Pandora - A World full of Secrets von Malinalda (~KaiXRay~ and others) ================================================================================ Kapitel 38: They Are Always There, But You Can't See Them, Can't Feel Their Presence ------------------------------------------------------------------------------------ Disclaimer: Name: Pandora- A World full of Secrets Autoren: Beyblader- Rayw (aka Ray-chan) und Malinalda Genre: Romantik, Drama, Fantasy, Shounen-Ai Warnung: AU, OOC, Dark ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 38: They Are Always There, But You Can't See Them, Can't Feel Their Presence (dt. Sie sind immer da, aber du kannst sie nicht sehen, kannst ihre Anwesenheit nicht fühlen) Der Morgen brach an. Kleine Tautropfen hatten sich in den Haarspitzen einer schlafenden jungen Frau angesammelt und glänzten in den ersten Strahlen der Herbstsonne. Kaum hörbar drang ein fremdes Geräusch in ihre Träume, holte sie in die Wirklichkeit. Langsam schlug Christine ihre Augen auf, erkannte nur schemenhaft das karge Blätterdach eines Baumes direkt über ihr. Doch schon bald klärte sich ihr Blick und sie nahm ihre Umgebung schärfer wahr. Von der Süße ihres Schlafes noch etwas benommen richtete sie sich auf, sank aber gleich zurück auf ihr Lager, hergerichtet aus gefallenem Laub und gesammelten Moos. Ihr Bauch meldete sich wie schon die Tage davor. Kurz kniff Christine die Augen zusammen, versuchte die aufkommende Übelkeit zurückzuschlagen, was ihr nach kurzer Zeit der Konzentration auch gelang. ,Was ist nur los? Schon seit Tagen ist mir nach dem Aufwachen so komisch.', dachte die junge Frau kurz, aber diese Gedanken verschwanden schnell, als sie bemerkte, dass der Lagerplatz einige Meter von ihrem entfernt leer war. ,Wo ist Bryan?' Noch leicht schwankend stand Christine schließlich auf, zog sich aber die filzige Decke um die Schultern. Auch wenn eine schwache Sonne strahlte, waren die Herbstmorgen schon recht kühl. Die Reisekleidung, welche die Schwarzhaarige jetzt trug, war weitaus bequemer als ein Kleid und wärmten mehr. Sie war froh darüber. Christine dachte nicht länger an ihr Gewand, sondern an ihre Begleitung. Suchend blickte sie sich um, konnte sie aber nirgends entdecken, dafür reagierte aber ihr Gehör auf etwas. ,Dieses metallische Klingen? Woher kenne ich es nur?' Nur Sekunden nach diesem Gedanken kam ihr die Erkenntnis. Sofort schlug ihr Herz um einige Takte schneller. Wie hatte sie es nur vergessen können, war dieses Geräusch doch einmal eines ihrer Lieblingsbeschäftigungen gewesen. Ihre Finger begannen zu kribbeln und ihre Augen zu leuchten. Sie begann zu laufen, folgte stets dem Klingen des Metalls. Nicht weit brauchte sie gehen, schon entdeckte sie ihn. Bryan. Im Licht des erstrahlenden Morgens sah sie ihn vor sich, der Oberkörper bedeckt von Schweißperlen, das Schwert lag sicher in seinen Händen. Die Muskeln waren angespannt, seine Haltung leicht gebeugt, die Augen geschlossen. Nur kurz verharrte der junge Soldat in dieser Pose, dann schnellte er nach vorn, wirbelte sein Schwert gekonnt durch die Luft, absolvierte Übungen der leichteren, aber auch der schwereren Fertigkeiten der Kampfeskunst. Gebannt folgte Christine jeder Bewegung des Älteren. Sie benötigte nur Sekunden um zu erkennen, dass Bryan ein guter Kämpfer war. Wieder begannen ihre Augen zu leuchten. In ihren Adern floss Kriegerblut, das wusste sie, und es meldete sich. Sie wusste auch, dass Bryan nicht nur ein, sondern stets zwei Schwerter bei sich führte, fragte sich nur, wo war das zweite war. Sie entdeckte es nur einige Meter von ihr entfernt auf dem Boden liegend. Leise legte sie ihre Decke ins taunasse Gras und schritt geräuschlos auf das Schwert zu. Kaum, dass