Manchmal braucht die Liebe einen zweiten Versuch von Wo_Ai_Ni (...geht weiter) ================================================================================ Kapitel 29: Eingesperrt ----------------------- 29. Eingesperrt Wie kalt doch dieser Wintermorgen begann. Die ganze Welt schien in einen tiefen Schlaf gefallen. Kein Vogelgezwitscher war zu hören, nur das Rascheln der kahlen Zweige, durch die der Wind fuhr. Der erste Dezembermorgen war angebrochen, Weihnachten stand unmittelbar bevor. Und langsam verbreitete sich die Vorfreude auf das kommende Weihnachtsfest in den Herzen der Menschen. Selbst in dieser kalten Jahreszeit gab es Wärme in den Herzen der Menschen. Jedoch nicht in allen Herzen. Einer unter ihnen verspürte keine solche Wärme. Im Gegenteil, seine eisblauen Augen strahlten eine größere Kälte aus, als die Jahreszeit mit sich brachte. An diesem Morgen, wie an so vielen quälten sich die Schüler der Domino High in die Schule. Die Frage, ob einer dieser Schüler auch nur im Geringsten die Lust verspürte, an diesem Tag die Schule zu besuchen, erübrigte sich, als man die trüben Gesichter der Schüler sah. "Man Leute, das ist doch echt ungerecht. Ich bin viel zu müde!" Gähnte Joey verschlafen. Wie so viele andere stand er kurz davor jede Sekunde einzuschlafen, was allerdings nicht verwunderlich war, denn die Geschichte der Entstehung der Einstein'schen Relativitätstheorie war nicht gerade das, was die meisten unter vergnüglich verstanden. "Mister Wheeler, wenn ihnen mein Unterricht zu langweilig ist, dann sollten sie vielleicht gar nicht erst herkommen!" Wandte sich der Lehrer an ihn, ohne dabei von der Tafel abzusehen. Joey wurde etwas verlegen, entgegnete aber nichts, um sich nicht noch Ärger einzuhandeln. In den letzten Wochen war er mehrmals aus dem Unterricht geworfen worden, entweder wegen Unaufmerksamkeit oder wegen etwaigen Störens des Unterrichts. Da war es nun doch besser für ihn, er halte sich die nächste Zeit etwas zurück mit seinen Kommentaren. Einige Schüler kicherten, während andere nur genervt mit den Augen rollte. Eine unter ihnen blieb jedoch völlig still. Sie hatte dem Unterricht bis jetzt gar nicht gefolgt und auch die Bemerkung des Lehrers war ihr gänzlich entgangen. Ihr Blick haftete am Fenster, und dem was sich draußen befand. Der Tag, der schon trübe begonnen hatte, hatte sich nicht im Geringsten gebessert. Wie eine dicke Schicht aus Depressionen lagen die dunklen Wolken über Domino. Wer an solch einem Tag guter Laune sein konnte, verstand Fu nun wirklich nicht. Eine kurze Brise kam auf, in welcher die kahlen Zweige des nahestehenden Ahornbaumes klappernd gegen das Fenster des Klassensaals schlugen. Fu's Kopf schien völlig leer. Sie beobachtete die Zweige des Ahornbaumes, die sich sachte im Wind wiegten und die kahlen Dächer der umstehenden Häuser. //Ob es vielleicht anfängt zu schneien? Weiße Weihnachten wäre doch mal wieder etwas Schönes. An dem miesen Wetter sind allein die Menschen schuld, die mit ihren Abgasen das Treibhausklima immer mehr verstärken und das Ozonloch vergrößern. Ach...was soll's?