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Lügner!

von

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Gemeinsam gegen die Welt

„Du hast Glück, dass Ken gerade unterwegs ist, um was zu essen zu holen. Wäre er an meiner Stelle gewesen, würdest du jetzt vermutlich mit gebrochenem Kiefer auf dem Boden liegen.“

Er schob das Tor wieder nach unten, sodass sie beide im Halbdunkel des Blumenladens standen. Irgendwo lief leise Musik, in der Luft lag der Rauch einer Zigarette. Normalerweise rauchte Yoji nicht hier drinnen, aber Aya war wohl kaum in der Position, ihn deswegen zu rügen. Sein Magen fühlte sich an, als hätte er einen Stein verschluckt.

„Omi ist unten. Wenn ich du wäre, würde ich mich beeilen. Ken müsste bald zurück sein und dann könnte das hässlich werden.“

Aya nickte langsam und wandte sich in Richtung Kellertür. Kurz bevor er sie öffnete, sah er noch einmal zurück. Yoji hatte sich rückwärts gegen den Tresen gelehnt und wieder die Zigarette zwischen den Lippen, die Beine übergeschlagen, als würde er lediglich ganz entspannt auf sein Abendessen warten. Aber Aya erkannte die kleinen Zeichen. Die Tatsache, dass er seine Sonnenbrille auf der Nase nach oben geschoben hatte, die Art und Weise, wie seine langen Finger mit dem Feuerzeug spielten; es auf- und zuschnappen ließen, um die Nervosität abzubauen. Irgendwie beruhigte es Aya, dass er nicht der Einzige war, dem das hier zu schaffen machte.

„Nun geh endlich. Ich weiß nicht, wie lange ich den Berserker aufhalten kann, wenn er erfährt, dass du und Omi sich in einem Raum aufhalten. Wenn er wieder da ist, hat dir der Chibi hoffentlich verziehen, sonst garantiere ich für nichts.“

„Ist gut, ich gehe ja schon.“

Aya griff nach der Klinke der Tür und öffnete die Tür, die nach unten führte. Kühlere Luft schlug ihm entgegen und je tiefer er kam, desto kälter wurde es. Es fühlte sich fast an, als würde er in eine andere Welt hinabsteigen. Eine Welt hinter der Welt. Die Welt von Weiß, geformt aus Blut und Tod, aber auch aus vier Leuten, die das Schicksal unwiderruflich zusammengebracht hatte, um sich der Dunkelheit entgegenzustellen. Und er hatte einen Keil in diese Einheit getrieben. Es wurde Zeit, dass er das wieder geradebog.

 

Der Computerbildschirm war das Einzige, das den kleinen Raum beleuchtete. Er warf einen bläulichen Schein auf den Schreibtisch und den Stuhl davor, während der Rest des Raums im Dunkeln versank. Aya gab sich Mühe, hörbar aufzutreten, um Omi nicht zu erschrecken. Obwohl das vermutlich nicht notwendig war. Der Junge war immerhin ein trainierter Assassine. Sich an ihn heranzuschleichen, war fast ein Ding der Unmöglichkeit.

„Ich habe doch gesagt, ich will nichts essen.“ Omi Stimme klang brüchig, heiser. Als hätte er geschrien und seinen Hals dabei überanstrengt.

„Omi, ich bin's.“

Der Schreibtischstuhl fuhr herum und Omi sah ihn aus großen, entgeisterten Augen an.

„Aya-kun.“

Bei seinem Anblick war Ayas Kopf plötzlich wie leergefegt. Er hatte sich stundenlang überlegt, was er sagen wollte. Sich die Worte zurechtgelegt, damit er sie im richtigen Moment parat hatte. Doch all die Notizen, die er im Geiste geschrieben hatte, waren plötzlich leer und wurden vom Wind davon geweht.

„Ich … was ich gesagt habe ...“ es wollte ihm einfach nicht über die Lippen kommen.

Omi begann zu lächeln. „Ist schon gut. Du hattest recht. Ich habe wirklich versagt. Wenn sich jemand entschuldigen muss, dann bin ich das. Ich ...“

Omi kam nicht weiter, denn Aya hatte die Tüte fallen lassen und war vor ihm auf die Knie gesunken. Eine steile Falte stand auf seiner Stirn. Er packte Omi und schüttelte ihn ein paar Mal hin und her.

