Zum Inhalt der Seite

Aufstand der Oktolinge

Limone x Agent 8
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Octarianer vs. Salmoniden


 

F Ü N F – Octarianer vs. Salmoniden
 

Nachts zuvor, beim Widerstand, 00:57
 

Limone stand wie zur Salzsäule erstarrt da, Noctiluca kam um dem Tisch herum und zog sie in eine feste Umarmung.

„Limette! Da bist du ja endlich. Hat Tenten sich wieder Zeit gelassen, ja?“

Die Salmon Runnerin zischte nur leise, um ihren Unmut kundzutun, ehe sie sich einen klapprigen Stuhl an den Tisch zog und leise in Octo mit den anderen beiden Octolingen redete.

Der Raum, in dem sie sich befanden war ziemlich klein, mit einer Funzel auf dem Tisch, die alles in unstetes Licht tauchte. Die Wände waren aus den Stein; es sah so aus, als wäre dieser Raum direkt hineingegraben worden. Der Tisch und die Stühle hatten das Flair eigentlich Treibholz zu sein, aus dem jemand verzweifelt was gemacht hat. Wie hatte Noctiluca es nur angestellt, diesen Raum auf die Beine zu stellen?

Limone erwiderte Noctilucas Umarmung und atmete tief seinen Geruch ein. Sie liebte seinen Geruch, ob sie es sich eingestehen wollte oder nicht. Der Octoling ließ sie wieder los, die Hände auf ihren Schultern und machte einen Schritt zurück.

„Du weißt, wie viel mir diese Sache bedeutet“, sagte er mit leiser Stimme.

Limone nickte, sie fühlte sich müde und erschöpft. Es war ein langer Tag gewesen und das, was noch vor ihr lag würde mordsgefährlich werden. „Wie willst du es angehen, Luca? Du bist der Insider.“

Er nickte und wies an den Tisch. „Zuerst stell ich dir meine Leute vor. Tenten kennst du ja schon, der junge Mann hier heißt 歯 (Yowai) und diese junge Dame ist 阿須多 (Asta). Wie ich wünschen sie sich eine friedliche Lösung, aber so ganz wird sich das nicht bewerkstelligen lassen. Ein bisschen Krieg für den Frieden ist wohl unvermeidlich …“ Noctiluca schüttelte bedauernd den Kopf.

Limone sah sich die anderen beiden Octolinge an. Yowai hatte ganz weiße Tentakel mit grauen Punkten und sturmgrauen Augen. Astas Tentakel waren gelb und ihre Augen orangefarben; sie trug eine Cappi, auf der sie eine Sonnenbrille geschoben hatte. Beide Octolinge trugen, im Gegensatz zu Noctiluca, Zivil-Kleidung. Grüßend hoben die beiden stumm eine Hand, aber ihre Gesichter blieben misstrauisch – Limone konnte es ihnen nicht verdenken. So musste sich Noctiluca bei ihrem Großvater und 3 gefühlt haben.

„Schön“, Noctiluca klatschte in die Hände, „fangen wir an. Limone muss vorbereitet werden. Tenten“, er wandte sich der Salmon Runnerin zu, „du weißt, was zu tun ist.“

Limone sah verdutzt zwischen den beiden Parteien hin und her, Tenten nickte nur. „Was hat sie denn zu tun?“

Ihr Verbündeter zog einen weiteren, nicht sehr vertrauenserweckenden Stuhl an den Tisch und bedeutete Limone sich zu setzen. „Ich sagte ja schon, dass dein Octo leider zu auffällig ist, um als geborener Octarianer durchzugehen. Tenten wird dir helfen, eine passende Vergangenheit zurecht zu schneidern und an deinem Octo arbeiten.“

Limone setzte sich, der Stuhl ächzte. „Gut und warum Tenten?“

Das Octoling-Mädchen räusperte sich. „Weil wir dich als Salmon Runnerin verkaufen werden.“

Limone blinzelte, sie verstand nicht sofort.

