Broken Life - gebrochenes Dasein von Kizu8 (Wieviel Schmerz erträgt eine Seele..?) ================================================================================ Kapitel 14: Meine Sorge um dich .. ---------------------------------- Anfangs konnte sie nur einen Strudel aus Farben erkennen, verschwommene Konturen, aber nach kurzem Blinzeln klärte sich der Blick und sie erkannte ihr Umfeld. Ein fremdes Gesicht betrachtete sie eingehend und versuchte anscheinend jede kleinste Regung ihrer Mimik zu analysieren. Wer war das? Eine unbekannte Frau, etwa Anfang 40. Benommen richtete sich das Mädchen langsam auf. Janes Hand fuhr an ihren Kopf. Allmählich verklang der Schmerz und sie konnte sich mehr auf ihr Umfeld konzentrieren. "Sind sie Okay? Haben sie irgendwo Schmerzen?" Jane sah die Frau wieder an. ".. nein. Mir .. mir geht's gut. .. Mein Kopf tut nur etwas weh." "Puh, da bin ich erleichtert. Wir dachten schon, sie sind bewusstlos. Aber sonst haben sie nirgendwo Beschwerden?" Kopfschütteln seitens Jane diente als Antwort. Der ganze Trubel war für sie nicht erklärlich; und der Lärm erst. Furchtbar. Am liebsten hätte sie lauthals -Ruhe!- gebrüllt , aber irgendwie fehlte ihr dafür die Kraft, oder auch Lust. Sie atmete aus und nahm erstmals alles um sie wirklich wahr. Dutzende Menschen standen um sie herum, starrten sie oder die Frau vor ihr an. Einige blickten auf die Fahrbahn und besahen sich etwas wohl sehr interessantes. Jane blieb der Blick darauf durch die Menschen verwehrt. Nun spürte sie, dass sich etwas neben ihr regte. Irgendwie lag sie auch ziemlich weich, was ihr gerade auffiel. Sie drehte den Kopf leicht und blickte in das Gesicht eines Jugendlichen. Ja. Dieses Gesicht hatte sie gesehen, als sie noch .. geschlafen hatte?! Sie wusste es nicht mehr. Was war passiert? Da ihr der Junge neben ihr keinesfalls unbekannt war, begann sie zu fragen: "Kai .. was .. was ist passiert?" Ein wenig verwundert blickte er sie an, bis er ruhig anfing den Sachverhalt zu erläutern: "Du bist vor ein Auto gelaufen, .. zumindest fast. Ich konnte dich grade noch zurückziehen. Sonst hätte dich dieses Arschloch von Golffritze überfahren." Seine Stimme hatte sich etwas gehoben, als er den Fahrer erwähnt hatte. Man merkte immer noch, wie sauer er auf diesen Japaner war. "Aber zum Glück ist dir ja nichts passiert.." Er seufzte. Kai war erschöpft. Die ganze Aufregung von vorhin, dann der Unfall und jetzt dieser Rummel. Dauernd hatten ihn irgendwelche Leute gelöchert, was los sei und wer der Fahrer wäre. Irgendwelche banalen Fragen wurden gestellt, die er eh nicht hörte, aber die Tatsache, dass sich die wenigstens für die Opfer interessierten, nervte ihn. Vor allem: ihm war es ihm Moment scheißegal, wer der Typ war. Sein Grundgedanke lag bei einer Person, die neben ihm hockte und irgendwie absolut keine Ahnung hatte, was hier gespielt wurde. Am liebsten hätte Kai Jane angemotzt, nächstes mal die verdammt Mascara-betuschten Äugelchen auf zu machen und zu gucken, wohin man lief. Aber, diese Wut wurde von etwas anderem erstaunlich gemildert. Förmlich nichtig gemacht: Es ging ihr gut. Sie hatte vom Vorfall keinerlei Schaden genommen und war putzmunter; wenn man das so nennen konnte. Jane war wohlauf und