Alte Rechnungen von Weissquell (Die Vorgeschichte zu "20 Jahre später") ================================================================================ Kapitel 6: Ein alter Bekannter ------------------------------ "Wenn das hier wieder eines von deinen kranken Spielchen werden soll, Noah, dann kann ich dir gleich sagen: Du verschwendest nur deine Zeit! Ich werde mich sicher nicht darauf einlassen!" Mit grimmiger Mine bietet Kaiba seinem Stiefbruder die Stirn. "Immer noch der gleiche Sturkopf und Angeber von damals", stellt Noah gelassen fest, "Du hast dich wirklich kein Stück verändert. Aber das hatte ich auch gar nicht angenommen. Dazu bist du viel zu selbstgerecht." "Wenn hier einer selbstgerecht ist, dann ja wohl du", meint Kaiba kühl, "Beim letzten Mal als wir uns begegnet sind, hast du zwar jede Menge große Töne gespuckt, aber wie bei allen geborenen Versagern konnte dieses lächerliche Unterfangen ja nur mit einer Niederlage enden." Noahs Gesicht verfinstert sich. Doch Kaiba lässt sich davon nicht beirren. "Du wolltest deinem Vater beweisen, dass du der Bessere von uns beiden bist, und hast dabei so jämmerlich versagt, dass es dir eigentlich selbst klar sein sollte, dass du mir niemals das Wasser reichen kannst, selbst wenn du auch noch hundert Jahre in dieser digitalen Welt zubringst. "Ich habe dich damals für einen verwöhnten Hosenscheißer gehalten und daran hat sich auch bis heute nichts geändert. Allein die Tatsache, dass du mich erneut hierher geholt hast, ganz gleich was der Grund sein mag, beweist es mir nur einmal mehr, dass du der jämmerliche, naive Versager bist, für den ich dich schon damals gehalten habe und der einfach nicht einsehen kann, dass ich nun mal der Bessere von uns beiden bin, und unser Vater sieht das genau so, verlass dich drauf!" Noahs Mine ist steinern. Mit verschränkten Armen steht er vor Kaiba und schaut auf ihn hinunter. "Bist du jetzt fertig?", fragt er schließlich ruhig, "Du scheinst ja wirklich verliebt in deine Stimme zu sein. Diese selbstgefälligen Ansprachen, gingen mir schon damals gehörig auf den Geist." "Du hast recht!", meint Kaiba verächtlich, "Jedes weitere Wort an dich ist bloß eine Verschwendung von Atem! "Wahrscheinlich kommst du dir jetzt besonders überlegen vor mit diesem neuen Outfit, das du dir verpasst hast. Aber im Grunde hättest du es dir sparen können. Du warst damals nur ein verzogener Bengel und bist es heute auch noch, ganz egal wie alt du dich äußerlich machst." Ärgerlich funkelt Noah Kaiba an. "Tu doch bloß nicht so! Du weißt doch ganz genau, dass ich genau so alt bin wie du, Seto. Diese neue Technik ermöglicht es mir nur, endlich so alt auszusehen, wie ich wirklich wäre." "Wo wir gerade beim Thema sind", meint Kaiba gereizt, "Ich schätze mal, dass ich dir dieses lächerliche, demütigende Abbild meiner Selbst verdanke." Dabei weist er auf sich. Ein schadenfrohes Lächeln legt sich um Noahs Mundwinkel. "Tja, ich gebe zu, ich konnte es mir nicht verkneifen. Was ist es für ein Gefühl, wenn der größte Rivale um mehrere Köpfe größer ist als man selbst?" Kaiba kocht. "Du machst das auf der Stelle wieder rückgängig, hast du verstanden?" "Ach Seto", wehrt Noah gelassen ab, "Soll das etwa heißen, dass es dir keinen Spaß macht im Körper eines Fünfjährigen zu stecken?" "Nein es macht mir keinen Spaß!", funkelt Kaiba zurück, "Meine Vergangenheit liegt hinter mir, und ich habe wirklich keinerlei Interesse daran, dass sich das ändert!" "Wirklich zu dumm!", meint Noah, "Dann musst du wohl deiner Vergangenheit, ohne dein Interesse