Weinende Seele von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 31: Hilflosigkeit ------------------------- Hilflosigkeit Vom ersten Augenblick an war ihm der Gast unsympathisch. Nicht nur das aufgesetzte arrogante Gehabe, sonder auch die anrüchigen Blicke mit denen er ständig gemustert wurden, waren ihm zu wider. Dieser Dämon stellte in seinen Augen nur eines dar: Mehr Schein als Sein. Sicher, er hatte eine Menge Einfluss, aber dies lag weniger an seiner Person, als an seinen Verbindungen, oder vielmehr an der familiären Abstammung. Es war ihm unbegreiflich, weshalb Laures ihn eingeladen hatte. Selbst wenn sich hier und da ein paar Vorteile aus dieser politischen Verbindung ergab, so war Sörvaus bei weitem nicht die beste Partie. Umso mehr verstand er die Entscheidung seines Herrn nicht. Was war nur so von Wichtigkeit, dass Laures vor diesem blasiertem Nichts den Narren gab? Auch das noch, er wurde kurzzeitig von seinem Fürst mit Sörvaus alleine gelassen. Ein weiterer ausziehender Blick. Dieser Kerl ekelte ihn wirklich an. Abweisend schaute er von dem Balkon nach unten. Zadei. Eine weitere Entscheidung die für ihn keinen Sinn ergab. Weshalb wies Laures an, dass Zadei zum Abschluss der Verträge einen Kampf führte? Er wurde aus den Gedanken gerissen, als sich eine gierige Hand seinem Gesicht näherte. "Falls ich meinen Diener verliere, so denke ich, dass ich heute einen hübschen Ersatz für ihn gefunden habe." Angewidert wand Tetei den Kopf ab. "Er ist nicht käuflich Sörvaus, für keinen Preis. Aber wenn ich noch etwas anderes für dich tun kann?" Tetei atmete auf, als er die Stimme seines Herren vernahm. Könnten die Kämpfe nicht endlich beginnen, damit dieser Abschaum aus dem Palast verschwand? "Danke, mir würde lediglich ein Ersatz fehlen. Und diese Position ist nicht leicht zu ersetzen, wie du dir denken kannst." "Weshalb schicken Sie ihn dann in diesen Kampf? Ein Gefecht welches ihm das Leben kosten wird." Aus den Augenwinkel erkannte er ein böses Funkeln in Laures Augen. Schön, sein Kommentar war nicht besonders höflich, aber da es dieser Dämon bereits den ganzen morgen nicht für nötig befunden hat, sich in seiner Gegenwart zu benehmen, konnte er der Versuchung einfach nicht widerstehen. Er würde diesen Quacksalber in Grund und Boden reden, falls er denn Fehler beging, sich auf eine Diskussion einzulassen. "Er war ungehorsam und brach seine Treu zu mir. Aber in Anbetracht der Vergangenheit, bekommt er die Chance sein Leben selbst zu retten." Tetei zog die Augenbraun hoch. "Gegen Zadei?" "Was macht euch so gewiss, dass dieser Wilde gewinnen wird?" Darauf hatte er gewartet, doch bevor er zu einer schlagfertigen Antwort ansetzen konnte, wurden die Gitter mit Getöse nach oben gezogen. Zadei. Liebevolle Augen blickten ihm entgegen. Tetei zögerte kurz und verschwand dann in den Schatten. Zadei musste nicht wissen, dass er dem Kampf beiwohnte. Am Ende würden eine aufgesetzte Mitleidstour nur seine Gefühle beeinflussen, seine Verhalten und Handel lenken. Ihn direkt in die starken Arme seines Liebsten treiben. Ihm abermals seine Hilflosigkeit in Zadeis Gegenwart aufzeigen. Die unangenehme Stimme des Gastes lies in aufhorchen "Man muss nur die Schwächen seines Gegners kennen, lieber Teteiyus." Schwächen? Zadei hatte einige davon: Impulsivität, Ungeduld, Unbeherrschtheit, Starrsinn. Aber im Kampf? Wenn sein Gegner nicht gerade Laures hieß, dann war er einer der besten Krieger Makeis. Eine scharfe Replik lag ihm bereits auf den Lippen. Sie sollte die Diskussion zu ihrem Höhepunkt treiben. Doch unweigerlich wurde seine Aufmerksamkeit von einem Schatten eingefangen. Zweifelnd blickte er in den hellen Sand. Die Silhouette die sich dort abzeichnete konnte nicht real sein, oder etwa doch? Sollte es wirklich der Möglichkeit entsprechen, dass er nach all den Jahren ein ihm gleiches Wesen erblickte? Er brauchte nicht lange auf eine Antwort zu warten. Eine weiße Federn durchschnitten die Luft und fanden ihr Ziel in Zadeis Oberschenkel. Weiße Flügel trugen den Dämon durch die Sphäre, ließen Tränen in Teteis Augen treiben. Das meinte Sörvaus also mit Schwäche. Flehend blickte er zu seinem Herren. Doch alles was ihm entgegnet wurde, war Kälte, Achtlosigkeit. Eine