sie es erreicht hatte, befand es sich in ihrer Hand, passte sich sofort ihrer Form an. Mit einer fließenden Bewegung zog sie die polierte Klinge aus der hellen Scheide, welche sie sacht auf den Boden legte. Sofort schloss sie ihre Augen, ließ die Kraft der Waffe in ihren Händen auf sich einwirken. Sie lief durch ihren Körper, breitete sich aus und übernahm das Denken der jungen Frau. Als sie ihre Augen wieder öffnete brannte ein Feuer in ihnen, welches aus purer Kraft und Lust zu bestehen schien. Sie wollte kämpfen, sich in ihrem Element bewegen, wie sie es in ihrer Kindheit getan hatte. Und um das zu erreichen, gab es nur eine Möglichkeit, nur einen Gegner! Mit scharfem Blick erfasste sie Bryan, speicherte jede Bewegung in ihrem Kopf, analysierte jeden Schwerthieb und wartete auf den passenden Moment, dann griff sie an! Bryan wusste gar nicht, wie ihm geschah. Er hatte sich nur auf sich und sein Schwert konzentriert, nicht aber auf seine Umgebung. Der plötzliche Widerstand, der ihn erschütterte, brachte ihn beinahe aus dem Gleichgewicht. Erschrocken riss er die Augen auf, sah die blitzende Klinge erneut auf sich zufliegen. Er handelte aus einem Impuls heraus, stellte seine Schwertklinge waagerecht und blockte so den anderen Schwerthieb. Gleich darauf übte er einen starken Druck auf seine Hand aus und versuchte so das gegnerische Schwert herunterzudrücken, doch sein Rivale sah diese Taktik voraus und zog sein Schwert zurück, entfernte sich zeitgleich von dem jungen Offizier. Erst jetzt erkannte Bryan seinen Gegner. Ungläubig analysierten seine jadegrünen Augen den schmalen Körper vor sich. "Überrascht?" Bryan vermochte es nicht, zu antworten, und Christine wartete auch nicht länger, sondern startete einen neuen Angriff. Diesmal war Bryan nicht überrascht, so dass er den Hieb gekonnt abfing und umkehrte. Jetzt war er der Führer, schlug unbarmherzig zurück. Wie zwei Tiger vor einem Kampf umschlichen Christine und Bryan sich gegenseitig, warteten auf die Chance ihren Gegner anzugreifen. Christine war die Erste, die sie ergriff. Sie täuschte einen Sprung nach rechts vor, doch stattdessen ging sie genau in die Mitte und griff Bryan aus einem etwa 45° messenden Winkel an. Und sie verfehlte ihn nur um Millimeter. Diesen Moment nutze Bryan für seinen Angriff. Wuchtig, aber gezielt, wirbelte der junge Offizier herum, traf genau auf das Schwert Christine, riss es ihr beinahe aus den Händen. Von der Wucht dieses Schlages überrascht, taumelte die junge Frau nach hinten. Ohne eine Gefühlsregung in den grünen Augen setzte Bryan einen weiteren Hieb nach, zerfetzte den rechten Saum des Ärmelstoffes der Schwarzhaarigen. Den nächsten Angriff des jungen Offiziers erahnte Christine mehr, als dass sie ihn sah; diesen Schwerthieb konnte sie buchstäblich erst im letzten Moment abwehren, allerdings um den Preis, dass sie endgültig aus dem Gleichgewicht geriet und sich nur durch einen instinktiven Ausfallschritt vor einem Sturz retten konnte. Darauf hatte Bryan nur gewartet. Er ging in die Hocke und stellte seiner Gegnerin ein Bein, so dass diese zu Boden ging. Bei dieser Aktion hatte die Schwarzhaarige ihr Schwert vollends verloren. Dieses lag nun etwa zwei Meter von ihr entfernt im Gras. Sie wollte es holen, doch ein plötzlicher Druck an ihrer Kehle ließ sie ihr Vorhaben abbrechen. Ihre Augen wanderten nach oben und sahen direkt in Bryans Gesicht und dessen Schwertklinge, die leicht gegen ihren Hals drückte. "Besiegt.", sagte er und ein Lächeln legte sich auf sein, sonst so ausdrucksloses Gesicht. "Ich gebe mich geschlagen.", antwortete Christine und drehte ihren Kopf beiseite, offenbarte so ihre bloße Kehle als Zeichen ihrer Niederlage. Bryan übte einen kurzen Druck