„Hör auf das zu sagen. Du hast nichts falsch gemacht. Niemand hätte wissen können, dass so etwas passiert. Du bist nicht für alles Unglück dieser Welt verantwortlich.“

Omis Lächeln wurde traurig. „Es ist nett von dir, das zu sagen, aber ...“

„Omi!“ Aya wusste, dass er ihn anbellte, aber das war einfacher, als weiterhin untätig danebenzustehen. „Omi, hör mir zu. Es war falsch, was ich dir an den Kopf geworfen habe. Ich habe … ich bin einfach total in Panik geraten, als ich das von meiner Schwester gehört habe. Ich konnte nicht mehr klar denken. Und meine Wut darüber, nichts tun zu können, habe ich an dir ausgelassen. Es war falsch und es tut mir leid. Hast du das verstanden? Es war nicht deine Schuld!“

Omis Unterlippe begann zu zittern und im nächsten Moment begannen die ersten Tränen seine Wangen hinabzulaufen. Aya schloss die Augen.

„Sorry ich ... ich bin nicht gut in sowas. Ich bin eben ein Arsch. Ein herzloser, kaltschnäuziger, rücksichtsloser Bastard von einem Arsch. Der größte Arsch von allen. Quasi Mega-Arsch aus Arschlochistan.“

In Omis Schluchzer mischte sich ein glucksendes Lachen und er erbebte noch einmal, nur dieses Mal vor Lachen. Das Ergebnis war ein gewaltiger Schluckauf, der ihn beutelte, während er Aya unter Tränen schief angrinste.

„Ein Riesenarsch“, bestätigte er. „Aber mit einer Sache lagst du trotzdem richtig. Ich hätte dir das Ganze nicht so lange verschweigen sollen. In meiner Blindheit habe ich mich nur darauf konzentriert, das Problem mit den Datenbanken zu lösen. Ich hätte früher darüber nachdenken sollen, was für Konsequenzen das hat und wie wir das verhindern können.“

„Ich hatte gedacht, wir könnten vielleicht Birman fragen, ob sie meine Schwester verlegen lässt.“

„Schon geschehen.“ Omi drehte sich halb herum und langte nach einem kleinen Notizblock. Er riss das oberste Blatt ab und reichte es Aya. „Das ist die neue Adresse des Krankenhauses, in das sie gebracht worden ist. Und das hier ist die einzige Aufzeichnung darüber.“ Er runzelte die Stirn und riss auch noch die nächsten drei Blätter ab und drückte sie Aya in die Hand. „Nur für den Fall, dass der Stift durchgedrückt hat.“

Jetzt musste auch Aya lächeln. „Du bist schon ein bisschen paranoid, oder?“

„Ich gucke viel fern“, antwortete Omi leichthin. „Da lernt man so einiges.“

 

Von oben war das Rasseln des Tores zu hören und Omi wischte sich eilig über das Gesicht. „Das muss Ken mit dem Essen sein. Ich sollte vielleicht mit ihm sprechen, bevor ihr aufeinander trefft.“

Er stand auf und stieß mit dem Fuß gegen die Tüte, die Aya fallengelassen hatte. Im Eifer des Gefechts hatte er sie vollkommen vergessen.

„Ich habe … dir was mitgebracht.“ Es kam ihm jetzt noch viel lächerlicher vor als noch vor ein paar Minuten. Omi bückte sich und hob die Tüte auf. Als er hineinsah, fing sein Gesicht an zu strahlen.

„Oh Aya-kun, der ist ja niedlich?“

Er zog den kleinen Plüschhund hervor, den Aya gekauft hatte. Er war weiß und braun und wenn man auf einen Knopf auf seinem Bauch drückte, fing er an zu bellen. Aya hatte ihn in einem Kaufhaus entdeckt. Ein kleiner Junge hatte seine Mutter angefleht, ihm so ein Tier zu kaufen. Die Frau hatte zuerst nein gesagt, aber als das Kind gar nicht aufgehört hatte, zu betteln, hatte sie schließlich gelächelt, ihm über den Kopf gestreichelt und hatte erlaubt, dass er sich einen Hund aussuchte. Nachdem sie verschwunden war, hatte Aya eines der Tiere in die Hand genommen und es hatte ihn irgendwie an Omi erinnert. Noch bevor er es wirklich realisiert hatte, war er damit zur Kasse marschiert und hatte es gekauft. Eine selten dämliche Idee, wie er bis vor wenigen Augenblicken noch gedacht hatte. Aber anscheinend gefiel es Omi.

