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Letter to him Beziehung, Freund, Liebe, Trennung

Autor:  Yu_B_Su
Hallo,

du wirst dich sicher über diese Zeilen wundern, du wirst sich nicht gutheißen, auch wenn du es bist, der unsere Beziehung öffentlich begonnen hat – aber du wirst sie auch niemals lesen, das ist das Gute daran. Und ich will auch nicht, dass du sie hörst. Ich will nicht, dass du irgendetwas dazu sagst. Denn es würde wehtun.

Weißt du, ich sehe etwas in dir, was andere vielleicht nicht sehen – ich sehe ein großes Ganzes, auch wenn ich nicht alle Facetten deiner Persönlichkeit begreifen kann – obwohl du mir deine ganz Biografie erzählt hast und ich gar nicht weiß, was ich mit all diesen Infos machen soll; jedenfalls kann ich dich nicht begreifen – ironischerweise ist mir erst durch unsere Trennung klargeworden, dass du auch negative Facetten hast. Ich habe sie durch die rosa-getönte Brille, von der ich nicht mal wusste, dass ich sie auf hatte, wenngleich ich froh bin, dass du sie mir lieber jetzt so schmerzhaft heruntergerissen hast, als dass ich irgendwann an einem Fenster gestanden und 50 Stockwerke nach unter geblickt hätte. Der Gedanke ist irgendwie komisch, wenngleich nachvollziehbar: man betrachtet jemanden nicht nur als Boyfriend, sondern auch als Vater, als Lehrer, als Freund, als Kummertante, als alles; jeder Faden des eigenen Lebens wäre mit dem eines anderen verknüpft – und wenn man dann alle abschneidet, dann fällt man. Umso mehr freut es mich festzustellen, dass gar nicht soviele Fäden in meinem Leben mit deinem verknüpft waren: die Musik auf meinem MP3-Player habe ich zum größten Teil vor deiner Zeit draufgespielt; ich war zwar während deiner Zeit sehr produktiv, aber nur, weil ich meine erste Beziehung festhalten wollten, wenn ich zu sonstigen literarischen Ergüssen sonst unfähig war; meinen Klamottenstil wollte ich zwar wegen dir ändern, aber soweit ist es dann doch nicht gekommen. Um es kurz zu machen: noch vor einer Woche dachte ich ‚Es gibt ein Before Time und After Time‘ – aber langsam setzt sich bei mir der Gedanke durch, dass ich auch vor dir auf dem Weg war aufzublühen – und ich werde es auch nach dir tun. Mein Problem ist nur, dich nicht als künstliche Kugel, als künstliche Zeit, zu betrachten, sondern als Teil meines Lebens. Im Grunde warst du eine Konsequenz meiner Weiterentwicklung. Aber das will nicht in meinem Kopf. Ganz im Gegenteil: unsere Zeit kommt mir immer noch so irreal vor, das Wort ‚künstlich‘ trifft es wirklich. Obwohl das falsch ist: es waren echte Gefühle von mir involviert, du hast mich überhaupt dazu gebracht, diese Gefühle zuzulassen. Aber ich konnte sie damals nicht definieren, ich kann es auch heute nicht, genausowenig wie ich unser Beziehung definieren kann, sie schwebt wie eine Wolke in meinem Kopf. Der Knackpunkt war, dass du mich bis zu einem bestimmten Punkt geliebt hast. Wirklich geliebt. Auch wenn ich nie das Gefühl hatte, dich zu lieben – entweder, weil ich das Gefühl nicht als Liebe wahrgenommen habe oder weil es wirklich nicht da war. Aber es war sehr schön von dir geliebt zu werden. Ich glaube, durch dich habe ich überhaupt gelernt, wie es sich anfühlt geliebt zu werden. Wie schön das Zusammenspiel aus Musik, Lesen und Knuddln sein kann. Wie cool es ist, einen Film zu gucken und nebenbei zu kuscheln. Ich bin sehr dankbar dafür. Ich bin überhaupt dankbar dafür, dass du mich geliebt hast.