gesund. DAS war wichtig, nicht der Vorsatz und die Predigt, wie die einer lieben Frau Mutter; das kam später. Nein. Die Tatsache, dass es Jane gut ging, befriedigte ihn zutiefst. Erleichertung in vollen Zügen. Für eine Millisekunde starrte die schwarzgrünhaarige Kai verwundert an. Sie war vor ein Auto gelaufen? Und sofort blendete sich vor ihr ein Bild ein. Der kleine blaue Golf, sie hatte ihn noch kurz gesehen, bevor sie nach hinten gerissen wurde. Von wem, wusste sie damals nicht. Sie war in Gedanken gewesen - weit weg also von der realen Welt. Nur als sie jemand gerufen, fast schon nach ihr geschrien hatte, hatte sie aufgeblickt und den Wagen gesehen. Ihr Gehirn hatte ausgesetzt; somit war der Verstand vollends ausgestaltet gewesen. Es war ein Schockmoment. Hatte sie nicht noch geschrien; vor Panik? Sie wusste es - sie hatte einen Filmriss. Jane wandte sich ab, stemmte die Hände auf den Boden und stand auf. Ihre Bewegung war so schnell erfolgt, dass Kai oder die Krankenschwester nicht einmal Zeit hatten, zu reagieren. Kai hätte damit gerechnet, dass sie noch etwas wackelig auf den Beinen wäre. Aber nichts dergleichen. Jane machte einen ruhigen Eindruck. Aber in Wahrheit zitterten ihre Knie. Es kam ihr alles so bekannt vor, es gab Parallelen, die ihr gar nicht gefielen. "Vielleicht sollten sie noch einmal einen Arzt aufsuchen, der sich die Sache noch einmal besieht...!?" "Nein. Schon gut. Es geht mir gut... wirklich, glauben sie mir. Alles in Ordnung." "Hm. Wenn sie meinen." Kai erhob sich vom Boden, rückte seinen Kleidung zurecht und stand neben Jane. "Danke für ihre Hilfe", fügte Jane noch an. Sie trat mit Kai aus der Menge und verließen den Schauplatz. Zu Hause angekommen, lies sich Jane auf einen Küchenstuhl sinken. Kai, welcher hinter ihr die Lofttür schloss, legte seine Jacke ab und folgte ihr in die Küche. Er war ziemlich ruhig geworden, was ihm selbst schon aufgefallen war, als die Krankenschwester sich um Jane gekümmert hatte. Irgendwie fühlte er sich betäubt. Wie es so seine Art war, kochte er Tee auf. Neben Wodka war Tee das beliebteste Getränk der Russen. Ohne diese zwei Sachen ging im Leben gar nichts. Der Jugendliche goss sich eine Tasse schwarzen Tee ein und stellte eine andere vor Jane. Auf irgendeine Weise hatte er das Gefühl, das die 17-jährige etwas aufgewühlt war. Kai war kein Mensch der großen Worte, aber ein Mensch der kleinen Gesten. Bedächtig schob er den Stuhl gegenüber Jane zurück und setzte sich. Der junge Russe nahm ein paar Schluck von dem heißen Gebräu und blickte das Mädchen an. Er setzte die Tasse ab. "Ist mit dir wirklich alles in Ordnung, oder hast du nur versucht, die Krankenschwester los zu werden?" Jane sah auf. Für einen Moment schaute sie ihn einfach nur an, wie er dasaß - ein wenig angespannt, mit ernsten Blick und den silbrigen Haaren. Eine Frage stellte sich ihr, die sie sogleich laut aussprach. " Entschuldige, aber ich war vorhin so durcheinander. Wie geht's dir eigentlich. Hast du dir irgendwas getan?" Im Grunde hasste er Gegenfragen. Diese bekannte Katz-und-Maus-Spiel, was zu nichts führte, da man immer irgendwo stecken blieb. Aber ihr verzieh er dies. Er musste sich eingestehen, dass er sich diese Frage auch nicht gestellt hatte. Wie