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A Cats' Fishing Ground

von
Koautor:  Caracola

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34. Kapitel

Sie war ein Zombie.

Zumindest gab es keinen schmeichelhafteren Ausdruck für ihr Erscheinungsbild und die Wirkung, die sie auf ihre Umgebung hatte, ließ auch keine Fragen mehr diesbezüglich offen.

Kinder zeigten mit Fingern auf sie, während ihre Eltern sie absichtlich vollkommen ignorierten.

Männer, die ihr früher mit eindeutigen Blicken hinterher gegafft hatten, würdigten sie nicht einmal eines Blickes, und als sie sich auf dem Bürgersteig den Riemen ihrer Sandale neu gebunden hatte, damit sie nicht auch noch in ihrem schlafwandlerischen Gang auf die Schnauze fiel, warf ihr doch tatsächlich ein vorbei eilender Geschäftsmann mit Handy am Ohr, eine Münze vor die Füße.

Als wäre sie eine Obdachlose, die um Geld bettelte!

Natürlich hatte Viola die Münze aufgehoben, da es ansonsten Verschwendung gewesen wäre, aber sie war verdammt noch mal kein Penner!

Obwohl ihr Äußeres etwas anderes schrie.

Verblüfft über die seltsame Erscheinung in dem kleinen Spiegel, der bei den Sonnenbrillen im Supermarkt hing, starrte Viola ein Selbst von sich an, das sie noch nie zuvor gesehen hatte.

Rote, aufgequollene Augen. Tiefschwarze Schatten darunter. Zerzaustes und ... igitt ... fettiges Haar, das bestimmt auch ohne Haargel in jede Richtung abgestanden wäre, wenn man es nur ließe ...

Dazu eine undurchdachte Auswahl an tagelang getragenen Schmuddelklamotten, auf denen man sogar deutlich Spuren von Speiseresten erkennen konnte, die geradezu von vergangenen Fressorgien kündeten.

Der Schokoklecks in ihrem Mundwinkel war da nur noch das Sahnehäubchen oben drauf und ernüchterte sie endgültig.

Hastig wischte Viola sich mit einem Zipfel ihres Schlabbershirts den Mund ab, richtete das Vogelnest auf ihrem Kopf so gut es in diesem Zustand eben ging und zog noch einmal kräftig die wunde und vom vielen Schnäuzen gerötete Nase auf, da sie zu diesem Ensemble bestimmt kein Taschentuch dabei hatte.

In einem Tempo, auf das Superman neidisch gewesen wäre, bezahlte sie ihre Einkäufe, ohne auch nur einmal hochzublicken und verließ schwer beladen mit dem neuen Fressorgiennachschub eilig das Geschäft.

Sie verstaute lediglich die leicht verderblichen Lebensmittel im Kühlschrank, ehe sie sich selbst in Angriff nahm und sich unter die Dusche zwang.

Viola hatte seit Tagen nicht mehr geduscht. Nicht mal ihre tägliche Katzenwäsche vollzogen oder sich die Zähne –

Ach, verdammt. Seit Zin weg war, hatte sie sich vollkommen fallenlassen, und zwar in einen Berg aus Schokolade, Eiscreme und als Kontrast dazu, in Unmengen von salzhaltigem Knabberzeug.

Eigentlich müsste sie bereits zehn Pfund mehr auf den Hüften haben, da sich das Zeug ja leider nicht einfach in ihren Brüsten absetzen würde, doch als sie bebend und bibbernd wegen des kühlen Wassers und ihrer immer noch großen Abneigung dagegen in der Dusche stand, sah alles noch so aus wie zuvor. Zumindest ihre Konturen.

So wie Zin sie verlassen hatte.

Zin ...

Sofort wollten neue Tränen bahnbrechend über ihre Wange kullern, doch dieses Mal drehte Viola ihnen den Hahn zu und griff stattdessen nach dem Shampoo.

Wenn Zin sie jetzt so sehen könnte, würde er sie nicht wieder erkennen und Viola wusste nicht, was er zu ihren fettigen Haaren und zu ihrer neuesten Körperbehaarung sagen würde, die inzwischen wieder fröhlich nachgewachsen war, nachdem niemand sie daran gehindert hatte.

Außerdem roch sie erbärmlich. Was nicht unbedingt allein an ihrer feinen Nase lag.

Es war zwar absolut unwahrscheinlich, dass er in dieser Minute zur Tür hereinspazierte, aber selbst für den winzigen Hauch einer Möglichkeit, dass es doch so kommen könnte, wollte Viola nicht, dass er sie so sah.

Sie hatte sich lange genug gehenlassen, sich ihrer Trauer ergeben, und obwohl sein Verlust sie immer noch wahnsinnig schmerzte, so wusch sie sich doch tapfer ein zweites Mal die Haare, spülte sie gründlich aus, ehe sie den Rest ihres Körpers ebenso gründlich einseifte und so lange schrubbte, bis sie so duftete, wie eine Frau für ihren Mann duften sollte.

Danach zog sie sich frische Sachen an und begann den Müllberg zu beseitigen, der ihr Heim überrollt zu haben schien.

