Fremde Welten (#1) von Purple_Moon (Das Reich der Schatten ist gar nicht so gruselig.) ================================================================================ Kapitel 3: Der Herr der Burg ---------------------------- Und schon wieder ein neues Kapitel. Das nächste gibt es aber nun wirklich erst nächste Woche! Frühestens! *fest vornehm* Kapitel 3: Der Herr der Burg Seto durfte nicht im Krankenhaus übernachten, das war nur bei Notfällen gestattet. Wenigstens hatte er Yami ein Handy dagelassen. Aber sie konnten auch nicht ununterbrochen telefonieren. Yami blieb allein, so allein, wie er sich in diesem Jahrhundert noch nie gefühlt hatte. Ohne Yugi. Er zog sich in das Millenniumspuzzle zurück und stellte sich vor, Yugi wäre da und hätte gerade die Vorherrschaft inne. Aber es ging nicht, sein Partner fehlte einfach, und mit ihm eine gewisse Wärme. Yami kehrte in die Realität des Krankenzimmers zurück und versuchte zu schlafen. Seto würde erst nach der Schule wiederkommen können, höchstens vorher mal anrufen. Morgens hatte er keine Gelegenheit. Er arbeitete oft bis spät in die Nacht, da sollte er am Morgen ruhig schlafen. Außerdem waren erst ab halb acht Besucher erlaubt. Yami fand keine richtige Ruhe. Im Krankenhaus gab es dauernd Geräusche, die ihn um den Schlaf brachten. Als eine Schwester in das Zimmer schneite, kam es ihm vor, als wäre kaum Zeit vergangen, seit er die Augen zugemacht hatte. Yami schreckte hoch, als hätte er eine Schlange im Bett, und sofort wurde ihm von der heftigen Bewegung schlecht. Sein Kopf fühlte sich nicht viel besser an als am Vortag. Zum Glück musste er sich nicht übergeben, noch nicht jedenfalls. Die Krankenschwester war etwa vierzig und hatte eine energische Art an sich. Sie zog schwungvoll die Vorhänge auf und ließ blendende Sonne herein. "Ich muss deine Temperatur messen," verkündete sie sachlich, und ehe Yami wusste, wie ihm geschah, hatte sie ihm die Decke weggezogen, ihn auf die Seite gewuchtet und das Fieberthermometer da, wo es hin musste. Sein erster Instinkt war Flucht. [Das ist einfach nicht wahr!] Aber der Griff an seiner Hüfte war fest und das Bild vor seinen Augen schwankte. Seto hatte ihn vor so etwas gewarnt, aber sich nicht besonders deutlich ausgedrückt. Er hatte Yami regelrecht angefleht, bitte keine Schwierigkeiten zu machen, auch wenn die fremde Situation ihm zusetzte. Nun, es war untertrieben zu sagen, dass ihm diese Situation *zusetzte*. Er wurde seiner Würde beraubt und gedemütigt! Bestimmte Stellen an ihm waren Yugi und Seto vorbehalten! Seto hatte ihm garantiert, dass man ihm nicht schaden würde, was auch immer zum morgendlichen Standardprogramm gehörte. Yami ertrug es für ihn, aber er litt Höllenqualen. Seine Selbstbeherrschung wurde auf eine harte Probe gestellt, aber er war nicht umsonst Pharao gewesen. Später überwachte die Schwester, wie er einen Becher mit Pillen artig leerte. Vorher jedoch musste er einen anderen auf der Toilette für sie füllen. Mit großer Anstrengung brachte er seinen Gleichgewichtssinn zur Ruhe, so dass er das wenigstens privat erledigen konnte. Wozu war das alles gut? Er aß sein Frühstück aus reiner Notwendigkeit und verschwieg später wohlweislich, dass er es kurz darauf wieder gesehen hatte. Er musste unbedingt so schnell wie möglich nach Hause! Das Krankenhaus ängstigte ihn durch