Manchmal braucht die Liebe einen zweiten Versuch von Wo_Ai_Ni (...geht weiter) ================================================================================ Kapitel 32: Find myself in Kouyasan ----------------------------------- Kapitel 32: Find myself in Kouyasan Hui...dieses Mal war ich fix, findet ihr nicht? Ne...Spaß beiseite, ich hab mir mal etwas mehr Mühe gegeben, und wie man sieht, hat es wieder nichts gebracht. Ok, Klappe zu jetzt und gehen wir zum Kapitel. Inspirationssong zu diesem Chap waren "We Belong" von Pat Benatar und "Save up all your tears" von Robin Beck! Ach übrigens: Das Kap hier widme ich allen meinen lieben Kommischreibern!!! Was wär ich bloß ohne euch???? Viel Spaß!!! Was hatte ich mir dabei gedacht? In knapp 1 Woche war Weihnachten und ich hatte doch wahrhaft diese idiotische Idee, ein Wochenende in einem Kloster in Kouyasan zu verbringen. Schuld daran war einzig und allein dieser verhängnisvolle Zeitungsausschnitt, den ich vor zwei Tagen gefunden hatte. ----Flashback---- "Hey Paps! Sieh dir das mal an. Hier wird ein Wochenendseminar in einem Kloster in Kouyasan angeboten. ,Finden sie zu ihrem wahren Selbst in den heiligen Bergen von Kouya - kostenloses Wochenendseminar für Interessenten'! Was hältst du davon? Ich fänd es doch mal sehr interessant, an so etwas teil zu nehmen." Las ich meinem Vater aus der aktuellen Tageszeitung vor. Es machte allerdings nicht den Anschein, als habe er mir genau zugehört, denn dazu war er zu sehr mit der Nachkontrolle seiner Gewürze beschäftigt. "Meinst du, ich könnte mich anmelden? Oder brauchst du mich dieses Wochenende?" Setzte ich fort. Er hielt einen Moment inne, wohl um sich dessen bewusst zu werden, was ich ihm eben vorgelesen hatte. "Dieses Wochenende? In Kouyasan?" Harkte er überlegend nach. "Ja. Ich könnte ja problemlos mit dem Shinkansen hinfahren und auch zurück. Also, was sagst du?" Er sah mich einen Moment prüfend an, etwa um herauszufinden, ob ich es auch ernst meinte. Es war durchaus verständlich, dass er dies tat, denn er wusste genau, dass ich normalerweise nicht sehr viel für Meditation und Ich-Findung übrig hatte. Ich hatte bisher nie genug Geduld dazu, doch zurzeit bestanden ja auch besondere Umstände, derer mein Vater glücklicherweise nicht kundig war. "Also? Darf ich, oder nicht?" Er seufzte kurz, eh er mir eine Antwort gab. "Normalerweise hast du für so etwas doch nichts übrig, aber gut. Dieses Wochenende werde ich auch ohne dich schaffen. Geh ruhig und finde dich selbst!" Ich lächelte. Wahrscheinlich würde dies eher nicht geschehen, aber ich brauchte wenigstens ein Wochenende Ruhe von meinem Alltagsleben. Und wo fand man besser Ruhe, als in einem Kloster in Kouyasan? ----Flashback Ende---- Und nun stand ich also hier am Bahngleis des Shinkansen, des japanischen Schnellzuges, der mich zum heiligen Berg Kouya bringen sollte. Ich hatte keine Ahnung, was mich dort erwartete, doch um ehrlich zu sein, war es mir egal. Solange ich nur eine Weile weg war. Kouyasan war zwar nicht so weit entfernt, jedoch genug, um mir eine Weile Abstand zu bereiten. Ich bestieg den Zug und suchte mir ein freies Abteil. Zu dieser Zeit war der Shinkansen fast vollkommen überfüllt. Eine Menge Leute nutzten diese Zeit, um ihren Verwandten einen Besuch abzustatten. Schließlich fand