Merkwürdigerweise half Viola das, ihre Gedanken zu klären und ihre Gefühle wieder etwas zu beruhigen, so dass am Ende das Haus so blitzblank war, wie es höchstens zu Zeiten ihrer Oma gewesen sein musste.

Zufrieden damit, sich größtenteils von Zins Verlust mit Arbeit ablenken zu können, stürzte sie sich auch wieder in ihren Beruf und machte somit all die Stunden wieder gut, die sie bereits seit Beginn ihrer Anstellung versäumt hatte.

Erst Tage später, als Viola glaubte, es würde langsam wieder bergauf gehen und sie könnte die Zeit abwarten, bis Zin wieder zu ihr zurückkehrte, ohne dabei verrückt zu werden, wurde ihr bewusst, wie falsch sie mit dieser Annahme lag.

Viola kam in ihre fruchtbare Zeit und somit direkt in die Hölle ...
 

***
 

Sie waren umgeben von allumfassendem Blau. Verschiedene Töne, Varianten und Abstufungen davon. Aber es war und blieb: blau.

Die kleinen Arme, die um seinen Hals lagen, zuckten leicht, als der Junge auf seinem Rücken langsam begann einzuschlafen. Was Zin dazu zwang, sein Tempo etwas zu drosseln und einen Arm auf die Hände des Kindes zu legen, damit er es nicht verlor.

Nicht nur die Kinder waren inzwischen erschöpft. Die lange Reise ohne wirkliches Ziel nagte immer deutlicher auch an den Erwachsenen.

Zin konnte sich selbst dabei sicher nicht ausnehmen. Ihm fielen schon seit Kilometern immer wieder die Augen zu und er musste sich dazu anhalten, auf die Richtung ihres Schwarms zu achten. Und dabei hatten sie nicht einmal eine Ahnung, wohin genau sie schwammen. Irgendwo am Ende des langen Weges sollte eine Inselkette auf sie warten. Weit entfernt vom Festland und kaum mit Schiffen befahrbar.

Was Zin schwer im Magen lag. Natürlich hatte er eingewilligt, seinen Schwarm zu begleiten und heraus zu finden, ob der Ort für sie ideal und bewohnbar war. Aber sofort, als die Angelegenheit zum Thema wurde, hatte er an Viola gedacht.

Als hätte er einmal mehr als zwei Minuten nicht an sie denken können.

Er vermisste sie. So sehr, dass ihm jedes Mal das Herz schwer wurde und drohte, in auf den Grund des Ozeans zu ziehen, wenn er es nur zuließ. Deshalb versuchte er, den Gedanken an Trennung zu verdrängen. Er konnte daran denken, wie es war, bei ihr zu sein. Er durfte sich vorstellen, wie das Wiedersehen sein würde. Aber er konnte es sich nicht erlauben, über seine Sehnsucht nach ihr zu grübeln.

Schon jetzt sah man es ihm an. Er war dünn geworden. Noch sehniger als ohnehin schon und seine Augen lagen tief in ihren Höhlen. Und dabei bemühte sich Zin, fit zu bleiben. Er aß, auch wenn es ihm nicht schmeckte, er schlief, wenn es die Zeitplanung zuließ. Was leider seltener der Fall war, als es jedem lieb sein konnte.

Der Kopf des Jungen auf seinem Rücken rutschte zwischen Zins Schulterblätter und er kam kurz ins Trudeln. Sein Rücken machte ihm Probleme. Nicht ständig, aber immer wieder so nachhaltig, dass er die Zähne zusammenbeißen musste. Dass er teilweise nur mit der halben Kraft eines normalen Meermanns atmen konnte, machte ihm zu schaffen. Bloß hätte Zin das niemals zugegeben. Er wollte dem Schwarm nicht zur Last fallen. Und er wollte schnell vorwärtskommen. Je schneller sie ihr Ziel erreichten, desto schneller konnte er seine Pflichten abgeben. Und sich auf den Weg machen, um Viola abzuholen.

Er würde nicht nur für seinen Schwarm, sondern auch für sie ein neues Zuhause finden. Einiges davon hatte er sich schon genau überlegt. Es würde noch mehr Zeit in Anspruch nehmen, aber ... sie verdiente es, dass Zin sich zuerst darum kümmerte. Für Viola, die Frau, an die er jeden Moment dachte, für die sein Herz schlug. Und ja: Zu der er verdammt nochmal sofort zurück wollte!
 

***
 

Es war so verdammt heiß!

Schweißperlen liefen ihr über die Schläfen, den Hals hinab, zwischen ihren Brüsten hindurch und wurden erst dort von ihrem knappen Kellnerinnenoberteil aufgesogen. Doch sie konnte den salzigen Perlen nicht entkommen, die sich überall auf ihrem Körper bahnziehend einen Weg zur Erde suchten.

„Einen 'Sex on the Beach' und eine 'Virgin Mary'“, gab sie an Dan weiter, der sie schon die ganze Zeit so seltsam ansah und kurz davorstand, ihr irgendetwas mitzuteilen. Aber an ihrem neu entflammten Arbeitseifer konnte es wohl kaum liegen. Immerhin hatte er sie in der letzten Zeit mehr als einmal gelobt, wie gut sie ihren Job machte und wie froh er war, dass es ihr offenbar wieder besser ging.