// Gedankenverloren wandte sie ihren Blick der Tafel zu, auf welcher der Lehrer soeben die feststehende Gleichung zur Berechnung der relativen Lichtgeschwindigkeit angeschrieben hatte. Eine Formel, die man nach Fu's Ermessen weder verstehen noch gebrauchen konnte. Warum sollte ein Mensch auch die Lichtgeschwindigkeit ausrechnen wollen? Sie ließ ihren Blick durch die Klasse schweifen. Kaum zu glauben, dass einige Schüler den Mist, der da an der Tafel stand tatsächlich abschrieben. Doch zu diesen gehörten nur wenige. Joey beispielsweise hatte seine Aufmerksamkeit wieder dem Innern seiner Augenlider gewidmet, während Téa verzweifelt versuchte ihn aufzuwecken, natürlich so, dass der Lehrer nichts davon mitbekam. Yugi starrte gebannt auf die Tafel, wobei Fu bezweifelte, dass er auch nur ein Fünkchen davon verstand, was er auf der Tafel sehen konnte. Tristan und Duke schienen sich mal wieder wegen irgendeines Themas in die Wolle bekommen haben und trugen das nun in unverständlichen Gesten und Worten aus. Bakura hatte ein Buch auf seiner Bank liegen, auf das er sich gebannt fixiert hatte. Fu reckte sich ein wenig, um erkennen zu können, was für ein Buch das war. Nach einigen vergeblichen Versuchen kam sie zu dem Entschluss, dass es sich wohl um irgendein Schulbuch handeln musste, in welchem Bakura gerade etwas über das an der Tafel aufgeschriebene lesen würde. Genau wusste sie es aber nicht. Ein Lächeln entfuhr Fu's Gesicht, als sie Bakura etwas eingehender betrachtete. Er war wirklich einer der wenigen, die sich zumindest versuchten auf den Unterricht zu konzentrieren. Das konnte man allein an seinen Noten erkennen, denn Bakura war ein sehr guter Schüler, ebenso wie Yugi und Téa. Tristan, Duke und Joey waren da eher Schlusslichter, was nicht zuletzt daran lag, dass sie sich kaum am Unterricht beteiligten. Fu selbst war so eine Art Mittelding. In gewissen Dingen war sie sehr gut, wie beispielsweise in Chemie oder in Japanisch. In anderen Fächern lagen ihre Noten jedoch meist unter dem Durchschnitt. Das beste Beispiel dafür war Mathematik, ein Fach, welches Fu als mehr als überflüssig betrachtete. Aber selbstverständlich gab es auch Schüler, die wirklich in allem nahezu perfekt waren, ohne dass sie sich auch nur in irgendeiner Form anstrengen mussten. Das Paradebeispiel hierzu war Seto Kaiba. Er machte immer den Eindruck, als wäre er nur körperlich anwesend und geistig in seiner Firma. Und dennoch bestand er jede Klausur, jeden noch so unscheinbaren Test mit Bravour und einem Notendurchschnitt, den ihm so schnell niemand streitig machen konnte. Ja, Kaiba war wirklich ein Fall für sich. Er war intelligenter als jeder, der hier zur Schule ging. Wahrscheinlich war er der Einzige, der diese dämliche Formel zur Berechnung der Lichtgeschwindigkeit verstand. Vielleicht würde er sogar Einstein Konkurrenz machen, würde dieser noch leben. Fu fragte sich sowieso, weshalb Kaiba noch auf dieser Schule war. Bei seinem IQ müsste er doch schon alle möglichen Doktortitel innehaben und könne längst als Professor an irgendeiner Elite-Uni, wie Harvard, Yale oder Princeton unterrichten. War denn nicht schon die NASA oder irgendeine andere Organisation auf ihn aufmerksam geworden? Bei so einer Vielzahl von Talenten müsste er doch einer der begehrtesten Menschen der Welt sein. Aber vielleicht übertrieb Fu da auch etwas. Es gab bestimmt noch irgendwo Menschen, die intelligenter als Kaiba waren. Aber begehrt war er auf jeden Fall, zumindest was das weibliche Geschlecht anging. Es gab zahlreiche Tussis, die sich ein Bein abhacken würden um nur einmal mit Kaiba auszugehen. Gewöhnlich hasste Fu solche Weiber, aber bei einer Sache musste sie ihnen Recht geben. Kaiba war nicht einfach nur irgendein intelligenter, reicher Geschäftsmann, er war ein verflucht gutaussehender Geschäftsmann. Bei ihm passte wirklich alles zusammen. Diese kastanienbraunen Haare, die seine markanten Gesichtszüge so wunderbar hervorheben. Seine eisblauen Augen, mit denen er die Menschen immer fixierte. Fu hatte schon oft in diese Augen gesehen und jedes Mal lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Dennoch konnte man sich in diesen Augen verlieren. Sie