ich ein wenig besetztes Abteil, in welchem sich außer mir nur noch eine ältere Dame und ein Student befanden. Ich gesellte mich zu den Besagten und lud meine kleine Tasche in das Gepäckfach über den Sitzen. Der Shinkansen fuhr pünktlich ab und er machte seinem Namen wirklich alle Ehre. Die Schnelligkeit war beeindruckend. Zunächst verweilte mein Blick am Fenster und der vorbeiziehenden Landschaft, bis ich ihn zu meinen Mitreisenden richtete. Die ältere Dame war nach kurzer Zeit über ihren Stickereien eingeschlafen und der Student schien verbissen in seinen Laptop vertieft. Na gut, es war mir mehr als recht, dass keiner der beiden auf mich achtete. Innerlich seufzend wandte ich meinen Blick wieder der Landschaft zu. Die Zugfahrt dauerte nicht sehr lange. In weniger als 2 Stunden befand ich mich am Bahnhof von Kouyasan. Den Weg zum Klostergelände musste ich wohl zu Fuß erklimmen. Erleichtert stellte ich allerdings fest, dass ich bei weitem nicht die einzige Person war, die an diesem Seminar teilzunehmen schien. Oder zumindest war Kouyasan eine berühmte Touristenattraktion. Ich gesellte mich zu einer kleinen Gruppe Japaner, die sich scheinbar über eine Karte der umliegenden Landschaft unterhielten. "Entschuldigen sie bitte, aber können sie mir sagen, wo ich mich zu dem Seminar anmelden muss?" Erkundigte ich mich mit einer kurzen Verbeugung. "Oh, sie nehmen auch daran teil? Wir ebenfalls. Woher kommen sie denn? Ach übrigens, mein Name ist Hanamori!" Antwortete mir ein junger Mann, der eine Karte in der Hand hielt. "Freut mich. Ich heiße Chan und komme aus Domino!" Erwiderte ich. Nach einer Weile fanden sich schließlich auch die übrigen Teilnehmer des Seminars vor den Toren des Klosters ein. Es waren doch mehr, als ich erwartet hatte. "Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, sie hier begrüßen zu dürfen. Wir werden ihnen gleich ihre Unterkunft zeigen, doch zuvor möchten wir sie auf gewisse Regeln hinweisen, die hier zu beachten sind." Begrüßte uns ein Mönch mittleren Alters, der eine gelbe Kutte trug. "Wie sie wissen, befinden sie sich in einem Kloster des Shintobuddhismus. Das Gelände ist für jeden zugänglich. Ihnen werden später die einzelnen Räumlichkeiten noch gezeigt. Es gilt jedoch strenge Einhaltung der Essenszeiten, sowie der Tages- und Nachtruhe. Es ist ihnen erlaubt den einzelnen Meditationen beizuwohnen, des Weiteren dürfen sie die Einrichtungen aber auch allein besuchen. Wir wünschen ihnen einen angenehmen Aufenthalt und viel Erfolg bei der Erkundung ihrer Selbst!" Fuhr der Mönch fort, eh er mit einer ehrfürchtigen Verbeugung schloss. Ich hatte dem Shintobuddhismus nie viel Aufmerksamkeit geschenkt, welch Ironie, dass ich mich nun ausgerechnet in einem solchen Kloster befand. //Naja...mal abwarten, ob ich zu mir selbst finde. Die heiligen Berge von Kouya sollen ja für unglaubliche Wunder bekannt sein...// Überlegte ich bei mir selbst und folgte schließlich dem Rest der Gruppe zu den Unterkünften. Als ich sie betrat, wurde mir jedoch schlagartig klar, dass ich hier wohl nicht so sehr meine Ruhe hatte, wie ich mir das vorgestellt hatte. Die Gruppe war in zwei Einzelgruppen, männlich und weiblich aufgeteilt worden, und jede Gruppe hatte einen gemeinsamen Schlafsaal. //Herrlich! Wer hatte eigentlich diese bescheuerte Idee, mich hier anzumelden? Ach ja...das war ich ja selbst.