André und Oscar von Schnuggy (Ihr Leben zu zweit) ================================================================================ Kapitel 1: Andrés Entscheidung ------------------------------ Hi Leute! Wie gesagt, ist das hier meine aller erste Fanfic, die ich schreibe und eigentlich hoff' ich nur, dass sie euch gefällt... Mittlerweile gibt es ja so viele Fanfics, mit so vielen Ideen, die beschreiben, wie Oscar und André doch noch ihrem Tod entgehen könn(t)en... Ich hab' mir zu dem Thema auch was überlegt...jetzt geht's aber los! Viel Spaß!;) Gruß Sarah (Schnuggeline)! Es ist der 13.07.1789...André und Oscar sind gerade in der Kaserne angetroffen und wollen besprechen, wie sie sich später bei einem möglichen Gefecht gegen das Volk verhalten wollen.....(wie in der Serie) 1. Kapitel : Andrés Entscheidung Es war totenstill als Oscar und André den Raum in der Kaserne betraten. Die ganze Söldnertruppe hatte sich hier versammelt um mit ihrem Offizier über den Befehl, sich um 8 Uhr an den Tuillerien einzufinden, zu diskutieren und die Lage zu besprechen. Oscar setzte sich auf den Stuhl, am Kopfende des Tisches, um den alle Söldner standen. Sie brach das Schweigen und fragte ernst: "Was möchtet ihr tun, wenn der Befehl zum Angriff gegen das Volk, also auch gegen eure Freunde und Verwandte gerichtet wird? Werdet ihr euch gegen den König stellen?" Alain antwortete: "Wir haben uns bereits entschieden bevor ihr hier ankamt...Ja, wir werden mit unseren Freunden kämpfen und uns gegen die Armeen des Königs stellen. Werdet ihr euch uns anschließen, Oscar? Das hatte Oscar bereits erwartet...sie musste sich nun entscheiden...ihre Männer hatten sich ganz klar für das Volk entschieden...aber sie blieb bei ihrer überlegten Entscheidung: "Ich möchte als Offizier der Söldnertruppe zurücktreten...." sagte sie und wartete auf die Reaktion der Truppe. "Aber Oscar, wir bitten euch.. bleibt unser Offizier!", versuchten Alain und die anderen ihre Entscheidung doch noch zu ändern. Durch diese Worte wurde sie etwas unsicher, drehte sich zu André um, der hinter ihr stand und fragte mit sanfter Stimme: "Was sagst du dazu, André? Ich werde tun, was du für richtig hältst...!" Die Truppe schaute verdutzt aus der Wäsche. Hatten sich die zwei jetzt doch noch gefunden und Lieben gelernt? Nachdenklich meldete sich André zu Wort und alle warteten gespannt darauf, wie er sich entschieden hatte: " Ich habe mir eigentlich schon gedacht, dass ihr euch so entscheidet. Bitte akzeptiert meine Überlegung....ich möchte nicht, dass Oscar durch eueren Wechsel in Schwierigkeiten gerät, schlimmstenfalls vors Kriegsgericht muss oder verletzt wird! Endlich haben wir uns zusammengefunden...das könnte morgen oder heute schon wieder alles verloren sein, versteht ihr? Wenn Oscar das auch möchte, würde ich gerne ein neues Leben mit ihr beginnen und die Zeit, in der ich noch sehen kann mit ihr verbringen!" Oscar, bitte quittiere deinen Dienst und gehe mit mir woanders hin!" Oscar nickte André zu. "Gut, ich verstehe dich André...zumal geht es unserer Oscar auch nicht so gut in letzter Zeit. Das hat hier jeder von uns gemerkt....", sagte Alain verständnisvoll. "In Ordnung...André, Oscar! Dann werden wir uns wohl längere Zeit nicht mehr sehen...ich hoffe, dass es hier nicht das letzte Mal ist! Vielleicht sehen wir uns wieder, wenn dieser Trubel und die Revolution ein Ende hat!", sagte Alain in einem etwas traurigen Ton, was man von ihm eigentlich gar nicht kannte. "Das werden wir ganz sicher, meine Freunde!", entgegnete André. "Hört mir zu! Ab sofort übernimmt Alain das Kommando! Ich möchte, dass ihr auf ihn hört!", befahl Oscar der Truppe. "Viel Glück, und passt auf euch auf!", fügte sie hinzu. Sie wusste, dass sie einige der Truppe, die ihr am Ende doch so vertraut und ergeben waren, nicht mehr treffen würde und das stimmte sie etwas traurig! Nachdem sich alle noch mal voneinander verabschiedet und sich Viel Glück gewünscht hatten, verließen alle die Kaserne. André und Oscar ritten zurück in Richtung Palais de Jarjayes und die Söldnertruppe machte sich auf den Weg zu den Tuillerien... Kapitel 2: keine Geheimnisse mehr --------------------------------- Hi! Das ist also das 2. Kapitel meiner Story... Eigentlich geht es noch nicht so richtig zur Sache...später wird's noch ein bisschen dramatischer *lol* Jedenfalls wünsch' ich euch viel Spass beim Lesen! Über Kommentare freu' ich mich natürlich immer! :)) 2. Kapitel : keine Geheimnisse mehr Auf dem Ritt zum Palais de Jarjayes war Oscar in sich gekehrt, ruhig, und nachdenklich. André bemerkte ihr verändertes Verhalten sofort, beschloss sie aber eine Weile in Ruhe zu lassen und nichts zu sagen. Jedoch fragte er sich, ob es doch richtig gewesen war, dass sie beide die Truppe verlassen hatten. Genau in diesem Augenblick meldete sich Oscar mit ernster Stimme zu Wort: "André, ich muss dir etwas sagen. Ich kann und will es dir nicht mehr verheimlichen! Es soll in Zukunft keine Geheimnisse und Lügen mehr zwischen uns geben...!" "Na so schlimm, kann es ja hoffentlich nicht sein...!", entgegnete André schmunzelnd. Darauf sah sie ihn mit einem merkwürdigen Blick an den er noch nie zuvor bei ihr gesehen hatte. Ihm wurde mulmig zumute, denn das konnte nichts Gutes bedeuten. Als sie diese Worte aussprach, glaubte er zu träumen. Das könnte er nicht glauben. Das durfte nicht sein, nicht jetzt, nicht seine liebe Oscar! "Ich bin schon seit längerem an Tuberkulose erkrankt und spucke Blut, André. Der Arzt meinte vor ein paar Tagen, dass ich, wenn ich mich nicht ausruhe, vermutlich nur noch 6 Monate zu leben habe." Er konnte das einfach nicht realisieren! Jetzt, wo doch alles so perfekt gewesen war. Oscar liebte ihn und wollte seine Frau werden, genau das, wovon er immerzu geträumt hatte war eingetreten und nun so etwas. Das Schicksal meinte es wohl nicht sehr gut mit ihm. "Nein..! Dagegen kann man doch bestimmt etwas tun, Oscar! Du wirst nicht sterben...sag' doch so etwas nicht!!", versuchte André zu sagen. Er klang schon fast hysterisch. Seine Augen füllten sich mit Tränen. " Wir werden einen Spezialisten aufsuchen, du musst nur wieder gesund werden, Oscar! "Oh, André...bitte weine nicht!", versuchte Oscar ihn zu trösten. Auch sie war jetzt betrübt, weil ihn die Nachricht wohl doch ziemlich mitgenommen hatte. "Aber nein Oscar!", riss André sich zusammen. "Hat der Arzt gesagt, wo du dich am besten erholen kannst?", fragte er. Wieder klar im Kopf, schaute sie ihn an und antwortete: "Er meinte, ich solle in unser Haus in die Normandie ans Meer ziehen. Aber das werde ich nicht, André. Ich habe meinen Titel, Rang und eigentlich auch meinen Familiennamen abgeschworen und in das Normandieanwesen meines Vaters möchte ich aus verschiedenen Gründen nicht ziehen....Er würde meinen Rücktritt als Offizier nicht verstehen. Ich hoffe nur, dass er die Revolution gesund übersteht, genauso hoffe ich das auch für Alain und die anderen!" "Ich verstehe was du meinst, Oscar! Dann gehen wir irgendwo ans Meer, du erholst dich und wirst wieder gesund, hörst du?", meinte André verständnisvoll. Oscar nickte ihm leicht zu. Er hatte sich wieder etwas beruhigt. Er hoffte nur, dass sie es wirklich schaffen würde. Mittlerweile waren die beiden schon kurz vor ihrem ersten Ziel angekommen: Das Palais de Jarjayes. Sie wollten noch einen Tag dableiben, besprechen wo sie die nächste Zeit verbringen wollten und ein paar Sachen mitnehmen. Kapitel 3: ----------- 3. Kapitel: Schlechte Nachrichten Endlich waren sie da. Die Amme öffnete überrascht die Tür, weil sie eigentlich niemanden erwartet hatte, jedoch freute sich sich, dass die beiden zurück waren. André erzählet ihr sofort, warum sie schon wieder da waren. Anscheinend freute sie sich darüber dass ihnen nichts passiert war, aber auch darüber, dass die beiden sich anscheinend liebten. Das Einzige, was sie traurig stimmt war, dass André und Oscar fortgehen wollten. Am nächsten Morgen schlief André länger als sonst. Er stand auf und tapste noch etwas verschlafen in die Küche. Oscar schlief anscheinend noch, denn er traf nur seine Großmutter in der Küche an. "Guten Morgen André!", begrüßte sie ihn sofort. "Morgen!", erwiderte er verschlafen. "Geh' doch mal schnell Oscar wecken, es gibt ja schon gleich Mittagessen!...ich werde Mme Jarjayes Bescheid sagen." André tat wie ihm geheißen. "Oscar!!! Wir essen gleich zu Mittag! Komm runter!", rief er den 2. Stock hinauf. Er stand an der Treppe und wartete auf ihre Antwort. War sie überhaupt schon wach? "Ja, ich komme gleich, André!", sagte sie mit einer noch etwas verschlafenen Stimme. Zufrieden, wollte er schon mal ins Esszimmer gehen, als er plötzlich etwas hörte. Oscar hustete. Es war zwar leise, aber er hörte es genau. "Oscar,.....warum nur du!", dachte er bedrückt. Er beschloss nach ihr zu sehen. Je näher er dem Zimmer kam, desto lauter und öfter hörte er sie husten. Es schien ein richtiger Anfall zu sein. Er hatte nicht gedacht, dass die Krankheit schon so schlimm war. Ihm wurde mulmig in der Magengegend, als er vor ihrer Zimmertür stand und anklopfte. Er öffnete sofort, bevor Oscar zu husten aufhörte und ein >Komm rein< herauswürgen konnte. Sie saß auf ihrem Bett, André den Rücken zugewandt, weil sie wahrscheinlich nicht wollte, dass er ihr mit Blut verschmiertes Taschentuch entdeckte. "Wie geht es dir? Ich hörte dein Husten und musste einfach nach dir sehen...entschuldige, dass ich so reingeplatzt bin!", sagte André, der jetzt doch sehr besorgt aussah. "Den Umständen entsprechend, wäre jetzt wohl die beste Antwort André, oder nicht?, sagte Oscar missmutig. Es klang schon fast lächerlich. André, der immer noch zwischen Tür und Angel stand, fehlten die Worte. Oscar stand auf, steckte ihr Taschentuch schnell ein und ging auf ihn zu. Sie hatte jetzt ihre normale Kleidung an: ein weißes Hemd und eine enganliegende Hose. Diese Sachen hatte sie ja immer angehabt, wenn sie keinen Dienst hatte. "Was stehst du da so angewurzelt, komm' wir gehen hinunter!", sagte sie. "Ach, hast du meine Mutter schon gesehen? Sie ist doch sonst immer so früh auf." "Sie kommt bestimmt gleich zum Essen. Großmutter holt sie gerade, soweit ich weiß.", entgegnete André. "Gut. - > grummel < Ohh, ich hab' wohl Hunger", stellte Oscar schnell fest. Sie verließen das Zimmer und begaben sich in das Esszimmer. Oscar blieb auf dem Weg noch kurz an ihrem Porträt stehen, ging dann aber zügig weiter. Als die beiden nun den Raum betraten, war noch keiner da. Also setzten sie sich und warteten, obwohl das Essen schon auf dem Tisch stand und sie so großen Hunger hatten. Nach einer Weile wurde Oscar ungeduldig, stand auf, öffnete die Tür, lächelte André kurz zu und rief durch das ganze Haus: "Wo bleibt ihr denn so lange? Ich verhungere gleich!" So harrte sie eine Weile an der Tür aus und wartete auf eine Antwort, aber es kam keine. Oscar war jetzt doch etwas mulmig zumute. Sie schaute André an. Der machte aber nur ein ahnungsloses Gesicht und zuckte mit den Schultern. Sie ging nun aus dem Esszimmer, durch die Eingangshalle und lief die Treppe hinauf zum Zimmer ihrer Mutter. Vorsichtig klopfte sie an. Als sich keiner meldete, öffnete sie die Tür, aber es war wirklich keiner da. Das Gleiche tat sie auch beim Zimmer der Amme und es war ebenfalls keiner da. Wo waren die beiden denn nur? Wo sollten sie denn noch sein? Oscar machte kehrt und lief wieder in Richtung Treppen. An der Brüstung stehend, rief sie zuerst nach André und dann noch mehrere Male nach der Amme und ihrer Mutter. André kam gerade aus dem Wohnzimmer: "Hier unten ist auch keiner, was ist hier eigentlich los, Oscar?" "Ich weiß nicht. Komm' wir gehen mal nach draußen." , antwortete Oscar hektisch. Schnell lief sie die Treppenstufen hinunter und dann direkt durch die Haustür nach draußen. Es war ein warmer, sonniger Tag. Da! Am Eingangstor standen die zwei. Allerdings nicht allein. Es war noch ein Soldat des königlichen Garderegiments, der auf dem Pferd saß bei ihnen. Oscar konnte nicht genau erkennen, was los war. Hoffentlich hatte es nichts mit der Königin oder ihrem Rücktritt zu tun. "André, sie stehen da am Eingangstor mit einem Soldaten.", teilte sie ihm mit, da er ja Schwierigkeiten hatte etwas zu erkennen. "Na dann gehen wir doch mal dort hin, oder?", fragte André neugierig. "Ja!" Zum Tor laufend überlegte Oscar, warum sie nicht mitbekommen hatte, dass der Soldat angekommen war. Er musste wohl gekommen sein, als André bei ihr im Zimmer gewesen war. Jetzt sah sie es genau. Ihre Mutter war weinend an Andrés Großmutter gelehnt. "Vater....", dachte Oscar bestürzt. Sie lief schneller, bis sie schließlich fast rannte. Bei den dreien angekommen nahm sie sofort ihre Mutter in den Arm und tröstete sie, obwohl sich ihr schlimmer Gedanke noch nicht bestätigt hatte. Den Soldaten kannte sie von früher. Er war auch einmal in ihrem Regiment gewesen. Sie sah zu ihm auf, da er ja auf einem Pferd saß. "Jean-Pierre Gidou , erzählt mir warum ihr hier seid...", sagte Oscar in ihrem befehlenden Tonfall. Mittlerweile war auch André da. "Es tut mir leid, Kommandant de Jarjayes! Ihr Vater ist heute Morgen bei dem Sturm auf die Bastille getötet worden." Oscar nickte und drückte ihre Mutter fester an sich, da diese wieder anfing zu weinen. "Sturm auf die Bastille, sagtet ihr gerade?", fragte Oscar dann misstraurig. "Ja, Kommandant! Das Volk hat die Bastille gestürmt... Sie haben sich bewaffnet und feuern sogar mit Kanonen auf die Bastille! Im Moment kämpfen sie wahrscheinlich noch, ich weiß es nicht genau. Jedenfalls, wenn das so weitergeht, wird die Bastille bald zerstört sein! Euer Vater sollte als Verstärkung mit seiner Truppe zur Bastille reiten und wurde auf dem Weg dorthin von den aufständigen Massen getötet. Keiner seiner Truppe überlebte.", erzählte Jean-Pierre. " In Ordnung....und bitte nennt mich nicht mehr Kommandant Monsieur Gidou!", entgegnete Oscar etwas verwirrt. Der Soldat sprach nochmals sein Beileid aus, verabschiedete sich und ritt davon. Da standen sie nun alle vier und bekamen kein Wort heraus. Oscar mochte sich gar nicht erst vorstellen, welches Gemetzel sich gerade in Paris ereignete. Wahrscheinlich wäre sie jetzt selbst dort, wenn André sich anders entschieden hätte....oder wäre sie vielleicht schon tot? Jedenfalls bedankte sie sich gedanklich bei André dafür, dass sie das nicht hatte miterleben müssen. Sie wunderte sich, warum sie nicht auch anfangen musste zu weinen. Immerhin war ihr Vater trotz allem einer ihrer wichtigsten Menschen in ihrem Leben