„Ich … dachte, du magst ihn vielleicht.“

Ein Schulterzucken. Er kam sich komisch vor in dieser Rolle, die er gerade innehatte. Der große, fürsorgliche Bruder. Das war vielleicht Ken und eventuell sogar Yoji in seiner eigenen, recht verqueren Art. Aber er, Aya, er war doch eher derjenige, der lediglich die verprügelte, die es gewagt hatten, sich an Kleineren zu vergreifen. Aber, so dachte er plötzlich, vielleicht war das eben auch eine Art von Fürsorge. Eine, die Omi ebenso brauchte wie die anderen. Immerhin war Weiß die einzige Familie, die er hatte.

 

Ein Schrei erklang von oben, gefolgt von Yojis Stimme.

„Ken, nein! Lass die beiden das in Ruhe alleine klären.“

„Klären? Ich kläre das auf meine Weise. Indem ich ihn umbringe. Lass mich endlich los, Yoji, ich will ihm seinen verdammten Dickschädel einschlagen.“

Omi kicherte plötzlich.

„Vielleicht wartest du hier, bis sich Ken beruhigt hat. Sonst müssen wir morgen schon wieder neue Ware bestellen.“

Aya öffnete den Mund, um zu sagen, dass er bestimmt keine Angst vor Ken hatte, aber er erkannte, dass es Omi darum ging, seine Familie zu beschützen. Alle von ihnen. Auch Aya. Er nickte langsam.

„Ist gut, ich warte hier. Sag mir Bescheid, wenn der Hurrikan vorbeigezogen ist.“

Omi nickte heftig. „Ist gut, Aya-kun. Es wird nicht lange dauern.“ Mit neuem Elena sprang er die Treppe hinauf, den Plüschhund unter dem Arm.

Aya ließ sich auf den Schreibtischstuhl sinken und drehte langsam den Zettel mit der Adresse in den Händen. Seine Schwester war wieder in Sicherheit. Es gab niemanden, den er betrafen, den er zur Rechenschaft ziehen konnte. Das Ganze verlief sich einfach im Sand.

'Ist vielleicht auch besser so', dachte er ein wenig bitter. Denn das nächste, schwarze Biest, das die Nacht durchstreifte, würde sicherlich nicht lange auf sich warten lassen. Und dann würde er da sein und es mit dem Schwert in der Hand erwarten.

 

 

 

 

 

Das kleine, rosa Plüschkaninchen flog in hohem Bogen durch die Luft und landete hart auf der Erde. Ein zerfledderter Turnschuh drückte es in den Staub. Das Lachen des Jungen, dem er gehörte, war dreckig.

„Hey, Nanami. Ist das deins?“ Er drehte seinen Fuß hin und her.

Das Mädchen mit den langen, blauen Haaren stand vollkommen regungslos da. Einzig ihre Lippen bewegten sich. Ihre tränennassen Augen waren starr auf das Kaninchen gerichtet.

„Lass sie, bevor wir Ärger bekommen.“ Ein weiterer Junge zog seinen Kumpel am Arm. „Die hat sie doch nicht alle.“

„Ja, eben, deswegen wird sie uns auch nicht verraten. Nicht wahr, Nanami? Du wirst nicht zu deinem Papa rennen und alles ausplaudern, wie das letzte Mal. Denn wenn du das tust, dann holen wir uns deinen kleinen Freund hier und schneiden ihm die Ohren ab.“

Mehr Gelächter wurde laut, als sich die Gruppe der fünf Jungs sich um das Mädchen zusammenrottete. Ängstlich machte sie einen Schritt rückwärts und dann noch einen, bis sie mit dem Rücken zur Wand stand. Der Anführer der Band schwenkte das lädierte Stofftier hin und her.

„Sieh nur, was passiert ist. Das böse Kaninchen hat sich schmutzig gemacht. Sollen wir es baden? Vielleicht werfen wir es in den Fluss.“

„Gib ihn mir wieder.“ Ihre Stimme war nur ein Flüstern.

„Was hast du gesagt? Ich kann dich nicht hören.“

„Sie hat gesagt, du sollst ihr das Kaninchen geben.“

Die Jungen fuhren herum. Ein Mann und eine Frau standen am Eingang der Sackgasse, in die sie ihr Opfer gelockt hatten. Die Aufseher konnten diese Ecke des Geländes nicht einsehen. Woher zum Teufel kamen jetzt diese beiden Weißkittel?

„Los, lass uns abhauen.“ Der Zweite der Gruppe, ein langer Junge mit zu kurzen Hosen, war anscheinend schlauer als sein Anführer, der immer noch mit dem Kaninchen in der Hand dastand.