// Alles Gejammer half nun auch nichts mehr. Ich war hier und ich würde aus diesem Wochenende das Beste machen. Die einzige Beschwerlichkeit, die noch dazu kam war, dass diese Räumlichkeiten nur sehr spärlich beheizt waren und draußen ein beißend kalter Wind wehte. Zwar lag in Kouyasan zu meiner Überraschung kein Schnee, jedoch kalt war es allemal. "Hallo? Du bist aus Domino, nicht wahr?" Sprach mich plötzlich jemand von der Seite an. "Eh...ja, richtig!" Entgegnete ich etwas verwirrt und musterte die Person, die mich angesprochen hatte. Es handelte sich um ein junges Mädchen, vielleicht etwas älter, als ich, doch nicht wesentlich mit langem, schwarzem Haar. Sie lächelte mich freundlich an. "Hi! Ich bin Tomoko Kito und aus Osaka!" Sie verbeugte sich leicht vor mir. Etwas zögerlich verbeugte ich mich ebenfalls und antwortete ihr. "Mein Name ist Fu Chan! Freut mich, dich kennen zu lernen!" "Ach, wem sagst du das? Bin ich froh, dass wenigstens eine aus meiner Altersgruppe vertreten ist! Ist dir aufgefallen, dass hauptsächlich ältere Frauen oder Frauen mittleren Alters hier teilnehmen?" Stöhnend ließ sie sich auf eine der Futons fallen. "Hm...kann sein, aber unter den männlichen Teilnehmern sind auch welche in unserem Alter!" Kommentierte ich beiläufig und mich an den jungen Mann von vorhin erinnernd. "Jep, da hast du Recht! Und das ist auch gut so. Wo kämen wir denn da hin, wenn hier nicht mal ein paar gutaussehende Kerle wären?" Verwundert sah ich Tomoko an. War die tatsächlich zum Meditieren hier? Sie machte auf mich eher den Anschein eines flippigen Großstadtgirlies. Das allein sagten schon ihre Klamotten aus. Sie trug einen knallroten Rock, darunter weiße Stiefel und einen hellblauen Mantel. Ich fragte mich, ob in Osaka wohl so die Schuluniformen aussahen. "Was schaust du mich so schockiert an? Ich bin nicht freiwillig hier, wenn du das meinst. Nein, ich wurde gezwungen!" Ihre letzten Worte sprach sie zähneknirschend aus. "Gezwungen? Von wem denn?" Fragte ich neugierig nach. "Von meiner Oma. Sie meinte, das wäre mal gut für mich. Ich würde sonst immer nur mit meinen verrückten Schulfreunden herumhängen. Tja...was hätte ich machen sollen? Sie drohte damit, mir die Weihnachtsgeschenke zu streichen." Beleidigt blies Tomoko die Backen auf, sodass ich unweigerlich schmunzeln musste. Was tat man nicht alles für Weihnachtsgeschenke? "Und weshalb bist du hier?" Erkundigte nun sie sich. Ich verweilte einen Moment, eh ich ihr eine Antwort gab. "Zum Nachdenken!" "Ehrlich? Worüber denn? Hast du was Schlimmes verbrochen?" Abermals sah ich sie ungläubig an. Weshalb sollte ich etwas verbrochen haben, wenn ich nachdenken wollte? Diese Frage stellte ich ihr auch. "Weiß ja nicht. Du siehst irgendwie betrübt aus, da dachte ich halt. Ist dir etwas passiert?" "So könnte man es auch ausdrücken." Gab ich kleinlaut zu. "Ich habs! Dein Freund hat mit dir Schluss gemacht, und du musst erstmal die Trennung überwinden!" Triumphierte Tomoko nickend. Was hatte dieses Mädchen nur, dass sie immer diese Vermutungen aufstellte? "Wie kommst du darauf?" "Hab ich Recht?" Beantwortete sie meine Frage mit einer Gegenfrage. "Nein, hast du nicht! Ich muss einfach nur nachdenken." Sie sah mich eine Weile ungläubig an, bevor sie