seine Fremdartigkeit, auch wenn er sich das selbst nicht eingestand. Lieber duellierte er sich im Reich der Schatten, als noch länger im Krankenhaus zu bleiben. Hoffentlich ging es Yugi gut, wo immer er war... *** Yugi erwachte ganz allmählich, als ihn das Licht des frühen Morgens im Gesicht kitzelte. Er rückte näher an den warmen Körper neben ihm heran. Von diesem ging ein wohliges Seufzen aus. Der kleine Mann runzelte die Stirn. "Seto?" "Dark... lass mich noch ein wenig..." Yugi fuhr hoch wie von der Tarantel gestochen, und Blacky auch. Der Magier hatte weniger Glück als sein Gast. Er hatte dicht am Rand des Bettes gelegen, verlor nun das Gleichgewicht und fiel gegen einen Stapel Bücher, der schwankte und dann polternd über ihm zusammenbrach. "Oh, Yugi... vergib mir, ich muss mich im Schlaf zurückverwandelt haben... das passiert mir immer, wenn ich von Dark träume..." "Du hattest deine Arme um mich geschlungen!" "Es hat dir gefallen!" Yugi ließ sich auf sein Kissen zurücksinken. "In meiner Welt habe ich einen Geliebten, neben dem ich oft aufwache..." "In deiner *Welt*?" [Ups, das hätte ich nicht sagen sollen.] Yugi biss sich auf die Lippe. Er konnte es ihm ebenso gut erzählen. "Ich glaube, dass ich nicht von hier bin. Dies ist nicht meine Welt. Und ich glaube langsam, dass es kein Traum ist, dass ich hier bin." "Natürlich ist das kein Traum, und natürlich bist du nicht von hier. Ist mir schon klar. Dark weiß normalerweise Rat, wir werden nachher zu ihm gehen." Blacky rappelte sich hoch und glättete sein schwarzes Nachtgewand. Sein langes, jetzt offenes Haar sah ganz wirr aus. Yugi wusste nicht, was er von der Antwort halten sollte. "Ich habe erwartet, dass du mich für bekloppt hältst, wenn ich dir das erzähle." Blacky zuckte mit den Schultern. "Bekloppt ist, wer an allem zweifelt, was er nicht kennt. Ich persönlich glaube an die Ordnung des Chaos. Alles ist möglich." Er stapelte die umgeworfenen Bücher nach keinem erkennbaren Prinzip wieder auf, sortierte sie aber dennoch auf irgendeine Weise. Yugi untersuchte seinen verstauchten Knöchel und stellte fest, dass er fast gar nicht mehr wehtat. Die Medizin und das Bad mussten ihre Wirkung getan haben. Blacky zeigte ihm eine Waschschüssel in einer abgeteilten Ecke des Raumes, wo ausnahmsweise keine Bücher lagen, und kurz darauf waren beide erfrischt und auf dem Weg zu dem geheimnisvollen Dark, dessen Name schon so oft gefallen war. Yugi hatte fast jemanden mit blauer Haut erwartet, aber Dark hatte weiße Haut, eher blass, was durch sein schwarzes Nachthemd noch verschärft wurde. Wie Blacky war auch er groß und schmal. Er hatte türkisfarbene Augen und violettes Haar, das ihm offen auf die Schultern fiel. Da er nicht wie ein Krieger aussah, musste er wohl ein Magier sein. Dark begrüßte Yugi im Bett sitzend, weswegen er entschuldigend lächelte. "Hallo, Yugi. Es freut mich, dich endlich zu treffen, doch leider haben mir die Heiler verboten aufzustehen. Eigentlich wollten sie dich gar nicht zu mir lassen, aber unsere Begegnung darf nicht länger aufgeschoben werden." Yugi kannte ihn, da war er sicher, dabei konnte das gar nicht sein. Ein merkwürdiges Gefühl war das, der Lösung so nahe zu sein, aber er kam nicht darauf. "Ich habe schon viel von dir gehört und war gespannt auf dieses Treffen," sagte er höflich. "Kannst du mir denn