Manchmal braucht die Liebe einen zweiten Versuch von Wo_Ai_Ni (...geht weiter) ================================================================================ Kapitel 33: Alea iacta est -------------------------- Kapitel 34: Alea iacta est Tagchen! Ohje...jetzt bin ich auch schon bei lateinischen Titeln gelandet. Ich bin echt nich mehr zu retten... Nja...zumindest ist das hier nicht ganz sinnlos, denn es hat sogar einen historischen Hintergrund. Angeblich soll das Julius Caesar als er den Fluss Rubikon überschritt, ausgesprochen haben. Obwohl es wortwörtlich "Der Würfel ist geworfen" heißt, übersetzen Historiker es immer mit "Der Würfel ist gefallen", und diese Bedeutung kommt ihm auch in meinem Kapitel zu. Ok, genug klug geschissen...zum Kap. Inspirationssongs waren "I don't like Mondays" von Bob Geldof und "The time of my life" aus Dirty Dancing. Erschöpft kam ich am Bahnhof in Domino an. Ein Blick auf die Bahnhofsuhr sagte mir, dass ich gerade die U-Bahn verpasst hatte. Mir blieb wohl nichts anderes übrig, als auf die nächste zu warten. Bevor ich mir jedoch weitere Gedanken über mein Heimkommen machen musste, hörte ich eine gut bekannte Stimme meinen Namen rufen. "Hallo! Fu! Ich bin hier drüben!" Verwundert drehte ich mich um, und sah auch gleich meinen Vater, wie er lauthals rufend auf mich zukam. "Paps? Was machst du hier?" Fragte ich ihn, nachdem er sich durch die Massen an ein- und aussteigenden Menschen gekämpft hatte. "Was soll das denn heißen? Darf ich dich jetzt nicht mehr abholen?" Er bedachte mich mit einem gespielt vorwurfsvollen Blick. "Und wie? Ich war mir eigentlich sicher, dass wir kein Auto haben. Wie bist du bitte her gekommen?" "Schon mal was von Taxi gehört? Außerdem, was soll die Fragerei? Es scheint dich ja nicht gerade zu freuen, dass ich dich abhole." Er sah mich leicht angesäuert über mein Verhalten an. "Ok, darauf hätt ich selbst kommen können. Sorry, das war nicht so gemeint. Ich hab mich nur gewundert. Aber, wenn du schon mal da bist, kannst du auch mein Gepäck nehmen." Meinte ich und drückte ihm ungefragt meine Reisetasche in die Hand. "War ja klar! Dafür ist der alte Vater noch gut, was? Das nächste Mal kannst du allein gucken, wie du nach Hause kommst." Antwortete er, während wir die Bahnhofspassage verließen. "Soll das etwa heißen, dass ich zu doof bin, um allein nach Hause zu kommen?" Auf der Fahrt nach Hause unterhielten wir uns noch eine ganze Weile so miteinander. Natürlich wollte mein Vater absolut alles wissen. Was ich gemacht, wen ich getroffen und wie ich es ausgehalten hatte. Ich berichtete ihm auch von allem, nun ja, fast allem. Die kleine Unterhaltung von Tomoko und mir ließ ich selbstverständlich aus. Schließlich hielt das Taxi vor unserem Restaurant und wir stiegen aus. Ich wartete nicht noch darauf, bis mein Vater den Taxifahrer bezahlt hatte, sondern ging gleich in die Wohnung und mein Zimmer. Hier warf ich mich erst einmal aufs Bett. "Puh...endlich wieder zu Hause. Mein Bett ist doch um einiges weicher, als diese kalten Futons." Stellte ich fest und drückte mein Gesicht in das Kopfkissen. Es trug den Duft von meinem Shampoo und war so wundervoll kuschelig. Am Liebsten wäre ich nicht mehr aufgestanden. Doch dieses Privileg wurde mir im nächsten Moment genommen, als zwei tapsige, kleine Pfoten neben mir auftauchten, gefolgt von einem geschmeidigen, schwarzen Katzenkörper. "Hallo Seto! Na, wie war es so ohne mich? Hat sich Paps gut um dich gekümmert?" Fragte