Der gute alte Dan.

Er hatte wirklich absolut keine Ahnung.

Während ihr Boss die Cocktails mixte und Viola sich eine Pause gönnte, schnappte sie sich über die Theke hinweg einen Eiswürfel und hielt ihn sich an ihre Schläfe. Seufzend schloss sie die Augen und genoss die Kälte auf ihrer überhitzten Haut. Dabei hatten sie ganz normale Temperaturen, die für sie normalerweise kein Problem darstellten.

Normalerweise. Momentan war nichts an ihr normal. Ihr ganzer Körper spielte verrückt, was sie inzwischen ganz wahnsinnig machte.

Der Eiswürfel glitt samt ihrer Finger von ihrer Schläfe über ihren Hals hinab bis tief in ihren Ausschnitt.

Unbewusst rieb Viola auch ihre Schenkel aneinander, da sie sich so wahnsinnig nach dem einen verzehrte, das ihr seit einer Ewigkeit wie es schien, verwehrt blieb.

Gott, sie wollte Sex! Am besten hier auf der Stelle.

Sogar das ganze Publikum in der vollgestopften Bar wäre ihr egal gewesen!

„Ähm ... Viola?“

Dan räusperte sich vernehmlich, so dass er wieder ihre Aufmerksamkeit gewann und sie den Rest des winzigen Eiswürfels in den Mund nahm, um noch ein bisschen daran zu lutschen, ehe dieser ganz in Wasser aufgehen konnte.

„Was?“, nuschelte sie an dem Eis vorbei und stellte ihr Tablett wieder auf die Theke, damit er ihr die fertige Bestellung geben konnte. Doch er hatte mittendrin einfach aufgehört, was Viola nun doch skeptisch machte.

Sie schluckte den Eiswürfel hinunter und drehte sich ganz zu ihrem seltsam dreinschauenden Boss herum.

„Was ist los, Dan? Habe ich irgendwas im Gesicht oder sowas?“

Dan beugte sich vor, während er sich offenbar bemühte, ihr nur in die Augen zu sehen. Also hatte sie doch irgendetwas im Gesicht.

„Bei dir alles klar?“, wollte er leise aber nachdrücklich wissen.

Viola zuckte nur mit den Schultern.

„Aber klar. Warum nicht?“

Er sah sie nur skeptisch an, was Viola noch verrückter machte. Warum rückte er nicht einfach mit der Sprache heraus? Das fiel ihm doch sonst nicht so schwer.

„Dan, was willst du? Stimmt etwas mit den Bestellungen nicht? Hab ich 'nen fetten Pickel auf der Nase, den du aber lieber umschreiben möchtest? Was ist es?“

„Gott, nein!“

Dan lehnte sich lächelnd zurück und machte sich nun doch daran, die Drinks weiter zu zubereiten, ohne ihr allerdings eine Antwort zu geben.

Viola seufzte und wollte eigentlich nicht weiter nachbohren, aber da ihr der ganze Abend schon so seltsam vorkam, nicht zuletzt wegen ihrer durchdrehenden Hormone, konnte sie es nicht auf sich beruhen lassen. Daher sah sie Dan immer noch auffordernd an.

„Also?“

Er tat noch ungefähr eine halbe Minute lang so, als müsse er die perfekte Position für das kleine bunte Cocktailschirmchen finden, ehe er sich endlich so weit hatte, dass er zu einer Antwort fähig war. Was Viola noch mehr beunruhigte.

„Also, Viola. Ich will mich wirklich nicht über deine Arbeitsweise beschweren, immerhin ist die Bude in letzter Zeit gerammelt voll und die Trinkgelder fließen nur so, aber ich weiß einfach nicht, was ich von deiner derzeitigen Arbeitseinstellung halten soll. Ich meine, du hängst dich so rein wie noch nie, siehst aber nicht so aus, als würde es dir dabei schlecht gehen. Dagegen ist wirklich nichts einzuwenden, aber ich finde ... du solltest dich etwas ... zurückhalten.“

Nun war sie dann doch völlig baff.

„Was?“, konnte sie nur entgeistert fragen. „Inwiefern zurückhalten? Ich mache doch meinen Job ganz normal wie immer. Du selbst hast mich gelobt, dass ich in letzter Zeit so pünktlich und zuverlässig bin und jetzt auf einmal passt dir das nicht mehr?“

Oh nein, sie durfte sich nicht aufregen. Das trieb ihre Temperatur nur noch mehr in die Höhe.

So verstohlen wie möglich wischte sie sich mit einer Serviette den Ausschnitt etwas trocken. Sie zerfloss hier gleich und das nicht nur vor Schweiß.

Dass Dan offenbar ein Problem mit ihr hatte, heizte auch andere Regionen an ihr an, obwohl sie das ganz und gar nicht nachvollziehen konnte.

Es war ja schließlich nicht so, als wäre sie scharf darauf, Sex mit Dan zu haben. Immerhin war er mehr wie ein Vater für sie. Aber dieses Gezanke ...