sich wieder auf den Futon fallen ließ. "Man, bist du langweilig! Hast du denn keine interessantere Geschichte zu bieten?" Ich lächelte sie kurz an, wandte dann meinen Blick aus dem Fenster. Ob ich hier wohl Ruhe finden würde? Mit so einer Zimmergenossin? Ich sah schwarz für dieses Wochenende. Und ich sollte Recht behalten. Bereits den ersten Tag ließ Tomoko mich nicht aus den Augen. Wenn ich schon keine Geduld besaß, dann hatte dieses Mädchen sie noch nie besessen. Während der Meditation rutschte sie ununterbrochen auf ihren Knien herum und seufzte alle 5 Minuten. Ich bezweifelte stark, dass sie an diesem Wochenende zu sich selbst fand. Der erste Tag verging sehr schnell, sodass ich es kaum bemerkte, als ich bereits auf meinem Futon lag und einzuschlafen versuchte. Doch dies würde sich als schwerer gestalten, als ich dachte. "Hey Fu! Hey! Bist du noch wach?" Flüsterte mir unaufhaltsam jemand ins Ohr. Ich musste nicht raten, wer es war. Diese Stimme hatte sich eingeprägt. "Nein, jetzt nicht mehr Tomoko! Was ist denn?" Antwortete ich ihr leicht genervt. "Herr Gott, ich find diese Futons so unbequem! Sag bloß, du kannst darauf schlafen!" Mein Verdacht, dass dieses Wochenende stressiger würde, als erwartet, bestätigte sich von Sekunde zu Sekunde. "Jetzt stell dich doch nicht so an Tomoko! Du wirst schon irgendwie schlafen können." Erwiderte ich ihr gereizt. "Tut mir Leid, aber ich bin nun mal nicht für so was geschaffen!" Da hatte sie allerdings Recht. Trotzdem, ich sollte nicht so gemein zu ihr sein. Immerhin meinte sie es nur gut. Also setzte ich mich auf und betrachtete sie eine Weile. "Willst du wissen, auf was man früher in China geschlafen hat? Dagegen sind Futons ein wahrer Segen!" Meinte ich wissentlich. "Cool! Du kommst aus China? Erzähl mir was! Wie ist es denn dort so?" Nun hatte ich meine letzte Chance, diese Nacht noch ein Auge zu zutun endgültig verspielt. Aber das war mir jetzt auch egal. "Na schön. Aber ich komme aus einem sehr kleinen Dorf in China. Es nennt sich Xiang Po und liegt in der tiefsten, dunkelsten Provinz Chinas. Wir haben etwa 100 Einwohner. Ganz im Gegenteil zu Großstädten wie Shanghai oder Hongkong." "Und hast du Geschwister, oder gilt bei euch auch diese strenge Geburtenkontrolle?" Fiel mir Tomoko neugierig ins Wort. "Nein, ich habe leider keine Geschwister, aber Geburtenkontrolle ist bis zu unserem Dorf noch nicht vorgedrungen. Das Dorf ist so unbedeutend, das interessiert die Regierung nicht." "Und wie kommt es, dass du jetzt in Japan bist? Und weshalb sprichst du überhaupt so gut Japanisch?" Tomoko hatte nun wohl die Neugierde gepackt. Sie schien hellwach, während ich mit der Müdigkeit zu kämpfen hatte. "Ich habe früher eine längere Zeit in Japan gelebt. Bist du nicht müde?" "Aha! Nö, nicht im Geringsten, du etwa?" Ich seufzte, eh ich ihre Frage verneinte. Vielleicht war dieses aufgeschlossene, neugierige Mädchen gar nicht so nervig, wie ich annahm. Immerhin lenkte sie mich von meinen Problemen ab. Wir redeten noch eine ganze Weile so, bis ich sie endlich dazu bewegen konnte zu schlafen. Der nächste Tag begann, wie ich es erwartet hatte. Ich hatte gerade mal 4 Stunden geschlafen und war fix und fertig. Trotzdem gab ich mir Mühe bei den Meditationsübungen wach zu bleiben. Nach dem Frühstück war es uns erlaubt