Umso schlimmer war es, das alles auseinanderbrechen zu sehen und nichts dagegen tun zu können. Ich habe es geahnt. Ich habe von Anfang an geahnt, dass jene Person, die du kennenlerntest, eine Gefahr für uns darstellt. – Nebenbei: ich hatte am Anfang sogar gehofft, dass du dich von mir trennen würdest, die Ferne, ich wollte das nicht – heute sehe ich es paradoxerweise als Abenteuer, das ich verpasst habe – aber jetzt, wo es da ist, tut es unheimlich weh. Jedenfalls: ich habe dich vorgewarnt und du hast mir nicht geglaubt! Warum nicht? Warum hast du mir nie vertraut? Du hast mich immer nur als Schülerin gesehen und deine ständige Besserwisserei tat nix dagegen. Du vertraust mir auch heute nicht.

Es ist komisch, oder? Du bist zu mir gekommen, obwohl du nichts mehr für mich empfunden hast. Du hast mir und dir zwei Wochen etwas vorgespielt – und ich frage mich paradoxerweise, wie du das ausgehalten hast. Das ist doch absurd – auch wenn ich dein Verhalten total scheiße finde, kann ich auch Mitleid für mich aufbringen. Ich würde dich gerne fragen, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen ist - ob ich noch an dir hänge oder dich langsam als Freund betrachte – aber du würdest mir keine Antwort geben, die ich haben will. Was will ich überhaupt für eine Antwort? Ich will dich nicht loslassen, das haben wir gemein, uns ist jeder soziale Kontakt so wichtig. Aber ich kann mir im Moment nicht vorstellen, wie das aussehen soll. Jedenfalls verstehe ich das wirklich nicht: wie konntest du mir etwas vormachen? Und dass komische ist: ich habe es trotzdem gemerkt. Ich habe gemerkt, wie wir auseinander gedriftet sind, ich habe versucht es anzusprechen – aber du hast abgeblockt. Vielleicht verständlich, bei dem Gefühlschaos – aber warum hast du nicht einen Ton gesagt? Ich weiß nicht, ob es das alles besser gemacht, mein Leiden verkürzt hätte, weil sich so einen Monat weniger unter deinen vagen Andeutungen, die doch auf das Gleiche hindeuteten, nämlich das Ende, gelitten hätte. Es kommt mir so unglaublich verlogen vor. Wahrscheinlich hätte ich es nicht anders gemacht, das ist das Blöde. Ja, wenn ich in den Spiegel gucke und mir überlege, wie ich gehandelt hätte – hätte es eine bessere Möglichkeit gegeben? Es hätte sich ja auch rausstellen können, dass es nix ist – dann wäre der ganze Aufwand umsonst gewesen. Aber das macht es nicht besser, das alles macht es kein bisschen erträglicher.

Alles an uns war so komisch, dass ich daran geglaubt habe, es würde noch gut enden. Und letztendlich habe ich sogar Kost & Logis bekommen, während du mir das Ende, das für dich eine Selbstverständlichkeit war, verkündet hast. Auch wenn mir zum Kotzen war. Und das möchte dich dir zum Vorwurf machen. Ich habe immer versucht, Verständnis für deine Taten aufzubringen – aber wie du es beendet hast, das war respektlos. Du hast gemeint, ich solle mich freuen, dass du es mir persönlich gesagt hast. Ich habe mich sehr gefreut. Über die vage Andeutung, ob ich mir nicht jemand anderen suchen sollte, die Aufforderung, mein eigenes Leben zu leben bis hin zu der ANDEUTUNG, dass du dich von mir trennen willst. Du hast deine Rolle so lange perfekt gespielt, obwohl du wusstest, dass es keinen Sinn macht. Warum hast du das getan? Warum redest du nett mit mir und erwähnst zwei Tage später nichtmal die Grußkarte, die ich dir geschickt habe – und die ich trotz allem mit viel Bedacht ausgewählt habe.