gewesen. Sie stand nur da, ihre Mutter tröstend und wusste nicht was sie sonst tun sollte. André brach das Schweigen: " Es tut mir Leid, Mme Jarjayes...und natürlich auch Oscar! Das Essen wird langsam kalt, kommt!" Jedoch klang er nicht gerade überzeugend. Dann rafften sich doch alle auf und gingen ins Haus zurück. Oscars Mutter und die Amme, immer noch geschockt, wollten nichts essen und gingen auf ihre Zimmer. Oscar selbst war der Appetit auch vergangen. "Oscar, bitte iss doch etwas! Du hattest doch vorhin so großen Hunger!", versuchte André sie zu überreden. Sie schaute ihn nur unschlüssig an. Jetzt hatte er ein wenig Mitleid mit ihr und umarmte sie. Dabei flüsterte er ihr ins Ohr: " Bitte, du willst doch wieder gesund werden und dazu brauchst du Kraft! Ich weiß, dass es dir jetzt schlecht geht, aber du darfst dich nicht hängen lassen, hörst du?" Er bekam Tränen in die Augen und auch Oscar konnte ihren Gefühlen jetzt freien Lauf lassen. In diesem Moment war sie unheimlich froh, dass sie André hatte.... "Ich werde ihn nie wieder sehen, André. Wir haben uns gestern noch nicht einmal richtig voneinander verabschiedet...", sagte sie traurig. Eng umschlungen versprach sie ihm: " Ich werde wieder gesund, André! Für dich! Versprochen!" Er küsste sie zärtlich und lächelte ihr zu. "So kenne ich meine Oscar, niemals aufgebend. Hast du Hunger?, fragte er dann. Sie nickte. So begaben sich die beiden ins Esszimmer. Am Abend saß Oscar, wie immer wenn sie etwas zu überdenken hatte auf dem Stuhl vor dem Kamin. Sie hatte ihre Ellenbogen auf ihre Knie gestützt und schaute ins Feuer. Alle anderen waren schon zu Bett gegangen, doch sie konnte jetzt noch nicht schlafen. Das war vielleicht die letzte Nacht in dem Haus, in dem sie aufgewachsen war. In dem Haus, in dem sie von ihrem Vater als Mann erzogen wurde und in dem sie André kennen lernte. An diesem Abend ließ sie dies alles noch einmal Revue passieren und so gedachte sie auch gleichzeitig ihrem Vater und der Söldnertruppe, sowie auch Bernard, Rosalie und ihren anderen Freunden. Morgen wollten sie und ihr André abreisen. Ihr Ziel war Noyelles, eine Stadt an der Atlantikküste, einen Tagesritt von Arras entfernt. Sie hatten vor zuerst nach Arras zu reiten, dort zu übernachten und dann am 2. Tag ihrer Reise ihr Ziel zu erreichen. Irgendwann, als sie alles bedacht hatte, ging Oscar auch ins Bett. Kapitel 4: Abreise ------------------ 4. Kapitel : Abreise ?Oscar steh? auf, ihr wollt doch schon bald los!?, rief die Amme. ?Jahaa!?, antwortete Oscar etwas genervt. Anscheinend wurde sie gerade aus einem schönen Traum gerissen. Sie stieg langsam aus ihrem Bett. Oscar war wohl noch ziemlich müde, von der langen Nacht. Als sie fertig mit anziehen war, schlenderte sie verschlafen in Richtung Treppe. Die Amme lief ihr über den Weg. ?Guten Morgen! Ist André schon auf??, fragte Oscar. ?Ja aber natürlich! Er ist sogar schon im Stall und sattelt die Pferde. Ich glaube, er ist schon ganz aufgeregt.?, verkündete die Amme augenzwinkernd. Oscar lächelte kurz, da sie das anscheinend freute. So richtig an den Gedanken, dass sie bald los wollten, hatte sie sich noch nicht so richtig gewöhnt, zumal war es draußen noch nicht so richtig hell. ?Iss noch etwas, Oscar! Dein Frühstück steht schon im Esszimmer und wartet auf dich. André kommt bestimmt auch gleich. Ich habe euch für heute Mittag auch etwas Proviant vorbereitet?, sagte die Amme. ?Danke. Was würde ich nur ohne dich machen...?, entgegnete Oscar. Da war die Amme schon wieder fast am weinen. Eigentlich konnte sie ziemlich sensibel sein. ?Jetzt weine doch nicht. Wir sehen uns ja wieder!?, versuchte Oscar sie ein wenig zu trösten. ?Jaja?, sagte sie Amme, fasste sich wieder und ging weiter in Richtung ihres Zimmers. Als Oscar die Treppe hinunter gegangen war, kam André gerade die Haustür herein. ?Guten Morgen, Oscar! Schöner Tag heute, oder??, sagte er glücklich. ?Morgen! Natürlich ist heute ein schöner Tag! Lass uns frühstücken...?, antwortete Oscar. Da strahlte er übers ganz Gesicht, gab? ihr einen Kuss auf die Wange und eilte schnellen Schrittes zur Esszimmertür. ?Darf ich bitten?? , fragte André die Tür aufhaltend. Super gelaunt stand er da, halb verbeugend, hielt ihr die Tür auf und machte Späße. ?Du Witzbold!?, sagte Oscar mit einem strahlenden Lächeln. Nach dem Frühstück machten sie sich abreisefertig. Oscar fiel der Abschied schon schwer, besonders von ihrer Mutter. Sie umarmten sich und Mme de Jarjayes wünschte den beiden anschließend viel Glück. Oscar war etwas besorgt um die zwei, da das Volk ja schon (fast) über den König gesiegt hatte fürchtete sie, dass bald Plünderungen und Angriffe gegen die Adligen gestartet werden könnten. Dabei wären die zwei völlig schutzlos. Sie machten aus, dass Oscar ihnen sobald wie möglich ihren Aufenthaltsort per Brief mitteilen würde und sie sich dann wenn nötig verständigen konnten. So stiegen André und Oscar auf ihre Pferde und ritten los. Kurz nachdem sie durch das Eingangstor geritten waren, drehte sich Oscar noch einmal um und dachte: ? Ich werde wieder gesund, das schwöre ich. Und dann komme ich wieder hierher, nach Paris und nach Versailles.? Sie drehte sich wieder nach vorne und ritt mit ihrem André Richtung Arras. Kapitel 5: Arras ---------------- 5. Kapitel : Arras Auf dem Weg nach Arras ließen sich die beiden ein wenig Zeit. Sie hatten das Anwesen ja schon ziemlich früh verlassen. Mittlerweile was es helllichter Tag, jedoch sehr bewölkt. Um die Mittagszeit hatten sie schon gut die halbe Strecke geschafft. An einem Baum machten sie halt um zu Mittag zu essen. An den Baumstamm gelehnt saßen sie nun nebeneinander da und machten Pause. "Weißt du noch, als du Hausarrest hattest? Da sind wir auch nach Arras geritten....", fragte André nach einer Weile. "Ja, das waren die Tage, in denen ich erstmals richtig begreifen musste, dass das Volk nicht gerade sehr angetan vom neuen Königspaar ist. Moment....bin ich damals nicht vom Pferd gefallen, weil ich so aufgebracht war?", schmunzelte Oscar. "Und dann haben wir auch hier Pause gemacht. Genauso war's! Was meinst du, wie es dem kleinen Jules-Bert, dem wir damals geholfen haben, als er ein so schlimmes Fieber hatte jetzt geht?", fügte André hinzu. "Ich hoffe, dass es ihm gut geht...vielleicht können wir nachher ja Allas* fragen.", antwortete Oscar. "Ja, das können wir..", meinte André. *Allas ist der Wirt und Freund bei dem sie die Nacht im Gasthaus verbringen wollen. Es wurde windig und es fröstelte Oscar ein wenig. Sie legte ihren Kopf auf Andrés Schulter. André legte darauf seinen Arm um ihre Schulter und hielt sie fest. "Bist du glücklich Oscar?", fragte André. "Wie kommst du denn darauf? Aber natürlich bin ich glücklich! Solange du da bist immer!", antwortete sie schmunzelnd. Bald darauf ritten sie weiter. Gegen Abend erreichten sie dann Arras und freuten sich schon wieder Allas zu sehen. "Da wären wir, Oscar.", sagte André, als die beiden vor der Tür zum Gasthaus standen. Er öffnete und trat ein, hinter ihm Oscar. Das Gasthaus war fast voll. "Oscar, André???", fragte Allas überrascht, als er die zwei eintreten sah. "Hallo Allas! Hättest du noch Zimmer für heute Nacht frei?", fragte André sofort. "Aber natürlich! Das ist ja schon eine halbe Ewigkeit her, seit ihr das letzte Mal in Arras gewesen seid!", antwortete Allas. "Ja das stimmt! Jetzt sind wir mal wieder hier. Du weißt doch, dass Oscar gerne hier her kommt, Allas!" sagte André. "Wie geht es dir, Allas?", fragte Oscar danach. "Oh, es geht so, Lady Oscar! Die Zeiten sind immer noch nicht einfach...und dazu werd' ich noch alt! Aber ich bin zufrieden! Was macht eigentlich euer Vater, Oscar?", fragte Allas. Oscar schaute kurz zu Boden. "Er starb gestern beim Sturm auf die Bastille.", antwortete sie. "Entschuldigt, das tut mir Leid. Er hat zwar für den König gekämpft, aber er war ein prima Kerl! Jetzt quassle und quassle ich und dabei müsst ihr doch gleich vom Fleisch fallen, nach eurem langen Ritt! Ich werde euch gleich etwas zu Trinken und zu Essen holen!", sagte der wirt und eilte direkt in die Küche. Allas war alt geworden in den vergangenen 12 Jahren, die sie sich nicht gesehen hatten. Er war aber immer noch genauso freundlich zu ihnen, wie damals. "Oscar, da hinten sind noch 2 Plätze frei. Sollen wir uns da hinsetzen?", fragte André. "Ja klar!", antwortete sie sofort. In der letzten Ecke, des viel zu kleinen Raumes, der eh schon überfüllt zu sein schien waren noch 2 Plätze frei. Allerdings saßen noch 2 andere junge Männer am Tisch. André und Oscar bahnten sich den Weg dorthin. "Hallo, können wir uns zu euch setzen?", fragte André die zwei jungen Männer. "Sicher! Wer seid ihr? Ich habe euch noch nie hier gesehen...anscheinend seid ihr gute Freunde von Allas.", sagte der etwas Ältere von den beiden. "Das könnte man so sagen, Allas ist ein guter Freund. Das ist André Grandier und ich bin Oscar Jarjayes. Wir kommen gerade aus Paris.", antwortete Oscar, als sie sich gesetzt hatten. "Freut mich euch kennen zu lernen! Das ist mein Freund Jules-Bert Artois und ich bin Antoine Sellier.", entgegnete der Ältere. "Jules-Bert?", dachte Oscar. " Das könnte er doch eigentlich sein." Vielleicht würde sie ihn nachher mal fragen. "Ihr kommt von Paris? Sagt, wie ist die Lage?", fragte der Ältere interessiert. André erzählte vom Sturm auf die Bastille und Antoine und Jules-Bert hörten gespannt zu. Dann kam plötzlich Allas mit 2 randvollen Tellern und verschiedenen Weinen und Bierflaschen. "Nur das Beste für meine Freunde!", verkündete er, als er alles auf ihrem Tisch abgestellt hatte. "Danke, Allas!", sagte Oscar. "Ahh, ihr habt euch zu Jules-Bert gesetzt, wie ich sehe! Na Jules-Bert kennst du Lady Oscar und André noch?", fragte Allas erwartungsvoll. Der junge Mann meldete sich das erste Mal zu Wort: "Lady Oscar?!", fragte er und sah Oscar misstraurig an. Oscar dachte sich schon, dass er sich nicht mehr genau an sie erinnerte...er war damals ja noch ziemlich klein gewesen. "Ja genau! Lady Oscar, die dich damals gerettet hat, Jules-Bert! Du wirst dich doch wohl noch an sie erinnern! Damals war sie noch Kommandant der königlichen Leibgarde! Kannst du dich wirklich nicht mehr erinnern?", fragte Allas erneut. "Mmmh!", dachte Jules-Bert. Er musterte Oscar nochmals genau, was sie ein bisschen unangenehm empfand und dann lächelte er kurz. "Allas, was höre ich da gerade? Wer war hier Kommandant der königlichen Leibgarde?! So jemanden lässt du in dein Lokal?", fragte plötzlich einer der Männer vom Nebentisch. "Der Blonde da!", antwortete ein anderer. Mittlerweile war es fast totenstill im Saal. Jeder sah hinüber zum Tisch, an dem Oscar saß. Gelassen trank sie ihr Glas Wein aus, während ihr jeder zuschaute. "So einen Verräter müsste man aufhängen.!", ertönte nun eine Stimme. Diese hochnäsigen Aristokraten haben hier nichts zu suchen....die müsste man den Hunden zum Fraß vorwerfen!", sagte wieder ein anderer. Die Raumatmosphäre kochte. "Schmeißt ihn raus, den adligen Kommandanten.", schrie jemand. "Ja", ertönten nun mehrere Stimmen und verschiedene Männer standen auf. "Hört doch bitte auf", versuchte Allas die Menge zu beruhigen. Doch keiner von ihnen wollte sich wieder setzen. Stattdessen gingen sie nun auf den Tisch zu, an dem Oscar saß. Einer von Ihnen packte sie am Arm und wollte sie somit vom Stuhl zwingen. "Lasst mich los.", sagte Oscar kühl. "Das hättest du wohl gerne Freundchen. Du fliegst hier jetzt erst mal raus!", erwiderte ihr Gegenüber frech. Mit einem Ruck zog er sie nach oben. Jetzt stand sie da und dieser Typ hielt sie immer noch fest. "Da sieht man's mal wieder! Diese Königsirren haben überhaupt keine Kraft und sind ganz schön dünn....keine Muskeln.. tzz!" ,lachte er verächtlich. Oscar konnte nicht anders. Der Typ musste wohl blind sein, immerhin hatte sie sehr wohl Merkmale einer Frau. Mit ihrer freien Hand verpasste sie ihm eine Ohrfeige während er und ein paar andere im Raum sich ins Fäustchen lachten. Das hatte gesessen. Der Mann war so überrascht, dass er sie losließ. "Ich sagte doch, dass ihr mich loslassen sollt!", rief Oscar. "Na warte, jetzt kannst du was erleben!", fauchte er sie an. "Mach' ihn fertig Charles!", feuerte ihn die Menge an. Er holte mit seiner Faust aus, da stand plötzlich André auf und hielt ihn zurück. "Lass sie gefälligst in Ruhe! Ihr alle! Es gibt keinen Grund Oscar rauszuwerfen! Ihr müsstet euch alle hören!", rief André böse in die Menge. Er war sehr aufgebracht. "Sie?!", fragte Charles verdattert. "Ganz recht. Ich bin eine Frau und ich war Kommandant des königlichen Garderegiments! Jedoch bin ich jetzt nicht mehr adlig und meinen Dienst habe ich quittiert! Ich stehe auf Eurer Seite!", verteidigte sich Oscar. "Setz' dich Charles! Und ihr anderen auch. Es gibt wirklich keinen Grund Lady Oscar so unfair gegenüber zu treten! Ich habe dieser Person mein Leben zu verdanken. Sie ist in Ordnung und ich bin davon überzeugt, dass wir ihr vertrauen können!", rief Jules-Bert, der nun aufgestanden war. "Gut Jules-Bert! Wenn du es sagst.", entgegnete Charles und setzte sich wieder. Die anderen hatten sich anscheinend auch beruhigt, nachdem Jules-Bert für Oscar Partei ergriffen hatte. "Ich danke dir.", sagte Oscar zu Jules-Bert, als sie sich wieder gesetzt hatten. "Ja, das war ganz schön knapp.", sagte Allas erleichtert. "Anscheinend erinnerst du dich doch noch an damals....mittlerweile bist du ja schon erwachsen geworden.", sagte Oscar. "Natürlich erinnere ich mich an euch. So etwas kann man nicht vergessen, auch wenn ich noch sehr klein war. Ich habe euch vorhin angesehen und das Feuer in euren Augen und das auftreten eurer Person, als ihr eben versuchtet den Konflikt zu lösen sind unverkennbar! Wenn ihr mal Hilfe braucht, bitte meldet euch bei mir, immerhin will ich meine Schuld von damals noch begleichen.", sagte Jules-Bert. "Ohh, ich bin geschmeichelt! In Ordnung ich werde mich bei dir melden.", entgegnete Oscar. Der Abend neigte sich bald dem Ende zu, da André und Oscar ziemlich müde waren. Auf dem Weg zu ihren Zimmern meinte André: "Ich bin mal gespannt, wie Noyelles sein wird, Oscar!" "Ich auch! Gute Nacht und schlaf' gut!", sagte sie und küsste ihn. "Danke, dass du vorhin eingeschritten bist, André!", fügte sie hinzu. "Hab' ich doch gerne gemacht! Gute Nacht! Schlaf auch gut! Allas weckt uns morgen früh!", sagte André ihr noch, bevor sie in ihre Zimmer gingen. Kapitel 6: Noyelles - die neue Stadt ------------------------------------ 6. Kapitel Noyelles - die neue Stadt Als Allas