daran, begegnen." "Wenn du wieder irgendwelche Psychospielchen mit mir versuchst, Noah, dann kannst du dich jetzt schon mal auf was gefasst machen, hab ich mich klar ausgedrückt?", droht Kaiba verärgert, "Und nun gib mir mein normales Aussehen zurück, aber plötzlich!" "Mach es doch selber!", gibt Noah leicht genervt zurück, "Diese Technik reagiert auf deine Gedanken. Das erste Mal war nur eine Demonstration. Du kannst dich jederzeit zurückverwandeln. Dieses Programm ist wirklich erstaunlich!" Mit grimmigem Blick starrt Kaiba seinen Bruder an. Ob er die Wahrheit sagt? Kann er sich allein durch seine Vorstellung zurück in seine ursprüngliche Form bringen? Wahrscheinlich kommt es auf einen Versuch an. Einen Augenblick lang konzentriert er sich. Vor seinem inneren Auge stellt er sich seine ursprüngliche Gestalt vor. Dann öffnet er die Augen wieder. Nun befindet er sich mit Noah auf Augenhöhe. "Na bitte, es geht doch!", meint Noah leicht amüsiert, "Ich sagte doch diese Technik ist erstaunlich." "Lass die dummen Scherze!", grollt Kaiba, "Aber mich würde interessieren was du mit Gigatech-Enterprise zu schaffen hast. Arbeitest du neuerdings für die oder hast du dich heimlich eingeschlichen und dir ihr Programm unter den Nagel gerissen?" "Das Thema braucht dich vorerst nicht zu kümmern", weicht Noah aus, "Dich dürfte viel mehr interessieren wie es mir überhaupt möglich war der Explosion zu entkommen." "Die Frage hab ich mir in der Tat schon ein paar Mal gestellt", meint Kaiba verächtlich, "Und wenn du es genau wissen willst, ich bedaure diese Tatsache zutiefst!" "Tststs, mein lieber Seto", tadelt Noah leicht, "Das ist aber keine sehr brüderliche Haltung die du da vertrittst." "Hmh! Brüderlichkeit kann mir gestohlen bleiben!", stellt Kaiba klar, "So was Sentimentales habe ich nicht nötig!" Für einen kleinen Moment verfliegt das überlegene Lächeln von Noahs Gesicht. Es scheint als würde sich eine Spur von Wehmut auf seine Mine legen. Dann wird er wieder ernst. "Im Grunde verdanke ich mein Überleben allein der Tatsache, dass ich mein Bewusstsein im letzten Moment in den Bordcomputer deines Luftschiffes überspielen konnte. Dadurch wurde ich übrigens auch über den weiteren Verlauf deines kleinen Turniers auf dem Laufenden gehalten. Eine wirklich interessante Wendung die deine ach so überlegenen Pläne schließlich genommen haben. So wie es aussieht bist du noch nicht einmal Zweiter geworden." Kaiba blickt verärgert zur Seite: "Auch mit dieser Vergangenheit habe ich inzwischen abgeschlossen. Dieses Kapitel meines Lebens liegt hinter mir und deshalb sehe ich absolut keinen Grund noch einmal ein müßiges Wort darüber zu verlieren!" Dann blickt er Noah herausfordernd an: "Also, ich denke es wird Zeit, dass du endlich mit der Sprache herausrückst was du von mir willst, damit wir dieses lächerliche Theater hier so schnell wie möglich beenden können. Im Gegensatz zu dir, habe ich nämlich noch eine Firma zu leiten." Einen Momentlang sieht Noah ihn schweigend an. Täuscht Kaiba sich oder liegt eine Spur von Traurigkeit im Gesicht seines Bruders? Verständlich, schließlich sollte ihm langsam klar sein, dass Kaiba-Corp nun ihm gehört und nicht seinem digitalen Stiefbruder. Und was auch immer dieser kleine Hosenscheißer vorhat, er wird ihm auf keinen Fall seine Firma überlassen! Dazu hat er viel zu lange und zu hart dafür gearbeitet. Und Mitgefühl ist das Letzte was er für diesen hinterhältigen, kleinen Wicht übrig hat. Kein Mensch wird sich jemals wieder zwischen ihn und seine Ziele stellen! Einen langen Moment scheint Noah