schon erwähnt - sein Kerngedanke, war dieses Mädchen da vor ihm. Und außerdem, .. er hatte schon schlimmeres durchgemacht, da waren diese Kratzer lächerlich. Beinahe schon nicht vorhanden. Kai hatte schrecklicheres erleben und ertragen müssen, was diesen Rahmen hier bei weitem sprengte. "Ich kann mich nicht beklagen. Ein paar Kratzer, nichts weiter. Ich glaube, du bist da wichtiger." Jane wirkte unbeholfen. Einerseits war sie geschmeichelt, dass sich so viele Sorgen machten. Andererseits, bei Gott - sie war doch kein Kind mehr. Das hatte sie doch schon bewiesen. Sie war stark gewesen und hatte es damals verkraftet. Hatte für ihren Geschmack deutlich gezeigt, dass sie es durchstand. Warum behandelten sie alle noch wie ein kleines Mädchen, dass man vor der bösen Welt da draußen beschützen musste. Sie wusste, dass die Welt Zähne hatte, die sich auch durch aus einsetzten konnte, aber sie konnte auch selbst ihre Krallen zeigen. Also hey - What's on your mind? Ihr Kopf dröhnte noch immer. Wo war die verdammte Aspirin?, dachte sie. "Was ist? Hast du Kopfschmerzen?" Kai blieb ihr Verhalten nicht unbemerkt. Er kannte es einfach zu gut, wenn man das Gefühl hatte, der Kopf würde zerplatzen wie eine Seifenblase. "Ja. Ein wenig." "Hast du irgendwas dagegen, eine Aspirin oder Novalgin [ein sehr starkes Mittel gegen Kopfschmerzen] ?" "Im Bad - glaube ich. Ich hole es gleich." "Bleib sitzen. Ich mach schon. Trink du lieber den Tee." Er erhob sich und schritt den Flur entlang, zum Badezimmer. Toll - nun stand er vor einem Problem. Wo im Bad??!! Zu aller erst öffnete er das kleine Schränkchen oberhalb dem Waschbecken. Er ging alles durch - Zahnputzzeug, Kosmetikartikel, Afterschafe, Damenhygieneartikel - sprich Tampons. Bei letzteres wurde ihm mulmig. > Übersieh es einfach. Es ist nicht da. Such die Aspirin!!!< In eine Ecke hatte er das ersehnte Päckchen endlich gefunden, schloss das Schränkchen und ging zurück. Jane stand am Kühlschrank und kramte darin nach etwas. "Was machst du den da?" "Ich versuche uns was zu Essen zu machen. Was dagegen?" Er räusperte sich, öffnete die Aspirinschachtel und brach eine Tablette heraus. Mit einem Wasserglas und der Pille reichte er es Jane, die es flux einnahm. Aber sie konnte es nicht vergessen, was ihr durch den Kopf ging war zu lebendig, um es mit irgendwelchem Medizinischen Gift ruhig zustellen. Da hätte sie sich genauso gut Valium geben können. Kurz schloss sie die Augen, um die Bilder zu verdrängen. Doch nun flammten sie erst richtig auf und zwangen sie hinzusehen. Ihr Kopf war erfüllt von Geräuschen. Verzweifelt fasste sich an den schmerzenden Schädel. Es war unerträglich - sie hätte schreien können. Die Gewalt der Erinnerung wurde übermächtig und langsam sammelten sich Tränen in ihren Augen, als würde sie um Gnade flehen. Sie zitterte stark und konnte sich somit kaum noch auf den Beinen halten. Kai, der die Aspirin weggepackt hatte, drehte sich wieder um und musste mit ansehen, wie Jane zu Boden glitt. Alarmiert eilte er zu ihr und fand sie wie ein Häufchen Elend auf dem Boden kauernd. "Hey. Was ist los?!" Aber sie reagierte nicht mehr. "Jane! Jane!! Verdammt noch mal. Sag was!!!" Das schwarzgrünhaarige Mädchen war einfach weggetreten und nicht mehr