die beiden schon in den frühen Morgenstunden geweckt hatte und sie fertig mit frühstücken waren, machten sie ihre Pferde bereit. Es war ein sehr bewölkter Tag, jedoch sah es nicht nach Regen aus. "Gute Reise! Schaut mal wieder vorbei, wenn ihr in der Nähe seid.", verabschiedete sich Allas. So ritten sie in Richtung Noyelles, in die Stadt, in der sie ein neues Leben beginnen wollten. Oscar war es heute nicht sehr wohl. Sie fühlte sich nicht gut und hatte heute Morgen wieder einen leichten Hustenanfall gehabt, bei dem sie viel blut spucken musste. André hatte sie davon nichts erzählt. Zu ihrem Glück fing es dann doch noch kurz nach Mittag an zu regnen. Es schüttete nach einer Weile wie aus Eimern und es war kein Ende in Sicht. Nach wenigen Minuten waren die beiden vollkommen durchnässt. Hinzu kamen noch kräftige Windböen, die zusätzlich Kälte herbeiriefen. Seit Stunden ritten sie nun schon so und waren nun Gott sei dank nicht mehr weit von Noyelles entfernt. Dann waren sie da. Von einem Hügel aus, schauten sie auf die Stadt, dahinter war das Meer. Es glitzerte golden von der untergehenden Sonne, die trotz der Regenwolken etwas zu sehen war. Es war ein göttlicher Anblick. Jeder der beiden wollte das Bild für immer im Gedächtnis behalten, obwohl es ohne den Regen bestimmt noch schöner gewesen wäre. "Lass uns schnell ein gutes Gasthaus aufsuchen.", meinte André. "Ja!", entgegnete Oscar knapp lächelte ihn an und ritt schnell runter in Richtung Stadt. "Hey warte auf mich, Oscar!", rief André ihr hinterher und folgte ihr. Am Ortseingang wartete sie schließlich auf ihn. Mittlerweile was es schon fast ganz dunkel und es hatte den Anschein, als ob der Wind und der Regen noch stärker waren, als zuvor. "Am besten fragen wir jemanden nach einem Lokal, wir kennen uns hier ja nicht aus.", meinte Oscar, als die beiden schon ein Stück in die Stadt hineingeritten waren. "In Ordnung. Ich frage mal den Mann da vorne.", sagte André, als er einen Mann auf der fast leeren Straße entdeckte. Er ritt schon gleich auf ihn zu. Oscar wartete. Nachdem er gefragt hatte ritt er zu ihr zurück und sagte: " Ein paar Meter da vorne soll ein gutes Lokal sein, es sei aber ziemlich voll. Der Mann wusste nicht, ob noch Zimmer frei sind. Ich geh' schnell fragen. Am Besten wartest du hier, in Ordnung?" "Gut, aber beeil dich.", sagte Oscar. Es regnete immer noch in Strömen. Nachdem André fort war, beschloss Oscar vom Pferd abzusteigen und sich unter einem Dach, eines Hauses unterzustellen. André hatte mittlerweile schon das Gasthaus gefunden und öffnete die Tür. Der Mann hatte Recht gehabt, es war brechend voll hier drin. Trotzdem lief André zum Wirt. "Entschuldigung, hätten sie noch Zimmer frei?", fragte er. "Oh Monsieur, tut mir Leid es ist nichts mehr frei, alles belegt bei diesem Wetter hier.", antwortete der Wirt. "Gut, danke...", verabschiedete sich André. "So ein Mist aber auch", dachten André. Jetzt müssten sie noch länger in diesem Regen herumirren. Das konnte für Oscar nicht besonders gut sein. André stieg auf sein Pferd und machte sich auf den kurzen Weg zurück zu Oscar. Es war jetzt vollkommen dunkel. Er hatte wieder Schwierigkeiten etwas zu erkennen. Jetzt müsste er eigentlich bald wieder bei ihr sein. Da hörte er ein leises Husten. "Oscar...", dachte er bestürzt. Er musste sich unheimlich anstrengen, um zu sehen, wo sie war. Da! Er sah sie. Oscar stand an einer Hauswand. Nein, er sah es jetzt genauer. Sie kniete auf dem Boden und stützte sich mit ihrer rechten Hand an eine Hauswand. Mit der anderen hielt sie sich ihr Taschentuch vor den Mund. André stieg sofort vom Pferd und rannte zu ihr. Stolpernd kam er bei ihr an und hielt sie fest. Sie konnte nicht mehr aufhören zu husten. "Oh Oscar, ich hätte dich nicht hier warten lassen sollen!", dachte André sofort und machte sich Vorwürfe. "Oscar...", sagte er. "Hilf mir... André!", versuchte sie ihm zu sagen. Sie war so schwach, dass sie sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. André war geschockt. So schwach und hilflos hatte er sie noch niemals gesehen. Es stand anscheinend sehr Ernst um sie. Er kniete und hielt sie im Arm. "Wie, Oscar..?", fragte er. Dann schaute sie ihn mit ihren saphirblauen Augen, die Leid und Hilflosigkeit wiederspiegelten an und ergriff seine freie Hand. Als sie plötzlich aufhörte zu husten sagte sie leide: " Ich liebe dich...." Ihr Augen schlossen sich langsam und ihr Handgriff lockerte sich. Auf der Straße war niemand außer ihnen, der Regen prasselte immer noch unaufhörlich. "Oscar?", fragte André verwirrt. "Oscar?!", fragte er etwas lauter. Nein! André überkam eine steigende Angst. Ihm wurde heiß und kalt. "Oscar! Öffne deine Augen, bitte!", sagte er traurig. Ihm stiegen Tränen in die Augen, so dass er nur noch alles verschwommen sah. "Ist sie tot?", fragte er sich ständig. Er drückte ihre Hände fester. "Oscaaaar....nein!", schrei er und rüttelte sie ein Wenig. Dann nahm er sie und drückte sie an sich. "Du kannst mich doch nicht alleine lassen, hörst du?", schluchzte. Er hörte etwas. Ihr Herz schlug noch. Erleichtert flüsterte er ihr zu: " Du darfst nicht aufhören zu kämpfen! Mach' die Augen auf! "Ich muss etwas tun....sie brauch dringend einen Arzt", dachte er sofort. "Hilfe!!!", schrie er aus Leibeskräften. "Hilfe.....bitte helft doch!" André schreckte hoch. Jemand griff auf seine Schulter. Es war eine Kinderhand, das spürte er. "Was hat euer Freund denn, wie kann ich ihnen helfen, Monsieur?", fragte eine piepsige Stimme. "Ich....ich...sie braucht dringend einen Arzt.", antwortete André. "Ohh, das ist also ihre Freundin...warten sie Monsieur, ich komme sofort wieder!", sagte die Stimme. Es war ein kleiner Junge, höchstens 7 Jahre alt. Er verschwand geschwind in einer Seitengasse. "Hörst du Oscar? Er wird dir helfen!", flüsterte André ihr zu und küsste sie auf die Wange. Er zog seinen Mantel aus, und wickelte sie damit ein, um sie von dem noch immer herabprasselnden Regen zu schützen. Trotzdem half es ja so gut wie nichts. Kapitel 7: Der Schwur --------------------- 7. Kapitel: Der Schwur Nach wenigen Minuten kam der Junge wieder, allerdings alleine. "Schnell Monsieur! Kommen sie mit mir.", sagte der Junge. "Ich bin Florent.". André riss zusammen, wischte die Tränen ab und stand auf, Oscar immer noch fest im Arm haltend. "Ich bin André.", entgegnete er. Der Junge lief ihm voraus. Sie bogen in die gleiche Seitengasse ein, in die der Junge vorhin gelaufen war und dann machte Florent plötzlich vor einem kleinen, schäbigen Haus halt. Es war schon ziemlich alt und es sah zugig aus. Florent klopfte ein paar Mal an die Tür. Es öffnete ein Mädchen, das älter war als Florent. "Bringt sie schnell herein.", sagte dieses. André ging also in das Haus. "Legt sie hierhin ,Monsieur!", sagte das Mädchen und zeigte auf ein Bett, das in der Zimmerecke stand. Das Haus hatte ja nur dieses eine Bett und 2 Räume. Nebenan war anscheinend noch eine kleine Küche. André legte Oscar vorsichtig auf das Bett. "Ich hole ein Hemd von meinem Bruder. Sie muss sofort aus den nassen Sachen!", sagte das Mädchen. André nickte verwirrt. Bisher erschien ihm alles, wie ein schlimmer Albtraum. Es ging alles so schnell. Er holte sich einen Stuhl und stellte diesen neben das Bett. Das Mädchen hatte nun ein Hemd und eine Hose ihres großen Bruders geholt, der mittlerweile schon ausgezogen war. "Entschuldigt, könnt ihr mir mal dahinten das Handtuch holen?", fragte das Mädchen. André tat was sie wollte und bemerkte erst jetzt, dass der kleine Florent gar nicht da war. Als das Mädchen Oscar's Kleider wechselte, ging André ein wenig auf Abstand. "So, das wär's!", sagte das Mädchen als es fertig war. "Ich danke dir", sagte André. Er setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett und ergriff Oscar's Hand. "Verzeiht, wer seid ihr Monsieur?", fragte das Mädchen. "Entschuldige, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt....das ist Oscar Jarjayes und ich bin André Grandier.", antwortete André. "Ich bin Anne. Ohh, sie heißt Oscar? Das ist aber ungewöhnlich für eine Frau...darf ich euch André nennen?", sagte das Mädchen. "Aber natürlich, Anne.", antwortete André. Plötzlich klopfte es an der Tür. Anne öffnete. Florent und ein Mann waren gekommen. "Darf ich vorstellen..., Doktor Bernard, der beste Arzt in der Gegend!", verkündete Florent stolz. "Endlich ein Arzt", dachte André. Er stand auf, begrüßte den Doktor und stellte sich vor. "Was ist passiert?", fragte der Arzt, als er Oscar im Bett liegen sah. "Wir sind den ganzen Tag von Arras hierher geritten und nachdem ich kurz in einem Lokal nach Zimmern gefragt hatte, hatte sie wieder einen schlimmen Hustenanfall und ist dann zusammengebrochen.", antwortete André wahrheitsgemäßigt. Er musste sich schwer zusammenreißen, da der Schock immer noch tief saß und weil ihm immer wieder das Bild vor Augen erschein, als sie bewusstlos wurde. "Hustenanfall?!", fragte der Doktor. "Ohh ja. Sie leidet an Tuberkulose, Monsieur.", entgegnete André. "Das hört sich aber nicht gut an, Monsieur Grandier. Ich untersuche sie sofort.", sagte der Arzt. Er ging zum Bett hinüber und untersuchte sie. Nachdem er dies beendet hatte, ging er zu André und teilte ihm Folgendes mit: "Ihr Zustand ist zwar noch stabil, aber sehr beängstigend. Ich weiß nicht genau, ob die Gefahr besteht, dass sie sterben könnte, da ich mit dieser Krankheit noch keinerlei Erfahrung habe. Auch kann sie hier unmöglich bleiben. Das Haus ist zugig und undicht. Sie braucht vor allen Dingen Ruhe und Wärme." "Ich verstehe, Doktor Bernard. Aber wo sollen wir denn hin? Wir haben ja noch kein Haus hier...", fragte André betrübt. "Das habe ich mir schon gedacht. Eigentlich mache ich das nicht so oft, aber ich würde sie gerne wegen der schlimmen Zustände in mein Haus einladen.", entgegnete der Arzt. "Ich danke ihnen. Bisher ist mir hier in Noyelles nur Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft wiederfahren. Das ist großartig.", stellte André fest und raffte sich zu einem Lächeln auf. "Ich werde eine Kutsche holen, damit wir sie besser mitnehmen können.", sagte der Doktor und verließ darauf sofort das Haus. André ging wieder ans Bett und setzte sich auf den Stuhl. Oscar sah so friedlich aus. Neben ihm stand Florent und schaute Oscar ebenfalls an. "Liebst du sie, André?", fragte der Junge plötzlich und lächelte André an. "Ja, mehr als alles andere.", antwortete er, wenn auch etwas überrascht über die Frage. "Das dachte ich mir. Sie ist schön...ist sie schwer krank?", fragte Florent weiter den Blick in Richtung Oscar gerichtet. André sah den Jungen an. Erst jetzt sah er ihn richtig. Er hatte blondes Haar und trug alte Sachen. "Ja das ist sie. Wir sind eigentlich hier hergekommen, damit sie sich genesen kann.", antwortete André. "Meine...meine Mutter ist vor ein paar Jahren gestorben...sie war ebenfalls sehr krank. Muss deine Freundin auch sterben?", fragte Florent mit traurigem Gesicht. "Ich weiß es nicht...", sagte André. Ihm kamen wieder die Tränen, er versuchte sich aber zusammenzureißen. Dann kam Anne aus der Küche und hielt André einen Apfel hin. "Hier. Du musst etwas Essen.", sagte sie zu ihm. "Danke, ohne euch zwei hätte ich vorhin nicht gewusst, was ich hätte tun sollen.", sagte er und aß den Apfel. Nach einer Weile klopfte es an der Tür. Es war wie erwartet Doktor Bernard. Er hatte ein Kutsche geholt und wartete nun auf André. "Danke nochmals, für eure Hilfe!", bedankte sich André. "Das war doch selbstverständlich.", antwortet Anne. "Wenn es ihr wieder gut geht, dann kommt doch mal vorbei. Ich würde nämlich gerne wissen, wann es ihr besser geht. Ihr besucht uns mal, ja André?", sagte der kleine Florent. "Aber sicher!", entgegnete André, wickelte Oscar in eine Decke und trug sie in die Kutsche. Auch während der Fahrt behielt er sie im Arm. "Entschuldigt die Frage, Monsieur Grandier. Seid ihr schon verheiratet?", fragte der Doktor lächelnd. André wurde rot. « Wir haben es vor, Monsieur.", antwortete er. "Gut. Dazu muss sie nur wieder gesund werden, obwohl das nicht sehr einfach ist. Morgen früh erkundige ich mich sofort bei einem Freund, der ebenfalls Arzt ist nach der Krankheit. Vielleicht weiß er mehr darüber als ich.", sagte Doktor Bernard. Sie hatten nun das Haus der Doktors erreicht. Schnell, durch den Regen laufend trug André die immer noch bewusstlose Oscar ins Haus. Die Frau des Doktors war überrascht über ihre Ankunft und erkundigte sich bei ihrem Mann, was los sei. Der Doktor hatte eigentlich ein schönes Haus. Es war zwar nicht so groß wie das Palais de Jarjayes, aber trotzdem war es sehr komfortabel eingerichtet. Im 2. Stock, in dem sich hauptsächlich die Schlafzimmer befanden, machte Mme Bernard sofort das Gästebett bereit. Als sie Oscar hineingelegt hatten verließen alle den Raum. "Ich möchte nichts riskieren, daher reite ich gleich zu meinem Freund um mich über die Krankheit zu informieren, Monsieur Grandier.", sagte der Arzt, als sie im Wohnzimmer saßen. André nickte ihm zu und sagte: " Bitte nennen sie mich André." Bald darauf brach Doktor Bernard auf. André blieb die ganze Nacht an Oscars Bett sitzen. Doch irgendwann schlief er ein. In der Frühe des nächsten Morgens wachte er auf. Er schaute sich um und musste sich erst einmal wieder an die gestrigen Geschehnisse erinnern. Da ging plötzlich die Tür auf und Doktor Bernard kam vollkommen durchnässt ins Zimmer gestürmt. Es war noch ein Mann bei ihm, vermutlich der andere Arzt. "André, bitte verlasse das Zimmer. Du darfst jetzt längere Zeit nicht zu ihr. Das ist Mathieu Ribout, er ist ein Freund meines Freundes und kennt sich etwas besser mit Tuberkulose aus, als ich. Er würde Oscar jetzt gerne untersuchen.", sagte Doktor Bernard ernst. "Ja, ich gehe hinunter Monsieur, aber was ist denn so schlimm, dass ich sie länger nicht sehen darf?", fragte André unsicher. "Das erkläre ich dir später, wir müssen jetzt erst einmal sehen, wie ihr Zustand ist.", antwortete Doktor Bernard. Darauf verließ André das Zimmer. "Wieso darf ich nicht zu ihr?", fragte er sich andauernd. Irgendetwas gefiel ihm bei der Sache nicht und das bereitete ihm ein mulmiges Gefühl. Die Untersuchung dauerte länger, als André erwartet hätte. Erst gegen Mittag kamen die 2 Ärzte aus dem Gästezimmer ins Wohnzimmer, in dem André die ganze Zeit wartete. "Doktor, haben sie etwas festgestellt?", fragte André. "Ja, André....",antwortete Doktor Ribout. "Die Krankheit ist mittlerweile sehr weit fortgeschritten und ich sehe leider so gut wie keine Chancen mehr, dass sie es überleben könnte." André war geschockt. Es breitete sich eine Leere in seinem Kopf aus. Hilflos sah er zu Boden. "Ich weiß, dass es für dich nicht einfach wird, André. Aber du darfst jetzt nicht zu ihr und auch die nächsten Tage und Wochen nicht. Tuberkulose ist ansteckend.", fügte Doktor Bernard hinzu. Das war eindeutig zu viel für André. Er hoffte nur noch, dass er alles träumte, aber leider war dies nicht so. Seine Augen füllten sich mit Tränen. Er schlug die Hände vors Gesicht und schüttelte den Kopf, so als ob er das alles nicht wahr haben wollte. Betroffen sah Doktor Bernard den anderen Arzt an. "André, beruhige dich! Noch ist sie nicht verloren.... Das Wichtigste ist jetzt erst einmal, dass sie ihr Bewusstsein wiedererlangt!", versuchte der Arzt ihn zu trösten. Das erinnerte André an den Tag, an dem Oscar beim Reitunfall der Prinzessin ihr Leben für ihn geben wollte. An diesem Tag hatte er sich geschworen, sein Leben für Oscar einzusetzen und sie immer zu beschützen. In diesen Tagen war sie auch bewusstlos gewesen, da sie sich bei der Rettung von Marie Antoinette schwer verletzt hatte. Da stand es auch sehr schlecht um Oscar, und wach wurde sie, als er sie gerufen hatte. Seinen Entschluss hatte er nach dieser Erinnerung gefasst. Er wischte sich die Tränen weg, sah die 2 Herren an und sagte mit voller Überzeugung: "Entschuldigt, aber ich werde nicht hier warten, bis sie aufwacht. Ich möchte zu ihr, auch wenn ich dadurch selbst krank werden könnte. Ich denke, dass sie mich jetzt braucht, genauso wie ich sie brauchen würde! Ich bleibe bei ihr, wenn es sein soll, bis zur letzten Sekunde ihres Lebens. Ich werde mich auch von niemandem aufhalten lassen!". Doktor Bernard schüttelte den Kopf. "Ich werde dich nicht davon abhalten können zu ihr zu gehen, aber bedenke deinen Entschluss noch einmal genau! Das musst du mir versprechen, André!", sagte der Arzt. Doktor Ribout konnte seinem Freund da nur beipflichten. "Sie können sich das vielleicht nicht vorstellen, aber ich kenne Oscar schon seit meiner Kindheit und liebe sie von ganzem Herzen. Ein Leben ohne sie ist mir nicht möglich. Genauso, wie ich die Luft zum Leben brauche, brauche ich sie! Oscar ist ein Teil von mir, das heißt auch meines Herzens. Wenn sie stirbt, stirbt dieser Teil auch und dazu noch meine Seele...ich würde ohne sie nicht mehr froh werden!.", entgegnete André. Dabei sprach er so überzeugend, dass die 2 Ärzte nichts mehr hinzuzufügen hatten. Vielleicht waren sie auch ein wenig gerührt. "Bitte entschuldigen sie mich, ich muss zu Oscar.", sagte André und verließ das Wohnzimmer. Kapitel 8: Oscars Zustand ------------------------- 8. Kapitel: Oscars Zustand André betrat das Gästezimmer. "Ich bin wieder da.", sagte er, als er die Tür hinter sich schloss. Er setzte sich wieder neben das Bett. Er fand, dass Oscar so friedlich und schön aussah, jedoch wäre es ihm jetzt viel lieber gewesen, wenn er ihre schönen blauen Augen und ihr Lächeln sehen könnte. Er würde so lange nicht von ihrer Seite weichen, bis sie wieder aufwachen würde, beschloss er. Stunden vergingen und damit schwand die Hoffnung der Ärzte. André glaubte jedoch fest an Oscar. Er saß jetzt schon den ganzen Nachmittag hier. Es wurde so langsam Abend, aber er zog sein Vorhaben durch. Er betrachtete sie und hoffte. André hatte nicht ganz Recht gehabt. Es konnte ihn doch etwas davon abhalten, die ganze Zeit über Oscar zu wachen: die Müdigkeit. In der Nacht überkam ihn der Schlaf. Seinen Kopf auf der Bettkante liegend und Oscars Hand festhaltend schlief er ein. Doktor Bernard sah zwischenzeitlich öfter mal im Zimmer vorbei. Er bewunderte Andrés Ausdauer und Liebe und hoffte auf Oscars Besserung. "André, André! Wach auf!", sagte Doktor Bernard leise und rüttelte André. Erschrocken fuhr André hoch. "Was ist?", fragte er verwirrt. Der Doktor machte ein ziemlich ernstes Gesicht. Er stand direkt vor André, so dass dieser Oscar nicht sehen konnte. André befürchtete das Schlimmste und drückte Oscars Hand, die er immer noch festhielt. "Was ist denn Doktor?", fragte André erneut und seine Stimme klang angsterfüllt. Da spürte er etwas. Er schaute auf seine Hand. Er meinte, dass Oscar seinen Handdruck erwidert hätte. "Das kann nicht sein, du träumst nur, André!", dachte er. Er spürte es wieder. "Oscar...", sagte er leise und schaute den Doktor an. Als dieser anfing zu lächeln fiel André ein Stein vom Herzen. Der Arzt trat zur Seite und André blickte jetzt in Oscars wundervolle, blaue Augen. Sein Warten hatte sich ausgezahlt. Er löste sich von ihrer Hand und sank in ihre Arme. Sie drückte ihn an sich und schloss die Augen um diesen Moment zu genießen. "Seine Liebe wird tatsächlich von ihr genauso erwidert, das kommt sehr selten vor.", dachte der Arzt, als er die innige Umarmung sah. Er verließ zufrieden das Zimmer, aber das nahmen die beiden gar nicht richtig wahr. "Ich liebe dich auch, Oscar!", sagte André, Oscar immer noch umarmend. Ich dachte schon, du verlässt mich....", fügte er hinzu. "Aber nein, André! Das werde ich nicht!", sagte Oscar mit leiser Stimme und strich André durchs Haar. Er hob seinen Kopf und küsste sie zärtlich auf die Wange und dann auf den Mund. Sie erwiderte seinen Kuss genauso. Er wollte Oscar nie wieder loslassen. So verharrten sie eine Weile. Als sie sich nochmals küssten, öffnete sich die Tür. Doktor Bernard und Doktor Ribout betraten das Zimmer. "André, wir wollen noch kurz mit dir sprechen.", sagte Doktor Ribout. Jetzt musste André Oscar wohl doch wieder loslassen. Er schaute kurz bevor er die Tür erreichte noch zu ihr und sie nickte ihm zu, Oscar wusste genau, dass es sich bei dem folgenden Gespräch um ihre Krankheit gehen würde. Nachdem die 3 Männer das Zimmer verlassen hatten, öffnete sich erneut die Tür und Mme Bernard trat ein. "So, ihr müsst jetzt erst einmal wieder zu Kräften kommen.", sagte sie und reichte Oscar einen Teller Suppe auf einem Tablett. "Ich danke ihnen.", sagte Oscar leise und aß die heiße Suppe. Währenddessen, im Wohnzimmer sitzend sagte Doktor Bernard: " Wir müssen ihr wohl oder übel sagen, wie es um sie steht. Sollen wir es ihr sagen, oder du André?" "Bitte sagt ihr es Oscar. Ich brächte es nicht fertig. Ich bitte euch, sagt es ihr erst morgen.....und das die Krankheit ansteckend ist überhaupt nicht.", antwortete André. "Aber das geht nicht! Wir können ihr nicht verheimlichen, dass Tuberkulose ansteckend ist! Das könnte andere gefährden!", sagte Doktor Ribout. "Gut, wenn es nicht anders geht...", entgegnete André. Doktor Bernard nickte ihm zu. "Morgen Mittag werden wir es ihr sagen!", sagte er. "Entschuldigt, ich gehe jetzt wieder nach oben.", sagte André und verließ das Wohnzimmer. Kapitel 9: ----------- Als er die Tür zum Gästezimmer öffnete, war Oscar gerade damit fertig geworden ihre Suppe aufzuessen. Sie lächelte ihm zu, als er eintrat. Mme Bernard nahm Oscar das Tablett mit dem nun leeren Teller ab und verließ den Raum. " André, wie hast du eigentlich den Doktor gefunden?", fragte Oscar, als André sich wieder neben das Bett gesetzt hatte. "Ein kleiner Junge, Florent, hat meine Hilferufe gehört und hat uns mit zu sich nach Hause genommen. Seine Schwester Anne hat dir dann die Kleider gewechselt und Florent hat den Arzt geholt.", sagte André. "Die beiden haben uns also geholfen. Sie haben keine Mutter mehr, und der große Bruder ist auch nicht mehr da. Florent wollte unbedingt wissen, wann es dir wieder besser geht. Er meinte, wir sollen sie mal besuchen.", fügte André hinzu. "Eigentlich sind wir den beiden was schuldig.", sagte Oscar. "Ja...", entgegnete André knapp, da sich plötzlich wieder die Tür zum Zimmer öffnete. Oscar und André schauten zur Tür. Ein kleiner Junge kam herein. "Florent!", sagte André. "Hallo André! Wie ich sehe, ist deine Freundin wieder aufgewacht!", sagte Florent. " Oscar, dass ist dein Lebensretter...!", sagte André darauf. "Hallo, Florent! Danke, für deine Hilfe!", entgegnete Oscar. Florent lächelte, verbeugte sich kurz und sagte: "Es war mir eine Ehre, Madame!" Florent erinnerte Oscar an den kleinen Louis Joseph, der Sohn von Marie Antoinette, der mit knapp 8 Jahren an Rückenmarksschwund gestorben war. Florent hatte ja auch blonde Haare und eine ähnliche Frisur wie der nun tote Junge. Dr. Bernard betrat das Zimmer. "Florent, was machst du denn hier?! Ich suche dich ja schon überall, hier ist die Medizin für deine Schwester. Komm' mit mir!", sagte er und wollte Florent regelrecht aus dem Zimmer ziehen. "Auf Wiedersehen und gute Besserung, Oscar...ich darf euch doch Oscar nennen, oder?", konnte Florent gerade noch sagen. "Natürlich Florent...nenn' mich Oscar! Komm doch mal wieder vorbei, wenn du Zeit hast!", rief Oscar nach, als Dr. Bernard mit dem Jungen das Zimmer verließ. "Warum hat Dr. Bernard Florent so schnell aus dem Zimmer geholt...er hat doch überhaupt nicht gestört?", dachte Oscar. Am nächsten Morgen, wurde Oscar von den hellen Sonnenstrahlen, die sich im Zimmer ausbreiteten geweckt. Es ging ihr schon viel besser, als gestern. Deshalb wagte sie sich kurz aus ihrem Bett zu steigen und schaute zum Fenster hinaus. "Ihr müsst im Bett bleiben!", sagte eine Stimme. Oscar erschreckte ein wenig und schaute zur Zimmertür. Es war Dr. Ribout. "Entschuldigt, ich wollte nur den Sonnenaufgang genauer betrachten.", entgegnete Oscar und legte sich wie befohlen, wieder ins Bett. "Madame Jarjayes...ich nehme an, dass sie sich wieder genesen wollen. Bitte verlassen sie nicht das Zimmer und bleiben im Bett. Wohlmöglich dürfen sie sogar mehrere Wochen das Bett nicht verlassen.", sagte er ernst. "Natürlich will ich mich genesen! Ich werde tun, was sie mir sagen. Bitte nennen sie mich Oscar...", sagte sie. "In Ordnung. Nachher, wenn André und Dr. Bernard aufgestanden sind, werden wir dir noch näheres erklären, Oscar!", kündigte der Arzt an und verließ das Zimmer. Sie überlegte, was ihr die Ärzte und André wohl verheimlichten. Es musste schlimmere Beweggründe haben, sonst würden sie es ihr nicht mit voller Versammlung sagen. Wenig später betrat André das Zimmer. "Guten Morgen, Oscar!", begrüßte er sie und ging zu ihr. "Hallo André!", entgegnete sie knapp. "Was ist denn los, du wirkst so nachdenklich!", fragte er. sofort und gab ihr einen Kuss. "...Nichts....nichts! Ich überlege nur ein bisschen.", antwortete sie gedankenversunken. Erst als Dr. Bernard gerade mit Dr. Ribout das Zimmer betrat wurde sie wieder ernst. Dr. Bernard nickte André kurz zu und stellte sich an das Fußende des Bettes, in dem Oscar lag. Dr. Ribout stellte sich daneben. "Oscar, du weißt ja schon, dass du an deiner Krankheit sterben kannst...", begann Dr. Bernard. Oscar nickte ihm zu. "Ich kann euch nichts genaueres sagen, weil wir beide nicht genau wissen, wie es um euch steht! Jedoch ist eure Krankheit schon sehr weit vorgeschritten und wir sehen kaum noch Chancen, dass ihr sie besiegen könntet.", sagte Dr. Ribout und wartete auf ihre Reaktion. André schaute sie an. Sie schloss für einen kurzen Moment ihre Augen. "Oscar, es ist jetzt sehr wichtig, dass ihr euch nicht aufgebt!", fuhr Dr. Ribout fort. "Ja da hat er Recht.", sagte Dr. Bernard. "Ich habe über einen Kollegen einen neuen Arzt kennen gelernt. Er hat weitaus mehr Erfahrungen mit Tuberkulose als wir. Ich bat ihn, hier her zu kommen und euch zu untersuchen, Oscar. Morgen wird er kommen, und dann werden wir bestimmt mehr wissen, wie heute!", sagte Dr. Ribout anschließend. "Gut. Ich danke ihnen, für ihre Hilfe, Messieurs!", sagte Oscar. "Es gibt da noch etwas...Oscar!", verkündete Dr. Bernard ernst. "Tuberkulose....... ", versuchte er zu sagen, brach aber ab. "Sagen sie mir schon, was los ist, Doktor!", entgegnete Oscar sofort. "In Ordnung....Tuberkulose ist wohlmöglich ansteckend, Oscar!", sagte er betroffen. Oscar schaute sofort blitzartig zu André. "André...!", sagte sie. "Das habe ich nicht gewusst...oh nein! Ich wollte dich da ja nicht auch noch mit hineinziehen...!", sagte sie leise. "Ich habe es gewusst, Oscar. Ab dem Zeitpunkt, da Mr. Ribout dich untersucht hat.", entgegnete er. "Was?...", fragte sie darauf. "Du,...du bist bei mir geblieben, obwohl du es gewusst hast?!", fuhr sie leise fort. "Bist du lebensmüde, André?", entgegnete sie dann zornig. Sie wusste nicht, wie sie auf die Situation reagieren sollte. "Oscar..!", sagte André und schaute zu Boden. "Er hat es wegen seiner Zuneigung zu euch getan, Oscar!", sagte Dr. Bernard. "Ich weiß, Doktor.....aber ich möchte sein Leben nicht gefährden! Komm' in nächster Zeit nicht in meine Nähe André!", antwortete sie. André stand still da, immer noch zu Boden schauend. Er hatte genau gewusst, dass sie so handeln würde. Er hasste diese Situation, er hasste die Krankheit, er hasste den Gedanken, dass er sie jetzt länger nicht mehr sehen konnte und er hasste diese Hilflosigkeit, da er nicht im geringsten helfen konnte. Er sah sie an. "Werde bald wieder gesund, so dass ich dich sehen kann...solange ich noch sehen kann, Oscar.", sagte er. Dr. Bernard nickte ihm zu, dass er das Zimmer jetzt verlassen sollte. André ging zur Tür. Er drehte seinen Kopf noch einmal zu ihr. Oscar nickte. André erwiderte dies mit einem Lächeln. Vor der Tür fragte der Doktor nach, was denn mit seiner Sehkraft sei. André erzählte ihm, dass er wahrscheinlich bald auch noch auf dem rechten Auge erblinden sollte. Dr. Bernard tat die Sache Leid. "Die 2 haben wirklich kein Glück, ihnen werden immer wieder Steine in den Weg gelegt...", dachte der Arzt. Am nächsten Morgen wurde Oscar, wie am Morgen zuvor, von den Sonnenstrahlen geweckt. Allerdings konnte sie sich auf diesen Tag nicht freuen. Sie würde wahrscheinlich nur den Arzt zu Gesicht bekommen, ansonsten noch Mme Bernard, wegen dem Essen...aber sonst niemanden. Dieser Gedanke gefiel ihr nicht. Auch die Bettruhe erschien ihr ewig. Es war langweilig auf irgendetwas zu warten, das man nicht kennt. Der restliche Morgen schien ihr überhaupt nicht mehr enden zu wollen. Es ging aber nicht nur Oscar so. Auch André wusste nichts mit sich anzufangen. Er verbrachte den Morgen im Wohnzimmer sitzend. Er war irgendwie nervös und musste ständig an sie denken, egal wie er auch versuchte sich abzulenken. Am Mittag kam wie angekündigt der Arzt. Dr. Bernard zeigte ihm sofort, nachdem er den Mantel abgelegt hatte, wo sich Oscar befand. Die Zimmertür öffnete sich und die beiden Ärzte betraten den Raum. "Oscar, dass ist der Arzt, von dem wir erzählt hatten.", sagte Dr. Bernard. "Ich bin Dr. Pennec. Darf ich euch sofort untersuchen, Madame?", stellte er sich freundlich vor. Er war schon etwas älter, hatte braune Haare, die vereinzelt schon grau waren. Er machte einen netten Eindruck. "Natürlich, Doktor. Bitte nennt mich Oscar...", entgegnete sie. Dr. Bernard verließ das Zimmer und setzte sich zu André ins Wohnzimmer, während Oscar von Dr. Pennec untersucht wurde. "Sie wird jetzt untersucht, oder?", fragte André. "Ja, ich hoffe nur das Beste André. Wie du vielleicht weißt, gibt es gegen Tuberkulose noch keine Medikamente. Ihr psychischer und seelischer Zustand muss unbedingt stark bleiben. Hoffentlich ist das Alleinsein nicht allzu schlimm für sie...", sagte er. "Es ist eine Qual, Dr. Bernard!", entgegnete André und starrte ins Kaminfeuer. "Ich kann nur hoffen, dass es ihr nicht so viel ausmacht wie mir, denn ich leide sehr darunter sie nicht sehen zu dürfen. Besonders jetzt.", sagte er und stand auf. Er ging zum Fenster und schaute nach draußen. "Ich gehe kurz noch zu Dr. Ribout. Wenn du mich brauchst, komm' in mein Arbeitszimmer André.", entgegnete Dr. Bernard und ließ André im Zimmer zurück. --Währenddessen im Gästezimmer- Dr. Pennec packte gerade seinen Arztkoffer zusammen und berichtete Oscar den Befund: " Oscar, ich sehe noch einen Funken Hoffnung für euch! Ich weiß nicht, ob ihr es wisst, aber Tuberkulose kann schlimmstenfalls auf eure anderen Organe übergehen. Dies würde euren sicheren Tod bedeuten. Zur Zeit ist dies aber nicht eingetreten und nur eure Lunge ist betroffen. Die Krankheit ist wie gesagt weit fortgeschritten, aber noch verhält sie sich ruhig. Euer Zustand und der weitere Verlauf eurer Krankheit hängt alleine von euch und eurem Immunsystem ab! Das heißt, dass sie sich nicht aufgeben dürfen. Ihr seelischer Zustand ist daher auch sehr wichtig." "In Ordnung, Doktor. Noch etwas?", sagte Oscar zufrieden und ein wenig erleichtert. "Ja", entgegnete der Arzt. "Ab sofort kann ich ihnen nur empfehlen längere Strandspaziergänge zu machen. Was heißt empfehlen, ich bitte sie darum, Oscar!". "Das heißt, dass ich das Bett verlassen darf?", fragte sie skeptisch nach. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. "Sicher doch! Achso, das wird euch am meisten erfreuen. Ihr habt keine offene Tuberkulose, Oscar!", sagte der Arzt lächelnd. "Keine offene Tuberkulose?", fragte sie verwirrt. "Das heißt, dass eure Krankheit nicht ansteckend ist..", erklärte der Arzt genauer. "Danke, Doktor.", sagte sie glücklich. "Am besten gehen sie jetzt sofort einen Spaziergang machen, Oscar! Aber ziehen sie sich bloß warm an, der Wind ist am Strand sehr stark!", meinte der Arzt. Oscar nickte ihm zu, verließ sofort das Bett und kramte in einer Schublade nach ihren Kleidern. Sie hatte Mme Bernard dabei beobachtet, wie sie die Sachen in diese Schublade getan hatte. Als sie alles gefunden hatte, lächelte ihr Dr. Pennec zu und verließ das Zimmer. Er ging in Richtung Arbeitszimmer von Dr. Bernard. Oscar zog sich schnell um. In ihren Sachen fühlte sie sich schon gleich viel wohler. Das Hemd, dass sie von Florents Bruder angehabt hatte, zog sie noch oben drüber. Es war ihr ein bisschen weit, deshalb konnte sie es mühelos über ihr Hemd anziehen. Es sah zwar nicht besonders gut aus, aber es diente ja nur dazu warm zu halten. Dann zog sie noch ihren Mantel darüber. Nachdem sie die Schublade geschlossen hatte ging sie sofort zur Zimmertür. Sie kannte sich zwar noch nicht im Haus aus, aber sie würde André schon finden ,dachte sie. Den Gang entlang laufend kam sie an einem Zimmer vorbei, bei dem sie die Stimmen der 3 Ärzte vernahm. André war wohl nicht bei ihnen. So beschloss sie weiter zu gehen und war nun an der Treppe angelangt. Hinunterlaufend überlegte sie, wo André wohl sein könnte und beschloss die nächste Tür links zu nehmen. Vorsichtig drückte sie die Klinke nach unten und öffnete die Tür. Aber anscheinend war das, das Esszimmer. Dann ging sie zu nächsten Tür. Langsam die Tür öffnend entdeckte sie ihn. Er saß in einem Stuhl vor dem Kamin und schaute ins Feuer, Oscar die Stuhllehne zugewandt. Sie lief leisen Schrittes zu ihm und sagte dann mit ernstem Ton: " Willst du dich nicht endlich fertig machen, André? Ich wollte doch eigentlich heute mit dir spazieren gehen!" André drehte sich verwundert um. "Oscar...was machst du denn hier?", fragte er verwirrt. "Na auf dich warten! Es ist doch eigentlich gutes Wetter draußen..und der Arzt sagt, dass ich einen Strandspaziergang machen soll!", verkündete sie lächelnd. André stand vom Stuhl auf und ging sofort auf die zu. "Ich ziehe mir gleich den Mantel an, dann können wir los!", entgegnete er glücklich. "Es ist nicht ansteckend André ..", fügte sie hinzu und sah ihn an. Er nahm sie in den Arm und küsste sie zärtlich. Vielleicht meinte es das Schicksal ja doch noch ein wenig gut mit ihnen. André war so froh darüber, dass er sie wieder im Arm halten konnte. "Lass uns gehen, André.", sagte sie nachdem der Kuss beendet war. "Sofort, Oscar!", antwortete er und sie küssten sich nochmals. Bevor die beiden das Haus verlassen wollten kam Dr. Bernard und die anderen Ärzte die Treppe heruntergelaufen. "Übertreibt es nicht mit dem Laufen, es ist heute sehr windig, Oscar!", sagte Dr. Pennec und lächelte ihr kurz zu. Auch Dr. Bernard schien erfreut über den Zustand von Oscar. "Ich passe schon auf!", sagte André und öffnete die Haustür. "Es wird nicht lange dauern....",fügte er hinzu und beide verließen darauf das Haus. Es war nicht besonders weit zum Strand. Die Ärzte hatten Recht gehabt, es wehte heute ein starker Wind. Oscar genoss es regelrecht, wieder draußen zu sein. Die Sonne schien in ihrem hellen Glanz am Horizont. Die vereinzelten Sonnenstrahlen gaben bei dem kalten Wind wenigstens ein bisschen Wärme. So liefen André und Oscar den Strand entlang. Als der Wind noch stärker zu wehen begann, legte André seinen Arm um ihre Schulter um sie ein bisschen zu schützen. Auch er genoss diesen Moment mit ihr hier zu spazieren. "Ahh!", schrie er plötzlich auf und hielt sein rechtes Auge. "André, André! Was hast du?", rief Oscar überrascht. "Mein Auge...es tut so schrecklich weh...!", sagte er. "Warte, es wird gleich wieder besser..", fügte er hinzu. Oscar stützte ihn und war immer noch geschockt. Nach ein paar Minuten ging es ihm wieder besser. "Geht es wieder?", fragte Oscar. "Ja, es ist wieder in Ordnung.", antwortete André. Nach dem kurzen Schock gingen sie weiter. Oscar machte sich Sorgen. Nach dem sie schon ein ganzes Stück gelaufen waren, machten sie einen Moment Pause und setzten sich in den Sand. Immerhin sollte Oscar sich ja nicht zu sehr überfordern. Trotz, dass sie schon wieder auf den Beinen war, war sie noch schwach. Sie legte sich die Arme unter ihrem Kopf verschränkt hin. André saß neben ihr. Beide hörten auf das Rauschen der Wellen. Es hatte eine beruhigende Wirkung. Nach einer Weile stand Oscar auf und lief weiter den Strand entlang. André verharrte noch in seiner Sitzposition und lauschte dem Meer. Oscar war jetzt schon weiter gelaufen und stellte sich, als eine kleine Windböe kam, dem Meer zugedreht, die Arme ausgebreitet hin. Die Augen geschlossen meinte sie, dass es von all den Plätzen auf denen sie jemals gewesen war, hier am schönsten war. Sie fragte sich, wo André blieb. Sie lief ein Stück weiter, doch als sie André nach ihr rufen hörte, drehte sie sich sofort um. "André, was ist?!", fragte sie erschrocken. "Hilf mir!", schrie er angsterfüllt. Immer noch verwirrt rannte sie sofort zu ihm zurück. Er saß noch im Sand und starrte nur auf seine Hände. Als sie bei ihm angelangt war, schaute er sie auch nicht an. "Um Gottes Willen, was ist mit dir, André!?", fragte sie, als sie seine Hände ergriff. "Hast du wieder Schmerzen?", fragte sie sofort. "Ich...ich sehe nichts Oscar! Ich sehe nichts mehr! Es ist alles dunkel....", entgegnete er geschockt. "Was?!", sagte sie. War es wirklich schon so weit, dass er sein Augenlicht verlieren sollte? "Ich bin ja da, André!", fügte sie gefasst hinzu und hielt ihn kniend fest. Er tastete ihre Wange. "Mein Auge schmerzt wieder, Oscar....", sagte er und hielt dann seine Hand an sein Auge. "Warum schon jetzt?", sagte er, als er Oscars Hand stärker drückte, um den Schmerz aushalten zu können. Er fragte sich, ob er ab jetzt für immer in Dunkelheit leben musste. Würde er niemals mehr Oscars fröhliches Gesicht sehen, wenn sie lächelte. Ihr wehendes blondes Haar...ihre blauen Augen, die ihn manchmal voller Kraft und Leidenschaft angesehen hatten. Würde er das nie mehr erkennen können? Keinen Sonnenuntergang sollte er mehr mit ihr anschauen können. Er konnte und wollte sich das nicht vorstellen. "Lass uns schnell zurückgehen, André.", sagte Oscar. "Vielleicht können die Ärzte noch irgendetwas tun!", meinte sie danach. Sie half André aufzustehen. Er hatte Schwierigkeiten sein Gleichgewicht zu halten, deshalb stützte Oscar ihn. Mühsam kehrten sie so zurück zum Haus von Dr. Bernard und seiner Frau. Oscar klopfte an die Tür. Sie hielt André fest an sich. Die Schmerzen in seinem rechten Auge hatten nun vollkommen aufgehört, aber seine Sehkraft war nicht zurückgekehrt. Kapitel 10: Andrés Auge - und - der Besuch ------------------------------------------ 10. Kapitel: Andrés Auge - und der Besuch Erschrocken öffnete Dr. Bernard die Tür. André, immer noch an Oscar gelehnt sagte: "Es ist soweit, ich bin blind Doktor." Dr. Bernard schaute zu Oscar, die ihm nur mit erschüttertem blick zunickte. "Lass mich mal nachsehen, schnell!", sagte der Arzt und half André ins Haus. Während Doktor Bernard André in einem Sessel im Wohnzimmer setzte schauten Dr. Pennec und Dr. Ribout ungläubig zu. Oscar blieb an der Wohnzimmertür stehen und die beiden Ärzte gingen zu ihr und fragten, was denn los sei. "Er ist jetzt vollkommen erblindet. Sein rechtes Auge hat ihm während des Spazierganges wieder weh getan und dann hat er gar nichts mehr gesehen.", erklärte sie gesenkten Hauptes. Mit Tränen in den Augen murmelte sie: "Das Leben ist nicht gerecht...! André hat das nicht verdient. Wäre ich damals doch vorsichtiger gewesen, dann müsste er das jetzt nicht durchmachen!" Sie wurde zornig, zornig auf sich selbst. "Was sagtet ihr gerade Oscar?", fragte Dr. Ribout, der genauso wie Dr. Pennec nichts verstanden hatte. "Nichts Messieurs!", antwortete sie ausweichend und ging ins Wohnzimmer zu André, der sie gerade gerufen hatte. "Ich bin ja da, André!", sagte sie, als sie seine Hand ergriffen hatte. Sie schob einen greifbaren Stuhl neben den Sessel, in dem André saß und setzte sich. Dr. Bernard kam dann mit einer Kerze um das Sehensvermögen des rechten Auges zu testen. "Doktor, ich sagte doch, dass ich nichts mehr sehe. Es ist alles dunkel.", sagte André, als der Doktor gerade die Kerze vor seinen Augen hin und her bewegte. Dr. Bernard sah hilflos zu seinen Kollegen und blies die Kerze aus. "André, ich kann auch nichts mehr für dich tun.", sagte der Arzt benommen. "Wirklich gar nichts mehr?", fragte Oscar geschockt. "Nichts mehr Oscar! Es tut mit leid....", wiederholte Dr. Bernard. "Darf ich euch raten, euch noch ein weinig auszuruhen ,Oscar? Der Spaziergang war trotzdem belastend für euch!", meinte Dr. Pennec. Sie sah den Doktor missbilligend an. "Wie soll ich mich denn jetzt ausruhen.", dachte sie sarkastisch. Als sie nach einer Weile noch nicht geantwortet hatte fragte Dr. Pennec nach: "Oscar?" "Ich bleibe noch hier bei André.", antwortete sie. "Aber,...", sagte der Arzt, wurde allerdings von André unterbrochen. "Oscar, denk' daran, was du mir geschworen hast. Sei doch verdammt noch mal nicht so leichtsinnig! Bitte ruhe dich aus und schlafe ein wenig.", sagte er. Oscar nickte. Da André das ja nicht sehen konnte fügte er hinzu: "Ich bleibe solange hier, das ist ja kein Problem." "In Ordnung André, ich ruhe mich aus, aber bitte komm' mit nach oben.", entgegnete sie und stand auf, ließ seine Hand jedoch nicht los. Auch André stand jetzt auch auf. So führte Oscar ihn nach oben ins Gästezimmer. Er setzte sich dort auf den Stuhl neben Oscars Bett. Sie legte ihren Mantel ab und zog auch das geliehen Hemd von Florents Bruder aus. "Wenn du etwas brauchst, sag' mir bescheid André!", sagte Oscar und machte es sich unter der Bettdecke bequem. "Ja, Oscar.", antwortete André leise. Obwohl Oscar es eigentlich nicht wollte, schlief sie ein. Sie war nach dem Spaziergang wohl doch erschöpft gewesen. Nach einer Stunde wachte sie wieder auf. "André?", fragte sie atemlos. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. "Ja?", antwortete er. "Ist etwas?, Deine Stimme klingt so nervös.", fragte er danach. "Nein es ist nichts.", antwortete Oscar. "Ich hab' nur schlecht geträumt, das ist alles!", fügte sie hinzu. "Achso! Was hast du denn geträumt?", fragte er neugierig. "Vergiss es André! Ist nicht so wichtig...!", entgegnete sie ausweichend. Sie hatte jetzt wirklich keine Lust von diesem Traum zu erzählen. Immerhin ging es darin um Andrés Auge. Sie hatte im Traum noch mal verschiedene Szenen gesehen, in denen André mit dem Schwarzen Ritter (Bernard) gekämpft hatte und durch einen Schwerthieb sein linkes Auge verletzt wurde. Allerdings war das Schlimmste in diesem Traum gewesen, dass André zu ihr sagte, dass sie an seiner Blindheit Schuld sei. Die selben Worte hatten sich immer wieder in ihrem Kopf wiederholt, bis sie jetzt aufgewacht war. Sie machte sich ja schon den ganzen Nachmittag Selbstvorwürfe wegen der Sache. "Bitte erzähle es mir doch, dann geht's dir besser.", hakte André nach. Sie legte ihren Kopf in ihre Hände. "André glaub' mir, es ist wirklich belanglos. Außerdem war es kein zusammenhängender Traum, sondern nur vereinzelte Szenen.", entgegnete sie genervt. "Na gut, wenn du es mir partout nicht sagen willst...", sagte André. Oscar stieg aus dem Bett. "Möchtest du auch etwas André? Ich gehe kurz zu Mme Bernard und bitte sie um eine heiße Schokolade..", fragte Oscar darauf. Ja, ich könnte eine Tasse Tee gut vertragen, danke!", antwortete er. "In Ordnung, ich bin gleich wieder da.", sagte Oscar und verließ das Zimmer. Die beiden ließen es sich vielleicht nicht anmerken, aber jeder von ihnen war bedrückt wegen dieser neuen Situation. André fühlte sich unbehagen, es war nicht einfach in vollkommener Dunkelheit zu leben. Er hasste es. Oscar mochte die Situation auch nicht. Er kam ihr jetzt irgendwie so hilflos vor, aber vor allem gab sie sich noch immer, auch verstärkt durch den Traum die Schuld an Andrés Blindheit. Sie lief zügig den Gang hinunter bis zur Treppe. Als sie die erste Treppenstufe betreten hatte klopfte es an der Haustür. Sie schaute sich um, aber keiner der Ärzte war zu sehen. Also ging sie die Treppe ganz hinunter und dann gleich in Richtung Wohnzimmer. Sie öffnete die Tür, jedoch war das Zimmer leer. "Dr. Bernard?", rief sie, als sie die Tür wieder geschlossen hatte. Dann klopfte es nochmals. Oscar beschloss jetzt einfach selbst die Tür zu öffnen, und das tat sie auch. Nachdem sie die Tür einen Spalt geöffnet hatte, umwehte sie ein kalter Wind. Es fröstelte Oscar. "Hallo Oscar! Ihr seid ja wieder auf den Beinen, da bin ich aber froh.", sagte derjenge, welcher vor der Haustür stand. "Hallo! Komm' rein...willst du vielleicht auch einen Tee oder so etwas, das wärmt dich bestimmt auf, bei diesem kalten Wind, Florent.", begrüßte sie ihn. "Aber gerne. Ich hätte gerne eine große Tasse mit heißer Schokolade. Das hab' ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr getrunken.", antwortete Florent vergnügt und trat ein. "Gut, ich geh' schnell in die Küche und hole die Sachen. André möchte einen Tee. Er freut sich bestimmt, dass du da bist. Kommst du mit Florent?", fragte Oscar. "Nein, ich muss schnell zu Dr. Bernard und die Medizin für meine Schwester holen. Wenn es euch nichts ausmacht, gehe ich hinauf in sein Arbeitszimmer. Wahrscheinlich ist er dort...", antwortete der Junge. "Wir treffen uns dann im Gästezimmer.", sagte Oscar, als sie schon in Richtung Küche ging. Florent nickte ihr lächelnd zu und lief schnellen Schrittes die Treppe hinauf. "Guten Tag, Mme Bernard! Könnten sie uns einen Tee und heiße Schokolade machen?", fragte Oscar zögernd, als sie eintrat. "Moment, ich räume noch schnell das gewaschene Geschirr weg. Ich bringe es euch dann aufs Zimmer.", entgegnete sie freundlich. "Nein, machen sie sich keine Umstände. Ich warte hier. Brauchen sie Hilfe beim Einräumen?", sagte Oscar. "Nein, nein! Das schaffe ich schon alleine, außerdem müsst ihr euch noch schonen Oscar!", antwortete Mme Bernard. Währenddessen war der kleine Florent am Arbeitszimmer angelangt und hatte die Medizin geholt. "Auf Wiedersehen, Doktor Bernard!", sagte Florent und verließ das Zimmer. Er steckte sie Medizin in seine Hosentasche, freute sich schon auf die heiße Schokolade und lief schnell zum Gästezimmer. Er klopfte zwei mal und öffnete dann die Tür. André saß, die Ellenbogen auf seinen Oberschenkeln, den Kopf in die Hände gelegt, gestützt auf dem Stuhl neben dem Bett. Er erschreckte ein wenig, als er das Knarren der Tür hörte. "Da bist du ja wieder Oscar...", sagte er leise. "Ich muss noch etwas mit dir besprechen.", fügte er lauter hinzu. "Entschuldige, aber ich bin es Florent.", sagte der Junge verwundert. "Oscar kommt gleich, sie holt noch den Tee und die heiße Schokolade.", fügte er hinzu. "Ach du bist es Florent. Wie geht es dir und deiner Schwester?", fragte André, den Kopf zu Boden gesenkt. "Mir geht es gut, jedoch hat Anne seit mehreren Tagen starke Kopfschmerzen und wir wissen nicht warum. Deshalb bin ich ja hier, um ihre Medizin zu holen. Aber sag, was ist mit dir André? Siehst du nicht gut, oder warum hast du mich nicht erkannt.", fragte Florent. André legte seinen Kopf wieder in seine Hände und begann Florent langsam zu antworten: "Heute Morgen, na ja es war schon Mittag erfuhr Oscar, dass ihr Zustand doch nicht so gravierend ist, wie wir dachten. Tuberkulose kann ansteckend sein, aber bei ihr ist das Gott sei dank nicht der Fall. Jedenfalls sollte sie einen Spaziergang machen,...am Strand. Ich ging mit ihr und nach einiger Zeit begann mein rechtes, noch gutes Auge zu schmerzen, bis ich plötzlich nichts mehr sah. Ich bin ab sofort blind, Florent." Der Junge stand geschockt an der Tür. "Das ist ja.....", sagte er leise und ging zu André. "Was sagt Oscar dazu?", fragte er als er Andrés Schulter berührte um ihn zu trösten. "Ich weiß nicht genau...", antwortete André. Da öffnete sich die Tür. "Oscar?", fragte André zögernd. "Ja, ich bin es...ohh...ich...ich habe dir ja noch gar nichts von...André erzählt Florent!", sagte Oscar. Sie stellte das Tablett mit den 3 Tassen und 2 Teekannen auf den kleinen Tisch neben Andrés Stuhl, als sie die Zimmertür geschlossen hatte. "Ich hab' es ihm gerade erklärt, Oscar!", sagte André. Oscar schob noch 2 Stühle in die Nähe des kleinen Tisches, damit Florent und sie sich setzen konnten. "Gut.", entgegnete Oscar leise. Nachdem sie Platz genommen hatte, goss sie jedem ein. "André, strecke deine Hand aus, ich führe sie zu deiner Tasse.", sagte Oscar. André nickte kurz und tat dies. Oscar ergriff seine Hand und führte diese zu seiner mit Tee gefüllten Tasse. "Der Tee ist noch ziemlich heiß, pass ein wenig auf.", bat Oscar und nahm nun selbst ihre Tasse in die Hand. Der kleine Florent hatte seine heiße Schokolade schon längst ausgetrunken und so schenkte Oscar ihm noch eine Tasse ein. "Danke, Oscar!", sagte Florent und schlürfte sofort weiter. Oscar nickte ihm zu. Keiner wusste so recht, was er sagen sollte. Es war Stille im Raum. Nachdem Florent seine Tasse wieder geleert hatte, schaute er nach draußen. "Entschuldigt, aber ich muss los. Meine Schwester wartet bestimmt schon auf mich, außerdem wird es gleich dunkel.", sagte er dann. "Natürlich. Ich begleite dich noch bis zur Tür.", entgegnete Oscar verständnisvoll. "Auf Wiedersehen André, ich besuch dich bald mal wieder!", verabschiedete sich Florent, drückte André kurz die Hand und verließ mit Oscar das Zimmer. "Pass auf dich auf!", rief André noch schnell hinterher. "Sag deiner Schwester einen schönen Gruß und gute Besserung!", fügte er noch hinzu. "Ja, mach ich!", antwortete Florent während er mit Oscar den Gang hinunter ging. Als die beiden an der Haustür angelangt waren sagte Oscar:" Wenn du mal wieder Zeit hast, komm' doch vorbei. Auf Wiedersehen!" "Danke nochmals für die heiße Schokolade, Oscar!", sagte Florent und umarmte sie. Er war gerade so groß, dass er seine Arme um ihre Taille legen konnte. Oscar war über die plötzliche Umarmung überrascht. Sie strich Florent durchs Haar. "Keine Ursache! Geh' jetzt nach Hause, es dämmert schon.", sagte sie. Darauf ließ er Oscar los, nickte kurz und verließ das Haus. Vor der Haustür machte er noch mal halt und sagte: "André geht es nicht besonders gut, oder? Bitte helf' ihm." Oscar nickte ihm zu. Als Florent gegangen war, lief sie wieder zurück ins Gästezimmer zu André. "Oscar? Ich muss noch etwas mir dir besprechen.", sagte André als er sie eintreten hörte. "In Ordnung. Dann erzähl' mir, was dir auf dem Herzen liegt.", sagte Oscar und setzte sich wieder auf ihren Stuhl. Kapitel 11: Neue Probleme... ---------------------------- Kapitel 11 : Neue Probleme, neue Ziele André saß Oscar gegenüber, doch er sah nicht zu ihr, er hätte sie ja sowieso nicht gesehen. "Oscar,..", begann er. Sein Mund fühlte sich trocken an und er wollte noch einen Schluck trinken, ehe er weiterredete. Vorsichtig erfühlte er den Tisch vor sich und versuchte die Tasse zu finden. Oscar sah ihm dabei zu und fragte schließlich, ob sie ihm helfen sollte. Nein, daran dachte er nicht einmal. Er musste ab sofort lernen auch alleine mit dieser neuen, dunklen Situation umzugehen. Er hatte die Tasse nun umgriffen und wollte sie zu seinem Mund führen, doch mit einem leisen Aufschrei entglitt ihm die Tasse aus der Hand, knallte mit lautem Geräusch auf den Fußboden und zerbrach. André, total erschreckt, legte seinen Kopf in seine Hände. "Verdammt!!!" , sagte er wütend. "Wie soll ich das nur schaffen.. ich bin ihr doch nur einen unnötige Last und das braucht sie jetzt am wenigsten! Sie braucht eine feste Hand, damit sie wieder gesund wird, ..keinen blinden Versager!", dachte er missmutig. Oscar, zuerst genauso erschrocken wie André, erhob sich von ihrem Stuhl und ging zu ihm. "Ach André, das wird schon wieder.. du brauchst nur mehr Übung! Es war nicht deine Schuld...!", versuchte sie ihn zu beruhigen, stellte sich hinter seinen Stuhl und legte ihre Hände auf seine Schultern. "...sondern meine..", dachte sie und gab sich erneut die Schuld an seiner Erblindung. "Hör' doch auf Oscar.", sagte André mit wütendem Tonfall. "..du weißt genauso wie ich, dass es nicht mehr so wird wie früher! Was willst du den schon mit einem blinden, unfähigen Mann?!", fügte er hinzu. "Ich kann nichts mehr alleine... immer brauche ich Hilfe...ich bin dir eine Last!" Bei seinen Worten konnte Oscar erst seine Niedergeschlagenheit begreifen. "André, was redest du da! Du bist mit keine Last und das weißt du selbst! Gut, es wird nicht mehr so wie es war, aber das heißt das, dass es nicht mehr schön sein kann?? Du darfst dich nicht aufgeben.. genau wie ich!", sagte sie ernst und auch leicht wütend. "Wenn nicht durch meinen Eigensinn den Schwarzen Ritter zu fangen dein linkes Auge verletzt worden wäre, wäre es mit Sicherheit jetzt noch so wie früher!", sagte sie und ballte ihre Hand zur Faust. "Vielleicht hast du Recht.. aber das ist nicht mehr zu ändern!..", entgegnete André kühl, was man ja eigentlich nicht von ihm gewohnt war. ",Er gibt mir also auch die Schuld dafür.. und das zu Recht..!", dachte sie bedrückt. "...aber ich lieber blind, als dass ich dir damals nicht geholfen bzw. dich damals im Kellerverlies des Herzogs von Orléans gelassen hätte.", fügte André leise hinzu. Es tat ihr weh das zu hören. Sie legte ihre Arme um seinen Hals, beugte sich zu ihm herunter und gab ihm einen Kuss auf die Wange. "Ich weiß..", sagte sie sanft. "..ich glaube, ich habe dir dafür noch nicht gedankt, oder? ... Danke!", fügte sie hinzu und küsste ihn zärtlich. Beide hatten völlig vergessen, dass André eigentlich etwas anderes sagen wollte. Sie ließ ihn wieder los und ging hinüber um die Scherben der zerbrochenen Tasse zu beseitigen. Danach ging sie zu dem kleinen Schreibtisch, der in der linken Ecke des Zimmers zu finden war. In der Schublade kramte sie ein Blatt Papier hervor und setzte sich an den Tisch. "André, ich muss noch den Brief an meine Mutter schreiben.. und das tue ich jetzt am besten, bevor es wieder in Vergessenheit gerät.", sagte sie und drehte ihren Kopf wieder in Richtung Tisch. Er nickte. Oscar schrieb wie vorgenommen den Brief: Liebe Mutter, ich habe gehört, dass es in Paris heftige Aufstände gab und hoffe, dass es Euch gut geht. Die Revolution hat also begonnen und ich fürchte, dass Ihr zu Hause nicht mehr sicher seid. Hier in Noyelles ist es relativ ruhig und man bemerkt nur eine gewisse Anspannung, die hier in der Stadt unter den Menschen herrscht, aber ansonsten bemerkt man nichts von den Unruhen in Paris. Ich hoffe, dass es hier so bleibt. Mutter, ich bitte Euch, sobald eine Möglichkeit besteht, mit Andrés Großmutter zu uns zu kommen. Ich möchte nicht, dass Euch etwas passiert und erwarte Euch. -Adresse des Doktors- Hier könnt Ihr mich immer erreichen und auffinden. Wir sind bei Dr. Bernarduntergekommen, haben also noch keine andere Bleibe gefunden, aber es ergeht uns hier sehr gut. Macht Euch keine Sorgen. Eure Oscar. Prüfend auf das Papier sehend, legte sie schließlich ihre Feder nieder und steckte den Brief in ein Kuvert, das sie bereits mit der Adresse beschriftet hatte. André hatte die ganze Zeit über im Sessel verharrt. Es öffnete sich die Zimmertür. Oscar, ein wenig überrascht, sah hinüber. Nachdem sie vom Stuhl aufgestanden war ging sie auf Dr. Bernard zu, der die beiden gerade aufforderte zum Abendessen zu erscheinen. "Doktor, könntet ihr diesen Brief bitte jemandem geben, der nach Paris reist? Er ist für meine Mutter bestimmt.. die Adresse steht auf dem Kuvert. Falls sie unter dieser nicht mehr zu erreichen ist, habe ich noch die Adresse von einer guten Freundin angegeben.", sagte sie. Monsieur Bernard lächelte ihr zu und nahm den Brief an sich. "Ich werde sehen, was ich tun kann." Danach begaben sich alle drei ins Esszimmer. Nach Essen und fröhlicher Gesprächsrunde, die später noch im Wohnzimmer fortgesetzt worden war, ging jeder müde zu Bett. Oscar schloss die Zimmertür hinter sich. "Oscar, meinst du nicht, dass wir uns eine Wohnung suchen sollten?", sagte André schließlich. Er schlief ja bei ihr im Zimmer. Oscar überraschte dieser Gedanke nicht. "Daran dachte ich auch schon André... ich Dr. Bernard und dessen Frau nicht zur Last fallen.", entgegnete sie. "Ja, das denke ich auch...!", sagte André. "Lass uns noch warten, bis wir eine Antwort von deiner Großmutter und meiner Mutter haben. Wenn es nicht anders geht, oder Probleme mit den beiden gibt, werde ich wieder nach Paris gehen.. das ist sicher! Jetzt eine Wohnung zu besorgen wäre vielleicht zu voreilig.", sagte Oscar ernst und zog sich um. André lag schon fertig im Bett. "Du hast Recht.. gute Nacht Oscar.", antwortete André und gähnte. "Gute Nacht!", entgegnete Oscar, kuschelte sich in ihr Kissen und schlief bald darauf ein. Drei Wochen später: Oscar und André frühstückten gerade, als Dr. Bernard stürmisch das Zimmer betrat. Ein bisschen außer Atem, er war ja auch nicht mehr der jüngste, hielt er Oscar lächelnd einen Brief entgegen. "Hier..", sagte er ein wenig keuchend. Oscar nahm das Kuvert, öffnete dies sofort und begann hastig den Antwortbrief zu lesen: Liebe Oscar, Eure Mutter und Eure Amme sind gut bei uns aufgenommen. Man hat in Euer Haus eingebrochen und deshalb habe die beiden mit zu mir und Bernard genommen. Die Königin und der König wurden jetzt aus Versailles geholt und in die Tuillerien gebracht. Es wird darüber diskutiert, ob man sie hinrichten soll. Ich persönlich hoffe dies nicht und so wie ich Euch kenne werdet ihr das gleiche denken. Oscar, ich wünsche Euch und André alles Gute. Wir vermissen Euch und hoffen auf ein baldiges Wiedersehen. Macht euch keine Sorgen, Eurer Mutter geht es hier besten und ich kümmere mich gut um sie. Eure Rosalie. Oscar nickte kurz, als sie den Brief fertig gelesen hatte. Sie erzählte André was vorgefallen war. Zugleich war sie froh, dass sie auf Rosalie immer zählen konnte. Nur eins bereitete ihr ein wenig Sorgen: Die Königsfamilie. Zu gut wusste sie, dass das Volk die Königin hasste und, dass Marie Antoinette viele Feinde hatte, die nur darauf warteten ihr jeglichen Schaden zuzufügen. Der Königin erging es de letzten Monate sowieso nicht so gut. Mit dem Tode ihres erstgeborenen Sohnes Louis Joseph hatte sie bestimmt ihre Probleme. Plötzlich schweiften Oscars Gedanken zu von Fersen, dem Mann, den sie früher so geliebt hatte, der ihre Liebe aber nicht erwidern konnte und stattdessen die Königin liebte. Was würde er tun, wenn man Marie Antoinette hinrichtete? Er tat Oscar Leid. Doch jetzt erkannte sie doch gewisse Parallelen dieser Situation, die für André auch nicht viel anders war. Oscar erkannte, dass sie die Königin im Stich gelassen hatte. Hatte sie dieser nicht ewige Treue und Schutz geschworen? Das gab Oscar schwer zu denken. Vielleicht hatte sie falsch gehandelt...sollte sie zurück nach Paris? Dort waren ihre Freunde. Sollte sie zu ihnen gehen und di Revolution mit ihnen durchstehen? Oscar beantwortete diese Frage innerlich mit "ja", aber was würde André dazu sagen? Sie beschloss mit ihm darüber zu reden. Am Nachmittag war es dann soweit. Im Wohnzimmer vor dem Kamin sitzend begann sie mit ernster Stimme: "André.. ich muss mit dir reden.." Er erkannte schon an ihrem Tonfall, dass etwas nicht stimmte. "...der Brief von Rosalie hat mir zu denken gegeben und ich selbst bin mir klar geworden, dass es wahrscheinlich ein Fehler war von zu Haus wegzugehen.", sagte sie weiter. André stutzte. "Aber Oscar, was hast du vor?", fragte er unruhig. "André, das hat rein gar nichts mit dir oder Noyelles zu tun. Ich bin gerne mit dir zusammen...,aber in Paris ist vielleicht mehr mein Platz als hier.", entgegnete sie. "Das ist mit heute Mittag bewusst geworden.", fügte sie noch hinzu. André fühlte sich überrumpelt. Er verstand nicht wieso das so plötzlich kam bzw. wieso überhaupt. "Du willst zurück? Wieso? Und was ist mit dir?! Du willst doch gesund werden, oder?" Daran hatte sich nicht gedacht. Sie sah zu Boden. "Nun ja, ich dachte daran, dass die Königin so in Schwierigkeiten steckt. Ich will vor Ort sein und nicht erst Tage später darüber informiert werden, was passiert. Außerdem sind in Paris meine Freunde und Familie." André begann zu begreifen. "Ich verstehe was du meinst... , aber du bist doch hier am Meer, weil dir die Luft gut tut. Du willst gesund werden, oder etwa nicht?? Du solltest dich schonen.. bei diesen Unruhen in Paris ist dafür wahrscheinlich oder mit höchster Sicherheit keine Zeit.", sagte er ernst. "Du wirst sterben, wenn wir zurückgehen und das will ich einfach nicht! Ich brauche dich! So egoistisch es klingt.. nicht nur weil ich blind bin..!", fügte er energisch hinzu. Oscar geriet in Zweifel. "André, du hast Recht mit dem was du sagst, aber es ändert nichts an der Tatsache, dass es keine Medizin gegen Schwindsucht gibt.", sagte sie leise, aber ernst. André stieg die Wut in den Bauch. "Du hast mir geschworen, dass du überlebst!! Was lässt du dich so hängen?! Oscar!! Was soll das?? Es ist nicht unmöglich, dass du dich auskurierst, aber dafür brauchst du Ruhe, keine Revolution! Versteh' mich doch... ich will dich nicht verlieren! Nicht jetzt und auch nicht später! Was sollte ich denn ohne dich tun...?!", entgegnete er. "Verzeih' André... du hast Recht.. ich war zu voreilig.. entschuldige!", sagte sie in Gedanken. Sie fasste sich an die Stirn und verspürte plötzlich Kopfschmerzen. "André, ich bin ein bisschen durcheinander.. !", sagte sie schließlich. Sie legte ihren Kopf in ihre Hände und seufzte. André, der sich direkt neben sie setzte , legte seine Hand vorsichtig auf ihren Rücken. "Alles in Ordnung Oscar?", fragte er besorgt. "Wenn du unbedingt zurückwillst, dann gehen wir... ich will dich nicht zwingen hier zu bleiben." "Schon gut André...mach' dir keine Sorgen mehr darüber!", sagte sie. Oscar fühlte sich gar nicht wohl. "André, ich lege mich ein wenig hin.", fügte sie hinzu und stand auf. André sagte nichts dazu und blieb im Wohnzimmer. Er wollte sie ein bisschen in Ruhe lassen, vielleicht brauchte sie das jetzt. Oscar ging in ihr Schlafzimmer. Sie wollte sich gerade hinlegen, als sie einen plötzlichen Hustenreiz verspürte. Das Kopfweh nahm zu und wurde teilweise unerträglich. Es wirkte lähmend. Sie fiel auf die Knie und hustete stark. Blutspuckend und hustend, auf dem Boden mit ihren Händen abstützend, ringte sie nach Luft. Panik stieg in ihr auf. Sie war wie gelähmt, ihr Körper schwach und das begriff sie jetzt wieder. Sie hatte angenommen, dass es sich nach ihrem letzten Zusammenbruch gebessert hätte, doch dem war anscheinend nicht so. Schließlich lag sie erschöpft und schwer atmend auf dem Boden. Neben ihr war der Fußboden voller Blut, eine richtige Blutlache. Furchtbar der Anblick, weiß im Gesicht, erschrocken über sich selbst, setzte sie sich langsam auf. Ihr Zustand, wohl doch schlimmer als angenommen, wurde schlimmer. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die unterste Bettseite und musste sich erst wieder fassen. Dr. Bernard stand fassungslos, erschrocken und Oscar musternd in der Tür. "Oscar!", stieß er besorgt hervor und eilte zu ihr. "Um Gottes Willen...", murmelte er leise und half ihr sich ins Bett zu legen. "André meinte, es ginge euch nicht so gut und da wollte ich nach euch sehen..", sagte er, "Oscar, wartet, einen Augenblick, es geht euch gleich wieder besser, ich hole schnell meine Kollegen...", fügte er hastig hinzu und eilte sofort aus dem Zimmer. Oscar selbst nahm das um sich herum gar nicht so sehr wahr. Kapitel 12: Die Reise und das Leid ---------------------------------- 13. Die Reise und das Leid --im Haus von Bernard und Rosalie- Die drei Damen waren gerade dabei das Essen zuzubereiten. Andrés Großmutter schälte die Kartoffeln, während Rosalie sich um das Gemüse kümmerte und Mme de Jarjayes den Tisch deckte. "Wenn wir Euch nicht hätten.. wer weiß wo wir gelandet wären.", sagte die Großmutter beiläufig. "Ach was, das war doch selbstverständlich. Unser Haus ist zwar nichts im Vergleich zu eurem, aber ich hoffe, dass ihr es hier mit uns aushaltet.", entgegnete Rosalie lächelnd und stellte das fertige Gemüse auf den Tisch. Gerade wollte die Großmutter wieder etwas sagen, da stürzte Bernard hastig, die Tür aufreißend in die Wohnung. Leich außer Atem begrüßte er die drei schnell und machte ihnen klar, dass er nicht lange bleiben konnte. "Du kommst genau richtig zum Essen, so viel Zeit hast du doch noch, oder findet schon wieder ein Treffen statt?", fragte ihn Rosalie und bat die anderen sich zu Tische zu begeben. Mit einem leichten Nicken tat Bernard es den beiden gleich: "Nun gut, ich habe kaum noch Zeit etwas zu essen... da kann ich jetzt kaum nein sagen." Nach einer Weile meldete er sich wieder zu Wort: "Bevor ich es vergesse... es ist sehr wichtig! Mme de Jarjayes, ich befürchte, dass ihr hier nicht länger bleiben könnt.." "Aber Bernard, was redest du da?", unterbrach ihn Rosalie hastig. "Ich versuche es doch gerade zu erklären.. ich fürchte, nein, ich weiß, dass das Volk Vorurteile nicht nur der Königsfamilie gegenüber entgegenbringt, sondern auch deren Helfer. Ihr seid Adlige und wart die Hofdame ihrer Majestät der Königin. Deshalb werden Euch viele Menschen den Tod wünschen. Ich sage es nicht gerne und schätze Eure Anwesenheit sehr, aber wenn man erfährt, dass ihr hier..", erklärte er immer leise sprechend. Es wurde für einen Moment still im Raum. "Ich verstehe..", unterbrach Mme de Jarjayes die Stille. "Dann werde ich Oscars Bitte berücksichtigen und nach Noyelles reisen." "Ich begleite Euch natürlich.", fügte Mme Glacés sofort hinzu, was Mme de Jarjayes mit einem Lächeln erwiderte. Rosalie sah nachdenklich zu den beiden. "Wir werden Euch eine Kutsche besorgen.", sagte Bernard, seine Serviette auf den Tisch legend. "Verzeiht, ich muss mich beeilen.. bis heute Abend!", fügte er hinzu, bedankte sich für das gute Essen und verließ das Haus. Es kehrte wieder Stille ein. Rosalie begann dann damit den Tisch abzuräumen. "Rosalie, es wird wohl das Beste sein, wenn wir unsere Sachen zusammenpacken und schnellstmöglich abreisen.", sagte Mme de Jarjayes. Rosalie nickte ihr zu: "Ich werde Euch gleich helfen..." Circa 2 Stunden später war alles gepackt und die 2 Frauen somit bereit abzufahren. Jedoch beschloss man die Reise erst am morgen anzutreten, da es jetzt schon Abend war und es sich nicht mehr lohnen würde. Mme de Jarjayes und Andrés Großmutter gingen schon früh ins Bett, während Rosalie noch wach blieb und auf Bernard wartete. Am späten Abend kam er schließlich nach Hause und begrüßte sie mit einem Kuss. "Schön, dass du endlich da bist.. ich würde gerne mit dir sprechen.", sagte sie, gleich zur Sache kommend. Bernard stutze ein wenig, schaute sie fragend an und wartete darauf, dass sie anfing. "Ich.. würde es dir etwas ausmachen, wenn ich Mme de Jarjayes begleiten würde?", fragte sie zaghaft und sah ihn an. "Du willst mit ihnen?.. wieso?", entgegnete er erstaunt und doch überrascht. "Entschuldige, es war nur so eine Idee.. wenn es dir lieber ist ,dass ich hier bleibe, bleibe ich natürlich.", sagte sie sofort und lächelte sanft. Um ihre Enttäuschung etwas zu verstecken ging sie zum Kamin um dort das Feuer zu schüren. "Du willst zu Oscar, nicht wahr?", fragte er und trat zu ihr. Ihm noch den Rücken zugewandt, drehte sie sich zu ihm um und sah ihn an. "Nicht nur das...", antwortete sie. "Wir haben uns nur schon so lange nicht mehr gesehen.. und wer weiß, was diese Unruhen in Paris noch anrichten werden. In Noyelles ist alles ruhiger, hat Oscar geschrieben." "In Ordnung, dann fahr' mit den beiden mit, aber komm' bald wieder. Außerdem wärst du, jetzt, da die zwei abreisen, den ganzen Tag alleine zu Hause, weil ich dauernd unterwegs bin.", entgegnete er lächelnd. "Natürlich komme ich bald wieder.", sagte sie und umarmte ihn zum Dank. -< nächster Morgen >- Wie noch am Abend bestellt, kamen die zwei Kutschen des morgens vor das Haus von Bernard und Rosalie. Mme de Jarjayes, die Großmutter und Rosalie sollten in der ersten Platz finden, die zweite war nur für die Koffer zuständig. Man verabschiedete sich schnell, wollte die Zeit nutzen um das Ziel schnell erreichen zu können. Mit mehreren Pausen hatten sie am Abend einen guten Teil des Weges geschafft und sich in einer Stadt ein paar Zimmer gemietet umd sich dort vor der morgigen Weiterfahrt auszuruhen. - im Hause des Doktors - Genauso kreidebleich, wie das Gesicht von Oscar, eilte Dr. Bernard das Zimmer hinaus und rief die anderen Ärzte sofort zusammen. Er hatte schlechte Vorahnungen, wollte keine Sekunde riskieren und kam mit seinen Kollegen wieder schnell in Oscars Zimmer. Sie lag verkrampft im Bett, immer noch nach Luft ringend. Von der Außenwelt schien sie kaum noch Notiz zu nehmen, ständig den Gedanken und die Angst sterben zu müssen im Hinterkopf. Dr. Bernard schloss die Tür hinter sich und begann sofort mit den anderen beiden Oscar zu untersuchen. Dr. Pennec, der sich unter den Ärzten am besten mit Schwindsucht auskannte runzelte die Stirn. "Es wird sehr schwer sein sie noch zu retten." Die Krankheit nimmt langsam Überhand.", sagte er ernst zu Dr. Bernard, als die zwei das Zimmer verlassen hatten. M. Ribout war gerade noch dabei Oscar eine Spritze zu geben. Dr. Bernard war sichtlich geschockt. "Sie wird noch eine Chance haben.. wir müssen doch noch etwas tun können..!", entgegnete er. "Wir können im Prinzip nicht mehr, als hoffen... ich kann nichts über ihre Chancen sagen M. Bernard, aber auf jeden Fall kommt jetzt die Zeit, in der sie ernsthaft kämpfen müsste.", antwortete M. Pennec. "Sie braucht jetzt erst einmal nichts außer äußerste Ruhe um sich von diesem Zusammenbruch zu erholen. Außerdem schlage ich vor, dass wir drei uns abwechselnd um eine Aufsicht kümmern und ihren Zustand beobachten, so lange es noch kritisch ist.", fügte er ernst hinzu. "Gute Idee, besprechen sie mit Dr. Ribout alles und kümmern sich um sie. Ich werde in der Zwischenzeit André aufsuchen...",sagte Dr. Bernard und begab sich zu André. Kurz und knapp berichtete er von dem Vorfall. Er hasste es André solche Meldungen machen zu müssen. André schwieg. Dr. Bernard hatte erwartet, dass er anders reagieren würde, doch André blieb nach außen hin sachlich, legte seinen Kopf in seine Hände und unterdrückte den Schmerz. Er wollte den Gedanken, dass es Oscar nicht gut ging nicht an sic heranlassen. Den Kopf zu Boden gerichtet begannen dann aber doch Tränen über sein Gesicht zu laufen. Er wischte sie hastig weg, in der Hoffnung auch seinen Schmerz und seine Gedanken wegwischen zu können. "Kann ich zu ihr?", fragte er knapp und leise. "Es tut mir leid, aber sie braucht jetzt nur Ruhe. Morgen sieht die Welt sicherlich wieder ganz anders aus..", antwortete Dr. Bernard. "Versucht mir keine unnötigen Hoffnungen zu machen. Ich muss darauf gefasst sein, auch wenn ich an sie glaube und weiterhin hoffe.", entgegnete er in ernstem Tonfall. Dr. Bernard bejahte seine Aussage leise. "Ich gehe jetzt wieder nach oben..", sagte er und tat dies wenig später auch. Oscar war mittlerweile eingeschlafen. Weiterhin im Sessel sitzend, schien André die Ruhe selbst, aber innerlich erlitt er Höllenqualen. "Du darfst mich nicht verlassen!!" Die Verzweiflung trat aus ihm heraus. "Was bin ich denn ohne dich.. halte deinen Schwur..", fügte er leise hinzu, sein Gesicht weiter in seinen Händen vergrabend. Kapitel 13: Ankunft und Schrecken --------------------------------- 13. Ankunft und Schrecken Es wurde morgen. Ein trügerischer Sonnenschein erhellte den Tag. "Was soll das heißen, ihr habt die Pferde noch nicht eingespannt?!", fragte die Großmutter verärgert. "Wir wollen nicht den ganzen Tag warten, bis es weitergehen kann, beeilt Euch!", fügte sie hinzu und scheuchte den Kutscher zu den Pferden. Lachend standen Rosalie und Oscars Mutter vor der Tür des Gasthauses, in dem sie übernachtet hatten und verfolgten das Geschehen. Schließlich nach einer halben Stunde konnten sie die Fahrt fortsetzen. Jeder war gespannt auf die neue Stadt und auf das Wiedersehen mit André und Oscar. Keiner ahnte auch nur im Entferntesten, dass alles schlimmer war, als sie es sich vorstellten. ______ André hatte die ganze Nacht im Wohnzimmer verbracht. Mit einer Decke über den Beinen liegend und noch im Sessel sitzend wurde er allmählich wach. Die Uhr im Zimmer fing an zu schlagen. Daraus erkannte er, dass es schon fast Nachmittag sein musste und er ziemlich lange geschlafen hatte. Er vernahm Stimmen vor dem Haus, welche ihn wahrscheinlich auch geweckt hatten. Hätte er noch sein Augenlicht, so hätte er mit Sicherheit aus dem Fenster geschaut. Gerade als er aufstehen wollte öffnete sich die Tür zum Zimmer und er erkannte die Stimme von Dr. Bernard. "André, du hast Besuch.", sagte er und trat zu ihm. Den Sessel zum Kamin und den Rücken zu den dreien gewandt saß er da. Rosalie, Mme de Jarjayes und seine Großmutter sahen zum Stuhl. Irgendetwas, so schien es allen, war anders als sonst. "Besuch?", fragte er überrascht und stand noch etwas schlaftrunken auf. "W-wer ist es, M. Bernard?", fragte er leise. Bei dieser Frage stockte den drei Frauen der Atem. >>Wieso fragt er das?