ich meinen kleinen Kater und nahm ihn auf den Arm. "Gut um ihn gekümmert? Diese Katze frisst ja mehr, als eine vierköpfige Familie. Wo hast du dieses Viech bloß aufgegabelt?" Hörte ich die Stimme von meinem Vater, der soeben ins Zimmer gekommen war. "Auf der Straße, das weißt du doch!" Entgegnete ich beiläufig und setzte Seto-chan wieder auf den Boden. "Ja, fragt sich nur auf welcher Straße! Nja...jedenfalls kannst du dich jetzt ja wieder selbst um ihn kümmern. Ich glaube, er hat die nächste Zeit die Schnauze voll von mir, und ich auch von ihm." Verwundert sah ich meinen Vater, dann meinen Kater an. "Was ist denn passiert? Habt ihr euch gezofft?" Harkte ich neugierig nach. "Ja, so kannst du es auch nennen. Das Viech hat mich ungefähr dreimal pro Tag angefallen. Dabei hab ich ihm gar nichts getan. Er hat mich scheinbar nur aus Spaß und Langeweile angebissen." Er krempelte seine Ärmel hoch und verwies auf die Kratz- und Bissspuren an den Unterarmen. Ich sah einen kurzen Moment zu Seto-chan und brach sogleich in schallendes Gelächter aus. Die Vorstellung, wie mein Vater jeden Tag vor einer gefährlichen, bissigen Mieze flüchtete, war einfach zu komisch. "Das ist nicht lustig! Bring deiner Katze mal ein paar Manieren bei, oder sie kommt ins Tierheim." Meinte mein Vater beleidigt. "Soweit kommt's noch! Nur weil du Angst vor einem kleinen Kätzchen hast? Ich tippe mal drauf, dass du einfach nicht besonders nett zu ihm warst, oder ihm zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hast, und er sich deshalb gerächt hat. Oder vielleicht kann er dich einfach nur nicht leiden." Erneut begann ich zu kichern. Mein Vater antwortete darauf nichts mehr, sondern verließ gekränkt den Raum. Mit einem Schmunzeln machte ich mich nun daran, meine Tasche auszupacken. Seto-chan schaute mir amüsiert zu und spielte hin und wieder mit meinen Sachen, bis er sich in einen Kampf mit meinem BH verbissen hatte (Das macht mein Kater übrigens ständig.*grummel*meine arme Unterwäsche...), und ich ihm das gute Teil schnell entreißen musste, eh er es noch völlig gefleddert hätte. Wenig später hörte ich meinen Vater, der mich zum Abendessen rief und ging nach unten. Als ich am späten Abend schließlich in meinem Bett lag, war dieses Wochenende auch wieder zu Ende. Doch ich war optimistisch. Ab jetzt würde sich alles bessern, da war ich sehr zuversichtlich. Der Morgen begann wie immer. Gähnend betrat ich das Badezimmer und war gleich über den Anblick, der sich mir im Spiegel bot, geschockt. Ich musste erst einmal unter die Dusche und mich einigermaßen ansehnlich machen, bevor ich zum Frühstück gehen konnte. Wie immer hatte mein Vater die Morgenzeitung auf dem Küchentisch ausgebreitet und durchforstete mit einer Tasse Kaffee ausgerüstet den Wirtschaftsteil. "Morgen auch." Murmelte ich und griff gleich nach der Kaffeekanne. "Morgen. Du bist heute spät dran, guck doch mal auf die Uhr." Erwiderte mir mein Vater, ohne von seiner Zeitung aufzusehen. Verwundert tat ich, wie mir geheißen und wurde sofort vom nächsten Schock eingeholt. "WIE BITTE? 8 UHR? Verflucht, warum hast du mir nicht Bescheid gesagt? Ich komm zu spät!" Schrie ich hysterisch aus, knallte die Kaffeetasse auf den Tisch und hastete in den Flur, wo ich nach meiner Tasche griff, meine Schuhe anzog und in den schuleigenen Mantel schlüpfte. Ohne mich zu verabschieden, riss ich die Tür auf und rannte los. Der Unterricht begann um viertel nach 8, und ich brauchte mindestens eine viertel Stunde um an die Schule zu kommen. Eiligst hastete ich über die Straße, weder auf den Verkehr noch auf die anderen Fußgänger achtend. Erst an der berühmten Kreuzung kam ich zum Stehen. Jetzt erst bemerkte ich, wie sehr ich gerannt war, denn ich hatte Mühe überhaupt noch Luft zu bekommen. //Großartig! Bevor ich die Schule erreiche, bin ich noch abgekratzt.