zu zögern. Gerade will er den Mund öffnen um etwas zu sagen, als er plötzlich aufhorcht. Das Lächeln kehrt auf sein Gesicht zurück. "Sieh mal an!", meint er, "Ich glaube wir bekommen Besuch", und an Kaiba gewandt, "Ich denke es ist besser wenn ich dich noch ein bisschen zappeln lasse. Aber keine Bange du erfährst schon noch früh genug was ich von dir will." Mit diesen Worten löst sich Noahs Gestalt in digitale Pixel auf und verschwindet. "Hey, warte!", ruft Kaiba, "Komm sofort zurück, du kleiner Feigling! Erzähl mir gefälligst was hier gespielt wird!" In diesem Moment weicht die Dunkelheit um ihn zurück und gibt nun den Blick auf einen langen Waldweg frei der durch einen lichten Laubwald führt. Weit und breit ist niemand außer ihm zu sehen. "Na großartig!", brummt Kaiba und macht sich schließlich daran dem Weg zu folgen. Wüste! Das ist alles was Yugi um sich wahrnimmt. Zumindest scheint es ihm so. Nachdem die erste Irritation verflogen ist beginnt er neugierig sich umzusehen. Soweit sein Blick reicht sieht er nur endlose Dünen die sich Richtung Horizont erstrecken. Eine grelle, stechendheiße Sonne strahlt auf ihn hinab und in einiger Entfernung kräuseln sich mehrere kleine Windhosen am Horizont. "Puh! Wo sind wir denn hier hingeraten?", fragt Yugi. Diese Hitze hier fühlt sich wirklich erstaunlich echt an. "Also so hatte ich mir das nicht vorgestellt", murmelt er, "Was hat das zu bedeuten?" Auf einmal verziehen sich die Windhosen und geben den Blick auf ein großes, spitzzulaufendes Gebäude in der Ferne frei. "Da ist eine Pyramide!", stellt er überrascht fest. "Anscheinend soll diese Projektion Ägypten darstellen", vermutet Yami, "Wir sollten uns das aus der Nähe ansehen." Yugi nickt zustimmend und marschiert los. Die Hitze erschwert die Wanderung durch die Dünen zwar aber er ist gut motiviert. Schließlich erreicht er nach einer Weile die Pyramide. Das antike Denkmal erscheint aus der Nähe betrachtet doch kleiner als es zunächst den Anschein hat. Es besteht aus vielen, rohbehauenen Steinen und direkt vor ihm befindet sich ein Portal das scheinbar ins Innere führt. Zögerlich geht Yugi darauf zu. "Ich schätze unsere Antworten werden wir dort drinnen finden", meint er. In diesem Moment leuchtet sein Millenniumspuzzle auf und eine andere Person nimmt seinen Platz ein. Mit selbstbewusstem Schritt, wenn auch wachsam betritt Yami-Yugi die Pyramide. Im Inneren befindet sich ein einziger großer Raum, der durch mehrere Fackeln beleuchtet wird. An den Wänden sind viele antike Hieroglyphen zu sehen. Sie scheinen aus dem alten Ägypten zu stammen. In der Mitte des Raumes ist ein steinerner Sockel zu sehen. In diesem Sockel sind mehrere Einkerbungen zu sehen. Mit feinen Gravuren wurde um diese Einkerbungen die Gestalt eines Menschen in den Stein geritzt. Das erstaunliche daran ist jedoch, dass jede dieser Kerben die Form von einem der sieben Millenniumsgegenständen wiedergibt. Und in der Mitte befindet sich in einer der Kerben ein goldfarbenes Gegenstück: Der Millenniumsstab! Erstaunt betrachtet Yami den Sockel. "Wenn das wirklich die Ergebnisse der Analyse sind, dann scheinen die Millenniumsgegenstände wirklich miteinander in Verbindung zu stehen", denkt er laut. "Aber wie erfahren wir nun, was noch dahinter steckt?", fragt die Stimme von Yugi in ihm. Entschlossen tritt Yami an den Sockel heran und will den Millenniumsstab herausnehmen. Doch zu seiner Überraschung gleiten seine Finger durch den Griff hindurch. Der Sockel jedoch bleibt massiv. "Seltsam!", murmelt er, "Was hat das zu bedeuten?" "Das ist