„Die Octarianer aus dem Untergrund haben nur wenig bis gar keinen Kontakt mit uns Octolingen aus dem Salmoniden-Viertel. Wir sind im Grunde eine Art mit zwei verschiedenen Kulturen und auch unsere gemeinsame Sprache hat sich unterschiedlich entwickelt. Das kommt dir zu Gute, Inkling, denn dein schlechtes Octo können wir als Dialekt verkaufen.“

„Mein Octo ist nicht schlecht!“, grummelte Limone beleidigt und lehnte sich verärgert zurück – der Stuhl knarzte bedrohlich.

Tenten kratzte sich am Kinn. „Na ja, es gibt schon einen Grund, warum ich gerade Inkisch mit dir rede …“

Limones Lippen wurden zu einem schmalen Strich. „Das ist nicht nötig, oder hat Luca dir nicht erzählt, dass ich prima Octo verstehe und auch lesen kann?!“

Tenten schnalzte mit der Zunge, ehe ihre Miene sich aufhellte und sie listig grinste. „Scho, dawei tät dir dess nu a recht wensch nutze, Pixen, weil ma Octo gar so anderscht is als dess, woss dir dei Oida glernt hott ...“

Limones Gesicht blieb starr. Es stimmte, sie verstand Tenten tatsächlich sehr schlecht und wenn sie in diesen Dialekt so schnell sprach wie vorhin Inkisch bekäme Limone nur die Hälfte mit. Zugeben wollte sie das trotzdem nicht …

Tenten verdrehte die Augen. „Stolzes Volk, ihr Inklinge … Aber selbst Yowai und Asta haben eine Weile gebraucht mich zu verstehen. Dafür verstehe ich sie manchmal auch ziemlich schlecht. Wie gesagt, das ist unser Vorteil, denn die Octarianer wissen kaum wie mein Dialekt klingt, also kannst du auch nicht auffliegen. Allerdings möchte ich dir einige Begrifflichkeiten beibringen – sicher ist sicher.“

Limone nickte stumm. Wenn Tenten ihr helfen konnte eine glaubwürdige Tarnung aufzubauen, dann war ihr das nur recht. Wer könnte das besser, als ein Octoling?
 

Obwohl sie erst seit einer Stunde die Köpfe zusammensteckten fiel Limone fast schlafend vom Stuhl. Der Tag zollte seinen Tribut, sie war schon seit sieben Uhr morgens wach gewesen und jetzt war es bald zwei.

Tenten musterte Limone eingehend, nachdem sie ihren letzten Satz zweimal wiederholt hatte. „Gut, ich sehe schon, wir müssen das zu späterer Stunde weiterführen.“

Limone unterdrückte ein Gähnen. „Ich muss gestehen, es war ein sehr langer Tag für mich … Nur ein paar Stunden Schlaf, dann bin ich wieder voll einsatzfähig!“

Noctiluca und die beiden anderen Octolinge beugten sich am Tisch neben ihnen über Pläne, Bücher und Notizen. Trotz Limones immer größer werdender Müdigkeit hatte sie eine Frage, die ihr auf der Zunge brannte.

„Wie hat Luca euch alle gefunden? Ich meine, er wird ja wohl kaum herumgelaufen sein und gefragt haben, wer Interesse an einer Verschwörung gegen Octario hat.“

Tenten sah von ihrem Buch auf, in dem grob skizziert Limones neuer Lebenslauf stand. „Nein, er war etwas subtiler. Yowai und Asta sind Teil seines Splatoons, sie kennen sich schon seit der Akademie, also schon lange. Sie sind zusammen zu Soldaten ausgebildet worden. Und ja“, sie sah Limone schief grinsend ins Gesicht, „sie haben Inklinge erschossen, denn das war ihre Aufgabe.“

Limone sah dabei zu Noctiluca hinüber, der von dem Gespräch nichts mitbekam. Sie sah, wie er seine Stirn in Falten legte und angeregt mit den anderen beiden diskutierte. Sie sah seine aufrichtige Leidenschaft, die sie von Anfang an in den Bann gezogen hatte. Sie dachte daran wie sie sich kennen gelernt hatten, wie er sich geweigert hatte auf sie zu schießen, obwohl sie ihren Zielkonzentrator auf ihn gerichtet hatte und Aioli aus dem Funkgerät plärrte, dass sie endlich abdrücken solle. Es fiel Limone schwer, sich einen Noctiluca vorzustellen, der Kuttelfischs Agenten niederschoss.