schreckliche Angst breitete sich in Tetei aus. Nein, er konnte sich das Spektakel nicht ansehen. Mit einem giftigen Blick auf den verhaßt Gast, steuerte er den Innenraum an. Keine Sekunde länger wollte er diesem Schauspiel beiwohnen. Doch eine feste Hand hielt ihn an der Schwelle zurück. Die dunkle Stimme seines Gebieters drang leise aber intensiv an sein Ohr. "Ich dachte ich hätte dir deutlich gemacht, dass ich deine Gesellschaft heute ausdrücklich wünsche." Tetei erstarrte. Nein, dass konnte sein Fürst doch nicht allen ernstes verlangen! Geschockt blickten seine Augen in dunklen Höhlen. Er kannte diesen Blick nur zu gut. Er hatte sich zu fügen. Wusste sein Herr eigentlich welchen Qualen er hier ausgesetzt wurde? Welchen seelischen Schmerz es für ihn jetzt galt zu unterdrücken? Das seine Kraft niemals dafür ausreichen würde? Ein bestätigendes Nicken, bösartig und durchtrieben. Deshalb also das Arrangement mit Sörvaus. Auch Tetei brach die Treue zu seinem Herrn. Steif ging er auf seinen Platz zurück."Soll das meine Zukunftsaussicht sein?" fragte er mit scharfem, herausfordernden Ton. Er war machtlos aber keinesfalls schon am Boden. Er würde seine Maske waren, ganz gleich welchen Anblick seine Augen ertragen mussten. Eng drückte Laures Teteis Schultern an seine Brust. Warmer Atem wurde bei der Antwort auf seinen Hals gehaucht, lies seinen Körper erschaudern. "Nicht solange du deine Zukunft an meiner Seite lebst. Sehe es eher als einen Rückblick in die Vergangenheit. Eine Erinnerung die dich nie wieder heimsuchen wird, wenn du den richtigen Weg wählst." Genauso plötzlich wie ihn die Nähe seines Herren umfing, so verließ sie ihn auch wieder. Er stand alleine an der Brüstung. Seine Hände verkrampften sich im kalten Stein. Doch der Anblick der sich ihm bot machte Hoffnung. Hoffnung auf was? Der Geflügelte schien eindeutig die Oberhand zu haben, doch Zadei schien stark verletzt. Mehre große und kleine Wunden zierten bereits seine Körper. Seine Gewandtheit ließ zu wünschen übrig und auch seine Kräfte schienen mit jedem Atemzug aus seinem Körper zu weichen. Was war nur los mit ihm? Sein Gegner stellte doch nicht im geringsten eine ernsthafte Gefahr für ihn dar. Oder konnte er sich einfach nicht wehren? Zadei. Inständig bat Tetei darum, dass er sich nicht durch eine Illusion täuschen ließ. Ein Schrei seines Shogun ging ihm durch Mark und Bein. Teteis Brust zog sich zusammen. Bitte steh auf! Zadei geschändet und kraftlos am Boden zu sehen erfüllte ihn mit einer unbändigen Angst. Nein, er würde sich nicht geschlagen geben. Nicht sein Shogun. Doch das Bild, welches sich ihm bot, erzählte eine andere Geschichte. Er konnte Zadeis Erschöpfung förmlich spüren. Seinen Kampf führte er längst nicht mehr gegen den Geflügelten, sonder gegen sich selbst. Kurze, unbeholfene Schläge die ihm kleine Pausen verschafften, aber keine Wende der Kräfteverhältnisse brachten. Das konnte nicht mit rechten Dingen zu gehen, dessen war sich Tetei bewusst. Dennoch, sein Herr sprach von seiner Wahl. Welche hätte er denn wenn Zadei, allem Anschein nach dem Tode geweiht war? Mühsam versuchte dieser seinen schweren Körper abermals aufzurichten und brach zusammen. Panik breitete sich in Tetei aus, wies seinem Körper an nicht mehr länger an sich zu halten. Gleich was die Konsequenz war, er könnte seinen Tod nicht ertragen. Niemals. "So wenig Vertrauen?" Tetei stockte der Atem. Darauf hatte es sein Herr also angelegt. Seine Worte hinderten ihn mehr daran, sich in die Arena zu stürzen, als es irgendeine andere Macht je gekonnt hätte. Vertrauen? In wen oder was sollte er den überhaupt noch vertrauen haben? Beide hatten sie ihn betrogen. Und die einzige Wahrheit die seinem Geist jetzt blieb, war das Bild des Todesengels, welcher sich über Zadei beugte. Teteis Herz raste, schrie innerlich, flehte um Einhalt. Und es schien erhört worden zu sein. Sein Shogun bewegte sich wieder, verstrickte sich in einem wilden Gerangel mit der Engelsgestalt. Tetei atmete auf. Doch was wenn Zadei gewann? Immer schwerer senkte sich die Hilflosigkeit auf ihn herab, raubten ihm seine Hoffnung, drohte damit ihn zu ersticken. Schmerz breitete sich in seiner Brust aus. Ganz gleich wie er es drehte und wendete. Es