ganz einfach!", ertönt es plötzlich hinter ihm, "Die Millenniumsgegenstände stecken so voller Geheimnissen und Mysterien, dass es einem Computer einfach unmöglich ist, sie vollständig zu analysieren, oder sie auch nur realitätsnah darzustellen." Erschrocken fährt Yami herum. Vor sich sieht er eine bekannte Person. "Noah!", ruft er fassungslos aus, "Du bist es doch, oder? Aber wie kann das sein? Deine virtuelle Welt wurde zerstört!" Gelassen steht Noah im Eingang der Pyramide und sieht zu ihm hinüber. "Wie du siehst, ist es mir nicht nur gelungen zu überleben, sondern auch endlich zu meinem wahren Alter aufzuschließen." Nun kommt er auf Yami-Yugi zu. "Und was noch besser ist", meint er mit einem Funkeln in den Augen, "ich bin nun in der Lage mich für alles zu revanchieren was damals passiert ist." "Was, dieser übergeschnappte, kleine Spinner ist noch am Leben?", ruft Jonouchi aufgebracht. Bis eben haben er und seine beiden Freunde noch aufmerksam über den Bildschirm jeden von Yugis Schritten in der virtuellen Welt verfolgt. Doch nun haben sie auch Noah dort entdeckt und die Tatsache, dass er noch lebt, versetzt sie in ebenso großes Erstaunen wie Yugi. "Scheinbar hat er die Explosion überlebt", stellt Anzu fest. "Aber irgendwie sieht er jetzt älter aus, findet ihr nicht?", meint Honda. "Was spielt das denn jetzt für eine Rolle", schnaubt Jonouchi, "Mein Kumpel steckt alleine mit diesem Irren zusammen in dieser Cyberwelt. Mach dir lieber darüber Gedanken!" "Aber wie konnte er überhaupt in dieses System gelangen?", fragt Anzu. "Ist mir ziemlich egal!", Jonouchi springt auf, "Aber ich werde Yugi schleunigst da rausholen!" Mit diesen Worten will er schon hinüber ins Labor laufen, doch gerade als er den Nebenraum verlassen will, gleitet die Tür ihm vor der Nase zu. Ärgerlich klopft Jonouchi an die dicke Plexiglasscheibe. "Hey, die Tür ist zugegangen." "Was?", ruft Honda und kommt seinem Freund zu Hilfe. Gemeinsam versuchen sie die Tür zu öffnen, doch alle Kraftanstrengung ist vergeblich. Aufgeregt winkt Jonouchi der jungen Frau im Labor zu und versucht ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Schließlich schaut sie auf. "Bemüht euch gar nicht erst", sagt sie, "Das Glas ist absolut bruchsicher." "Was hat das zu bedeuten?", will Jonouchi wissen, "Lassen sie uns auf der Stelle raus!" "Leider kann ich das nicht machen!", entgegnet sie. "Aber warum tun sie das, Atsumi-san?", fragt nun Anzu verständnislos. Die junge Frau blickt ernst zu ihnen hinüber: "Es tut mir leid, aber ich kann einfach nicht riskieren, dass ihr unsere Pläne durchkreuzt!" "Unsere Pläne?", wiederholt Anzu, "Sie arbeiten mit Noah zusammen. Und es war auch nicht Ishizu Ishtar die sie geschickt hat, hab ich recht?" Die junge Frau wendet sich wieder ihrem Pult zu. "Das kann ja wohl nicht wahr sein!", ereifert sich Jonouchi, "Soll das heißen, sie unterstützen diesen verrückten, kleinen Bengel auch noch? Haben sie überhaupt eine Ahnung, mit wem sie sich da einlassen? Der Kerl hat echt n Rad ab und er ist gefährlich! Ich werd nicht zulassen, dass sie meinen Freund in Gefahr bringen, verstanden?" Nun schaut Atsumi wieder auf. Feste Entschlossenheit liegt in ihrem Blick. "Ich weiß ganz genau worauf ich mich einlasse! Aber ich sehe nur diesen einen Weg. Doch ihr könnt euch wieder beruhigen. Yugi wird nichts geschehen. Das versichere ich euch!", wieder wendet sie sich ihrem Schaltpult zu, "Nein, der Einzige, der sich Sorgen machen muss, ist Seto Kaiba!" Überrascht schauen die drei auf. "Was? Kaiba steckt auch mit drin in der