Es ist so unglaublich paradox, dass ich dachte, nichts für dich zu empfinden und jetzt so sauer bin! Ich verstehe das wirklich nicht. Ich verstehe auch nicht, wie ich mich so an dich… dranklammern konnte, dass du mir selbst jetzt als einzig mögliche Lösung erscheinst. Nicht, dass du mich zurücknimmst, sondern in dem du mir Mut machst, mir zuhörst etc. Und du siehst dich auch selbst so: du kümmerst dich um mich, du willst wissen, wie es mir geht – und gleichzeitig willst du es verdrängen. Du willst deine Schuldgefühle – von denen ich denke, dass du sie nicht haben sollest, weil du ja deinen Gefühl gefolgt bist, mir aber gleichzeitig wünsche, dass sie dich noch eine Weile verfolgen, weil das sehr, sehr, sehr gemein war! – wegsperren. Ich finde das nicht in Ordnung. Und erst recht finde ich es nicht in Ordnung, sondern wirklich respektlos, dass du mir von deiner neuen vorschwärmst. Du behauptest, ich müsse das – nein, das muss ich nicht. Ich muss mir keinen Schmerz zufügen lassen, wenn ich nicht will. Ich kann nichts dafür, wenn es dir nach deiner ersten Trennung so erging. Und ja, ich habe Angst, dich zu verlieren, völlig, wenngleich ich denke, dass ich als dein Kontakt erhalten bleibe, aber ich habe echt Angst, dass du es falsch verstehst, wenn ich im Moment nicht mit dir reden will. Ich habe es probiert. Ich habe es wirklich probiert – aber was soll ich tun, wenn du wieder damit anfängst? Ich kenne deine Neue nicht, vielleicht ist sie ganz nett – aber das Gefühl abgestiegen zu sein, ist zuviel für mich. Deine Liebe nicht mehr genießen zu können, zu wissen, dass du glücklich bist während ich in Trauer versinke – das ist zuviel für mich. Ich finde das nicht in Ordnung, ich denke, du solltest auch trauern. Aber ich weiß, dass du das nicht wirst; du wirst es einfach vergessen. Wenngleich ich hoffe, irgendwann mal mit dir reden zu können – ich will dich ja auch verstehen. Das ist so paradox!

Um zum Anfang zurück zu kommen: ich sehe etwas in dir, was andere nicht sehen – und das ist die Tatsache, dass du tausende Meinungen versammelst, ohne selbst eine zu haben. Du bietest einem gerade die Ansicht, die ihm helfen soll – einerseits den Gedanken, dass Freunde viel wichtiger sind, andererseits aber auch, dass du eine Freundin brauchst. Genau das macht dich für viele unglaubwürdig – ich denke, man muss den Menschen eine Wand bieten, die sie mögen können oder nicht – denn wenn man dauernd seine Meinung wechselt, können einem andere nicht vertrauen.

Genau das fehlt mir im Moment: ich habe dir vertraut, dass du mich liebst, dass du mich so magst, wie ich bin – aber du hast es enttäuscht. Es ist alles zerbrochen. Ich würde gerne eine Freundschaft erhalten – aber ich weiß nicht, wie. Der Mensch, in den ich mich verliebt habe, und auch der Mensch, in den du dich verliebt hattest, existieren nicht mehr. Ich glaube, wir passen gut zueinander, weil wir uns so ähnlich sind, dass es wehtut. Und ich merke auch, dass ich dich immer noch mag. Aber du hast mich mit deiner Liebe zum Leuchten gebracht – sobald dein Licht erloschen war, war meines auch aus. Ich hoffe, dass ich nicht mehr so lange an dir hänge. Aber auch, dass du noch eine Weile dableibst. Ich will dich als Mensch niemals verlieren.

Aber ich weiß auch, dass sich Menschen ändern können. Und wenn du deine Freundlichkeit für alles und jeden verlierst, wenn du nicht mehr im Ansatz der bist, den ich so sehr schätze, dann müssen wir den Mut haben und als Dateileiche bei facebook bleiben. Etwas, was du mir beigebracht hast: wenn etwas nicht funktioniert, ist das ok, man muss nicht aufgeben – aber wenn es wirklich nicht klappt, sollte man zu seiner Meinung stehen und tun, was man für richtig hält. Die Geister, die du riefst, wirst du so schnell nicht wieder los – komm damit klar!


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