ansprechbar. Kai versuchte ihr irgendwie zu helfen und suchte nach ihrem Blick, aber ihre Augen waren absolut glanzlos geworden. Beinahe leblos. Der Jugendliche war außer sich. Alles lief ihm aus dem Ruder. Er hatte total die Kontrolle über sein leben verloren. Was war hier los??! Am liebsten hätte er wie bei einem verpatzen Videogame, das Handtuch geworfen. Aber das ging hier nicht einfach so. Da lag jemand halb auf dem Boden, halb auf ihm und hatte sich vollkommen verloren. >Ich muss einen Arzt rufen, sofort. Sonst passiert hier sonst noch was. Aber .. ich kann sie nicht hier liegen lassen...< Ihm war klar, was das hieß. Kai grub seine Hände vorsichtig unter sie und versuchte sie sachte hochzuheben. Wie eine schlafe Puppe lag sie nun in seinen Armen. Ihre glasigen Augen waren unheimlich, erschreckend. Und sie zitterte immer noch. Er spürte es ganz genau. Hatte die Tablette das etwa ausgelöst? Das konnte er sich nicht vorstellen, dass eine eigentlich harmlose Aspirin solche Wirkungen hatte. Vorsichtig aber geschwind trug er sie zu ihrem Zimmer, stieß mit dem Fuß die Tür auf und legte sie aufs Bett. Weil ihm nichts besseres einfiel, legte er ihr eine Decke über. Dann rannte er raus, um einen Arzt zu rufen. Das nächste Problem. Ray hatte immer die Ärzte gerufen, wenn einer krank war im Team und Kai gehörte nicht zu denen. Er war immer gesund gewesen, zumindest war er Erkältungen immer übergangen. Sein Blick fiel auf ein Visitenkärtchen neben dem Telefon. Dr. Miwas Nummer stand daraufgeschrieben. Glück gehabt. Hastig tippte er die zahlen ein und sofort wählte der Apparat sich durch. Augenblicklich nahm eine Frau ab, doch Kai fiel ihr ins Wort, ehe sie sich richtig vorstellen konnte. "Ich möchte sofort mit Dr. Miwa sprechen. Es ist dringend!" "Entschuldigen Sie, aber der Doktor hat Patienten." "Hören sie, es geht um Jane Tatsue - eine langjährige Patientin von ihm. Also!! Stellen sie mich endlich durch!!!" "Aber .." "LOS!!" "okay, Okay.." Kai wurde verbunden. "Miwa am Apparat, was kann ich für Sie tun?" "Hallo. Hier ist Kai Hiwatari. Jane geht es schlecht. Sie müssen unbedingt kommen. Bitte." "Was ist den passiert, Mr. Hiwatari?" "ich glaube sie ist im Schockzustand - sie ist heute vor ein Auto gelaufen." "Ich komme sofort." Dem Arzt war klar, dass es ernst wäre. Er kannte die Geschichte von Jane; hatte sie damals betreut und wusste genau, dass sie das damals noch nicht sehr verkraftet hatte. "Ja, das habe ich mir schon gedacht. Sie hat einen Schock. Dieser kleine Unfall, wie du mir berichtet hast, war der Auslöser. Es hat sie vermutlich an damals erinnert." "Was meinen Sie?" Mit ernstem prüfenden Blick sah der Arzt Kai an. "Hat sie dir davon nicht erzählt?" "Wovon?" "Von dem Unfall damals mit ihrer Mutter ..?" Und plötzlich fiel es dem Jugendlichen wie Schuppen von den Augen. Darum war sie so durcheinander, darum war sie zusammengebrochen. Darum hatte sie einen Schock. "Doch .. sie hat mir davon erzählt, aber .." "Du hast den Zusammenhang nicht gesehen, ich verstehe. " Dr. Miwa seufzte; er hatte einen anstrengenden Tag hinter sich. "Verletzungen hat sie nicht, aber ich habe ihr eine Spritze gegeben damit sie etwas zur Ruhe kommt. Nichts schlimmes. Das einzige was sie jetzt braucht ist