schienen so endlos wie der Ozean und auch so undurchsichtig. Wer weiß schon, welche Gedanken und Gefühle sich hinter diesen Augen verbergen? Und dann sein Körper, seine imposante Gestalt und die stattliche Größe, wenn er sich vor einem aufbaute fühlte man sich unweigerlich unterlegen, das hatte Fu schon des Öfteren feststellen müssen. Und trotzdem faszinierte sie seine Erscheinung immer wieder. Er hatte etwas Mächtiges, was nicht zuletzt seinem gut gebauten Körper zu verdanken war. Obwohl es auf den ersten Anblick nicht so schien, konnte man durchaus erkennen, dass Kaiba einen durchtrainierten Körper hatte. Manche Männer trainierten ein Leben lang um irgendwann einen solchen Körper zu haben, und Kaiba hatte ihn. Und in diesem Körper musste auch eine immense Kraft stecken, zumindest schien es Fu so. Zwar hatte Kaiba sich bisher kräftemäßig nie unter Beweis gestellt, und Fu bezweifelte auch, dass er das jemals tun würde, aber sie war sich sicher, dass er eine Menge Kraft besaß. Alles in allem war Kaiba wirklich das perfekte Exemplar eines Mannes, und wahrscheinlich auch der Traum fast jeder Frau. Er war gutaussehend, reich, intelligent...was wollte man mehr? Sie konnte sehr gut verstehen, dass Kaiba bei den Frauen sehr beliebt war, sie hatte ja selbst eine ,gewisse' Schwäche für ihn entwickelt. Doch bei dieser noch so schönen Traumvorstellung musste man eines bedenken. Kaiba hatte einen äußerst miserablen Charakter. Er war arrogant, überheblich, eingebildet, eben ein echter Macho, gefühlskalt und egozentrisch. Mit den Frauen, wenn er sie überhaupt beachtete, spielte er nur und das Wort ,Liebe' hatte er sowieso vollends aus seinem Wortschatz gestrichen, falls er überhaupt noch wusste, was das zu bedeuten hatte. Und trotzdem lagen ihm die meisten Frauen zu Füßen. Selbst Fu war seinem ,Charme' verfallen, wenn auch auf eine andere Art, als die übrigen Frauen. Im Gegensatz zu den ganzen Tussis, die nur scharf auf sein Geld und sein Aussehen waren, hatte sie etwas anderes an ihm fasziniert. Was das genau war, konnte sie aber selbst noch nicht sagen. "Miss Chan, ich warte auf eine Antwort!" Erschrocken riss es Fu aus ihren Gedanken. Schnell starrte sie nach vorn, und sogleich in das ungeduldige Gesicht ihres Lehrers. "Ehm...entschuldigen sie, was haben sie gefragt?" Stammelte sie verlegen, als sie bemerkte, dass alle Augenpaare der Klasse auf sie gerichtet waren. "Vielleicht mag ihnen Mister Kaiba interessanter erscheinen, als mein Unterricht. Dennoch würde es mich freuen, wenn sie sich hin und wieder von ihm abwenden können, und dem Unterricht folgen. Wäre das möglich?" Entgegnete ihr der Lehrer, wobei er sie mit strengem Blick bedachte. Fu sah ihn zunächst nur verständnislos an, bis sie begriff, was er ihr gerade gesagt hatte. Unweigerlich stieg ihr die Röte ins Gesicht. Sie hörte, wie einige der Mädchen zu kichern begannen. War es denn so offensichtlich, dass sie die ganze Zeit über Kaiba angestarrt hatte? Sie selbst hatte das gar nicht gemerkt, aber selbst dem Lehrer war es nicht entgangen, also musste es so sein. Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte sie den skeptischen Blick Joeys, der sich wohl gerade etwas für ihn völlig abstrus scheinendes dachte, was für Fu allerdings genau zutraf. Mittlerweile schien ihr Kopf förmlich zu kochen. Sie senkte den Blick peinlichst auf ihre Bank, um nicht zufällig in das Gesicht von Kaiba zu sehen. Zum Glück konnte sie ihn hier nicht ansehen. Wie er sie jetzt wohl gerade ansah? Ob er es auch bemerkt hatte, dass sie ihn die ganze Zeit über angestarrt hatte? //Natürlich hat er es gemerkt! Blöde Kuh, was musst du ihn auch anstarren? ARGH!!!! Verflucht...