Der Duft der Magnolien von Kerimaya ================================================================================ Kapitel 1: Der Beginn des Frühlings ----------------------------------- Sam setzte einen Fuß vor den anderen. Es war Frühling aber schon heiß und die Luft so drückend, wie eine zu warme Decke. Trotz allem sog er sie gierig ein. Das Aroma von Magnolien lag im Wind. Diese Blüten, die nur einmal im Jahr blühten und noch dazu so kurz, waren dem junge Mann am liebsten. Aber jetzt war es noch zu früh dafür. Bald, aber bald, versprach ihm der Wind. Sam lächelte. Frühling in North Point. Er seufzte, fuhr sich mit der rechten Hand durchs Haar. Es hatte ihn viel Mühe und auch Überwindung gekostet, hierher zu ziehen, aber es hatte sich gelohnt. Sein Blick streifte über die kleinen Buden und Stände, die sich in den Schatten der großen Wolkenkratzer und anderer Gebäude drängten. Die Luft kühlte langsam ab. Unter den dünnen Sohlen seiner Sommerschuhe spürte Sam die gespeicherte Hitze des Asphalts. Er blieb stehen, die Hände in die Taschen seiner Jeans gesteckt und sah nach oben. Der Himmel trug an diesem Spätnachmittag Töne von Rot und Violett; unwillkürlich lachte Sam, den Kopf in den Nacken gelegt. "Kein Maler bekommt jemals diesen Farbton hin." Erschrocken riss Sam den Kopf herum und bemerkte erst jetzt den jungen Mann neben ihm. Der sah ebenfalls nach oben und lächelte. "Ich habe das schon oft versucht. Aber es ist niemals wie der Himmel geworden." Sam fand sein Lächeln wieder und sah abermals hoch. "Nichts kann so wie der Himmel sein." Der Andere lächelte, strich sein langes Haar zurück und küsste ihn. So traf Sam auf Yuki. ******* Der blonde Mann öffnete die Tür zu dem kleinen Appartement und trat ein. Seine Gedanken waren noch immer bei seiner Vergangenheit, und das Zusammentreffen gerade hatte einige Aspekte und Erinnerungen hervorgeholt, die nicht unbedingt unangenehm waren. Dennoch, für Sam war das nur eine weitere, neue, aufregende Seite an North Point, die ihm gefiel. So ganz anders als sein Leben zu Hause. Es war der typische Werdegang gewesen. Sam war in einer kleinen Stadt im Hinterland aufgewachsen, wo jeder jeden kannte und das höchste der Gefühle darin bestand, zu heiraten und einen Stall voller Kinder zu produzieren. Anders zu sein, fiel auf. Und meistens war diese Aufmerksamkeit nicht positiv. Die Entdeckung, dass er mit Ken Williams mehr hatte anfangen können als mit dessen Schwester Vanessa, war für Sam ein Schock gewesen. Gleichzeitig hatte er sich aber befreiter gefühlt, als jemals zuvor. Er war sich zum ersten mal sicher in dem was er tat. Seine Eltern sahen das ganz anders. Seine Mutter hatte versucht, es zu akzeptieren aber sein Vater... Sam lächelte bitter, wann immer er an diesen Mann und die Szenen, die er mit ihm hatte durchleben müssen, dachte. Sein Vater, ein erfolgreicher Mann, ließ nach Feierabend gerne, nicht mal volljährige Huren in sein Auto steigen. Und dieser Mann hatte sich um seinen Ruf gesorgt und Sam hinausgeworfen. Einfach so. Bis heute war sich der blonde Mann nicht sicher, ob es eine gute oder schlechte Wendung in seinem Leben gewesen war. Sicher war es aber eine drastische Wendung gewesen und nach einer kurzen Verzweiflungsphase hatte er auf Kens Ratschlag gehört. North Point, die große Stadt im Westen... Ken war es auch gewesen, der ihm Kanas Adresse und Telefonnummer gegeben hatte. "Ist eine alte Freundin", hatte er gegrinst und Sam hatte sich auf den Weg gemacht. Sam