// Dachte ich und sah auf meine Armbanduhr, die 10 nach 8 zeigte. Ich hatte noch ganze 5 Minuten, um die Kreuzung zu überqueren und an die Schule zu kommen. Wahrscheinlich hätte ich es sogar noch rechtzeitig geschafft, wäre an diesem Morgen nicht so viel Verkehr gewesen. Nervös schaute ich immer wieder auf meine Uhr, während ich darauf wartete, dass die Ampel sich auf grün schaltete. Um exakt viertel nach 8 kam ich am Schultor an. Wenn ich großes Glück hatte, war der Lehrer noch nicht im Klassensaal. Allerdings musste ich feststellen, dass ich kein Glück hatte. Die Tür war geschlossen und man hörte von drinnen, dass der Unterricht bereits begonnen hatte. //Toll gemacht, Fu! Jetzt bekommst du gleich am Montagmorgen schon Nachsitzen aufgebrummt. Das fängt ja klasse an.// Tief Luft holend, klopfte ich an die Tür und öffnete sie noch im selben Moment. Zirka 30 Augenpaare waren auf mich gerichtet, als ich den Raum betrat. "Sie kommen ja reichlich früh, Miss Chan!" Begrüßte mich eine meiner liebsten Lehrerinnen, die wohl grausamste Krähe, die diese Schule zu bieten hatte, Mrs. Callaghan. Eine irische Lehrerin, die für ein Jahr an der Domino High Philosophie unterrichtete. "Tut mir Leid! Ich hab verschlafen." Entschuldigte ich mich mit einer demütigen Verbeugung. "Dann macht es ihnen wohl auch nichts aus, wenn sie die nächsten 10 Minuten vor der Tür verbringen." Erwiderte sie mir. So verbrachte ich also 10 Minuten vor der Tür zum Klassensaal. Immerhin war das besser als nachmittags Nachsitzen, so viel stand fest. Außerdem blieb ich wenigstens für 10 Minuten von ihrer grässlichen Stimme verschont. Dafür musste ich mir jedoch in der Pause eine Predigt über unentschuldigtes Zuspätkommen anhören. "Da hast du's ja echt gut getroffen! Ausgerechnet bei dieser Krähe zu spät zu kommen. So was passiert nicht mal mir." Meinte Joey nach der Pause mitleidig. "Mit der Ausnahme, dass du eigentlich immer zu spät kommst, und es bei Fu heute eine Ausnahme war." Fügte Téa tadelnd hinzu. Joey wusste sofort, dass er in dieser Hinsicht besser keine Moralpredigten hielt und schwieg. "Ist ja typisch, dass das mir passieren muss. Jetzt hat sie mich sicher das ganze Schuljahr über im Auge. Echt perfekt." Seufzte ich deprimiert. Mir blieb jedoch keine Zeit mich weiterhin darüber aufzuregen, denn die zweite Stunde hatte bereits begonnen, und bevor ich es mir hier auch noch vermasselte, hielt ich besser den Mund. Während ich gelangweilt die Englischstunde überdauerte, fiel mir plötzlich auf, dass heute irgendetwas anders war, als sonst. Schlagartig wusste ich auch, was es war. Mein Blick schweifte nach rechts zum hintersten Platz, wo gewöhnlich eine ganz bestimmte Person saß, die heute allerdings fehlte. Nicht dass dies eine Besonderheit war. Seto Kaiba war des Öfteren nicht zugegen, weil er meist etwas Geschäftliches zu erledigen hatte. Um was es sich dieses Mal wohl wieder handelte? Dabei war diese Frage unsinnig, denn ich wusste ja auch nicht, was er sonst für Gründe hatte, nicht anwesend zu sein. Mir fiel zum ersten Mal auf, wie wenig ich doch über Kaiba wusste. Gut, ich wusste, dass