auf den Hals der jungen Frau, bevor er sein Schwert zurückzog und sich aufrichtete. "Du bist gut.", sagte er, als sie wenig später im Gras saßen und die Sonne sie bestrahlte. "Danke, aber gegen dich werde ich nie eine Chance haben.", entgegnete die Schwarzhaarige. Sie wusste nicht wieso, doch seit sie Etania verlassen hatten und sie jeden Tag mit Bryan zusammen war, hatte sich ein Gefühl der Verbundenheit zwischen ihnen entwickelt. Sicher, sie waren keine Freunde und noch weit davon entfernt, jemals solche zu werden, aber hassten sie sich nicht mehr. "Wo hast du gelernt so zu kämpfen? Es ist eher untypisch für Mädchen, dass sie die Schwertkunst beherrschen.", richtete Bryan nun wieder eine Frage an Christine. "Von meinem Vater und meinem Cousin. Ich war noch nie wie andere Mädchen in meinem Alter. Als ich noch klein war, habe ich mich immer davongeschlichen und bin durch die Wälder gestreift. Ich wollte immer Abenteuer erleben und nicht die Regeln und Normen des Königshofes lernen.", erzählte sie freiwillig und ihre Augen begannen zu glänzen, während sie an ihre Kindheit dachte. "Verstehe." Mit dieser Antwort erhob sich Bryan von seinem Platz. Er wusste, sie mussten weiter, wenn sie die Gebirgszüge Aventurras noch an diesem Tage erreichen wollten. Bereits seit zwei Tagen waren sie unterwegs, aber kaum einen Tagesritt von Etania entfernt. "Komm jetzt. Wir müssen weiter." Christine nickte nur und stand dann auf. Sie war froh endlich aus dem Bischofspalast zu sein, denn der Gedanke mit Boris in ein- und demselben Gebäude zu sein, hatte ihr gar nicht behagt. Aber jetzt war sie auf dem Weg nach Sîl, soviel wusste sie, aber was der Grund für ihre Reise war, das wussten sie wiederum nicht. *** Die Sonne stand hoch am blauen Himmel, hie und da konnte man kleine Wolken erkennen, doch das war für den einsamen Reiter, welcher sich immer mehr der Stadt Coca näherte, nicht von Bedeutung. In leichtem Schritt ließ er sein Pferd laufen, es war genauso wie er auch ziemlich erschöpft. Von Zeit zu Zeit geriet der junge Mann leicht ins Wanken, konnte sich kaum noch im Sattel halten. Doch er wollte noch nicht aufgeben, er musste doch nur noch ein kleines Stück, ein kleines Stück... Kreischend flog eine Schar von Vögeln an ihm vorbei und er hob kurz seinen Blick, besah sich die sieben schwarzen Tiere, welche ihn mit glühenden Augen zu durchbohren, sich auf einen Baum in der Nähe setzten und ihn zu beobachten schienen. ,Meine Fantasie geht mit mir durch...', war das Einzige, was ihm dazu einfiel. Es war ja nicht möglich, dass solche Tiere ihn beobachten würden. Oder doch? Leicht drehte er seinen Kopf nach hinten, als er an den Tieren vorbei geritten war und sah nur noch, wie eines dieser seinen Kopf abwandte und mit den anderen davonflog. ,Nur Einbildung.' Dass dem nicht so war und diese Raben ihn wirklich beobachtet hatten, würde der Silberhaarige niemals erfahren... *** Nicht weit entfernt setzten sich die Raben wieder auf einen Baum, besahen sich den jungen Mann, der sich weiterhin von ihnen entfernte, immer kleiner wurde, bis er aus ihrem Sichtfeld verschwand. ,Er sieht nicht gut aus...' ,Mag sein. Jedoch werden wir nichts ändern. Es wird alles so verlaufen, wie es soll und nicht anders. So steht das Schicksal geschrieben!' Einer der schwarzen Vögel ließ ein Kreischen von sich verlauten und flatterte mit den Flügeln. ,Und was, wenn wir einen Fehler gemacht haben?! Wenn wir uns das gar nicht zumuten können, dürfen!? Was dann!? Dann treiben wir unschuldige Menschen in den Tod!' Empört war ihre Stimme, schon früher hatte sie gezweifelt und tat es auch jetzt noch. Ein anderer blitzte sie mit seinen Augen strafend an. ,Wir haben jedes Recht!' ,Hört auf, euch zu streiten! Das