„Ich war natürlich nicht dabei, aber es gab wohl einen Schlüsselmoment … Noctiluca hörte auf, stur Befehle auszuführen und fing an, nachzudenken. Denken ist bei Octarianern aber nicht gern gesehen, denn es heißt dort einer für alle. Individualität ist Octario ein Gräuel, in seinen Augen macht das nur Probleme, und wenn wir ehrlich sind …“, Tenten kicherte ausgelassen, „hat er damit wohl gar nicht so unrecht.“

„Verstehe. Wie habt ihr euch kennengelernt, wenn Octarianer und Salmon-Run-Octolinge nicht viel miteinander zu tun haben?“ wollte Limone neugierig wissen. Ihre Müdigkeit hatte etwas nachgelassen. Es gab einiges, das Noctiluca immer für sich behalten hatte und Limone brannte darauf mehr zu erfahren.

„Octarianer verhandeln mit Salmoniden“, erklärte Tenten gerade heraus.

Limone sah sie ungläubig an. „Ernsthaft? Aber Salmoniden sind doch nur –!“

„Dumme Fische, die versuchen unsere Küstenlinien einzunehmen?“, beendete Tenten amüsiert Limones Satz. „Da liegst du leider ziemlich falsch. Salmoniden haben Technologie, gut funktionierende Technologie und sie haben Nahrung. Dinge, die den Octarianern nur geringfügig zur Verfügung stehen.“

Limone verstand, so war das also. Octario trieb Handel mit den Salmoniden, aber zwei Aspekte ließen sie mit einem Fragezeichen zurück. „Schön und gut, aber was bitte hat Octario, das den Salmoniden nützen könnte und wo kommen die Salmon Runner ins Spiel?“

Tenten klappte das Buch zu, offenbar hatte sie es vorerst aufgegeben, Limone ihre neue Octoling-Identität näher zu bringen. „Octario hat Land.“

Limone machte ein abfälliges Geräusch. „Unfruchtbares Land, Felsenküste und öde Sandstrände!“

„Das macht nichts, es ist immer noch Land, das die Salmoniden für sich beanspruchen dürfen, wenn sie ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen –, das wäre die Lieferung von unbefruchteten Salmonideneiern und –“

„Ach, das sind diese orangefarbenen Eier, die ich in den Okto-Distrikten manchmal gesehen habe … Die gibt es auch in Inkopolis, mir schmecken sie nur nicht“, murmelte Limone leise.

Tenten nickte. „Wir Salmon Runner nutzen sie auch als Nahrungsmittel, sie sind sehr nahrhaft und wir verkaufen sie an Händler in Inkopolis. Wir Salmon Runner sind aber eigentlich hinter den goldenen Eiern her … Wie dem auch sei … Die Salmoniden brauchen Land, ihre Jungen schlüpfen dort, deswegen ist Octario trotz allem ein interessanter Verhandlungspartner.

Die zweite Bedingung ist der Austausch und die Lieferung von Technologie.“

Limone kratzte sich an einem Tentakel und rieb sich die Augen. Irgendwie taten sich gerade Welten auf, von denen sie – wohlbehütet in Inkopolis – keine Ahnung hatte und wenn sie nichts davon geahnt hatte, dann wussten alle anderen Inklinge auch nichts davon.

„Tja, und jetzt kommen wir Salmon Runner ins Spiel. Salmoniden sind keine harmlosen Zeitgenossen. In ihrem Territorium sollte man wissen, wo man nichts zu suchen hat denn bisweilen“, Tenten beugte sich verschwörerisch nach vorn, „schnappen sie sich alles, das sie zu fassen kriegen. Zack!“ Beim letzten Wort schlug sie vor Limones Nase ihre Hände zusammen. Limone schreckte japsend zurück und wäre beinahe vom Stuhl gefallen.