Sache?" "Ganz recht!", bestätigt sie, "Und das im wahrsten Sinne des Wortes." "Kaiba ist auch in dieser virtuellen Welt?", meint Anzu erstaunt. "Ja", kommt die Antwort, "Ihr müsstet ihn auf einem der Bildschirme sehen können. Ihr solltet euch wieder hinsetzen und das Ganze einfach verfolgen. Das ist das Beste, was ihr im Augenblick tun könnt." Betreten schauen die drei sich an. "Und was machen wir nun?", fragt Anzu. "Anscheinend haben wir keine andere Wahl, als zu tun was sie sagt", meint Honda. Jonouchi ballt die Faust: "Ich wusste es doch, dass sie ne falsche Schlange ist. Aber wehe wenn ich hier wieder rauskomme, das wird sie noch bereuen!" "Das hat doch keinen Sinn, Jonouchi!", versucht Anzu ihn zu beruhigen, "Aber solange wir hier festsitzen, sollten wir Yugi so gut es geht unterstützen. Schließlich sind wir seine Freunde. Das hat ihm schon immer Kraft gegeben in aussichtslosen Situationen. Ich bin sicher, er weiß, dass wir immer hinter ihm stehen, auch wenn wir nicht bei ihm sind." "Du hast recht!", meint Honda, "Wir setzen uns wieder vor den Monitor und feuern ihn an." "Genau!", ruft Jonouchi, "Solange wir seine Freunde sind, ist er nicht alleine. Also dann, lasst uns sehen was Noah mit ihm vorhat!", ein schelmisches Lächeln legt sich auf sein Gesicht, "Außerdem, möchte ich doch zu gerne sehen was Kaiba inzwischen treibt." Gemeinsam setzen sich die drei wieder vor die Monitore. Atsumi hat das Gespräch verfolgt und wendet sich nun wieder ihrem Computer zu. Doch ihre ernste, selbstbewusste Mine verwandelt sich nun in leichte Betrübnis. Ohne das sie es merkt, ballt sich ihre Hand zur Faust. Yugi hat wirklich bemerkenswerte Freunde, stellt sie bei sich fest, was auch immer passiert, er weiß, dass er auf sie zählen kann. Diese vier verbindet wirklich ein starkes Band der Freundschaft. Yugi kann sich wirklich glücklich schätzen solche Freunde zu haben. Sie atmet tief durch. Warum nur muss Seto Kaiba das so erbarmungslos anders sehen? "Was soll das heißen: Du willst dich revanchieren?", fragt Yami-Yugi alarmiert, "Ich gebe gerne zu, dass wir ein paar Meinungsverschiedenheiten hatten beim letzten Mal, aber letztendlich hast du uns doch noch geholfen aus dem Cyberspace zu entkommen. Ich dachte, du hättest eingesehen, dass wir im Grunde keine Feinde von dir sind. Wir haben dir die Sache doch auch nicht nachgetragen. Du warst schließlich nur einsam und verbittert. Ich dachte, wir wären nun Freunde. Wofür willst du dich denn revanchieren?" Noah geht mit langsamen Schritten um den Sockel herum. Dann sagt er: "Ich bin wohl wirklich sehr gemein zu euch gewesen, sonst würdest du jetzt nicht so schlecht von mir denken." Nun blickt er Yami-Yugi an. "Du verstehst mich falsch. Ich will keine Rache. Ich will nur etwas von dem wieder gutmachen was ich euch angetan habe." Erstaunt blickt Yami ihn an: "Aber wie...? Ich verstehe das nicht. Was genau willst du denn von mir? Was hast du vor?" "Du wirst es mir vielleicht nicht glauben, aber ich bin froh, dass du hier bist, Yugi", meint Noah nun, "Ich brauche nämlich deine Hilfe." Irritiert schaut Yami ihn an: "Meine Hilfe? Wobei denn? Was wird hier eigentlich gespielt?" "Ich werde es dir erklären", meint Noah. Noch während er redet, zerfließen die Wände der antiken Grabkammer und bilden die breite Fläche eines Hochhausdaches. Um sie her ist nun nichts als weiter Himmel und tiefe Häuserschluchten zu sehen. Noah macht ein paar Schritte auf die Dachkante zu, während Yami sich noch verblüfft umsieht. Dann beginnt Noah zu erzählen: "Ich lebe inzwischen schon so