bringt uns nichts. Ich finde, sie hat ganz Recht... Langsam beginne auch ich zu zweifeln, ob wir uns nicht zuviel rausnahmen, rausnehmen.' Ein wütendes Kreischen erklang und einer der Raben erhob sich in die Lüfte, flog davon. Fünf weitere von ihnen spannten ihre Flügel und erhoben sich in den Himmel, folgten dem ersten. Ein einzelner von ihnen saß noch auf einem Ast des Baumes, sah in die Richtung, in die der junge Mann verschwunden war. ,Ich hoffe, dass ihr das gut überstehen werdet, Jul. Es wäre sehr schade um euch, ich habe euch so in mein Herz geschlossen. Möge meine Kraft mit euch sein, die Kraft und der Schutz Rhayas. Bitte Jul, schütze meine Kinder, passe gut auf Solis und Ostara auf!' Und somit erhob sich auch der letzte der Raben in die Lüfte, flog immer höher hinauf, bis er sich plötzlich im Nichts auflöste und verschwunden war. *** Ihr Blick war gen Ferne gerichtet, ihre Gedanken sehr weit weg, fast schon in einer anderen Welt, so weit hingen sie. Der Wind blies um sie herum, ließ Blätter tanzen, ebenso wie ihr blondes Haar. Sie schloss ihre Augen, senkte geknickt den Kopf. Auf einmal vernahm sie ein leises Hufgetrappel, welches näher zu kommen schien. Verwundert und neugierig hob sie ihren Kopf, stieß sich vom Zaun der Weide ab und begab sich auf den Weg vor das Haus. "Mum!", hörte sie eine Stimme nach ihr rufen und sie beschleunigte ihre Schritte, hatte keine gute Vorahnung. Vor dem Haus stand ihr Sohn Max und wies mit einer Hand in eine Richtung, als er seine Mutter erblickte. Diese folgte der Hand mit ihren Augen und jene weiteten sich entsetzt, als sie den Reiter erblickte. Einen Moment lang stand sie wie angewurzelt dort, bevor sie sich wieder in Bewegung setzte und auf den Reiter zueilte. ,Oh nein!', war das Einzige, was ihr gerade durch den Kopf ging. Das Pferd blieb stehen, als es die Frau auf sich zueilen sah und zuckte nervös mit den Ohren. "Max, komm schnell her!", rief die Blonde ihren Sohn zu sich, welcher sich sogleich ebenfalls in Bewegung setzte und auf sie zueilte. Die Augen des Reiters waren halb geschlossen und mit größter Anstrengung öffnete er diese wieder ganz, bevor sie ihm zufielen und nur noch ein leises "Judy..." über seine Lippen kam und er das Gleichgewicht endgültig verlor, vom Rücken des Pferdes rutschte, direkt in die Arme Judys. Diese hatte ein wenig Mühe, den Körper des anderen zu halten und bugsierte ihn vorsichtig auf den Boden, legte ihn dorthin, bevor sie sich an ihren Sohn wandte. "Bring rasch das Pferd in die Koppel und komm dann sofort wieder her, er hat Fieber und muss so schnell wie möglich ins Bett!" Hastig nickte der Blonde und nahm das Pferd an den Zügeln, rannte mit diesem den Weg entlang und war kurze Zeit später wieder bei seiner Mutter, welche den jungen Silberhaarigen mit traurigen und sorgenvollen Blicken bedachte. Auch Max erkannte den jungen Mann wieder, war er doch mit diesem und Tyson von Amarango nach Borsa geschippert. Gemeinsam trugen die beiden den anderen ins Haus, in den zweiten Stock dieses hinauf und in eines der Zimmer, legten ihn da auf ein Bett. Max verließ auch sogleich wieder den Raum und begab sich in die Küche des Hauses, holte eine Schüssel voll Wasser, einen Lappen und Verbandszeug, eilte dann so schnell wie möglich wieder zu seiner Mutter. Diese hatte inzwischen Kai von seinen zerrissenen und von Blut durchtränkten Sachen befreit und säuberte nun mit dem Wasser, welches Max gebracht hatte, die Wunden des Silberhaarigen. Kai wand sich immer wieder unter den Berührungen der Frau, Schweißperlen liefen von seiner Stirn hinunter, seinen Kopf warf er unruhig hin und her. Besorgt tauchte Judy den Lappen in das kühle Wasser, wischte mit diesem anschließend über seine