Der Mann mit dem Raubvogelgesicht wandte sich an seine Begleiterin. „Chizuru, wenn du so freundlich wärst, die Namen der anwesenden jungen Herren aufzunehmen? Ich hätte sie gerne auf meiner Liste.“

Die Angesprochene rückte ihre Brille zurecht. „Natürlich, Masafumi.“ Ihre roten Lippen verzogen sich zu einem geschäftsmäßigen Lächeln. „Also, Jungs, wie heißt ihr?“

„Wir haben nichts gemacht!“

„Das waren wir nicht.“

„Die ist selber schuld. Schleppt immer ihr blödes Kaninchen herum. Wie ein Baby. Dabei hat sie schon Titten.“

Es war in der Gruppe nicht auszumachen, von dem der Kommentar kam, aber die Frau in dem weißen Kittel hatte anscheinend genug gehört. Sie klickte den Kugelschreiber ein, mit dem sie gerade noch hatte die Namen notieren wollen.

„Ich verstehe. Und da dachten wir, wir hätten hier ein paar richtige Männer gefunden, um einen Job zu erledigen. Aber anscheinend sind es doch nur ein paar dumme Jungs, die sich einen Spaß mit Herrn Hibinos Tochter erlauben. Er wird nicht erfreut sein, das zu hören.“

Unruhe machte sich unter den Jungen bereit.

„Sie will uns beim Heimleiter verpfeifen. Kenta, mach was.“

Der Anführer sah sich gezwungen zu handeln, wenn er seine Position nicht infrage gestellt haben wollte. Er richtete sich auf und streckte die Brust raus.

„Kenta. Kenta Suguro.“

Die Frau klickte die Mine ihres Stift wieder heraus und lächelte wieder. „Das klingt doch schon mal gut. Wer möchte der nächste sein?“

 

Während sich Chizuru um die Jungen kümmerte, wandte sich Masafumi dem Mädchen zu. Er beugte sich zu ihr herab.

„Na, meine Kleine. Möchtest du dein Kaninchen wiederhaben?“

Das Mädchen nickte und er reichte ihr das Stofftier, das sie sofort an ihre Brust drückte. Ihre graublauen Augen sahen furchtsam zu Boden. „Werden Sie das meinem Papa sagen?“

„Was soll ich ihm sagen?“

„Dass ich … dass ich wieder unartig war. Er hat gesagt, ich darf nicht nach draußen. Ich darf nur drinnen sein bei ihm.“ Ihr Stimme war immer leiser geworden und war jetzt fast unhörbar. „Mein Papa mag es nicht, wenn jemand mich ansieht.“

Masafumi lächelte. „Dann werden wir es deinem Papa nicht verraten. In Ordnung?“

Sie sah zu ihm und zum ersten Mal trat in die Augen des Mädchens etwas, das er so nicht erwartet hatte. Dankbarkeit. Es veränderte ihren gesamten Gesichtsausdruck und aus dem unglücklichen, kleinen Vogel wurde ein strahlender, junger Schwan. Er war so erstaunt, dass er für einen Augenblick völlig fasziniert innehielt und sie ansah. Als sie sich bewusst wurde, dass er das tat, senkte sie schnell wieder den Blick und drückte ihr Kaninchen fester an sich.

„Mein Papa wird sehr, sehr böse sein.“

Die Schönheit und Reinheit, die er so eben noch gesehen hatte, war verflogen wie ein Nebelstreif im Wind. Bedauern mischte sich mit Zorn. Zorn über so eine Verschwendung von Unschuld und Jugend. Er musste einen Weg finden, sie zu bewahren.

„Chizuru?“ Er richtete sich auf und winkte sie zu sich. „Das Mädchen. Setz sie auch mit auf die Liste.“

„Aber …“, sie sah ihn mit großem Erstaunen an. „Herr Hibino wird nicht erlauben, dass wir seine eigene Tochter...“

Masafumi schnitt ihr mit einer herrischen Geste das Wort ab. „Wenn er sie nicht freigibt, dann werden wir der Polizei wohl erzählen müssen, dass er regelmäßig seine Schützlinge an zwielichtige Organisationen verkauft. Die Belege dafür werden sich zu diesem Zeitpunkt auf seinem Bankkonto befinden. Sag ihm das.“

Chizuru senkte ergeben den Kopf. „Natürlich. Aber, wenn ich fragen darf ... warum sie? Bisher wolltest du doch immer nur männliche Kandidaten.“