auf Kouyasan herumzuspazieren. Ich durchwanderte also mit Tomoko die Umgebung. Ein Glück, dass hier kein Schnee lag. Andernfalls hätten wir diese Wanderschaft nicht so einfach tätigen können. Tomoko erzählte mir von ihren Geschwistern, die sie ständig ärgerten und ihrer Großmutter, die sie immer wieder zu einer vornehmen Persönlichkeit erziehen wollte. So verging die Zeit, ohne dass ich es wirklich bemerkte, und wir saßen längst wieder beim Abendessen. Nun hatte ich nur noch den morgigen Tag um zu mir selbst, oder eine Lösung für mein Problem zu finden. Wenigstens ließ Tomoko mich in dieser Nacht schlafen. Vielleicht war sie aber auch nur selbst erschöpft von der Wanderung und ihren ganzen Erzählungen. Am nächsten Morgen erwachte ich sehr früh. Seit ich hier war hatte ich kein einziges Mal geträumt. Und heute sollte der letzte Tag meines Aufenthaltes werden. Als Abschluss wurde den Seminarteilnehmern am letzten Tag eine besondere Teezeremonie bereitet, der wir alle beiwohnten. Danach stand es jedem frei die restliche Zeit zu nutzen. Man konnte in den Klosterhallen meditieren oder die Landschaft durchwandern. Ich entschied mich für Letzteres und begab mich zu einem abgelegen Ort auf dem Klostergelände, von welchem man einen herrlichen Ausblick auf die Umgebung hatte. Allerdings hatte ich Tomoko dieses Mal nicht im Schlepptau. Sie war nach der Teezeremonie verschwunden und ich hatte auch keine Lust, sie zu suchen. Schließlich hatte ich nun endlich die Zeit zum Nachdenken, nach der ich mich so gesehnt hatte. Ich saß auf einen Felsen und betrachtete mir die Landschaft. Dieser Ort war wirklich wunderschön. Es hatte doch etwas Gutes, dass ich hergekommen war. Jedoch würde ich noch am selben Tag wieder zurückfahren, und alle meine Probleme, die ich hier hatte vergessen können, würden wieder auf mich einströmen. Was hatte mir dieser Ausflug letztlich gebracht? Ich war nur für kurze Zeit dem Alltag entgangen, mehr nicht. Wie dumm war ich gewesen, dass ich dachte, dieses Wochenende würde alle meine Probleme ungeschehen machen? Es war zum Verzweifeln. Nichts gelang mir, ich saß fest in diesem Dilemma. Und schon wieder geschah es. Wieder einmal versank ich in meinem Selbstmitleid, das scheinbar nie zu enden vermochte. Ich hätte heulen können. Wieso passierte das alles mir? Wenn ich wieder zurückkäme, wäre alles wie zuvor. Ich müsste weiter die Tatsache fürchten, dass Gérard zurückkäme und Seto mich weiter ignorierte. Nicht einmal bei Satoshi konnte ich Hilfe suchen, denn dieser war seit geraumer Zeit auf einem Auslandstrip. Zwar schrieben wir uns ab und an, doch was nutzte schon ein Brief? Ich war allein mit meinen Problemen, und daran änderten auch nichts die Telefonate mit Ming Li. Außerdem erzählte ich ihr sowieso nichts davon. Sie würde wieder überreagieren und alles verschlimmern. Was konnte ich bloß tun? "Hey Fu! Was machst du denn hier so allein?" Erschrocken fuhr ich zusammen. Ich hatte nicht erwartet, dass mich hier jemand finden würde. Scheinbar war ich für Tomoko aber überall auffindbar. "Ach, ich hab nur etwas Zeit allein gebraucht." Flüchtete ich mich lächelnd. "Das hast du auch schon am ersten Tag gesagt. Was ich dich schon die ganze Zeit fragen wollte...weshalb willst du eigentlich nachdenken?" Warum musste sie mich jetzt löchern? Ich