sagen, wie ich hierher gekommen bin?" "Gewiss doch, Junger Pharao." Yugi starrte ihn entgeistert an. "Junger *Pharao*?!" Dark neigte würdevoll den Kopf zu einem Nicken. "Das ist der Name, mit dem ich dich für mich persönlich belegt habe, Yugi. Ich weiß nicht, ob du des Pharaos erneute Inkarnation bist oder einfach nur zufällig auf ihn gestoßen bist, aber er benutzt dich als Hülle, und du bist jünger als er. Immerhin ist er 5000 Jahre alt. Macht es dir etwas aus?" Yugi schüttelte hastig den Kopf. "Nein, natürlich nicht. Ich war nur überrascht. Kennst du Yami?" Dark hob die Augenbrauen. "Yami nennst du ihn? Nun, ich kannte ihn wirklich und kenne ihn noch immer. Zeit spielt keine Rolle, sie vergeht in unseren beiden Welten nicht streng parallel. Ich bin an die Seele des Pharao gebunden, solange ich lebe. Und um auf deine andere Frage zurückzukommen: Dies ist das Reich der Schatten, aber nicht der Ort, an den arme Seelen verbannt werden, wenn jemand einen Millenniumsgegenstand missbraucht. Der Geist des Millenniumsringes hatte die Absicht, deinen Freund den Pharao zu beseitigen, aber du warst im Weg. Ich konnte deinen Ankunftsort beeinflussen, aber es klappte nicht ganz wie geplant, deshalb schickte ich Blacky, um dich zu suchen." "Oh, das hat er mir nicht gesagt," entfuhr es Yugi. Blacky stemmte die Hände in die Hüften. "Natürlich nicht, denn das ist mir auch neu. Dark, ich habe erfahren, dass du gar nicht bei Bewusstsein warst, als ich den Jungen fand. Und ich war seit dem frühen Morgen unterwegs." "Es war eine Botschaft an dein Unterbewusstsein. Du bist herumgestreunt, bis du auf die Zombies gestoßen bist, weil du dich rastlos fühltest, nicht?" "Wah...! Ich hasse es, wenn du das tust!" "Dann pass besser auf." "Das hat damit nichts zu tun! Ein anderer könnte das nicht mit mir machen, aber bei dir gehen meine Alarmglocken einfach nicht an!" "Gehört sich auch so!" Dark grinste ihn frech an. Dann jedoch wandte er sich wieder Yugi zu. "Mein jetziger Zustand steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Angriff auf dich und Yami. Ich kann nur aktiv eingreifen, wenn ihr im Reich der Schatten spielt. Als euer Gegner das Tor öffnete und euch attackierte, war ich auf dem Feld und konnte Schlimmeres verhindern. Aber ich habe einen Anteil abbekommen, wie du siehst." "Du warst... auf dem Feld? Auf dem Spielfeld?" Yugi begriff gar nichts mehr. Gleichzeitig machte plötzlich alles einen Sinn, sofern er die Logik zum Fenster hinauswarf. Darauf kam es jetzt auch nicht mehr an. "Wer... was bist du?" stammelte der Junge, obwohl er es schon zu wissen glaubte. [Ich bin verrückt und habe Halus!] Dark lächelte gütig und auch eindeutig belustigt. "Du weißt es doch schon." "Der Schwarze Magier aus Duel Monsters," sagte Yugi. [Vermutlich weiß der Typ nicht, wovon ich rede.] "Es ist mir eine Ehre, dich persönlich zu treffen, Junger Pharao." Dark verneigte sich andeutungsweise, soweit es seine Lage zuließ. Yugi gaffte ihn an. "Ich muss wohl doch träumen..." "Keineswegs. Aber das, was geschehen ist, kommt nicht häufig vor. Im Millenniumspuzzle gibt es eine Tür hierher, aber der Pharao kann sich vermutlich nicht daran erinnern. Er weiß jedoch instinktiv, dass er mich nicht zufällig in seinem - eurem - Deck hat. Ich habe ihn erwählt, und ich bin immer bei ihm, wenn er sich duelliert." "Aber... wie