"Da, genau das meine ich!“

Erschrocken hielt Viola in ihrer Bewegung inne. Sie war mit der Serviette gerade in ihrem Nacken angekommen.

Allerdings nahm sie ihre Hand nun runter und hatte diese vagen Andeutungen nun wirklich satt.

„Okay, Dan. Wenn du nicht willst, dass ich jetzt einfach gehe, um mich zuhause in meinen Kühlschrank zu setzen, sprichst du jetzt besser Klartext mit mir. Ich verstehe einfach nicht, worauf du hinaus willst.“

Dan kniff sich um Beherrschung ringend mit Daumen und Zeigefinger in die Nasenwurzel, während er für einen Moment lang die Augen schloss.

Ja, er könnte wirklich ihr Vater sein.

Offenbar war es schlimmer, als sie angenommen hatte. Man sah ihm an, wie sichtlich unwohl er sich fühlte, als er sich endlich dazu durchringen konnte, mit der Wahrheit herauszurücken.

„Viola hätte ich das Geld dafür, hier eine Klimaanlage zu installieren, ich würde allein dir zuliebe eine hier rein stellen.“

Was auch immer das jetzt bedeuten sollte.

„Ich mache mir einfach Sorgen. Nicht etwa, ob du krank bist, denn das bist du offensichtlich nicht, so wie du vor blühendem Leben nur so strotzt, aber ich bin nun einmal nicht der einzige Mann hier, dem das auffällt. Also könntest du bitte, weniger freizügig sein und meine Gäste nicht so nach dir hecheln lassen? Sonst muss ich dir auch noch Begleitschutz mit auf dem Weg geben, wenn du nach Hause gehst.“

Also das war es ...

Lächelnd stellte Viola die Drinks auf ihr Tablett und hob es hoch.

„Mach dir keine Sorgen um mich. Ich bin schon ein großes Mädchen.“ Und ein paar spitze Männer wären ihr immer noch lieber, als ein fetter Pickel auf der Nase. Da könnte sie sich wenigstens in einer ordentlichen Auseinandersetzung abreagieren. Denn eines stand für Viola fest: Obwohl sie während ihrer fruchtbaren Zeit fast umkam vor Verlangen, gab es nun einmal nur einen Mann, mit dem sie es stillen wollte und der war leider unzählige Seemeilen von ihr entfernt. Was bedeutete, dass sie sich schön brav von Orgien fernhielt und nach der Arbeit nach Hause ging, um alleine in ihrem Bett zu schlafen. Allerdings zurzeit erst, nachdem sie sich mit unzähligen Fantasien in denen Zin die Hauptrolle spielte, in den Schlaf gestreichelt hatte. Was am Morgen ihre Sehnsucht nach ihm nur noch unerträglicher machte, da die Stelle in ihrem Bett neben ihr verlassen geblieben war.
 

***
 

Nicht einschlafen.

Zin wusste nicht genau, ob er sich selbst oder die Frau meinte, die neben ihm her schwamm. Ihre Augen waren schon halb geschlossen und immer wieder trieb sie einfach nur so dahin und wurde weiter an die Oberfläche gezogen. Sie konnten alle langsam aber sicher nicht mehr weiter.

Zum x-ten Male sah Zin sich nach den Oberhäuptern des Schwarms um und gab ihnen ein Zeichen. Sie nickten auch wieder, was Zin ein wenig erleichtert stimmte. Sobald es möglich war, würden sie rasten. Bloß ... wo in dieser blauen Unendlichkeit würden sie einen geeigneten Ort dafür finden?

Eigentlich hatten sie alle schon vor Stunden mit einem Vulkankegel oder zumindest einem Riff gerechnet. Hier in der Gegend musste irgendwo ein Gebirge im Meer aufragen und eine Inselkette bilden.

Hatten sie sich falsch orientiert und waren in eine andere Richtung unterwegs, als ursprünglich geplant?

Seine Brüder und er hatten immer wieder die Strömungsrichtungen, den Stand der Sonne und bald deren letzten, wärmenden Strahlen gelesen. Sie mussten auf dem richtigen Weg sein. Warum aber dauerte es so lange?

Inzwischen trug Zin zwei kleine Kinder auf seinem Rücken, bei denen er immer mehr die Müdigkeit und auch die Kälte bemerkte, die ihnen unter die Haut kroch. Das Mädchen zitterte leicht und hatte ihre Arme – anstatt um Zins Hals – um den Körper ihres nicht sehr viel älteren Bruders geschlungen. Sie mussten bald ankommen. Sie mussten einfach.

Wie er es schon seit Stunden tat, horchte Zin auch jetzt wieder in sich hinein. Ein paar wenige Kraftreserven hatte er noch. Aber lange würde auch er nicht mehr durchhalten. Sein Rücken schmerzte und ihm wurde immer wieder schwindelig von der Anstrengung, die Kinder zu tragen. Seine Kiemen machten ihm Schwierigkeiten und er schwamm schon eine ganze Weile in Schonhaltung, auch wenn er das versuchte, vor den Anderen zu verbergen.

Viola, vielleicht habe ich einen Fehler gemacht ...