Stirn, wusch ihn erneut aus und legte ihn auf diese. "Mum-", setzte der Blonde an, doch sie schüttelte den Kopf, gebot ihm zu schweigen. "Ich weiß nicht, was geschehen ist, Max. Ich hoffe nur, es geht ihm bald wieder besser." Ihr Blick war traurig, ihre Sorge groß. In den nächsten Stunden saß Judy am Bett Kais, tauchte immer wieder den Lappen ins kalte, kühlende Nass, doch das Fieber wollte nicht sinken und ihre Sorge wuchs immer mehr. Die Müdigkeit zerrte an ihr, doch wollte sie nicht an Schlaf denken, sie wollte Kai nicht alleine lassen, wollte sich um diesen kümmern. Leise wurde dir Tür zum Zimmer geöffnet und sie spürte kurz darauf eine Hand auf ihrer Schulter, hob ihren Blick und sah in die blauen Augen ihres Sohnes. "Mum, leg dich ne Weile hin, ich bleibe hier." Er lächelte leicht und die Blonde nickte, war sie wirklich zu müde, um die Augen noch länger offen zu halten. Sie erhob sich und wandte sich zum Gehen, drehte sich im Türrahmen noch einmal um, warf einen Blick auf die beiden jungen Männer, bevor sie sich anwandte und sich in ihr Zimmer begab, sich hinlegte und auch sogleich einschlief. Erst am darauf folgenden Morgen, als die Sonne wieder an den Himmel stieg und die Bewohner Pandoras mit ihrer Anwesenheit beehrte, erwärmte, drehte sich die blonde Frau im Bett herum und öffnete blinzelnd ihre Augen. Sie hatte lange geschlafen, kein Wunder, da sie schon in letzter Zeit nicht gut hatte schlafen können, ihre Sorge um die beiden Jungen war zu groß gewesen. Seufzend stieg sie aus dem warmen Bett, nahm sich einige Kleidungsstücke aus dem Schrank und verschwand im Bad, aus welchem sie einige Zeit später wieder heraus trat. Mit festen Schritten schritt sie auf das Zimmer zu, in dem der Silberhaarige gestern untergebracht wurde und öffnete leise die Tür. Max saß immer noch neben dem Bett auf einem Stuhl und ließ den anderen nicht aus den Augen, beobachtete jede noch so kleine Bewegung von diesem. "Max.", machte Judy leise auf sich aufmerksam, woraufhin der junge blonde Mann den Kopf zu ihr drehte und sie aus müden Augen anblickte. "Wie geht es ihm?" Die Frau war nun mittlerweile ans Bett getreten und blickte auf Kai, welcher sich immer wieder unruhig regte, seinen Kopf hin und her warf und leise Worte vor sich her murmelte. Der Blonde schüttelte den Kopf. "Nicht sehr gut. Das Fieber ist nicht gesunken, eher noch gestiegen. So wie es aussieht, liegt er nun im Fieberwahn." Leise hatte er diese Worte zu seiner Mutter gesprochen, wusste er doch, wie sehr sie diesen ins Herz geschlossen hatte, wie einen Sohn. Und die Augen der Frau wurden auch sogleich wieder von Trauer durchzogen. "Leg dich schlafen, Max. Ich werde nun hier bleiben, du brauchst deinen Schlaf genauso." Und somit tauschten die beiden ihre Plätze, wie sie es in den nächsten Tagen noch öfters tun würden, was sie jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnten... Im Verlauf der nächsten Woche besserte sich der Zustand Kais nicht wirklich. Nur selten war er wach und wenn doch, nahm er seine Umgebung nicht wirklich wahr, lebte in einer Art Traumwelt und murmelte Worte vor sich hin, die für Judy keinen Sinn machten. Ihre Sorge um den jungen Mann stieg von Tag zu Tag mehr. Eine ganze Woche lang lag der Silberhaarige in diesem Fieberwahn, bis sich endlich eine Besserung sichtbar machte und er sich zu erholen schien. Nach eineinhalb Wochen hatte er das Fieber endlich besiegt, war jedoch noch ein wenig schwach auf den Beinen und musste sich schonen. Zuerst war die blonde Frau erleichtert, dass er über den Berg war, als sich auch schon das nächste Problem auftat. Kais Seele hatte tiefe Risse, er stand sozusagen am Abgrund seiner Selbst. Schon seit einigen Tagen war sein Blick leer und