kann das sein?" "Ich würde es dir erklären, aber vermutlich steht Mystic schon vor der Tür, um dafür zu sorgen, dass ich Ruhe bekomme." Dark seufzte theatralisch. "Ich würde mich viel besser fühlen, wenn Blacky mich mal ordentlich rannehmen würde..." Yugi schoss die Röte ins Gesicht. Er sah sich automatisch um und stellte fest, dass sich auf Blackys Wangen ebenfalls ein rötlicher Schatten bildete. Und auf einmal wusste er, woher der Schwarzhaarige ihm so bekannt vorkam. "Du... du bist der Magier des Schwarzen Chaos!" "Oh, gelegentlich. Das Ritual klappt so selten," grinste der Mann. Er ging zu Dark und flüsterte ihm deutlich hörbar ins Ohr: "Das mit dem Rannehmen merke ich mir!" Der andere Magier griff ihm ins Haar, um ihn zu küssen. Yugi wandte sich taktvoll ab und sah sich ein wenig im Raum um. Darks Bett stand mit dem Kopfende an der Wand und in das Zimmer hinein, sodass auf beiden Seiten Platz für Bücherregale an der Wand war. Jeder Zentimeter Wand war mit Regalen bedeckt, aber anders als bei Blacky waren alle Bücher sorgfältig darin nebeneinander gereiht und nach Themen sortiert. Es überraschte Yugi, dass er die Titel lesen konnte. Überhaupt war es seltsam, dass er die Sprache hier verstand. Man konnte ja nicht davon ausgehen, dass die Sprache des Schattenreiches Japanisch war. Doch solange es sich so verhielt, würde er sich gewiss nicht beschweren. Es gab zwei Fenster an zwei nebeneinander liegenden Wänden, vor denen jeweils ein Arbeitstisch stand. Auf den Tischen lagen ein paar Bücher ordentlich gestapelt, Halter mit fast verbrannten Kerzen und Schreibutensilien. Auf einer Kommode in der Nähe des Bettes standen ein Wasserkrug mit passendem Glas und ein Standspiegel. Dark sparte offenbar den Platz, den ein Wandspiegel gebraucht hätte, lieber für Regale. Er hatte eine Kleidertruhe und einen Schrank, der offenbar keine Kleidung enthielt, denn er war mit einem magischen Siegel und einem Schloss gesichert. Natürlich gab es auch eine Waschecke, abgeteilt mit einem Wandschirm. Alles in allem ein geräumiges Zimmer, aber voll von nützlichen Dingen. Yugi entdeckte Darks Zauberstab, jenen, den er auf dem Spielfeld benutzte, an einer Seite des geheimnisvollen Schrankes lehnend. Fasziniert ging er näher ran, wagte es jedoch schon aus Höflichkeit nicht, das Artefakt zu berühren. Blacky tauchte neben ihm auf. "Kannst ruhig anfassen, da passiert nichts." "Nein... schon gut," murmelte Yugi, obwohl die Versuchung groß war. "Wo ist eigentlich deiner, Blacky?" "Oh... vermutlich unter irgendwas begraben bei meiner Klamottenkiste. Keine Sorge, ich finde meinen Stab immer wieder." "Äh, das ist beruhigend." "Wir müssen jetzt gehen, Yugi. Im Moment können wir nichts an der Situation ändern, erst muss Dark sich erholen. Ich könnte dir vielleicht helfen, aber er hat mehr Geduld dafür." "Hm... kann ich Yami nicht wenigstens eine Nachricht zukommen lassen? Er und die anderen machen sich sicher Sorgen... Hoffentlich ist ihm nichts passiert." Blacky dachte darüber nach. "Könnte gehen... aber lass uns erstmal frühstücken." *** Yami war überglücklich, als Seto am frühen Nachmittag endlich wieder da war. Er hätte sich ihm an den Hals geworfen, wenn nicht zu befürchten gewesen wäre, dass ein Schwindelanfall ihn niederringen würde. Es war schon traurig. "Seto, ich habe dich so vermisst! Bitte hol