Er schüttelte seinen Kopf, um nicht weiter an sie zu denken. Um nicht einmal die Idee zu bekommen, dass er sie nie wieder sehen würde.

Dass sein Schwarm bis jetzt noch keinen Unterschlupf gefunden hatte, hieß nicht viel. Vielleicht hatten sie sich bei der Strecke ein bisschen verrechnet. Aber eine Insel, ein Unterwassergebirge ... konnte nicht einfach verschwinden. Sie würden es finden. Noch bevor die Nacht zu Ende war.
 

Die Mutter nahm ihm die Kinder ab und sah selbst so aus, als hätte sie sich gern an jemanden gelehnt, um endlich ein bisschen zu schlafen. Zin konnte es ihr nachfühlen. Aber für ihn war es noch nicht so weit. Der einzige Trost blieb, dass er vielleicht helfen konnte, die Situation für alle zu verbessern.

Mit schmerzenden Augen und Gliedern drehte er sich um, warf einen Blick auf die kleine Mannschaft von Ausgewählten und gesellte sich zu ihnen. Ein paar Absprachen wurden getroffen, bevor sie sich aufmachten.

Vor ihnen ragte ein Atoll in die Höhe. Eines von mehreren, die von qualmenden Unterwasserschloten unterbrochen wurden. Das Wasser war warm und voller Leben. Etwas, das nicht nur Zin gefiel, sondern vor allem auch den Kindern wieder ein wenig Leben in die müden Körper hauchte.

Doch leider war es nicht so, dass alles, was schön aussah, sich auch zum Leben eignete. Deshalb war eine kleine Gruppe zusammengestellt worden, die sich das nächstliegende Atoll einmal genauer ansah.

Zin hatte sich dazu einteilen lassen, den Part unter der Oberfläche zu übernehmen. Zwar wäre es für seine Kiemen sicher leichter geworden, sobald sie an Land gingen. Andererseits würde der Aufstieg ihnen und seiner Schwimmblase zu schaffen machen. Er hatte bereits gemerkt, dass es diesem Organ in den letzten Stunden immer schlechter gelungen war, mögliche Wassertiefenänderungen auszugleichen. Also blieb wohl fürs Erste nur die Felsspalte vor ihm.

Einmal schloss Zin fest die Augen, dann öffnete er sie wieder und atmete tief durch, bevor er seine Hände auf den rauen Stein legte, der von bunten Korallen und Weichtieren überwuchert war. Er zog sich in die Felsspalte und damit in die vollkommene Dunkelheit.
 

***
 

Das Wasser schlug ihr um die Knöchel, während sie langsam und mit hängendem Kopf den Strand entlang spazierte. Das Mondlicht verfing sich in ihrem Haar und erhellte Viola zugleich den Weg, obwohl es dank ihrer Natur nicht nötig gewesen wäre. Eigentlich machte sie der Anblick des Vollmonds sogar noch melancholischer.

Sie konnte nicht schlafen.

Bald würde der Höhepunkt ihrer fruchtbaren Zeit überschritten sein, doch bis es so weit war, stand sie wie unter Strom. Sich selbst zu streicheln brachte ihr keinerlei Befriedigung mehr, sondern hinterließ in ihr noch mehr Sehnsucht nach dem Mann, der ihr von Tag zu Tag mehr fehlte, obwohl man eigentlich meinen sollte, dass es mit der Zeit besser werden würde. Immerhin hatte sie vor Zins Erscheinen auch alleine gelebt und das sehr lange. Sie wusste also, wie es ging, doch irgendwie konnte sie sich diese alte Haut nicht mehr überziehen.

Viola war herausgewachsen und würde wohl auch nie wieder hineinpassen. Was sie auch gar nicht wollte. Sie wollte einfach nur Zin.

Ein schweres Seufzen kam über ihre Lippen. Eines von vielen in dieser Nacht. Ihr war so elendiglich zu Mute.

Dabei war es nicht einmal Zins Körper, den sie im Augenblick so sehr vermisste und welche Erlösung er ihr schenken könnte. Nein, sie vermisste seine Persönlichkeit, seine Gegenwart, das Gefühl seiner Nähe.

Eigentlich vermisste sie alles an ihm.

Die Art, wie er sich von anderen Männern unterschied, wie er sowohl feinfühlig wie auch stark sein konnte. Sein Unwissen über viele alltägliche Dinge und seinen Drang danach, diese zu ergründen, aber vor allem vermisste sie an ihm, wie er mit ihr umging ...

Viola blieb mit dem Gesicht zum Meer gewandt stehen und ließ das Wasser bis über ihre Waden strömen, ohne Angst davor zu empfinden. Denn inzwischen war ihr klar, dass keine ihrer Ängste größer sein konnte, als die Angst davor, Zin vielleicht nie wieder zu sehen.

Sie wusste nicht, wie es ihm ging. Ob er noch unterwegs war, es geschafft hatte, oder ob ihnen auf dem Weg zu ihrer neuen Heimat etwas zugestoßen war und diese Unwissenheit war um vieles schlimmer, als die Angst vor dem Wasser.