konnte ihr sowieso nichts erzählen und selbst wenn, würde es nicht das Geringste bewirken. "Ach, nichts Besonderes. Ich war nur gestresst von der Schule und so." Log ich schnell, jedoch nicht sehr glaubwürdig. "Ach komm, das glaub ich dir nicht. So sieht niemand aus, der sich nur vom Schulstress erholen will. Weißt du, was ich vermute? Ich denke, du hast ein sehr großes Problem, über das du nicht rede willst, aber für das du auch keine Lösung findest." Woher wusste sie das? War es denn so offensichtlich, dass ich ein Problem hatte? "Aber hast du schon mal darüber nachgedacht, dass es sogar befreiend sein kann, wenn man mit jemanden redet?" Sprach sie eindringlich weiter. "Was würde das nützen? Du kannst mir auch nicht helfen, niemand kann das!" "Vielleicht habe ich keine Lösung parat, aber zumindest kann ich dir zuhören." Da hatte sie allerdings Recht. Womöglich konnte es doch helfen, wenn ich es ihr erzählte. Und selbst wenn nicht, sie könnte mir mit dem Wissen auch nicht schaden. Immerhin wohnte sie kilometerweit weg und hatte rein gar nichts mit der Sache zu tun, sodass ich ihr auch nicht schaden konnte. Und vielleicht würde sie auch die Einzige sein, der ich jemals davon berichten könnte. "Na gut, du hast Recht. Ich habe ein Problem. Ich bin jemandem begegnet, den ich eigentlich für harmlos hielt. Doch er hat mich mit jemandem gesehen und falsche Schlüsse daraus gezogen. Jetzt droht er mir, wenn ich mich weiter mit dem anderen treffe, würde etwas passieren." "Eh...ok, ich interpretiere das jetzt mal so. Du bist einem Typen begegnet, der sich in dich verliebt hat, dich aber mit deinem Freund gesehen hat und dich jetzt erpresst. Richtig so?" Fasste Tomoko meine Ausführungen noch einmal zusammen. "Nicht ganz. Also das mit dem Typen stimmt, aber er hat mich nicht mit meinem Freund gesehen, sondern mit einem...nja...Bekanten und jetzt ist er der Meinung dieser Bekannte und ich seien ein Paar und will sich an dem Bekannten rächen, wenn ich nicht zu ihm komme. Jedenfalls so in der Art." Tomoko sah mich kurze Zeit verständnislos an, bis sie scheinbar begriffen hatte. "Achso...verstehe. Also das ist wirklich ein Problem. Aber vielleicht solltest du deinem Bekannten davon erzählen. Immerhin hängt er da ja auch mit drin." "Bloß nicht! Das würde alles nur verschlimmern! Du kennst diesen Bekannten nicht. Er hat für so etwas überhaupt kein Verständnis." Fiel ich ihr abrupt ins Wort. Tomoko sagte einen Moment nichts, bis sie plötzlich ein heimtückisches Grinsen aufsetzte. "Ah...jetzt verstehe ich. Dieser Bekannte...du bist nicht zufällig in ihn verliebt?" Ich verstand zunächst nicht, was sie damit meinte. Dann jedoch begriff ich. "Nein! Wie kommst du auf so was? Er ist ein Idiot, ein arroganter Macho und ich kann ihn nicht ausstehen..." "Aber du liebst ihn!" Unterbrach mich Tomoko. "Das erklärt einiges. Du hast gleich ein zweites Problem, weil du den Bekannten liebst, es ihm aber nicht zeigen kannst, weil du sonst Probleme mit dem Typen kriegst." Ich war sprachlos. Dieses Mädchen hatte herausgefunden, was ich niemals jemandem zu sagen gewagt hätte. War das möglich? "Du steckst echt in einer ziemlichen Krise. Trotzdem, ich bin immer noch der Meinung, du solltest es deinem Bekannten sagen. Es wäre nur fair." "Du verstehst es nicht. Auch wenn ich ihn