lange in meiner virtuellen Welt, dass ich kaum noch weiß, dass es einmal anders war. Ich konnte tun und lassen was ich wollte. Der Cyberspace half mir sogar dabei immer klüger und klüger zu werden. Ich wurde zu einem Genie, einem Überwesen! Aber ich war immer einsam. "Du hattest Recht mit allem was du mir damals vorgeworfen hast. Ich war einsam und verbittert. Aber die Begegnung mit euch allen hat mein Leben verändert. Mir wurde klar, dass es ein Fehler war wie ich mich verhalten habe und dass ich, trotz all meiner überragenden Intelligenz... noch immer fehlerhaft bin. "Ich dachte ich müsste meinem Vater, mir selbst und auch Seto unbedingt beweisen was ich wert bin. Aber dabei habe ich nur an mich gedacht. Doch ich kannte es auch nicht anders. Ich war solange allein, dass ich nicht wusste, dass mir etwas Entschiedenes fehlte: Freunde!" Schweigend hört Yami ihm zu. Nun dreht Noah sich zu ihm um. "Aber ihr habt mir nach all dem was ich euch angetan habe doch noch vertraut. Ihr habt mich behandelt wie einen Freund. Das hat mich tief beeindruckt. Deshalb habe ich euch zur Flucht verholfen und deshalb habe ich auch die digitalen Überreste von meinem Vater Gozaburo hier im Cyberspace festgehalten, so dass er nicht entkommen konnte als der Computer explodierte." Für einen Moment huscht ein Ausdruck von tiefem Schmerz über Noahs Gesicht. Yugi fragt sich ob er sich getäuscht hat, doch Noah redet schon weiter: "Im letzten Moment gelang es mir mein Bewusstsein in den Bordcomputer des Kaiba-Corp Luftschiffes zu überspielen. Ich verfolgte jede Einzelheit eures Turnierfinales und nebenbei versuchte ich verzweifelt eine Möglichkeit zu finden, meine digitalen Komponenten in ein neues System zu übertragen, das groß genug war um meine gesamte Persönlichkeit zu beherbergen. "Schließlich fand ich nach langer Suche Zugang zu einem vielversprechenden Cyberspace-System bei Gigatech-Enterprise; das gleiche System in dem du dich jetzt befindest. Hier wollte ich mir eine neue Heimat einrichten, doch das Programm konnte meine Kapazität kaum fassen. Ich begann es zu erweitern und umzuschreiben und dabei stieß ich auf Atsumi. Oder besser gesagt, sie stieß auf mich." Yamis Augen weiten sich. "Soll das heißen Atsumi-san weiß von der ganzen Sache?" "Natürlich!", bestätigt Noah, "Sie war schließlich dabei behilflich dich hierher zu bringen. Aber lass es mich der Reihe nach erklären!" Also doch, denkt Yami bei sich, sie hat uns tatsächlich etwas vorgemacht! "Aber wir wissen noch immer nicht warum sie das getan hat", gibt Yugi zu bedenken, "Was kann sie sich davon versprechen und was will Noah von uns?" "Wenn ich das wüsste", meint Yami. Noah fährt fort. "Ich war ziemlich beeindruckt von ihr. Es gelang ihr tatsächlich, sich in mein Programm einzuhacken. Sie ist wirklich klug! Ich erkannte sogleich meine Chance. Also beschloss ich mit ihr ein Abkommen zu treffen. Ich würde ihr helfen ihr Cyberspaceprogramm zu optimieren und sie würde mir als Gegenleistung helfen meinen größten Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen." "Deinen größten Wunsch?", fragt Yami, "Was ist der? Und was habe ich damit zu tun? Was willst du Noah?" Einen Momentlang schaut Noah ihn gequält an dann sagt er: "Freiheit!" "Freiheit?", fragt Yami zurück. Noah nickt: "Ja! Seit ich durch euch erfahren habe, wie es ist Freunde zu haben, kann ich es einfach nicht mehr ertragen in dieser digitalen Scheinwelt eingesperrt zu sein", er ballt die Faust, "Ich ertrage es einfach nicht länger! Ich halte diesen... Zustand nicht einen Tag mehr aus!" Ein