// Fu's Gedanken fuhren Achterbahn. Sie konnte sich denken, wie sich ihre Mitschüler nun über sie lustig machten. Hoffentlich kamen sie nur nicht auf die Idee, etwas ,Falsches' hieraus zu schließen. Während der restlichen Stunde starrte Fu wie gebannt auf die weiße Platte ihres Tisches, ständig befürchtend, sie könnte wieder Kaiba anstarren. Nach einer halben Stunde klingelte es zum Schulende. Fu hörte, wie die anderen Schüler ihre Sachen zusammenpackten und den Saal verließen. Nur sie war immer noch unfähig sich zu bewegen. "He...Fu! Kommst du nicht mit?" Wandte sich Duke ihr fragend zu. Nun sah sie doch auf, und erblickte die Gesichter von Yugi, Joey, Tristan, Duke, Téa und Bakura, die sie von der Tür aus skeptisch betrachteten. "Eh...sorry! Ich komm sofort!" Entschuldigte sie sich verlegen und packte schleunigst ihre Sachen zusammen. Mit den anderen verließ sie das Schulgebäude, bis ihr plötzlich etwas einfiel. Ihre Gedanken schwenkten zurück in den Klassensaal. Da sah sie es...sie hatte es unter ihrer Bank vergessen. "Mist! Tschuldigung, ich hab was vergessen. Geht ruhig schon, ich muss noch mal zurück." Sie winkte den anderen kurz zu und rannte dann zurück in die schon fast vollkommen leere Schule. Schnaufend kam sie auf der obersten Stufe an. Wieso musste ihr Klassensaal auch im dritten Stock liegen? Nicht auszudenken, was wäre, wenn sie es vergessen hätte...ihr Tagebuch. Eigentlich hatte sie nie vorgehabt so etwas anzufangen, doch nach den Geschehnissen der letzten Monate, kam sie einfach nicht mehr herum. Sie hatte es immer und überall dabei, es war ihr Heiligtum geworden, auch wenn es schon etwas zerschlissen war und an manchen Seiten angekaut. Ab und zu hatte Kater Seto nämlich die Angewohnheit ihre Hefte und Bücher anzuknabbern, was er dann mit Vorliebe tat, und wenn Fu ihn nicht zurück halten würde, hätte er sie womöglich noch zerfetzt. Ein seltsames Tier, dieser Kater, das hatte sie sich schon oft gedacht. Endlich stand sie vor ihrem Klassensaal und öffnete die Tür. Sie war zum Glück noch nicht abgeschlossen. Vorsichtig lugte sie zunächst in den Raum, ob auch wirklich niemand mehr dort war, bis sie zu ihrem Pult ging, um das Tagebuch zu holen. Sie beugte sich runter, und schaute unter ihr Pult, doch das Buch war nicht dort. //Oh nein! Das ist doch nicht wahr! Ob es jemand anders mitgenommen hat?// Schoss es ihr schlagartig durch den Kopf. //Derjenige kann jetzt alles lesen, alle meine Geheimnisse und vor allem, alles was ich über Kaiba...// "Suchst du was?" Schlagartig riss es Fu aus den Gedanken. Wie vom Blitz getroffen, fuhr sie herum, und erstarrte sogleich, als sie sah, wer vor ihr stand. "W...was machst du denn hier?" Stammelte sie wie festgefroren. "Dasselbe wollte ich dich fragen." War die Antwort, die man ihr gab. Zwei kalte, blaue Augen sahen sie belustigt und spöttisch an. Es dauerte eine Weile, bis Fu sich wieder gefasst hatte. Der letzte, den sie hier noch erwartet hatte, war er, Seto Kaiba. "Das geht dich doch nichts an! Ich hab nur etwas gesucht, wenn du es genau wissen willst." Konterte sie trotzig, und ähnelte dabei schon fast einem kleinen Kind, das gerade dabei erwischt wurde, wie es Süßigkeiten stehlen wollte. "Ach...und du suchst nicht zufällig danach, oder etwa doch?" Mit einem spöttischen Grinsen hielt er ihr plötzlich ein kleines, rotes Buch, das an einer Ecke schon leicht lädiert war, vor die Nase. Fu's Augen weiteten sich. Das konnte doch nicht wahr sein. Ausgerechnet er hatte es, er hatte ihr Tagebuch. Geschockt starrte Fu zunächst auf das Buch, dann in Kaibas Gesicht. Wenn er es hatte, würde das etwa auch bedeuten, er hatte es gelesen? //Oh bitte nicht!