trübe, er selbst war nicht wirklich anwesend, nahm nichts wahr. Als Max in die Küche trat, sah er seine Mutter am Fenster jener stehen und hinaus schauen. Auch ohne nach draußen zu sehen wusste der Blonde, was, wen sie sah. Den silberhaarigen jungen Mann, wessen Augen leer und in einer anderen Welt gefangen zu sein schienen, so als wäre er nicht hier, an einem anderen Ort. "Mum." Der junge Mann seufzte, machte sich so langsam auch Sorgen um seine Mutter. "Wie geht es ihm?", fragte er, während er neben sie trat und hinaussah. Sie bräuchte ihm eigentlich nicht zu antworten, er sah auch so, jetzt da er am Fenster stand, wie es um den Zustand des Silberhaarigen stand. Dieser saß teilnahmslos auf der Wiese nicht weit vom Fenster entfernt und blickte stur geradeaus, sein Blick jedoch sah nichts, nahm nichts wahr. Das Einzige was er sah, war immer wieder seine Vergangenheit, seine Zeit bei Voltaire und Ray, wie er ihn zurückließ und dieser wegen ihm schwere Qualen erleiden musste. Immer und immer wieder zogen diese Bilder vor seinen Augen vorbei, ließen ihm keine Ruhe und rissen ihn in eine immer größer werdende Dunkelheit, welche ihn zu verschlingen drohte. "Was können wir tun? Er darf nicht in diesem tiefen Loch seiner Seele versinken, wenn er erst einmal darin versunken ist, gibt es praktische keine Rettung mehr, er würde nie mehr so sein wie bisher." Die Worte ihres einzigen Kindes trafen die Blonde sehr, mochte sie Kai doch auch sehr gerne, wollte nicht, dass dieser sich so quälte, sich selbst aufgab. Sie würde etwas unternehmen müssen, das wusste sie. Doch was? Was sollte man einem Menschen raten, welcher sich in sich selbst verlor, sich Schuldgefühle einredete? Wie konnte man diesem helfen? Sie seufzte auf. "Ich werde zur letzten noch möglichen Alternative greifen.", meinte sie mit leiser aber entschlossener Stimme. Max sah sie verwirrt an. "Was meinst du?" Doch Judy wandte sich ab, gab ihm erst noch eine kurze Antwort, als sie zur Tür raus vors Haus, zu Kai verschwand. "Ich werde ihm zeigen, wer er wirklich ist." Die blauen Augen des Blonden weiteten sich, er wusste davon, doch nie hatte ein Wort darüber seinen Mund verlassen, zu wichtig war die Verschwiegenheit darüber. Er öffnete das Fenster der Küche und setzte sich auf das breite Fensterbrett, hörte von hier aus zu. Mit zielsicheren Schritten lief Judy auf den Silberhaarigen zu, blieb kurz vor diesem stehen und kniete sich zu ihm nieder. "Jul!" Ihre Stimme war lauter als sonst, wusste sie doch, was auf dem Spiel stand und wollte sie Kai endlich aus dieser Phase herausholen. "Hör mir gut zu, Jul, Kind des Winters." Träge hob Kai seinen Kopf, man hatte ihn Kind des Winters genannt. Niemand außer seiner Mutter hatte das je zu ihm gesagt, ihn so genannt. Seine verklärten, leeren Augen waren auf die blonde Frau vor sich gerichtet, welche am liebsten Luftsprünge gemacht hätte, da es schon ein riesiger Erfolg war, dass er ihr überhaupt seine Aufmerksamkeit schenkte. "Jul, du darfst nicht die Hoffnung verlieren, nicht in der Dunkelheit deiner Seele ertrinken, welche du dir selbst erschaffst. Kämpfe dagegen an, Kind des Winters!" Ihre Stimme war energisch, musste sie doch darum kämpfen, den Silberhaarigen wieder in die Realität zu bringen. Vor seinem inneren Auge sah Kai die Gestalt seiner Mutter, welche zu ihm sprach, ihm einst sagte, dass er nicht Schuld am Leiden anderer habe, dass er sich das auch nie einreden solle, so wie es ihm sein Großvater immer wieder einzureden versuchte. Die graue Nebelwand verschwand langsam vor seinen Augen, er blinzelte. Immer und immer wieder sah er Ray, doch dieses Mal wurde er nicht von seinem Großvater und dessen Worten beeinflusst, er verdrängte dessen Worte, verbannte