Lange blieb sie so stehen, mit starrem Blick aufs Meer hinaus und immer den Tränen nahe, doch am Ende gestattete sich Viola nur noch eine einzige Träne, die ihr über die Wange lief, ehe sie diese entschlossen wegwischte und sich mit energischen Schritten zurück zu ihrem Haus aufmachte.

Sie wusste zwar nicht, wie es Zin ging, aber sie wusste, was zu tun war, wenn er wieder zu ihr zurückkam und das konnte sie auch ohne ihn. Sie durfte einfach nicht die Hoffnung verlieren, denn das war alles, was ihr noch blieb.
 

***
 

In vollkommene Dunkelheit gehüllt, atmete Zin ruhig aus und ein. Was er hier am ehesten erwarten konnte, waren schlafende Haie, Muränen oder Steinfische. Alles keine sonderlich netten Zeitgenossen. Aber Zin wusste, wie er sich verhalten musste, um nicht gebissen oder anderweitig verletzt zu werden.

Jetzt allerdings war er nur von Stein umgeben, ein paar kleinere Fische schwammen an ihm vorbei oder verbargen sich vor seiner großen Silhouette in Ritzen und Löchern. Der Durchgang war nicht lang. Etwa vier Meter, bevor wieder gräuliches Licht zu erkennen war, auf das Zin sich langsam und vorsichtig zu bewegte.

Mit offenen Augen und aufmerksamem Blick steckte er seinen Kopf aus dem schmalen Felsspalt und sah sich um. Vor ihm öffnete sich eine Art natürlicher Brunnen. Ein fast kreisrundes Loch im Plateau. Von oben fiel Licht herein und beschien die bewachsenen Felsvorsprünge.

Das erste Mal seit vielen Tagen musste Zin lächeln.
 

***
 

„Viola?“

Tess betrat ungeniert das alte Haus durch die sperrangelweit offen stehende Haustür, doch von Viola war nichts zu sehen, dafür standen haufenweise gestapelte Kartons und ebenso viele, die erst zusammengefaltet werden mussten, herum.

Seltsam.

„Hier!“

Violas Stimme drang nur gedämpft aus den Tiefen des normalerweise gar nicht mal so großen Hauses zu ihr durch und ließ Tess verwundert die gleichfarbige Augenbraue heben.

„Wo?“, rief sie daher nach einem Moment zurück, in dem sie jedes Zimmer im Erdgeschoss nach Viola abgesucht, sie aber nicht gefunden hatte.

„Dachboden!“

Dachboden? Seit wann ging Viola auf den Dachboden? Das letzte Mal war sie dort gewesen, um die Habseligkeiten ihrer Oma dort oben für immer zu versiegeln, so dass niemand auch nur ein Kleidungsstück oder sonst etwas von den Habseligkeiten der alten Dame mitnehmen konnte. Sie diese aber zugleich auch nicht mehr sehen musste.

Damals war sie total am Boden zerstört gewesen und Tess hatte geglaubt, dass der alte Plunder dort oben eher verrotten würde, als irgendwo anders hinzukommen. Andererseits verhielt sich Viola in letzter Zeit ohnehin ziemlich merkwürdig.

Nachdem ihre Trauer um ihren neuen Freund ein bisschen nachgelassen und sie sich in ihre Arbeitswut hinein gesteigert hatte, dachte Tess eigentlich, es würde langsam wieder bergauf gehen, aber das hier ...

Im ersten Stock stapelten sich noch mehr Kisten. Sowohl alte, mit Staub bedeckte Kartons, wie auch welche aus dem neuen Baumarkt.

Neugierdehalber lugte Tess in einen der Neuen hinein, nur um verwundert einen von Violas Badeanzügen herauszuziehen, den sie erst letzten Sommer gekauft hatte.

Da sie nicht zu den Frauen gehörte, die sich Klamotten kaufte, nur um sie dann nur einmal zu tragen, fragte Tess sich, was es wohl damit auf sich hatte. Immerhin war der Badeanzug nicht das Einzige, was Viola in die neuen Kartons verstaut hatte.

Während Tess an Violas Zimmer vorbeiging, konnte sie sogar die Farbe des Fußbodens erkennen – dunkle Kirsche. Den Boden hatte sie all die Jahre noch nie gesehen!

Kein Wunder bei Violas Hang zur Unordentlichkeit, doch davon war inzwischen in dem Zimmer nichts mehr zu sehen. Ganz im Gegenteil, es war so akkurat aufgeräumt, als wäre ein General eingezogen. Was bedeutete, dass nicht einmal mehr Fotos oder Poster an der Wand hingen. Man sah zwar noch die Abdrücke, aber die vielen Andenken an schöne Zeiten waren verschwunden. Eigentlich alles, was man als persönliche Gegenstände ansehen konnte.

Jetzt bekam Tess es tatsächlich mit der Angst zu tun. Wollte Viola denn wegziehen?

„Vy?“

Vorsichtig erklomm sie die wackelige Leiter zum Dachboden und steckte den Kopf hinein, um nach Viola zu suchen, die gerade leise vor sich hin hustend, einen weiteren Karton aus einer der hintersten Ecken des riesigen Raumes hervor zog. Vermutlich Bücher, so schwer, wie sie die Kiste über den Boden schleifenlassen musste.