dachte an Kana. Sie war...nun Kana war das, was seine Mutter früher gerne ein Unikat genannt hatte. Sie hatte ihn vom Flughafen abgeholt und war ihm um den Hals gefallen, als wäre er ein verlorener Bruder. Mit ihrer Hilfe hatte er sich auch an der Kunsthochschule einschreiben können und auch sonst führte sie ihn durch den Dschungel, der sich selbst Großstadt nannte. Sam schloss hinter sich ab, ließ den Schlüssel auf die kleine Theke neben der Tür fallen, und hörte das Klirren in der stillen Wohnung. Seine Mitbewohnerin konnte also noch nicht zuhause sein. Er fegte geistesabwesend einen Spitzen BH von der Sessellehne und ließ sich dann hineinfallen. Der Typ war seltsam gewesen. Sam hatte nur überrascht und unfähig, sich zu bewegen, dagestanden, während Yuki ihn küsste, seine Arme um seinen Körper legte. Schließlich hatte der Mann mit den langen Haaren ihn aber losgelassen, sich umgedreht und war gegangen. Ohne seinen Namen zu verraten oder ein weiteres Wort zu sagen. Sam atmete ein wenig wehmütig aus, grinste aber dabei und träumte ein wenig vor sich hin. Sein Leben hier versprach interessant zu werden. Ein Schlüssel wurde im Schloss gedreht, die Tür aufgestoßen und eine kleine weibliche Gestalt torkelte herein. "Du sollscht nich abschließen!", lallte sie etwas undeutlich, wegen dem Handtaschenriemen zwischen den Zähnen. In der einen Hand gestikulierte sie wild mit ihrem Schlüsselbund, in der anderen balancierte sie mehrere Einkaufstüten. Mit Schwung warf sie zwei der Tüten auf das Sofa und ließ die restlichen neben der Tür auf den Boden fallen. "Mist", nuschelte sie dabei und prompt fiel ihr dabei auch noch die Handtasche auf den Boden. Sie begutachtete den Inhalt der Tüten, um zu sehen, ob etwas kaputt gegangen war. Sam beäugte derweil die beiden bunten Taschen auf dem Sofa. Der protzige Schriftzug zweier teurer Designer prangte darauf und er war sich sicher, dass der Inhalt sein eigenes Monatsgehalt an Wert weit überstieg. Kana hatte ihre Inspektion abgeschlossen und fiel mit einem erleichterten Seufzen auf die Couch. Dabei zerknitterte eine der Tüten achtlos unter ihrem Hintern. "Und du sollst nicht mehr einkaufen, als du schleppen kannst", erwiderte Sam. Es war ein vertrautes Geplänkel, dass keiner der beiden wirklich ernst nahm. Kana winkte ab. "Ach was..." Sam seufzte, schüttelte den Kopf und stand auf. "Ich mach dir 'nen Kaffe." Die Frau grinste selig, lehnte sich auf der Couch zurück und rief: "Ich liebe dich!" Sam grinste ebenfalls auf dem Weg zur Küche. "Ja ja." Er kehrte mit einer Tasse voll schwarzem Kaffe zurück und hielt sie ihr unter die Nase. "Das sagst du jedem, der dir Kaffe bringt." "Bei dir mein ich's wenigstens ernst." Sam kicherte und setzte sich wieder in den Sessel. "Ich dachte, du hast Carlo verlassen?", sagte er und deutete auf die Tüten neben sich. Kana indes fluchte leise, als sie sich die Zunge an dem heißen Koffein verbrannte und sah dann auf die Tüten. "Glaubst du etwa, ich brauche unbedingt einen Mann, der mir alles bezahlt?" Ungerührt trank Sam einen Schluck Kaffe. "Jap." Kana lachte. "Erwischt! Ich hab jemand neues kennen gelernt." Seufzend stellte ihr Mitbewohner die Tasse auf den Couchtisch und öffnete eine der Tüten. Kana hatte schon immer ein besonderes Talent dafür entwickelt, gut betuchte Männer auf sich aufmerksam zu machen. Sie finanzierten ihr fast ihren gesamten Lebensunterhalt und hatten dabei noch das Gefühl, ihr einen Gefallen zu tun. Ganz umsonst bekam Kana allerdings nichts. "Ich bin nur drei Zentimeter vom Edelstrich entfernt", hatte sie mal trocken zu Sam gesagt und er hatte nicht gelacht. Jetzt zog er ein Stück rote Seide hervor und hielt es mit gespreizten Fingern in die Höhe. Kana beobachtete das Ganze. "Gefällt's dir nicht?", fragte sie, nachdem sie Sams skeptischen Blick bemerkt hatte. Der Mann schüttelte den Kopf. "Das ist es nicht...es passt nur irgendwie nicht zu dir." Kana stand auf, schnappte Sam das Top weg und stopfte es in die Tüte zurück. "Mag sein, aber Marcus mag es -und er bezahlt dafür." Ein wenig nachdenklich starrte sie die Tüten an. "Und ich muss mich fertig machen. Er hat mich für heute Abend an die Promenade eingeladen und da werde ich das hier", sie hielt die Tüte mit dem roten Top hoch, "und das hier tragen! Wenn auch nicht lange." Flink hatte sie etwas aus der zweiten Tüte gezogen, dass ein Nichts von Spitze und Satin war. Sam stöhnte entnervt und warf den herumliegenden Spitzen BH nach Kana, die lachend Richtung Tür spurtete. ******* Yuki ließ sich in den schicken Designersessel sinken. Solche Möbelstücke sahen sonst einfach nur gut aus, bereiteten aber schon nach zehn Minuten sitzen Rückenschmerzen. Vincent hatte allerdings bei der Einrichtung seiner Wohnung darauf geachtete, dass Stil und Zweck eine löbliche Ehe eingingen. Der Wohnungsbesitzer kam in diesem Augenblick auch aus der Küche zurück, in jeder Hand eine offene Flasche Budweiser. "Also, was ist so aufregend, dass du gleich herkommen musstest?" Yuki nahm die zweite Flasche entgegen und lehnte sich in dem weißen Sessel zurück. "Habe ich dich etwa von einem Date mit deinem Mäuschen abgehalten", frotzelte er dabei und grinste Vincent an. Der lächelte nur müde, öffnete seine Krawatte und setzte die Flasche an die Lippen. Geduldig wartete Yuki darauf, dass er getrunken hatte. Vincent stellte die Flasche zur Seite und fuhr sich durch das brünette Haar. "Ich wüsste nicht, was dich das angeht?" "Ich bin dein bester Freund. Natürlich hat es mich was anzugehen. Oder bist du immer noch nicht weitergekommen?" Vincent verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lehnte sich gleichfalls zurück. "Ich wollte da niemals weiterkommen. Bisher ist es gut so, wie es ist. Ich bekomme, was ich will..." "Du bezahlst für ein paar Stunden Sex mit ihm", unterbrach ihn sein Freund. Vincent zuckte mit den Schultern. "Dann gehört er zumindest mir - und ich muss kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich etwas von ihm verlange." Yuki sagte nichts, nippte nur an seinem Budweiser. Vince, dem Yukis Schweigen auf die Nerven ging, lenkte das Gespräch wieder auf die Neuigkeit, die Yuki angekündigt hatte. Der Mann mit dem langen blauschwarzem Haar grinste, als würde er ein besonderes Geheimnis preisgeben. "Ich hab mich verliebt!" "Was?" Yuki lachte. "Ich habe ihn heute auf der Strasse getroffen - ein Engel, eine Offenbarung! Die Unschuld selbst!" Jetzt war es an Vincent zu lächeln, angesichts Yukis überschwänglicher Begeisterung. "Und wie heißt dein fleischgewordener Traum?", hakte er nach. Yuki hob die Bierfalsche an die Lippen, merkte, dass sie leer war und stellte sie wieder zur Seite. "Keine Ahnung." "Du hast dich verliebt und weißt nicht einmal seinen Namen?!" Yukis Augen wurden schwarz, als er sich an den Kuss erinnerte. "Nein - es hätte den Moment zerstört. Seinen Namen habe ich ihm gelassen, aber einen Kuss habe ich ihm gestohlen..." Vincent rieb sich über die Augen. "Ihr Künstler habt alle einen an der Klatsche. Egal ob Maler, Schauspieler oder Schriftsteller." Yukis Lachen war ehrlich amüsiert. "Du musst es ja wissen, Herr Agent!" Vincent wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als das Klingeln seines Handys ihn unterbrach. Er klappte das silberne Mobiltelefon auf und murmelte herrisch: "Ja?" Yuki versuchte etwas zu verstehen, doch aus dem Telefon kamen nur undeutliches Knistern. Der Anrufer schien Vincent jedoch gut zu kennen, denn der harte Gesichtsausdruck, den er sonst trug, wurde merklich weicher, als er erkannte wer da sprach. Vincent murmelte ein kurzes "Gut, bis dann" ins Handy und klappte es dann wieder zusammen. "Ich muss gehen, hm?", fragte Yuki und war nicht überrascht, als Vincent nickte. "Willst du was für den Hormonspiegel tun?", fragte er weiter. Sein Freund stand auf und warf die Krawatte in die Ecke. "Das lass nun wirklich meine Sorge sein", sagte Vincent vage und begann bereits, sein Hemd aufzuknöpfen. "Wie schade, ich wollte mir diese Show doch nicht entgehen lassen...", säuselte Yuki weiter und lachte, als Vince mit dem Daumen Richtung Tür deutete. "Verschwinde endlich", knurrte der Agent. Yuki winkte, griff seine Jacke und verschwand aus der Tür. Draußen war es noch immer warm, aber die Sonne war mitten im untergehen begriffen. Rotes Licht empfing den Maler und zeichnete seltsame Schatten auf den Asphalt boden. Yuki winkte einem Taxi, dass ihn nach Hause brachte und ging dort direkt in sein Atelier. Auch hier hatte sich die Atmosphäre durch das abendliche Zwielicht gewandelt, verlieh den kleinen Staubteilchen, die in der Luft lagen, etwas träumerisches. Gefangen davon zog Yuki seine Jacke aus und holte einen Schemel an ein frisches Stück Leinwand heran. Seit drei Wochen hatte dieses Stück Stoff und Holzrahmen hier unbenutzt herumgestanden. Yuki hatte jeglicher Funken Inspiration gefehlt und er hatte sogar mit dem Gedanken gespielt, aufzuhören. Aber dann hatte er heute diesen Mann entdeckt... Wie von selbst griffen seine Finger nach dem Stück Zeichenkohle und die schwarze Farbe kratzte über das Papier. Yuki sah von seiner Arbeit selbst nichts, seine Gedanken fuhren die Gesichtskonturen des blonden Jungens nach. Vor seinem Inneren Auge sah er den Mann noch einmal so, wie er ihn heute auf der Marktstrasse gesehen hatte. Eine hochgewachsene, schlanke Gestalt. Das Haar neckisch, schelmisch ins Gesicht hängend. Ob er wusste, dass seine Locken wie Gold wirkten? Oder wie sehr der Kontrast zwischen seiner braunen Haut, die unter dem kurzen Hemdärmel hervorblitze und den blauen Augen das Verlangen weckte? Yuki hatte ihn küssen müssen -und am liebsten hätte er noch mehr getan. Während er zeichnete, gingen seine Gedanken weiter. Er sah sich selbst, seine Hand, wie sie durch das blonde Haar fuhr, es zerwühlte und in Unordnung brachte. Seine Zunge leckte die Süße von den weichen Lippen, die sich für ihn geöffnet hatten und er legte die Hände um dessen Taille. So zog er ihn näher zu sich, zu seinem wartenden hungrigen Körper und sein Liebhaber schmiegte sich bereitwillig in diese Umarmung. Yukis Hände begannen die Knöpfe zu lösen, langsam, einen nach dem anderen, bis das Hemd endlich offen war. Die Haut darunter war so braun, wie er es sich erhofft hatte, vollkommen glatt und straff über den jungen Muskeln. Er beugte den Kopf und spürte die Hände des anderen, die sich in sein schwarzes Haar krallten, seinen Mund über den willigen Körper dirigierten. Die Kohle zerbrach und Yuki schreckte aus seinen Phantasien hoch. Jetzt erst nahm er bewusst das Bild vor sich wahr und musste insgeheim schmunzeln. Dort auf der Leinwand sah er den Jungen von heute Mittag, allerdings ohne Kleidung und so, wie er ihn sich gerade ausgemalt hatte. 'Du brauchst dringen Sex', sagte er sich kichernd selbst, und legte die Kohle wieder in ihre Schachtel. 'Ist wohl doch schon zu lange her.' Dann streckte er die Hand aus und berührte die Leinwand mit seinen Fingerspitzen. Vorsichtig, um die Kohle nicht zu verwischen, fuhr er die äußere Kontur nach. Seine rechte Hand fuhr derweil tiefer, strich über seinen eigenen Bauch und legte sich auf seinen Schoss. Der Maler träumte weiter, stellte sich vor, wie er den blonden Mann berühren würde, während seine eigene Hand gleichzeitig die Beule in seiner eigenen Hose massierte. Er drückte immer wieder sanft zu, nur um dann wieder loszulassen und quälte sich selbst, bis zum Wahnsinn. In seiner Phantasie hörte er das Keuchen des Blonden, spürte dessen Erregung zwischen seinen Händen, die hart und verlangend nach mehr, zuckte. Schließlich hielt Yuki es nicht mehr aus; durch den Stoff seiner Leinenhose hindurch, rieb er hart sein Geschlecht, klammerte die schlanken Finger darum, während er heiser stöhnte. Er zitterte, legte den Kopf in den Nacken und dann netzte sein Höhepunkt den Stoff zwischen seinen Beinen. Ein erstickter Lustlaut hallte in dem offenen Atelier wieder und erschöpft saß Yuki auf dem gepolsterten Schemel. Nach einer Weile richtete er sich auf, hauchte einen Kuss auf seine Fingerspitzen und drückte sie auf die Wange der Kohlezeichnung. Kapitel 2: Geld und Liebe ------------------------- Weiter, weiter, weg von allem. Die Räder des Zuges unter ihr grollten dumpf, schlugen immer wieder gegen die Schienen um das eiserne Ungetüm schneller durch die Landschaft rasen zu lassen. Es war ein vertrautes Geräusch, dass einschläfernd wirkte und Kana gleichzeitig hellwach dasitzen ließ. Ihr Blick war aus dem Fenster gerichtet, auf die vorbeirauschenden Gebäude, die Bäume die zu grünen langgezogenen Streifen wurden, aufgewirbelt durch den vorbeifahrenden Zug. Immer weiter weg, weiter, weiter... Sie hatte Sam angelogen, als sie so eilig aus dem haus ging. Sie war mit Marcus erst sehr viel später verabredet, aber der Gedanke an diesen Mann hatte ihr das Gefühl gegeben, eingesperrt zu sein. Alles war zu eng - ihre Kleidung, ihre Wohnung, diese ganze verdammte Stadt. Kana musste fliehen, aber sie war feige. So saß sie wieder im Zug und fuhr durch den hereinbrechenden Abend, aber nicht weit weg von North Point. Das Rattern, des sich bewegendes Zuges schien dieses Gefühl verblassen zu lassen, linderte es, bis sie nicht mehr den Wunsch hatte, einfach nur noch laut zu schreien. Nach zwei Stunden Fahrt fuhr der Zug wieder im Central Gate ein und sie stieg mit all den Pendlern und Reisenden aus, eine elegante hübsche Frau deren Gesicht ein heiteres Lächeln zierte. Marcus traf sie später vor einem Restaurant auf der Promenade. Es war mittlerweile Nacht geworden und die Seeluft zerzauste ihre kunstvoll aufgetürmte Frisur. Er begrüßte sie mit einem Kuss auf dem Mund, um zu zeigen, zu wem sie gehörte. Es lag wenig liebevolles darin. Dann führte er sie an einen der Tische und bestellte für sie. Kana saß nur stumm daneben und überließ ihm die Auswahl des Menüs, des Weins und des Zeitpunktes, wann sie gingen. Er nahm das als Selbstverständlich hin und Kana widersprach ihm nicht. Der Vorschlag, bei ihm "doch noch einen kleinen Espresso zu trinken", hatte sie erwartete und folgte ihm in sein teures Appartement. "Die Aussicht ist schön", sagte sie, während Marcus in der offenen Küche stand und die Espresso- maschine bediente. Er schien das nicht oft zu tun, denn hin und wieder hörte sie ihn fluchen und murmelnd nach einer Gebrauchsanweisung suchen. Kana lächelte und trat noch näher an das große Fenster heran, sah auf die Stadt hinaus. North Point hatte viele Nachteile, doch schlechtes Aussehen gehörte sicher nicht dazu. Die Lichter der Hochhäuser und Banking Türme glitzerten in der schwarzen Dunkelheit und der Leuchtturm, dem die Stadt ihren Namen verdankte, beleuchtete in regelmäßigen Abständen das Meer. Marcus kam mit zwei Tassen in das Wohnzimmer und sie drehte sich zu ihm um. Vorsichtig nahm sie das zerbrechliche Porzellan entgegen und beobachtete Marcus, wie er dasselbe tat und sich setzte. Er sah sicher nicht schlecht aus und er hatte Geld. Das einzig wichtige für Kana bei ihrer Männersuche - dachte sie zumindest. Eine Freundin, die mittlerweile verheiratet war und ihr drittes Kind erwartete, hatte das anders gesehen. "Du traust dich nur nicht, dich zu verlieben!", hatte sie Kana vorgeworfen, aber die hatte dazu geschwiegen. Vielleicht stimmte diese Aussage, aber wenn, dann Kana einen sehr guten Grund, dass nicht zu tun. Kurz biss sie das schlechte Gewissen, aber Marcus lächelte und forderte ihre Aufmerksamkeit, indem er aufstand und seine Hand auf ihre Hüfte legte. "Nicht durstig?", murmelte er und strich mit seiner Wange über ihre. Kana lachte leise und stellte die Tasse neben seine. "Vielleicht nicht nach Kaffe", antwortete sie und wandte ihm ihr Gesicht zu. Er fasste ihr Kinn, drückte ihren Kopf hoch und küsste sie. ******* Vincent zog Jeremy näher zu sich. Der sah weiter aus dem Fenster, schloss aber die Augen und lächelte als Vincent ihn umarmte, sein Mund seinen Hals liebkoste. "Du kriegst nie genug", murmelte Jeremy und erhielt leises Lachen als Antwort. "Von dir sicher nicht." Jeremy beugte sich etwas vor und stützte die Hände an dem Fensterrahmen ab. Er war noch immer nackt und der Schweiß glänzte auf seinem Körper. Aber er machte keine Anstalten sich zu seinem Freier umzudrehen oder seinen Blick auch nur einen Augenblick vom Fenster wegzunehmen. Wie auch Kana, am anderen Ende der Stadt bewunderte er stumm den Ausblick, den North Point bei Nacht bot. Vincent leckte die feinen Perlen von Jeremys glatter Haut, führ die Linie des Rückrades entlang. Die Fläche seiner Lippen spürte den anderen Mann zittern. Er lächelte und ging in die Knie, als seine Zunge auf die Erhebung von Jeremys Fleisch stieß. "Ich will noch viel mehr", murmelte Vincent atemlos und packte die weiche Rückseite fest mit großen Händen. Jeremy entfuhr ein Stöhnen und er bog den Rücken durch, um seinen Po mehr darzubieten. Vince brauchte keine weitere Einladung - umsichtig zog er die Backen auseinander und küsste die Innenseiten, bevor seine Zungenspitze die enge Öffnung fand und sich hineindrängte. Jeremys Keuchen wurde lauter und seine Fingernägel kratzen über das helle Plastik des Fensterrahmens. Das Spiel der Zunge war anfangs noch sanft, unerträglich neckend, denn Vince zog seinen Kopf wieder und wieder zurück, tupfte nur gegen die Öffnung, bevor er seine Zunge wieder hineinstieß. Aber dann fand er einen steten Rhythmus, der sich im Gleichklang mit Jeremys Stöhnen bewegte. Die glatte Stirn hatte der Callboy gegen seine Handfläche gepresst und stand nun vollkommen vorn übergebeugt da. Vincents Liebkosungen hörten abrupt auf und er löste sich von Jeremy. Er stand auf und ging zum Nachttisch auf dem bereits zwei aufgerissene Kondomfolien lagen. Er griff nach dem letzten unbenutzten Viereck, riss es auf und streifte sich das hauchdünne Latex über. Dann kam er zurück zu Jeremy, der noch immer die Stirn gegen seine Haut lehnte und zitterte. Vince Füße stellten sich zwischen Jeremys und tippten leicht die Innenseiten an, damit dieser seine Beine weiter spreizte. Der Callboy tat, wie ihm geheißen, spreizte die Beine, bis Vince sich bequem dazwischen stellen konnte. Er umfasste die Hüften seines Liebhabers, strich eine Weile zärtlich über dessen Lenden, bevor er die Backen abermals spreizte. In der rechten Hand sein eigenes Glied, führte er einen Finger in den engen Schacht, weitete ihn vorsichtig bis Jeremy spürte, wie die Spitze des Gliedes in ihn eindrang. Er gab einen zischenden Laut von sich. Vincent sah unter geschlossenen Augen auf den geschmeidigen Rücken vor sich herab und genoss das Gefühl des heißen Fleisches, dass ihn umschloss. Dann stieß er zu, hart, mit einem Ruck und bis zum Anschlag. Jeremy schrie heiser, mehr noch, als Vince begann seine Hüften zu bewegen. Damit er auch etwas davon hatte, tastete Vince nach dem Glied des anderen, umklammerte es mit seiner Hand. Jeremy unter ihm zuckte und wand sich angesichts der Lust, die ihn übermannte. Vincent drang immer wieder in Jeremys enge Öffnung ein, wieder und wieder. Er spürte weder den Schweiß auf seiner Stirn, noch das steife Gefühl in seinen Beinen. Alles was für ihn zählte, war das Wissen, dass er in Jeremy war, mit ihm seine Erregung teilte. Der Orgasmus kam schnell und heftig. Vincent stöhnte laut und Jeremy wimmerte heiser. Noch ein wenig weiter ruckten Vince Hüften vor, bis sein eigener Höhepunkt langsam zum Abschluss schritt. Er löste sich von Jeremy und beeilte sich, das Kondom abzustreifen. Der Callboy sagte nichts weiter, sondern verschwand gleich im Bad. Vincent sah ihm lächelnd hinterher. Im Badezimmer ertönte das Geräusch der prasselnden Dusche und Vincent nutzte die Zeit, um sich einen Bademantel überzustreifen. Das unvermeidliche Handy klingelte und er hob es ans Ohr. "Hallo? Nein, sie stören sogar sehr. Was soll das heißen? Verdammt, natürlich müssen sie das wieder... nein! Tun sie das bloß nicht! Ich kümmere mich darum, sie Stümper! Und rühren sie ja nichts weiter an!" Als er das Handy wieder zur Seite legte, spürte er die vertraute Mischung aus Wut und Resignation. Diese Versager! Warum schien er der einzige zu sein, der etwas vernünftiges zustande brachte? Konnte denn niemand mehr Verantwortung übernehmen? Er drehte sich um, als er ein Geräusch hörte und sah Jeremy hinter sich stehen. Er hatte sich angezogen, nur das Haar glänzte noch dunkel von Feuchtigkeit. "Mein Geld, bitte." Vincent ging zu seiner Brieftasche und zog einige Geldscheine heraus. Er drückte sie in Jeremys offene Hand und strich dem Jüngeren dann über die Wange. "Du könntest noch etwas bleiben..." Jeremys helle Augen sahen zu ihm hoch und als er den Kopf schüttelte, lächelte er. "Ich muss weiter." "Auch wenn ich etwas drauflege?" Der Junge war bereits an der Tür, drehte sich aber noch mal um. "Ich habe es dir doch bereits mehrmals gesagt - nur die vereinbarte Zeit. Ich überziehe keinen Termin." Dann zog er die Tür auf und ging hinaus. Schwer fiel sie hinter ihm wieder ins Schloss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)