mich hier raus!" bettelte der Spielekönig. "Reiß dich zusammen, so schlimm kann es doch nicht gewesen sein," meinte der Firmenchef. "Sie haben meinen ganzen Körper durchleuchtet, alles Mögliche gemessen und mir schon wieder Blut abgezapft! Ich wurde an ein Gerät angeschlossen, das komische Linien malt, und ich musste in einen Becher pinkeln und Pillen schlucken! Aber am schlimmsten war dieses... Temperaturmessen! Kann man das nicht anders machen?" regte Yami sich auf. Seto lachte. "Ich nehme an, dass man dir das Thermometer nicht in den Mund und auch nicht unter den Arm gesteckt hat?" Yami sah ihn wütend an. "Das ist nicht witzig! Ich habe getan, was du wolltest, habe alles über mich ergehen lassen. Aber es macht mir Angst, Seto! Alles ist so fremd!" "Ich habe mit den Ärzten geredet," erklärte sein Freund nun ernster. "Deine Untersuchungsergebnisse machen ihnen Sorgen, sie sind nicht normal. Sie denken, dass du eine Krankheit ausbrütest, und versuchen herauszufinden, welche, damit sie behandelt werden kann, ehe es zu spät ist. Dazu kommt ja noch, dass dir immer schwindlig ist und du das Essen wieder von dir gibst." "Mir fehlt nichts außer Yugi... und dir natürlich. Yugi war vorher nicht krank, und wenn jetzt etwas nicht stimmt, liegt es wahrscheinlich an diesem Unfall!" "Das könnte sein," überlegte Seto. "Aber wenn ich denen sage, dass du einer Überdosis Magie ausgesetzt warst, stecken sie mich gleich in die Klapse." "Ich will nach Hause!" "Schon klar. Ich werde sehen, was ich tun kann. Meinst du, dass du dich zu Hause erholst? Du brauchst ja dann keine Angst mehr vor der fremden Umgebung zu haben." Yami nickte eifrig. "Alles ist besser als hier, ich komme mir vor wie im Gefängnis!" "Gut, ich rede mit dem Chefarzt. Joey und die anderen kommen auch gleich her, lass uns noch auf sie warten." Sie nutzten die verbleibende Zeit für ein wenig Kuscheln. Seto war nur deshalb schon so früh hier, weil er mit seiner Limousine gekommen war. Yugis Freunde gingen zu Fuß - aus reiner Freundlichkeit, wie Tristan versichert hatte. Aber letztendlich kamen auch sie an, und Seto ging den Arzt suchen. "Hey, Yami. Wir haben dir die Hausaufgaben mitgebracht," begann Tristan und wühlte in seiner Schultasche. "Die Lehrerin hat gesagt, du sollst machen, was du schaffst. Sie ist immer noch sauer, weil du und Bakura das Klassenzimmer verwüstet habt," bemerkte Thea. Yami nahm die Zettel von Tristan entgegen. "Danke. Aber heute wird das nichts. Mir ist noch ziemlich schlecht. Und ich muss unbedingt etwas für Yugi tun." Großvater und Seto hatten die drei mittlerweile über die Situation unterrichtet. Sie konnten kaum helfen, immerhin besaß keiner von ihnen einen Millenniumsgegenstand. Und ob Ryou helfen konnte, war noch dahingestellt. Der Geist des Ringes war sicherlich dagegen. "Du weißt hoffentlich, dass du auf uns zählen kannst, Kumpel," hakte Joey nach. "Genau, wir sind deine Freunde und werden dich nie im Stich lassen. Wenn wir etwas tun können, sag es uns einfach," bestätigte Tristan. "Ihr habt doch bisher immer alles geschafft, du und Yugi," meinte Thea zuversichtlich. "Ihr findet ganz sicher auch aus diesem Schlamassel einen Weg hinaus." Yami wünschte, er könnte die Zuversicht seiner Freunde teilen. Aber im Moment kam er sich nur noch wie ein totaler Verlierer vor, was vielleicht damit