wenig mulmig wird Yami nun doch zumute. "Was soll das heißen? Hast du mich hier hergelockt um meinen Körper zu übernehmen und in die reale Welt zurückzukehren?" Doch Noah schüttelt schwach den Kopf. "Nein! Ich sagte doch schon, dass ich erkannt habe, dass das der falsche Weg war. Außerdem...", fügt er mit einem schiefen Lächeln hinzu, "bei dir hätte es sowieso keinen Zweck, wenn ich es versuchen würde. In deinem Körper wohnen schließlich bereits zwei Seelen, nicht wahr?" Yami-Yugi fällt aus allen Wolken. "Du... du weißt davon? Aber wie...?" "Erinnerst du dich, als ich beim letzten Mal versucht habe deinen Körper zu übernehmen?", fragt Noah. Yami nickt. "Da habe ich es gesehen!", erklärt Noah, "Dein anderes Ich. Für einen Momentlang waren wir Eins. Ich konnte die Macht spüren, die in ihm steckt und ich konnte einen Blick auf all die unzähligen Geheimnisse werfen, die es umgeben. Rätsel über Rätsel!" Mit großen Augen starrt Yami Noah an. "Stimmt!", meint er zögernd, "Ich erinnere mich. Ich konnte auch einen Blick in deine Seele werfen. Ich konnte sehen was mit dir geschehen ist. Ich glaube danach habe ich dich ein bisschen besser verstanden." "Auch ich erkannte, dass es da vieles gibt was du noch nicht über dein anderes Ich weißt", Noah hält kurz inne, dann mustert er Yami scharf, "Oder besser gesagt über dich, denn im Moment hat doch die andere Seite in dir die Kontrolle, nicht wahr, Pharao?" Verblüfft starrt Yami ihn an. "Du... du scheinst eine Menge über mich zu wissen", meint er zögernd. "Tja, ich weiß in der Tat einiges über dich. Nachdem ich diese unzähligen Rätsel in dir wahrgenommen hatte, konnte ich nicht mehr aufhören darüber nachzudenken und nachzuforschen. Was man nicht alles tut um auf andere Gedanken zu kommen. Es ist erstaunlich war man so alles herausfinden kann, wenn man ein Wesen von übernatürlicher Intelligenz ist, dass den ganzen Tag nichts anderes zu tun hat als sich in seinem digitalen Gefängnis irgendwie die Zeit totzuschlagen." Den letzten Satz bringt er nicht ohne Bitterkeit in der Stimme hervor. "Unglaublich!", meldet sich Yugi wieder zu Wort, "Kann es wirklich sein, dass Noah deine verschütteten Geheimnisse gelüftet hat?" "Ich halte es nicht für ausgeschlossen", meint Yami hoffnungsvoll. Man merkt ihm an wie aufgeregt er ist. "Aber ich glaube nicht, dass er es uns einfach so erzählt. Vorhin sagte er, er braucht unsere Hilfe. Bestimmt will er etwas als Gegenleistung von uns." Wie um ihm recht zu geben fährt Noah fort: "Ich bin gerne bereit dich an allen meinen Ergebnissen teilhaben zu lassen, doch dafür musst du etwas für mich tun." "Und was?", fragt Yami misstrauisch. Noah atmet tief durch. "Überzeuge Seto Kaiba für mich einen künstlichen Körper zu bauen!" Erstaunt schaut Yami Noah an. "Kaiba? Warum gerade er? Und warum brauchst du gerade mich um ihn zu überreden?" "Mokuba sagte mir damals, dass es Seto möglich wäre, mir einen künstlichen Körper zu bauen. Nach allem was damals passiert ist, hätte ich ihn wohl selber danach fragen sollen, aber... nun ja, wie du weißt, musstet ihr etwas überstürzt fliehen. Dadurch ist das wohl etwas untergegangen." "Und wo liegt jetzt das Problem?", will Yami wissen, "Warum nimmst du nicht einfach Kontakt auf mit ihn und fragst ihn?" "Ich fürchte", gesteht Noah, "Dass Seto nach dem was damals abgelaufen ist nicht sonderlich gut auf mich zu sprechen ist. Du kennst ihn. Aus freien Stücken erklärt er sich niemals bereit mir zu helfen." "Es käme auf einen Versuch an", erwidert Yami, "Warum meldest du dich nicht bei ihm und fragst ihn