Schlaf. Wir müssen einfach abwarten. Aber ich denke, sie wird das überwinden - sie ist ja eine starke Persönlichkeit und hat schon so einiges hinter sich gebracht. Ich rate dir nur, sie wenn sie wieder wach ist, nichts aufzuregen oder zu streiten oder sonstiges. Nun .. jetzt bist du für sie verantwortlich. Also - kümmere dich gut um sie. Immerhin geht's dir ja wieder gut, wie ich sehe." "Kann man so sagen. War nicht weiter schlimm." "Freut mich. Also - ich muss wieder. Du hast mich ja aus meiner Praxis regelrecht gedrängt. Die Patienten warten." Nachdem der Doc gegangen war, sah Kai noch mal nach Jane. Halb eingerollt lag sie in ihrem Bett, die Decke bis zum Kinn hochgezogen, die Augen geschlossen. Nichts besonderes - ein schlafender Mensch halt. Aber, .. er hatte sich Sorgen gemacht. Er hatte sich wirklich Sorgen um die 17-jährige gemacht. Schon in dem Augenblick als das Auto auf sie zugefahren war, hatte er Angst um sie gehabt. Auch wenn er sich so was nicht eingestehen wollen, er hatte sich um einen Menschen schreckliche Sorgen gemacht. Wie schon damals ... ~...Ich weiß etwas, was du nicht weißt ...~ Kai schloss die Tür ihres Zimmers hinter sich und ging in die Küche. Die zwei Tassen standen einsam und verlassen auf dem Tisch. Aber der Tee war schon längst erkaltet - er kippte ihn weg und machte sich neuen. Ein Deja-vu befiel ihn - er sah es vor sich, wie sie da stand; auf der Straße. In das Scheinwerferlicht sah und schrie. Er spürte wie er sie nach hinten gerissen hatte und auf den Boden prallte. Dabei war Jane auf Kai gefallen, da er ihre Taille mit einem Arm umschlungen hielt. Die kurze Ruhe, die alles entscheiden konnte... .Es ging alles so schnell. Die Bilder hatten sich eingebrannt und eines noch, das Gefühl den Atem anzuhalten. Den Boden unter den Füßen zu verlieren. Auf einmal hatte sich alles in Frage gestellt. Für einen Moment war alles ungewiss. Lebte er oder sie? Waren sie tot, oder bewusstlos? Völlige Verwirrung. Als würde man sich in einem Kreis drehen und die fünfte Ecke suchen. Aussichtslos. Kai stemmte die Hände auf die Küchenplatte, sodass die Fingerknöchel weiß hervortraten. Er krallte sich regelrecht in das Granit und lies den Kopf hängen. Ihm kam ein schrecklicher Gedanke: Was wäre passiert, wenn er sie nicht erreicht hätte..? Ihn überlief eine Gänsehaut, ein kalter Schauer. Er konnte es sich vorstellen, es beinahe bildlich sehen, wie sie vom Auto erfasst und durch die Luft geschleudert wurde. Er konnte schon fast das Genick knacken hören ...... Entsetzt riss Kai die Augen auf und wich vom Tresen zurück. Sein Atem ging schwer, als wäre er aus einem Albtraum erwacht. Das Bild von Blut blendete sich noch vor seinen Augen ein, bis dieser Gedanke endlich von ihm abließ. Er schüttelte leicht den Kopf, um dieses Szenario entgültig von sich abzuwerfen. Jane lebte, ihr ging es gut und sie schlief. Es war alles in Ordnung. Kein Grund zur Unruhe. Warum machte er sich so wahnsinnig? Das war doch sonst nicht so seine Art. Er beschloss auf sein Zimmer zu gehen und sich zu Bett zu legen. Es hätte keinen Sinn die ganze Nacht rumzusitzen und auf ein Wunder zu warten. Der Russe brauchte auch etwas Ruhe - vor allem nach so einem Tag. Er knipste das Licht in der Küche aus