er der CEO der Kaiba Corp. war, einen kleinen, netten Bruder namens Mokuba hatte und ewiger Zweiter in Duel Monsters war, aber das wusste nun wirklich jeder. Was war aber sonst? Ich hatte mittlerweile mitbekommen und das auch am eigenen Leib, dass er sich nicht im Geringsten für seine Mitmenschen, mit Ausnahme seines Bruders natürlich, interessierte und eine derart arrogante Art hatte, dass man ihn eigentlich nur hassen konnte. Nun ja, aber auch nur eigentlich, wie mein Beispiel bestens bewies. Dennoch, was ich über Seto Kaiba wusste, war so gut wie nichts. //Wieso ist er eigentlich so, wie er ist? Dafür muss es doch sicherlich einen Grund geben.// Genau das war die entscheidende Frage, die sich mir bereits öfter aufgedrängt hatte, über die ich aber nie wirklich nachgedacht hatte. Es war mir meist zu anstrengend und auch zu unsinnig irgendwelche Vermutungen aufzustellen...und ihn selbst zu fragen? Also bitte, wie lächerlich war das denn? Als ob ich auch jemals eine Antwort erhalten würde... //Na egal, ich werd es schon irgendwann herausfinden, da bin ich mir sicher. Und dann Seto Kaiba...dann wird sich noch einiges ändern.// Ich lächelte innerlich, hielt allerdings sofort inne. Was hatte ich da schon wieder gedacht? Hatte ich denn alles andere vergessen? Die Sache mit Gérard und die Tatsache, dass Seto mich zutiefst verachtete? Und ich hatte nichts Besseres zu tun, als über derart lächerliche Einbildungen nachzudenken? Andererseits hatte ich mir aber auch vorgenommen, dass sich jetzt alles ändern würde, und ich endlich für meine Ziele kämpfen wollte. Vielleicht waren diese positiven, teilweise fantastischen Gedanken gar kein so schlechter Anfang. Zumindest war ich wieder optimistisch und das war auch ein gutes Zeichen. //Ich hatte mir doch vorgenommen, das Jammern endlich einzustellen. Die alte, jammernde Fu ist jetzt gestorben. Es wird Zeit für ein paar Veränderungen. Und vielleicht komm ich dann auch endlich mal aus diesem Dilemma.// "Ja! Genau so schaff ich's! Ich muss einfach optimistisch bleiben und positiv denken." Sprach ich zu mir selbst. "Das ist ja ein sehr schönes Motto, aber was hat das bitte mit der Dramatik von Romeo und Julia zu tun?" Drang die bekannte Stimme von Mr. Kyonarabuki an mein Ohr. Zu meinem Leidwesen musste ich feststellen, dass ich wieder einmal nicht auf meine Umgebung geachtet hatte und meine Gedanken laut ausgesprochen hatte. "Äh...tut mir Leid!" Entschuldigte ich mich verlegen. "Sie sind in letzter Zeit wohl immer seltener mit ihren Gedanken bei meinem Unterricht, wie mir scheint." Mahnte mich Mr. Kyonarabuki im Guten. Ich nickte nur stumm und entschuldigte mich abermals. Er seufzte kurz, wandte sich dann aber wieder der Dramatik von Romeo und Julia zu, die er eben noch angesprochen hatte. Ich musste wirklich vorsichtiger werden, bevor noch die ganze Klasse erfuhr, was mir so alles im Kopf herum spukte. "Puh, das war heute ja mal wieder unerträglich. Irgendwer sollte die Schule mal abreißen, meint ihr nicht?" Schnaufte Joey, als wir die Schule verließen. Ich musste ihm ausnahmsweise beipflichten. Es war in der Tat unerträglich. "Du kannst es ja gern tun, Joey. Aber dann bekämst du sicher Stress mit dem Kultus. Die haben da glaub ich was dagegen." Entgegnete Duke, die Arme hinter dem Kopf verschränkend. "Sag mal, was hältst du eigentlich davon, wenn wir heute Nachmittag mal wieder Shoppen gehen würden?" Fragte mich Téa. "Bloß nicht! Das artet dann wieder in einen