gab nur einen Gewinner, Laures. Und einen Verlierer, er selbst. Machtlos lauschte er dem Gefecht in seinem Inneren. Herz und Seele schienen einen Streit unter sich auszutragen, über das schlimmere Elend. Erinnerungen keimten auf, wurden Bild und sogleich Wahrheit. Weiße Federn schwebten hilflos durch die Luft, Blut säumte die Erde. Einzelne rote Tropfen ließen Zadeis zur Fratze verzogenes Gesicht, nur noch grauenvoller wirken. Es war vorbei. Mit leeren Augen verließ Tetei den Balkon. In seinem Zimmer angekommen setzte er sich auf den kühlen Boden. Sein ganzer Leib zitterte jetzt. Schmerz regierte seine Seele. Er konnte nicht ewig so verharren, wollte sich wieder aufrichten, doch alles an ihm schien wie betäubte. Er wollte Schrein, die Wut in ihm nach draußen verjagen, doch er war unfähig derer gleichen zu tun. Vergessen war das verschlungene Bild zweier Körper. Stattdessen tanzten weiße Federn vor seine Augen auf und ab. Heiße salzige Tränen bahnten sich einen Weg über seine bleichen Wangen. Nur ein kurzer Augenblick mit der fremden und ihm so ähnlich Gestalt, hätte ihm genügt. Die Hoffnung auf eine neu Gemeinschaft, auf Zugehörigkeit. Doch das Schicksal schien nur eines für ihn übrig zu haben: Die schmerzvolle Vergangenheit. Ein Klopfen befreite ihn aus seiner Resignation. Rasch verschwand er hinter Gardinen. Niemand sollte ihn in dieser Verfassung sehen. Mit fester Stimme gebot er einzutreten. Eine zarte Frauenstimme meldete sich zu Wort. "Verzeiht die Störung Herr. Fürst Laures schickt mich. Ich sollte euch ausrichten, dass er euch heute beim Abendmahl erwartet." "Hm, richte ihm aus, dass mir im Moment nicht der Sinn nach Essen steht." "Verzeiht Herr Teteiyus, aber ich sollte euch unmissverständlich klar machen, dass er euch heute noch zu sprechen wünscht." "Wenn das so ist, dann richte ihm aus, dass er sich entweder in Geduld üben muss oder sich hierher bequemen müssen wird." Skeptisch fragte die Frau "Soll ich ihm das so ausrichten? Ich meine ..." "Ja." War die schlichte Antwort Teteis. Schweigend zog sich die Dienerin zurück. Kraftlos sank er zu Boden. Sollte sein Herr doch toben, soviel er wollte. Keines Falls würde er an der Tafel teilnehmen und so tun, als ob nichts gewesen wäre. Die Zweideutigkeit von Sörvaus Gesprächsinhalten, der ausgerissene Flügel des ihm fast Spiegelbild ähnlichem Wesens, die Unbeholfenheit mit der Zadei seinem Gegener gegenüberstand. Zadei, was war nur los mit dir? Er konnte sich nicht helfen, aber irgendetwas war an diesem Kampf falsch gewesen. Die Tatsache, dass mit Zadei schon von Beginn an etwas nicht stimmte, bekräftigten seinen Antrieb nach der Wahrheitssuche, unterdrückten den Drang die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen. Er musste zu Zadei, wissen weshalb er bei dem Kampf so geschwächt war. Zitternd richtete er sich wieder auf. Nein, nicht in diesem Zustand. Er musste warten bis sich seine Nerven wieder beruhigt und er sich unter Kontrolle hatte. Um die Neugier jedoch zu mildern, lies er einen Diener rufen, welcher sich über das Befinden Zadeis erkundigen sollte. Der Bericht des Dieners stimmte ihn allerdings keines Wegs zufrieden. Zadei war laut Auskunft des Arztes bei dem Kampf lediglich erschöpft gewesen? Durch zu viel Alkohol und zu wenig Schlaf? Das war doch lachhaft! Sicher trank Zadei mal einen über den Durst, aber sich am Abend vor einem Kampf der Völlerei zu verschreiben lag ihm nun wirklich nicht. Es hatte keinen Sinn sich länger darüber den Kopf zu zerbrechen. Sobald er das Bewusstsein wieder erlangte musste er zu ihm. Er wies den Diener an, vor dem Krankenzimmer wache zu halten und ihn gegebenenfalls zu benachrichtigen. Er selbst wollte sich nicht der Schwäche seiner Emotionen hingeben, welche die Nähe Zadeis zweifellos auslösen würden. Er hatte noch genug damit zu tun, die letzten Stunden zu verarbeiten. Immerwieder quälten ihn dieses eine Bild, was für ihn soviel mehr war, als das grausame Ende eines Kampfes. Es war Vergangenheit, zerbrochene Hoffnung, Hass, Angst. Ein Band das für sie Beide sowohl Ende als auch Neubeginn symboliesierte. Das Wissen sich mit seinen Gefühlen auf Ewig der Unsicherheit verschrieben zu haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)