// Flehte Fu innerlich. In diesem Buch standen so ziemlich all ihre Gedanken, all ihre Gefühle ihn betreffend. Nicht auszudenken, was wäre wenn... "Wo hast du das...ich meine, hast du etwa...?" Fu fand nicht die richtigen Worte, um das auszudrücken, was ihr gerade im Kopf vorging. Sie war einfach geschockt. "So wie es aussieht, hast du ein gravierendes Problem mit Ratten." Bemerkte Kaiba beiläufig. "Eh...was meinst du damit?" Ein großes Fragezeichen bildete sich auf Fu's Gesicht. "Wie das aussieht..." "Das kann dir doch egal sein, und jetzt gib her!" Befahl Fu forsch und war nah daran, ihm das Buch einfach aus der Hand zu reißen. "Hm...weshalb sollte ich? Scheint dir ja sehr wichtig zu sein, dieser Fetzen." Wieder bedachte er sie mit einem dieser arroganten, verspottenden Blicke. "Weil ich es haben will und ja, es ist mir wichtig!" Erwiderte Fu. Langsam wurde sie ungeduldig. Wieso tat er das? Wollte er sie etwa ärgern? Wusste er womöglich längst alles, was darin stand? "Soso...du willst es also haben. Was ist denn darin so Interessantes, dass du es unbedingt haben willst?" Fu stockte. Was sollte diese Anspielung? Er wusste es doch nicht etwa wirklich? Oder wollte er sie nur auf die Probe stellen? "Kann mir auch egal sein. Da hast du's." Achtlos ließ er es einfach fallen, sodass Fu Mühe hatte, es aufzufangen. Sprachlos sah sie auf ihr Buch. Ihr Buch voller Geheimnisse. Aber waren es überhaupt noch Geheimnisse? //Wieso hat er es mir jetzt plötzlich gegeben? Er weiß, was drin steht, oder? Er muss es wissen, aber wenn er es weiß, dann weiß er auch...OH NEIN!// Ihr Magen verkrampfte sich. Doch sie musste es wissen, sie musste erfahren, ob er wusste, was darin stand. "Sag mal, du hast doch nicht...oder hast du rein geschaut?" Fragte sie verunsichert, und schon darauf gefasst. Kaiba, der eigentlich dabei war zu gehen, drehte sich noch einmal um. "Nenn mir einen Grund, warum ich das getan haben sollte? Es interessiert mich nicht im Geringsten, was du in dieses Buch schreibst. Also nerv mich nicht damit." Wieder sah er sie mit diesen, ihr lediglich Verachtung entgegen bringenden Augen an. Diese Augen, so kalt, dass sie selbst die heißeste Lava zum gefrieren bringen konnten. Doch Fu ließ sich davon nicht mehr einschüchtern. "Phf...auch gut! Ich weiß ja bereits, dass ich dir aus den Augen gehen soll. Hast du mir damals unmissverständlich mitgeteilt. Du kannst mich mal, du blöder Idiot!" Mit einer gekonnten Geste warf sie ihre langen Haare zurück und lief so ignorant, wie nur möglich an ihm vorbei zur Tür. "Lass das besser! Das kannst du sowieso nicht!" Hämisch grinsend bedachte Kaiba die kleine Show, die Fu versuchte abzuziehen. "Was? Was kann ich deiner Meinung nach nicht?" Fu hatte die Tür schon geöffnet, war dabei hinauszugehen, als sie sich noch einmal verwundert umdrehte. "Die Ignorante zu spielen. Denn dazu müsstest du zu erst einmal wissen, was ignorieren überhaupt heißt, und das für jemanden wie dich verständlich zu machen, wäre vergebliche Liebesmüh." Amüsiert betrachtete Kaiba, wie Fu ihn zuerst verblüfft ansah, dieser Ausdruck aber schlagartig in einen ärgerlichen, bis aufs äußerste provozierten wechselte. Ruckartig knallte sie die Tür, die sie einen Spalt breit geöffnet hatte, unter lautem Donnern zu. "Du elender Mistkerl! Was gibt dir eigentlich das Recht, so mit mir zu reden? Ich...argh...was red ich überhaupt noch mit dir? Kostet mich sowieso nur Nerven." Beleidigt drehte Fu ihm den Rücken zu, griff abermals nach dem Türgriff und wollte die Tür öffnen. Doch diese ließ sich nicht öffnen. "Was...?" Sie