"Was machst du ... hier?“

Tess fiel beinahe die Kinnlade herunter, als Viola ins Licht eines der Dachfenster trat und dabei eine Seite von sich zeigte, die sie so noch nie an ihrer Freundin gesehen hatte.

Heilige Scheiße, was war nur mit Viola los?

Feine Schweißperlen standen ihr auf der Stirn, während ihre Wangen leicht gerötet waren. Das Haar fiel ihr etwas wirr über die Schultern, obwohl Viola sie eigentlich mit einer Haarspange zu bändigen versucht hatte. Die knappe Kleidung klebte ihr feucht und wie eine zweite Haut am Körper, als hätte sie gerade wilde Stunden körperlicher Anstrengung hinter sich, sah dabei aber so aus, als wären es schöne körperliche Anstrengungen gewesen.

Tess hatte Viola noch nie so strahlen sehen, obwohl in ihren Augen immer noch Trauer stand.

Eigentlich war die Blondine noch nicht einmal bisexuell, aber Violas Ausstrahlung war so intensiv, dass sie sich das fast überlegen müsste, wäre Viola dem nicht ebenso abgeneigt, wie sie selbst.

„Ich räume den Dachboden aus. Siehst du doch“, war Violas schlichte Antwort, während sie den schweren Karton neben Tess und der Dachbodenluke stehenließ und wieder nach hinten in einen der dunkleren Winkel verschwand, um vermutlich eine weitere Kiste zu holen.

Tess brauchte immer noch einen Moment, um sich von dem Schock eben zu fangen. Am Ende schob sie die Erscheinung einfach auf die Lichtverhältnisse hier. Das hatte sie sich sicher nur eingebildet.

„Aber ... warum auf einmal jetzt und warum hast du dein Schlafzimmer vollkommen ausgeräumt?“

Während sie sprach, kam Tess noch ein paar Stufen weiter hinauf, um einen besseren Überblick zu haben. Es war fast erschreckend, wie leer der Dachboden war. Früher hatte man hier kaum einen Meter weit gehen können ...

„Weil ich damit am Längsten von allen Räumen gebraucht hätte. Daher habe ich ihn mir als Erstes vorgenommen.“

Tess' erste Frage ignorierte sie einfach. Stattdessen brachte sie einen sehr viel leichteren Karton zu ihrer Freundin und drückte ihn ihr in die Hand.

„Wenn du schon mal hier bist, kannst du dich auch gleich nützlich machen. Räum den bitte nach unten.“

Und damit verschwand sie auch schon wieder.
 

***
 

„Hier. Iss etwas.“

Mit einem Nicken, das Ergebenheit genauso wie Dankbarkeit auszudrücken vermochte, nahm Zin das kleine Päckchen entgegen. In Algen eingewickeltes Fischfilet. Die Farbe deutete auf Thunfisch, den Zin normalerweise sehr gern aß. Aber jetzt war ihm eigentlich egal, was er zu sich nahm. Er aß, weil er es musste. Weder hatte es etwas mit Genuss, noch mit Bedürfnis zu tun. Sein Körper musste stark bleiben, das war alles. Das Hungergefühl, das ihn noch vor Stunden geplagt hatte, hatte er überwunden. Jetzt fühlte er sich nur leer und müde.

So wie der Rest des Schwarms.

Wenn er sich umsah, blickten ihm erschöpfte Gesichter mit tiefen Ringen unter den Augen entgegen. Die Kinder hatten sich an Ort und Stelle irgendwo zusammengerollt und schliefen die Zeit, die sie hatten. Die Kleineren von ihnen waren teils noch nicht zur Ruhe gekommen und klammerten sich an ihre Mütter, die ebenso reif für Erholung aussahen, wie Zin sich fühlte.

Er biss in seinen Fisch, kaute und schluckte. Eigentlich schmeckte er gar nichts, aber sein Magen schien sich über die Energiezufuhr zu freuen.

Zin unterdrückte ein Gähnen und sah zu seinen Brüdern hinüber, die sich leise unterhielten. Nicht sicher, ob ihre Worte ihn interessieren sollten, seufzte Zin innerlich und ließ es für jetzt auf sich beruhen. Wenn es etwas Wichtiges gab, würden sie es dem Schwarm als Ganzem erzählen. Dann würde auch er die Neuigkeiten erfahren. Die Beschlüsse, von denen er noch nicht sicher war, ob sie ihn überhaupt betreffen würden.
 

Irgendwann war es dunkel geworden. Die Familien hatten sich einen Schlafplatz gesucht, sich zum Gefühl der Sicherheit zusammen gekuschelt und hatten zum größten Teil endlich den lang verdienten Schlaf gefunden.

Wachen waren aufgestellt worden und Stille hatte sich über die Gruppe gelegt. Noch hatte niemand etwas darüber verlauten lassen, ob sie längerfristig hier bleiben würden. Es war ein geeigneter Ort. Der Erste, den sie gefunden hatten. Aber noch schien niemand sich dem vielleicht trügerischen Glück hingeben zu wollen. Was, wenn jemand beschloss, dass es doch nicht sicher war? Dass sie zu nah an der Küste waren oder ... einfach irgendetwas an diesem Ort nicht stimmte?