„Tenten, was erzählst du da wieder für Sachen?!“, fragte Noctiluca verärgert und half Limone, sich wieder richtig hinzusetzen.

Die Salmon Runnerin zuckte ausgelassen mit den Schultern. „Sie wollte doch wissen, was die Octarianer mit den Salmoniden am Hut haben.“

„Ach so …“, Noctiluca runzelte die Stirn. „Das ist auch so eine Sache für sich.“

„Sekunde, ihr helft den Octarianern?!“, fiel es Limone wie Schuppen von den Augen.

Tenten verzog mit bitterer Miene den Mund. „Salmon Runner haben nicht viel im Vergleich zu Inklingen in Inkopolis. So viel anders als die Octarianer leben wir gar nicht und wir haben auch nicht viel mit den Inklingen in Inkopolis zu tun und das gilt für alle Salmon Runner. Octario hat meinem Volk, vornehmlich den Octolingen, viel versprochen, sobald er die Macht über das Land an sich gerissen hat. Ich muss zugeben …“, Tenten sah recht unglücklich bei diesen Worten aus, „dass Salmon-Run-Octolinge aber auch die Inklinge nicht unbedingt die höchste Bildung haben … Viele können nicht mal lesen. Octario ist gerissen und es war bestimmt nicht besonders schwer, haltlose Versprechungen zu machen, die meine Leute begeistert schluckten.“

Limone rieb sich übermüdet die Schläfen, jedes Zahnrad fand seinen Platz. Octario hatte nicht einfach die Elektrowelse geklaut und setzte darauf, dass die kommende Energiekrise ihm in die Arme spielte. Nein, er hatte schon Jahre zuvor im Detail an seinem Gegenschlag gearbeitet. Er hatte die Salmoniden und Salmon Runner auf seine Seite gezogen, er hatte sich Technologie besorgt, welche die Inklinge nicht kennen können und er wusste, dass die Aquamarine zu dünn besetzt war, um eine ernsthafte Bedrohung zu sein. Limone musste sich eine schmerzhafte Wahrheit eingestehen: ihr Großvater hatte den Feind maßlos unterschätzt!

„Sieht übel aus, nicht wahr?“

Tentens Worte holten Limone aus ihrer frustrierten Trance heraus. Die Salmon Runnerin sah diesmal nicht schadenfroh aus – ihr war der Ernst der Lage schon so viel länger bewusst.

„Wieso bist du auf Lucas Seite und nicht bei deinem Volk?“ Ging diese Frage zu weit? Mochte sein, aber Limone musste sie stellen und sie war zu müde, um sich jetzt über Höflichkeiten den ohnehin schon angeschlagenen Kopf zu zerbrechen.

„Als meine Eltern von Salmoniden getötet wurden gab es nur noch mich. Und ich hatte das Gefühl, dass es mehr im Leben geben musste, als Salmonideneier zu sammeln und eines Tages von einem Grablax gefressen zu werden.

Als Octario an die Tür klopfte, dachte ich, dass meine Gebete erhört worden wären. Seine Versprechungen klangen toll in meinem Ohren!“ Tenten schüttelte verärgert den Kopf.

„Aber ich lag falsch! Ich hab mich einlullen lassen und lag mit allem falsch! Ich lernte Noctiluca bei einem Einsatz kennen. Ich sollte ihn, Yowai und Asta zu einem Salmoniden-Verhandlungspartner bringen – keine große Sache, aber ohne Ortskenntnisse nicht ganz ungefährlich.

Luca fragte mich, ob ich an all das glaubte, das Octario versprach. Ich bejahte das … Durch die Blume erklärte er mir, dass solche Verhandlungen immer mit Versprechungen einhergehen, die am Ende nicht eingehalten werden. Anfangs wollte ich das nicht wahr haben. Octario sollte doch derjenige sein, der unserem Leid ein Ende setzt! Aber umso mehr Luca erzählte, desto mehr verstand ich, dass ich mich an eine falsche Hoffnung klammerte.“ Tenten lehnte sich tief seufzend zurück. Die Erinnerung an diese Zeit schien sehr schmerzhaft für sie zu sein. Tentens Blick ging in die Ferne, ihre Miene wirkte traurig und gebrochen. Am liebsten hätte Limone ihr die Hand auf die Schulter gelegt, aber das schien ihr unangebracht und sie stand dem Octoling-Mädchen nicht nahe genug, um sich so etwas zu erlauben.