drückte den Türgriff einige Male nach unten, die Tür blieb jedoch geschlossen. "Das kann doch jetzt nicht sein!" Fluchte sie und rüttelte den Türgriff energisch. Nach etlichen, vergeblichen Versuchen gab sie es schließlich auf. "Ich glaub, wir haben ein Problem! Die Tür klemmt, sie geht nicht mehr auf." Teilte sie Kaiba kleinlaut mit. "Das gibt's doch nicht! Was hast du jetzt schon wieder gemacht?" Ungläubig blickte Kaiba zuerst auf Fu, dann zu der vermeintlich klemmenden Tür. Grob schob er Fu zur Seite und rüttelte selbst am Türgriff, bis er feststellen musste, dass sie Recht hatte. "Nichts zu machen, du hast sie kaputt gemacht! Wie kann man nur so bescheuert sein?" Bemerkte er beiläufig. "Selber bescheuert! Was kann ich denn dafür, dass die Türen hier nichts aushalten? Außerdem überleg dir lieber, was wir jetzt machen. Etwa aus dem Fenster springen?" Kaiba hielt einen Moment inne, ehe er sein Handy heraus holte und eine Nummer wählte. "Roland, schicken sie einen Schlosser an die Schule. Ja, ich bin sozusagen eingesperrt." Sprach er und warf Fu dabei einen kalten Blick zu. Diese sah ihn nur sprachlos an. Das hatte sie ja total vergessen. Kaiba hatte doch seinen privaten Kammerdiener, der sich schon darum kümmern würde. Der würde ihn selbst aus dem verstecktesten Bunker im tiefsten Dschungel heraus holen. Solche Leute hatte Fu natürlich nicht, sie hatte ja noch nicht einmal ein Handy, mit dem sie jemanden anrufen könnte. Wäre sie jetzt allein eingesperrt, müsste sie wahrscheinlich bis zum nächsten Morgen warten, wenn die Schule wieder begann. Da konnte sie nun wirklich von Glück sprechen, dass sie mit Kaiba eingeschlossen war. Wobei sie ja tatsächlich nicht gerade unglücklich darüber war, aber das war natürlich eine komplett andere Sache. "Na und? Kommt dein Bückling dich rausholen?" Meinte Fu sarkastisch, aber wohl wissend, dass sie froh darüber war. "Es wird nicht lange dauern, will ich hoffen..." Erwiderte Kaiba herablassend. "He...ich kann mir auch was Besseres vorstellen, als mit dir hier eingesperrt zu sein!" Setzte Fu bissig nach, fügte in Gedanken aber noch ein ,eigentlich ja nicht' hinzu. Unweigerlich musste sie über ihren Gedanken schmunzeln, da er sie wieder an ihr Tagebuch erinnerte, das Kaiba allem Anschein nach, und um nicht zu sagen, glücklicherweise nicht gelesen hatte. Kaiba warf ihr nur einen unverständlichen, aber spöttischen Blick zu. Wahrscheinlich dachte er, sie habe nun völlig den Verstand verloren. Was ihn bei diesem Mädchen jedoch ganz und gar nicht wunderte. Seiner Meinung nach war sie schlicht und weg verrückt, gestört aber vor allem, und das wusste er genau, war sie lästig. So ziemlich der lästigste, nervigste Mensch, dem er jemals begegnet war. Joey Wheeler war in der Tat nicht mir ihr zu vergleichen. Und das musste etwas heißen, denn bis er sie getroffen hatte, war er der Meinung, schlimmer als Wheeler ginge es gar nicht mehr. Diese Meinung hatte er schnell revidiert. Es herrschte Stille. Offensichtlich waren Fu die Worte ausgegangen, denn sie sah schweigend aus dem Fenster. //Meine Güte, ein Friedhof ist nichts dagegen. Kein Wunder, immerhin befindet sich hier ein leibhaftiger Eisberg. An was er wohl gerade denkt? Bestimmt irgendwas mit seiner Firma. Es könnte auch anders sein, wenn Kaiba nur nicht so ein arroganter Mistkerl wär. Ach verdammt, wieso muss ich mir immer die kompliziertesten Typen aussuchen?