liebe, er hasst mich zutiefst. Es würde ihn nicht einmal interessieren." Erklärte ich ihr schon fast tonlos. "Hmm..." Gab Tomoko nur von sich. Sie schien wohl über meine Worte nachzudenken. "Siehst du? Egal, wie ich handle, ich tu das Falsche!" Und schon war ich erneut im Sumpf aus Traurigkeit und Verzweiflung versunken. "Nein, das denke ich nicht! Ich denke, du wirst eine Lösung finden. Ich kenne dich jetzt zwar nicht so gut, aber ich bin sicher, du hast genug Mut um dein Problem ganz allein zu lösen. Du musst nur dir selbst vertrauen und vor allem endlich aus deinem Selbstmitleid herauskommen. Und wer weiß, vielleicht findest du ja doch einen Weg zu diesem Kerl, deinem Bekannten durchzudringen. Ich glaube fest daran!" Verwundert sah ich sie an. Hatte sie das wirklich gesagt? War sie tatsächlich der Meinung, ich könne das allein schaffen? Sie hatte erkannt, dass mein größtes Problem der Sumpf aus selbstbemitleidenden Gedanken war. Und sie traute mir zu, dass ich den Mut dazu hätte, eine Lösung zu finden? Wie konnte sie das glauben? Sie kannte mich nicht einmal, und dennoch behauptete sie so etwas. "Ich glaube, wir sollten jetzt zum Kloster gehen. Wir müssen uns gleich abmelden." Lenkte Tomoko nun wieder ein. Ich folgte ihr schweigend, konnte ihre Worte aber nicht mehr vergessen. Selbst als sie mich umarmend verabschiedete hatte ich ihre Worte noch im Ohr und sie verließen mich auch nicht auf der Heimfahrt im Shinkansen. Dieses Mädchen hatte etwas in mir bewirkt. Sie hatte mich aus meinem bodenlosen Loch gerissen, und das nur mit ein paar einfachen Worten. Plötzlich fühlte ich mich völlig anders. Sie glaubte an mich, und selbst wenn ich sie nicht wirklich kannte, allein diese Tatsache, dass jemand an mich glaubte, gab mir meinen verlorenen Mut zurück. Tomoko hatte Recht. Ich würde einen Weg finden...für mich und auch für Seto. Egal, was dies bedeutete, ich würde es schaffen. Dieses Wochenende war die beste Entscheidung, die ich jemals getroffen hatte. Ich hatte an diesem Tag mehr zu mir selbst gefunden, als ich in 100 Meditationsstunden hätte zu mir finden können. //Ich hab mein Selbstvertrauen wieder. Jetzt soll Gérard es noch mal wagen, mir zu drohen. Ich werde einen Weg finden, mich aus seinen Krallen zu befreien...und vielleicht auch einen Weg, wie ich Seto beweisen kann, wer ich bin.// Mit einem Lächeln betrachtete ich die im Sonnenuntergang verschwindenden Kouyaberge. Dieses Wochenende würde ich so schnell nicht vergessen. ...to be continued... Na, was sagt ihr? Das hat doch mal ein gutes Ende. Ich weiß ja nicht, ob ihr schon einmal in so einer Situation wart, in der ihr absolut nicht mehr weiter wusstet und alles den Bach herunterging, aber ich hab mich mal in einer solchen Situation befunden. Und damals hat mir auch ein mehr oder weniger Fremder herausgeholfen. Die Erinnerung daran hat mich zu dem Kapitel inspiriert, aber ich wollte es ursprünglich nicht schreiben. Normalerweise bin ich nämlich der Meinung ein Schriftsteller sollte keine persönlichen Erlebnisse oder Gefühle in seine Geschichte bringen, hier hat es mich dann aber doch überkommen. Hoffentlich hab ich es nicht zu sehr verschandelt. Jetzt möchte ich aber gerne eure Meinung dazu wissen. *euchallekunddl* Wo_Ai_Ni ^_- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)