Hamsterkauf um." Meinte Joey abwehrend. "Dich hat niemand gefragt, Joey!" Erwiderte Téa genervt. "Ja, aber wir müssen den Kram meistens tragen, den ihr anschleppt." Setzte Tristan noch hinzu, womit er zugegebener Maßen Recht hatte. Ich überlegte einen Moment, bejahte Téas Vorschlag schließlich und verabschiedete mich von den anderen. Wir wollten uns gegen 5 Uhr vor dem Shoppingcenter treffen. Eigentlich war mir nicht nach Shopping, aber ich hatte noch keine Weihnachtsgeschenke und so ein paar neue Klamotten schadeten ja nie. Während ich an der Kreuzung stand und wartete, überlegte ich mir, was ich wohl schenken konnte. In etwa einer Woche war bereits Weihnachten, was auch bedeutete, dass wir nur noch eine Woche Unterricht hatten. Ich wusste beim besten Willen nicht, was ich Ming Li und meinen Freunden und Verwandten aus China schenken konnte. Dabei fiel mir ein, dass Ming Li ja an Weihnachten uns wieder besuchen wollte. Ob das immer noch ihre Absicht war? Und ob sie immer noch Bakura so anhimmelte, wie vor ein paar Monaten? Ich hatte keine Ahnung, aber nun zumindest einen Grund wieder mit ihr zu telefonieren, auch wenn mein Vater wieder einen Aufstand wegen der Telefonrechnung machen würde. Ich sah wieder auf die Straße und musste augenblicklich an Seto denken. Er war sicherlich in diesem Moment in seiner Firma. Tomokos Worte kamen mir wieder in den Sinn. ,Du solltest es ihm sagen' hatte sie mir geraten. Ich wusste nicht, was ich von diesem Rat halten sollte. Einerseits hatte sie sicher Recht, wenn sie sagte, es sei nicht mehr als fair, aber andererseits... //Ach, wenn das doch alles nicht so verdammt kompliziert wäre!// Dachte ich und ging über die Straße. Es wäre ein Katzensprung bis zur KC und ich hatte genau jetzt alle Zeit der Welt. Wieso also tat ich es nicht einfach, und erklärte Kaiba, was Sache war? Weshalb war immer diese Mauer da, die mich daran hinderte, Seto einfach die Wahrheit zu sagen, egal ob es um dieses dumme Missverständnis, oder meine Gefühle ging? Es wäre doch um einiges einfacher, wenn ich ehrlich wäre. Aber natürlich war da ja auch noch die Angst, enttäuscht zu werden, was hier mehr als sicher war. Aber von einem Liebesgeständnis redete nun ja niemand. Es ging in erster Linie um die Sache mit Gérard. Sollte ich es nicht einfach hinter mich bringen? Was hatte ich zu verlieren? Gut, Gérard hatte damit gedroht, alles noch schlimmer zu machen, falls ich ein Wort darüber verlieren würde, aber wie wollte er denn herausfinden, ob ich etwas gesagt hatte? Er war doch gerade in Frankreich und dass er mich überwachte, war mehr als unsinnig. Außerdem redeten wir hier immer noch von Kaiba, von dem ich sicher war, dass er mehr Macht besaß, als jeder andere Geschäftsmann in Japan, und besonders als Gérard. Noch bevor ich überhaupt einen Entschluss gefasst hatte, musste ich feststellen, dass ich geradezu auf das große Gebäude der Kaiba Corp. zugegangen war. Scheinbar hatten meine Füße noch vor meinem Verstand entschieden, was zu tun war. Aber konnte ich den Schritt wagen, der notwendig war, um über meinen Schatten zu springen? //Wie war das noch mit dem optimistisch bleiben? Das wäre doch jetzt der beste Beweis für eine Besserung. Ich sollte es wagen.