// Fu entwich ein leises Seufzen, sie sah zu Boden. //Komisch. Eigentlich hätte ich gedacht, dass sich unser Verhältnis nach dieser Aktion in Kaibaland verschlechtern würde. Aber es ist noch genauso wie zuvor. Das ist zwar kein besonderer Trost, aber zumindest besser, als anders. Ich hab mir gar keine Gedanken mehr darum gemacht, obwohl mich Kaiba damals mehr als verletzt hat. Und ich? Hätte ich mich vielleicht für die Ohrfeige entschuldigen sollen? Quatsch...das hatte er verdient, ich war völlig im Recht. Aber andererseits war es auch nicht gerade nett, was ich zu ihm gesagt hatte. Natürlich hat er das Duell gegen Yugi verloren, war auch nicht anders zu erwarten. Trotzdem, er wird es immer wieder versuchen, bis er ihn irgendwann besiegt. Vielleicht sollte ich mich doch entschuldigen. Wäre zumindest mal ein Anfang.// "Kaiba...eh...hör mal, also ich wollte mich bei dir entschuldigen, wegen der Ohrfeige damals. Ich hatte kein Recht über dich zu urteilen." Erwartungsvoll beobachtete Fu Kaibas Reaktion. Dieser tat zunächst jedoch nichts, bis er sie plötzlich wieder mit diesem typisch, verachtenden Blick bedachte. "Glaubst du tatsächlich ich würde auf so etwas wert legen? Was denkst du, wie viel mich irgendeine deiner Handlungen interessiert? Du bist nicht mehr, als eine von diesen vielen Personen, die penetrant glauben, sie müssten sich in mein Leben einmischen, genau wie der Rest eurer lächerlichen Kindergartentruppe. Da bist du wirklich gut aufgehoben, auf einen Idioten mehr oder weniger kommt es auch nicht mehr an." Fu zuckte zusammen. Sie konnte nicht glauben, dass er das wirklich gesagt hatte. Wie konnte er das sagen? War er tatsächlich dieser Meinung? Kein Mensch konnte doch so gemein und gefühllos sein. "Warum sagst du so was? Du kennst mich doch gar nicht. Ich versteh nicht, wie du so über andere Menschen reden kannst. Hasst du denn wirklich die ganze Welt?" Betrübt sah Fu zu Boden. Sie erwartete keine Antwort von Kaiba, und genau das bekam sie auch nicht. Anscheinend blieb Fu nichts übrig, als einzusehen, dass es keinen Sinn hatte, mit ihm zu reden. Er hasste sie genauso, wie die halbe Menschheit. Verstehen konnte Fu dies trotzdem nicht. Wie konnte ein Mensch so kalt, so hasserfüllt seinen Mitmenschen gegenüber sein? Es dauerte nicht lange, bis Roland sie aus dem Klassensaal befreit hatte. Das Schloss der Tür war durch den harten Aufprall, als Fu die Tür zugeschlagen hatte, verbogen worden. Mit dem richtigen Werkzeug gelang es aber dem Schlosser, es wieder zu öffnen. Fu hatte Kaiba noch wegfahren sehen und sich dann selbst auf den Weg nach Hause gemacht. Endlich begann es zu schneien, worauf Fu die ganze Zeit über gewartet hatte. Doch sie bemerkte es nicht einmal. Ihre Gedanken waren ganz woanders. Sie versuchte krampfhaft zu verstehen, weshalb Kaiba so war, wie er war, aber sie fand keine Erklärung dafür. Er war ihr ein Rätsel, das sie wahrscheinlich niemals lösen würde. Sie würde sich so sehr wünschen, ihm auf irgendeine Art näher zu kommen, aber dies schien in weite Ferne gerückt. Kaiba würde niemals seine Meinung über sie ändern, dazu müsste schon ein Wunder geschehen. Doch so naiv war Fu nicht. Sie glaubte nicht an Wunder, und schon gar nicht in diesem Fall. Wieder einmal war sie deprimiert, als sie das Haus betrat. Auf dem Küchentisch fand sie einen Zettel von ihrem Vater, auf welchem stand, dass er nur kurz einkaufen war und in einer halben Stunde zurück sei. Seufzend verließ Fu die Küche wieder und ging in ihr Zimmer. Wie gewöhnlich lag der kleine schwarze Kater auf ihrem Bett und schlief zufrieden. Bei diesem Anblick entfuhr Fu nun doch ein Lächeln. Dieser kleine Kater, dem sie Kaibas Namen gegeben hatte. Wahrscheinlich würde er das einzige bleiben, was sie jemals von ihm hatte. Eine Katze, die seinen Namen trug. ...Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)