Masafumi lächelte sie an. „Sie ist nicht für die Versuche gedacht. Sie wird mein ganz persönlicher, kleiner Engel werden.“

Er drehte sich noch einmal zu dem Mädchen herum, das jetzt leise und eindringlich mit ihrem Kaninchen sprach. „Sie ist etwas ganz Besonders, doch ihr stumpfsinniger Vater hat sie fast verkümmern lassen. Er erkennt ihren Wert nicht. Ich werde sie retten, Chizuru. Ich werde sie retten und sie wird nie wieder Angst haben müssen. Nie wieder.“

In Chizurus Augen lag Wärme, als sie zu ihm trat und seine Hand nahm. „Du bist so ein guter Mensch, Masafumi. Ich wünschte nur, die Welt würde dich so sehen, wie ich dich sehen kann.“

Er lachte leise. „Das werden Sie. Eines Tages werden sie aufwachen und die Welt, die sie kennen, wird nicht mehr da sein. Wir werden sie neu formen und die zurücklassen, die sich nicht anpassen wollen. Dann wird es nur noch uns geben. Aber nun lass uns uns zunächst einmal den Dingen zuwenden, die heute auf unserem Terminkalender stehen. Wenn du so freundlich wärst?“

 

Chizuru strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und sah ihre Notizen durch, während sie Masafumi zum Auto folgte.

„Nummer Drei macht immer noch Schwierigkeiten. Seine Fähigkeiten sind stabil, aber er befindet in einem Zustand permanenter Häutung. Wir versuchen ihn, mit Schmerzmitteln zu stabilisieren, aber er kann kaum laufen. Außerdem ist er inzwischen auf beiden Augen fast blind. Wir sollten uns nach einem Ersatz umsehen.“

„Mhm, das klingt vernünftig. Lass ihn kaltstellen und für eine Sektion vorbereiten. Ich möchte katalogisieren, inwieweit auch die inneren Organe betroffen sind. Noch etwas?“

„Karen hat angerufen. Sie hat die Blumen bekommen, die du ihr geschickt hast.“

Er lächelte. „Schöne Blumen für eine schöne Frau. Ich würde dir auch welche schenken, aber ich weiß, dass du andere Dinge zu schätzen weißt. Deswegen habe ich auch noch eine kleine Überraschung für dich.“

Er reichte ihr einen Zettel mit einer Adresse. „Das ist ein Sanatorium, das sich auf schwere Fälle von Amnesie spezialisiert hat. Wenn du möchtest, können wir sie uns ansehen. Vielleicht finden wir ja jemanden, der sich für die Erprobung deiner Erfindung eignet.“

Chizuru wurde ein wenig rot und senkte hastig den Blick. „Aber der Neuraltransmitter funktioniert doch noch gar nicht so, wie er soll. Es wird noch einiges an Arbeit kosten, bis wir wirklich in der Lage sein werden, eine menschliche Persönlichkeit in einen anderen Körper zu transferieren. Deine Forschungen sind weitaus vielversprechender.“

Er hob ihr Kinn und sah ihr direkt in die Augen: „Ich weiß. Aber ich möchte nicht, dass deine Forschung hinter meiner zurückstehen muss. Du bist so ein heller Geist. Es wäre eine Schande, ihn nicht in vollster Stärke erstrahlen zu lassen.“

„Oh Masafumi“, hauchte sie und ihre Lippen fanden sich zu einem Kuss, bevor er den Zündschlüssel herumdrehte und den Wagen in Richtung des Sanatoriums in Bewegung setzte.

 

Zurück blieb ein Mädchen, das den beiden aus großen Augen nachsah. Sie nahm die Pfote ihres Stoffkaninchen und winkte dem Auto, bis es aus ihrem Sichtfeld verschwunden war. Als auch noch die Staubwolke verschwunden war, die es aufgewirbelt hatte, ging sie hinein, um ihren Koffer zu packen. Sie wusste, dass ihr neuer Papa sie bald abholen würde. Es würde nicht mehr lange dauern.

 

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Soundtrack:
„Unter meiner Haut“ - Gestört aber GeiL
„Where The Wild Roses Grow“ - Nick Cave & The Bad Seeds

Ich weiß nicht, ob ihr Schach spielt, aber kennt ihr diese Phase am Anfang, wenn die Bauern alle noch im Weg herumstehen und man nicht dazukommt, richtige Züge zu machen, die einen auch irgendwo hinführen? So ungefähr komme ich mir gerade mit dieser Geschichte vor. :D Komplett anzeigen

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