// Obwohl ich mehr als unsicher war, wagte ich es tatsächlich und betrat die Kaiba Corp. Mir fiel ein, dass ich schon sehr lange nicht mehr hier gewesen war. Die Empfangshalle allein, war bereits größer als unsere ganze Wohnung. Wie konnte man nur so größenwahnsinnig sein? Aber eigentlich war das ja gar nicht Setos Schuld. Soweit ich mitbekommen hatte, hatte er die Firma ja von seinem Stiefvater übernommen. Also war der wohl der Größenwahnsinnige. Ich ging langsam, und weiterhin im Zwiespalt auf die Dame am Empfang zu, die mich zuerst gar nicht bemerkte, dann aber abschätzend musterte. Ich musste eingestehen, dass ich sie verstehen konnte. Immerhin sah man nicht alle Tage jemanden wie mich in so einer Firma. "Verzeihung, kann ich ihnen behilflich sein?" Sprach sie mich, mit leichtem Unterton an. "Ja, ich...äh...könnte ich vielleicht mit Seto Kaiba sprechen?" Stammelte ich derart unsicher, dass es wirklich schon peinlich war. "Haben sie einen Termin?" Erkundigte sie sich weiter. "Nein, aber sie können ihm sagen, dass mein Name Fu Chan ist, und dass ich ihm wirklich etwas Wichtiges zu sagen habe!" Sagte ich nun mit deutlich mehr Entschlossenheit. Ich wollte auf keinen Fall den Anschein eines schüchternen, kleinen Mädchens machen. "Tut mir Leid! Ohne Termin kann ich nichts für sie tun." Die Empfangsdame schüttelte bestimmend den Kopf, doch so einfach ließ ich mich nicht abwimmeln. Ich hatte diesen Schritt getan und jetzt würde ich mich nicht mehr zurückweisen lassen. "Ich bin sicher, er wird mich empfangen! Sagen sie es ihm bitte!" Ich verlieh meiner Aussage einen sicheren Ausdruck, von dem wohl nicht nur die Empfangsdame, sondern auch ich überrascht war. Sie zögerte zwar noch einen Moment, wählte dann aber die Nummer von Setos Büro. "Entschuldigen sie Mister Kaiba! Aber hier unten ist eine gewisse Fu Chan, die sie unbedingt sprechen will. Sie behauptet, es sei wichtig!" Sprach die Dame. Sie nickte einige Mal, setzte noch ein paar Ja und Nein hinzu, ehe sie wieder auflegte. "Na gut, sie können gehen. Mister Kaiba empfängt sie." Berichtete sie mir schließlich, wobei mir ein weiteres Mal nicht ihre abschätzende Musterung entging. Aber es war mir relativ egal, was diese Frau über mich dachte. Ohne auf sie zu achten, ging ich an ihr vorbei zu den Aufzügen. Ich trat hinein und dachte sofort daran, dass ich ja überhaupt keine Ahnung mehr hatte, wo Kaibas Büro lag. Nur noch so viel wusste ich, dass es in der obersten Etage lag. Ich betätigte also den Knopf und der Aufzug setzte sich in Bewegung. Letztes Mal, da ich hier war, hatte ich den Räumlichkeiten nur geringe Betrachtung geschenkt und außerdem war dieses Gebäude derart groß, dass es nicht ungewöhnlich war, wenn man sich verlief. Jedenfalls ging es mir so. Ich folgte also meinem Instinkt, denn zurückgehen und die Tussi von Empfangsdame zu fragen, lag mir mehr als fern. Es dauerte eine Weile, bis ich im obersten Stock angekommen war. Als ich aus dem Aufzug trat, wurde mir schlagartig klar, dass ich hier wohl richtig war. Der lange, weiße Gang, der genauso trostlos war, wie Kaibas Villa sagte doch alles aus. Nur gab es hier einfach zu viele Türen, und ich konnte wohl kaum alle austesten. "Hm...gab es da nicht so eine Tür am Ende des Ganges?" Meinte ich wieder zu mir selbst und ging den Gang entlang. Tatsächlich fand ich am Ende eine sehr große Tür. Sie war aus edlem, braunem Holz und schien wirklich der Eingang zu Kaibas Büro zu sein. Vorsichtig klopfte ich an und wartete ab. Jetzt erst fiel mir wieder ein, dass ich mir immer noch nicht ganz im Klaren war, was ich hier überhaupt tat. Doch da vernahm ich auch schon Setos unverkennbare Stimme, die mich unfreundlich wie eh und je hinein bat. //Oh Gott, was mach ich hier eigentlich? Bin ich noch zu retten? Was will ich ihm denn sagen? Hab ich mir darüber überhaupt Gedanken gemacht?