zusammenhing, dass der Boden schon wieder bedenklich schwankte. *** Frühstück im Schattenreich bestand aus einer würzigen Gemüsesuppe, Brot und Getreidebrei. Seltsame Früchte gab es auch. Yugi probierte sie etwas skeptisch. Blacky zeigte ihm, wie man sie aß und welche Teile man lieber nicht mitessen sollte. "Ich fass' es nicht, dass ich dich nicht erkannt habe," seufzte der Magier. "Ich spiele wohl doch zu selten mit. Oder ich konzentriere mich zu sehr auf den Gegner, so dass ich mir dein Gesicht nicht merken konnte..." Yugi grinste. "Ist doch nicht so schlimm! Ich find's cool, dich mal in Fleisch und Blut zu treffen! Aber es ist ein ganz schön komisches Gefühl... als ob ich träume..." Er sah sich um und erkannte noch viel mehr Gesichter, wenn auch nicht jedes auf den ersten Blick. Die Monster aus dem Kartenspiel liefen hier herum, und sie trugen größtenteils Freizeitkleidung, sodass sie ganz anders aussahen. Gerade gesellte sich Mystic zu ihnen. "Blacky, wie ich hörte, hast du mit Yugi Dark besucht. Denk daran, dass er sich schonen muss, hörst du mich?" "Er sagt, es würde ihm besser gehen, wenn ich..." Yugi trat Blacky unter dem Tisch ans Schienbein. "...äh, ihn jeden Tag besuchen würde," beendete Blacky seinen Satz. Mystic sah ihn skeptisch an, wandte sich dann jedoch dem Besucher zu. "Yugi. Wie geht es dir heute, und konnte Dark dir helfen?" "Ich hatte ein Bad in der Heilquelle und konnte gut schlafen, danke," antwortete Yugi. "Ich fühle mich wie neu. Dark hat mir erklärt, dass ich von meinem Gegner ins Reich der Schatten verbannt wurde und er dafür sorgte, dass ich hierher kam." Mystic sah ihn verwundert an. [Die Mystische Elfe], dachte Yugi. "Er ist der Träger des Millenniumspuzzles, das Gefäß des Pharaos," erklärte Blacky ihr. "Oh!" Sie machte einen tiefen Hofknicks. "Ich fühle mich sehr geehrt! Dein Mut ist bei uns allen bekannt, wir dienen dir mit Freuden!" Yugi errötete. "Nicht doch, ich bin nur durch Yami so mutig!" "Du wärst nicht der Hüter des Puzzles, wenn es so wäre," beharrte sie. Der besagte Hüter des Millenniumspuzzles diskutierte nicht weiter mit ihr. Wenn er verehrt wurde, hatte er nichts zu befürchten, oder? Also würde er es einfach zulassen, auch wenn es ihm peinlich war. [Yami sollte hier sein, ihm würde das gefallen, oder zumindest hätte er kein Problem mit der Anbetung. Hoffentlich geht es ihm gut.] "Hey, Yugi! Guten Morgen, alles klar?" Mava ließ sich neben ihm auf die Bank fallen, gefolgt von Neo, der heute Hose und Hemd trug. "Das Bad in der Quelle hat mir sehr gut getan, und die Nachtruhe auch," sagte Yugi erneut. [Maha Vailo. Und Neo, der Magische Schwertkämpfer! Dann ist dieser Anhänger... der Schwarze Anhänger! Vielleicht sollte ich ihn lieber Mava zurückgeben?] "Ich hab mich noch gar nicht richtig vorgestellt," sagte Neo. "Ich bin Mavas großer Bruder, Neo." Yugi war überrascht. "Ihr seid Brüder? Cool..." "Tja, wir haben beide hier eine Zaubererlehre angefangen, aber als der ältere bin ich Mava natürlich weit überlegen..." Mava schlug sich mit der Hand vor den Kopf. "Neo, wir sind Zwillinge! Der Altersunterschied beträgt höchstens eine halbe Stunde!" "Scheint zu reichen," grinste der andere Magier. "Ja, ja, aber anscheinend hattest du es zu eilig, als dass du viel Hirn mitbekommen hättest! Lass mich jetzt gefälligst in Ruhe frühstücken!" Mava fing demonstrativ an, sich den Teller voll zu schaufeln. "Und ich dachte schon, ihr seid zusammen," grinste Yugi. "Neo macht immer solche Witze im Bad, aber ich kann das nicht haben, wenn ich esse," grummelte Mava. "Ich wünschte, er würde sich das mal merken." Neo lachte und wuschelte seinem kleinen Bruder mit der Hand durchs Haar, wofür dieser ihn mit einer magischen Entladung von der Bank katapultierte. Zum Glück saß niemand sonst neben ihm. Yugi hatte den Vormittag mehr oder weniger für sich und nutzte ihn, um sich in Blackys Zimmer umzusehen. Er versuchte nicht, Ordnung in das scheinbare Chaos zu bringen. Der Magier hatte vermutlich sein eigenes System, die Dinge anzuordnen. Blacky suchte mehrere Bücher zielstrebig heraus, wischte seinen Schreibtisch mit einer Armbewegung frei und stapelte sie dort. Yugi ordnete zumindest die Sachen, die auf dem Boden gelandet waren. Blacky bot ihm an, jemanden herbeizurufen, der ihm die Burg zeigte, doch sein Gast wollte lieber noch etwas Ruhe haben. Für den Nachmittag hatte er eine Verabredung mit Mava und Neo, die ihm die umliegende Landschaft zeigen wollten. Blacky indessen wühlte sich durch allerhand Bücher und Schriftrollen, um Informationen bezüglich ihres gegenwärtigen Problems zu finden. Yugi hielt es für unwahrscheinlich, dass er etwas fand, das sich auf die Möglichkeit, dass ein Geist aus einem von zwei Geistern bewohnten Körper ins Schattenreich verbannt wurde, bezog. Dennoch hatte er angeboten zu helfen, doch sein Gastgeber meinte, er kenne sich nicht gut genug damit aus, um zu wissen, wonach er suchen musste. Das fand Yugi einleuchtend. "Blacky... mir fällt plötzlich ein... Yami ist doch in Sicherheit, nicht? Was, wenn er auch im Schattenreich ist?" fragte er den Magier. Er hatte den Gedanken noch gar nicht in Erwägung gezogen, wie dumm von ihm. "Der Pharao ist nicht in Gefahr, sonst wüsste Dark es. Du hast ihn doch beschützt. Bestimmt sucht er schon nach einem Weg, dir zu helfen," vermutete Blacky. Yugi nickte. "Ja, falls ihm nichts passiert ist." "Nun, er ist vielleicht krank oder leicht verletzt, wie Dark. Aber es wird ihm trotzdem nichts Ernstes passiert sein," versicherte der Blauhäutige. "Heute Abend wirst du es genau wissen. Während du fort bist, werde ich alles vorbereiten, also übertreib es nicht, du darfst nicht zu müde sein. Naja, Mava wird schon aufpassen. Und Neo kann ja auch ganz vernünftig sein. Er sollte endlich einen festen Partner finden, das würde ihn ruhiger machen." Yugi rang sich ein Lächeln ab und nickte. "Sag mal, ist Dark sowas wie der Anführer in dieser Burg? Du bist eigentlich stärker als er, nicht wahr?" Blacky stand auf, um ein weiteres Buch aus einem Stapel neben der Waschecke hervorzuwühlen. "Du meinst, ich sollte der Anführer sein? Ne, lass mal. Es kommt nicht nur auf Stärke an, weißt du." "Ja, ich weiß. Bei Duel Monsters gewinnt man auch nicht nur durch Schlagkraft." "Na siehst du. Dark hat Führungsqualitäten, die mir komplett abgehen. Nicht dass ich Wert drauf legte... Die meisten Herrscher haben ein Händchen für ihre Position und halten sie durch die Macht ihrer Gefolgsleute. Macht ist nichts ohne Kontrolle. Wenn ich anführen würde, müsste ich ja eine geregelte *Ordnung* in mein Leben bringen. Vergiss es. Ich bin viel zu gerne der Herrscher des Chaos." Yugi lachte, und Blacky ebenfalls. Der Magier fand das gesuchte Buch und bückte sich dann erneut. "Ah, wusste ich doch, dass er hier irgendwo liegt..." Er hob grinsend seinen imposanten Zauberstab auf, der in seinem momentanen Aufzug überhaupt nicht zu ihm passen wollte, und Yugi hielt sich fast den Bauch vor Lachen. "Du solltest vielleicht überlegen, dich auf deine Eignung als Schüler testen zu lassen," schlug Blacky vor. "Es könnte sein, dass du eine Weile hier bist, ehe wir den Ausweg finden, also solltest du ruhig etwas lernen." Yugi dachte ernsthaft über diese Möglichkeit nach. Immerhin konnte es ebenso gut sein, dass er für immer hier bleiben musste. Aber bisher waren ja alle, die er kannte, immer wieder zurückgekehrt, nicht wahr? Und hier war er in den besten Händen. Dennoch... "Vielleicht machen sie dann auch eine Duel Monsters Karte von mir," überlegte er. Das war so eine irre Vorstellung, dass er schon wieder grinsen musste. [Ich bin dann bestimmt ein Monster mit ein paar Verteidigungspunkten, wenig Angriffspunkten und dafür irgendeinem nutzlosen Effekt. >FLIPP: Mische dein Deck.< Oder so.] "Yugi." Blacky klang auf einmal ganz ernst. "Stell dein Licht nicht unter den Scheffel. Ich schätze, deine Verteidigungspunkte wären höher als deine Angriffspunkte, aber sie wären zweifellos nicht zu verachten. Du bist sehr mutig. Wir alle wissen das." Yugi fühlte aufkommende Tränen in seinen Augen. Er blinzelte sie weg. "Wirklich? Na, ich weiß nicht..." [Angriffspunkte 0, Verteidigungspunkte 1000? Vielleicht gerade so. Alles, was ich war, kam doch nur durch das Millenniumspuzzle und Yami... Er ist der, der immer kämpft.] "Aber du gibst ihm die Macht dazu. Es ist dein Körper, den er übernimmt, und dein Wille, der es ermöglicht hat." Yugi bekam noch größere Augen, als er schon hatte. [Waah! Kann er Gedanken lesen?!] [Gelegentlich. Siehst du? Du hast ein Talent für Telepathie.] [Ich dachte, das klappt nur mit Yami...] [Nun ja, ihr habt eine spezielle Bindung. Und ich bin ein Magier, deshalb ist es einfach. Du wirst das nicht mit jeder Person können, aber dass du meine Gedanken empfangen kannst, ist schon sehr gut. Du hast es mir allerdings auch leicht gemacht, deine zu lesen. Wir müssen dir beibringen, zu verhindern, dass jemand deine Gedanken uneingeladen liest.] [Ich war unvorsichtig, weil ich dir vertraue. Und weil ich nicht wusste, dass du das kannst.] [Du vertraust mir? Ich fühle mich geehrt.] "Aaargh! Können wir jetzt mal normal weiterreden? Ich kriege Kopfschmerzen davon!" jammerte Yugi schließlich. "Übung macht den Meister," kommentierte Blacky. "Aber jetzt bin ich fast sicher, dass du irgendein Talent hast, das aus dir ein begehrtes Effekt-Monster machen würde. Sicher wärst du auch eine sehr seltene Karte." "Du kennst dich damit voll aus, was? Wie kann das sein?" "Das ist sehr kompliziert, aber ich werde es dir bei Gelegenheit erklären. Jedoch nicht heute. Heute werden wir versuchen, Yami zu erreichen." Yugi nickte verwirrt, nahm sich dann ein Buch, das interessant aussah ("Zauberei für Anfänger"), und setzte sich aufs Bett, um darin zu stöbern. Sicher brauchte Blacky kein Anfängerbuch mehr, und es war auch ein Risiko, einen Fremden in seinem Bestand wühlen zu lassen. Ob er es absichtlich für ihn zum Finden dort hingelegt hatte? *** Fortsetzung folgt Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)