einfach?" "Das hab ich schon getan", sagt Noah, "Er ist auch hier und geredet habe ich auch schon mit ihm. Aber er ist ein unverbesserlicher Sturkopf. Nicht in tausend Jahren erklärt er sich bereit mir zu helfen!" "Kaiba ist hier?", ruft Yami aus. Noah nickt. "Aber warum hast du gerade mich hergeholt?", will Yami wissen, "Kaiba und ich haben zwar schon einiges gemeinsam durchgemacht, aber im Grunde waren wir nie wirklich einer Meinung. Er kann mich noch immer nicht leiden und einen Rat nimmt er von mir schon gar nicht an!" "Das denke ich nicht", meint Noah, "Ob er es zugeben will oder nicht, ich denke er respektiert dich. Du bist sein größter Rivale. Es heißt, man soll sich an den Besten messen und Seto scheint es sich zur Lebensaufgabe gemacht zu haben, dich zu übertrumpfen. Wenn das nicht beweißt was für eine hohe Meinung er von dir hat, was dann?" Nachdenklich blickt Yami vor sich hin. "Das stimmt! Kaiba hat uns immer wieder herausgefordert. Vielleicht auch deshalb weil es seine Bestimmung ist, aber ich denke es ist auch, weil er sich beweisen will." Yugis Stimme klingt zuversichtlich. "Vielleicht ist er ein Sturkopf, aber ich sehe ihn auch als Freund an und vielleicht sieht Kaiba das ja auch so. Wir können es ja mal versuchen, vielleicht hört er ja auf uns." Yami nickt stumm. Dann wendet er sich an Noah: "Na schön Noah, ich versuche es. Aber danach lässt du uns beide hier unbeschadet raus, in Ordnung?" "Natürlich", versichert Noah, "Wenn ich habe was ich will, lass ich euch beiden sofort gehen." "Aber ich kann nichts versprechen", wendet Yami ein, "Wenn er nicht auf mich hört, musst du dir wohl jemanden anderes suchen." Doch Noah schüttelt betrübt den Kopf. "Es gibt keinen anderen! Als ich fliehen musste, wurde mein Programm... beschädigt. Je länger ich hier drin bleibe um so schneller wird sich meine Matrix auflösen. Die Leute von Gigatech haben schon versucht den Schaden zu beheben, aber ohne Erfolg. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Außerdem verhindert der Defekt den reibungslosen Datentransfer. Nur Kaiba-Corp verfügt noch über die Technik um mein Programm unbeschadet in einen künstlichen Körper zu transferieren. Ich bin also auf Seto angewiesen. Wenn er mir nicht hilft bedeutet das für mich das endgültige Ende." Teilnehmungsvoll schaut Yami Noah an: "Das tut mir leid! Ich werde versuchen ihn zu überzeugen. Am besten du bringst mich gleich zu ihm. Dann können wir die Sache aus der Welt schaffen." "Danke Yugi!", sagt Noah erleichtert, "Ich hatte gehofft, dass ich mich auf dich verlassen kann!" Im nächsten Moment erscheint mitten auf dem Dach eine schlichte Holztür. "Ich habe uns einen Übergang geschaffen. Nur zu!", fordert Noah ihn auf. Ohne sich weiter bitten zu lassen geht Yami auf die Tür zu. Noah folgt ihm. Doch hinter Yamis Rücken verzieht sich Noahs Mine auf einmal zu einem boshaften Grinsen und ein düsterer Schatten fällt auf sein Gesicht. Einen Momentlang starrt er so auf Yamis Rücken. Doch dann plötzlich schüttelt er sich, als wolle er einen unliebsamen Gedanken loswerden. Die hässliche Fratze verschwindet und im nächsten Moment knicken Noahs Knie ein. Yami dreht sich um und sieht ihn am Boden. Rasch läuft er zu ihm hin und will ihm aufhelfen. "Ist alles in Ordnung mit dir?", fragt er besorgt. "Ja ja... es geht schon", erwidert Noah, "Ein kleiner... Schwächeanfall. Seit mein Programm defekt ist, passiert mir das öfter." Yamis Mine wird ernst. "Ich denke wir sollten möglichst bald mit Kaiba sprechen." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)