// Schoss es mir augenblicklich durch den Kopf. Ich zögerte, bevor ich die Tür öffnete, tat es aber letztlich doch. Nun konnte ich schlecht weglaufen, wenn ich bereits soweit gekommen war. Wie nicht anders erwartet, saß Seto hinter einem riesigen Schreibtisch und vor ihm sein Laptop, der ständige Begleiter. Er sah nicht einmal auf, als ich eintrat. "Was willst du?" Herrschte er mich in seiner verachtenden Art an. "Mit dir Reden. Es gibt da was, was dich vielleicht interessiert." Fing ich mit einer Entschlossenheit an, die mich extrem überraschte. "Das denke ich weniger." Bemerkte Seto desinteressiert. "Meinetwegen, aber es hat dich zu interessieren. Oder möchtest du nicht wissen, dass es Roqueraltiques auf dich abgesehen hat?" Wow, dass ich so schnell zum Punkt kam, warf mich fast aus den Socken. Wozu Menschen in ,Notsituationen' doch fähig waren. "Was hast du mit Roqueraltiques zu schaffen?" Noch immer machte er keine Anstalten mich anzusehen. Es ärgerte mich, weil ich gerne demjenigen in die Augen sehen würde, mit dem ich redete. "Ich meine nicht diesen Firmentypen, sondern seinen Sohn, Gérard, der mindestens genauso hinterhältig ist, wie sein Vater." "Es interessiert mich nicht, was dieser lächerliche Sohn von Roqueraltiques tut." Meinte Seto knapp, weiterhin auf seinen Computer blickend. "Kannst du mich nicht wenigstens ansehen, wenn ich mit dir rede? Es interessiert dich aber sicher, dass dieser Gérard dich auf den Tod hasst und dich am Liebsten beseitigen will, weil er tödlich eifersüchtig auf dich ist." Jetzt endlich hatte ich Seto doch dazu gebracht aufzusehen. Mit einer Mischung aus Unverständnis und Desinteresse betrachtete er mich. "Und woher weißt du davon?" Fragte er, wobei seine Betonung auf dem ,du' lag. "Weil er wegen mir auf dich eifersüchtig ist." "Wegen dir?" Nun hatte ich doch seine volle Aufmerksamkeit. "Ganz genau! Und das ist auch das Problem. Es gibt ein sehr großes Missverständnis, das dafür verantwortlich ist." Jetzt musste ich es ihm sagen. Es war das Beste so, das hatte auch Tomoko gemeint. "Und das wäre?" Harkte Seto misstrauisch nach. Ich atmete einmal tief ein, bevor ich ihm antwortete. "Gérard glaubt, dass du und ich zusammen wären, deshalb hat er mir gedroht, dass er dich beseitigen würde, wenn du ihm im Weg stehen würdest...ich hab ihm versucht zu erklären, dass es ein Missverständnis ist, aber er glaubt mir nicht und deshalb ist das ein Problem." Sprach ich in einem Atemzug und ohne Pause aus. Ich war mir zuerst nicht sicher, ob er bei meinem Gehaspel alles verstanden hatte, doch an seiner Reaktion erkannte ich, dass er es hatte. "WAS?" Geschockt sprang er auf. "Das ist doch ein schlechter Witz!" Meinte er ungläubig. "Leider nicht! Ich sag doch, dass es dich interessiert." Entgegnete ich bestimmt. Jetzt hatte ich es also gesagt. Seine Reaktion war abzusehen. Zumindest wusste er jetzt Bescheid. ...Fortsetzung folgt... Und, was sagt ihr dazu? Hättet ihr gedacht, dass Fu es ihm sagt? Also ich nicht. Ich hab's noch nicht mal geglaubt, als ich das Kap geschrieben hab. Ich war mir absolut nicht sicher, ob ich das jetzt schon schreiben sollte. Dann hab ich aber gedacht, dass sie es irgendwann sowieso sagen muss und warum nicht jetzt? Was meint ihr? Kritik ist wie immer erwünscht! *knuddl* eure Wo_Ai_Ni Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)