und lief den Flur hinunter. Sein Weg führte ihn an Janes Zimmer vorbei. Kurz hielt er inner und horchte, ob sie schlief. Doch drinnen war es alles andere als ruhig. Reflexartig öffnete Kai die Tür und sah, wie sich Jane im Bett umherwarf. "Nein .. pass auf, Mum!" Sie träumte offensichtlich. Der 17-jährige lief auf sie zu, um sie zu beruhigen. Etwas zu fest packte er sie an den Schultern und schüttelte sie leicht. "Jane. Hey, wach auf. Jane ..." Und tatsächlich - sie schlug die Augen auf. Der Schweiß stand ihr auf der Stirn und sie zitterte leicht. Das eben gesehene zerrte noch an ihren Nerven. Ihr Herz schlug hart gegen den Brustkorb, der Puls ging unregelmäßig. Sie hatte Tränen in den Augen. Kai hielt sie immer noch an den Schultern und sah ihr in die Augen. Im Moment wirkte sie so zerbrechlich und hilfsbedürftig. Wie ein kleines Kind, was Schutz suchte. ~.. oh sieh in den Spiegel, sieh genau hin ..~ Mittlerweile saß er auf der Bettkante und begutachtete die Person vor ihm. "Alles okay? Du hast nur schlecht geträumt .." Im nächsten Moment warf sich Jane Kai um den Hals und weinte einfach nur. Der Russe war mit dieser Hau-Ruck-Methode etwas überrumpelt, aber wegstoßen konnte er sie ja jetzt nicht. Sie brauchte jemanden, um sich zu beruhigen. Er konnte das verstehen. Sachte legte er die Arme um sie und tröstete die schwarzgrünhaarige damit ein wenig. Gesten sind manchmal mehr als Worte. Janes Tränen rannen über ihr Gesicht und verloren sich im Stoff von Kais Shirt oder tropften auf seine Haut. Aber bald versiegte der Strom, verebbte das Schluchzen und die Ruhe hielt Einkehr. Mit einwenig verschwommen Augen blickte Jane zu dem 17-jährigen auf. Seine Blutroten Augen sahen sie forschend an. "Geht's wieder?" Sie nickte. Kai ließ die Arme sinken und wollte sich wieder erheben, um zu gehen. "Nein .. lass mich nicht allein .. bitte.." Janes Hand hielt das Handgelenk des Jugendlichen fest umklammert; die verheulten Augen schauten ihn flehend an. "Bitte .. bleib bei mir .. ich habe Angst, dass ich wieder träume .. bitte." Kam ihm das nicht alles bekannt vor. War sie nicht sein Spiegelbild, identisch gestochen. Erinnerte ihn das nicht ... an sich selbst? Hatte er sich früher als Kind nicht auch nach so was gesehnt? Hatte er nicht immer irgendwo Halt gesucht? Und war er nicht immer abgerutscht, weil ihm keiner Halt gab? Weil sie ihn alle verwahrlosen ließen? Weil sie ihn alle ... wegstießen, wie ein Gegenstand? Wie ein wertloses Stück Dreck ..? Folglich sank er auf das Bett zurück und gewährte ihr seinen Schutz, die Gewissheit, dass jemand da wäre. Eine Gewissheit die er nie hatte. Das Ziel aller Ziele. Jane schmiegte sich in die Arme des Russen und damit enger an seinen Körper. Wenn sie genau hingehört hätte, wäre ihr bestimmt sein Herzschlag aufgefallen. Aber sie war zu müde. Sie fühlte sich so wohl in seiner Nähe. Diese Nähe und wunderbare Wärme. Sie lies sich einfach auf den Jugendlichen sinken und vergas den Traum bald. Das einzige was sie noch spürte, war Kais Atem auf ihrer Haut. Ein beruhigendes Gefühl. Ja, hier war es Sicherheit. Geborgenheit. Der Wunsch der Wünsche .. ".. Kai.. ." Sie war nach kurzer Zeit in seinen Armen eingeschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)