„Wir blieben in Kontakt“, erzählte Tenten weiter. „Sie brachten mir Lesen und Schreiben bei, ich beschäftigte mich mit Geschichte und den verschiedenen Ansichten, die unsere Welten trennen.

Aber ich hatte recht, zu guter Letzt … Es gibt mehr im Leben, als eines Tages von einem Grablax gefressen zu werden, und ich bin bereit für dieses Leben zu kämpfe!“

Limone nickte anerkennend. Tenten hatte es bestimmt nicht leicht gehabt, weder als Salmon Runner noch als Undercover-Agent. Ihr Leben war von Verlusten geprägt und der unerschütterlichen Hoffnung, es einmal besser zu haben. Sie war stark, zumindest sah Limone das so, sogar stärker als Limone selbst.

„Du solltest dich hinlegen“, sagte Noctiluca sanft und berührte Limone sacht an der Schulter. Sie nickte erschöpft – der Input war heute ziemlich enorm.

Yowai und Asta erhoben sich, der Tisch wurde weggeräumt, die Stühle zur Seite gestellt. Noctiluca holte eine Matratze, die an eine der Wände gelehnt hatte. Er bereitete Limone die Lagerstätte, dann wandte er sich verlegen ihr zu.

„Ich weiß, es macht nicht viel her … Das muss eine Umstellung für sich sein, so vom Luxus auf das hier …“

Yowai und Asta kicherten leise, Limone ignorierte es geflissentlich. „Das ist völlig okay. Ich glaube daran, dass wir eines Tages alle in einem bequemen Bett schlafen können.“

Noctiluca und Tenten wünschten ihr noch eine gute Nacht. Limones Partner erklärte ihr noch, wann Tenten morgen hier aufschlagen würde, dann gingen sie. Als sie weg waren, fiel Limone erschöpft auf die Matratze. Sie hatte sich kaum ausgezogen, als sie auch schon schlief wie ein Stein.

 
 

~~~

 

Ein Klingeln, das sich einfach nicht ignorieren ließ, riss Limone schließlich unsanft aus dem Schlaf. Grummelnd wollte sie nach dem Wecker greifen, aber ihre Hand streifte über rauen Stein – und das Klingeln hörte nicht auf. Limone machte langsam die Augen auf und sah sich träge um.

Wo zum roten Fisch bin ich denn hier gelan..., ging es ihr durch den verschlafenen Kopf, ehe Limone einfiel, was gestern alles geschehen war.

Das Klingeln war immer noch da. Limone griff nach dem Squidphone und schaute nach, wer ihr um sechs Uhr morgens eine Nachricht nach der anderen schickte. Natürlich, Aioli – wer sonst?!
 

Aioli:

„Limone, lebst du noch oder hat dieser listige Octoling dir etwas angetan?! Wenn dem so ist, dann werd ich ihn vierteilen und in heißem Knoblauchöl braten!“

06:04
 

Limone verdrehte die Augen, schrieb ihr aber sofort zurück.

 

Limone:

„Alles gut, Aioli. Ich kann dir nicht schreiben woran wir arbeiten. Zu riskant, aber sei versichert – es läuft gut.

Was treibst du denn schon zu so früher Stunde?“

06:06

 

Aioli:

„Geheimen Kram, wie bei dir! 3 macht sich auf dem Weg zu du-weißt-schon-wohin. Opa und ich haben ein Auge auf ihn.

Drück uns die Daumen!“

06:07
 

Limone kaute nervös auf ihren Lippen herum. Nr. 3 machte sich also auf den Weg zum zweiten Okto-Distrikt.

Sie konnte Noctilucas Worte nicht vergessen, er hatte sie gewarnt, dass es von jetzt an ein steiniger Weg werden würde …

Plötzlich klopfte es laut an der Tür. Limone zuckte heftig zusammen und erstarrte. Reflexartig raffte sie die Decke um sich, als könnte sie diese vor einem Feind schützen. Ganz abgesehen davon, dass es einfach lächerlich aussah.

„Limone, ich bin etwas früher gekommen als geplant! Ich muss jetzt reinkommen, sonst macht mich die Tiefsee-Bahn platt!“

Die Tür öffnete sich ächzend und ein Octoling-Mädchen mit orangefarbenen Tentakeln kam schnell herein – Tenten.

Limone ließ entspannt das Laken sinken. Sie musste zugeben, sie war noch nicht bereit sich so vor Noctiluca zu präsentieren. Oder einem Feind.

„Tja, tut mir leid, dass ich einfach so hereinplatze. Luca hat erzählt, dass im zweiten Okto-Distrikt ganz schön was los ist. So langsam packt die Octarianer die Kriegslust, wir sollten dich einschleusen, bevor Octario zu misstrauisch werden könnte, um Neulinge einfach so aufzunehmen und wir wollen doch nicht, dass du dich großartigen Tests unterziehen musst“, erklärte Tenten und wartete ungeduldig darauf, dass Limone sich anzog. Limone musste gestehen, dass ihr das Zähneputzen fehlte. Nachdem sie fertig war, wurde die Matratze an ihren Platz geschoben und der Tisch sowie zwei Stühle wieder herausgezogen.

Tenten und Limone setzten sich, es wurde Zeit, weiter an Limones Identität zu feilen.

 
 