sie weit weg. "Judy?", war das erste Wort, welches er seit Tagen sprach. Er blinzelte noch ein paar Mal, bevor der trübe Schleier völlig aus seinen Augen verschwand und das Rubinrot klar und schön wie eh und je zurückließ. Die Augen Judys verklärten sich und eine Träne lief ihre Wange hinunter, perlte vom Kinn und fiel, fiel in die Hand des Silberhaarigen, welcher diese ausgestreckt hatte. Nachdenklich betrachtete er kurze Zeit lang dieses kleine Stückchen Nass, in dem so viel Gefühl steckte, bevor er seinen Blick wieder der Blonden zuwandte. "Es tut mir Leid, Judy." Er blickte sie entschuldigend an. Judy hatte sich wieder einigermaßen gefasst und umarmte Kai erst einmal, wollte ihn so schnell auch nicht wieder loslassen, zu sehr hatte sie um ihn bangen müssen. Selbst dieser hatte seine Arme um sie gelegt, drückte sie leicht an sich. "Ich bereite dir nur Schwierigkeiten, das tut mir Leid.", wisperte er in ihr Ohr. "Nein, nein, Jul. Das tust du nicht.", war jedoch sofort ihre vehemente Antwort. Leicht drückte Kai die Blonde von sich, sah ihr in die Augen. "Eine Frage, weshalb nennst du mich immer Jul? Das hast du schon bei unserem ersten Treffen gemacht." Judy lächelte, setzte sich neben ihn ins Gras. "Weißt du, vor langer Zeit, als die Götter noch auf dieser Erde weilten, schrieben sie das Schicksal jedes Menschen auf. Jedes Schicksal steht bis auf das kleinste Detail geschrieben und wird genau so ablaufen, dafür sorgen die Götter höchstpersönlich. Sie lassen uns die Zukunft durch die Sterne erfahren. Wenn du diese lesen kannst, siehst du, was einzelnen Menschen widerfahren kann und wird, aber ändern kannst du es nicht. Unser Treffen war vorbestimmt, schon seit Hunderten von Jahren." Gespannt lauschte Kai ihren Worten. "Sie haben bestimmt, dass wenn die Menschen einst nicht mehr an das Gute oder das Übernatürliche glauben würden, wenn sie vieles, was sie nie vergessen sollten, vergessen würden, ihren Zusammenhalt verleugnen und Fehden kämpfen, dass dann ein Mann auf den Plan treten würde, der sie gegeneinander aufhetzt, sie alle unterwerfen will. Die Menschen würden dann sehen, wohin sie ihre Engstirnigkeit und ihre Kriege untereinander geführt hatten, müssten die Folgen davon tragen. Dies schien ihnen die beste Lösung, und sie ist auch gut, bis zu einem gewissen Grad." Sie legte eine kurze Pause ein, ehe sie weitersprach, den Blick gen Himmel gerichtet. "Sie bestimmten außerdem, dass vier Kinder, deren Geburt und Merkmale sie genau aufschrieben, dies verhindern können und sollen, dass nur diese vier in der Lage seien Pandora den endgültigen Frieden zu schenken. Aber dies auch nur, wenn sie zusammen halten, zusammen kämpfen würden. Der Ausgang steht nirgends geschrieben, darüber schwiegen sich die alten Götter aus, niemand außer ihnen kennt ihn. Man nennt sie die Kinder der Zukunft. Sie haben besondere Fähigkeiten und auch das wurde alles genaustens aufgeschrieben, damit man sie erkennt und sie schützen, unterrichten kann. Jedoch, die Gelehrten, welche dafür zuständig waren, wurden von ihm getötet, die Schriftrollen hat er gestohlen." Sie schloss ihre Augen. "Jedes dieser Kinder wird dauernd von den Göttern überwacht, sie wachen über sie." In Kai machte sich so langsam Erkenntnis breit. Er begriff, was sie ihm sagen wollte, doch bevor er etwas dazu sagen konnte, sprach Judy auch schon weiter. "Du, Kai, du bist eines dieser Kinder, du hast Gaben, die sonst keiner hat. So steht es geschrieben: Jul, Kind des Winters, geboren in einer stürmischen Winternacht, mit einer dunklen Gabe. Für immer wirst du darunter leiden, doch macht sie dich auch stark. Deine Haare tragen die Winterfarben, denn du bist der Sohn des Winters. Viel Leid wird dir widerfahren, doch