Zin legte seinen Kopf auf seinen Unterarm und wandte das Gesicht zur Oberfläche hinauf. Das Meer war ruhig und er konnte den Schleier der Sterne darüber erkennen. Er dachte an Viola und fragte sich, ob sie wohl schon schlief. Wie es ihr ging und ... wie lange er noch brauchen würde, um zu ihr zurückzukehren.
 

***
 

„Ich kann nicht glauben, dass Zin dir das angetan hat.“

Tess' Blick war ebenso an der Grenze zu reinem Entsetzen, wie auch ihre Stimme, doch davon ließ sich Viola wenig beeindrucken. Stattdessen nahm sie einen ausgedehnten Schluck von ihrem Eistee und blickte durch die offene Terrassentür zum Meer hinaus.

„Zin hat mir gar nichts angetan. Es war ganz allein meine Entscheidung.“

Ihre eigene Stimme war ruhig und gefasst. Kein Zittern, kein Beben, noch nicht einmal ein Hauch von Verunsicherung.

Viola war sich in ihrem Leben noch nie bei etwas so sicher gewesen. Zwar gab es da diese kleine fiese Stimme in ihrem Hinterkopf, die ihr ständig einreden wollte, dass Zin ja gar nicht mehr zu ihr zurückkehren könnte, doch die meiste Zeit konnte Viola sie ausblenden und dann fühlte es sich richtig an, was sie getan hatte, auch wenn es in Tess' Augen so falsch erschien.

„Aber du hast das doch nur für ihn getan? Weil du offenbar genau weißt, dass du weggehen wirst. Warum? Warum kann er nicht einfach hier bei dir bleiben? Immerhin besitzt du ein eigenes Haus!“

Tess versuchte es schon seit Stunden mit den unterschiedlichsten Argumenten, doch bisher war es ihr nicht gelungen, Viola von ihrem Vorhaben abzubringen. Stattdessen hatte sie Stück für Stück dabei mithelfen müssen, die Sachen ihrer Freundin in frische Kartons zu packen und in den Flur zu stellen, bis dort nur noch ein schmaler Gang übriggeblieben war, der gerade so zum Durchschlüpfen reichte. Morgen würden Männer von einer wohltätigen Stiftung kommen und alles abholen.

Viola hatte so gut wie alles, was nicht niet- und nagelfest war – vom Mobiliar einmal abgesehen – verschenkt!

"Weil er eine große Familie hat und diese braucht und die ist nun einmal nicht hier. Ich habe nichts, was mich hier halten könnte. Meine Familie ist tot.“ Oder so gut wie. Ihren Vater wollte sie ohnehin nicht sehen und anrufen könnte sie ihn im Notfall immer noch. Violas Mutter war in ihren Augen schon längst gestorben, selbst wenn sie dort draußen immer noch irgendwo in der Weltgeschichte herumhuren sollte.

„Und was ist mit mir?“

Die leise gehauchte Frage ließ Viola dann doch aufhorchen und sie wandte ihren Blick vom Meer ab, direkt ihrer Freundin zu.

Tess saß im Schneidersitz auf dem gemütlichen Couchsessel, ihr Glas Eistee stand immer noch unberührt vor ihr auf dem Tisch, während sie ihre Hände im Schoß hielt und mit dem Saum ihres Hosenbeins spielte. Auf ihrem Gesicht spiegelten sich deutlich ihre Gefühle wider und trafen somit mitten in Violas Herz.

Sie sprang so schnell von der Couch auf, dass sie etwas Eistee verschüttete, ehe sie ihr Glas auf dem Tisch abstellen und zu Tess hinüber eilen konnte, um ihrer Freundin die Arme um die Schultern zu schlingen.

„Du weißt doch, dass du für mich trotzdem die allerbeste Freundin der Welt bleiben wirst.“, versuchte Viola sie zu trösten, aber natürlich half das nicht viel. Gerade jetzt wollte sie noch nicht über alle möglichen Abschiede nachdenken, das würde sie später noch genug fertigmachen. Dennoch war es nicht leicht, Tess so zu sehen. Immerhin kannten sie sich, seit Viola von ihrem Vater hierher geschickt worden war und sie hatten ebenso viel Scheiße zusammen durchgestanden, wie sie Unsinn angestellt hatten und das war wirklich eine Menge gewesen.

Eine Weile schwiegen sie beide, während Viola ihre Freundin festhielt, bis Tess sich wieder straffte und Viola von der Seite her angrinste.

„Okay, ich werd hier keine Szene machen, aber nur wenn du mir vor deiner Abreise noch verrätst, was zur Hölle noch mal dein Geheimnis ist. Vy, selbst verschwitzt und verstaubt siehst du immer noch verdammt scharf aus und dass sag ich als absolute Penis-Liebhaberin!“

Darauf konnte Viola nur zu lachen beginnen und einen Moment später hatte sie auch schon Tess angesteckt.

Wie viel Zeit sie hier auch noch haben würde, es wäre niemals genug, aber für Zin würde sie sogar bis ans Ende der Welt gehen, solange sie nur bei ihm sein konnte.



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