~~~

 

Cephalon HQ, 6:43 Uhr
 

Octario spielte gut gelaunt mit einer Schneekugel, während Noctiluca ihm gegenüber Platz nahm. Sie befanden sich in Octarios großzügigem Büro, das die Ausmaße eines Wohnzimmers hatte. Die Front hinter Octarios Schreibtisch bestand aus großen Fenstern, so dass man einen Panorama-Blick auf die Stadt darunter hatte. Alles war metallisch, irgendwie ungeschickt zusammengeschraubt, auch der Schreibtisch war nicht schön, nur funktional. Überall standen Gerätschaften herum, denn Octario untersuchte gerne verschiedenste Technologien.

„8, ich muss sagen, ich bin angetan, ja, ich bin angetan. Du machst großartige Arbeit, du hast es tatsächlich geschafft, dass eine von Kuttelfischs Enkelinnen dir aus dem Tentakel frisst!“

Noctiluca lehnte sich selbstzufrieden zurück. „Es war sehr viel einfacher als gedacht. Nur Aioli traut mir nicht, aber … wen kümmert das schon. Limone ist das Gehirn von den beiden. Kuttelfisch gibt sich hart, aber er hat keinen blassen Schimmer, mit wem er es zu tun hat, sonst würde er nicht einen 14-jährigen Agenten losschicken!“

Octario stellte die Schneekugel ab und sah zu, wie der künstliche Schnee auf das Häuschen rieselte. „Zu meinem Bedauern ist dieser Kinder-Agent eine sehr viel ernstere Bedrohung als gedacht. Keine Ahnung, wo Kuttelfisch diesen kleinen Soziopathen ausgegraben hat, aber darin war er ja schon immer ein Ass.

8, ich habe Informationen für dich.“ Er winkte eine Octarianerin zu sich, die seit geraumer Zeit eine Akte in den Händen hielt. Nun trat sie an den Tisch heran und überreichte sie, sich verbeugend, Octario. Der Anführer der Octarianer schob die Akte über den Tisch Noctiluca zu, der sie mit der Hand bremste. Octario bedeutete ihm, sie sich anzusehen.

Noctiluca klappte die Akte auf, als erstes sprang ihm ein Bild von Agent 3 ins Gesicht – in Kampfmontur, mit dem Heldenkleckser in der Hand und einer verbissenen Miene zur Schau stellend. Darunter befanden sich tabellarische Daten, wie Geburtstag, Geburtsort, Geschlecht, der richtige Name, besuchte Schulen – einfach alles.