niemals gibst du auf, und so wirst du finden, wonach du schon immer suchtest. Gib Acht, Kind des Winters. Intrigen, Lügen... Dies alles wird sich dir in den Weg stellen. Deine eigene Familie will dir Böses, pass auf, wem du vertraust. Doch auf deinem Weg wirst du das finden, wonach du dich schon so lange gesehnt hast... Das schönste Gefühl auf Erden. Vertraue nur deinen Partnern, denn das Böse ist überall, lauert hinter jeder Ecke. Du, Winterkind, geboren am 21. Dezember, bist einer der vier, die den Frieden und somit Pandora retten können. Kind des Winters, Jul. So schrieben sie es auf. Du bist das Kind des Winters, der Erbe Beriahs." Mit diesen Worten schloss sie ihre Erklärung ab. Sie hatte schon vor langer Zeit die Zeilen der einzelnen Prophezeiungen auswendig gelernt, konnte sie im Schlaf aufsagen. "Das heißt also", ergriff Kai nun das Wort, "dass ich dazu bestimmt bin, diese Welt zu retten?!" Judy nickte. "Und ist Ray auch eines dieser Kinder? Müsste doch so sein." Verwirrt schaute die Blonde ihn an. "Woher weißt du von Solis?" Der Silberhaarige lächelte. "Solis, Kind des Sommers also. Nun, ich weiß es von Christines Mutter, ihr Geist ist mir sozusagen erschienen und hat mir gesagt, ich solle aus Bonaguil fliehen und nach Coucy gehen, dort werde ich einen Verbündeten treffen, ich dürfe nur ihm vertrauen. Auch sagte sie mir, dass Christine ein Teil der Prophezeiung sei und ich gut auf sie aufpassen solle, was ich ja leider nicht geschafft habe, weder sie noch Ray konnte ich beschützen." Sein Blick wurde traurig, er gab sich immer noch die Schuld daran, dass die beiden jetzt in den Händen Boris' waren. "Daran trägst du keine Schuld, Kai, niemals! So ist es vorbestimmt." Er ruckte mit dem Kopf in ihre Richtung, sah sie verwundert an, doch sie sprach weiter und schnitt ihm so das Wort im Munde ab. "Ich darf nichts von dem sagen, was ich weiß, tut mir Leid." Geknickt senkte sie ihr Haupt. "Schon okay." Kais Gesicht zierte ein ehrliches Lächeln. "Ich bin mir sicher, dass wir das überstehen werden, alle zusammen. Wir werden das schaffen. Ja, ich werde Ray und Christine da rausholen und wir werden alle ein glückliches Leben führen können." Er blickte in den mit leichten Wolken verhangenen Himmel. Judy warf ihm einen Seitenblick zu. ,Wenn du dich da mal nicht irrst. Ich kenne das Ende nicht im Ganzen, doch euer Weg wird steinig sein, sehr steinig. Ich hoffe sehr, dass ihr ihn bis zum Ende gehen könnt.' ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Steckie wurde erweitert ^.~ Und noch etwas ^^ Nun ist ja Jul "endgültig" da XD Deshalb hier ne kleine Hintergrundinfo, für die, die möchten ^.~ Das Ganze kommt aus den germanischen Sagen: Wintersonnenwende - Jul(fest) Tag des 21. Dezembers Kürzester Tag und längste Nacht des Jahres, dies ist das Julfest, die Wiedergeburt des Lichtes. Ziel dieses Festes ist es, die Früchte seiner Arbeit und Wandlung zu betrachten und Abschied von dem nehmen, was alt ist und nicht mehr zu uns gehört. Dies wird dann in der Dunkelheit zurückbleiben. In der alten Tradition wurde ein Strohrad und kleine Schiffchen gebastelt, auf denen Kerzen befestigt wurden. In der Nacht der Wintersonnenwende versammelte sich das ganze Dorf an einem Feuer, zündete das Strohrad an und rollte es den Berg herunter, damit alle Welt sehen konnte, dass sie die Dunkelheit überstanden haben und das Licht gesiegt hat. Anschließend wurden die Kerzenschiffchen angezündet und im Bach ausgesetzt als Gruß an alle anderen Lebewesen, denen diese Schiffchen auf ihrem Weg begegneten. Sry, keine Kommiantworten, hab heute einfach keine Zeit ^^"" *gleich schon wieder weg muss* Bis in zwei Wochen ^__^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)