Vier und vierundzwanzig kleine Überraschungen von abgemeldet (Der Kleine Adventskalender) ================================================================================ 10. Dezember - The Vision of Escaflowne --------------------------------------- Den Blick in die unendliche Weite des Alls gerichtet, nur gelenkt von dem einen Planeten, der größer und heller erschien, als selbst die Sonne es bei Tage gekonnt hätte, blickte Hitomi Kanzaki, das Mädchen vom Mond der Illusionen, wie alle sie hier auf Gaia nannten, in den Himmel. Ihre Heimat schien fast greifbar und wirkte so nah. Und doch war sie so fern. Unendlich fern, wenngleich auch niemand, weder ihre Freunde noch Eltern dies wussten. Für sie schlief Hitomi wahrscheinlich einfach nur wieder, war nach dem Sport ohnmächtig geworden oder einfach nur ein paar Stunden ausgegangen. Auf der Erde wusste keiner, dass hier auf Gaia die Zeit anders tickte. Sie schien scheinbar schneller zu laufen, überholte die Zeit auf Erden in Tagen und Wochen und dennoch... Etwas blieb immer gleich. Das Gefühl für Hitomi, wenn sie zurückkehrte. Jedes Mal war es so, als wenn man ihr einen Teil ihres Lebens genommen hätte, wenn sie drei Wochen bei Van und ihren Freunden war und zu Hause war immer noch der Tag, an dem sie die Matheklausur schreiben musste. Es erschien ihr nach wie vor verrückt, und dennoch konnte sie nicht mehr ohne diesen Zustand. Gerade jetzt nicht, wo sich die Zeit des Jahres näherte, zu welcher auf Erden das Fest der Herzen gefeiert wurde. Das Mädchen schlang die Arme um den schmalen Körper und versuchte durch die Reibung ihrer Hände etwas Wärme in den bereits steif gefrorenen Körper zu treiben, der trotz des dicken Mantels, den sie trug, ausgekühlt war. "Du solltest langsam wieder ins Warme kommen, Hitomi." Milernas Stimme erhob sich hinter dem Rücken der jungen Frau, die den Kopf wendete und in das lächelnde Gesicht der Anderen blickte. "Oh... Ich war so in Gedanken versunken und habe gar nicht gemerkt, dass es so kalt ist." Sie ließ die Behandschuhten Hände von ihren Schultern sinken und trat zu Milerna, die zuerst den Weg in den warmen Raum antrat und folgte dieser dann. Vor dem großen Kamin saß bereits Merle und leckte ihren Handrücken, um sich anschließend damit das Katzenohr zu reinigen. Allen saß neben Van auf einem gemütlichen und königlichen roten Sofa und blickte in den Kamin. Alles wirkte normal. Fast wie zu Hause. Nur eine Sache fehlte Hitomi. Die Festlichkeiten der Vorweihnachtszeit, die Dekoration. Nichts davon war hier zu finden. Zwar roch es nach Gebäck und Tee, aber es war nicht das Gleiche. Heute wäre zu Hause der 10. Dezember gewesen, sie hätte ein Türchen ihres Kalenders geöffnet und den Zimttee ihrer Mutter zum Frühstück getrunken. Zwei Kerzen hätten auf dem Adventskranz gebrannt und das ganze Haus wäre von Lichterketten erstrahlt worden. Aber das war hier nicht so. Hier gab es das nicht. Der Geruch nach Tee rief nicht das warme Gefühl in ihr hervor, wie dieser es sonst immer tat. Auch das feine Gebäck, das auf silbernen Tabletts gereicht wurde und von diesen mit einer kleinen Zange genommen werden konnte, ließ in ihr nicht die rechte Stimmung aufkommen. Sie sehnte sich gerade im Moment einfach nach zu Hause. Denn sie war schon wieder zwei Wochen hier, auch wenn auf der Erde immer noch der besagte 10. Dezember war. "Bedrückt dich etwas, Hitomi?" Vans Augen richteten sich auf sie und entfachten ein wahres Feuer um ihr Herz. Dennoch schüttelte sie den Kopf. "Es ist alles in Ordnung. Ich denke, ich habe nur ein wenig Heimweh. Aber das kommt schon mal vor." Allens blaue Augen richteten sich auf sie. "Vielleicht solltest du dann ja wieder nach Hause zurückkehren. Du kannst doch herkommen, wann immer du möchtest." Die Blondine mit den kurzen Haaren schüttelte den Kopf und streifte den warmen Mantel ab, den ein Diener in Empfang nahm und aus dem Zimmer trug. "Nein, wenn ich zu Hause bin, habe ich nur wieder Sehnsucht nach hier. Es ist nur, dass wir zurzeit zu Hause auf Weihnachten zugehen. Und ich vermisse es ein wenig. Diese Zeit im Jahr ist immer so schön. Meine Mutter und ich, wir backen Kekse, trinken nach Zimt riechenden Tee oder machen Bratäpfel mit Vanillesoße. Hin und wieder liest mein Vater abends eine Adventsgeschichte vor. Das ist zwar eigentlich was für kleine Kinder, aber es ist zur Tradition geworden. Im ganzen Haus riecht es dann immer so gut, und es ist so schön warm, während draußen von Zeit zu Zeit die ersten Schneeflocken niedergehen." Mit glänzenden und schwärmerischen Augen weitete Hitomi ihre Erzählung über die Weihnachtszeit aus und endete mit einem Lächeln. "Es ist einfach die schönste Zeit des Jahres für mich." Merles Ohren zuckten nervös und man konnte dem Katzenmädchen genau ansehen, was es dachte. In ihrem Kopf liefen Visionen von massenhaft Geschenken unter einem Weihnachtsbaum ab, der in ihrer Vorstellung eher einer Birke ähnelte als einer Tanne. Mit strahlenden Augen blickte sie in die Runde und demonstrierte einmal mehr, wie eigennützig sie doch eigentlich war. "Und was ist, wenn wir für Hitomi ihr Weihnachten herholen?" Vans dunkle Braue hob sich steil an. Seine Augen fixierten das Katzenmädchen, dessen Wangen sich ertappt röteten. "Als wenn du das für Hitomi machen wolltest. Raffzahn..." Der Raffzahn Widerwillen plusterte die Wangen auf, bis sie fast zu platzen schienen, ließ die gesammelte Luft dann aber in einem entrüsteten Schnauben entweichen. "Auch ich kann nett zu Hitomi sein. Zwar nur, wenn ich es will, aber ich kann." "Eher wenn du etwas dafür bekommst." Vans Augen verkleinerten sich zu Schlitzen, die sich geradezu in Merle hinein zu bohren schienen. Entrüstet begann das Katzenmädchen die Verteidigung, an welcher alle rege teilnahmen. Bis auf Hitomi, deren Blick abermals Richtung Heimat gekehrt war. In Richtung einer Heimat, in der es noch 3Uhr Nachts war, in der sie immer noch in ihrem Bett lag und schlief, während der Duft von frischem Gebäck, Tannenzweigen und Zimt das Haus erfüllte. Auch ihre Eltern würden noch schlafen. Ruhig und friedlich, nicht ahnend, dass ihre Tochter zwar bei ihnen war, aber es auch nicht war. Es war alles normal und das würde es auch sein, wenn Hitomi in sieben Tagen zu ihren Eltern zurückkehrte. Um 7Uhr würde sie ihr Wecker wecken, sie würde aufstehen, sich waschen, frühstücken und in der Schule den Test schreiben. Dann würde sie heimkehren und erst einmal mit ihrer Mutter einen Tee trinken und Kekse essen. So wie jeden Tag, wenn sie in der Vorweihnachtszeit nach Hause kam. ----------------------------- (c) by Sandra Wronna/Merenwen Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)