„Ich habe mir die Freiheit genommen, etwas nachzuforschen. Bin mir sehr sicher, dass Kuttelfisch sich nicht die Mühe gemacht hat oder gar nicht die Möglichkeiten dazu. Es tut gut, Freunde in Inkopolis zu haben, findest du nicht, 8?“

Noctiluca nickte schweigend, während er sich jede Information über 3 einprägte, die es zu sehen gab.

„Kuttelfisch hat sich zwar darum bemüht, 3s Eltern umzusiedeln – auch wenn sie keine Ahnung haben, warum sie plötzlich in einer viel schickeren Gegend wohnen dürfen, aber nun ja – einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul heißt es so schön. Ich habe Deafwaters Eltern ausfindig gemacht, schon gestern.“

Octario ließ diesen Satz gut gelaunt in der Luft schweben, griff mit seinem Tentakel nach der Teetasse und nahm einen kleinen Schluck.

Noctiluca wusste, was das bedeutete. Octario hatte 3s Eltern nicht einfach nur gefunden …

„8, bleib an der Sache dran. Ich will wissen, was dieser alte Kuttelfisch in seiner Hütte ausheckt! Ach ja, und ich will noch etwas …

Ich will diesen Agenten 3 am Boden sehen, in tausend Teile zersprungen. Es wäre langweilig ihn einfach nur zu töten.“

Noctiluca lächelte bösartig, er konnte sich vorstellen, was sein Anführer für 3 geplant hatte.

„Ich will diesen Burschen, der die Frechheit hatte meine Leute zu töten, von innen heraus zerstören. Wenn erstmal seine Seele ein völliges Wrack ist, kann ich ihn vielleicht sogar für meine Zwecke missbrauchen. Für Deafwater muss Kuttelfisch der Feind werden, verstanden 8?!“

„Ja, großer Octario!“, rief Noctiluca und salutierte auf dem Stuhl.

Octario nickte zufrieden. „Gut. Begib dich jetzt zum zweiten Okto-Distrikt. Jemand hat mir gesteckt, dass 3 sich auf den Weg dorthin macht. Sieh zu, dass du sein Vertrauen gewinnst, und wenn das bedeutet, dass er den Wels bekommt, den wir dort lagern. Was auch immer nötig ist, tu es, damit er dir vertraut! Kollateralschäden lassen sich nicht vermeiden, außerdem dient es dem großen Ganzen.“

Noctiluca zögerte, nur eine einzige Sekunde, aber er zögerte und dem Anführer der Octarianer war das nicht entgangen. Seine giftgrünen Augen wurden schmal.

„Was ich jetzt nicht brauchen kann, 8, sind falsche Empathien. Ich habe nicht so viel Zeit und Ressourcen in dich investiert, damit du diese wichtige Mission in den Sand setzt. Du wirst diese Mission erfüllen, koste es was es wolle – verstanden?!“

Noctiluca straffte seine Schultern und stand auf. „Verstanden!“

 

Nachwort:

Ich gebe sofort zu, das hier ist ein Laberkapitel geworden ^^“ Aber da war einfach so viel Info und der Zeitpunkt hat einfach gepasst … Im nächsten Kapitel möchte ich wieder mehr Handlung und weniger Dialoge einbringen.

Wie immer komme ich noch kurz zu den Namen unserer beiden Nebencharaktere Yowai und Asta zu sprechen.

bedeutet Zahn, Kun-Lesung Yowai

阿須多 ist etwas komplexer = Winkel, On-Lesung „a“. = unter allen Umständen, On-Lesung „su“. = viel, On-Lesung „ta“. Asta. Da das u in „su“ ohnehin stumm ist, bilde ich es in der romanischen Schrift nicht ab, damit Leser erst gar nicht in Versuchung kommen können.

Wie immer hoffe ich, dass Euch das Kapitel trotzdem gefallen hat, trotz eigentümlichen Zeitsprung und vielen Dialogen. Wie immer würde ich mich über Anregungen, Kritik, Lob oder ähnliches freuen :3



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück