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Kamui kehrt zurück

...und Fragen werden beantwortet
von

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Prolog

Kamui kehrt zurück

Und Fragen werden beantwortet
 

Prolog
 

Frühling 1999, der große Kampf um die Erde war beendet. Himmels- und Erddrachen hatten sich einen erbarmungslosen Kampf um die Zukunft der Erde geliefert. Die sieben Siegel für das Fortbestehen der Menschen, die sieben Boten für die Reform der Erde...

Viele Opfer hatte es gegeben, auch unter den Kämpfenden. Zwei Siegel; Karen Kasumi und Sorata Arisugawa, sowie sämtliche Boten, verstarben. Ebenso Hinoto, die Traumseherin der Himmelsdrachen, wählte für die Vernichtung ihrer schizophrenen, bösen Seite, den Tod.

Am Ende blieben nur noch Fuma Monou, der Erddrachen Kamui, und Kamui Shiro, der Himmelsdrache übrig, dazu bestimmt Feinde anstatt Freunde zu sein und gegeneinander zu kämpfen.

Um Fuma zurückzuholen, ließ sich Kamui von ihm töten, er erwachte in diesem Moment zum vollen Himmelsdrachen und erschuf einen Bannkreis, der die gesamte Erde umhüllte und beschützte.

Subaru Sumeragi war der Letzte, der Kamui Mut zugesprochen hatte. Kamui war für die Menschheit und für die Menschen die er liebte, gestorben.

Alle Überlebenden fanden ihr Glück schließlich doch noch und konnten wieder lächeln, darunter auch Fuma, wenn er auch seine Schwester und seinen besten Freund auf dem Gewissen hatte. Nur einer stand ohne auch nur den Ansatz eines Lächelns unter blühenden Kirschbäumen; Subaru...
 

Hier sollte die Geschichte am Ende sein, doch blieben zu viele schmerzhafte Erinnerungen und Ereignisse zurück, so will ich die Geschichte weitererzählen und alle Wunden schließen und Fragen beantworten. Unter anderem eine Besondere. Warum konnte Subaru, wo er doch den, den er liebte verloren hatte, noch ein einziges Mal einen Bannkreis spannen und das für Kamui? Hatte seine Schwester ihm nicht zuvor gesagt, dass es noch etwas gibt, was er beschützen will? Tja, was hatte sich CLAMP wohl dabei gedacht? Wollt ihr es wissen? Nur zu...

Das Wiedersehen

01. Das Wiedersehen
 

Der Frühling näherte sich langsam, aber deutlich spürbar seinem Ende zu. Die Menschen Tokyo's hatten sich zum größten Teil von den vielen Schäden der Kämpfe, von denen auch niemand auch nur eine Ahnung hatte, erholt. Der Lebensrhythmus lief wieder genauso schnell fort wie vor den Ereignissen, doch zu schnell für eine Person. Subaru schlenderte mit einem ungerührten Gesichtsausdruck durch die vielen, endlos erscheinenden Straßen. Unheimlich viele Menschen liefen ihm entgegen, verfehlten ihn nur knapp oder streiften seine Arme. Er kam sich vor, als würde er gegen den Strom schwimmen, unwichtig, so klein, dass man ihn leicht übersah. Seine sonst so starke Aura war mit dem Tod des Himmelsdrachen Subaru erloschen. Alles was blieb war ein kleines Flämmchen in seinen Herzen. Manchmal versank Subaru so tief in seinem Unterbewusstsein, dass er sich, wenn er plötzlich wieder zu sich kam, in einer vollkommen unbekannten Straße wieder fand. Er war nicht zu seinem Stammhaus zurückgekehrt, ohne seine Kräfte war er wie alle anderen geworden und nicht mehr würdig, das Oberhaupt des Sumeragi-Clan's zu sein. Subaru wohnte seit jenem Tag im CLAMP- Campus. Gerne stellte man "einen von ihnen" ein Zimmer zur Verfügung. Dort würde er sicher im Laufe des Tages ankommen, doch wieder ohne sich damit abgefunden zu haben, dass er jetzt wieder lächeln konnte. Getrieben von diesem Gedanken fand Subaru sich mitten in der Nacht in der Straße wieder, wo Kamui einst gelebt hatte. Seine Augen brauchten nicht lange zu suchen, das Grundstück war abgesperrt und am Eingang steckte ein Schild in der Erde; Not for Sale. Kamui hatte zwar nach seiner Rückkehr nach Tokyo in einer Mietwohnung gelebt, doch hier war er zuvor daheim gewesen. Auf dem Nachbargrundstück brannte noch Licht im Schrein. Fuma wohnte dort wieder.

>>Es ist wohl Schicksal, dass ich ausgerechnet hier gelandet bin.<<

Ein frischer Wind fuhr durch sein kurzes Haar.

>>Ich war dabei und konnte doch nicht viel mehr ausrichten, außer dir Mut zu machen. Am Ende hast du deinen Wunsch erfüllen können, doch gab es wirklich nur diesen Weg?<<

Subaru starrte zwar unentwegt in das Licht des Schreines, doch führte sein inneres Auge ihm ganz andere Bilder vor. Er erinnerte sich an den Moment, wo er Kamui's Hand gehalten hatte und ihm von seiner Kraft zu wünschen erzählte.

"Guten Abend", drang plötzlich eine tiefe Stimme von weitem an ihn heran.

Sein Blick klarte auf, sein noch sehendes Auge blickte direkt in die von Fuma.

"Kann ich ihnen helfen?", fragte Dieser nach.

Subaru zog seine Hände aus seinem Mantel, verzog aber keine Miene.

"Ich kam zufällig hier vorbei, ohne besondere Absichten.", sprach er ruhig, aber eindringlich.

Fuma lächelte ihn freundlich an.

"Möchten sie hereinkommen?"

Ein bitterer Schauer lief Subaru in diesem Moment über den Rücken. Ein ungewolltes Gefühl von Wut brachte seinen Magen zum Krampfen.

"Ich nehme an, sie haben noch nichts zu sich genommen. Kommen sie.", gab Fuma wieder von sich.

Er hatte bereits die Haustür offen stehen und deutete daraufhin, dass er eintreten könne. Unwillkürlich schritt Subaru zu ihm heran, doch kurz bevor er eintrat, warf er Fuma einen undefinierbaren Blick zu. Fuma's Lächeln wich aus seinem Gesicht, hatte er diesen Blick wirklich so wahrgenommen, wie er dachte?

"Eiskalt...", formten seine Lippen, ohne das er es wollte.

Subaru blieb im Flur stehen, während Fuma draußen noch die Tür offen hielt.

"Wie bitte?", fragte Subaru so, als hätte er es nicht verstanden.

"Ich sagte, eiskalt..."

Subaru drehte sich ruhig um, auch Fuma suchte Subaru's Augen. Fuma blickte nicht minder ernst wie er, allerdings blieb Subaru immer noch völlig ruhig. Da schloss Fuma die Tür hinter sich und lief an ihm vorbei.

"Ich habe Tee gemacht, wenn sie reden wollen, kommen sie."

Wenn Fuma sich noch einmal umgedreht hätte, hätte er gesehen, wie Subaru's geballte Fäuste zitterten.

Schließlich saßen sie gemeinsam an einem Tisch mit den warmen Teetassen zwischen ihren Händen. Subaru wirkte in seinem schwarzen, ärmellosen Pullover auf Fuma ganz seltsam. Endlich durchbrach er die erdrückende Stille.

"Du ähnelst ihm irgendwie. Seltsam, oder?"

Wieder lächelte er. Subaru sah von seinem Tee zu ihm hoch.

"Vielleicht...", gab er unerwartet für Fuma wieder.

"Vielleicht weil wir ähnliches durchgemacht haben, vielleicht weil ich einst in sein Unterbewusstsein eingetaucht bin, vielleicht aber auch, weil ich der Letzte war, der mit ihm sprach, bevor er starb.", fuhr er eisig fort.

STILLE

Fuma setzte seine Tasse so schnell ab, dass sie klirrte und Tropfen von Tee den Tisch benetzten.

"Du machst mir Vorwürfe?", meinte Fuma bitter.

Ein kurzes, sarkastisches Auflachen überfiel Subaru kaum hörbar.

"Nein, ganz sicher nicht. Du kannst kein schlechter Kerl sein, wenn Kamui dich so sehr beschützen wollte. Ich respektiere seinen Wunsch durchaus, du konntest dich nicht gegen den Erddrachen in dir wehren..."

"Drängt sich da ein aber auf?", fragte Fuma im festem Tonfall.

Subaru lehnte sich zurück, um Fuma direkt in die Augen sehen zu können. Die einstige Mordlust war aus seinen rotbraunen Augen verschwunden.

"Wie kannst du, nachdem du deine eigene Schwester und deinen besten Freund getötet hast, noch glücklich sein? Wie kannst du so gelassen vor das Grab deiner Schwester treten, geschweige denn Kamui, für den noch nicht einmal eines existiert?!", raunte er, immer lauter werdend.

Beinahe hätte er die Fassung verloren, doch er wollte es wissen und zwar jetzt. Fuma widmete sich noch einmal seinem Tee und rührte ihn um.

"Ich habe es nicht vergessen... Die Schuld, die auf mir lastet, wird mich ewig verfolgen, aber er wollte es so."

Subaru's Augenlider zuckten.

"Wenn ich in tiefer Trauer weiterlebe, oder mich selber richten würde, wäre Kamui umsonst gestorben. Er hat seinen Wunsch an mich weitergegeben, für mich bedeutet das, dass er mir vergeben hat. Ich werde für ihn weiterleben."

Subaru sprang auf und schlug die Hände auf den Tisch. Beide Tassen stürzten dabei um, der Tee der Beiden lief in einer breiten Pfütze über den Tisch und tropfte schließlich auf den glatten Boden.

"Ich weiß! Ich weiß!!! Aber gab es keine andere Möglichkeit?! Warum ist es so gekommen? Wieso ist nichts von ihm übrig geblieben?"

Es gab anscheinend kein Halten mehr für ihn, Fuma schien nicht überrascht.

"Er hätte weiterkämpfen und so sterben können. Die Menschheit wäre ausgestorben und die Erde hätte ihre Reform bekommen. Ich an seiner Stelle hätte genauso gehandelt. Du musst seine Entscheidung respektieren."

"Nein... nein ich kann nicht, er war erst 17 Jahre alt... Wenn du nicht das Herz hast, wenigstens ein einziges Mal um deinen Freund zu weinen, musst du eines aus Stein haben!"

"Doch, eiskalt. Dein Blick mir gegenüber ist eiskalt, aber... Hattest du zu diesem Zeitpunkt wieder einen neuen Wunsch? Vielleicht den Wunsch, Kamui beschützen zu können?", gab Fuma beunruhigend ruhig zurück.

Fuma hatte seine letzte Aussage einfach übergangen. Aufgebracht schritt Subaru an ihm vorbei, griff seinen hellen Mantel und riss die Tür auf.

"Er mag vielleicht keine Grabstätte haben, aber es gibt auf dem Weg zu seiner ehemaligen Schule einen großen Baum. Vielleicht findest du dort das, wonach du so verzweifelt suchst, das, was du dir wünschst.", rief Fuma ihm hinterher.

Subaru hielt inne.

"Nein, das was ich mir gewünscht habe, ist an jenem Tag mit ihm gestorben!"

Draußen hatte es angefangen zu regnen. Schnell waren seine Klamotten durchweicht, allerdings steuerte er nicht den CLAMP- Campus an, nein, er verfolgte zielstrebig den Weg, den ihm Fuma genannt hatte. Er brauchte nicht lange, um den genannten Baum zu finden. Er erschien Subaru genauso grau und düster, wie seine Seele.

>>Vielleicht war es wirklich so, ich muss mich damit abfinden, auch ich hätte, um meinen alten Wunsch zu erfüllen, einige Menschen um mich herum sehr traurig gemacht. Sie alle haben es verstanden. Arashi, Yuzuriha, Seiichiro... Sie leben mit den Wünschen der anderen weiter.<<

"Anscheinend bin ich der Einzige der keinen Wunsch hat, für den es sich lohnt zu leben."
 

Am nächsten Morgen erwachte Subaru in seinem Zimmer. Die Sonne strahlte von draußen herein. Stimmen von Schülern des Campus drangen ebenfall durch das geschlossene Fenster. Er richtete sich auf, griff nach seinen Zigaretten und zündete eine an. Er hatte schon seit einer Ewigkeit nicht mehr geraucht, es war nicht mehr dasselbe wie früher. Die frisch angesteckte Zigarette drückte er bereits nach dem ersten Zug wieder aus.

Plötzlich klopfte es an seiner Tür.

"Ja?"

Zögerlich öffnete sich die Tür und Yuzuriha's strahlende Augen kamen zum Vorschein. Subaru, der nur in einer Hose auf der Bettkante saß, blickte ziemlich überrascht, denn nach ihr erschienen noch Arashi und Seiichiro im Türrahmen.

"Ohayo Subaru- san!", rief Yuzuriha laut und fröhlich.

Arashi uns Seiichiro nickten ihm lächelnd zu.

"Ich hoffe, wir haben sie nicht geweckt. Wir haben uns alle zufällig getroffen und da dachten wir..."

"Das wir sie mal besuchen könnten.", sprach Araschi für Seiichiro weiter.

Subaru war noch so perplex, dass er nicht antwortete.

"Ihre Wunde ist ja wieder verheilt Subaru-san!"

Yuzuriha fuhr mit ihrem Finger über die letzten Spuren seiner Rückenwunde.

"Es hat lange genug gedauert."

Die beiden anderen sahen sich verdutzt an, dies entging Subaru nicht.

"Was?", fragte er.

Sie schmunzelten.

"Nichts weiter, wir hatten nur befürchtet, dass sie uns gleich wieder wegschicken würden."

"Wieso sollte ich das tun?"

Die Drei sahen sich an, sie wussten es selber nicht. Subaru stand auf und zog sich seinen Pullover wieder an.

"Wollen sie mit uns nach draußen gehen? Es ist so schönes Wetter heute, außerdem will ich mit ihnen und den anderen endlich dieses berühmte Eis essen gehen."

Sie ließ ihm gar keine andere Wahl, da sie ihn vom Bett runter zog und zur Tür schleifte. Inuki sprang fröhlich um die beiden herum.

"Gut warum nicht, schließlich ist es schon eine Weile her, dass wir uns gesehen haben.", antwortete er schließlich.

Wenig später traten sie aus dem gewaltigen Gebäude heraus, die Sonne blendete sie, Yuzuriha und Inuki hüpften fröhlich voraus. Subaru war das Schlusslicht der Gruppe. Wieder ruhten seine Hände in den Taschen seines Mantels. Arashi drehte sich zu ihm um.

"Immer noch dieser Mantel."

Er sah sie ungerührt an, doch schien sie die Frage hinter seiner Fassade sehr wohl zu erkennen.

"Ich habe sie noch nie mit anderer Kleidung gesehen, sie tragen immer noch diesen Mantel.", sagte sie schmunzelnd.

"Inzwischen ist er ein Teil von mir geworden, schon als ich noch mit meinen Yin-Yang Kräften hantiert habe, trug ich ihn."

Arashi nickte bedeutend und gesellte sich dann wieder zu Seiichiro. Zufällig blickte Subaru zur Seite, dorthin, wo Kotori's Baum stand. Seine Augen wurden größer und er stoppte. Jemand stand in seinem Schatten und sah in seine Baumkrone hinauf. Aufgeregt rieb Subaru sein linkes Auge.

>>Weg!?<<

"Was ist mit ihnen Subaru- san?", fragte Seiichiro beunruhigt.

Zuerst antwortete er nicht, hatten ihm seine Sinne einen Streich gespielt?

"Nichts, ich dachte nur...", murmelte er.

"Dort haben wir uns alle gegenseitig vorgestellt, das war nach dem Tod seiner kleinen Freundin."

Wieder antwortete Subaru nicht, er schloss seine Augen und schritt an Seiichiro vorbei. Dieser sah ihm mitleidig hinterher.

Es wurde Nachmittag, als sie alle endlich ihre Eistüten in den Händen hielten. Subaru kam sich ziemlich albern vor, doch ließ er es sich nicht anmerken. In ihrer Nähe war eine Allee mit vielen Kirschbäumen. Ihre weiß und rosa gefärbten Blütenblätter, wurden vom Wind umhergewirbelt.

"Subaru-san! Ihr Eis schmilzt!", kreischte Yuzuriha.

Tatsächlich, die kalte Masse lief schon über seine Hand.

"Ich war abgelenkt, entschuldige."

Sie sah ihn verwundert an.

"Warum entschuldigen sie sich? Es ist doch ihr Eis."

Beide sahen sich für einen kurzen Moment fragend an, der Moment wurde aber von Inuki unterbrochen, da Dieser versuchte, das Eis von Subaru's Hand zu schlecken. Alle Umherstehenden lachten, Subaru und Yuzuriha versuchten vergeblich, Inuki von seiner Handlung abzubringen. Nachdem sie das überstanden hatten kreischte Yuzuriha erneut entsetzt auf.

"Oh nein! Ich habe doch noch eine Verabredung mit Kusanagi-san! Bitte verzeiht mir, aber ich muss ganz dringend los!"

Eilig drückte sie noch jedem die Hand und stürmte dann los. Arashi und Seiichiro wanden sich an Subaru.

"Auch ich muss jetzt leider gehen, ich muss meinen Zug noch bekommen. Man wartet im Ise-Schrein auf mich."

"Ich muss heute noch einen Artikel über die Aufbauarbeiten Tokyo's fertig stellen, ich hoffe, sie sind jetzt nicht enttäuscht."

Subaru schüttelte den Kopf.

"Nein, es ist ein gutes Gefühl, sie mal wieder gesehen zu haben."

Arashi nickte und verabschiedete sich dann. Seiichiro sah ihr nach und winkte ab und zu.

"Kamui fehlt uns allen, er hat sehr viel geleistet. Aber sie scheinen seinen Tod nicht richtig akzeptieren zu können.", sprach Seiichiro völlig überraschend.

Subaru sah weiter starr Arashi nach, ohne sich jedoch auf sie zu konzentrieren. Seiichiro seufzte und legte seine Hand auf Subaru's Schulter.

"Ich weiß nicht, was in ihnen vorgeht, aber vielleicht hilft es ihnen... Für uns ist er gestorben, aber der Bannkreis, den er schuf, lebt für ihn weiter, um uns zu beschützen. Er ist das, was es nun gilt, zu beschützen. Er glaubte an die Menschen auf diesem Planeten, vielleicht sollten wir uns wünschen, dass es so bleibt, wie es nun ist."

Subaru's linkes Auge wanderte in Seiichiro's Richtung.

"Dieser Wunsch erfüllt mich nicht, vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Kamui Erddrache geworden wäre..."

"Nein, dann hätten wir ihn nie kennen gelernt.", unterbrach in der hellhaarige Mann.

Subaru's Augen flackerten auf.

"Seiichiro-san, ich..."

Subaru, der sich umgedreht hatte, erblickte nur noch seine Gestalt, welche sich von ihm entfernte und winkte.

"Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder Subaru-san."

Ein heftiger Windstoß trieb Subaru viele Blütenblätter entgegen. Als die Sicht wieder klar wurde, lief an ihm eine sehr große Gruppe Schüler vorbei. Unter ihnen auch eindeutig welche, von Kamui's Schule. Da fiel ihm eine besondere Person ins Blickfeld, reflexartig stürmte Subaru in das Gewimmel.

"Kamui!", drang laut aus seiner Kehle.

Er packte einen Jungen an der Schulter und riss ihn zu sich herum. Vollkommen entgeistert starrte ihn ein Junge mit Sommersprossen an. Mehr als enttäuscht ließ Subaru ihn wieder los.

"Entschuldige... Ich, ich habe dich für jemand anders gehalten..."

>>Ja! Für jemanden der nicht mehr am Leben ist!<<

Unsicher und laut atmend stolperte Subaru rückwärts zurück. Liebend gern wäre er einfach blitzartig aus dem Blickfeld der vielen Schaulustigen gesprungen, die ihn jetzt so neugierig und tuschelnd fixierten, doch ihm war bewusst, dass er diese Fähigkeit nicht mehr besaß. So entschied er sich dafür zu laufen, zu rennen, solange, bis er sich wieder sicher fühlen würde...

Viele Stunden später lief er immer noch. Pfahles Laternenlicht und der Schein der Sterne erleuchteten seinen Weg, der Schweiß lief ihm nur so über den Rücken. Doch trotz seiner Erschöpfung dachte er nicht daran, anzuhalten. Mehr schlecht als recht schwankte er im mäßigen Tempo Stufen hinauf. Seine Arme hingen schlaff und ungeordnet von seinem Körper hinunter, ein weiteres Zeichen für seine völlige Erschöpfung. So musste das kommen, was nun folgte. Subaru stolperte über seine eigenen Füße und stürzte beinahe nach vorne. Alles drehte sich, sein Verstand hatte ihn längst verlassen. Er taumelte nach rechts direkt auf den Rasen zu. Dort fiel er zuerst auf seine Knie und dann bäuchlings weiter. Er spürte, wie sein Herz gegen den harten Boden hämmerte. Sein Atem war laut und halb röchelnd zu vernehmen. Als Subaru wieder zu sich kam, hatte er das Gefühl, eingenickt zu sein. Langsam und bedächtig drehte er sich um, er blickte durch eine lückenhafte Baumkrone zu den Sternen. Da er keine Nässe mehr an seinem Körper fühlte, war er wohl tatsächlich eingeschlafen. Er war auf sich selber wütend.

>>Warum kann ich es nicht akzeptieren? Warum spielt man mir diesen Streich? Ich habe es satt ihn überall zu sehen!<<

Subaru legte seine Arme über seine Augen, der Wind säuselte. Konnte Subaru diese Welt lieben? Konnte er sich wirklich wünschen, dass die Menschen, die auf ihr lebten, glücklich leben sollen? Wieso konnte er nicht einfach mit den Wünschen anderer weiterleben? So viele Fragen plagten ihn, doch wer würde sie ihm beantworten? Nach einer weiteren Ewigkeit richtete er sich auf, erst jetzt stellte er fest, dass ihn seine Beine zu dem Baum getragen hatten, vor dem er schon in der vorigen Nacht im Regen gestanden hatte. Er lief ein Stück zurück, um ihn besser betrachten zu können.

"Heute siehst du viel lebendiger aus als gestern..."

Subaru fuhr sich mit der Hand durch sein Haar. Der Vollmond ließ den beeindruckenden Baum in einem zarten Silber erstrahlen. Er schritt wieder auf ihn zu, um seine Rinde zu spüren, er lief einmal um ihn herum, die Hand stets aufgelegt.

"Menschen, Tiere und Pflanzen wie dieser Baum hier, war es das, was du so sehr beschützen wolltest?", sagte Subaru wie in Trance.

Plötzlich kam wieder ein heftiger Wind, nein, ein Sturm auf. Subaru schütze sein Gesicht. Sein Mantel wallte mit dem Winde. Der Wind verging mindestens so schnell, wie er gekommen war. Subaru nahm seine Arme wieder runter und stierte mit verwunderten Blicken gen Himmel. Abertausende Kirschblütenblätter fielen, so schien es, von den Sternen. Er erhob seine Hände, um in ihnen einige Blätter aufzufangen, jedoch ohne den Blick von den Sternen zu nehmen. Dieses zauberhafte Schauspiel endete schon sehr bald.

"Es gibt nichts mehr was ich tun möchte...", raunte er im traurigen Tonfall.

"Ist das wirklich dein Ernst? Das ist nicht der Subaru, der mich einst zur Durchsetzung meines Traumes ermutigte.", drang eine leise Stimme an Subaru's Ohr.

Subaru fuhr zusammen.

>>Diese Stimme! Wieder eine Halluzination?<<

Aufgewühlt drehte er sich hektisch in die Richtung, aus der er glaubte, die nur allzu vertraute Stimme vernommen zu haben. Noch hatte sein violettes Auge nichts außer dem Baum erspäht.

"Es ist sehr lange her, nicht war Subaru?", erklang es erneut.

Subaru's Augen suchten, immer wirr umherschnellend, verzweifelt nach dem Ursprung dieser Stimme, endlich schien er ihn auch gefunden zu haben. Auf einem breiten Ast, nahe der Baumkrone, saß eine schmächtige Gestalt. Subaru schluckte, er dachte nicht daran zu zwinkern, er hatte Angst, Angst, das was er da sah, würde dann wieder verschwinden.

"Ka- Kamui?", kroch unbeholfen aus seiner Kehle.

Tatsächlich! Die auf dem Baum sitzende Person beugte sich in das helle Licht vor, die schmalen Gesichtszüge, diese ausdrucksstarken, rehbraunen Augen, das wirre, schwarze Haar... War das auch kein Traum? Kamui sprang von dem Ast hinunter und blieb unerkennbar im schwarzen Schatten des Baumes stehen, die Hände in den Hosentaschen seiner schwarzen Uniform versteckt.

Plötzlich rannte Subaru auf ihn zu, Kamui blieb vor Schreck wie versteinert stehen. Subaru riss ihn mit sich gegen den Baumstamm, Kamui fest an seine Brust gedrückt, kniete er auf dem klammen Gras.

"Subaru...?", fragte Kamui besorgt.

Doch Subaru schüttelte heftig seinen Kopf, er konnte ihn nicht ansehen, nicht fragen, wie es sein konnte, dass er hier war und nicht, wie alle, darunter auch er, geglaubt hatten, tot war. Doch nach einem kurzen Moment bemerkte Kamui, warum Subaru nicht sprechen konnte. Er spürte, wie eine warme Flüssigkeit seinen Nacken hinunterlief. Mitleidig legte er seine Arme um Subaru's Rücken, um ihn zu beruhigen. Vielmehr aber war er selber beunruhigt...

Geheime Wünsche

02. Geheime Wünsche
 

Subaru spürte Kamui's Hände auf seinem Rücken ruhen, es konnte also unmöglich ein Traum sein. Kamui fehlten die Worte, auf eine solche Reaktion von Subaru war er nicht gefasst.

"Macht es dir was aus, wenn ich noch einen Moment so bleibe?", kam ganz leise an sein Ohr vorgedrungen.

"Nein, es ist in Ordnung...", antwortete Kamui erleichtert darüber, dass Subaru überhaupt ansprechbar war.

Am Himmel blitzte eine Sternschnuppe auf, ihr silberner Schweif blieb für einen kurzen Augenblick zwischen den Sternen erhalten. Kamui wurde aus seiner kurzen Abwesenheit geweckt, Subaru regte sich.

"Entschuldige, aber ich hatte nicht geglaubt, dass...", brach er mitten im Satz ab, Kamui schüttelte beruhigend sein Haupt.

"Ich weiß, was du sagen willst. Ich werde versuchen, es dir zu erklären, aber nicht hier und auch nicht jetzt, bitte.", schloss er ab, Subaru tief in die Augen sehend.

Dieser stand auf und reichte Kamui die Hand zum Aufstehen. Kamui schien leichtes Enttäuschen in Subaru's Gesichtsausdruck zu erkennen.
 

Sie liefen schon über eine halbe Stunde, ohne auch nur ein Wort zu wechseln. Ihre Schritte hallten in den verlassenen Straßen wieder. Keiner der Beiden konnte das Gesicht des anderen erkennen, leider. Subaru hatte seine eisige Fassade abgelegt, Fragen plagten ihn zu seiner eigenen Verwunderung gar nicht, nein, eher war es ein Gefühl von vollkommener Freude, was ihm seine Fassung genommen hatte.

Endlich waren sie angekommen, der Clamp-Campus erschien Kamui völlig anders als sonst. Eigentlich nur wesentlich bedeutungsloser, aber das hatte er schon festgestellt, als er am Vormittag am Grabe von Kotori gestanden hatte, Subaru hatte sich also nicht geirrt.

"Ich werde mich erst einmal duschen gehen, ist das ok für dich?", fragte Subaru, als er die Tür aufschloss und das Licht anknipste.

Kamui hörte plötzlich, wie hinter ihm ein Schlüssel zu Boden fiel. Subaru versuchte schnellstmöglich seinen entsetzten Gesichtsausdruck verschwinden zu lassen, aber Kamui hatte es bereits bemerkt. Subaru blickte weg.

>>Durch sein Herz...? Er hat ihn tatsächlich mit dem Schwert...!<<

Was ihn so fürchterlich erschreckt hatte, war das schlitzartige Loch in seiner Uniform, genau über Kamui's Herzen. Kamui sah Subaru ernst und zugleich verlegen an, er griff in den Stoff, um das Loch zuzuhalten.

"Tja, das ist nicht verschwunden...", versuchte er wegsehend zu beruhigen.

Subaru fasste allen Mut zusammen, um nicht auszurasten, am liebsten hätte er alle möglichen Flüche über Fuma um sich geworfen, doch er wollte Kamui nicht das Gefühl geben, dass er seine Entscheidung von damals anzweifelte. Wieder wortlos, legte er seinen Mantel ab und verschwand im Badezimmer. Kamui ließ sich rückwärts auf Subaru's Bett fallen. Als er das Wasser rauschen hörte, stieß er einen Fluch von sich.

"Scheiße!", lautete Dieser.

Er betrachtete mit einem gekniffenen Gesichtsausdruck die monotone Decke. Ihm viel auf, dass es nicht nach Zigaretten roch. Subaru stand währenddessen wie geplättet unter dem eisigen Strahl. Seine Gedanken schweiften in unergründlichen Weiten. Sein Kopf war leer und doch war es ihm nicht möglich, auch nur annähernd klar zu denken.

Eine weitere halbe Stunde verstrich, ehe sich im Bad wieder etwas regte. Subaru trat in einer schwarzen Pyjamahose und einem weißen Handtuch für seine nassen Haare heraus. Ziemlich überrascht blickte er mit Zahnbürste im Mundwinkel zu seinem Bett. Kamui schlief dort seelenruhig. Er musste unwillkürlich grinsen, wie konnte man denn so einfach einschlafen? Es drängte sich ihm die Frage auf, was Kamui wohl die ganze, vergangene Zeit erlebt und durchgemacht hatte. Wo war er denn bloß geblieben?

Etwa eine halbe Stunde lang saß Subaru beobachtend auf einem Stuhl, den er neben sein Bett gestellt hatte. Die Regelmäßigen auf und ab Bewegungen, die bei Kamui's Atmung entstanden, ließen Subaru die Lider schwer werden. Kamui hatte sich nicht einmal gedreht oder anderswie gerührt, allerdings schien er unhörbar Worte zu murmeln, seine Lippen bewegten sich dementsprechend hin und wieder. Da Subaru jeden Moment auf dem Stuhl eingeschlafen wäre, rappelte er sich sachte auf und suchte in seinem Kleiderschrank nach dem kleinsten T-Shirt das er finden konnte, erfolglos. Als er den unausgefüllten Kleiderschrank wieder schloss, knarrte dieser erbärmlich laut, sodass Subaru ihn am liebsten verflucht hätte.

"Wie lange hast du mich schlafen lassen?", drang halblaut aus dem Hintergrund.

Subaru drehte sich zu ihm um und warf ihm ein zu großes Shirt in die Arme.

"Lange genug, dass ich dich ins Bett schicken kann.", antwortete er mit einem schwachen Grinsen auf dem Gesicht.

Der Anblick von Kamui's verdutztem Gesicht, welches er wegen dem Shirt und Subaru's Aussage machte, ließ ihn einfach nicht anders.

"Du schliefst schon, als ich aus dem Bad kam. Willst du dich auch noch waschen gehen?"

"Ja...", antwortete er fast tonlos.

Kamui stand auf und taumelte mit dem T-Shirt los, da wurde sein rechtes Handgelenk von dem Älteren festgehalten. Überrascht blickten Kamui's goldbraune Augen in die von Subaru.

"Du wirst auch nicht einfach wieder verschwinden, wenn du gehst?", kam flehend von Subaru.

Dieser ließ Kamui wieder los, sein Herz pochte wild. Wieso hatte er das eben gesagt? Kamui wollte doch nur in das Badezimmer gehen.

"Vergiss... vergiss es einfach wieder.", stammelte er noch zusätzlich hintendrein.

Kamui sah Subaru bestürzt an, in ihm krampfte sich sein Herz zusammen.

Obwohl er unbedingt noch etwas dazu sagen wollte, machten sich seine Beine selbstständig und beförderten ihn in das Badezimmer. Auch die Tür schloss sich hinter seinem Rücken wie von selbst. Subaru hielt sich beide Hände vor das Gesicht, die Ellenbogen auf die Knie gestützt. Langsam ahnte er, was mit ihm los war.

>>Ich kann ihn nicht mehr loslassen, das würde ich mir nie verzeihen!<<

Sein Herz pochte so heftig, dass es ihm Schmerzen bereitete. Der Grund dafür war, dass er die Freude, die er durch Kamui's Wiederauftauchen verspürte, unterdrückt und weggeschlossen hatte. Wie gern hätte er seinem Freudengefühl freien Lauf gelassen, doch das passte einfach nicht zu ihm.
 

Kamui hatte sein Gesicht in eiskaltes Wasser getaucht, welches er zuvor in das Waschbecken eingelassen hatte. Die Kälte stach wie Nadeln in seiner Haut. Mit einem Ruck tauchte er wieder auf und japste nach Luft. Der Spiegel vor ihm war gänzlich nass gespritzt, sein Spiegelbild dadurch verzerrt. Aphatisch fuhr er mit seiner rechten Handfläche über die schwammigen Umrisse.

>>Warum... warum verkrieche ich mich in meinem Dasein? Warum weise ich die Menschen um mich herum ab? Warum weise ich ihn ab?<<

Plötzlich kamen sämtliche Emotionen in ihm hoch, die er bisher selber nicht wahrgenommen hatte, nicht wahrnehmen wollte. Sein weites T-Shirt flatterte, als er zur Badezimmertür herumfuhr und jene so hektisch aufriss, dass Subaru aus seinem eigenen Gefühlswirrwahr herausgerissen wurde.

"Ich verschwinde nicht mehr! Ganz bestimmt nicht!", rief er beinahe schon durch den Raum.

Er atmete laut, seine Arme waren in den Türrahmen gestützt. Subaru musste sich sammeln, dieser Ausbruch kam mehr als nur überraschend für ihn. Inzwischen fuhr sich Kamui mit einer Hand zuerst übers Gesicht, dann durch die feinen, nassen Haare. Er fühlte sich elend, es war ihm so unangenehm gewesen, doch es musste raus. Wie würde Subaru, der doch sieben Jahre älter war, reagieren? Er war so in Gedanken versunken, dass er nicht bemerkt hatte, wie Subaru vom Bett aufgestanden und vor ihn getreten war. Die Blicke der Beiden trafen sich in der Mitte. Kamui musste seinen Blick allerdings sogleich wieder abwenden, er war rot geworden. Da fuhr Subaru's linke Hand hinter Kamui's Hinterkopf und zog diesen zu seiner Schulter heran.

"In deiner Situation ist das bestimmt nichts Peinliches... So was muss dir nicht unangenehm sein. Erzähl mir morgen früh alles genauer.", beruhigte er den Jüngeren.

Er ließ ihn wieder los, durchwuschelte aber noch mal das Haar von Kamui, der, als Subaru ihm den Rücken gekehrt hatte, dankend lächelte.
 

Das melodienreiche Gezwitscher von Vögeln drang durch das angekippte Fenster von Subaru's Apartment. Angenehm warme Sonnenstrahlen prickelten auf Kamui's Haut und bewegten ihn dazu, aufzuwachen. Als er die Augen aufschlug und die monoton weiße Decke über sich sah, fragte er sich zuerst, wo er denn war. Die letzte Nacht kam ihm wie ein Traum vor, doch als er seinen Kopf zur Seite neigte und Subaru's Rücken neben sich erkannte, war er froh, dass es doch real gewesen war. Er richtete sich auf, ohne dabei Geräusche zu machen. Kamui hielt inne, Subaru atmete weiterhin gleichmäßig. An der Wand gegenüber war eine Wanduhr aufgestellt. Es war schon nach halb eins. Kamui stahl sich aus dem Zimmer und verschwand im Bad.

Nach zehn Minuten trat er frisch geduscht in der Hose seiner Uniform heraus. Seine Haare waren noch klamm vom Wasser und glitzerten im hellen Sonnenlicht. In seinen Händen hielt er sein Hemd und die Jacke mit dem schlitzartigen Loch, welche er stillschweigend anstarrte. Dann blickte er zu dem noch immer schlafenden Subaru hinüber und ließ einen bedrückten Seufzer verlauten. Seine Sachen ließ er langsam in einem Mülleimer nahe der Tür gleiten. Zur Schule würde er wohl nie wieder gehen. Kamui zuckte zusammen, als Subaru's Lunge pfeifte.

>>Wann hat er das letzte Mal geraucht?<<

Auf dem Nachttisch lag eine gerade angefangene Schachtel Zigaretten und in dem Aschenbecher daneben lag eine ausgedrückte, beinahe neue Zigarette. Zwischenzeitlich hatte Kamui sich das weite T-Shirt erneut übergestreift und in seine Hose gestülpt. Er streckte seine müden Glieder, bevor er das große Fenster öffnete, welches einen angenehmen Ausblick auf die Grünanlagen des Campus bot. Ein überraschend heftiger Windstoß blies mit einem Mal hunderte von Kirschblättern in den Raum. Wenig entzückt streifte Kamui sich sämtliche Blätter von seinen Klamotten. Ein entrüstetes Stöhnen ließ ihn zusammenzucken. Zaghaft drehte Kamui sich zu Subaru um, ein paar Blütenblätter hatten sich auf seinem Gesicht niedergelassen. Eines schien seine Nase zu kitzeln. Kamui wollte es hinfort nehmen, doch er ließ es bleiben und beobachtete skeptisch Subaru's Regungen. Kleine Schweißperlen lagen auf seiner Stirn, allgemein wirkte sein Körper sehr verkrampft. Die sonst so klaren Gesichtszüge waren zu einer wütenden und zugleich leidenden Miene verzogen. Seine Finger gruben sich wie Krallen in Laken und Bettdecke.

>>Ein Alptraum?!<<

Kamui beugte sich besorgt über ihn.

"Subaru?", fragte er noch zögerlich.

Es kam keine Reaktion, stattdessen bäumte Subaru sich gequält auf. Kamui's Augen machten deutlich seine Besorgnis und Unsicherheit sichtbar.

"Subaru!", rief er nun schon eindringlicher.

Kamui stützte zu jeder Seite Subaru's einen Arm auf die Matratze.

"NEIN!", schrie Subaru plötzlich.

Er schnellte mit ausgestreckten Armen und unwahrscheinlicher Geschwindigkeit hoch, krachte mit Kamui zusammen und stürzte mit ihm zusammen auf den Fußboden. Völlig benommen lag Kamui, alle Glieder von sich gestreckt, unter der Bettdecke. Subaru war nicht minder perplex, als er sich, auf der Bettdecke liegend, auf dem Boden wieder fand.

"Kamui?"

Erst jetzt stellte er fest, dass er den Kleineren unter sich und der Bettdecke begraben hatte. Er zog den Stoff über Kamui's Kopf weg, ein verwirrt zwinkerndes Paar Augen und eine wüste Frisur strahlten ihm entgegen.

"Entschuldige. Das war keine Absicht, ich wusste ja nicht..."

Kamui schüttelte seinen Kopf, insofern es ihm möglich war, und musste sogar ein wenig grinsen. Da konnte sich auch Subaru kein Lächeln verkneifen. Er rollte sich seitlich von Kamui runter und verblieb in einem Schneidersitz. Etwas schwerfällig hievte sich nun Kamui vom Boden hoch, die Bettdecke schleuderte er mit einem Schwung zurück auf das Bett. Beide seufzten, irgendwie wusste keiner so recht, wie sie denn jetzt einen ordentlichen Gesprächsbeginn starten könnten. Doch schließlich begann Kamui.

"Hattest du einen Alptraum?"

"Kann sein... Ich kann mich nicht dran erinnern."

Kamui stutzte.

"Du hast laut "nein" geschrieen, mich danach umgerissen und nun du willst dich nicht mehr an diesen Traum erinnern können?"

Subaru's Blick schweifte zum Fenster hinter Kamui ab.

"Zumindest nicht richtig... Da sind zwar Bruchstücke in meinem Kopf, aber... Die bekomme ich nicht mehr zu einem sinnvollen Bild zusammen.", endete er ruhig, beinahe schon verträumt.

"Sag mal...", hing er nach einem Moment noch an.

"Hm? Ja?"

"Warum liegen hier überall Kirschblätter verstreut?"

Kamui sah nach allen Seiten, überall lagen sie in Weiß und romantischen Rosa.

"Vorhin, als ich das Fenster geöffnet habe, wurden sie hereingeweht."

Als Subaru prüfend sein Gesicht von ihm abwand, bemerkte er ein Blatt, das sich in Subaru's Haaren verirrt hatte. Ohne Voranmeldung streckte er seinen rechten Arm danach aus, genau in diesem Moment drehte Subaru seinen Kopf wieder zu ihm zurück, so dass Kamui stoppte.

"Ähm, du hast da... ein...", stockte er.

Der Ältere hielt ihn an seinem Handgelenk fest und näherte sich seinem Gesicht. Kamui verschlug es die Sprache, wie gelähmt und mit pochendem Herzen kniff er die Augen zu. Das Nächste, was er spürte war, wie etwas durch seine Haare fuhr.

"Du hast Blütenblätter im Haar."

Sein warmer Atem streifte sein Ohr, ein Schauer durchfuhr ihn und sorgte für eine Gänsehaut auf seinem gesamten Körper. Wie aus einer Trance gerissen, schlug er weit seine braunen Augen auf.

>>Was war das? Was ist denn nur mit mir los?<<

"D- du auch...", stammelte Kamui, als Subaru ihn losließ.

Am liebsten wäre er aufgesprungen und hätte sich im Bad abgekühlt, wie er es schon am Vorabend getan hatte. Kamui fühlte, dass sein Gesicht ganz rot sein musste, deswegen sah er stur auf den Boden, in der Hoffnung, dass seine Haare den Blick auf seine Schamesröte verdecken würden. Subaru durchfuhr seine eigenen Haare um alle zurückgebliebenen Blätter restlos zu erhaschen. Ziemlich verwundert begutachtete er Kamui's Verhalten.

"Gehen wir raus, wenn wir hier Ordnung gemacht haben? Mein Kühlschrank gibt nicht mehr allzu viel her. Gehen wir Frühstücken und dann einkaufen, da kannst du mir endlich alles erzählen."

Er stand auf und wanderte ins Badezimmer.

Kamui blieb auf dem Boden zurück. Er holte tief Luft und begann die Kirschblätter vom Bett zu lesen. Subaru würde er nun bald alles erzählen, das bereitete ihm ein magengeschwürähnliches Krampfen.

Reanimation

03. Reanimation
 

Nachdem Kamui schon beinahe einen Krampf vom einzelnen Auflesen der Blätter bekommen hatte, hatte Subaru direkt zu einem Staubsauger gegriffen. Kamui war das schrecklich peinlich gewesen, hatte er es sich doch wieder schwer machen müssen, doch Subaru belächelte es nur verschmitzt. Nach einer kleinen Weile war das Zimmer von sämtlichen Farbpunkten befreit und wieder in seinen gewohnt geordneten Zustand zurückgekehrt.

"Schade eigentlich, die Blätter waren eine angenehme Abwechslung in diesem steifen Raum."

"Mag sein, doch irgendwann wären auch sie verwelkt und hätten ihre Farbe und Frische verloren. Dann wäre die Atmosphäre noch trauriger.", antwortete Subaru dem Jüngeren.

Kamui nickte, blieb aber der Ansicht, dass der Campus seine Räume zu eintönig gestaltete. Die kahlen, weißen Wände und die wenigen, dunklen Möbel erschienen doch recht leblos.

"Bleibst du so, wie du bist?", fragte ihn Subaru.

"Hm? Was meinst du?"

Der Ältere deutete mit dem Finger auf das wesentlich zu große T-Shirt, was etwas improvisiert in seiner Hose steckte.

"Was soll ich machen, ich muss ja wohl damit raus."

Subaru trug wie üblich seine schwarze Hose und sein ärmelloses, ebenfalls schwarzes Shirt.

"Na ja, vielleicht sollten wir wirklich noch einen Abstecher in ein Klamottengeschäft machen."

Aufgebracht schüttelte Kamui den Kopf.

"Nein, bitte nicht, ich mache dir schon genug Umstände!"

"Na los komm, ich habe Hunger."

Er schob Kamui aus der Tür und wollte dann zum Kleiderständer greifen. Er sah seinen vertrauten Mantel an, zog aber seine Hand wieder zurück.

>>Nein, heute nicht.<<

Ohne zurückzuschauen schloss er die Tür hinter sich. Vor ihm stand Kamui mit leicht fragendem Gesichtsausdruck.

"Was denn?", fragte Subaru verwundert.

"Heute mal ohne Mantel?"

"Darf ich nicht?", meinte er entrüstet.

"Doch, sicherlich... es ist nur etwas ungewohnt. Er ist so etwas wie eine zweite Haut von dir, deshalb."

Sie sahen sich stillschweigend an, doch schließlich fanden sie doch noch den Weg raus aus dem Gelände des Campus. Wie, als wäre er erleichtert, atmete Subaru in dem Moment aus, wo sie die Türschwelle des Campus überschritten. Kamui bereitete sich auf die Frage vor, die Subaru ihm wahrscheinlich und unwiderruflich in den nächsten Augenblicken stellen würde.

"Fang einfach an, ich dränge dich nicht zu erzählen, was du lieber für dich behalten willst, sag mir einfach die Wahrheit. Wo warst du, was ist passiert und wie geht es nun weiter?"

Er hatte es gewusst, da war sie nun, die Frage, der er sich stellen musste. Sofort überkam ihn ein Gefühl von Angst, sein Blick wanderte den Boden zu seinen Füßen ab, jedoch ohne ihn wirklich anzusehen. Subaru, der neben ihm her schritt, blieb stumm, dass Kamui seine Hände geballt hatte und dass sie fürchterlich zitterten, blieb ihm nicht verborgen. Wie er ihn so zerbrechlich und angegriffen neben sich laufen sah, hätte er ihm am liebsten gesagt, er bräuchte nichts zu erzählen, doch die Angst, er könnte einfach unangemeldet wieder aus seinem Leben entweichen, machte ihn wahnsinnig. Er musste standhaft bleiben, auch wenn Kamui anscheinend litt.

>>Wie soll ich es ihm erklären? Er wird es, nein, er wird mich vielleicht für unnormal halten, mich abstoßen...<<

Subaru starrte nach vorne, es war schlimm für ihn, Kamui die Last nicht nehmen zu können. Gleichzeitig verletzte es ihn, dass es dem Kleineren so schwer fiel, ihm, seinem Schicksalsverwandten, alles anzuvertrauen.

>>Warum schaust du mich nicht an?<<

Kamui hatte zu ihm aufgesehen, dass Subaru seinen Blick abgewendet hatte, machte ihm schwer zu schaffen. So verletzte jeder der Beiden den anderen, ohne es jedoch zu wollen. Ein Fluss aus Menschen lief an ihnen vorbei, wieder überkam Subaru das Gefühl, er würde wie eine Forelle gegen den Strom schwimmen, doch Kamui war an seiner Seite, er war also nicht mehr alleine in dieser unaufhaltsamen Strömung. Kamui schwieg noch immer, immer wieder rempelten ihn entgegenkommende Menschen an. Sein schmächtiger Körper gab den wuchtigen Stößen freiwillig nach.

"Ey! Pass doch auf du Heini!", fuhr ihn ein Muskelbepackter Raucher mit Sonnenbrille und Glatze an.

Mit einem groben Stoß gegen den Rumpf, beförderte er Kamui aus seinem Weg und direkt auf den Bürgersteig.

"Findest du das etwa in Ordnung?", tauchte Subaru's ruhige Stimme aus dem Hintergrund auf.

Kamui sah ihn überrascht von unten an, der komische Kerl drehte sich mit einem hässlichen Grinsen zu Subaru um.

"Was willst du schmächtige Witzfigur denn von mir?"

Subaru ließ seine Hände in seinen Hosentaschen ruhen, eine Kopfbewegung gebot Kamui aufzustehen. Sein kalter Gesichtsausdruck widmete sich schließlich wieder dem, doch um einiges größeren, Typen.

"Du hast meinen Freund umgeschubst, findest du das in Ordnung?", fragte er wieder in melancholischen Tonfall.

Die krumme Kippe des Kerls wanderte von einem Mundwinkel in den anderen. Kamui war nichts passiert, er hatte sich nicht wehgetan, er hatte es doch mit sich machen lassen, dass Subaru sich nun für in einsetzte, gefiel ihm nicht, er hielt es für unnötig.

"Von euch Japsen laufen mir hier einfach zu viele rum, er war mir im Weg.", wertete er die Sache achselzuckend ab.

"Ah, weil du ein Amerikaner bist, gehört dir also auch gleich jeder Gehweg in Japan. Nimm deine Sonnenbrille ab und entschuldige dich bei ihm."

Kamui schüttelte im Verborgenen den Kopf.

>>Hör auf Subaru!<<

Subaru blieb ungerührt, auch wenn sich inzwischen einige Schaulustige um sie herum gesammelt hatten.

"Ich sag dir was, wenn du dich nicht sofort aus meinem Blickfeld scherst, liegst du ebenfalls demnächst am Boden. Allerdings bezweifle ich, dass du dann jemals wieder aufstehen wirst.", drohte im der Ami.

Subaru zuckte nicht mal mit der Wimper, das brachte sein Gegenüber zur Weißglut. Innerlich zerfraß Subaru der Gedanke, dass Kamui sich geopfert hatte, um die Welt, auf der Menschen, wie dieser hier, lebten, zu retten.

"Entschuldige dich."

Die geballte Rechte des Mannes schnellte auf sein Gesicht zu. Ohne eine Miene zu verziehen neigte Subaru seinen Kopf rechtzeitig zur Seite, der Schlag ging haarscharf daneben. Im Augenblick der Überraschung packte Subaru sein Handgelenk und fixierte es in seinem Griff.

"Lass es Subaru, lass ihn einfach.", bettelte Kamui.

Die Menschen um sie herum fingen an zu Tuscheln. Subaru ignorierte Kamui, er hatte kein Gehör für seine Bitte.

"Lass mich los du Ratte!"

Subaru's Blick blieb eiskalt und starr, doch die Miene seines Angreifers verzerrte sich immer mehr. Die schlanken Finger seines Peinigers zogen sich immer fester um das inzwischen leicht knirschende Gelenk.

"Hör auf endlich auf damit!", flehte Kamui ihn lautstark an.

Subaru's Augen wendeten sich ihm zu, sein Griff lockerte sich.

Plötzlich ging ein lautes Raunen und vereinzelte Aufschreie hier und da durch die Schaulustigen. Der grobe Kerl hatte den kurzen Moment der Unaufmerksamkeit schamlos ausgenutzt, um Subaru einen gewaltigen Schlag in den Magen zu versetzen. Dieser ging keuchend auf die Knie.

"Dir werd' ich's zeigen! Elender Japaner!"

Seine kräftigen Finger schlangen sich um seinen Hals und hoben ihn zu sich hoch. Bedächtig begann er Druck auf seinen Hals auszuüben, Subaru stöhnte.

"Lass ihn auf der Stelle los...", raunte eine gefährlich drohende Stimme neben ihm.

Der Kerl sah Kamui, der seinen Kopf gesenkt und seine Hände geballt hatte, verwundert und hämisch zugleich an.

"Was willst du noch Kleiner? Gefällt es dir etwa nicht, was ich hier mache?", zog er ihn zynisch auf und drückte noch fester zu.

"Ich warne dich, lass ihn auf der Stelle los!", befahl er ihm eindringlicher.

Subaru nahm aufkommende Windsphären um ihn herum wahr.

"Einen Scheißdreck werde ich tun! Verpiss dich lieber, du Wurm!", fuhr der andere ihn an.

"LASS IHN RUNTER!!!", schrie Kamui mit aller Kraft.

Nun blickte er auf, sein Gesicht war Wutentbrannt, seine Augen golden gefärbt. Tobende Winde umkreisten ihn, seine Haare zuckten wie aufflackerndes Feuer, auch sein Shirt wallte mit dem Wind. Verängstigt starrte ihn der Ami bewegungslos an. Subaru machte sich los und stolperte rücklings zu Boden, seine Augen weit aufgerissen und nach Luft schnappend. Der Boden unter Kamui's Füßen bekam Risse und wurde schließlich unter dem Druck seiner Kraft zu einem Einschlagsloch.

"Ey, sachte Kleiner! Das war doch nur Spaß! Nimm doch nicht gleich alles so ernst!", versuchte ihn der zu Tode geängstigte Mann zu beruhigen.

"Mit dem Leben anderer macht man keine Scherze!", fauchte Kamui.

"Beruhige dich Kamui!", bat Subaru.

Kamui sah ihn zornig an.

"Warum sollte ich?! Hast du aufgehört, als ich dich darum gebeten hatte?"

Subaru blieben seine Worte eiskalt im Halse stecken. Die Menschen um sie herum flüchteten wie in Panik, der Kerl vor ihnen kauerte sich zitternd an die Hauswand.

"Verschwinde, bevor ich mich vergesse!", drohte Kamui ihm an.

Über seine eigenen Füße stolpernd, ergriff Dieser, ohne zu zögern, die Flucht und war nach wenigen Augenblicken verschwunden. Die Autos auf der Straße fuhren ungerührt weiter, nur der Gehweg war wie leergefegt. Die Sphären um Kamui ließen nach, das Gold in seinen Augen verblasste. Stille überkam die Beiden. Kamui sackte auf die Knie, die Arme bis zum Ellenbogen aufgelegt.

"Ich hasse es so... ich hasse es abgrundtief! Warum besitze ich sie noch? Warum sind diese Kräfte noch immer da?"

Kamui zitterte am ganzen Körper, Subaru war außer Stande sich zu rühren.

"Im Augenblick des Todes... Da wurde ich zu einem wahren Himmelsdrachen, da bin ich erwacht..."

Subaru lauschte ihm aufmerksam, richtete sich dabei auf und legte seine Hände auf Kamui's angezogene Schultern. Er erschien ihm so hilflos, so gequält und zerbrechlich, wie er so am Boden kauerte.

"Weißt du, warum ich keinen Bannkreis spannen konnte? Es ist zum Totlachen... Die Antwort lag die ganze Zeit direkt in mir."

Mit einem gekünsteltem Auflachen versuchte er vergeblich seine aufkommende Verzweiflung zu überspielen.

"Steh erstmal auf, beruhige dich und erzähl mir alles in Ruhe.", sprach ihm Subaru friedlich zu.

Er zog ihn von hinten sachte an den Schultern hoch, sein Kopf und seine Arme hingen leblos an ihm herunter.

"Steh auf Kamui.", wiederholte er sich.

Als Kamui seinen Kopf anhob und ihn zu dem Älteren drehte, hielt dieser verstummt inne. Rinnsäle von klaren Tränen purer Verzweiflung rannen Kamui über die Wangen.

>>Sieh mich nicht an! Bitte sieh mich nicht an! Ich will nicht, dass du mich so siehst!<<, schrie er innerlich.

Subaru schlang seine Arme um Kamui's Rumpf und hob ihn mit sich auf die Beine, dann wischte er ihm grob die Tränen aus dem Gesicht, was Diesen wiederum verwunderte.

"Hör auf zu weinen. Tränen haben eine heilende Wirkung, aber jede von ihnen ist heilig und wird aus einem bestimmten Grund verschwendet. Vergeude sie nicht für Selbstmitleid."

So hart Subaru's Worte auch irgendwie klangen, er hatte Recht. So nickte er, um an Stolz zurück zu gewinnen. Langsam füllte sich der Gehweg wieder mit Leuten, um nicht weiter aufzufallen, liefen sie weiter.

"Wir sind da, für Frühstück ist es zwar inzwischen zu spät, aber na ja.", meinte Subaru als sie vor einem abgelegenen Café standen.

Die Beiden wurden relativ skeptisch von den anderen Gästen angesehen. Kamui war ja nicht nur 17 Jahre alt, zierlich und für einen Jungen außergewöhnlich hübsch, sondern auch noch verheult und schmutzig. Das da ausgerechnet ein sieben Jahre älterer und gut aussehender Mann in seiner Begleitung war, ließ die Blicke der Leute eindeutig werden. Dem Männerpärchen fiel das bereits im Türrahmen der Einrichtung auf.

"Moment, kleine Planänderung", flüsterte Subaru Kamui heimlich zu.

Schon verließen sie das Café im Rückwärtsgang.

"Zuerst tun wir was für deine Ausstattung."

Zielsicher überquerte Subaru die Straße, Kamui im Schlepptau.

"Mach dir bitte nicht so viele Umstände."

"Tu ich nicht. Ich ertrage es nur nicht, dich weiterhin in diesem Shirt zu sehen, außerdem brauchst du ja so oder so mal wieder Kleidung."

Widerwillig seufzend willigte Kamui ein. Zielstrebig steuerten sie in dem Kaufhaus die Männerabteilung an.

>>Das passt gar nicht zu mir. Ich betrete nie freiwillig ein Kaufhaus um Bummeln zu gehen.<<

Kamui gingen ähnliche Gedanken durch den Kopf, aber momentan schämte er sich mehr für seinen Auftritt auf dem Gehweg.

>>Was er jetzt wohl über mich denkt? Ob meine Nähe unangenehm für ihn ist?<<

Als Subaru auf einmal stoppte, lief Kamui in ihn hinein. Doch der Größere drehte sich ungestört zu ihm um.

"Schaust du dich alleine um? Ich bin nicht für so was."

Toll, dachte sich der Jüngere. Als wäre es ausgerechnet seine Stärke gewesen.

"Kann ich den Herren vielleicht helfen?", fragte eine freundliche Frauenstimme.

Eine Beraterin hatte die offensichtliche Hilflosigkeit der beiden Männer wohl sofort wahrgenommen und sich nun zu ihnen gesellt. Erleichtert wurde sie von ihnen angesehen.

"Mein Freund hier braucht dringend was anderes zum Anziehen.", brachte Subaru hervor.

"Haben sie irgendwelche genaueren Vorstellungen?", fragte sie höflich zurück.

"Hauptsache, es ist nicht quietschbunt.", antwortete ihr Kamui verhalten.

"Ah, ich sehe schon. Sie sind so genannte Analphabeten was das Shopping angeht. Dann folgen sie mir doch bitte. Möchten sie hier vielleicht solange warten?"

Subaru nickte nach kurzem Zögern und blieb schließlich allein zurück.
 

Er hatte die Minuten nicht gezählt, aber es musste eine Ewigkeit gedauert haben, ehe sich Beraterin und Kamui wieder bei ihm eingefunden hatten.

"So, da wären wir. Es war gar nicht so einfach, ihren Begleiter zu etwas Frühlingsfreundlicherem zu bewegen."

Sie zwinkerte Subaru zu und trat dann zur Seite. Etwas schemenhaft versuchte Kamui Subaru's Musterungen auszuweichen. Er trug nun eine ähnliche Hose wie Subaru, das legere T-Shirt hatte er gegen ein anliegendes, ärmelloses Shirt mit Rundkragen eingetauscht. Ein schwarzer Drache auf der linken Seite fiel auf dem sandfarbenen Stoff besonders ins Auge.

"Ich habe ihnen noch ein paar andere Sachen eingepackt, ich gebe ihnen selbstverständlich Rabatt. Da ihr Freund ja so zierlich und klein ist kommen sie sowieso gut weg."

Kamui wäre am liebsten im Boden versunken. Subaru gefiel das neue Outfit des Jüngeren sehr gut, auch wenn es ungewohnt war. Seiner Begeisterung jedoch gebot er Einhalt.

"Ich hätte da noch ein paar passende Accessoires anzubieten, wenn sie vielleicht..."

"Nein danke, wir haben gefunden, was wir wollten.", unterbrach sie Subaru.

Er schnappte nach dem Beutel und ging zur Kasse. Kamui und die Beraterin sahen ihm hinterher.

"Haben sie irgendwelche Probleme?", wurde er überraschender Weise von der Frau gefragt.

"Hm? Wie kommen sie darauf?", gab er fragend zurück.

"Nun ja, er macht einen ziemlich bedrückten Eindruck auf mich, auch sie sind nicht sonderlich offenherzig."

Kamui zuckte ein wenig zusammen.

"Haben sie vielleicht Beziehungsprobleme?"

Ein kräftiges Purpur legte sich auf sein Gesicht.

"WAS?!", rief er laut.

Verlegen schlug er die Hände vor den Mund. Sämtliche Menschen drehten sich zu ihm um, darunter auch Subaru und sahen ihn fragend an. Die Beraterin lächelte über das Desaster, das sie da gerade angerichtet hatte.

"Bitte entschuldigen sie meinen kleinen Irrtum."

Kamui drehte sich von ihr weg und gesellte sich zu Subaru.

"Was war denn los?", fragte ihn dieser.

"N- Nichts weiter...", stotterte er, ohne ihm ins Gesicht sehen zu können.

Schließlich traten sie wieder nach draußen an die warme Sonne. Sogleich wurden sie wieder von dem altbekannten Menschenstrom eingeschlossen. Trotz der äußerlichen Veränderung Kamui's, zogen sie im Café erneut alle Blicke auf sich. Die Beiden hatten das Gefühl, dass sie sogar noch eindringlicher durchbohrt wurden, als zuvor. Sie setzten sich in die hinterste Ecke direkt ans Fenster. Als beide ihre Bestellungen abgegeben hatten, blickte Kamui verträumt aus dem Fenster, doch er schien weder die Menschen zu beobachten, noch sich auf irgendwas anderes zu konzentrieren.

"Ich konnte keine Bannkreise erschaffen, weil ich der Bannkreis bin."

Subaru zuckte mit den Augenbrauen und lauschte nun aufmerksam. Kamui blickte weiterhin hinaus, sein Tonfall war ruhig, fast schon teilnahmslos.

"Wenn man erwacht, dann wird die verborgene Kraft geweckt, bei mir war das im Moment des Todes..."

Er drehte sein Gesicht zu Subaru, welcher ihm direkt in die Augen sah.

"Aber du lebst wieder.", sprach Subaru.

"Hm... Ich bin nie wirklich gestorben, der Bannkreis ist meine zweite, wahre Natur."

Sein Gegenüber verschränkte die Arme, hatte doch diese Erzählung tatsächlich einen makaberen Stil.

"Ich habe mich nie gefragt warum, doch es ist schon seltsam, dass ich keinen Vater habe."

Für Subaru war in diesem Satz ein Unterton Dramatik und Selbstverachtung zu vernehmen.

"Ich bin weder das Eine, noch das andere... Weder Mensch noch übermenschliche Macht!"

Kamui war aufgebracht und wurde mit jedem Wort lauter. Er fuhr mit seinen Händen zuerst über sein Gesicht, dann durch seine Haare, die im Sonnenlicht leicht bläulich schimmerten. In diesem Moment kam das Essen der Zwei.

"Verschieben wir unser Gespräch auf nach dem Essen?"

"Nein.", antwortete ihm Kamui mit ernster Stimme.

Subaru war ein wenig überrascht.

"Vor ein paar Tagen habe ich gespürt, wie sich mein Körper wieder zusammensetzte, ich fand mich schließlich auf dem Tokyo Tower wieder. Verstehst du, was ich meine?"

Subaru schwieg, die ankommende Verzweiflung in Kamui's Gesicht ließ sein Herz lauter schlagen.

"Ich bin eine Reanimation. Ich bin halb Mensch, halb Medium. Ich weiß selber nicht, wie ich damit umgehen soll... Weißt du was das für ein Gefühl ist, nicht zu wissen, was man wirklich ist? Nicht zu wissen, warum man wieder hier ist und nicht weiß, wie lange man hier bleiben wird?"

Das Treffen

04. Das Treffen
 

Kamui's Augen schimmerten verdächtig, er versuchte möglichst nicht zu blinzeln, um nicht wieder vor dem Älteren als schwach oder kindlich angesehen werden zu können. Plötzlich fuhr er zusammen, genauso wie sämtliche andere Gäste. Subaru war mit einem Satz aufgesprungen, so dass sein Stuhl mit einem lauten Knall nach hinten umgefallen war. Wortlos schritt er um den Tisch herum und zog Kamui am linken Oberarm zu sich hoch. Dieser wusste noch nicht wie ihm geschah, da schleifte Subaru ihn bereits hinter sich her und zwar durch das gesamte Café. Das Nächste, was Kamui sah, war das Schild, welches die Männertoilette kennzeichnete.

"Subaru was...?!"

Die Tür fiel ins Schloss, das Klicken des Riegels hallte durch den Raum, ein strenger Blick Subaru's streifte den Verunsicherten Kamui's. Wie aus einem Reflex, kniff Kamui die Augen zusammen, auch wenn er wusste, dass Subaru ihn niemals schlagen würde. Da schlang sich auf einmal ein Arm um seinen Oberkörper, während sich die Hand des anderen an seinen Hinterkopf legte. Tröstend drückte Subaru Kamui an sich. Weit schlug Dieser seine braunen Augen auf, vereinzelte Haare streiften sein Gesicht, Stirn an Stirn standen sie sich gegenüber.

"Sag nicht so viele schlimme Dinge, es gibt keinen Grund, dass du dich so sehr selbst verletzt.", hauchte Subaru ihm entgegen.

Seine Augen waren so klar und wirkten so geheimnisvoll wie die Sterne. Kamui's Herz raste wie wild, er befürchtete, es könnte jeden Augenblick zerspringen wenn er noch weiter in diese ausdrucksstarken Augen sehen würde. Doch Subaru drückte nun seinen Rücken durch, damit Kamui's Kopf an seiner Brust liegen konnte.

"Du weißt ganz genau, wer und was du bist. Du bist der Sohn deiner Mutter, Kamui Shiro. Du hast ein Herz, du bist aus Fleisch und Blut, hast Gefühle wie jeder andere auch, da stellst du in Frage, ob du wirklich ein Mensch bist?"

Kamui konnte nicht verhindern, dass ihm seine Tränen nun doch entkamen, war es in Ordnung zu weinen? Warum tat er es? War es wieder Selbstmitleid? Nein, Kamui fand die Antwort tief in seinem Herzen. Diese rührenden Worte aus dem Munde seines Schicksalsverwandtem zu hören, bedeutete ihm unwahrscheinlich viel. Kamui schlang seine Arme um Subaru und vergrub seine Finger in dessen Shirt. Subaru fühlte sich stark an sich selbst erinnert. Wie oft hatte er früher an der Wahrheit seiner Existenz gezweifelt, wie oft hatte er sein Dasein für unnütz und unvollkommen, sich selbst als unmenschlich mit seinen Yin Yang -Kräften gehalten? Auch erinnerte diese Szene ihn an den Moment, wo er Kamui, der ihm so wahnsinnig gefehlt hatte, wieder getroffen hatte.

"Du hast gesagt, dass du ganz bestimmt nicht mehr verschwinden wirst, bitte versprich mir, dass du mich nicht anlügen wist. Sag mir immer die Wahrheit, bitte Kamui.", flüsterte er einfühlsam.

Kamui atmete tief ein und sah dann wieder zu Subaru auf.

"Ich will es dir versprechen..."

Seine Stimme war zittrig und leicht angegriffen.

"Hallo? Wie lange wollen sie die Toilette denn noch besetzen?", fragte von draußen eine nörgelnde Männerstimme.

Beide sahen zur Tür neben sich. Subaru neigte sich wieder zu dem Kleineren runter, nahm sein Gesicht in beide Hände und wischte mit den Daumen die glänzenden Tränen weg.

"Weine niemals alleine, wenn du mit niemand deinen Schmerz teilst, wird er auch nicht verschwinden."

Seine Gesichtszüge waren so weich und liebevoll Kamui gegenüber. Subaru entriegelte die Tür, davor stand ein kleiner, rundlicher Mann.

"Verzeihen sie die Wartezeit.", sagte Subaru gelassen und ging an ihm vorbei. Kamui folgte ihm.

"Ihr könnt euch nicht mal in einem anständigen Café zusammenreißen!", maulte der ältere Heer ihn an.

"WAS?!", entwich es dieses Mal beiden.

Skeptisch nahm der Mann die Zwei ab und musterte ihr Reaktion. Schließlich aber rümpfte er nur überheblich die Nase und wollte in die Toilette gehen, allerdings machte er dabei Bekanntschaft mit dem Türrahmen.

RUMMS

In diesem Moment entglitten Subaru und Kamui sämtliche Gesichtszüge und sie begannen zu lachen.

"Was fällt euch ein ihr...!", wetterte der Alte, sich die Nase haltend.

"Lass uns endlich essen Subaru, dazu sind wir doch schließlich hier."

Mit jeweils einem erleichtertem Lächeln auf den Lippen, setzten sie sich wieder an ihren Tisch. Das sie von allen angestarrt wurden, war ihnen egal. Ihre Herzen fühlten sich in diesem Moment so leicht, so ungebunden, einfach herrlich frei an. Um keinen Preis wollten sie dieses Glücksgefühl so schnell wieder verlieren.
 

Die Mittagssonne stand an ihrem höchsten Punkt. Ihre warmen Strahlen erwärmten den Boden. Subaru und Kamui verließen aufatmend und gesättigt das Café. Noch war ihre Gute Laune durch nichts gestört worden. Der dezente Duft von Kirschblüten stieg ihnen in die Nase. Kamui konnte sich an keinen Moment erinnern, in dem er es sich einfach hatte gut gehen lassen. Seine einzigen unbeschwerten Tage hatte er als Kind verlebt, damals, als er noch mit Kotori und Fuma gespielt hatte. Bei diesem Gedanken verschwand sein zufriedener Gesichtsausdruck, er blickte zum Himmel.

"Ist irgendwas Kamui?", wurde er von Subaru gefragt.

Doch der Kleinere schüttelte nur den Kopf.

"Nicht wirklich... nicht wirklich.", antwortete er ruhig.

"Wie gesagt, in meinem Kühlschrank sieht es nicht besonders gut aus. Der nächste Supermarkt ist gleich um die Ecke."

Kamui lief neben Subaru her und blickte den Größeren ein wenig seltsam an.

"Was ist denn?"

"Und dir macht das Ganze auch wirklich nichts aus?"

Subaru durchwuselte Kamui's Haare.

"Lass das mal ruhig meine Sorgen bleiben. Du kannst bei mir wohnen solange du willst. Wir müssen noch bei der Polizei anrufen und nachfragen, ob sie dich aus dem Bürgerverzeichnis gestrichen haben. Und dann solltest du auch wieder zur Schule gehen."

Kamui blieb stehen, als Subaru das auffiel, stoppte auch er und drehte sich zu ihm um.

"Habe ich irgendwas Falsches Gesagt?"

Kamui antwortete ihm nicht, sah ihn aber dafür unsicher an. Subaru ging seine Sätze noch mal durch.

"Ich weiß nicht, ob einer von uns dich abgemeldet hat. Wenn ja, dann sagen wir du warst verschollen und bist nun wieder aufgetaucht."

"Das ist es nicht...", antwortete Kamui bedrückt.

Er gesellte sich wieder zu dem Älteren. Die ungezwungene Stimmung war zerstört, das spürte Subaru ganz deutlich.

"Danke."

"Hm?", meinte Subaru verdutzt.

"Das ich bei dir wohnen darf..."

Kamui wurde immer kleinlauter.

"Die Campusleitung wird sich über deinen Zuzug freuen, glaub mir.", antwortete Subaru, Kamui auf die Schulter klopfend.

Ein heftiger Wind blies ihnen ins Gesicht. Subaru sah zufällig genau in diesem Moment ins Gesicht seines Begleiters. Kamui's Augen wurden von seinen Haaren verdeckt, doch sah er deutlich, wie seine Lippen Worte formten. Mit großen, fragenden Augen sah er den Kleinen an. Dieser startete auf einmal einen Hindernislauf durch die Menge. Subaru blieb wie überfahren stehen. Er legte seine linke Hand an seinen Mund, seine Wangen waren rot angehaucht. Wäre der Wind nicht just in jenem Augenblick aufgezogen, wäre sich Subaru 100%ig sicher gewesen, was Kamui da zu ihm gesagt hatte.

>>Freust du dich auch?<<

"Kamui warte!"

Als er wieder einigermaßen an Fassung zurück gewonnen hatte, lief er Kamui zügigen Schrittes hinterher, natürlich hatte er ihn schnell eingeholt.
 

"Ist das der Supermarkt, den du meintest?", fragte ihn Kamui vor Ort.

Subaru strich sich mit einer Handbewegung vereinzelte Strähnen aus dem Gesicht.

"Ja, das ist er.", antwortete er ein wenig geschafft.

Im Laden dann schließlich, stellte Subaru den Beutel mit den Sachen in den Einkaufskorb und überlies ihn dann Kamui.

"Steht der Laden hier schon lange?"

"Als ich hierher gezogen bin gab es ihn schon. Müsstest du das nicht besser wissen?"

Kamui schüttelte den Kopf.

"Ich bin sechs Jahre nicht mehr in Tokyo gewesen, selbst danach hatte ich recht wenig Zeit mich hier umzusehen."

Danach sagten sie eine Zeitlang nichts mehr zueinander, der Laden war wie leergefegt um diese Uhrzeit, nur ihre einsamen Schritte hallten durch die Reihen. Mit der Zeit füllte sich der Wagen mit Wasser- und Saftflaschen, mit Reistüten und anderen Dingen die in einen geordneten Kühlschrank gehörten.

"Wir könnten noch ein paar Äpfel und Orangen gebrauchen, du isst doch so was oder?"

Kamui sah ihn freundlich an und nickte.

"Ich geh welche besorgen, vorhin war da ein Obst- und Gemüsestand."

Schon bog er um die nächste Ecke, Subaru seufzte und nahm sich des verlassenen Einkaufswagens an. Kamui füllte zwei Gänge weiter Obst in ausgelegte Plastiktüten ein. Er lies sich dabei alles noch mal durch den Kopf gehen, was bisher geschehen war. Vollkommen verträumt drehte und wendete er in seiner Hand immer wieder denselben Apfel. Ein wenig mulmig war ihm schon bei dem Gedanken, vielleicht wieder auf vertraute Menschen zu treffen. Wie würden sie wohl reagieren, wenn er plötzlich wieder vor ihnen stünde? Im Grunde aber interessierte ihn die Zukunft nicht weiter, dass Subaru ihn mit offenen Armen aufgenommen hatte und er jetzt bei ihm sein konnte, machte ihn glücklich. Wieder erwachte er erschrocken über sich selbst aus seinem Tagtraum. Ganz deutlich spürte er das Schlagen seines Herzens und das pulsierende Blut in seinen Wangen.

>>Ich sollte endlich aufhören, so viele seltsame Dinge zu denken!<<, ermahnte er sich und wand sich vom Obststand ab.

"Kamui?"

Der Gerufene blickte zwei Reihen weiter, wo ihm Subaru rufend zuwinkte. Als Antwort hob Kamui die beiden Plastiktüten in die Höhe, um ihm sein Werk zu zeigen.

"Reicht mindestens für eine Woche!", rief ihm Subaru daraufhin zu.

Fest umschloss Kamui die labilen Griffe der Tüten und trabte zielsicher auf ihn zu.

RUMMS

Kamui war geradewegs in jemanden hineingelaufen, der links von ihm aus einem der Gänge gekommen war. Glücklicher Weise hatte dieser Jemand den schmächtigen Jungen in seinen Armen aufgefangen. Orangen und Äpfel rollten über den Boden.

"K- Kamui?!"

Dieser schlug entsetzt seine Augen auf. Ein Paar strahlend rotbraune Augen starrten ihn verwirrt an.

Erwachen

05. Erwachen
 

"Fuma...", flüsterte Kamui vor sich hin.

Der entsetzte Gesichtsausdruck Fuma's jagte ihm einen unangenehmen Schauer über den Rücken. Gerade mit dieser Art von Begegnung hatte er nicht gerechnet.

"Wie kann das sein? Ich dachte, du wärest..."

Fuma sprach nicht weiter, stattdessen zog er den wesentlich zierlicheren Jungen an sich und drückte ihn fest. Kamui wusste noch nicht recht, was hier vor sich ging, doch die Tatsache, dass sein bester Freund ihn nicht attackierte und ihn stattdessen entschuldigend im Arm hielt, machte ihn überglücklich und er erwiderte die Umarmung. Hinter Fuma's Rücken stand Subaru. Was er da sah konnte er beinahe nicht fassen. Fest umschloss er in seiner rechten Hand eine Wasserflasche. Innerlich hörte er schon das schrille Klirren des Glases, welches in tausend Scherben zersprang, doch er hielt sich zurückt. Dennoch knirschte die Flasche verdächtig unter seinem Griff. Er sammelte sich, stellte die Flasche in den Korb zurück und machte eine schnelle Bewegung zu Kamui herunter.

"Was...?"

Subaru packte Kamui etwas unsanft am linken Oberarm und zog ihn daran aus Fuma's Armen direkt in seine Eigenen. Etwas steif und unbeholfen kauerte Kamui an Subarus Brust. Fuma und Subaru starrten sich stillschweigend an.

"Damit habe ich nie zu rechnen gewagt, was geht hier vor?", fragte Fuma an Kamui gewand.

Subaru zog Kamui noch mehr an sich und beglückte Fuma mit dem feindseligsten Blick, den er zu bieten hatte. Kamui's Herz raste, der Herzschlag des Älteren hämmerte nicht minder aufgeregt gegen seine Brust. Da Subaru und Kamui keine Antwort gaben, richtete sich Fuma auf und stellte sich direkt vor sie. Kamui konnte das Gesicht seines Freundes nicht sehen, er stand noch immer mit dem Rücken zu ihm, fest an Subaru gedrückt.

"Warum lässt du mich nicht mit ihm reden?"

Fuma's Stimme war ruhig, aber sein Blick Subaru gegenüber war eindeutig verärgert.

"Willst du mir etwas vorenthalten, was nicht dir gehört?"

Subaru und Kamui waren sichtlich irritiert durch diesen Satz. Kamui hasste sich in diesen Momenten, seine Stimme war weg, die Luft zum Atmen abgeschnürt und der Wille, sich von Subaru zu lösen, gebrochen.

"Ich enthalte dir nichts vor, ich beschütze nur etwas, dem du schon genug Leid zugefügt hast.", antwortete Subaru dem Größeren schließlich entschlossen.

Kamui glaubte seinen Ohren nicht, solche Worte aus Subaru's Mund, das musste ein Traum sein! Doch es ging zu weit, sie durften sich nicht anfeinden, es war doch alles vorbei, sie hatten es doch endlich überstanden.

"Hör auf Subaru... Es ist in Ordnung."

Er drückte sich mit seinen Händen von Subaru's Rumpf weg. Sehr widerwillig ließ er den Jüngeren gewähren, doch er war sichtlich verletzt.

"Fein! Mach doch was du willst!", fuhr er Kamui mit einem Mal verbittert an.

Kamui's Gesichtsausdruck verdunkelte sich schlagartig, in seiner Brust fühlte es sich an als ob irgendetwas sehr wichtiges zerbrechen würde. Die unsichtbaren Scherben setzten seinem Herzen arg zu. Subaru griff sich aufgebracht den Einkaufswagen und marschierte zur Kasse. Fuma legte seine Hände auf Kamui's Schultern und sah dem anderen hinterher. Er konnte Kamui's Verzweiflung spüren und er wusste, dass das einzig und allein an Subaru lag.

"Seit unserem letzten Treffen hast du dich verändert", rief er ihm schließlich hinterher.

Dieser blieb für einen kurzen Moment stehen, jedoch ohne sich umzudrehen. Kamui's Herz brannte.

"Ich wüsste nicht, inwiefern du das meinen könntest.", antwortete Subaru ruhig aus seiner Entfernung.

Kamui blickte schräg nach hinten zu Fuma auf. Auch er wusste nicht, was er denn meinte, er wusste ja nicht mal, dass die Beiden sich vor einiger Zeit getroffen hatten.

"Ich bin mir ziemlich sicher, dass du da noch allein drauf kommen wirst."

Subaru stutzte insgeheim, doch dann lief er einfach unentwegt weiter. Kamui sah ihm zweifelnd, nein, eher flehendlich hinterher. Ganz tief in seinem Inneren wünschte er sich nichts sehnlicher, als das Subaru sich noch einmal zu ihm umdrehen würde.

>>Wie soll es denn jetzt weitergehen? Ist jetzt alles zerstört worden? Wo soll ich denn deiner Meinung nach jetzt hin? Was macht dich nur so wütend?<<

Für all diese Fragen brauchte er dringend eine Antwort, das Gefühl ohne Halt in der Luft zu hängen bereitete ihm Unbehagen.

>>Geh nicht weg! Sag mir was ich tun soll!<<

Fuma's Finger drückten die schmalen Schultern des Kleineren etwas fester, so als wollte er ihn auf etwas aufmerksam machen. Automatisch sah Kamui wieder nach vorne. Subaru hatte sich umgedreht und Blickkontakt mit ihm aufgenommen. Sie schwiegen sich an, doch Kamui hatte das Gefühl, dass Subaru ihn gerade vor die Wahl stellte, wo er denn nun fürs Erste hin wollte. Genau in diesem Moment erkannte Kamui die einschneidenden Drahtfäden, welche um seine Handgelenke, um seinen Rumpf, um seine Fußgelenke und um seinen schlanken Hals gewickelt waren und ihn an ein kristallenes Kreuz fesselten. Da war er nun, zwischen zwei ihm wichtigen Menschen stehend und vor eine Entscheidung gestellt, die an sich nicht schwer zu entscheiden war und von der doch etwas sehr Wichtiges abzuhängen schien. Der Wunsch, sich mit Fuma, seinem besten Freund, auszusprechen, war stark, doch der Gedanke, es sich mit Subaru zu verscherzen, schnürte ihm die Kehle zu. Bei jedem Versuch, zu sagen was er wollte, mischte sich jedoch sein Gewissen ein und lies die Fäden, an denen er hing, in sein Fleisch schneiden. So kam es dazu, dass Kamui, von Unentschlossenheit geplagt, den Kopf senkte. Subaru verzog das Gesicht und senke ebenfalls unwillkürlich seinen Blick. Seine zu Fäusten geballten Hände zitterten. Er drehte sich mit einem Schwung um, nahm den Beutel mit den Kleidern für Kamui heraus und warf sie barsch Fuma zu, der sie irritiert auffing und bog dann mit dem Einkaufwagen um die nächste Ecke.

>>Es tut mir leid Subaru... Aber ich kann einfach nicht anders! Warum können wir uns denn nicht einfach alle verstehen? Warum ist es auf einmal so schwer für dich?<<

Ein leichtes Klopfen auf seine Schultern ließ ihn hochschrecken.

"Komm, lass uns gehen. Ich kann es noch gar nicht glauben, du musst mir alles ganz genau erklären."

Als Kamui in das lächelnde Gesicht seines Freundes blickte, versuchte er es verzweifelt zu erwidern.

"Ja...", flüsterte er und verließ nach verrichtetem Einkauf mit Fuma gemeinsam den Supermarkt.

Doch der Gedanke, an Subaru's unerwartete Reaktion, ließ ihn einfach nicht mehr los.
 

"Verflucht!", fluchte Subaru, als er die Tür hinter sich zugeworfen hatte.

Am liebsten hätte er die Einkaufstüten mit voller Wucht in die nächst beste Ecke geworfen, aber da ihm bewusst war, dass er auch empfindliche Flaschen eingepackt hatte, ließ er es bleiben. Dafür stellte er sie aber umso unsanfter in die Küche und ließ sich dann im Wohn- und Schlafzimmer auf einen der Stühle fallen. Seine Stirn war in Falten gelegt und seine Augenbrauen tief heruntergezogen. Er wusste eigentlich gar nicht so genau, warum er so wütend war, doch nach guter Laune war ihm beim besten Willen nicht zumute.

>>Es ist seine Entscheidung! Und es ist sein Leben!<<

Sein harter Gesichtsausdruck schwand, sein Blick wanderte zum Mülleimer nahe der Tür, wo ihm Kamui's alte Jacke auffiel, der Schlitz im Stoff war deutlich zu erkennen.

>>Ja, es ist sein Leben... Das Leben was man ihm zurückgegeben hat und das eben aus diesem Grund noch viel wertvoller ist.<<

Er sah auf seine Hände, auf jene Hände, die nicht mehr in der Lage waren Bannkreise zu schaffen. Dann drehte er sie, das umgekehrte Pentagramm auf seinen Handrücken war schon so lange verschwunden, doch spürte er noch wie es auf der Haut prickelte wenn er an den Sakurazuka dachte.

>>Auch ich habe die Möglichkeit bekommen neu zu leben, auch ich habe eine zweite Chance bekommen obwohl ich mein Leben so achtlos wegwerfen wollte.<<

Durch das angekippte Küchenfenster zog ein seichter Windhauch, Subaru nahm ihn nicht wahr. Der schon beinahe zärtliche Luftzug trug ein schneeweißes Kirschblütenblatt mit sich herein und ließ es auf Subaru's linken Handrücken landen. Mit einem ganz schwachen Schmunzeln nahm er es auf und hielt es genau vor sich hin.

"Ein so Weißes wie dich habe ich schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen."

Ein neuer Windhauch entzog ihm das zarte Blatt und trug es weiter, als Subaru danach griff machte es nur einen verächtlichen Salto und landete schließlich punktgenau auf der Uniform Kamui's. Subaru schaute etwas verwundert drein, nachdem er das mit angesehen hatte. Resignierend seufzend, stand er auf und holte Jacke und Hemd aus dem Mülleimer.

"Was soll das heißen?", fragte er spaßig gemeint das Blütenblatt.

>>Bin ich so zornig, weil ich ihn wieder nicht halten konnte? Weil ich ihn wieder habe gehen lassen? Oder weil er sich für ihn entschieden hat? Gerade ich sollte doch seinen Wunsch akzeptieren.<<

"Was verdammt noch mal stört mich denn überhaupt?!"

KLIRR

Subaru reagierte schnell und sprang beiseite. Ein Schwall von Glasscherben und Blütenblättern flog in sein Apartment. Einer der Äste des nahe gelegenen Baumes hatte durch enorm starken Wind gegen sein Doppelfenster geschlagen und es in tausende Scherben zerbrochen. Draußen tobte ein so furchtbarer Sturm, wie Subaru ihn schon lange nicht mehr erlebt hatte. Papiere, Blütenblätter, Laub und seine Vorhänge wurden ihm entgegen geweht. Mit zugekniffenen Augen arbeitete Subaru sich zu seinem Kleiderständer vor, ergriff seinen Mantel und verließ eilig die Wohnung. Draußen rannten ihm der CLAMP-Campus Leiter und andere Leute entgegen.

"Sumeragi-san! Ist ihnen etwas passiert? Wir haben den Lärm gehört und da... W-Was zum... ?"

Subaru hatte sie nicht eines Blickes gewürdigt, dem Leiter jedoch im Vorbeirennen seinen Schlüssel zukommen lassen und rannte nun weiter den langen Flur entlang in Richtung Ausgang.
 

"Fuma! Wir sollten besser wieder zu dir nach hause gehen! Der Sturm ist gefährlich!"

Die böswilligen Sturmböen schienen Kamui regelrecht zu attackieren, so schlimm setzten sie ihm zu. Außerdem grollte der Himmel über ihnen so übertönend laut, dass sie sich untereinander kaum verständigen konnten. Hin und wieder gesellten sich noch die verschiedenfarbigsten Blitze zum Donnergrollen.

"Es wird sicherlich bald regnen! Fuma!", brüllte Kamui.

Fuma stand wesentlich weiter vorne und sah zum Himmel. Sie waren in einer Allee gelandet, die ringsherum mit Kirschbäumen bepflanzt war. Ihre zarten Blätter wurden zum peitschenden Werkzeug des erbarmungslosen Windes. Endlich schien Fuma zu reagieren. Er drehte sich zu ihm um und sah, wie sich sein kleiner Freund die Oberarme rieb. Sein Blick war immer noch traurig angehaucht. Genauso seltsam traurig wie bereits vor Stunden, als sie sich von Subaru losgemacht hatten. Fuma zog seine Sportjacke aus und lief zu Kamui, um sie ihm überzulegen.

"Ich dachte schon, du würdest mich nicht hören.", sagte Kamui erleichtert.

Fuma legte noch zusätzlich schützend seinen linken Arm über Kamui's vergleichsweise schmale Schultern.

"Bitte entschuldige, aber ich habe gerade über all das nachgedacht, was du mir erzählt hast. Die ganze Geschichte von damals macht mir noch arg zu schaffen, gerade jetzt, wo du doch wieder hier bist. Ich werde all das, was ich dir angetan habe, nie mehr gutmachen können. Und auch nicht das ich Kotori..."

Abrupt brach er ab. Beide sahen sie zu Boden und schwiegen sich an.

"Es ist nicht mehr zu ändern, was geschehen ist, ist geschehen. Sie wird aber immer weiterleben, immer."

Fuma sah ihn irritiert an. Kamui's Hand legte sich auf Fuma's Herz, genauso wie damals, als er ihm seinen Wunsch übertragen hatte.

"Sie lebt ewig in unseren Herzen. Und sie wird uns in unseren Träumen besuchen, wenn wir sie brauchen."

Fuma umschloss Kamui's Hand mit seiner Eigenen.

"Du hast sie wirklich sehr geliebt, hab ich Recht?"

Kamui lächelte ein wenig. Plötzlich zog Fuma ihn an sich und umarmte ihn kurz.

"Einen Freund wie dich habe ich eigentlich gar nicht verdient.", flüsterte er ihm ins Ohr.

"Vielleicht kann jetzt endlich alles gut werden.", antwortete Kamui, hielt aber danach inne.

Sein Schweigen blieb Fuma nicht verborgen. Ein gleißender Blitz, begleitet von einem ohrenbetäubenden Donner und dem schlagartigen Einsetzten des Regens, ließ sie zusammenzucken. Der Schein des Blitzes hatte Fuma einen kurzen Blick auf Kamui's Miene gestattet.

"Bist du traurig?"

Der Regen arbeitete sich langsam, aber durchaus merkbar durch ihre Kleidung. Nasse und unkoordinierte Strähnen klebten in Kamui's Gesicht. Die Rinnsäle, die seinem Gesicht hinab flossen, hätte man leicht mit Tränen verwechseln können.

"Es ist dieser Yin Yang -Meister, der dir keine Ruhe lässt.", sprach er Kamui liebevoll zu, als er ihm störende Strähnen aus dem Gesicht strich.

Kamui sah ihn mit seinen großen, brauen Augen Hilfe suchend an.

"Er heißt Subaru, Subaru Sumeragi."

An ihn zu denken ließ ihn wieder die Glasscherben in seinem Herzen spüren. Doch er konnte es sich einfach nicht erklären, noch nicht.

"Subaru also, du wolltest eigentlich wieder zu ihm, das stimmt doch, oder?"

Kamui's Blick verriet es Fuma schon, bevor Dieser überhaupt zu einer Antwort ansetzen konnte.

"Aber weil du dachtest, dass du mit mir, als dein Freund, reden müsstest und es dein Gewissen nicht anders zugelassen hat, hast du dich dann doch für mich entschieden."

Kamui fehlten die Worte. Fuma grinste ein wenig schemenhaft bei dem Anblick dieser sprachlosen Miene.

"Komm, lass uns zu ihm gehen.", sagte er und lief an ihm vorbei.

"Warum sind wir denn überhaupt hier her gekommen?"

Fuma drehte sich auf der Treppe noch einmal um und sah zu Kamui hinauf.

"Weil man bei diesem Regen deine Tränen nicht sehen kann."

Schon lief er weiter die Stufen hinunter. Kamui stand etwas überfahren oben und sah ihm nach. Seine Gesichtszüge verzerrten sich und er legte eine Hand über seine Augen.

>>Was ist nur los mit mir?<<

"Kamui, warum bist du so ratlos?", rief ihm Fuma von unten zu.

Fragend sah der kleine und durchnässte 17jährige zu ihm runter. Eine gewisse Kraft stieg in ihm auf, mit einem schwebenden Sprung gesellte er sich wieder zu Fuma, der ihn doch ein wenig überrascht ansah.

"Ich finde keine Antwort auf meine Fragen...", flüsterte er bedauernswert.

Grob durchwuselte Fuma das klatschnasse Haar des Jüngeren. Kamui sah ihn völlig perplex an.

"Die einzige Frage, die du dir selbst stellen musst, ist doch die, warum du nach deiner Auferstehung als erstes auf Subaru treffen wolltest."

Fuma sah ihn so alles wissend an, so, als wäre Kamui ein offenes Buch in dem jedes Wort in Schriftgröße 20 geschrieben wäre. Da war es wieder, dieses Herzklopfen, wenn er an diese gewissen Augenblicke dachte. Wie z.B. Subaru's Gefühlsausbruch bei ihrem ersten Treffen, an die Situation nach seinem Albtraum oder die Umarmung in dem Café. Eine Gänsehaut lief Kamui über den Rücken wenn er sich wieder Subaru's liebevolle Worte ins Gedächtnis rief und an seine Wärme dachte.

>>Warum wollte ich ihn als erstes sehen?<<

In dem Moment schien Kamui ein Licht aufzugehen, was Fuma denn zu meinen schien, denn er wurde blitzartig rot.

"Du musst immer ehrlich zu dir selbst sein und dir nicht einreden, dass deine Gefühle dir einen Streich spielen."

"Hör doch endlich auf damit... Ich bin schon irritiert genug!", fuhr ihn Kamui plötzlich aus heiterem Himmel an.

Er packte Fuma's Jacke und warf sie ihm unsanft entgegen.

"Du sagst hier Dinge die ich dir schon beinahe glauben würde! Doch es ist nicht so einfach wie du dir das vorstellest! Ich habe mir doch schon alles verscherzt! Ich bin doch nicht normal mit solchen Gedanken!"

Kamui wich immer mehr zurück während er Fuma anschrie. Dieser machte inzwischen eine ernstere Miene.

"Verdammt noch mal Kamui! Wovor hast du denn eigentlich Angst? Lauf doch nicht vor dir und deinen eigenen Gefühlen weg! WACH ENDLICH AUF UND GESTEH ES DIR EIN!"

Ein gleißender Blitz erhellte den Stadtbezirk für einen Bruchteil einer Sekunde.

>>Ich soll erwachen? Ich soll ehrlich zu mir selbst sein?<<

Fuma machte es ihm eigentlich so leicht, er schien gleich im ersten Augenblick gemerkt zu haben, was Kamui fühlte. Deswegen wollte er ihn nun auch wieder zu Subaru zurückbringen, dorthin, wohin es ihn auch tatsächlich mit dem Herzen hinzog. Deutlich spürte er wieder die Drähte um seinen Körper und wie sie sich erneut tiefer in sein Fleisch schnitten. doch erkannte er endlich, dass er selbst diese Drähte verkörperte. Kamui schritt wie in Trance immer weiter zurück auf die Straße.

"KAMUI PASS AUF!", brüllte Fuma plötzlich.

Das letzte was Kamui sah, war das gleißende Licht eines näher kommenden Lastwagens und die nach ihm ausgestreckte Hand Fuma's.

Schrei des Herzens

Schrei des Herzens
 

Subaru schlug den Kragen seines Mantels nach oben um, um seinen Nacken vor den kalten Regentropfen zu bewahren. Aufgeregt flatterte sein Mantel mit dem Wind. Eigentlich kam Subaru dieses Unwetter ganz gelegen, zum einen war niemand mehr auf den Bürgersteigen der seine Überlegungen stören konnte, zum anderen war der Regen eine willkommene Abkühlung. Warum er so plötzlich sein Apartment verlassen hatte, wurde ihm gerade erst bewusst.

>>Vielleicht bin ich zu egoistisch, doch ich will ihn bei mir haben. Ich will ihn weder leiden noch weinen sehen und immer in seiner Nähe sein können.<<

Subaru war sich ganz genau im Klaren darüber, was es bedeute solch einen Wunsch zu haben. Von weitem hörte er das schrille Aufheulen einer Krankenwagensirene. Sein noch sehendes Auge wanderte die Straße bis zum Horizont ab, wo schließlich auch die Lichter des besagten Krankenwagens auftauchten. Die Straße war vollkommen leergefegt, das war sehr ungewöhnlich für ein so dicht bevölkertes Land wie Japan und gerade in Tokyo ein eher seltenes Phänomen.

>>Wenigstens hat der Betroffene so noch eine reelle Chance rechtzeitig ins Krankenhaus eingeliefert zu werden.<<, dachte sich Subaru als der Wagen immer näher raste.

Aus reinem Interesse nahm er das Auto im Vorbeifahren genauer ab. Sein Gesicht versteinerte, seine Augen flackerten. Immer wieder spulte er das eben Gesehene im Kopf zurück um sich auch ganz sicher zu sein, ehe er sich ruckartig zu dem Krankenwagen umdrehte und ihm ungläubig hinterher sah.

>>Der Erddrache? Kamui's Freund?<<

Er glaubte gesehen zu haben, wie sich mehrere Sanitäter und Fuma in diesem Wagen zu jemand runtergebeugt hatten. Sein Herz stach und schlug so unregelmäßig, dass es schmerzte.

>>Alles, nur das nicht!<<

Seine Beine fühlten sich an wie massive Marmorsäulen und wollten ihm einfach nicht nachgeben. Auch seine Stimme war einfach weg, egal wie sehr er sich auch bemühte nach ihm zu rufen.

>>Verdammt! Verdammt! VERDAMMT!!!<<

"KAMUI!", platze es urplötzlich aus ihm heraus und mit einem Ruck war jegliche Lähmung aus seinen Gliedern verschwunden.

Mit aller Kraft die er aufbringen konnte, rannte er dem bereits sehr in die Ferne gerücktem Krankenwagen hinterher. Ihn einzuholen war eher unwahrscheinlich, doch Subaru kannte das nahe liegenste Krankenhaus und genau das war sein Ziel.
 

Piep ~ Piep ~ Piep ~ Piep...

Fuma behielt das Gerät, welches Kamui's Herzschläge anzeigte, immerzu im Blickwinkel. Drei Sanitäter standen um den zierlichen Jungen herum und versorgten ihn mit allem was er brauchte. Es war ziemlich eng in dem Krankenwagen für diesen Aufruhr. Mit beiden Händen umschloss Fuma Kamui's linke Hand und hielt diese wie zum Gebet an seine Lippen. Kamui hatte etliche Blessuren erlitten. Blut suppte durch die provisorischen Verbände um Kopf, Arme und Beine. Die vielen Schrammen und Prellungen an seinem Körper machten ihn schon beinahe unkenntlich. Immer wieder befestigte einer der Sanitäter neue Elektronen an Kamui's Brustkorb.

"Verdacht auf mehrere Rippenfrakturen, der Laster hat ihn an voller Front erwischt."

Fuma kniff die Augen zusammen und betete innerlich.

"Hoffen wir mal, dass keine inneren Organe verletzt wurden, innere Blutungen sind nicht auszuschließen. Außerdem liegt eine splitternde Fraktur des rechten Oberarmes vor."

Ein weiterer Sanitäter notierte den vorläufigen Befund. Fuma drückte die Hand zwischen seinen fester und hoffte auf irgendeine Reaktion, vergeblich.

"Der Blutdruck fällt rapide!"

"Die Herzsequenz ist unregelmäßig geworden!"

"Gebt ihm eine Adrenalinspritze! Er kippt uns sonst gleich weg! Wissen sie ob er auf irgendwelche Stoffe allergisch reagiert?"

Fuma war außerstande klar zu denken, er war unaufhörlich damit beschäftigt sich Selbstvorwürfe zu machen.

"Ich... ich weiß es nicht...", stammelte er Gedankenverloren.

>>Und ich nenne mich seinen besten Freund? Ich weiß ja noch nicht mal, ob er an irgendwelchen Krankheiten leidet! Ich weiß so Vieles über ihn nicht! Das Einzige was ich wirklich kenne ist sein Herz...<<

"Brauchen sie vielleicht eine Beruhigungsspritze?", fragte einer der Männer freundlich nach.

Fuma schüttelte den Kopf.

"Nein, bitte tun sie alles damit er wieder auf die Beine kommt!", antwortete er flehentlich.

"Wir tun was in unserer Macht steht, wir erreichen gleich das Krankenhaus, dort wird er dann sofort in die Hände von Spezialisten gegeben. Mehr können wir im Augenblick leider nicht für sie tun."

Besorgt starrte Fuma in das bleiche Gesicht von Kamui, seine Kleidung war zerrissen, von den Sanitätern aufgeschnitten oder teilweise blutdurchtränkt. Er war nicht imstande Kamui's kalte Hand zu erwärmen, auch wenn es wahrscheinlich daran lag, dass sie beide vom Regen völlig ausgekühlt waren. Endlich fuhren sie in die Einfahrt der Intensivstation, alles ging ganz schnell. Wie die Trage mit Kamui's Körper auf einen Rollwagen gehoben wurde, wie mehrere Ärzte sich um eben Diesen scharrten und mit ihm durch die Flure jagten, sich mit den Sanitätern austauschten und ihn selbst immer wieder zum Unfallverlauf ausfragten.

"Lastwagen... zu schnell gefahren... Aquaplaning... Kontrolle verloren... frontaler Zusammenstoß...", waren die einzigen Worte die noch bei Fuma ankamen.

In der vorbereitenden Intensivstation sah er zu, wie man Kamui erneut auf eine andere Liege hievte und verkabelte. Eine Krankenschwester wischte ihm mit einem Lappen Dreck, Blut und Wasser von der Haut und kümmerte sich um die weniger dramatischen Blessuren. Die Ärzte um ihn herum begannen Röntgenvorbereitungen zu treffen oder tasteten Kamui's Bauch ab.

"Doktor, sein Blut an den Wunden gerinnt außergewöhnlich schnell."

Fuma horchte auf.

>>Genau, seine Regenerationskräfte sind ihm ebenfalls geblieben!<<, begann Fuma zu hoffen.

Plötzlich ließ ihn das schrille und hektische Piepen eines der Apparate zusammenfahren.

"Sein Blutdruck ist viel zu hoch! Sein Herz rast, er hyperventiliert! Gefahr auf Herzstillstand besteht!"

"Unmöglich! Er hat nur ein Minimum Adrenalin bekommen! Der Auslöser muss mentaler Herkunft sein!"

"Atmung unregelmäßig, Blutdruck steigt weiter!"

"Wir müssen sie bitten draußen zu warten, wir informieren sie dann zu gegebenen Zeitpunkten."

Schon war die Schwester dabei Fuma aus dem sterilen Raum heraus zu schieben. Mehr als geschockt starrte Fuma durch die großen, schalldichten Fenster in den Raum hinein. Man hatte Kamui eine Beatmungsmaske aufgesetzt und ihm eine Infusion in die linke Armbeuge gesetzt. Die Impulsanzeige auf dem Ekg überschlug sich regelrecht. Fuma konnte nicht mit ansehen wie die Ärzte hilf- und ratlos um Kamui herumrannten, ihm Spritzen gaben oder sein Herz massierten. Kamui's Gesicht blieb ungerührt wie das einer Puppe, so als würde er schlafen und nichts von alle dem mitbekommen. Wie gebannt fixierte Fuma die unregelmäßige Kurve auf dem Bildschirm. Angstschweiß lief über sein Gesicht, er war verzweifelt.

"Kamui... Verdammt! Mach keinen Scheiß...", murmelte er unhörbar vor sich hin.

PIIIIIIIIIIIIIIEEEEEEEEP~

Fuma war, als würde sein Herz in diesem Moment aussetzen. Die Kurve auf dem Bildschirm veränderte sich schlagartig zu einer geraden Linie, auch ohne den einheitlichen und typischen Ton des Ekgs zu hören, hallte dieser schrill in seinem Kopf wider. Mit Tränen in den Augen legte er seine Fäuste auf die Glasscheiben.

>>Nein! Das ist nicht wahr!<<

Vergeblich versuchten Ärzte Kamui zu beatmen, ein anderer Versetzte seinem Herzen immer wieder kräftige Stöße mit den Händen. Die Schwester schob bereits einen Defibrillator heran und stellte die angeforderte Voltzahl ein.

"Lebe Kamui! Lebe!", flehte Fuma und schlug mit halber Kraft verzweifelnd gegen die Glasscheibe.

"HEY! Moment mal! Sie dürfen hier nicht rennen!", rief die Stimme der Rezeptionsleiterin durch die Flure.

Fuma sah rechts von sich zum Ursprung des Rufes. Ein vollkommen aufgelöster und durchnässter Subaru rammelte durch den Flur an Patienten, Stationsschwestern und Pflegern vorbei. Fuma trat einen Schritt zurück als er ihn erkannt hatte. Subaru stoppte kurz als er ihn am Ende des Ganges erblickte. Sofort zog er seine Augenbrauen tiefer und stürmte auf ihn zu.

"Was hast du mit ihm gemacht?!", fuhr er ihn an.

Er hatte Fuma mit beiden Händen am Kragen gepackt und funkelte ihn wutentbrannt an. Fuma's Blick war hingegen einfach nur gebrochen.

"Ist dir das jetzt wirklich so wichtig?"

Subaru ließ ihn los, sein Blick hatte sich sogleich gelockert. Fuma deutete mit einer Kopfbewegung zu den Fenstern. Mit einer schrecklichen Ahnung im Nacken drehte Subaru sich ganz langsam um. Ihm bot sich ein schrecklicher Anblick. Kamui's zerbrechlicher Körper bäumte sich unter dem Einfluss der Stromstöße an seinem Herzen immer wieder auf.

"Was... was zum..."

"Herzstillstand, schon seit etwa einer Minute."

Fassungslos starrte Subaru in den Raum hinein.

"Ich muss da rein!", sagte er entschlossen.

Fuma traute seinen Ohren nicht und packte Subaru sofort von hinten an den Unterarmen.

"Du kannst da jetzt nicht rein! Wir können nichts für ihn tun!", versuchte Fuma Subaru zu beschwichtigen.

"Doch! Wir können bei ihm sein! Lass mich los!"

Ruppig versuchte er sich von Fuma loszumachen. Dieser nahm den doch etwas kleineren Subaru in den Schwitzkasten und schränkte so seine Bewegungsfreiheit ein.

"Du sollst mich loslassen! LASS MICH!"

Mit einem Mal hatte er eine Hand freigemacht und sie auf Fuma losgelassen, doch Dieser war in der Lage gewesen sie abzufangen.

"Reiß dich zusammen! Wie sind hier in einem Krankenhaus und wir helfen Kamui nicht ein bisschen wenn wir uns hier prügeln!"

Er ließ Subaru los, wieder verfolgten sie das Geschehen aufmerksam. Ihre Blicke wurden immer nervöser, irgendwie schienen die Ärzte keineswegs mehr so aktiv mit Kamui's Wiederbelebung beschäftigt zu sein wie zuvor.

"Was verdammt noch mal geht da drinnen vor?"

Subaru stieß sich mit seinen flach aufgelegten Händen von der Scheibe ab und warf schon im nächsten Augenblick die Pendeltüren des Raumes beiseite.

"Sie dürfen hier nicht einfach hereinplatzen!", wetterte einer der Ärzte.

Sie gingen auf Subaru zu und wollten ihn wieder hinausbefördern, doch er wehrte sich strickt dagegen.

"Kamui! Hörst du mich?", rief er.

Sein Blick ruhte unaufhörlich auf dem bleichen Gesicht Kamui's. Als die so sehnlich herbei gewünschte Reaktion ausblieb stiegen ihm ganz unbewusst Tränen der Verzweiflung in die Augen. Die Ärzte ließen ihn nicht durch und versuchten ihn inzwischen schon mit Gewalt nach draußen zu zerren. Fuma harrte versteinert vor der Glasscheibe aus.

"Wach auf Kamui!", bettelte Subaru weiter.

"Es tut uns schrecklich leid, aber wir können nichts mehr für ihn tun.", brachte ihm der Chefarzt bestürzt bei.

Bei diesem Satz rasten viele Bilder alter Erinnerungen an ihm vorbei. Immer noch versuchte Subaru sich einen Weg durch die Wand aus Menschen zu bahnen.

"Kamui! Kamui! Mach die Augen auf Kamui!"

Er streckte seine Hand nach ihm aus, der Anblick seines bleichen und leblosen Körpers lies Subaru in hysterische Verzweiflung verfallen.

>>Eine Welt ohne ihn brauche ich nicht! Ich will ohne ihn nicht leben!<<

"Es ist vorbei! Er ist tot Subaru!", blaffte Fuma hinter ihm.

Plötzlich fuhr Subaru unerwartet mit einem Schwung zu ihm herum.

WAMM

Fuma fand sich im nächsten Moment mit einer stark pochenden Wange am Boden des Flurs wieder.

"Das hätte ich schon bei unserem ersten Treffen tun sollen!"

Diese überquellenden Emotionen und diese verfluchte Wut trieben die ihm die angesammelten Tränen aus den Augen.

"Lassen sie mich jetzt endlich zu ihm!"

"Es gibt nichts mehr zu retten! Wir haben alles versucht! Inzwischen ist viel zu wenig Sauerstoff in seinem Blut, sein Herz hat aufgegeben! Er kommt nicht mehr zurück, ausgeschlossen!"

Sein Herz hämmerte.

"Ich habe ihn einmal verloren, ich werde ihn nicht noch ein zweites Mal verlieren!"

Inzwischen war die Polizei angerückt. Zwei Beamte hakten sich grob in seine Arme ein und hievten ihn hinaus.

"KAAMUII!!!", brüllte Subaru aus tiefster Seele.

Sein herzzerreißender Schrei ließ das gesamte Krankenhaus verstummen, sogar die Polizisten hielten Inne. Verzweifelt sah Subaru zu kamui hinüber, keine Regung.

"Es tut uns leid...", flüsterte die Schwester.

"Lassen sie ihn los, wir geben ihm eine Beruhigungsspritze.", meinte einer der Ärzte zu den Beamten.

Subaru ließ seine Arme schlaff am Körper herunterhängen, er konnte seinen Blick einfach nicht von Kamui nehmen. Unaufhörlich rannen die Rinnsäle von Tränen seine Wangen hinunter, bis plötzlich die Stille im Raum durchbrochen wurde.

...Piep ~ Piep ~ Piep ~...

Das, was ich beschützen will

Das, was ich beschützen will
 

Alles verstummte.

"Doktor! Sehen sie sich das an!"

Alle starrten gebannt auf das Ekg und dann zu dem kleinen Schwarzhaarigen. Kamui's rechter Zeigefinger zuckte.

"Er atmet! Doktor er atmet! Puls normal, Blutdruck stabil, Sauerstoffgehalt im Blut steigend!"

Fuma, der Kamui schon aufgegeben hatte, traute seinen Sinnen nicht. Sofort stürzten alle Ärzte auf das medizinische Wunder zu und testeten seine Reflexe, Subaru stand wie versteinert am selben Fleck und schaute abwesend Löcher in die Luft. Nach ausgiebigen Tests wandte sich der Chefarzt freudestrahlend zu ihm um.

"Er reagiert hervorragend auf unsere Tests! Sein Gehirn scheint unbeschadet davon gekommen zu sein. Wenn sein Zustand weiterhin so stabil bleibt wie jetzt, sehe ich keinen Grund dafür, dass er es nicht überlebt."

Subaru realisierte alles nur sehr schleichend, noch immer entrannen seinen Augen Tränen.

"Er... er lebt...", stammelte er.

"Ja Subaru, Kamui lebt, er hat es geschafft, er wird nicht sterben.", sprach Fuma im erfreuten Tonfall.

Er hatte seine Hände auf Subaru's Schultern gelegt und sah ihn mit seiner erleichterten Miene an, doch Subaru's Blick blieb leicht glasig und schien ihn gar nicht zu sehen.

"Er hat mich nicht angelogen...", flüsterte er.

"Hm?"

Fuma sah ihn verdutzt an. Subaru schloss seine Augen und lächelte, halb freudig, halb traurig.

"Er ist wirklich nicht verschwunden..."

Mit diesem Satz sackte er unerwartet zusammen, Fuma konnte ihn noch gerade so halten.

"Was ist passiert? Geht es ihm nicht gut?", fragte die Schwester besorgt.

Fuma schwieg einen Moment lang.

"Ich glaube, das war alles ein wenig viel für ihn, er ist völlig erschöpft."

"Sind sie angehörige des Patienten?"

"Na ja, wir sind seine Freunde."

"Dann kann ich leider nicht viel für sie tun, nur direkte Verwandte dürfen ausnahmsweise bei den Patienten übernachten. Wir müssen sie eh noch informieren."

Fuma machte einen bedrückten Eindruck auf die Schwester.

"Wenn er noch Familie hätte wäre das möglich, er ist Vollwaise und hat auch sonst keine Verwandten mehr, bitte! Wir sind die Einzigen, die er noch hat.", bettelte Fuma.

Sie seufzte.

"Na gut, wenn das so ist, aber selbst in diesem Fall kann ich nur einen von ihnen die Erlaubnis erteilen."

Fuma zögerte mit seiner Antwort nicht lange.

"Lassen sie ihn bitte hier bleiben."
 

Vögel zwitscherten fröhlich vor sich hin, ein frischer Luftzug umspielte sein Gesicht. Geneckt vom süßlichen Duft von in voller Blüte stehender Kirschbäume, öffnete er seine violetten Augen. Sterile, weiße Wände erkannte er, zum Geruch der Kirschblüten mischte sich der von Medizin und Sterilisationsmitteln. Mehrmals musste Subaru zwinkern um zu realisieren wo er war.

"Geht's wieder?"

Subaru stellte fest, dass er in einem Stuhl saß, über ihm beugte sich Fuma mit einem Glas Wasser zu ihm herunter. Ohne ihm zu antworten drehte er seinen Kopf nach links, von wo er ein regelmäßig piependes Gerät ausmachte. Auf einem kleinen Nachttischen stand in einer Vase ein in voll erblühter Kirschbaumzweig. Kamui lag dort in einem Krankenbett, angeschlossen an ein Ekg. Eine Infusion war in seiner rechten Armbeuge eingesetzt. Skeptisch begutachtete Subaru die Sauerstoffmaske in Kamui's Gesicht. Fuma beobachtete Subaru.

"Hier nimm, da drin ist eine Kopfschmerztablette aufgelöst."

Er drückte Subaru das Glas in die Hand und setzte sich in den Stuhl rechts neben ihm.

"Mach dir keine Sorgen wegen der Sauerstoffmaske, Kamui atmet selbstständig. Die Ärzte meinten, dass es nach einem so langen Atemaussetzer schon mal passieren kann, dass der Patient unregelmäßig atmet, in diesem Fall würde diese Beatmungsmaschine einspringen."

Subaru's Augen verfolgten den dünnen Schlauch, der von der Maske in einen kleinen Aperrat führte.

"Du hast ganz schön die Fassung verloren...", sagte Fuma als Subaru das Wasserglas mit einem Zug leerte.

"Wenigstens habe ich ihn nicht aufgegeben"

Fuma hörte den vorwurfsvollen Unterton ganz genau heraus, war sich aber im Klaren, dass diese Aussage berechtigt war.

"Ich stand neben mir, ich war nicht mehr zurechnungsfähig. Bis du mich auf den Boden zurückgeholt hast."

Unbeeindruckt zuckte Subaru mit den Augenbrauen, sein Blick verharrte starr auf Kamui.

"Was sagen die Ärzte?", fragte er monoton klingend.

Fuma faltete seine Hände zusammen und stützte seinen Kopf darauf ab.

"Sie sagen, dass er über den Berg ist. Sie können sich nicht erklären, wie sämtliche Verletzungen sich selbstständig in diesem minimalen Zeitraum regenerieren konnten. Brüche sowie innere Blutungen haben sich selbstständig geheilt."

"Was hast du ihnen erzählt?", meinte Subaru schon etwas besorgter.

"Das Kamui schon immer ein Selbstheilungstyp war und dass das an seinen Genen liegt."

"Und wie reagieren sie darauf?"

"Sie haben genickt, anderes können sie sich das auch nicht erklären."

Beruhigt seufzte Subaru und saß gleich wesentlich entspannter in seinem Stuhl. Kamui als wissenschaftlich wertvolles Objekt zu sehen bereitete ihm Magenkrampfen. Niemals würde er zulassen, dass man Kamui als Versuchskaninchen missbrauchen würde.

"Ich frage mich, warum es trotz seiner Regenerationskräfte am Anfang so kritisch um ihn stand..."

Subaru grübelte still für sich.

"Er ist wie jeder andere Mensch auch verletzlich, auch er kann sterben. Wenn seine Verletzungen zu stark sind kann er sich nicht selbst heilen, dafür braucht er sehr viel Kraft."

Fuma musterte seinen Sitznachbarn.

"Ich glaube, dass er aufgegeben hatte..."

Entsetzt starrte ihn Subaru an, das erste Mal seit er zu sich gekommen war.

"Ich habe mich mit Kamui unterhalten, irgendwann habe ich wohl seinen wunden Punkt getroffen, er wurde wütend."

Gespannt lauschte Subaru dieser Erzählung.

"Er war völlig aufgelöst und trat dabei immer weiter auf die Straße zurück. Irgendwann kam dann plötzlich dieser Lastwagen, Kamui sah ihn zwar noch, doch da war es schon zu spät..."

"Wie kannst du behaupten, dass er aufgeben wollte?"

Subaru versuchte sich zu beherrschen, seine Finger bohrten sich in die ledernen Stuhllehnen.

"Kamui war nicht von Anfang an bewusstlos."

Subaru stockte der Atem als Fuma ihn mit einem ernsten Blick konfrontierte.

"Als ich wie in Trance vor seinem verwundeten, schwach atmenden Körper stand sah er mich lächelnd an. Ich konnte mich nicht rühren, nichts sagen. Er zwinkerte mir beruhigend zu, trotz des Regens glaubte ich ihn weinen zu sehen. Dann wurde er trauriger, nickte mit letzter Kraft und wurde ohnmächtig."

"Was soll das? Wieso erzählst du das?", warf ihm Subaru vor.

"Wie du siehst lebt er! Wenn er sterben wollte wäre er nicht hier!", fügte er hinzu.

"Du verstehst nicht was ich sagen will!", fuhr ihn Fuma an.

Beide schwiegen sich an, sahen zu Kamui herüber und senkten wieder ihre Tonlage.

"Was ich sagen will ist, als ich im Krankenwagen seine Hand hielt, wenn ich seinen Namen sagte oder anderes, nie hat er reagiert, sein Zustand wurde mit der Zeit immer schlimmer, ich war machtlos. Dann hat sein Herz aufgehört zu schlagen."

"Das weiß ich doch!", unterbrach ihn Subaru forsch.

"Hör endlich auf damit mich zu unterbrechen und hör mir verdammt noch mal zu!"

Wieder erfüllte nur das regelmäßige Piepen des Ekgs den Raum.

"Subaru, was wäre, wenn Kamui's Herz nur deswegen wieder angefangen hat zu schlagen, weil du nach ihm gerufen hast?"

Subaru war sprachlos, genau damit hatte Fuma gerechnet. Verzweifelt suchte Subaru nach einer Antwort die ihm logisch erschien, doch er fand keine. Fuma seufzte und lächelte ihn schließlich an, das verwirrte Subaru noch mehr.

"Für Kamui gibt es nur noch einen triftigen Grund, für den es sich lohnt zu leben und der bin definitiv nicht ich."

Subaru spürte, wie ihm wärmer wurde, sein Blut wurde immer schneller durch seine Venen gepumpt.

"Ich, als sein bester Freund, bin es sicherlich einst einmal gewesen, doch wenn ich es noch wäre hätte er mein Flehen erhört. Nein, jetzt bist du ihm wichtiger."

Wie Fuma das so alles einfach dahin sagen konnte blieb Subaru in Rätsel, er selbst verfluchte sich für das deutlich spürbare Rot auf seinen Wangen. Fuma legte gerade sämtliche Emotionen ihn ihm frei, so als wären sie nicht schwerer zu erkennen als die Zeilen in einem Buch.

"Wie kommst du darauf?", versuchte er abzulenken.

Fuma, der Subaru's Verlegenheit natürlich sofort wahrgenommen hatte, schmunzelte.

"Das habe ich doch gerade die ganze Zeit über erläutert. Aber ich bin schon vorher darauf gekommen, noch bevor dieser schlimme Unfall passiert ist."

Subaru wurde sichtlich nervöser, nachdenklich legte er seine linken Fingerknöchel an sein Kinn. War ihm das etwa nie aufgefallen? Hatte er Kamui's Verhalten immer irgendwie ignoriert und waren ihm dessen emotionalere Augenblicke nie ungewöhnlich vorgekommen? Hatte er da etwas verdrängt, was von unwahrscheinlicher Bedeutung war? Je mehr er darüber nachdachte, desto eindeutiger gingen die "Beweise" in eine bestimmte Richtung.

"Worüber hast du mit Kamui gesprochen, dass er so aufgelöst war?"

Fuma hatte anscheinend sehnsüchtig auf diese Frage gewartet, lehnte sich aber entspannt zurück und lächelte weiterhin fröhlich vor sich hin ohne dabei seinen Blick von seinem Gesprächspartner zu nehmen.

"Nun?", hakte Subaru ungeduldig nach.

"Tja, ich glaube, das solltest du Kamui selbst fragen sobald er wieder zu sich kommt."

Entnervt ließ sich Subaru zurückfallen.

"Und was ist mit dir?", fragte Fuma neugierig nach.

Subaru's blindes Auge bewegte sich in Fuma's Richtung.

"Was meinst du? Was soll mit mir sein?", gab er trotzig wider.

"Würde ich lügen wenn ich behaupten würde, dass dir Kamui nicht ganz egal ist?"

Mit großen Augen starrte Subaru Fuma an.

"Was? Wieso? Du bist ein seltsamer Mensch, versuchst du immer in die Herzen anderer zu sehen?"

"Nicht absichtlich, hab ich nun Recht oder nicht?"

"Ich... Wie sollte ich... ich meine...", versuchte Subaru nach Ausflüchten zu suchen.

Er selbst war sich seiner Sache, seinen Gefühlen noch gar nicht sicher um konkret antworten zu können.

"Hör doch auf! Denk doch mal nach, im Grunde genommen ist es doch offensichtlich!", forderte Fuma mit einem Grinsen im Gesicht.

Subaru fühlte sich überrannt, wie konnte ein mehr oder weniger wildfremder Mann so frei heraus eine solche Behauptung aufstellen? Wie konnte er seine Gefühle besser verstehen können als er selbst?

"Ich war ja nun nicht die Ganze Zeit über mit euch zusammen, aber wenn ich mal ein wenig zurückdenke... Als du damals vor meinem Haus gestanden hast war dein Blick starr und kalt, nicht nur weil du mich nicht mochtest. Du hast mich schon öfter so angesehen. Wenn es um Kamui geht bist du gleich ganz anderes. Du wirkst offener, viel warmherziger und verletzlicher. Du wolltest ihn doch um jeden Preis vor mir beschützen, oder habe ich da was falsch verstanden?"

Subaru war so perplex, dass er außerstande war geordnete Gedankengänge zu führen.

"Wenn du doch schon alle deine Antworten hast, warum fragst du mich dann?"

"Ich fühle mich immer sicherer, wenn man mich bestätigt."

Subaru kam es so vor, als würde das Grinsen auf Fuma's Gesicht immer breiter werden.

"Selbst wenn es so wäre, wahrscheinlich werde ich ewig darüber schweigen."

Sofort wich aus Fuma's Gesicht jegliche Freude und Überlegenheit.

"Das darfst du nicht!"

"Seit wann nehme ich von dir Befehle entgegen? Ich habe deine Taten noch nicht vergessen, auch wenn du nicht Schuld an ihnen bist."

"Mach mir Vorwürfe so viele du willst, ich kann es nicht ändern, aber wenigstens verstecke ich mich nicht davor und stehe dazu. Dieser Mut scheint dir ja anscheinend zu fehlen."

"Ich merke schon, das heutige Wortgefecht gegen dich werde ich wohl haushoch verlieren.", bekundete Subaru zynisch.

"Das war durchaus von mir beabsichtigt. Wie auch immer... Wenn du mit deinen Gefühlen hinter den Berg hältst werden sie dich irgendwann auffressen. Du kannst sie vielleicht verstecken, doch Kamui wird immer in deiner Nähe sein. Bist du sicher, dass du damit klarkommen kannst? Ihr könntet beide aneinander vorbeirennen."

Subaru begann diese Konversation anzukotzen, noch nie war jemand so tief in sein Herz eingetaucht oder hatte ihn jemals aus der Reserve locken können.

"Könnten wir vielleicht das Thema wechseln?", sagte er barsch.

"Nein, können wir nicht! Hast du Angst, Kamui könnte dich abweisen und dann die Freundschaft mit dir brechen?"

Subaru's Gesichtsausdruck reichte als Antwort vollkommen aus.

"Du kennst ihn doch auch... Er würde sich vielleicht den Kopf zerbrechen, doch niemals würde er die Bande zu dir lösen zu können. Alles ist besser als das ganze Leben über mit einer selbst geschaffenen Lüge zu leben."

Fuma stutzte als Subaru anfing zynisch in sich hineinzulachen.

"Ich sag dir was, wenn Kamui wieder ganz bei uns ist und ich mir über meine Gefühle im Klaren bin, sprechen wir weiter, in Ordnung?"

Fuma nickte einverstanden. Gerade stand er auf um auch für sich ein Glas Wasser zu holen.

"Das Bett neben Kamui ist für dich freigemacht worden, ich konnte arrangieren, dass du bei ihm bleiben darfst. Für dich ist das sicher wichtiger als für mich."

Als er die Türklinke herunterdrückte hielt ihn Subaru kurz zurück um dankend zu nicken. Fuma lächelte und wollte gehen.

"Aber du hast Recht..."

"Hm?"

"Wenn ich auch nicht viel über meine eigenen Gefühle weiß, weiß ich doch ganz bestimmt, dass ich Kamui nie mehr allein lassen möchte. Nie wieder würde ich zulassen das ihm was passiert, dass er verschwindet. Ich will ihn nicht mehr verlieren, er ist das, was ich beschützen will."

"Und du sagst, dass du nicht weißt, wie du fühlst?"

Als Subaru aufsah war Fuma gerade aus der Tür getreten.

>>Eine starke Persönlichkeit.<<

In diesem monotonen Raum gab es nun nur noch Kamui, Subaru und die arbeitenden Aperrate. Er rückte mit seinem Stuhl an das Bett des Jüngeren und nahm dessen Hand in seine. Subaru seufzte, sie war warm wie seine.

>>Ich verstehe nun, warum du mit ihm befreundet bist und auch, dass er es wert war für ihn zu sterben.<<

Subaru führte Kamui's Hand an seine Lippen und küsste sie liebevoll.

"Komm zurück zu mir Kamui, ich warte auf dich."

Innere Kraft

Innere Kraft
 

...

Mit dem gewohnten und oft gehörten Klacken öffnete sich die weiße Tür des Zimmers. Herein kam Fuma, in den Händen zwei Plastiktüten in denen Essen zum Mitnehmen eingepackt war.

"Du solltest mehr schlafen, du kannst doch nicht die ganze Zeit über an seinem Bett wachen.", sagte er vertraulich während er Subaru eine der Tüten rüberreichte.

"Ich kann nicht anders, wenn sich etwas verändert möchte ich dabei sein."

Subaru entfernte die Alufolie von seiner Plastikschale und brach seine Stäbchen auseinander. Fuma ließ sich wie immer in den Stuhl neben ihm fallen.

"Und er hat noch nicht reagiert? Nicht mal wenn du seinen Namen sagst?"

Subaru schüttelte bedrückt den Kopf und stocherte in seinem Teriyaki herum.

"Nicht mal mit einer Wimper hat er gezuckt."

Fuma kaute bedächtig seinen ersten Bissen herunter.

"Es sind inzwischen fast zwei Wochen vergangen, der Chefarzt ist ratlos. Kamui hätte schon längst aufgewacht sein müssen."

Subaru aß in gewisser Zeit nicht mal halb soviel wie Fuma.

"Willst du nicht doch mal pausieren und vielleicht mal bei dir daheim vorbeischauen? Schlaf dich mal richtig aus und iss anständig."

Subaru verpackte seine Reste und schob sie unter den Stuhl.

"Weißt du was Kamui mal zu mir gesagt hat?", fragte Subaru.

"Nein, woher denn? Ich bin mir aber sicher, dass du es mir gleich erzählen wirst."

Subaru lächelte und stützte sich auf seine Unterarme.

"Er sagte, dass meine Räumlichkeiten steif und leblos wären, den Zusammenhang zu erklären würde jetzt zulange dauern."

"Ist nicht die Campusleitung für die Inneneinrichtung verantwortlich?", hinterfragte Fuma.

"Schon, aber darum geht es gar nicht. Als ich allein gewohnt habe ist es mir nie aufgefallen, mir erschien die ganze Welt irgendwie trist und grau. Als Kamui dann für diese kurze Zeit bei mir war, habe ich die Farben erst entdeckt. Wenn ich jetzt allein in diese Wohnung zurückkehre fällt mir die Decke auf den Kopf. Wenn er bei mir ist kann die Umgebung noch so monoton sein, die Farben die er mir vermittelt lassen mich das vergessen."

Subaru drückte sich mit derselben träumerischen Romantik aus, die auch schon sein Gesichtsausdruck vermittelte. Diese Warme Ausstrahlung berührte Fuma tief in seinem Herzen.

"Du hast wirklich ein gutes Herz, fast schon zu gut."

Subaru zuckte. Sein verträumter Blick klarte wieder auf.

"Genau das hat mir vor einiger Zeit schon mal jemand gesagt."

"Der Sakurazuka?"

Subaru lachte künstlich in sich hinein.

"Du kennst die Antwort doch schon. Seltsam, ich wollte nie wieder Platz für einen anderen Menschen schaffen..."

"Ein Mensch kann sein Leben nicht alleine fristen ohne unglücklich zu werden. Wenn es nichts mehr gibt, das man beschützen will, was nützt einen dann noch das Dasein?"

"Du wärst ein guter Himmelsdrache gewesen. Du hättest immer die richtige Antwort gehabt, hättest allen Mut machen können."

"Ich bin froh, dass es so gekommen ist, wie es ist. Die andere Zukunft will ich gar nicht wissen. Ich wäre vielleicht nicht so stark gewesen wie Kamui und hätte mit Sicherheit verloren."

"Es gab Momente, da habe ich dich abgrundtief gehasst."

"Nicht zu verübeln. Die Vergangenheit ist wie sie ist und wird nicht mehr zu ändern sein. Doch vor uns liegt doch noch die ganze Ewigkeit der Zukunft, die wir uns so gestalten können, wie wir sie uns wünschen."

Der Halbmond prangte am Himmel. Subaru und Fuma betrachteten ihn eine ganze Weile schweigend. Bis sie wieder miteinander sprachen war mindestens eine halbe Stunde vergangen.

"Es handelt sich bei seinem Zustand auch nicht um ein Wachkoma, oder?", flüsterte Subaru ein wenig neben sich stehend.

"Nein, zumindest kein begründetes. Er hat praktisch keine Schäden davongetragen. Wenn es nur dieser unantastbare Schlaf wäre... Sie wollen ihn bald künstlich ernähren lassen. Die nötigen Nährstoffe per Infusion in seinen Körper zu schaffen ist keine dauerhafte Lösung, seine Organe müssen beschäftigt werden sonst schläft seine Verdauungstätigkeit ein und der Stoffwechsel lahmt."

Subaru schwieg dazu, dass Kamui abgenommen hatte konnte man auf den ersten Blick nicht erkennen. Doch er war dabei gewesen, wenn die Schwestern seinen Schlafanzug wechselten, die dünnen Arme, die deutlich sichtbaren Rippen... Seine Sorgen wurden von Tag zu Tag größer.

"Kannst du dir seinen Zustand erklären?", holte ihn Fuma aus dem Meer seiner Gedanken zurück.

"Ich könnte, aber ich hoffe, dass sich meine Ahnung nicht bestätigt."

Fuma sah ihn drängend an, er brauchte nicht nach einer Erklärung fragen.

"So wie die Dinge stehen hat er sich, wie schon einmal, in den Tiefen seines Herzens zurückgezogen."

Fuma sah ihr skeptisch an.

"Ich habe diese Möglichkeit aber bisher eigentlich definitiv ausgeschlossen. Er ist nicht das, was man weggetreten nennt und weist auch keine auffälligen Verhaltensmuster auf. Normalerweise sind solche Menschen einfach nur nicht mehr ansprechbar. Er hat auch keinen schwerwiegenden Schock erlitten..."

"Mit einem Wort, Kamui hätte keinen Grund nicht zu uns zurückzukehren?"

Subaru nickte stumm. Er rückte mit seinem Stuhl wieder an das Bett heran. Mit seinem rechten Zeigefinger fuhr er kleine Kreise in Kamui's Handfläche. Fuma musterte Subaru's Miene.

"Entweder machst du dir einfach nur Sorgen, oder noch zusätzlich Vorwürfe."

"Ich überlege immer wieder, ob ich es hätte verhindern können. Ich hatte nichts Besseres zu tun als ihn im Supermarkt anzufahren. Menschen können so verletzend sein..."

Fuma's Hand legte sich tröstend auf seine Schulter.

"Mag sein, aber erst durch Streit bemerken wir, wie wichtig uns dieser Mensch ist, wenn einem das klar geworden ist, wird die Versöhnung umso schöner."

Subaru grübelte, er überlegte wirklich beinahe krampfhaft wie er Kamui aufwecken konnte. Doch er glaubte nicht mehr an seine Fähigkeiten, seit der Entscheidung auf dem Tokyo Tower waren die Stimmen um ihn herum verstummt und genau das machte ihn zu einem ganz normalen Menschen, so wie er immer einer sein wollte. Warum brauchte er gerade jetzt seine ihm angeborenen Kräfte?

"Worüber denkst du nach?", unterbrach ihn Fuma.

Subaru schwieg zu dieser Frage. Er stand auf und schob den Stuhl zurück an die Wand, kurz darauf griff er seinen Mantel vom Kleiderständer und drückte die Türklinke herunter.

"Wo willst du denn plötzlich hin?", fragte ihn Fuma verdutzt.

"Kamui wird nicht aufwachen, dass spüre ich. Bitte bleib du die Nacht hier, ich bin morgen früh wieder zurück."

Schon fiel die Tür zurück ins Schloss, draußen auf dem leeren Flur hallten Subaru's Schritte wieder, er schien zu rennen. Verwirrt stierte Fuma zur geschlossenen Tür.
 

Seine Schritte hallten auf dem leergefegten Gelände des Campus wider. Der Flur bis zu seinem Apartment erschien ihm viel länger als sonst. Subaru hatte es so eilig, dass seine Finger zitterten als er krampfhaft versuchte den Schlüssel, den er sich vorher bei der Campusleitung abgeholt hatte, in das Türschloss zu stecken. Sobald die Tür hinter ihm zugefallen war, warf er seinen Mantel unachtsam über einen der Stühle, knipste das Licht an und marschierte in die Küche. Mit wenigen Handgriffen hatte er sich Wasser aufgesetzt und war auch schon wieder nach draußen marschiert direkt bis ins Badezimmer. Dort drückte er wortlos den Stöpsel in den Abfluss der Badewanne und ließ sich heißes Wasser ein. Als er ein großes Handtuch rausgesucht hatte huschte Subaru auch schon wieder zurück in die Küche wo der Wasserkocher bereits verdächtig bebte. Er schaltete ihn aus und wanderte anschließend ins Wohn- und Schlafzimmer.

>>Ich müsste sie aufgehoben haben, sie müssen hier irgendwo sein.<<, dachte er bei sich, als er im untersten Schubfach seines Nachttisches rumwühlte.

Das er nach einigen Minuten stoppte, bedeutete wohl, dass er gefunden hatte, wonach er gesucht hatte. In den Händen hielt er einen kleinen Stapel weißer Zettel auf denen ein schwarzes Pentagramm abgebildet war. Nicht sonderlich wohl gesonnen betrachtete er seine alten Arbeitswerkzeuge. Subaru wechselte von der Hocke in den Stand über und nahm den obersten Zettel des Stapels in seine rechte Hand, während er die Restlichen auf sein Bett gleiten ließ.

>>Das Eine hat mit dem anderen nichts zu tun, wenn ich auch keine Bannkreise mehr schaffen kann, ich bin und bleibe das 13. Oberhaupt des Yin-Yang- Clans!<<, versuchte er sich zu bestärken.

Er hielt den Zettel gerade vor sich hin und begann sich zu konzentrieren. Was auch immer er jedoch versuchte, es wollte ihm einfach nicht gelingen. Sein Kopf war einfach nicht frei genug.

"Verdammt!", fluchte er ungehalten und ließ den Zettel fallen.

Er ging zurück in die Küche, wo er sich seinen Tee aufgoss und dann eine Tasse mit ins Badezimmer nahm. Dort drehte er den Wasserhahn wieder zu und begann sich zu entkleiden. Als er sich schließlich in das heiße Wasser gleiten ließ, atmete er alle Luft aus. Die Wärme, die durch seine Haut in jede Zelle drang, war sowohl schmerzlich wie auch angenehm. Die entspannende Wirkung eines Bades hatte Subaru in all der Zeit schon ganz vergessen gehabt, doch seine Gedanken drehten sich weiterhin um Kamui. Wie konnte er denn auch seelenruhig baden, während der ihm wichtigste Mensch einfach nicht aufwachte und langsam aber sicher verhungerte?

>>Warum Kamui? Warum willst du nicht zu uns zurückkehren? Was hält dich davon ab deine Augen zu öffnen und mich anzusehen?<<

Subaru ließ sich unter den Schaum sinken und tauchte schließlich ganz mit seinem Kopf unter die Wasseroberfläche.

>>Warum kann ich meine Kräfte nicht mehr einsetzen? Was mache ich anders als sonst?<<

Ihm wurde heiß, fast schon unerträglich, doch Subaru nahm es als Strafe für seine Unzulänglichkeit auf sich. Plötzlich riss er die Augen auf und schnellte hoch, so dass sämtliche Wassermassen über den Rand der Wanne schwappten. Hektisch atmete er ein und aus.

"Das ist es! Natürlich!"

Mit einem Satz war er aus der Wanne heraus und wickelte sich unkoordiniert sein Handtuch um die Hüfte. Klitschnass und an manchen Stellen mit Schaum bedeckt, spurtete er zurück zu seinem Bett wo er sich einen der Zettel schnappte.

>>Ich habe sie immer nutzen können weil es einen Menschen gab, für den ich sie brauchte. Ich habe an mich selbst geglaubt. Wenn ich nur ein Ziel vor Augen habe und es mit ganzem Herzen verwirklichen will, dann kann ich es schaffen!<<

Der Gedanke Kamui's Lächeln wieder zu sehen weckte seine innersten Kräfte, machte ihn entschlossen. Ja, er wollte mit jeder Faser seines Herzens seinen Wunsch erfüllen. Nebel umspielte den Zettel, im nächsten Moment formte sich ein weißer Vogel aus ihm, der sich in die Luft erhob um dort wieder zu Rauch zu werden. Subaru hätte nie gedacht, dass er es jemals begrüßen würde nicht so normal wie die anderen zu sein. Erleichtert und voller Hoffnung ließ er sich auf sein Bett fallen.

>>Ich komme Kamui, bitte gedulde dich noch ein wenig.<<

Schon einen Augenblick später schlief er in dieser Position ein.

Abgetaucht

Abgetaucht
 

"Nein!", erfüllte Fuma's energische Stimme den Raum.

"Wir sehen keine andere Möglichkeit mehr, wenn sein Kreislauf weiterhin normal funktionieren soll, müssen wir Maßnahmen ergreifen. Es mag vielleicht etwas rabiat wirken und es ist bei Weitem kein angenehmes Gefühl, doch ich sehe mich gezwungen..."

"Ich bitte sie! Haben sie nur noch ein wenig Geduld!", fiel Fuma dem Arzt ins Wort.

"Ich glaube, wir haben genug Geduld gehabt! Haben sie sich nicht so! Sie sind nicht berechtigt mir Befehle zu erteilen, sie sind nicht im Entferntesten mit dem Patienten verwand!"

Grob schob sich der Chefarzt mitsamt einer Schwester an dem machtlosen Oberschüler vorbei. Beim Anblick des großen und breiten Schlauches, der in Kamui's Speiseröhre eingeführt werden sollte, machten sich bei ihm erste Brechreize bemerkbar. Fuma legte beide Hände auf die Schultern des Arztes um ein letztes Mal zu einer Umstimmung anzusetzen.

"Finden sie es richtig, einem ihrer Patienten ohne sein Einverständnis einfach einen derartigen Gegenstand in den Hals zu jagen? Ich flehe sie ein letztes Mal an, warten sie wenigstens bis sein anderer Freund wieder zurück ist."

Ruppig schüttelte der ältere Mann Fuma von sich und blickte ihn grimmig an.

"Wann wird dieser "Freund" denn hier eintreffen?"

Fuma verstummte, darauf konnte er nicht antworten.

"Pah, genau das dachte ich mir schon. Jetzt lassen sich mich in Ruhe meine Arbeit machen und belästigen sie mich nicht weiter."

Hilfe suchend sah Fuma zu der Schwester herüber, doch Diese schüttelte nur abweisend ihren Kopf.

"Schwester, legen sie den Kopf des Patienten bitte in den Nacken und sorgen sie für die nötige Körperspannung, ich werde den Schlauch direkt bis zu seinem Magen einführen."

Fuma spürte, wie seine Knie weich wie Butter wurden. Wenn jetzt nicht ein Wunder geschah, würde Kamui innerhalb der nächsten Augenblicke gegen seinen Willen zwangsernährt.

"Was machen sie da?"

Die Gesichter aller Anwesenden wendeten sich zur Zimmertür. Ein Seufzer der Erleichterung entkam Fuma. Subaru hatte gerade den Raum betreten und sah mit entsetzter Miene in Richtung Krankenbett.

"Ich frage sie ungern noch mal, was machen sie da?", forderte er.

Sein Blick verdunkelte sich, Arzt und Schwester erschauderten. Fuma stellte fest, dass es sich hierbei um denselben Blick handelte, den Subaru früher sonst nur ihm vergönnt hatte. Subaru achtete gerade jedoch nur sehr wenig auf ihn, im Moment beschäftigte ihn eher die Haltung Kamui's. Ohne seinen Blick von ihm zu nehmen schloss er die Tür hinter sich. Fuma fiel gerade auf, dass Subaru sich umgezogen hatte. Er trug ein weißes Hemd und darüber eine schwarze Weste, allgemein wirkte er erholter, sein Erschienungsbild wirkte auf irgendeine Art und Weise seltsam neu und ungewohnt.

"Wir haben vor, ihren Freund über diesen Aperrat zu ernähren."

Dabei deutete der Mann auf einen kesselartigen Aperrat mit einer kleinen Pumpe an der Seite, an ihm war auch der lange Schlauch befestigt, welcher am anderen Ende gerade bis zu Kamui's Lippen angesetzt war.

"Ich möchte sie ernsthaft bitten, von ihrem Vorhaben abzusehen. Ich würde es befürworten, wenn sie mir noch einen Tag Zeit geben."

Seine Worte wollten dem Arzt anscheinend überhaupt nicht einleuchten, schweigend hielt sich die junge Frau im Hintergrund zurück.

"Jetzt fangen sie nicht auch noch mit diesem Unfug an! Wenn er wieder aufwacht wird er zwar unvermeintlich Schmerzen im Hals haben und vielleicht auch einen kleinen Schock bekommen, aber die Stimme wird nach wenigen Tagen wieder voll einsatzbereit sein und auch die Halsschmerzen vergehen bald nach der Entfernung des Schlauches!", zeterte der Arzt aufgebracht.

"Ich verstehe ihre ärztlichen Pflichten sehr gut, aber ich bin überzeugt davon, dass ihre Methode nicht von Nöten sein wird. Wenn sie sich jetzt bereit erklären würden diesen Raum zu verlassen und erst dann wieder zu betreten, wenn sie gerufen werden, wäre ich ihnen äußerst dankbar."

Subaru war nicht aus der Fassung zu bringen, alles was er sagte schien er mehr als nur ernst zu meinen, er schien es geradezu normal zu finden. Fuma horchte bei seinen Worten interessiert auf. Der etwas kleinere Arzt vor ihm bekam vor lauter aufsteigender Wut einen hochroten Kopf.

"Was bilden sie sich eigentlich ein? Was glauben sie, wer sie sind?!", blaffte er Subaru an.

Mit einer Handbewegung wischte Dieser sich den klammen Atem des Mannes aus dem Gesicht.

"Subaru Sumeragi.", antwortete er banal klingend.

Die Schwester im Hintergrund machte große Augen und schlug beide Hände vor den Mund, ihr Vorgesetzter blieb jedoch unbeeindruckt.

"Gehen sie mir aus den Augen, oder ich werde...!"

Die Schwester war herbeigekommen und zog den Mann zu sich herunter.

"Doktor, er heißt nicht einfach nur Sumeragi, er ist ein Sumeragi."

Die Erfurcht in ihrer Stimme ließ den Arzt langsam begreifen. Mit zitternden Augen sah er wieder zu dem jungen Mann auf. Die Bedeutung des Namens, die geheimnisvollen Kräfte, die sich dahinter verbargen und der Ruf des Yin-Yang -Clans ließ den Arzt wieder zu Verstand kommen. Nur wenigen Menschen war bekannt, dass es solche spirituellen Kräfte gab.

"Ich... Ich verstehe.", flüsterte er entschuldigend.

Fuma war begeistert von diesem Schauspiel, da ließ die Tatsache, dass Subaru ein Sumeragi war, einen medizinischen Experten erzittern und verlieren. Ein Anflug von Schadenfreude zauberte ihm ein zaghaftes Grinsen ins Gesicht, welches er unter einer Hand zu vertuschen suchte.

"Aber ich warne sie, ich kann höchstes noch den heutigen Tag verantworten, sollte dieser Junge innerhalb der nächsten 24 Stunden noch immer komatös sein, wird er künstlich ernährt, ohne Rücksichtnahme."

Mit diesem abschließenden Satz verließ er gemeinsam mit der Krankenschwester den Raum, Stille kehrte ein.

"Also ehrlich, du hättest zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können, länger hätte ich sie nicht hinhalten können. Warum bist du gestern so plötzlich gegangen? Ich hatte den Eindruck, dass du es sehr eilig hattest."

Wortlos ließ Subaru sich in seinen Stuhl sinken.

"Ich musste etwas überprüfen."

"Und? Hast du Erfolg dabei gehabt?"

"Ja, ja ich glaube schon, dass man es so nennen kann. Zumindest ist mir gestern einiges klar geworden."

Sie sahen sich an, ihre Blicke brauchten die Unterstützung von Worten nicht, sie berichteten sich auf diesem Wege viel mehr, als sie es je mit Worten hätten tun können.

"Nachdem, wie du dich dem Chefarzt gegenüber verhalten hast, nehme ich an, dass du den festen Entschluss gefasst hast, Kamui zu uns zurück zu führen."

Subaru schloss die Augen, atmete tief ein und setzte dann zu einer Antwort an.

"Der Entschluss existiert schon lange, der Weg zum Ziel allerdings erst seit gestern Abend."

Fuma musterte Subaru genau.

"Verrate mir, was du vorhast."

"Muss ich dir das wirklich erklären?", fragte Subaru ruhig nach.

Fuma schmunzelte.

"Nein, zumindest nicht wirklich. Du wirst sicherlich deine Fähigkeiten als Yin-Yang -Meister walten lassen."

Subaru stand auf und ging zu Kamui hinüber.

"Ich frage mich die ganze Zeit, warum ich in aller Welt geglaubt habe, dass meine Kräfte mit dem Himmelsdrachen in mir gestorben sind."

Mit seiner rechten Hand fuhr er durch Kamui's Haare. Fuma erhob sich ebenfalls und gesellte sich zu dem Älteren.

"Vielleicht weil das, was du mit deinen Fähigkeiten beschützen wolltest, an jenem Tag verschwunden ist."

In Subaru's Kopf hallten ähnliche Worte wieder, die, die seine Schwester ihm sagte, als er sich in seinem Herzen zurückgezogen hatte.

<<Wach auf Subaru, es ist noch nicht zu spät! Es gibt doch noch etwas, was du beschützen willst!>>

"Und jetzt weiß ich auch ganz genau warum.", flüsterte wie in Trance

"Hm?"

Subaru's Antwort erschien Fuma nicht logisch, aber er ahnte schon, dass er sich wahrscheinlich auf einen eigenen Gedankengang geantwortet hatte. Subaru setzte sich behutsam auf die Bettkante, direkt neben Kamui. So behutsam, wie er vorging, konnte man denken, er wollte Kamui nicht wecken. Der Anblick des Jungens wirkte wirklich beängstigend, zumindest wenn man sich vorstellte, dass dieses friedliche Gesicht einen nur vortäuschte, dass es sich hier um einen Schlafenden handelte.

"Fuma, ich habe eine Bitte an dich."

Der Angesprochene blickte Subaru wartend an.

"Egal was passiert, oder wie sehr ich mich auch winden sollte, bitte unternimm nichts."

Fuma glaubte, dass sein Herz in diesem Moment kurz ausgesetzt hatte.

"Was soll das heißen? Ist diese Aktion denn so gefährlich?"

"Nicht unbedingt, ich sage es dir nur falls etwas Derartiges passieren sollte."

Fuma schluckte angespannt.

"In Ordnung, wie du willst."

Subaru lächelte zufrieden, dann legte er Kamui seine Hände auf und legte seine Stirn an dessen. Fuma nahm deutliche Auraschwankungen war und das, obwohl er keinerlei außergewöhnliche Fähigkeiten mehr besaß. Subaru's Herz, sein ganzer Wille war auf den Wunsch, Kamui zurück zu holen, fokussiert. Nun begann er seltsame Worte zu murmeln, jene Formel, die er schon einmal auf Kamui angewendet hatte.

"Nobu! Akyasha! Kyala Baya! Onarika! Mabori Sowaka!"

Mehrmals wiederholte er diese so abstrakt klingenden Worte, Fuma stand gebannt daneben und beobachtete jede kleine Veränderung, die er wahrnehmen konnte. Feine, neblige Schwaden zuckten wie Flammen eines auflodernden Feuers über den Beiden, Subaru schien sich immer mehr in Kamui's Geist zu verlieren. Schließlich verstummten seine Worte und Fuma blieb beobachtend zurück, zu nichts weiter im Stande als zu warten.
 

Subaru öffnete seine Augen, er fand sich in einer bekannten Dunkelheit wieder. Durch den langsamen Fall in die Tiefen von Kamui's Herzen, blies ein seichter Wind in sein Gesicht. Aufmerksam und vor allem behutsam tauchte er immer weiter ab, allerdings wunderte er sich immer mehr, etwas stimmte nicht, beziehungsweise, etwas war anders.

>>Keine Abstoßreaktion? Er wehrt sich nicht?<<, ging es Subaru durch den Kopf.

Mit einem unterschwelligen Schall berührte Subaru den feinglasigen Boden der ersten Ebene von Kamui's Seele. Diese vibrierte und schimmerte silbrig. Die laue, warme Brise, die Subaru durch die Haare fuhr, war so regelmäßig und vergänglich wie Atemzüge. Das einzige Leuchten in dieser unwirklichen und dunklen Weite war Subaru selbst, abgesehen von dem melodischen Schimmer bei jedem Schritt auf dieser filigranen Oberfläche. Alle Sinne angespannt spähte Subaru in jede Richtung um neben seinem Atem noch andere Geräusche ausmachen zu können, doch es war still. Weder tobender Sturm, noch verzweifelte Schreie versuchten ihn zu attackieren, ganz anders als damals. Nur der flüchtige Boden, auf dem er Halt fand, ließ Subaru einen ersten Schluss ziehen; Kamui's Herz war sehr zerbrechlich.

"Wo bist du nur?"

Subaru schloss seine Augen, der Boden unter seinen Füßen gab nach und ließ ihn weiter hinabtauchen, wie durch eine hauchdünne Membran aus Wasser. Als Subaru seine Augen erneut aufschlug wurde es ihm kalt ums Herz. Hier hatte er damals schrecklich makaber anwirkende Bilder aus Kamui's verabscheuter Vergangenheit gesehen, der Wandel Fuma's und der Tod des ihm so wichtigen Mädchens. Plötzlich stach es in Subaru's Seele und seine Konzentration und innere Ruhe schwankte. Beide Hände geballt an seine Brust gedrückt, umklammerte ihn das schleichende Gefühl von Angst, eine schreckliche Angst, die ihm das Herz zu zerreißen drohte. Die Liebe von Kamui zu Kotori hatte Subaru in der Zeit der Sehnsucht und Wiedersehensfreude vergessen. Seine Füße berührten den Boden der nächsten Ebene.

>>Mache ich mir hier was vor? Ich habe mir für einen Augenblick lang Hoffnungen auf etwas gemacht, was ich nicht so einfach fordern kann.<<

Der Gedanke, Kamui's Herz könnte noch immer an dem verstorbenen Mädchen hängen, machte ihn wahnsinnig. Er schüttelte sich um diesen Gedanken von sich abzuwerfen. Um ihn herum blieb es weiterhin dunkel, doch schallte in dieser Ebene ein ruhiger Herzschlag dumpf, aber wahrnehmbar wider. Suchend drehte sich Subaru um 360°, bis sich auf einmal ein Bild vor ihm auftat.

>>Ein Baum?<<

Das Bild wurde klarer, tatsächlich handelte es sich um einen Baum, um einen Baum, der Subaru's Augen größer werden ließ. Es handelte sich um den großen Laubbaum, an dem sich die Beiden zum ersten Mal wieder gesehen hatten. Eilig lief Subaru auf diese Erscheinung zu, denn unter seiner vollen Krone stand Kamui, mit gesenktem Kopf an den mächtigen Stamm gelehnt, die Hände im Rücken.

"Kamui?", fragte Subaru, obwohl er ganz genau wusste, dass Bilder im Herzen eines Menschen weder lebendig waren, noch zu beeinflussen gingen.

Als er diesen Gedanken wieder aufgriff hielt er inne und hielt vor dem so real wirkenden Trugbild an.

"Warum zeigst du mir das Kamui?", fragte er an das Herz um ihn herum gewand.

Kamui sah auf, seine rehbraunen Augen fixierten ihn, so fühlte es sich für Subaru zumindest an. Auf einmal wurde Kamui's Blick verwunderter, Subaru hörte Schritte hinter sich, doch noch ehe er sich zu ihnen umdrehen konnte drang etwas von hinten in ihn ein. Ein Druck durchfuhr seinen Körper, wie eine Druckwelle aus reinster Energie. Subaru bekam für diesen Moment keine Luft. Er erkannte, dass sich durch seinen Rumpf ein Abbild seines Selbst kämpfte, ohne jedoch Kenntnisname an der momentanen Existenz des Originals zu nehmen. Als Subaru seine Atmung wieder aufnehmen konnte, beobachtete er, wie sein Abbild Kamui mit sich riss und jämmerlich umarmte. Das Bild dieser Erinnerung verblasste vor seinen Augen und blieb nur als flüchtiger Nebel in der Luft erhalten. Subaru blieb alleingelassen zurück. Dieses Ereignis hatte er selbst vor Scham schon längst verdrängt gehabt, doch für Kamui schien eben diese Art von Begegnung eine wichtige Erinnerung zu sein.

"Warum zeigst du mir diese Bilder Kamui? Ich weiß, dass du mich hören kannst, versteck dich nicht vor mir."

Kurioser Weise begann Subaru ernsthaft daran zu zweifeln, ob sich Kamui wirklich in sein Herz zurückgezogen hatte. Was, wenn Kamui's Geist nur Geisel eines Traumes war und doch in einem komatösen Zustand verweilte? Ohne weitere Zweifel zu schüren konzentrierte er sich weiter um tiefer abzusinken. Eine Ebene nach der anderen ließ Subaru hinter sich, immer lauter wurde der Herzschlag, der an sein Ohr drang. Plötzlich herrschte Totenstille.

"Komm her, ich bin hier.", sprach Subaru's beruhigende Stimme.

Er war am tiefsten Punkt in Kamui's Herzen angelangt, wie auch im Rest seines Bewusstseins war es hier still und dunkel, wieder gab es auch hier keine Gegenwehr oder Erinnerungen an die zermaternde Zeit als Himmelsdrache. Blind schritt Subaru durch den Raum, seine Schritte hallten wider wie in einer gewaltigen Kathedrale.

PITSCH

Erschrocken starrte Subaru zu Boden, er war in eine Lache aus Blut getreten. Auf diesem undefinierbaren See aus purpurnem Blut schwamm unschuldig anmutend ein schneeweißes Kirschblütenblatt vor ihm umher, angetrieben von dem Atemähnlichen Wind. Ohne zu zögern rannte Subaru los, er wusste, dass diese Rinnsäle ihn zu seinem Ziel führen würden. Und tatsächlich, schemenhaftes Licht rückte in der Ferne immer näher.

"Kamui!", rief Subaru mit ausgestreckter Hand in die Ferne.

Noch bevor er genauere Umrisse seines Ziels ausmachen konnte, spannte sich vor ihm ein abstraktes Netz aus feinen, silbrigen Drahtfäden. Wie Schlangen tänzelten sie um Subaru herum. Sein Ruckartiges Stoppen ließ ihn auf den Rinnsälen aus Blut ins Schlingern geraten, doch er konnte sich von diesen unwohl gesinnten Drähten nicht abringen lassen. So machte er einen kräftigen Satz durch die widerspenstigen und peitschenden Schlingen und setzte seinen Sprint fort. Zu Subaru's größter Überraschung schlingerten die bedrohlichen Drahtfäden mit einem unheilvollen Zischen und in einem atemberaubenden Tempo neben ihm her.

Ein Schrei erfüllte die Luft.
 


 

****Hiho! An dieser Stelle möchte ich mich gaaaaanz doll bei allen meinen lieben und treuen Lesern bedanken; ARIGATOU GOZAIMASU!!! Ich habe mich wahnsinnig über jedes Kommi gefreut und hoffe, dass es noch viel mehr werden^^ An dieser Stelle sollen sich ganz besonders Enah, Tenshi-chan und Sister, Atlanta, Cerry15, Manga-Fan, teufelchen_netty und alle die ich vergessen habe *lol*, ganz doll umgeknuddelt fühlen. Aber natürlich auch all die anderen seien gegrüßt, die meine FF zwar lesen, aber anscheinend zu faul sind mir mal nen Kommi zu schreiben^-~ Nie hätte ich gedacht, das meine FF einen solchen Anklang finden würde *gerührtist* Verzeiht mir bitte, dass ich euch manchmal so quäle, mit Kapiteln im Verzug bin, sie fieser Weise an unmöglichen Stellen enden lasse und Subaru und Kamui einfach noch nicht das gebe, wonach ihr euch so verzehrt XD

Eure Nea-chan****

Ein Traum, der endet...

Ein Traum, der endet...
 

Entsetzt starrte Fuma auf Subaru hinab. Dieser verzog sämtliche Gesichtszüge zu einem von Schmerzen gequälten Gesichtsausdruck. Außerdem schien er zu zittern.

"Subaru?", fragte Fuma vorsichtig.

Er legte seine Hände auf die linke Schulter des Älteren, doch Dieser reagierte nicht. Fuma blieb nichts anderes übrig als auf seine Bitte einzugehen und zu hoffen, dass er es unbeschadet überstehen würde und anschließend mit Kamui zusammen die Augen öffnete. Von einem Moment auf den anderen beruhigte sich Subaru wieder, nur der Schweiß auf seiner Stirn erinnerte noch an die krampfartigen Erscheinungen. Nachdenklich ließ sich Fuma in seinen Stuhl fallen.

"Mach keinen Fehler Subaru, Kamui würde nicht wollen, dass du verschwindest."
 

Subaru hatte Schmerzen, es roch nach Blut. Langsam öffnete er die Augen, wie zur Kreuzigung aufgespannt hing er in der Luft, mitten in dem dunklen Raum. Als er seinen Kopf zur Seite drehen wollte, stöhnte er vor Schmerzen auf und ließ sein Vorhaben fallen. Um seinen Hals hatten sich einige der feinen Drähte geschlungen und drohten dort in sein Fleisch zu schneiden. Subaru blutete an den Armen und Handgelenken, Waden und Knöcheln und auch am Rumpf. Je mehr er sich zu rühren versuchte, desto enger zogen sich die Schlingen um seine Körperteile und vertieften ihre Schnitte.

"Kamui...", keuchte Subaru, nach Luft ringend.

Noch immer war das schimmernde Licht in weiter Ferne zu erkennen, doch nun war es unerreichbar geworden.

"Antworte mir, Kamui... ANTWORTE!"

Plötzlich setzten sich seine Peiniger in Bewegung, ohne eine Art von Bewegung wahrzunehmen näherte er sich immer mehr dem Licht in der Ferne.

>>Was geht hier vor?<<

Geblendet von dem Schein des Lichtes schloss Subaru seine Augen, wenn auch nur für einen Augenblick. Als sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnten, wurde auch das Bild vor ihm immer klarer. Vor lauter Aufregung hätte er beinahe sogar vergessen, dass sein Leben momentan im wahrsten Sinne des Wortes an seidenen Fäden hing. Sein Atem stockte.

"K-Kamui?", fragt Subaru ungläubig.

Vor ihm war Kamui, mit denselben silbrigen Drähten an ein Kreuz gefesselt, wie er selbst. Er trug seine eigentlich schon längst vernichtete Schuluniform, langsam hob er seinen Kopf an um Subaru ins Gesicht zu sehen. Zu Subaru's Missverstehen lag ein mitleidiges Lächeln auf den Lippen des Jüngeren.

"Ich wusste, dass du kommen würdest."

Sein Tonfall war außergewöhnlich ruhig und gelassen, doch schon verzog er das Gesicht, von Gewissensbissen geplagt.

"Warum hast du es gewusst?", hinterfragte Subaru überrascht.

Kamui antwortete auf Subaru's Frage nicht, stattdessen musterte er alle Wunden an dem Körper seines Freundes bis ins kleinste Detail. Sein Blick wurde immer trauriger, Subaru verstand das alles nicht.

"Es tut mir so leid...", flüsterte Kamui entschuldigend.

Was war nur mit ihm los? Subaru suchte nach einer einleuchtenden Erklärung, aber fand keine. Was sollte Kamui denn leid tun? Er war es doch gewesen, der sich zu entschuldigen hatte. Er war heilfroh Kamui zu sehen, seine Stimme zu hören, auch wenn das alles nur Bilder in dessen Herz waren. Allerdings ertrug er den Anblick des gefesselten Kamui's nur schwerlich.

"Dir braucht nichts leid zu tun, sag mir was du hast.", sagte Subaru freundlich und lächelte Kamui dabei an.

"Das du Schmerzen hast, das tut mir leid..."

Subaru sah ihn fragend an, Kamui's Augen schimmerten, so wässrig waren sie.

"Ich bin hier, weil ich zweifle, ich zweifle an mir selbst und an dem, was ich empfinde."

"Und ich bin hier, um dich wieder zu uns zurück zu holen."

Kamui sah Subaru verdutzt an.

"Fuma auch?"

Subaru nickte, auch wenn es in seinem Herzen ein wenig stach als sich Kamui's Miene beim Klang des Namens aufhellte.

"Dann... dann habt ihr euch also ausgesprochen und versöhnt?"

"Ja, so kann man es auch nennen."

Subaru wurde einen Hauch verlegen, wenn Kamui ahnen würde, was die meiste Zeit über an seinem Krankenbett Hauptgesprächsthema gewesen war... Subaru wollte sich seine Reaktion gar nicht ausmalen.

"Diese Drähte sind meine Zweifel... Sie plagen mich schon, seit du mich vor die Wahl gestellt hast."

Der Ältere horchte auf. Die Schlingen um seinen Körper vibrierten, hatte das mit Kamui's Gefühlsschwankungen zu tun?

"Deine Zweifel... Zweifel an deinen Gefühlen... Warum zweifelst du an ihnen, an was für Empfindungen zweifelst du und warum greifen deine Zweifel mich an?", gab er schließlich zurück.

Das Blut in seinem Kopf pochte, Subaru ahnte, dass seine Kräfte bald erschöpft sein würden. Er musste in diesem Gespräch langsam auf den Punkt kommen und zwar noch bevor die Wunden an seinem Körper auch in der Realität auftauchen würden.

"Ich habe Angst etwas zugeben zu müssen, worüber ich mir selbst noch gar nicht richtig im Klaren bin. Was, wenn ich etwas sage, was viel Aufregung und Verwirrung stiftet? Am Ende ist vielleicht jemand unglücklich und plötzlich wird mir klar, dass ich mich geirrt habe... Was dann? Ich habe Angst, Menschen die mir wichtig sind zu verletzen!"

Mit eng zusammen gezogenen Pupillen musste Subaru zusehen, wie sich die "Zweifel" enger um Kamui's Körper zurrten, der Stoff riss und die ersten, zarten Hautschichten wurden in tiefrotes Blut getränkt.

"Hör auf Kamui! Du machst dich selber kaputt!", flehte Subaru bei diesem Anblick.

Entsetzt schaute ihn Kamui an, sein Herz schlug wieder wild und laut, da war es wieder, dieses Gefühl was er nicht deuten konnte, beziehungsweise nicht deuten wollte. Noch enger zogen sich die Schlingen, Kamui's Iren wurden enger und er schnappte nach Luft, nie würden seine Zweifel verschwinden, nie würde die Vergangenheit vollkommen verblassen und in friedlich leben lassen, NIE!

"Kamui! Ich bitte dich... Du verletzt dich selber... Sei einfach ehrlich zu dir, man darf sich selber und andere Menschen nicht belügen. Schon gar nicht, wenn es um die eigenen Gefühle geht."

Seine Stimme wurde immer schwächer, er war von der Situation enorm gerührt, Tränen standen hinter seinen Augen.

"Leide doch nicht absichtlich, zerstreue deine Zweifel, sag was du fühlst, auch wenn es nur ein momentaner Zustand ist. Ich habe ehrlich gesagt nicht die leiseste Ahnung von dem, was eigentlich passiert ist. Du musst mit mir reden damit ich dich verstehen kann."

Kamui's Wangen wurden von einem leichten Rosé geschmückt.

>>Ach Subaru, wenn mir das, was ich sagen will so einfach über die Lippen gehen wollte wie deine Worte... Ich hätte es dir schon längst gesagt...<<

Unerwartet lösten sich sämtliche Schnüre von Subaru, schwebend landete er in der Lache aus Blut, wo er vor Erschöpfung sogleich in die Knie ging. Vor Kamui wollte er seine Schwäche nicht zeigen, so versuchte er flach zu atmen.

"Dies hier, das ist das Blut deines Herzens, oder?"

Kamui zuckte, Subaru hob seinen Kopf wieder an und blickte zu seinem gekreuzigten Freund empor.

"Doch dieser See aus Blut verliert sich in feinädrigen Rinnsälen, bis er sich schließlich ganz verschwindet, oder nicht?"

Kamui wusste nicht, worauf der geschändete Mann vor ihm hinaus wollte, aber er nickte unwillkürlich. Subaru lächelte.

"Siehst du, wenn man sich lange genug Zeit lässt, dann heilen auch alte Wunden, auch wenn immer Narben bleiben werden, die wieder aufreißen können. Genauso ist es mit deinen Zweifeln."

Kamui horchte auf, konnte Subaru, obwohl er ihn weder in seine Empfindungen, noch in sein Gespräch mit Fuma eingeweiht hatte, seiner Seelenmisere ein Ende bereiten?

"Du musst dir einfach die Luft machen, die du brauchst, deine Zweifel werden zerstreut, sie verblassen und lassen dich in frieden, aber du musst dafür ehrlich zu dir selber sein."

"Ich soll also um jeden Preis das machen, was in erster Linie für mich am besten ist?"

Zufrieden nickte Subaru, er richtete sich mit seinen letzten Kraftreserven auf und lief auf Kamui zu.

"Vielleicht sollte ich zu aller erst meinen eigenen Rat selbst befolgen.", flüsterte er ruhig, so dass Kamui ihn noch gerade so verstehen konnte. Die Schmerzen, die er verspürte flauten in seinem Gefühlssturm allmählich ab.

"Wie meinst du das?"

Ein Zittern lag in seiner Stimme, eine süße Schwingung aus vielen Gefühlen.

"Als du nicht mehr da warst habe ich mich gefragt, was so wertvoll an unserer Menschheit ist, warum sie es wert war sogar für sie zu sterben. Nun, ich konnte es nicht verstehen, weil ich keinen Menschen mehr hatte für den ich je mein Leben gegeben hätte."

Entschlossen packte er mehrere der schneidenden Drähte, Kamui zuckte unter der Spannung um seinen Rumpf zusammen. Gebannt lauerte er auf mehr Worte aus Subaru's Mund.

"Ich habe es selber nie wirklich gemerkt, aber ich war rasend vor Zorn über Fuma, ich kann auch den Gedanken nicht ertragen, dich nicht bei mir zu haben und ich würde es nicht überleben, wenn dir etwas passieren würde."

Langsam lockerten sich die Fäden, ganz vorsichtig löste Subaru ihre Ansätze vom schimmernden Boden ab, Kamui verrutschte an seinem Kreuz.

"Ich... Ich verstehe dich nicht...", stammelte Kamui verlegen, doch er ahnte schon etwas.

Konnte er in diesen Momenten tatsächlich hoffen? Oder würde er nur vor den Kopf gestoßen werden?

"Kamui, mir ist mein Herz fast zerrissen als man dich für tot erklärte, ich habe des Nachts sehnsüchtig in den Sternen gesucht als du verschwunden warst, nur weil ich dich vermisste..."

In Rauch sah Subaru weitere "Zweifel" Kamui's aufgehen, Dies irritierte ihn ein wenig. Plötzlich benässte etwas Warmes seine Stirn, er sah auf. Kamui machte ein so trauriges Gesicht, Tränen rannen seine Wangen hinunter, jegliches Schluchzen unterdrückte er. Das Flimmern in seinen Augen machte Subaru das Herz unheimlich schwer. Er glaubte, in ihnen Tränen der Verzweiflung, oder der Angst zu sehen, vielleicht aber auch, weil er diese Worte nicht hören wollte. In Wirklichkeit war es ganz anders.

"Ich habe auf dich gewartet, ich wollte, dass du mich suchst und mit mir sprichst... Ich wollte für einige Momente ganz allein mit dir sein, ich wollte mir über meine Gefühle klar werden... Ich war mir nie sicher, warum ich dich als die Person gewählt habe, die ich nach meiner Auferstehung wiedersehen wollte.", sprach nun Kamui.

Mit einem Ruck lösten sich auch die letzten Drähte, das kristallene Kreuz zersprang in hunderttausende Splitter, welche sich in einem hohen Ton verloren. Subaru eilte sofort hin um Kamui vor einem Sturz oder Ähnlichen zu bewahren, doch wie er selbst zuvor gleitete Kamui sanft zu ihm herunter, direkt in seine wunden Arme. Beide wünschten sich, dass dieser Moment niemals ein Ende finden würde, dass sie ewig die Wärme des anderen spüren konnten. Zu groß war die Angst, dieser Augenblick könnte durch ein Missverständnis zerstört werden.

"Meine Vergangenheit, ich habe gedacht, dass ich Fuma noch etwas schuldig bin, dass ich mich an die Regeln der Gesellschaft halten muss."

"Doch die Zukunft ist anders, sie ist so, wie wir sie uns vorstellen, wir müssen sie uns nur wünschen. Du allein triffst für dich die Entscheidungen.", führte Subaru den Satz des Jüngeren fort.

Wie sie sich tröstlich umarmten versuchten sie noch immer ihre Verlegenheit dem anderen gegenüber zu verheimlichen, doch wunderten sie sich über die heftigen Herzschläge, welche stetig gegen ihre Brust schlugen.

"Subaru, liebst du den Sakurazuka?", fragte Kamui nach einiger Zeit der Stille.

Überrascht nahm er Blickkontakt mit dem Knaben vor ihm auf, seine Wangen waren vom Weinen gerötet.

"Ich kann nicht leugnen, dass er sehr wichtig für mich war... Ich hatte mir geschworen, nie wieder Platz für einen anderen Menschen in meinem Herzen zu machen."

Kamui wollte das nicht hören, es tat ihm in der Seele weh.

"Doch kann ein Mensch nicht alleine Leben, nicht ohne die Wärme von anderen Menschen zu spüren, auch ich habe das nicht geschafft.", setzte er fort.

STILLE

"Fuma und ich... wir haben vor diesem Unfall über dich geredet...", begann Kamui verhalten.

"Er wollte von mir wissen, was ich für dich empfinde..."

Subaru wurde heiß und kalt, die Hoffnung, die da in ihm keimte war dabei zu einer vollen und schönen Blüte zu erblühen.

"Kamui, ich muss dir etwas sagen...", setzte Subaru an.

"Ich dir auch."

Ein Moment von Ruhe legte sich über die Beiden. Ein heftiger Wind umspielte die sie und im nächsten Moment waren ihre Wunden verschwunden, die Lache aus Blut getrocknet und Kamui's Kleidung wurde zu der, die ihm Subaru geschenkt hatte.

"Ich liebe dich."

Diese Worte, die sie beide gleichzeitig ausgesprochen hatten, wirkten wie eine Formel auf sie. Ihre Herzen machten einen Satz, sie nahmen ihre Umarmung wieder auf, beide mit Freudentränen in den Augen.

"Komm mit mir zurück Kamui, ich warte auf dich."

Noch ehe Kamui etwas antworten konnte, verblasste die umarmte Gestalt vor seinen Augen und er blieb allein zurück, jedoch lächelnd.

"Endlich, dieser Alptraum ist endlich vorbei."
 

Dadurch, dass Fuma's Kopf ab zu sacken versuchte, kam er wieder zu sich. Mehrmals zwinkerte er um die Räumlichkeiten wieder bis ins Detail wahrnehmen zu können. Räuspernd setzte er sich gerade in seinem Stuhl auf, seine Blicke blieben wieder an dem Krankenbett vor ihm heften. Bisher waren keine weiteren Regungen zwischen den Beiden vorgekommen, Fuma seufzte. Doch Auf einmal sah er Subaru's Körper zitternd neben Kamui's zusammensacken. Entsetzt sprang Fuma aus seinem Stuhl hoch.

"Subaru!", reif Fuma besorgt aus.

...und eine Zukunft, die beginnt

...und eine Zukunft, die beginnt
 

Doch als Subaru seine Augen öffnete und Fuma erschöpft zunickte, ließ sich Dieser sogleich wieder zurückfallen. Er stützte sein Gesicht in seine Hände und seufzte mehrmals laut. Subaru's Körper war schweißnass und zitterte unaufhörlich von der Anstrengung, doch brachte er es irgendwie fertig, seinen Oberkörper wieder zu heben und sich über Kamui zu beugen. Fuma hatte seinen Blick ebenfalls wieder auf Kamui gerichtet.

"Du hast ihn erreicht, stimmt's?", fragte er bestimmt als Subaru gerade einige Strähnen aus Kamui's Gesicht strich.

Subaru konnte nur noch schwach nicken, gebannt wartete er darauf, dass Kamui seine rehbraunen Augen aufschlagen- und ihn ansehen würde. Nach einigen Momenten völligen Schweigens schien sich endlich etwas zu regen. In dem Moment, wo sich langsam aber sicher Kamui's Lider hoben, flutete die helle Mittagssonne den Raum mit ihrem warmen Licht. Das Bild vor Kamui wurde schärfer, beim Anblick Subaru's hoben sich seine Mundwinkel zu einem liebevollen Lächeln. Sein Gegenüber erwiderte es und streichelte dem Jüngeren sanft über dessen rechte Wange. Dieser legte seine Hände an die von Subaru und hielt sie so an seinem Gesicht. Fuma schaute verschmitzt hin und her, irgendwie kam er sich ziemlich störend vor. Am liebsten hätte er die Beiden einfach für einige Minuten allein gelassen, es war ja nicht zu übersehen, dass sich in ihrer "Abwesenheit" so einiges ergeben haben musste.

"Da bin ich wieder.", flüsterte Kamui lächelnd an Subaru gewand.

Noch ein letztes Mal leuchteten Subaru's violettfarbene Augen auf, bevor es ihm schwarz vor ihnen wurde und er einfach auf Kamui zusammensackte. Ihm kam diese Situation sehr bekannt vor, doch unterschieden sich diese beiden Ereignisse in ihrer Grundgeschichte bis aufs Äußerste. Fuma trat an das Bett, Kamui wurde rot, er hatte seinen Freund doch tatsächlich bis eben ignoriert. Ehe er was zu ihm sagen konnte, drückte Fuma seinen Kopf an seine Brust und durchwuschelte sein Haar.

"Mach so was nie wieder, verstanden?", flüsterte er ihm zu.

Kamui schloss die Augen, er war so froh darüber, dass sich endlich alles zum Guten wendete. Wie sehr hatte er sich das alles gewünscht. Durch die Arme von Fuma hindurch sah er zu Subaru, er lächelte und legte seine Hände auf dessen Schultern.

"Verstanden und versprochen.", murmelte Kamui in Fuma's Brust hinein.

Der Ältere ließ von ihm ab und hievte Subaru vom Bett, um ihn auf sein Eigenes zu legen.

"Er hat jede Nacht hier verbracht, wirklich geschlafen hat er aber nie.", sagte er beiläufig.

Kamui's Blick wanderte von Subaru hoch zu seinem Freund, leichtes Rosa lag auf seinen Wangen. Fuma schmunzelte beim verlegenen Anblick seines gerade erwachten Freundes, am liebsten hätte er ihn stürmisch umarmt, aber so schmal wie Kamui war, unterließ er es lieber.

"Ich werde jetzt den Arzt rufen, ihn interessiert es bestimmt, dass du wieder unter uns weilst."

Er gesellte sich wieder zu dem Patienten und klingelte den Arzt heran, schon setzte er sich wieder und rückte an das Bett heran.

"Es tut mir leid, dass ich so ungehalten dir gegenüber war, ich hätte..."

"Nein, ist schon in Ordnung. Du brauchst mir nichts zu erklären, ich weiß schon, was los ist.", unterbrach ihn Fuma kopfschüttelnd.

Kamui's Kopf rauchte, sein hochrotes Gesicht wendete er mit einem hilflosen Gesichtsausdruck ab.

"Wie, wie meinst du das?", fragte er unschuldig verlegen.

"Hör doch auf, vor mir brauchst du dich am aller wenigsten zu verstellen. So wie du ihn ansiehst, dämmerte es mir schon bei unserer ersten Begegnung."

Er stupste ihn lächelnd an der Nasenspitze an, genau in diesem Moment ging die Tür des Zimmers auf und der Arzt und seine Krankenschwester traten herein. Die Miene des Doktors war noch immer verbittert und etwas düster, doch als er den munteren Kamui vor sich sah fehlten ihm die Worte.

"Ich glaub es nicht...", stammelte er fassungslos und trat sofort an Kamui heran.

Die Schwester hatte sogleich Subaru ins Auge gefasst und eilte hin, um seinen gesundheitlichen Zustand zu ermitteln. Ihr war anhand der Temperatur und dem verschwitzten Gesicht gleich klar, dass er wohl einen heftigen Schwächeanfall gehabt haben musste.

"Wie geht es ihnen? Haben sie irgendwelche Beschwerden? Ihr Gesicht ist so rot und ganz heiß, haben sie vielleicht Fieber?", sagte der Arzt und legte dabei prüfend seine Hand auf Kamui's Stirn.

"Nein, nein! Ich... ähm... Es ist nichts weiter! Wirklich! Ich habe nur irgendwie Hunger.", antwortete er abwehrend und entzog sich der prüfenden Blicke des Arztes.

Wenn sich jetzt irgendwo im Raum ein Loch aufgetan hätte, in dem er sich hätte verkriechen können, hätte er die Gelegenheit wahrgenommen.

"Das sie sich hungrig fühlen ist ja auch kein Wunder, wir waren kurz davor sie einer Zwangsernährung zu unterziehen."

Kamui's Gesichtszüge entglitten für einen Moment, die Gesichtsausdrücke, die er in den letzten fünf Minuten preis gegeben hatte, verursachten bei Fuma lachkrampfartige Erscheinungen, welche Dieser unter allen Umständen zurückzuhalten versuchte.

"Zwangs-er-nähr-ung?", fragte Kamui stockend zurück.

"Ja, aber ihr Freund hier hat solange auf uns eingeredet, bis wir schließlich nachgegeben haben.", mischte sich die Schwester ein, die gerade dabei war, Subaru eine Vitaminspritze zu verabreichen.

"Nun ja, er hatte ja auch ein schlagkräftiges Argument", räusperte sich der Arzt.

Kamui staunte, was Subaru alles für ihn getan hatte war einfach unbeschreiblich liebenswürdig gewesen.

"Wenn sie einen Namen als Argument bezeichnen wollen...", provozierte Fuma grinsend.

Fragende Blicke trafen ihn von seinem jüngeren Freund. Von ihnen ließ sich Fuma allerdings wenig dazu bewegen genauer auf seine Aussage einzugehen, dafür wurde das verhaltene Grinsen in seinem Gesicht immer breiter und unübersehbarer. Der Doktor schluckte verlegen und fuhr sich durch sein dünnes Haar.

"Nun, äh... Sie hatten doch Hunger, nicht? Ich werde mich gleich eigens darum bemühen, ihnen eine geeignete Mahlzeit zukommen zu lassen."

Überstürzt suchte der ältere Mann sein Heil in der Flucht. Sein Ton war überspitzt und auffallend freundlich gewesen, etwas zu auffallend für Kamui's Geschmack. Kichernd blieb die Krankenschwester zwischen den Betten zurück. Als Kamui auch sie fragend ansah zwinkerte sie ihm eindeutig zweideutig zu, wieder verzogen sich seine Gesichtszüge. Er kam sich irgendwie veralbert vor. Alle hier schienen sich bei irgendetwas einig zu sein und mehr zu wissen als er selbst, dabei ging es hier doch eigentlich eindeutig um ihn.

"So was haben wir hier eher selten.", meinte sie dann irgendwann lächelnd zu Kamui.

"Hm? Was meinen sie?", fragte er irritiert zurück.

>>Ok, es kann ja eigentlich nicht mehr verwirrender oder peinlicher werden, als es schon ist.<<

"Das sich so eine bewegende und niedliche Beziehung zwischen zwei Männern hier abspielt."

>>Oh doch, es kann...<<

Kamui fühlte sich irgendwie wie ein offenes Buch, war denn alles so offensichtlich gewesen, dass alle, außer ihm und Subaru natürlich, mitbekommen hatten, was da lief? Allerdings irritierte es ihn, dass die Tatsache, dass sie beide ja immer noch Männer waren, bisher noch nicht auf Abstoßreaktionen gestoßen war.

>>Nun gut, bisher sind es auch eher Frauen gewesen, die sich ziemlich offen und gelassen darüber geäußert haben. Vielleicht stehen sie anders zu diesem Thema...<<

Während er so vor sich hin grübelte, blendete er die Welt um sich herum völlig aus. Schmunzelnd blickten sich Fuma und die junge Frau an.

"Trotzdem würde mich interessieren, was denn nun eigentlich vorgefallen ist. Das der junge Herr hier bewusstlos ist, kommt doch sicher nicht von allein."

Kamui reagierte auf die Frage nicht, er blickte weiterhin verträumt vor sich her. Fuma räusperte sich leise um die Schwester auf sich aufmerksam zu machen, bedeutsam legte er seinen Zeigefinger auf seine Lippen und zwinkerte ihr zu.

"Das wird wohl das süße Geheimnis der Beiden bleiben."

Verdutzt zog die dunkelhaarige Frau ihre Augenbrauen hoch.

"Aber keine Sorge, eine gesunde Mütze voll Schlaf und er ist wieder auf den Beinen."

Mit einem lautstarken Rumsen öffnete sich die Tür des Krankenzimmers. Kamui zuckte zusammen, wie auch seine beiden philosophierenden Zimmergenossen.

"Entschuldigen sie die Wartezeit, aber um diese Uhrzeit ist die Essensausgabe schon gelaufen. Das Küchenpersonal dazu zu animieren, ihre Gerätschaften noch einmal anzuwerfen, war gar nicht so einfach."

Triumphierend stellte er auf Kamui's Schoß ein Aluminiumtablett ab, auf dem ein tiefer Teller mit einer durchschimmernden Brühe stand. Skeptisch prüfend wechselten Kamui's Blicke zwischen dem Teller und dem über beide Ohren strahlenden Arzt. Sollte das vielleicht ein schlechter Scherz sein?

"Wundern sie sich besser nicht, ihren Magen darf man nach so langer Inaktivität auf keinen Fall überstrapazieren, auch wenn eine einfache Hühnerbrühe nicht unbedingt das ist, wonach sich ein ausgehungerter Patient sehnt."

Etwas in der Art hatte sich Kamui schon gedacht, aber wenigstens lag etwas Mitleid in der Stimme der Schwester.

"Tja Kamui, an das Essen von festeren Sachen musst du erst ganz langsam wieder rangeführt werden."

Fuma tätschelte seine Schulter, Kamui zwang sich ein künstliches Lächeln auf die Lippen.

>>Hühnerbrühe...<<
 

Eine etwas beunruhigende Stille holte ihn aus seinem Schlaf zurück. Als er seine schweren Lider hob, brauchte er einen Moment um sich zu orientieren. Das gewohnte Piepen und Arbeiten von medizinischen Geräten fehlte. Subaru lag zum Fenster gedreht, der Mond am Himmel würde in einigen Tagen rund und voll erstrahlen. Als er sich umdrehte kehrte langsam wieder Leben in seine Glieder ein. Inzwischen hatte er realisiert, wo er war, auch wenn alles, was bisher geschehen war, noch ein wenig hinter einem nebligen Schleier schlummerte. Schließlich sah er ins Dunkel hinein, das Mondlicht fiel auf Kamui's Bett. Ausschließlich ein Tropf war noch an seinem Arm angeschlossen, Dieser war aber nur noch zum Viertel voll. So leise es ihm nur irgendwie möglich war, versuchte Subaru sich aufzurichten und vom Bett runter zu rutschen. Kamui schlummerte ungerührt weiter, während Subaru sich kaum traute normal zu atmen. Er wanderte schleichend um das Bett herum bis er zu Kamui's Rechten stand. Die Minuten, die er dort regungslos stand und ausschließlich damit beschäftigt war, die Atembewegungen des schmalen Jungen zu beobachten, vergingen rasend schnell.
 

~1. Tag~

Fuma öffnete erwartungsvoll die Tür, hielt aber noch im Türrahmen inne. Durch den Türspalt konnte er Subaru sehen, wie er in einem Stuhl an Kamui's Bett saß. Sein Kopf war auf seine verschränkten Arme gebettet, welche auf dem Bett Halt suchten. In seiner rechten Hand hielt er die seines jüngeren Freundes. Fuma lächelte verschmitzt, an solche Anblicke sollte er sich wohl mit der Zeit langsam gewöhnen.

>>Diesmal lass ich die Beiden alleine.<<

Er zog die Tür wieder zu und machte auf dem Hacken Kehrt, die Cafeteria im Hause hatte sicherlich ausreichend Angebot um ihn für eine Weile zu beschäftigen. Durch das Klacken der Tür allerdings wachte Subaru auf. Ein wenig benommen tasteten sich seine Sinne durch den Raum, doch wie er in diesen Stuhl und in diese Haltung gekommen war, blieb ihm ein Rätsel. Leicht Benommen richtete er sich auf, sein Nacken schmerzte. Das nächste Ziel, das er anstrebte, war das Waschbecken im Raum. Doch kaum hatte er sich erhoben und den ersten Schritt zur Wand hin gemacht, musste er auch schon wieder einem Widerstand nachgeben. Noch ein wenig verträumt wand er sich um und entdeckte jetzt erst die zierliche Hand in seiner Eigenen. Unwillkürlich musste er lächeln, sein Gesichtsausdruck entspannte sich. Wie bei einem Baby klammerten sich Kamui's Finger um Subaru's Hand.

"Subaru...", nuschelte der noch friedlich Schlafende in seine Bettdecke und räkelte sich genüsslich.

Das Blut in Subaru's Wangen pochte in jeder Zelle. Rot zu werden war ziemlich untypisch für ihn. Er war so froh darüber, dass ihn in diesem Moment niemand sehen konnte. Die auffällige Farbe in seinem Gesicht würde ihm, wenn ihn jemand bekanntes sehen würde, wahrlich einen Image-Schock versetzen. Noch am Abend hatte Subaru daran gezweifelt, ob es wirklich real war, dass sie sich diese bedeutsamen Worte gesagt hatten. Vor allem aber hatte er nicht im Geringsten damit gerechnet, dass auch Kamui für ihn Gefühle hegte. Jetzt überlegte er, wie er selbst darauf gekommen war und wann es eigentlich schon angefangen hatte. Wann hatte er das erste Interesse an Kamui gehabt? Seine Gedanken schweiften viele Wochen zurück, durchliefen Erinnerungen, die in Vergessenheit geraten waren und Momente, an die er gerne zurückdachte. Wie negativ eine Zeitlang sein Denken gewesen war, sein erloschener Wunsch vom Sakurazuka getötet zu werden... War er damals zu egoistisch gewesen? Die Welt um ihn herum war erkaltet, einfach nicht mehr wichtig gewesen. Subaru stellte für sich fest, dass er und Kamui sich in diesem Punkt unterschieden haben. Er selbst war immer zielstrebig und egoistisch seinem Ziel nachgelaufen, während Kamui es zwar vielleicht wollte, sich aber von den Herzen der anderen Menschen berühren ließ. Ihm war es nie egal ob jemand wegen ihm litt, er konnte Tränen für seine Mitstreiter vergießen. Vielleicht war es das, was Kamui für ihn so anders gemacht hatte.

>>Kamui hat sogar noch an mich geglaubt als ich mich aus der realistischen Welt zurückgezogen habe. Er hat mit mir geredet, obwohl er wusste, dass ich ihm nicht antworten würde...<<

Seine innere Welt war einst eine weite Ebene aus tristen Trümmern und Steinen gewesen, doch nun würde er sich eine neue, bessere Welt zusammen mit Kamui aufbauen. Kamui rollte sich in seinem Bett auf die Seite, Subaru war gezwungen sich wieder zu setzen, wenn er ihn nicht wecken wollte. Doch wie nicht anders zu erwarten war, öffnete Kamui trotz Subaru's Bemühungen seine Augen.

"Guten Morgen...", murmelte der Kleinere noch total verschlafen in seine Bettdecke.

"Guten Morgen Kamui.", antwortete ihm Subaru mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht.

Plötzlich fuhr Kamui hoch, beim Klang dieser Stimme erst realisierte er, wer da direkt vor ihm saß und ihn anstrahlte. Verdutzt wurde er von Subaru angestarrt, sein Kopf war mit Sicherheit hochrot gewesen und rauchte.

>>Hat er mich jetzt die ganze Zeit über beim Schlafen beobachtet?<<

"Hast du Hunger? Es ist gerade Frühstücksausgabe."

"Wie geht es dir?", fragte Kamui ihn auf einmal besorgt.

Aus traurigen Augen sah er sein Gegenüber an, welches mit dieser Frage überhaupt nicht gerechnet hatte.

"Blendend, der Schlaf hat mir gut getan."

"Dann bin ich ja beruhigt...", flüsterte Kamui, seinen Kopf verlegen senkend.

Subaru hatte ganz vergessen, dass sie allzu viel nicht mehr miteinander reden konnten, nachdem sie sich in seinem Herzen ausgesprochen hatten.

"Soll ich dir was Essbares holen? Es wird zwar nichts Besonderes sein, wahrscheinlich nur eine Suppe mit minimalem Reisanteil..."

"Oder wieder so eine Hühnerbrühe.", unterbrach ihn Kamui.

Er klang etwas trotzig, anscheinend war er von dieser Mahlzeit nicht sonderlich angetan gewesen. Da kam Kamui Subaru fast vor, wie ein kleines, widerspenstiges Kind, das beleidigt da saß und seine Suppe nicht essen wollte. Doch er tat ihm leid, verstehen konnte er ihn. Als Kamui sein Tonfall bewusst wurde, hob er seinen Kopf wieder an um anschließend feige an Subaru vorbei zu sehen.

"Tut mir leid, ich bin ein wenig gereizt.", sagte er leise und entschuldigend.

"Schon gut, ich hol uns Frühstück. Ähm... Kamui?"

"Ja? Was denn?"

Mit einem Zeigefinger deutete Subaru auf Kamui's Hand, die seine Eigene noch immer eng umschlungen hielt.

"Dazu müsstest du mich kurz loslassen."

Er schmunzelte als Kamui mit hochrotem Kopf seine Hand leicht panisch an sich zog.

"Bis gleich."

Er drehte sich um als sich plötzlich zwei schlanke Arme um seine Taille schlangen und ihm am Gehen hinderten.

"K-Kamui?", stotterte Subaru.

"Ich bin sehr froh... wirklich!", stammelte Kamui halblaut zusammen.

Subaru drehte sich um und beugte sich zu Kamui herunter, dieser hielt vor Verlegenheit seine Augen geschlossen.

"Ich bin auch sehr froh Kamui."

Er sah ihn wieder an, seine violetten Augen waren einfach unbeschreiblich schön, beide lächelten. Das Knistern zwischen ihnen nahmen sie als gutes Omen an. Subaru streichelte Kamui über seine Wangen und rückte mit seinem Gesicht ein wenig näher. Der im Bett Sitzende schloss bereitwillig wieder seine Augen. Er spürte bereits Subaru's Warmen Atem im Gesicht, nach diesem Moment hatten sich beide gesehnt.

RUMMS

"Morgen ihr beiden! Ich habe...für...euch..."

Fuma stand wie angewurzelt im Türrahmen. Subaru und Kamui hatten sofort hektisch voneinander abgelassen. Verhalten räusperte sich Subaru immer wieder, er bedauerte es, dass sein Pony nicht dieselbe Eigenschaft hatte, wie Kamui's, er konnte nicht die Augen verdecken. Er hatte also keine Möglichkeiten, die intensive Farbe in seinem Gesicht zu vertuschen, aber auch Kamui konnte seinen auffallenden Teint nicht vor unerwünschten Blicken bewahren. So versuchte jeder auf seine Art und Weise so zu tun, als wäre eben nichts gewesen. Der Eine legte seine Hände in den Rücken und betrachtete nervös schwankend den weißen Wandschrank, während sich der andere mit einer ungewöhnlichen Geschwindigkeit auf die Seite zum Fenster hin gedreht hatte.

>>Lass das bitte nur ein böser Traum sein!<<, flehten die Beiden vergeblich.

Fuma war buchstäblich sprachlos, die beiden eingewickelten Fertigteller in seinen Händen verhielten sich wie Zeiger auf einer Skala, welche den Stand der Hilflosigkeit anzeigten. Je niedriger sie gehalten wurden, desto schlimmer war es. Nun, hätte Fuma sie noch tiefer sinken lassen wollen, wären sie ihm wahrscheinlich runter gefallen. Warum in alles in der Welt hatte er seit dem gestrigen Tag irgendwie das permanente Talent, immer dann vor Ort zu sein, wenn es gerade mehr als ungünstig war.

"Tja, ähm... Ihr habt doch sicher Hunger, oder ähm... soll ich später noch mal vorbeikommen?", fragte Fuma vorsichtig.

Wortlos nahm Subaru ihm die Verpackungen ab und stellte sie ruppig auf den im Raum stehenden Tisch. Fuma warf einen Hilfe suchenden Blick in Kamui's Richtung, er hatte sich inzwischen wieder aufrecht hingesetzt. Seine Wangen waren immer noch gerötet als er seinem Freund ein Kopfschütteln und einen enttäuschten Blick schenkte. Fuma ließ die Schultern hängen und trabte hinüber zu Subaru.

>>Phantastisch, das fängt ja gut an!<<
 

~2. Tag~

Der Chefarzt konnte Kamui aufgrund seines hervorragenden Besserungszustand versichern, dass er auf dem besten Wege war, das Krankenhaus innerhalb der nächsten 48 Stunden verlassen zu dürfen. Natürlich freute ihn das sehr, inzwischen hatte sich sein Luxusessen zwar von einer Hühnerbrühe auf Reissuppe mit Möhrchen und Fleischbällchen gesteigert, aber der Gedanke, dass er seine Zeit endlich intensiver mit Subaru nutzen könnte, beflügelte ihn geradezu. Auch ihn reizte der Gedanke nicht immer von Ärzten, Krankenschwestern oder Fuma umgeben zu sein. Fuma's Loyalität in allen Ehren, aber sein Feingefühl für die richtigen Zeitpunkte war einfach nicht das Beste. An diesem Tag schien die Sonne strahlender denn je, die Blütezeit der Kirschbäume hatte ihr Ende erreicht. Subaru hatte kurz das Krankenzimmer verlassen um das Mittagsgeschirr wegzubringen. Als er das Zimmer wieder betrat, holte ihn am Anfang ein mittlerer Schock ein, Kamui lag nicht in seinem Bett, doch als er die Tür ganz aufdrückte sah er ihm am geöffneten Doppelfenster stehen.

"Kamui, du sollst doch nicht aufstehen. Der Arzt meinte, dass du dich noch schonen sollst."

Kamui drehte sich nicht zu ihm um, er genoss die erfrischende Briese, die durch sein Haar fuhr. Er öffnete seine braunen Augen erst wieder, als er Subaru's Brust im Kreuz spürte. Seine Arme stützten sich an ihm vorbei auf das Fensterbrett, sein Kopf schmiegte sich an seinen.

"Und der Tropf?", fragte Subaru.

"Ist leer, die Schwester meinte, dass ich nun keinen mehr brauche."

"Hast du schon wieder ein wenig zugenommen?"

"Vielleicht..."

Er drehte sich zu dem Größeren um und umarmte ihn, mehr war bisher irgendwie einfach nicht möglich gewesen.

"Darf ich wieder bei dir wohnen, wenn ich hier raus bin?", murmelte er in Subaru's Shirt hinein.

Subaru's Wangen färbten sich rosa, diese Frage überraschte ihn ein wenig. Lächelnd erwiderte er die liebe Geste Kamui's.

"Warum fragst du so was? Das weißt du doch... Ich möchte dich immer bei mir haben..."

Er gab Kamui einen Kuss auf die Stirn, dann auf seine linke Schläfe, auf die Wange und setzte schließlich zu seinem zweiten Versuch an, auch einen auf Kamui's Lippen zu hinterlassen.

"Wäschewechslung!", rief plötzlich eine schrille Frauenstimme von der Tür aus.

Sofort stoben die Beiden wieder auseinander, entnervt seufzend. Kamui's Herz pochte laut, er konnte richtig fühlen, wie das Blut durch seine Venen gepumpt wurde. Subaru fuhr sich mit beiden Händen durch sein kurzes Haar, vielleicht war es sogar besser, einem erst 17jährigen nicht auf die Pelle zu rücken.
 

~3. Tag~

Die Vorfreude auf Kamui's Entlassung machte alle drei sehr nervös und hibbelig. Kamui sehnte sich immer mehr nach vernünftiger Verpflegung und vor allem nach Ruhe. Subaru war seit der letzten Störung wesentlich zurückhaltender gewesen, Kamui fühlte sich sogar ein wenig vernachlässigt. Fuma hatte die Spannung zwischen ihnen durchaus wahrgenommen und hatte sich vorgenommen, Krankenbesuche auf das Minimum zu reduzieren und den Beiden durch Botengänge einen Gefallen zu tun. Dazu gehörten unter anderem der Gang zur Polizei, wo er den Zuständigen irgendwie klar machen musste, dass einer ihrer Staatsbürger nicht, wie bisher geglaubt, verstorben war. Damit hatte er sich die längste Zeit aufgehalten. Außerdem hatte er Kamui nebenbei bei Subaru als wohnhaft gemeldet. Sein letzter Besuch widmete er dem CLAMP-Campus, wo er Kamui für das nächste Schuljahr an der Highschool anmeldete. Müde und geschafft ließ er sich am Abend in seinem ihm vertrauten Stuhl fallen.

"Danke, dass du das alles gemacht hast."

"Schon gut Kamui, ich bin froh, wenn ich euch irgendwie helfen kann. Das Einzige, was euch jetzt noch zufällt, sind die Unterschriften bei den Behörden. Durch die Vollmacht von Subaru konnte ich aber immerhin den gröbsten Papierkram erledigen."

Subaru lehnte sich stillschweigend zurück, Kamui ließ gekickt seinen Kopf hängen.

>>Dabei lief es doch gar nicht so schlecht...<<

Fuma blickte mitgenommen zwischen ihnen umher, der Krankenhausaufenthalt schien ihren Bedürfnissen arg zuzusetzen.

"Kopf hoch, morgen habt ihr es geschafft.", versuchte Fuma sie aufzumuntern.

Verhöhnend rümpften sie ihre Nasen. Beleidigt verschränkte Fuma seine Arme.

"Meine Güte, seid doch nicht so gereizt! Subaru, du musst noch Sachen für Kamui aus deinem Apartment holen, wenn ihr euch entsinnt, die anderen sind größtenteils zerrissen gewesen oder wurden notgedrungen aufgeschnitten."

"Ja, schon klar. Ich erledige das am besten gleich."

"Um die Uhrzeit?", jammerte Kamui vorwurfsvoll.

Subaru warf sich seine Weste über und schritt ohne einen Abschiedsgruß an den beiden jüngeren Männern vorbei, drückte die Türklinke herunter und war auch schon auf den Flur hinaus getreten. Fuma's Blick fuhr sofort zu Kamui herum, sein Gesichtsausdruck hätte einem das Herz zerreißen können. Kamui fühlte sich schlecht, so machtlos und alleingelassen, sein Herz krampfte sich unangenehm zusammen.

"Jetzt reicht es!", fluchte Fuma laut und sprang aus seinem Stuhl auf.

Erschrocken sah Kamui seinem Freund hinterher, wie er aufgebracht die Tür aufriss und sie hinter sich wieder zuwarf.

"Warte! Subaru warte!", rief er ihm auf dem langen, menschenleeren Flur hinterher.

Subaru hatte gerade das Ende des Korridors erreicht als Fuma angesprintet kam. Unsanft packte er ihn an seiner linken Schulter und zog ihn zu sich herum. Wütend funkelte ihn Fuma an.

"Was soll das?", fragte er Subaru fordernd.

"Das könnte ich dich fragen!", konterte er im nicht minder unfreundlichen Tonfall.

Fuma ließ Subaru los, Dieser rückte seine Weste wieder zurecht.

"Warum machst du das?"

"Warum mach ich was?"

Subaru machte deutlich, dass er nicht aufgelegt war, eine Diskussion anzufangen.

"Du bist so abweisend zu ihm und nur noch gereizt, nicht mal verabschiedet hast du dich. Du könntest Kamui's Sachen auch morgen früh besorgen, du hast doch vorgehabt, heute nicht mehr hierher zu kommen, stimmt's?"

Subaru drehte sein Gesicht geschlagen zur Seite, Fuma seufzte.

"Ich kann ja verstehen, dass es dich stört hier so beobachtet zu werden, aber glaub mir, Kamui geht es nicht anders."

"Das weiß ich..."

"Nein, du weißt gar nichts. Du verletzt ihn doch damit! Hast du nicht selber gesagt, dass du ihn beschützen willst? Zählt dazu nicht auch, ihm nicht weh zu tun?"

Mit weit aufgerissenen Augen starrte Subaru in Fuma's ernste Miene.

"Komm, gib mir deinen Wohnungsschlüssel. Ich werde schon alles finden."

Mit zitternden Händen zog Subaru seinen Schlüssel aus einer seiner Westentaschen, um ihn anschließen in Fuma's Hand gleiten zu lassen.

"Beeil dich.", verabschiedete sich der Jüngere von ihm.

Nickend drehte sich Subaru um und spurtete durch den hallenden Flur bis zu Kamui's Zimmer. Fuma schüttelte schmunzelnd seinen Kopf als er die Stufen nach unten runter stieg. Subaru öffnete wie schon sooft zuvor die Tür.

"Lass mich bitte allein Fuma...", kam eine gezwungen ruhige Stimme an sein Ohr gedrungen.

Sofort hielt Subaru inne, durch den Türspalt versuchte er einen Blick auf Kamui werfen zu können. Kamui massierte mit einer Hand seine Schläfen und fuhr sich dann durch seine Haare. Er zwinkerte oft und schniefte unbeholfen, seine Augen waren feucht und sein Gesichtsausdruck verletzt und traurig. Subaru war über diesen Anblick mehr als bestürzt. Mit einem Mal riss er die Tür weit auf und trat rasant an Kamui heran, um ihn fest in seine Arme zu schließen. Kamui wusste noch gar nicht richtig wie ihm geschah, doch wie aus einem Reflex heraus krallte er seine Finger in die Weste von Subaru.

"Tut mir leid, das wollte ich nicht.", flüsterte Subaru einfühlsam.

Kamui schüttelte seinen Kopf an Subaru's Brust, er schluchzte leise.

"Ich... ich dachte du würdest... du würdest nicht mehr wiederkommen..."

So sehr er versuchte sich zusammenzureißen, desto schlimmer wurde es. Er hatte Angst, dass seine Reaktion zu übertrieben wirken würde, doch Subaru streichelte ihm beruhigend durch das Haar.

"Ich bin zu gereizt, doch ich hätte es nicht an dir und Fuma auslassen dürfen. Kannst du mir das noch mal verzeihen?"

"Das fragst du noch?", zog ihn der Kleinere auf, er konnte schon wieder verschmitzt lächeln.
 

Bereits früh am Morgen herrschte wildes Gewusel in dem kleinen Raum. Ärzte und Schwestern bestanden darauf, noch mal persönlich nach ihrem süßen Lieblingspatienten zu sehen und dem berühmtesten Pärchen im gesamten Krankenhaus alles Gute zu wünschen. Fuma kam pünktlich mit den zusammengesuchten Sachen für Kamui. Ein rotes Shirt mit schwarz bestickten Rändern und einer dunkelgrauen Hose. Nachdem sich Subaru und Kamui der peinlichen Zurufe der kindlichen Krankenschwestern gestellt hatten, statteten sie zielstrebig den Behörden einen Besuch ab, um die fälligen Unterschriften hinter sich zu bringen. Zu ihrem Leidwesen schien es Fuma nicht in den Sinn zu kommen, sie ihre Geschäfte alleine erledigen zu lassen. Erst am Abend, als sie in Subaru's Apartment angelangt waren, hatten sie ausreichend Zeit sich miteinander zu unterhalten. Über das, was vor ihrer Zeit als Himmelsdrache geschehen war und über das, was jetzt noch kommen sollte. Obwohl sie nun endlich ihre vermisste Zeit und Ruhe hatten, passierte zwischen ihnen weiterhin nichts Besonderes. Dabei hatten sie beide immer stärker das Bedürfnis, je mehr sie sich genauer kennen lernten, dem anderen in einem ungestörten Moment einen Kuss abzuringen. So vergingen die Tage wie im Flug und ehe sie sich versahen war eine Woche rum gewesen.
 


 

****Hiho! An dieser Stelle noch mal danke an alle^^ Ich möchte An dieser Stelle auch darauf aufmerksam machen, dass das 12. Kapitel durch die schöne und allseits beliebte "Adult-Einschränkung" gekennzeichnet ist. Das heißt also, dass einige Leser es nicht lesen könnten... Nun, Nea-chan ist ja kein Unmensch und deswegen soll es jeder lesen dürfen, der mich in einer ENS darum bittet^-~ BITTE!!! Seid nachsichtig mit mir! Das ist mein erster Yaoi-Versuch! Ich habe mich wewig daran aufgehalten... *drop* Aber ich mag es... *lol*

Eure Nea-chan****

Nachtgeflüster

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Der Morgen danach

Der Morgen danach
 

Die Morgensonne zeigte sich in ihren herrlichsten Rottönen und flutete die Landschaft mit ihrem warmen Licht. Die Gesänge der Vögel untermalten ihren Glanz und begrüßten den neuen Tag. Die Luft war feucht und warm, wie Nebel wanderte sie durch die Straßen und schlich sich durch die geöffneten Fenster der Gebäude in sämtliche Zimmer. Obwohl es noch viel zu früh war, schlug Kamui verträumt seine Augen auf, sofort weiteten sie sich und er musste einen überraschten Laut unterdrücken. Er lag in Subaru's Armen, angekuschelt an dessen Brust und genau in sein schlafendes Gesicht blickend. Darauf bedacht Subaru ja nicht zu wecken, änderte er seine Lage und richtete sich auf. Das rote Morgenlicht stach noch ein wenig in seinen Augen, seine Glieder waren schwer und verspannt. Gähnend rieb er sich seine Augen wach.

>>War das gestern auch kein Traum?<<

Wie zur Antwort rutschte ihm seine Bettdecke von der Brust, er schmunzelte, wurde aber doch leicht verlegen als er zu seinem Bettnachbarn rüber schmulte. Als Subaru sich räkelte kroch Kamui wieder ganz dicht an ihn heran und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Nasenspitze. Freudig grinsend wartete er darauf, dass Subaru ihm seine Aufmerksamkeit schenkte

"Ohayo.", flüsterte er, als Subaru mit bitterer Miene seine Lider hob.

"Mon...", nuschelte er verschlafen in sein Kissen hinein und kippte sogleich wieder weg.

Verdutzt betrachtete Kamui den Älteren, wie konnte er denn gleich wieder einschlafen? Kamui entschied sich dafür, Subaru einfach noch schlafen zu lassen und rutschte auf die Bettkante zu, von der er sich mit einem Satz hob. Er streckte sich ausgiebig, eine Dusche war bitter nötig, nicht nur wegen der müden Glieder, nein, es roch auch fürchterlich. Kamui dachte lieber nicht weiter, woher der Geruch stammte war nicht schwer zu erraten. Nur halbwach trugen ihn seine Beine ins Badezimmer, wo sein erster Halt dem Spiegel galt um sich die Zähne zu putzen. Prüfend schaute er in sein bleiches Spiegelbild, plötzlich weiteten sich seine Augen und ein verlegendes Drucksen entkam ihm. Gleich an seinem Hals sprang ihm ein dunkler, rötlicher Fleck entgegen. Subaru hatte deutliche Spuren an ihm hinterlassen.

"So was, hier auch und da! Und hier und dort und da auch noch! Was? Sogar hier?!"

Mit hochrotem Kopf zählte er die Male auf seiner Haut, manche Stellen erschienen ihm zwar schon beinahe Rätselhaft, aber darüber zerbrach er sich dann doch nicht den Kopf. Stattdessen schnappte er sich seine Zahnbürste und verschwand in der Dusche. Zuerst ließ er einen Schwall heißen Wassers über seinen Körper laufen bevor er seine Sinne grausam mit eisig Kaltem zurückholte. Sich schüttelnd tappte er nach einer wohltuenden halben Stunde wieder auf den weichen Läufer. Sich vor Kälte schüttelnd trocknete er sich ab.

>>Da fühlt man sich gleich wieder wie neu geboren.<<

Zufrieden durchkreuzte er das Zimmer, indem Subaru immer noch ungestört schlummerte und begann seine Sachen zusammenzusuchen. Seine Hose lag direkt neben Subaru's Bettseite, schnell war er hineingeschlüpft. Sein Hemd ausfindig zu machen stellte sich da schon als wesentlich schwieriger heraus.

>>Wo zum...!<<

Sein Blick blieb an der Couch hängen, genau neben ihr und einer kleinen Vitrine lag ein weißes, zusammengeknülltes Etwas, was er eindeutig als sein Hemd identifizierte. Schmunzelnd hob er es auf und schlüpfte hinein, auf etwas anderes hatte er gerade überhaupt keine Lust. Subaru regte sich und schlug seine Augen zur Hälfte auf.

"Was machst du denn da?", brabbelte er noch im Halbschlaf.

Kamui trat näher und beugte sich zu Subaru herunter, um einen liebevollen Kuss von ihm entgegen zu nehmen.

"Frühstück werde ich machen, wenn du möchtest."

Subaru fuhr sich mit einer Hand durch seine wilden Haare und nickte, er wirkte fast so, als ob er einen fiesen Kater hatte. Auch er sehnte sich nach Erlösung durch eine ausgiebige Dusche.

"Fein, lass dir Zeit."

Kamui lächelte ihm noch mal zu, bevor er in der Küche verschwand und Subaru sich müde aus dem Bett quälte. Kamui setzte Wasser auf und hing ein paar Teebeutel in eine Kanne.

>>Ich hätte nicht gedacht, dass er so arge Probleme damit hat, aus Bett zu kommen. Irgendwo süß...<<

Er hörte das gleichmäßige Rauschen der Dusche als er wieder in das Große Zimmer trat. Auf dem Boden lag noch immer das verunglückte Glas und zwar inmitten eines großen Fleckes, die Betten waren zerwühlt und Subaru's Kleidungsstücke lagen verstreut im Raum herum.

>>Aufräumen wäre sicher keine schlechte Idee.<<, dachte er bei sich als er in die Hocke ging und das Glas prüfend in seine Hand nahm.

Die nachfolgende Aufräumaktion ging nicht ohne auffällige Reaktionen an Kamui vorbei, jedes Stück, was er beseitigte oder wieder an seinen Platz rückte, rief eine neue Erinnerung in ihm wach. Als er schließlich fertig war glühten seine Wangen wie schon sooft zuvor.

>>Meine Güte, ich komme mir vor wie ein Hausmädchen.<<

Genau in diesem Moment pfiff der Wasserkocher in der Küche, Kamui hatte also keine Zeit sich weiter Gedanken um die Geschehnisse der letzten Nacht zu machen. Nachdem er den Tee aufgegossen hatte, steckte er noch zwei Toastscheiben in den Toaster und marschierte dann mit einem Stapel zusammengelegter Kleidung ins Badezimmer, wo Subaru anscheinend immer noch unter der Dusche stand.

"Ich hab dir was Frisches zum Anziehen gebracht, du kannst dich jetzt langsam fertig machen."

Es kam keine Antwort aus der undurchsichtigen Duschkabine.

"Subaru?", fragte Kamui vorsichtig nach.

Als wieder eine Antwort ausblieb, legte er den Stapel auf der Waschmaschine ab und trabte zur Dusche. Genau in dem Moment, wo er die Schiebetür öffnen wollte, wurde Diese mit einem Ruck beiseite geschoben. Kamui zuckte fürchterlich zusammen. Ein vor Nässe triefender Subaru blickte ihn verdutzt von oben herab an.

"Dann hab ich mir deine Stimme doch nicht eingebildet.", meinte er unberührt von Kamui's Blick.

"Essen...", stammelte Kamui verlegen.

Erste jetzt fiel ihm auf, dass Subaru vollkommen unbekleidet vor ihm stand und wurde wieder unbewusst rot.

>>Nicht doch! Daran müsste ich doch jetzt gewöhnt sein!<<

Subaru verkniff sich sein Grinsen, Kamui war einfach zu niedlich!

"Dabei dachte ich, dass du deine Schüchternheit gestern verloren hättest."

Kamui sah ihn aus großen Augen an und trat einen Schritt auf dem Läufer zurück.

"Es... es ist noch ein wenig ungewohnt.", versuchte Kamui sich zu entschuldigen.

Subaru legte seine Hand in Kamui's Nacken und zog ihn zu sich heran. Sofern es überhaupt noch möglich war steigerte sich die Farbe in Kamui's Gesicht noch weiter.

"Brauchst dich nicht zu entschuldigen.", raunte ihm der Größere ins Ohr, dass es ihm als Schauer den Rücken runter lief.

Kamui hörte aus der Küche den Toaster ausrasten und löste seinen Blick kurz von seinem Gegenüber.

"Oh, die Toastscheiben sind fertig."

Gerade als er gehen wollte, zog Subaru ihn mit beiden Händen an sich heran und stahl ihm einen Kuss.

"Warte...", versuchte Kamui vergeblich zu betteln.

Es brachte nichts, er war Subaru's süßem Kuss einfach unterlegen und gab sich deswegen einfach dem angenehmen Kribbeln in seinem Bauch hin. Doch als Subaru ihn noch weiter an sich heran- und schließlich unter die eiskalte Dusche zog, schreckte er auf und stolperte zurück.

WAMM

Der Läufer unter seinen Füßen hatte sich verselbstständigt und ihm einen unsanften Sturz auf die kalten Fliesen beschert.

"Alles in Ordnung?", fragte Subaru besorgt wie überrascht.

Die Unangenehme Überraschung war auch ihm zu Teil geworden, immerhin hatte er sich regelrecht an Kamui festgeklammert. Kamui blinzelte, sein Kopf brummte, aber Subaru's klare Augen ließen ihn die Schmerzen gleich wieder vergessen und er schlang seine Arme um dessen Hals.

"Duschst du immer kalt?"

Subaru lachte kurz und strich mit einem Finger eine nasse Strähne aus Kamui's Gesicht.

"Wenn ich mit dir zusammen bin, bleibt mir wohl nichts anderes übrig, sonst verliere ich noch meinen Verstand."

"Du bist albern.", stellte Kamui fest.

"Das verdanke ich dir.", konterte sein Gegenüber und nahm den geliebten Lippenkontakt wieder auf.

Plötzlich klingelte es an der Tür und beide fuhren hoch.

"Hast du irgendjemanden eingeladen?", fragte Kamui an Subaru gewand.

"Doch nicht heute und um diese Uhrzeit."

Subaru erhob sich von dem Kleineren und half ihm beim Aufstehen.

"Ich mach auf."

Schon eilte Kamui aus dem Badezimmer und ließ Subaru stehen. Es klingelte noch mal, hektisch schloss Kamui die Tür auf.

"Guten Morgen!... Kamui?"

"Fuma?!"

Beide klangen etwas verdutzt, wenn auch aus jeweils anderen Gründen. Fuma, der auf seinem Arm eine Tüte mit frischen Brötchen hielt, musterte seinen Freund eingehend.

"Ist es normal, dass du hier zur Hälfte klitschnass herumläufst?"

Kamui blickte nervös an sich herunter und dann wieder mit großen Augen zu seinem Freund auf.

"Ähm, die Dusche hatte nicht richtig funktioniert.", versuchte er sich rauszureden.

"Ah ja, sie ohne Hemd zu testen ist dir nicht in den Sinn gekommen?"

Fuma stellte fest, das Kamui nervös wurde.

"Wer ist es denn Kamui?", drang Subaru's Stimme aus dem Badezimmer zu ihnen heran.

"Ähm... Fuma."

"Fuma?"

Seine Stimme hatte einen unterschwelligen Touch von "ich hab's geahnt" als er antwortete. Etwas unbeholfen trat er mit einem Handtuch um seine Hüfe zu den Beiden heran.

"Morgen, was treibt dich so früh hierher?"

Fuma blinzelte kurz abgelenkt.

"Ich, ich hab Brötchen mitgebracht."

Einen Moment lang herrschte andächtige Stille unter ihnen. Subaru und Kamui warfen sich hin und wieder unmissverständliche Blicke zu.

"Darf ich reinkommen?", durchbrach Fuma schließlich die Stille.

Genau jetzt realisierten die Beiden, dass Fuma noch immer draußen vor ihrer Tür stand.

"Natürlich!", antwortete Kamui wie selbstverständlich.

Schnell trat er beiseite, stolperte dabei aus Versehen als er der Kommode ausweichen wollte und war auf dem besten Wege zu stürzen. Subaru reagierte schnell und hielt Kamui mit einem Arm davon ab, dass er sich gemeinsam mit Kamui zum Teppich gesellte, störte in diesem Moment nicht.

"Das ist schon das zweite Mal heute...", beklagte sich der Größere.

Fuma wurde extrem verlegen, der Grund dafür war der dunkelrote Fleck, der sich gerade an Kamui's Hals zeigte und den er ganz eindeutig identifizierte.

"Ich verschwinde dann schon mal in der Küche"

Schon bog Fuma um die nächste Ecke und ließ die Beiden einfach im verdutzten Zustand am Boden zurück. Das er ihnen gerade noch ein wenig Zeit verschafft hatte, dankten sie ihm.

"Alles was Fuma macht, schmeckt immer ganz wunderbar.", bestärkte Kamui zufrieden.

Als Subaru ihn anlächelte und Kamui das Funkeln in seinen Augen realisierte, hob er seinen Kopf etwas mehr zu ihm hinauf um erneut von seinen Lippen zu kosten. Zuerst küssten sie sich noch zaghaft, mit dem Vorhaben sich demnächst zu Fuma in die Küche zu gesellen, doch schon nach wenigen Sekunden intensivierten sie das berauschende Spiel. Niemand von beiden wollte der Erste sein, der sich von der sündigen Zunge des anderen lösen würde.

Zur Liebe stehen

14. Zur Liebe stehen
 

Nachdem sich Kamui und Subaru schmerzlich von einander getrennt hatten, gesellten sie sich zu Fuma in die Küche. Er hatte extra schon alles vorbereit und begrüßte die beiden Wohlgelaunten mit Kamui's duftendem Tee und seinen verlockenden Brötchen. Der Tag versprach also durchaus gelungen zu werden.
 

Wie sollte sich die Geschichte zwischen den Beiden denn nun auch anders entwickeln? Die schwere Zeit hatten sie hinter sich gebracht und endlich den Mut zu einem Neuanfang gefunden. Rein theoretisch gesehen, wäre die Geschichte damit zu ende, aber was wäre die Rückkehr Kamui's ohne ein Wiedersehen mit all den anderen ehemaligen Himmelsdrachen? Oder wie würde sich das Leben fortwährend für Fuma entwickeln? Und schließlich noch, wie gehen Subaru und Kamui wohl in der Öffentlichkeit mit ihrer Liebe zueinander um?

Dies ist der Auftakt vom Ende, bzw. vom Anfang einer nicht ganz hürdenfreien Geschichte zwischen zwei verbundenen Seelen. Versinken wir ein letztes Mal in ihre Gefühlswelt und lassen uns von ihrem Scham mitreißen...
 

Fuma hatte sich nach dem ausgiebigen Frühstück gleich wieder von ihnen verabschiedet, immerhin lag noch eine ganze Woche vor ihm, die er vorzubereiten hatte. Dasselbe galt eigentlich auch für Kamui und Subaru. Kamui sollte ab dem morgigen Tag wieder die Schule besuchen und Subaru musste sich aufraffen und sich bei dem ehemaligen Oberhaupt seines Clans melden. Verträumt räumten sie gemeinsam das Apartment auf, der Tag war einfach herrlich, die Luft war klar und die Sonne motivierend und warm. Einfach zu schön, um ihn drinnen zu verbringen, also entschlossen sich die Beiden schon bald dafür, nach draußen zu gehen und einfach planlos durch die Straßen zu ziehen. Subaru trug zum ersten Mal ein weißes Oberteil ohne Ärmel, was man am Saum mit einem schwarzen Bändel raffen konnte. Kamui trug ein beigefarbenes Hemd mit sehr kurzen Ärmeln und darüber eine dünne, schwarze Weste. Munter über die verschiedensten Themen redend, spazierten sie durch eine Allee von bereits abgeblühten Kirschbäumen, sie rollten ihre gesamte Vergangenheit auf und unterhielten sich auch über Dinge, die sie gerade sahen und alltäglich waren. Niemand von den anderen Leuten sah ihnen auf Anhieb an, dass sie bei weitem nicht einfach nur ausgelassene Freunde waren, die sich so gut miteinander verstanden. Selbst wenn, gestört hätte sie es wahrscheinlich eh nicht, die Welt um sie herum blendeten sie vollkommen aus. Ohne es zu merken, wurde es Mittag, die Kinder verschwanden von den Straßen um heim zu ihren Familien zu laufen und zu essen. Erst auf einer gemütlichen Parkbank machten Kamui und Subaru jedoch Halt.

"Wie warm es heute ist, die nächsten Wochen werden hoffentlich auch noch so schön.", sagte Kamui, als er gen Himmel blickte und die vorüber ziehenden Wolken beobachtete.

Schmunzelnd legte Subaru seinen linken Arm um den Kleinern.

"Bestimmt werden sie das und wenn nicht, dann machen wir es uns halt daheim gemütlich."

Kamui wurde rot um die Nasenspitze, musste jedoch unwillkürlich lächeln. Ohne sich dabei was zu denken, lehnte er seinen Kopf an Subaru's Schulter und atmete genüsslich die angenehme Luft ein und lauschte den Vögeln. Subaru tat es ihm gleich und schloss ebenfalls seine Augen. Eine Ewigkeit hätten sie so verbleiben können.

"Schon ein lustiger Zufall, dass wir uns alle hier so getroffen haben, finden sie nicht auch, Seiichiro-san?", drang plötzlich eine ziemlich vertraute Stimme an ihr beider Ohr.

Interessiert schlug Subaru seine Augen auf, auch Kamui richtete sich wieder auf und sah zu seiner Rechten. Tatsächlich hatten sie sich nicht geirrt! Die eben vernommene Stimme stammte von Yuzuriha, die fröhlich neben Seiichiro herlief, natürlich von ihrem Hundegott begleitet. Aber nicht nur das, in ihrer Begleitung befanden sich außerdem noch Arashi und Kaoru Kusanagi. Mit weit offenen Augen und leicht geöffnetem Mund starrte Subaru in ihre Richtung, an ihm vorbei lugte Kamui, noch weit mehr überrascht. Sein Herz begann wild zu klopfen und ein sehr flaues Gefühl machte sich in seinem Magen bemerkbar. Ihm wurde heiß und kalt zugleich, er hatte nicht die leiseste Vorstellung davon, wie er jetzt reagieren sollte, solch eine Situation hatte er die ganze Zeit über nicht bedacht. Einerseits wollte er sich freuen, sie nach dieser langen Zeit wieder zu sehen, doch andererseits war er sehr aufgeregt. Immerhin wussten sie noch gar nichts von ihm, oder besser davon, dass er wieder unter ihnen weilte. Subaru sah zu ihm, Kamui zitterte ein wenig. Beruhigend drückte er ihn ein wenig fester an sich.

"Bleib ganz ruhig, wenn sie uns gleich sehen werden, es passiert schon nichts Schlimmes.", flüsterte er ihm zu.

Schluckend nickte Kamui, dennoch schien er sich neben Subaru ganz klein zu machen. In diesem Moment richtete Yuzuriha ihren Blick nach vorn und blieb im ersten Moment verdutzt stehen, so auch Kusanagi, Arashi und Seiichiro. Begrüßend hob Subaru eine Hand und lächelte ihnen zu, er musste zugeben, auch ihm war mulmig zumute.

"Subaru-san?", fragte die quirlige Mittelschülerin perplex.

Auch die anderen musterten ihn verwundert, Kamui hatten sie neben ihm noch gar nicht gesehen, anscheinend funktionierte sein Kleinmachen ganz hervorragend. Nur Inuki machte sich selbstständig und hopste aufgeregt vor der Bank herum. Immer wieder wanderten die Blicke der Anderen über Subaru's Erscheinungsbild. Das gab es doch gar nicht! Er trug seinen Mantel nicht, nein, er lief sogar in einem weißen Oberteil herum und noch dazu mit einem Lächeln auf den Lippen! Konnte es sich da tatsächlich um den Subaru handeln, den sie noch vor einigen Wochen verabschiedet hatten? Nur Kusanagi sah fragend zwischen ihm und seinen Begleitern umher und schien ihre Reaktion nicht recht zu verstehen.

"So sieht man sich wieder.", sagte Subaru, nachdem es Kamui bereits wie eine quälende Ewigkeit vorgekommen war.

Wie aus einem Wachkoma erwachend, blinzelten die Angesprochen und setzten endlich auch eine vernünftige Miene auf, um sich Subaru schließlich weiter zu nähern. Kamui presste die Augen weiter zusammen, er zählte die Sekunden und die Schritte der anderen. Wie lange würde es noch dauern, bis ihn der Erste entdecken würde? Noch immer wedelte Inuki fröhlich mit dem Schwanz vor ihm herum.

"Sie überraschen mich Subaru-san. Ich hätte nie... gedacht, dass... sie...", begann Seiichiro, immer stockender werdend.

STILLE

>>Es ist passiert!<<, dachte Kamui, als sämtliche Schritte verstummten und Seiichiro's Aussprache so eindeutig für ihn zu verstehen geworden war.

Kamui fühlte Subaru's Hand auf seiner Eigenen ruhen, dass gab ihm das Gefühl, nicht alleine dazustehen. Scheu öffnete er dann langsam seine Augen, noch ehe er sie richtig geöffnet hatte, riss er sie vollendens auf. Da standen sie nun, direkt vor ihm und nicht in der Lage auch nur ein Wort herauszubringen. Kusanagi war einfach nur sprachlos, Seiichiro zudem noch äußerst überrascht. Arashi hatte sich beide Hände an den Mund gelegt und zitterte, während Yuzuriha stumm die Tränen in den Augen standen und sie nicht wusste, ob sie nun froh, oder traurig sein sollte.

"Nun, ich glaube, wir sollten euch da etwas erklären...", begann Subaru in diesem Moment vorsichtig.

Wie, als hätte er einen Auslöser betätigt, stürzte Yuzuriha auf Kamui zu und schloss ihn beherzt in ihre Arme, auch Arashi ließ sich davon nicht abbringen und motivierte schließlich auch Seiichiro dazu, ihn einmal freundschaftlich, aber fest zu umarmen. Kusanagi legte nur seine Hand schmunzelnd auf seine schmalen Schultern. Subaru musste gelegentlich etwas zur Seite rücken, damit die ausgedehnte Umarmungsorgie auch ausreichend Platz auf der schmalen Bank fand. Kamui war so perplex, dass er keinerlei Reaktionen zeigte.

"Kamui-san! Kamui-san!", wiederholte Yuzuriha immer wieder mit erstickter Stimme.

Auch Arashi war inzwischen zu Tränen gerührt und lächelte ihn einfach nur stumm an. Subaru beobachtete ruhig weiter, langsam zeigte sich ein zaghaftes Lächeln in seinem Gesicht. Kamui hatte endlich realisiert, wir die anderen auf ihn reagierten, zögernd, aber doch bestimmt, legte er tröstlich seine weißen Hände auf Yuzuriha's Rücken.

"Das ist ein Wunder...", flüsterte Arashi leise, die sich langsam wieder beruhigt hatte.

Subaru lächelte, schüttelte jedoch seinen Kopf. Alle Anwesenden sahen ihn verwundert an, auch Kamui.

"Das ist Schicksal.", widerlegte er schließlich.

Alle schmunzelten, das Schicksal war wirklich weder vorherzusehen, noch festgelegt.

"Ein Treffen dieser Art habe ich nie für möglich gehalten, bitte klärt uns hinsichtlich dieser überraschenden Tatsache auf.", bat Seiichiro höflich.

Die Jüngste unter ihnen hatte sich inzwischen wieder von Kamui getrennt und sah immer noch ein wenig verheult zwischen ihm und Subaru umher. Kusanagi legte eine seiner großen Hände auf ihre Schulter, Inuki hüpfte immer noch aufgeweckt zwischen ihnen umher.

"Vielleicht ist es Kamui-san lieber, wenn wir irgendwo hingehen, wo wir es uns gemütlich machen können.", sagte der große und breite Mann.

Kamui schielte zu Subaru hinüber, er nickte ihm unauffällig zu. Beide dachten da an ein kleines Café, mit dem sie schon vor einiger Zeit Bekanntschaft geschlossen hatten.
 

Subaru hatte nicht lange gebraucht, um alle von dieser Idee zu überzeugen. Kamui verblieb vorerst schweigend, er musste sich erst einmal wieder sammeln und die richtigen Worte für seine Geschichte finden. Er nahm sich jedoch fest vor, nicht auf die kleinen Zwischenfälle nach seinem Auftauchen einzugehen.

In der kleinen, aber behaglichen Einrichtung angekommen, wurde ihnen freundlich ein großer Tisch für sechs Personen zugeteilt. Da es Mittagszeit war, bestellte sich jeder auch gleich etwas zu Essen, die Stimmung lockerte sich merklich immer mehr, ganz zum Vorteil von Kamui, der hier zum ersten Mal seine Stimme erhob. Aufmerksam hörten ihm die anderen zu, unter dem Tisch hielt Subaru seine Hand fest umschlossen. Kamui dankte ihm Dies mit einem Lächeln.

"Ich, ich weiß ehrlich nicht, was ich dazu sagen soll... beeindruckend.", raunte der hellhaarige Mann ruhig.

"Und sie haben die ganze Zeit über bei Subaru-san gewohnt?", fragte Yuzuriha interessiert.

Etwas peinlich berührt, nickte Kamui. Subaru fand es an der Zeit, sich ebenfalls in das Gespräch mit einzubinden.

"Nun, Kamui wird auch weiterhin bei mir leben, ab morgen geht er wieder auf dem Campus zur Schule."

Alle, außer Seiichiro, schienen ein wenig irritiert. Arashi jedoch brauchte ihrem Banknachbarn nur einen fragenden Blick zuzuwerfen, schon konnte sie aus seinen Augen die richtige Antwort lesen. Schmunzelnd wand sie sich den beiden anderen wieder zu. Kamui und Subaru taten so, als hätten sie diesen eindeutigen Blickaustausch zwischen ihnen nicht bemerkt.

"Und was machen ihre Fähigkeiten?", fragte Arashi an Subaru gewand.

"Sie sind wieder da.", antwortete er ihr.

Die Augen der anderen wurden ein wenig größer.

"Ich glaube, dass die Fähigkeiten von uns allen nicht wirklich verschwunden, sondern nur eingeschlossen sind."

"Und wie begründen sie das?", mischte sich Kusanagi ein.

Noch ehe Subaru diese Frage beantworten konnte, übernahm Yuzuriha diesen Part. Mit ausgestrecktem Arm zeigte sie auf Inuki, der verspielt am Boden herumkugelte.

"Mit Inuki! Niemand außer uns kann ihn sehen, oder?", sprudelte es begeistert aus ihrem Mund.

Subaru nickte lächelnd, Kamui schloss sich ihm an. In diesem Moment kam das Essen aller und die Unterhaltung fand hier ihren Wendepunkt.
 

Sie ließen die alten Geschichten ab da ruhen und erzählten über ihre jüngsten Erlebnisse, Kamui und Subaru verblieben dabei lieber mehr im Hintergrund. Mit der Zeit wurden die Unterredungen jedoch ruhiger und die Gesprächsthemen gingen ihnen langsam, aber sicher aus. Kamui und Subaru bekamen immer wieder zu spüren, wie sie von den anderen seltsam gemustert wurden, dass es wohl daran lag, dass sie so gut wie nichts über die letzten Wochen erzählten, konnten sie sich denken. Wie sollten sie denn das alles denn auch erklären? Nicht, dass sie sich dafür schämten, aber irgendwo...

Am Ende verabschiedete sich so langsam einer nach dem anderen von ihnen und verließ das Café, zurück blieben die beiden, froh, die anderen mal unter normalen Umständen angetroffen zu haben.

"So Kamui, was machen wir jetzt?", fragte er, nachdem er auch den Letzten aus den Augen verloren hatte und sich entspannt in seinen Stuhl zurücklehnte.

Kamui leerte mit einem letzten Zug sein Glas und erhob sich dann von seinem Stuhl.

"Ich geh mal kurz auf Toilette, ich bin gleich wieder da."

Subaru nickte ihm zu, mit einem seligen Gesichtsausdruck schlängelte sich Kamui an den Tischen und Stühlen ihm Café vorbei und bog schlussendlich um die Ecke. Ruhigen Gewissens und ohne sich etwas dabei zu denken, wank Subaru eine der Kellnerinnen zu sich heran und wollte bezahlen.

"Hier bitte, ihr Wechselgeld.", sagte sie zum Schluss und drückte ihm, ein wenig verächtlich blickend, die einzelnen Geldmünzen in die Hand.

Es war ihr wortwörtlich anzusehen, wie wenig wohl gesonnen sie Subaru war.

"Entschuldigen sie, aber stimmt etwas nicht?", fragte er vorsichtig.

Sie schnaubte schnippisch und warf einen kurzen Blick in Richtung Toiletten, um ihn anschließend weiterhin seltsam zu mustern.

"Nein, was sollte denn auch mit mir nicht stimmen?", antwortete sie mit sarkastischem Unterton und drehte sich dann von ihm weg.

Subaru warf einen prüfenden Blick durch das Lokal, es gab tatsächlich fast niemanden, der in diesem Moment nicht gerade angewiderte Blicke in seine Richtung schweifen ließen. Langsam und mit erhobenem Haupt stand Subaru auf, die anderen Leute ignorierend, lief er zu den Toiletten. Das Klicken der Türklinke erklang und hinter der sich öffnenden Tür, kam Kamui zum Vorschein, der Subaru irritiert ansah.

"Was ist denn los? Du schaust so ernst."

Kamui trocknete sich die Hände mit Zellstoff ab, jedoch ohne dabei den Blickkontakt mit dem Älteren zu unterbrechen. Subaru schloss die Tür wieder hinter sich und seufzte. Kamui blieb vor den Waschbecken stehen und wartete geduldig auf eine Antwort.

"Ich glaube, die Leute draußen haben uns noch gut vom letzten Mal in Erinnerung, wahrscheinlich halten sie mich für einen von diesen Perversen, die das Taschengeld von Schülern aufbessern."

Kamui entglitten kurz die Gesichtszüge, was hatte Subaru da eben gesagt? War das sein Ernst gewesen?

"Aber du bist doch gar nicht so alt! Ich glaube nicht, dass sie das über dich denken!", versuchte Kamui ihm aufgebracht diesen Gedanken wieder auszutreiben.

Lächelnd schlenderte der große, schlanke Mann auf ihn zu und umarmte ihn von hinten. Kamui konnte sein Gesicht im Spiegel sehen und lehnte seinen Kopf gegen den, der jetzt auf seiner linken Schulter ruhte.

"Selbst wenn, würde es dich stören?", flüsterte ihm Subaru ins Ohr.

"Ja, natürlich! Sie würden dir Unrecht damit tun, das könnte ich ihnen nicht verzeihen..."

Kamui legte seine Hände an die Arme, die ihn noch fester umarmten. Langsam öffnete er seine Augen wieder. Wie angenehm warm Subaru doch war, er hätte ewig so mit ihm verbleiben können. Auch er schlug seine Lider wieder auf und betrachtete ihr Spiegelbild im Spiegel.

"Wenn du uns so als Fremder sehen würdest, was würdest du dann denken?", fragte er den Zierlicheren.

Kamui überlegte kurz, doch dann schmunzelte er und kuschelte sich noch ein wenig mehr in die, ihm Schutz bietende, Brust.

"Das die Liebe hinfällt, wohin sie will."

Subaru lachte kurz dankbar auf, was für ein einfacher und stupider Satz, doch er brachte das Ganze auf den Punkt.

"Dich lasse ich nicht mehr los."

Kamui grinste und wurde wieder ein wenig rot um die Nasenspitze.

"Dann halt mich doch für immer fest."

Kamui drehte sich zu Subaru um und sah ihm in die tiefgründigen Augen, in denen er sich immer wieder aufs Neue verlor. Der Größere nahm sein Gesicht in beide Hände und begann bei der Stirn damit, kleine Küsse auf der hellen Haut zu hinterlassen und sich immer weiter nach unten vorzuarbeiten. Bei seinen sündigen Lippen angekommen, machte er Halt und ließ sich auf ein kleines Spiel mit Kamui's Zungenspitze ein. Ihre Mundwinkel hoben sich dabei verdächtig, sie hätten lachen können.

"WAS IST DENN HIER LOS?!", ertönte plötzlich eine laute und unfreundliche Stimme neben ihnen.

Verdutzt wanden sie ihre Gesichter zur Tür, dort stand ein alter Bekannter von ihnen. Es handelte sich um den kleinen, dicken Mann, dem sie schon einmal unter ähnlichen Umständen hier begegnet waren. Sie verharrten weiterhin regungslos in ihrer Umarmung. Dem Mann schienen die Augäpfel jeden Moment raus zu fallen, sein Mund war so weit geöffnet, dass man seine leicht gelben Zähne sehen konnte. Sein Blutdruck musste in ungeahnten Höhen schweben, so rot wie sein Gesicht war. Vor Zorn und Ekel zitterten seine geballten Fäuste wie ein Vulkan, der kurz vor dem Ausbruch stand. Irritiert blinzelten die Beiden.

"Das ist ja wirklich das Allerletzte! So was hab ich meinen ganzen Lebtag noch nicht erlebt! Kaum zu glauben, dass ihr eure Abartigkeit in einer so anständigen Einrichtung auslebt!", wetterte er wild mit den Armen fuchtelnd.

Seine unkontrollierten Sätze trafen Kamui und Subaru jedes Mal wie ein Hammer im Gesicht. War es denn fair, dass sie sich so etwas anhören mussten und dagegen nicht mal Einspruch erheben durften? Ihre Mienen verdunkelten sich.

"Ich warne euch! Treibt es gefälligst dort, wo es niemand sehen oder hören muss! Schert euch weg ihr perverses Pack!", keifte er weiter.

Subaru entließ Kamui aus seiner Umarmung und nickte ihm kurz zu, das sollte wohl bedeuten, dass sie sich stillschweigend zurückziehen sollten. Doch das war nicht im Geringsten in Kamui's Sinne, er hatte es endgültig satt! Immer stand ihm Subaru bei, immer wurde er von ihm beschützt doch jetzt sollte er wegen so einem intoleranten Menschen kuschen? Er wollte auch einmal etwas für ihn tun.

"Wenn es sie stört, dann scheren sie sich doch weg.", sagte Kamui plötzlich vollkommen gelassen, aber mit ernster Stimme.

Perplex wurde er von Subaru angestarrt, auch dem dicken Mann entglitten sämtliche Gesichtszüge.

"Ich... Ich hör wohl nicht recht! Was fällt dir ein, du Missgeburt?!", stammelte er aufgebracht.

Kamui zuckte nicht einmal mit der Augenbraue, er konnte es selbst nicht erklären, doch in diesen Momenten war alles in seinem Kopf wie weggeblasen, sein Herz war leicht und nur ein einziger Gedanke trieb ihn an; Nimm diesem Menschen die Kraft, noch weiter solche dummen Dinge zu sagen!

"Kamui?", fragte Subaru kleinlaut und ein kleinwenig besorgt.

Kamui lächelte ihn an, jetzt verstand Subaru gar nichts mehr.

"Wissen sie, was ich glaube?", fragte Kamui, als er langsam auf den Fremden zulief, der zunehmend blasser im Gesicht wurde.

"Was? Wie? Ich? Was ich glaube? Willst du mich auf den Arm nehmen?!", versuchte er verzweifelt, sich nicht von dem Verhalten den braunäugigen Jungen irritieren zu lassen.

Kamui machte eine Handbewegung zu Subaru, die ihm zu verstehen gab, dass er ihm folgen sollte. Schon wendete sich Kamui wieder an den Mann vor sich, bei jeder noch so kleinen Bewegung, die Kamui machte, zuckte er fürchterlich zusammen.

"Ich glaube, dass sie eifersüchtig sind."

STILLE

Die Kinnlade des Mannes fiel mit einem Schlag herunter.

"Was...! Ich... Ich glaube es hakt! Was fällt dir ein?!", stammelte er mit nur noch halblauter Stimme.

Subaru hielt sich stillschweigend zurück, doch nur mit Mühe konnte er sich ein ankommendes Grinsen verkneifen.

"Sicher, dass dem nicht so ist? Haben sie noch nie einem schönen Mann hinterher gesehen, oder eine Gänsehaut von seiner Stimme bekommen?"

Der Angesprochene wurde immer bleicher, Kamui und Subaru glaubten, sie könnten in seiner Miene ablesen, dass er tatsächlich zu überlegen schien. Kamui konnte förmlich hören, wie der Stolz dieses Mannes langsam aber sicher brach.

"Ich wüsste nicht, was ich an einem Mann Erotisches finden sollte!", versuchte er sich immer noch gegen Kamui's legitime Ausführungen zu verteidigen.

Wie, als hätte er Kamui's Gedanken gelesen, zog Subaru ihn zu sich herum und küsste ihn. Sprachlos und mit weit aufgerissenen Augen, starrte der Fremde auf das Geschehen vor ihm, er musste unwillkürlich Schlucken. Subaru zwinkerte Kamui zu, ließ von ihm ab und ging schon mal vor die Tür, wo er sich noch einmal alles durch den Kopf gehen ließ, was sich gerade ereignet hatte. Kamui hingegen hatte noch kurzen Blickkontakt mit dem älteren Herrn vor sich. Im Vorbeigehen legte er noch eine Hand auf dessen Schulter und ging mit dem Gesicht ganz dich an sein Ohr heran. Der Mann zitterte und war vollkommen außer Stande sich zu rühren, oder etwas zu sagen.

"Liebe bleibt doch immer gleich Liebe, vielleicht sollten sie es auch mal ausprobieren.", raunte ihm Kamui ins Ohr und ließ ihn dann einfach stehen.

Er und Subaru sahen durch einen Türspalt noch, wie der Mann seinen Kopf hängen ließ, wie auch seine Arme. Dann rastete das Türschloss ein und sie standen wieder mitten im Geschehen. Als sie aus dem kleinen Flur wieder in das Café traten, war es ganz still. Sie blieben stehen, alle Blicke ruhten nur auf ihnen. Kamui hoffte, dass sein ungewöhnliches Verhalten jetzt nichts Verheerendes angerichtet hatte, er hätte sich denken können, dass man ihr Gespräch durch die geöffnete Tür hatte hören können. Noch ehe er jedoch in Vorwürfen versinken konnte, zog ihn Subaru selbstsicher und lächelnd zu sich heran.

"Ich bin sehr stolz auf dich.", sagte er und empfing ein Lächeln von seinem Partner.

"Und ich bin stolz darauf, dass ich ihn liebe und niemand anderen.", sagte er dann entschlossen an alle starrenden Gäste gewand.

Es kam keine Reaktion, noch ein letzter Blick von Kamui und Subaru in die Runde und sie schritten zielstrebig auf die Tür zu. Etwa auf der Hälfte der Strecke hielten sie aufgrund von einem bekannten Geräusch inne.

>>Applaus?<<, schoss es ihnen durch den Kopf.

Verwundert drehten sie sich wieder um, so auch alle anderen. Im Rahmen des kleinen Flurs stand der dicke Mann und klatschte, zuerst unregelmäßig und zaghaft, doch dann immer intensiver. Sehr überrascht sahen sie zuerst sich, dann ihn an. Noch ehe sie es richtig begriffen hatten, setzten nun auch immer mehr von den anderen Leuten ein, sogar die Kellnerin ließ sich dazu hinreißen! Schließlich waren sie von allen Seiten mit applaudierenden Menschen umgeben. Kamui und Subaru, die nur langsam begriffen, was hier vor sich ging, begannen zu lächelnd, sahen sich dann an, nahmen sich an der Hand und setzten ihren Weg durch die Menge fort. Draußen vor der Tür blieben sie stehen, die Sonne blendete sie, doch das war ihnen egal. Ebenso blendeten sie auch die vereinzelten Leute aus, die an ihnen vorüber zogen und sie hin und wieder musterten. Noch nie hatten sie sich so frei ums Herz gefühlt. Wieder sahen sie sich an.

"Und Kamui? Was werden wir jetzt nach unserem Outing machen?", fragte ihn Subaru, dessen Augen wie noch nie funkelten.

"Na was wohl!", grinste er ihn verheißungsvoll an.

Subaru verstand nicht ganz, Kamui lächelte ihn überglücklich an und ließ dann seine Hand los.

"Unsere Zukunft leben!"

Er wirbelte herum, so dass seine Haare im Wind wehten und rannte übermütig los, er fühlte sich so voller Energie, nichts konnte ihn mehr aufhalten! Subaru begann wieder zu lächeln, ohne noch weiter zu überlegen, folgte er Kamui ausgelassen im Sprint.

"Beeil dich, sonst holst du mich nicht mehr ein!", rief ihm Kamui von weiter vorne neckend zu.

"Keine Sorge, ich krieg dich schon noch!", rief Subaru zurück.
 

Eines war sich sicher, Kamui würde ihn noch oft zu solchen Spielen animieren und Subaru würde ihn immer wieder einholen, genug Zeit dafür hatten sie ja.

Ja, sie hatten eine ganze Zukunft Zeit dafür...
 

~Owari~

Epilog

Epilog
 

Und wie erging es wohl Fuma, der, nachdem er mit viel Einsatz und gutem Zureden wohl am meisten dazu beigetragen hatte, dass Subaru und Kamui endlich zueinander gefunden hatten? Nun, wahrscheinlich lebt er sein Leben weiter, wenn auch nicht ganz wie bisher, aber warum nicht einfach mal schauen, was sich sonst noch so bei ihm entwickelt hat?
 

Eisiger Wind wirbelte ein paar, mit Reif belegte Blätter auf. Fuma schlug den Kragen seiner Jacke hoch und versuchte so weit es ging, seinen Kopf vor der Kälte zu schützen. Sein Atem schlug sich als weißer Nebel nieder, der in kleinen Quellwölkchen seine Mundhöhle verließ. Er kam gerade von einem Besuch bei Subaru und Kamui zurück, den beiden ging es anscheinend mehr als gut, zumindest war es ihm so vorgekommen. Fuma zählte in Gedanken die Monate, die inzwischen nach alle dem verstrichen waren. Inzwischen war es Februar geworden, Weihnachten hatten sie längst hinter sich gelassen. Das Wetter war jedoch noch dasselbe, ein trüber Himmel, eisige Luft, früh am Tag Reif und Nebel auf der Landschaft und hin und wieder Schnee. Heute lief Fuma einen anderen Weg, vielleicht gab es ja eine Abkürzung zu seinem Haus. Die Straße, durch die er lief war freundlich, die Häuser klein und gemütlich. Fast am Ende der Straße stand eine Frau im Mantel und einer Kapuze vor ihrem Eingangstor. Auf dem Arm hatte sie ein dick angezogenes Baby, das lautstark quengelte. Am anderen hingen zwei voll gepackte Einkaufstüten. Verzweifelt versuchte sie, das Tor zu öffnen, ohne dabei die Stofftüten auf den dreckigen Boden zu stellen und ihr Kind fallen zu lassen. Für Fuma sah es ganz danach aus, als könnte sie Hilfe gebrauchen, also beschleunigte er seinen Schritt und war schon zur Stelle.

"Ist ja gut, Mama hat es gleich geschafft, dann sind wir gleich wieder im Warmen.", versuchte sie ihr Kleines zu beruhigen, doch es schrie nur weiter.

"Kann ich ihnen vielleicht helfen?"

Erschrocken fuhr die junge Frau zu ihm herum, sie schien ihn anzustarren, doch das war nur eine Vermutung. Bis zur Nase fiel der Schatten der weiten Kapuze, allerdings musste sie noch recht jung sein.

"Sie...", stammelte die junge Mutter und rückte ihr Baby noch einmal gerade.

"Warten sie, ich helfe ihnen. Die Sachen sind doch viel zu schwer."

Wortlos ließ sie sich die beiden Tüten abnehmen, sie konnte ihre Augen einfach nicht von ihm nehmen. Langsam begann Fuma sich doch zu wundern.

"Ist irgendetwas?", fragte er höflich nach.

Ein starker Windstoß kam in diesem Moment auf, Fuma kniff die Augen zu, doch zuvor hatte er noch kurz lange, schwarze Haare wallen sehen. Überdeutlich machte das Kleine klar, dass ihm der Wind gar nicht gefiel.

"Es tut mir leid, aber ich glaube, ich schaffe das auch alleine."

Fuma öffnete seine Augen wieder, im ersten Moment war er doch sehr überrascht, denn vor ihm stand Arashi. Der Wind hatte wohl ihre Kapuze nach hinten umgeschlagen. Ihre langen Haare lagen glänzend auf ihrem Mantel und flossen wie schwarzes Gold bis in ihre Taille. Ihre Augen schimmerten interessant in dem ungleichen Licht, der hinter den Wolken teilweise versteckten Sonne. Ihr Blick jedoch war von einem Anflug Zorn und Furcht getrübt.

"Oh, ich... Ich habe sie zuerst gar nicht erkannt. Was für ein Zufall...", sagte Fuma peinlich berührt.

Arashi antwortete ihm nicht, er konnte sich denken, warum. Sie schuckelte das Baby auf ihrem Arm und versuchte es mit Worten zu beruhigen.

>>Ob das Baby wohl von ihm ist?<<, fragte sich Fuma und wurde ein wenig missmutig.

"Entschuldigen sie bitte, aber meinem Sohn ist kalt. Würden sie mir bitte meine Einkäufe wiedergeben?", sagte sie gleichgültig tuend und streckte ihre Hand nach den Beuteln aus.

"Es tut mir leid...", war das einzige, was Fuma dazu einfiel, doch Arashi wusste, wie er das gemeint hatte.

"Bitte... Meine Beutel...", bat Arashi kopfschüttelnd.

"Würde es ihnen etwas ausmachen, wenn ich ihnen die Beutel wenigstens bis zur Haustür tragen würde?"

Arashi wollte zuerst ablehnen, doch als sie auf ihr jammerndes Kind sah, seufzte sie und nickte resignierend. Fuma war das Lächeln vergangen, auch wenn er damals nicht er selbst gewesen war, er hatte dieser jungen Frau, die selbst noch fast ein Kind war, ihre große Liebe und den Vater ihres Kindes weggenommen. Wie von alleine trugen ihn seine Beine bis zur Tür, Arashi schloss noch das Tor hinter sich und folgte ihm dann.

"Danke, das war nett von ihnen."

Fuma traute sich zuerst nicht, ihr in die Augen zu sehen, aber der Höflichkeit zuliebe, überwand er sich dann doch noch.

"Das war doch das Wenigste, was ich für sie tun konnte."

Wieder seufzte Arashi.

>>Nimm dich zusammen, es ist nicht mehr zu ändern und Schuld daran hat er auch keine.<<

"Bitte machen sie sich keine Vorwürfe, es ist doch schon so lange her.", sagte sie freundlich.

"Aber sie haben es doch deswegen jetzt so schwer."

"Ach was, ich hätte die Schule vielleicht nicht abbrechen müssen, aber in meinen Schrein hätte ich so oder so nicht mehr zurückkehren können."

Es wurde still, auch das Baby war vorerst verstummt und spielte mit einer Haarsträhne seiner Mutter.

"Und wie lebt es sich so mit einem so kleinen Racker?"

Arashi musste schmunzeln, das erleichterte Fuma ungemein.

"Nun, momentan macht er mir noch die Nächte schwer, aber er ist ja noch ein Säugling. Er ist ziemlich quirlig, er kommt sehr nach seinem Vater."

Arashi ging in ihrer Schwärmerei richtig auf, sie hatte eine wärmere Ausstrahlung als früher und wirkte viel fraulicher. Mutiger als zuvor, beugte sich Fuma ein wenig über den Kleinen. Dieser ließ für einen Moment von der Haarsträhne seiner Mutter ab und sah in das freundliche Gesicht Fuma's. Die großen Kulleraugen leuchteten in einem hellen braun. Zur Verwunderung von Arashi und Fuma, lachte der Kleine ihn an und streckte die Arme nach ihm aus.

"Ähm, darf ich?", fragte Fuma, sich räuspernd.

Arashi, die noch immer ein wenig verwundert war, sah skeptisch zwischen ihrem Baby und Fuma hin und her. Die Anspannung, die noch bis eben zwischen ihnen geherrscht hatte, war wie weggeblasen.

>>Soll das vielleicht ein Zeichen sein, Sorata?<<

Lächelnd legte sie den Kleinen in Fuma's Arme und schloss ihre Haustür auf.

"Möchtest du vielleicht auf einen Tee hereinkommen?", fragte sie schließlich.

Fuma, der noch eben mit dem Baby rumgealbert hatte, sah sie sprachlos an. Erst als Chibi Sorata fröhlich aufquietschte, erwachte er aus seiner Trance.

"Ähm, ja... Gerne, wenn ich dich auch duzen darf?"

Arashi nickte schmunzelnd, nahm ihm dann ihren Sohn wieder ab und ließ ihn herein. Während Fuma schon im Haus verschwand, sah sie noch einmal gen Himmel, dann zu ihrem Kind und atmete dabei die kühle Luft ein.

"Ok mein Schatz, aber auf deine Verantwortung.", flüsterte sie ihm zu.

Fröhlich quietschte es auf, lächelnd trat Arashi ein und schloss die Tür hinter sich.
 

~*~So, noch immer nicht genug davon bekommen? Dann soll euch geholfen werden^^ Die FF wird nämlich Fortgesetzt, sie heißt "Kamui, Subaru und das Leben danach"

Eure Nea-chan~*~



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Kommentare zu dieser Fanfic (84)
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Von:  Statjana
2007-07-13T11:06:49+00:00 13.07.2007 13:06
schön geschrieben =)tolles schreibstil
die geschichte ist klasse =)
mach nur weiter so =)
Von:  Niua-chan
2006-08-14T15:35:19+00:00 14.08.2006 17:35
wunderschön wirklich ich find deine ff echt super
ein dickes fettes lob^^
"knuddel"
niua

PS: sorry das ich bei den anderen cap keine kommies mehr geschrieben hab ich fand die natürlich auch toll du kannst echt gut schreiben^^
Von:  Niua-chan
2006-08-10T10:31:24+00:00 10.08.2006 12:31
okay du hast einfach die perfekten antworten auf die fragen gefunden
echt genial du schreibst super^^
niua
Von:  Niua-chan
2006-08-07T16:44:31+00:00 07.08.2006 18:44
autsch das sind ja fragen wie soll man darauf antworten
armer Kamui armer Subaru
das cap war echt gut^^
niua
Von:  Niua-chan
2006-08-07T16:26:15+00:00 07.08.2006 18:26
sutoll auch dieses kapitel ist sehr gut
"drück"
niua^^
Von:  Niua-chan
2006-08-07T16:11:21+00:00 07.08.2006 18:11
uuaahh ist das toll
Kamui ist wieder da
du schreibst echt gut^^man kann sich richtig in Subaru hineinversetzen
dickes lob
niua^^
Von: abgemeldet
2006-06-08T15:14:35+00:00 08.06.2006 17:14
puh,... bin durch.
Mir gefällt dein schreibstil sehr.^^
Und vom Anime ausgehend ein sehr realistische Story. Gut ich bin anderer Meinung was Arashi und Fuma betrifft aber jedem das seine.^^
So weit ich die Geschichte lesen konnte (außer Kap 12) hat sie mir jedoch sehr gafallen.
Von: abgemeldet
2005-05-25T05:58:58+00:00 25.05.2005 07:58
hi *wink*
könntest du mir dieses kappi schicken? *liebguck*
Wär echt lieb.
Deine Story gefällt mir richtig gut. Bin nur durch zufall darauf gekommen und konnte gar nicht mehr aufhören zu lesen.

Liebe Grüße
Wu-Chan *knuddel*
Von: abgemeldet
2005-02-13T01:09:38+00:00 13.02.2005 02:09
also ich hatte ja gar nicht nen kommi geschrieben +schäm* den anfang hab ich ja auf yaoi.de gelsen aber dann hier den rest und bin wirklich begeistert gewesen ^^
Von:  zadi
2004-10-29T22:50:52+00:00 30.10.2004 00:50
Genial,Genial deine FF ist einfach nur genial.


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