich der Frauenarzt und stöhnte kurz auf. Das Messer, welches sie benutzt hatte, hatte ihn böse gegen einen Knochen getroffen.

„Du Feigling – du suchst ja nach Ausflüchten. In erster Linie hast du nur Acht gegeben, dass dir nichts passiert. Ob du deinen Freund dabei verletzen musst, war dir scheißegal, solange du nur lebst, Ratte! Dachtest du echt, dass ich so einen Scheißkerl, wie dich, lieben würde?...“ Chris konnte nicht anders, während sie spottete, entfuhr ihr ein wahnsinniges Lachen. „Zu dumm, dass genau das eintreten wird, das du so fürchtest...“ Schadenfroh blickte sie auf den blutenden Jami hinab, der am Boden saß.

„Du willst mich echt töten?... Die kleine Wunde wird mich so schnell nicht töten, ich schaffe es ins Krankenhaus. Du hast ja nicht gezielt zugestochen...“

„Absicht, Jami...“ Gehässig, wie sie war, tätschelte sie seine Wange, denn bevor der Killer sterben durfte, sollte er noch ein wenig leiden und über sich nachdenken können. „Mach dir nichts draus. Jeder kriegt irgendwann seine gerechte Strafe... Du wirst verbluten, noch ehe du das Krankenhaus erreicht, glaub’ mir.“

„Du bist - naiv...“ Sein hektischer Atem war in kurzen Abständen zu vernehmen.

„Nein, schlauer als du...“ Vermouth schnellte zurück und packte die Tür, sie hielt diese mit beiden Händen auf. Mit den Worten hatte sie die Türen einfach in der Mitte zusammengeführt und abgeriegelt, bevor Jami überhaupt registrierte, was die Frau getan hatte. Es dauerte einen Moment, bis er sich aufrappelte und mit den Fäusten gegen die Türen zu hämmern begann.

„Mach keinen Scheiß! Lass mich hier raus!“ brüllte der Mann voller Panik. In seinem Gesicht breitete sich schnell sehr viel Schweiß aus und ihm wurde heiß-kalt. „Du kannst mich hier doch nicht verrecken lassen!“ Er war verzweifelt, doch alles, was er zu hören bekam, war spöttisches Lachen.

„Das hätte ich tun sollen, als du es das erste Mal gewagt hast, ihn zu schlagen!“

„Es tut mir furchtbar Leid! Ich wollte das alles wirklich nicht! Ich bereue furchtbar, was geschehen ist, lass uns dafür den Boss töten – er wollte alles schließlich so!“ Die Verzweiflung ging mittlerweile so weit, dass Jami alles versuchte, nur um sein Ziel zu erreichen – Vermouth erweichen.

„Ich glaube dir kein Wort! Für wie dämlich hältst du mich? Du würdest es nie wagen, dem Boss zu schaden, du kleiner Schisser! Jetzt ist Sense! Good-bye!“

Sie ignorierte nun sein Schreien. ‚Tut mir Leid, Strafe muss sein! Ich lasse so etwas nicht mehr geschehen!’

Eigentlich waren Morde aus Rache immer falsch, doch ihre Art von Gerechtigkeit hatte sich mit der Zeit einfach in ihrem Kopf festgesetzt. Um den Mann, den sie liebte, zu beschützen, hätte sie alles getan, sich auch umbringen lassen. Wenn sie dafür einen der Ranghöchsten ermorden musste, damit es ihm besser ging, dann musste es eben sein. Was wäre es schließlich für eine Gerechtigkeit, wenn Sêiichî durch ihre Feigheit sterben würde? Das würde sie nicht ertragen. Früher hatte sie so etwas nicht über sich gebracht, doch damit war Schluss, seit sie ihr altes Leben begraben hatte.
 

Benommen blickte der Schwarzhaarige zur Seite. Alles war weg, kein Fetzen seiner Erinnerung an den Tag davor war noch vorhanden. Sêiichî blickte zum Fenster, es regnete. Regen machte ihn immer so melancholisch. Sêiichî fragte sich, wo sie war, das war im Moment alles, was ihn zu interessieren schien, zumal der Boss sie ihm immer wieder wegnehmen konnte, also hätte er sie viel lieber bei sich gehabt, was ihm nun mal die Zuversicht gab, dass er sie nicht gerade an den größten Mistkerl aller Zeiten verlor und er wieder...

Ihm wurde schlecht bei dem Gedanken, total übel, er durfte nicht daran denken, was die beiden getan hatten.

Seit er aufgewacht war, starrte er ständig zur Seite auf sein Handy, das hier eigentlich verboten war, er wartete darauf, dass sie sich meldete, doch dieser Fall war bisher nicht eingetreten.

Als das Handy dann zu vibrieren begann – ja, er hatte den Ton abgeschaltet – griff er sofort nach diesem, wobei er einen stechenden Schmerz in der Seite spürte, die bei seinem Gefecht besonders viel abbekommen hatte. Doch die Schmerzen steckte er relativ schnell wegen der in ihm aufkommenden Freude weg. Allerdings wich ihm das Lächeln aus dem Gesicht. Jami rief ihn an – wieso tat er das? Was wollte er? Sêiichî war nicht sicher, ob er jetzt mit ihm reden wollte und legte das Handy zurück, doch dann hielt er es nicht mehr aus und nahm ab.

„Was ist los?“ Erschöpft klang er, aber im nächsten Moment gab er einen erschrockenen Laut von sich, da Jami verzweifelt vor sich hin brabbelte.

„Cognac, du musst mir helfen, deine Hexe will mich umbringen, die hat mich niedergestochen, ich sitze hier fest...“

Es war einfach zu erklären, weshalb Jami ausgerechnet Cognac anrief, der angeblich im Koma lag. Er hatte Vermouth nicht das Geringste geglaubt, diese Irre suchte doch nur nach einem Grund für sich selbst, um ihn zu töten. Ihr Freund war Polizist. Wenn Jami schon einen Abgang machte, wollte er es ihm wenigstens gesagt haben. Wäre Sêiichî nicht ans Telefon gegangen, hätte er ihm alles auf die Mailbox geredet. Dass er sterben würde, nein, das glaubte Jami nicht.

Die Tür wurde geöffnet, die Frau in dieser betrachtete den Mann mit dem Handy argwöhnisch. Seit wann war er denn...? Und wieso hatte er ein Handy? Die Dinger waren hier verboten und er schien zu telefonieren, dabei wurde sein Herzschlag abgehört. Also wirklich... Aber sein Blick, als er sie entdeckte hatte, irgendetwas war nicht in Ordnung. Was für ein Gespräch war das bitte?



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