<< Das dachten in diesem Moment alle. "Oscars Mutter, deine Großmutter und Rosalie sind gekommen..", antwortete Dr. Bernard. "Rosalie und Großmutter und Mme de Jarjayes??", fragte er erstaunt. Dann spürte er eine Hand auf seiner. Die andere war um einiges kleiner. "Großmutter...", sagte er leise und lächelte. "Du bist blind...", sagte sie entsetzt. Er konnte nur mit einem Nicken antworten. "Seit kurzem.. aber mach' dir keine Sorgen, ich komme schon zurecht.", fügte er hinzu. Nun traten auch Rosalie und Mme de Jarjayes näher und begrüßten ihn. Alle doch sichtlich geschockt und bestürzt über Andrés Blindheit fanden sich auf dem Sofa mit einer Tasse Kaffee in der Hand wieder. Jeder, auch verwundert darüber, dass Oscar noch nicht bei ihnen war, tranken brav ihren Kaffee und empfanden die Situation merkwürdig. "André, ich muss wieder nach oben... Du kannst nachher sicherlich kurz mal hochkommen, wenn du willst.", sagte Dr. Bernard und verließ den Raum. Keiner sagte etwas. Stille. Und dann kam sie, die Frage, auf die André schon die ganze Zeit gewartet hatte und von der er wusste, dass sie irgendwann kommen müsse: "André. Wo ist eigentlich Oscar? Ist sie unterwegs?" Er schüttelte den Kopf und trank seine Tasse aus. "Nein, sie ist oben in ihrem Zimmer und schläft. Seit gestern Abend durfte ich nicht mehr zu ihr... sie braucht Ruhe, deshalb werdet ihr sie vorerst auch nicht sehen können...." Bevor er fertig geredet hatte, kam schon die nächste Frage: "Ist sie etwa krank?" "Verzeiht, sie hat es Euch noch nicht gesagt, weil sie Euch wahrscheinlich nicht beunruhigen wollte.. Oscar leidet an Tuberkulose.", sagte er benommen und nahm selbst seine Worte überhaupt nicht wahr. >> Schwindsucht?! <<, schoss es allen durch die Köpfe. "André, das... aber es... es gibt kein Mittel dagegen!", sagte Rosalie bestürzt. Er nickte nur. "Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen...", entgegnete er leise. Rosalies Augen weiteten sich und füllten sich mit Tränen. Die anderen bekamen keinen Ton heraus, zu überraschend kam diese Nachricht. "Vielleicht ist es besser, wenn Euch Mme Bernard jetzt Eure Schlafgemächer zeigt und ihr nach dieser langen Reise auspackt und ein bisschen ausruht.", sagte André. Er konnte es nicht ertragen darüber zu reden, die Panik, die Angst sie zu verlieren immer im Hinterkopf. Es machte ihn krank daran zu denken. Er wollte es nur noch verdrängen. "In Ordnung...", antwortete seine Großmutter, die bemerkt hatte, dass er auf dieses Thema nicht unbedingt gut zu sprechen war. Sie stand auf und fragte ihn nach dem Aufenthalt dieser Dame. Er erklärte ihr kurz und knapp den Weg zur Küche, wo man Mme Bernard am häufigsten vorfand, stand selbst auf und verließ mit den dreien das Zimmer. Er wollte nach oben. Es ließ ihm keine Ruhe mehr. Schließlich stand er vor der Tür zu Oscars Zimmer und klopfte leise. Wenig später öffnete Dr. Bernard und sah ihn an: "Du kannst einen Moment reinkommen. Sie ist jetzt wach." Nach Betreten des Zimmers führte ihn Dr. Bernard zum Bett und zog sich dann zurück. Oscar sah immer noch ziemlich mitgenommen aus. Der Glanz ihrer Augen, den André so mochte, war verschwunden. "André...", brachte sie mit leiser Stimme hervor und ein Lächeln huschte ihr übers Gesicht. Er setzte sich zu ihr ans Bett, mit seiner nach ihrer Hand suchend. Dann, ihre Hand festhaltend, sagt er leise: " Wieso musst du mir so einen Schrecken einjagen..?", und versuchte ein wenig zu lächeln. Sie drückte seine Hand und schwieg. "Oscar, deine Mutter und meine Großmutter sind von Paris hierher gekommen..., sogar Rosalie ist hier!", erzählte er um von seiner vorherigen Frage abzulenken. "Rosalie?, fragte Oscar erstaunt. "Schön.." fügte sie mit leiser und zufriedener Stimme hinzu, "Dann habe ich also noch einen Grund mehr wieder auf die Beine zu kommen." "Du sagst es. Sie wollten dich vorhin schon alle sehen...!" "André, bitte sag' ihnen, sie sollen sich nicht allzu große Sorgen um mich machen!" Er nickte. "... Ich bin müde..", fügte sie noch hinzu. "Gut, ich warte bis du eingeschlafen bist.", sagte er und hielt weiter ihre Hand, während sie erschöpft die Augen schloss. ____ "Aber wieso hat sie uns nie etwas davon erzählt?", fragte die Großmutter. "Ihr habt doch André gehört..! Sie war die letzten 2 Monate vor ihrer Abreise schon so blass.", entgegnete Mme de Jarjayes. Rosalie packte stumm ihren Koffer aus und setzte sich danach auf ihr Bett. << Ach Lady Oscar, bitte werdet wieder gesund..>>, dachte sie bei sich und schaute aus dem Fenster. Der Raum, in dem sie sich befanden war nicht gerade groß, aber er wirkte sehr gemütlich eingerichtet. "Es muss ihr schon ziemlich schlecht gehen, wenn noch nicht einmal André zu ihr durfte..", sagte Mme Glacés leise. Da klopfte es an der Tür. "Verzeiht meine Damen, aber in wenigen Minuten ist es Zeit für das Abendessen.", sagte Dr. Bernard, der nun eingetreten war und lächelte. Die drei folgten ihm darauf ins Esszimmer. Rosalie wirkte wortkarg. Die überraschende Nachricht hatte sie sichtlich mitgenommen und auch ansonsten herrschte beklemmende Stimmung am Tische. "Wo ist eigentlich André? Isst er nicht mit uns zu Abend?", fragte die Großmutter um die Stille zu unterbrechen. "Er ist noch bei Oscar und ich wollte die beiden nicht stören. Vielleicht hilft ihr ja seine Anwesenheit. Ihr könnt' mir glauben, so ein verliebtes Paar sieht man heutzutage selten. Nur schade, dass das Glück nicht unbedingt auf ihrer Seite ist... sie ist krank und er wird auch noch blind..", antwortete Bernard den kopf schüttelnd. "Keine Sorge, ich bringe Oscar nachher noch etwas zu essen hoch und André wird dann sicherlich auch noch etwas zu sich nehmen wollen..", fügte er hinzu. "Verzeiht, aber könnte ich ihr das Essen bringen?", fragte Rosalie sofort. Zuerst sah Dr. Bernard seine Kollegen prüfend an, dann nickte er kurz und lächelte: "Aber seid ruhig.. wir sollten Oscar jetzt nicht zu sehr beanspruchen." Rosalie bedankte sich und aß weiter. _____ Mittlerweile war Oscar friedlich eingeschlafen, was André an ihren gleichmäßigen Atemzügen hören konnte. Viel lieber saß er hier an ihrer Seite, anstatt unten im Wohnzimmer auf irgendwelche Neuigkeiten der Ärzte zu warten und vor Sorge fast wahnsinnig zu werden. Ein leises Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken. "Wer ist da?", fragte er. "Ich bin es Rosalie..", sagte sie und trat ein. Mit einem Tablett in der Hand lief sie zum Bett, wovor sie zuerst stehen blieb und Oscar anschaute. Sie hatte sie kaum in so schlechter Verfassung gesehen. Noch nicht einmal beim Attentat, das Mme de Polignac auf sie ausgeübt und sie verletzt hatte, war Oscar so blass. "Ich habe ihr etwas zu Essen mitgebracht...André, du hast sicher auch Hunger.", sagte Rosalie, weiter auf das Bett schauend. "Danke, aber Oscar schläft jetzt wie du siehst und ich selbst möchte nichts.", entgegnete er. Als Rosalie das Tablett schließlich auf einem Tisch abgestellt hatte, näherte sie sich der Bettseite gegenüber von André und setzte sich. "Sie sieht immer so friedlich aus, wenn sie schläft.", sagte sie und deckte Oscar richtig zu. "Das stimmt...", entgegnete er leise. "Sie sagte, ihr sollt euch nicht zu viele Sorgen machen. Wenn sie dich sieht, freut sie sich sicherlich, Rosalie." Vorsichtig, legte sie ihre auf Oscars Hand und bemerkte nicht, dass Oscar durch das Gespräch der beiden erneut aufgewacht war. In Rosalie kamen plötzlich viele Erinnerungen hoch. "So etwas hat sie nicht verdient! Oscar ist so ein lieber Mensch.. es ist ungerecht!", sagte sie, schon wieder den Tränen nahe. "Rosalie, bitte weine nicht..", ertönte eine leise Stimme. Ruckartig bemerkte Rosalie erst jetzt, dass Oscar wach war. Starr sah sie in die nur leicht geöffneten, aber ihr doch so vertrauten Augen Oscars. "Oh Lady Oscar!", sagte sie leise und sank in Oscars Arme. Jetzt konnte sie ihre Tränen erst Recht nicht mehr zurückhalten. "Du hast dich in der ganzen Zeit, in der wir uns nicht gesehen haben kein bisschen verändert.", sagte Oscar immer noch mit leiser Stimme und strich ihr leicht über den Kopf. >> Sie ist noch dünner geworden..<<, dachte Rosalie bei sich und beruhigte sich langsam wieder. "Verzeiht, ihr braucht Ruhe Oscar...", sagte sie und ließ Oscar wieder los. "Ach was, ich bin froh dich zu sehen..!", entgegnete Oscar lächelnd. "Oh, ich habe Euch ja was zu Essen hochgebracht.. Ihr habt sicher Hunger!", sagte Rosalie, sich die restlichen Tränen aus dem Gesicht wischend, und stand sofort auf um das Tablett zu holen. "Danke Rosalie..", entgegnete Oscar. Sie hatte wirklich Hunger. André hielt sich beim Gespräch der beiden im Hintergrund, ließ aber Oscars Hand nicht los, bis sie damit begann zu essen. "Ich hoffe es ist noch warm genug..!", sagte Rosalie, was Oscar mit einem Kopfnicken beantwortete, und setzte sich wieder. Kapitel 14: 2 Monate später --------------------------- 2 Monate später In der Zwischenzeit hatte sich vieles getan, sehr vieles. Oscar saß auf einem Stuhl mit Blick zum Fenster, vor ihr auf dem Tisch eine Tasse Tee. Ihre Gedanken richteten sich auf das was sich in der letzten Zeit alles getan hatte. Sie saß jetzt hier, nicht mehr im Haus von Dr. Bernard. Er kam ab sofort nur noch jede Woche an einem beliebigen Tag, um nach ihrem Befinden zu sehen. Seit der Zeit als Rosalie, Andrés Großmutter und ihre Mutter von Paris nach Noyelles gekommen waren und sich auch um sie gekümmert hatten war es mit ihr wieder ein Stück bergauf gegangen. Sie fühlte sich wieder wohl, und plötzliche Hustenanfälle blieben seither aus. Trotzdem unterschätzte sie die Krankheit nicht, sie schonte sich noch selbst, weil sie merkte, dass es immer noch nicht überwunden war. Sie nippte an ihrem Tee und sah draußen vor der Tür den kleinen Florent mit seinem Hund vorbeilaufen. Sie lächelte. Florent wohnte jetzt bei ihnen. Vor gut 3 Wochen war er kreidebleich und völlig verstört zu Dr. Bernard ins Haus gerannt gekommen und hatte um Hilfe gerufen. Seine Schwester war krank gewesen und an diesem Tag fühlte sie sich so schlecht, dass er zum Doktor gehen musste. Als Dr. Bernard bei ihm zu Hause eintraf war sie schon gestorben. Florent hätte überhaupt keine Überlebenschancen mehr ohne sie gehabt, denn zum Arbeiten war er noch zu jung. Oscar und André hatten sich dazu entschlossen ihn bei sich wohnen zu lassen. Um ein Kind zu bekommen, dazu wäre Oscar momentan wegen ihrer instabilen Verfassung sowieso nicht in der Lage gewesen. Noch immer war Florent sehr still und in sich gekehrt, denn der Tod seiner Schwester ging nicht so einfach an ihm vorbei. Er musste sich erst noch an die neue Situation gewöhnen, obwohl er André und Oscar doch sehr lieb gewonnen hatte. Oscar hoffte, er würde bald wieder so werden wie vorher. Vor ein paar Tagen war er mit den beiden, Mme de Jarjayes und Andrés Großmutter in ein Haus gezogen. Mme de Jarjayes hatte sich erkundigt und ein schönes kleines Haus, in der Nähe des Strandes entdeckt,gar nicht weit vom Hause der Bernards. Sie wollte Dr. Bernard keine Unannehmlichkeiten bereiten, denn er hatte sie schon lange genug bei sich aufgenommen. Rosalie war mittlerweile auch wieder nach Paris zurückgekehrt, wie sie es Bernard versprochen hatte. Sie fehlte Oscar ein bisschen. Noch immer war das Haus für Oscar ungewohnt, und sicherlich hatte André noch größere Probleme sich zurechtzufinden. Für ihn war es wohl die größte Schwierigkeit ohne die Hilfe seiner Sehkraft, denn er musste ja auch alleine durch das Haus gehen können, ohne überall zu stolpern oder sich zu verlaufen. Oscar bewunderte sein Durchhaltevermögen. Eigentlich hatten sie jetzt so ein neues Leben, wie sie es sich zu Anfang vorgestellt hatten. Hier oben am Meer war alles ruhig, aber man hörte von den Kämpfen der Aufständigen aus Paris, der neuen Verfassung und den Menschenrechten. Insgeheim hoffte Oscar, dass es so bliebe, denn eine Revolution würde dieses neue Leben vielleicht gefährden und wieder zerstören. Es gefiel ihr, so wie es jetzt war. Sie wusste, dass sich nicht nur ihr Leben, sondern auch das Leben in ganz Frankreich verändert hatte. Nie mehr würde es so sein wie früher, und ihr war auch klar, dass die Königin nicht mehr so einflussreich sein würde. Das Volk hatte sich also durchgesetzt. Plötzlich hielt sie inne. Es wurde Zeit für einen Spaziergang. Zu lange hatte sie jetzt das Bett gehütet. Sie musste raus aus diesem Zimmer, raus aus diesem Haus und wollte nur den leicht salzigen Geruch des Meeres riechen. Sie sprang von ihrem Stuhl auf um sich etwas überzuziehen. "Wo willst du hin?", fragte André scharf, als er ihr auf dem Flur begegnete. "André, ich will einen Spaziergang machen. Jetzt darf ich ja wieder aufstehen..", antwortete sie und hoffte insgeheim er würde sie nicht davon abhalten wollen. "Willst du alleine losgehen? Oder hast du etwas dagegen, wenn ich dich begleite?", fragte er schließlich. "Natürlich kannst du mitkommen.", antwortete sie mit einem Hauch von Selbstverständlichkeit in dem Klang ihrer Stimme. Ein paar Minuten später schlenderten sie zum Strand, Hand in Hand. Sie musste ihn den Weg entlang führen. Im Griff seiner Hand konnte sie sein Vertrauen spüren, das schon seit sie sich kannten bestand. Er war ihr immer und überallhin gefolgt als er noch sein Augenlicht besessen hatte, auch wenn der Weg steinig gewesen war oder sie den falschen gewählt hatte. Und selbst wenn sie gestürzt wäre, wäre er da gewesen und hätte sie aufgefangen. Sie war in der letzten Zeit, in der sie das Bett hüten musste, sehr nachdenklich geworden. Ihr war mehr bewusst geworden, wie sehr ihr das Leben doch wert war, besonders das Leben mit ihm. "Wir sind da.", sagte sie, hielt inne und blieb mit Blick zum Meer stehen. Die Sonne begann gerade am Horizont unterzugehen und warf den beiden ihr rötliches Licht entgegen. Wie sehr liebte Oscar diesen Anblick. Sie spürte, wie André ihre Hand drückte und schaute automatisch zu ihm. Richtig, er war nicht mehr in der Lage diesen Moment mit ihr zu sehen, aber sie hatte das Gefühl, er stände über dem, er könnte den Augenblick trotzdem genauso genießen wie sie und ihn mit ihr teilen. Sie fingen an den Strand entlang zulaufen. Schweigend, den weichen Sand unter ihren Füßen spürend, liefen sie nebeneinander. Es war alles gesagt, es gab nichts zu bereden, denn jeder wusste was der andere dachte, oder fühlte. War es nicht schon immer so gewesen? Diese Frage stellte sich ihr, wurde aber kurzerhand aus ihren Gedanken gestrichen, als zwei Möwen über den Strand flogen, Laute von sich gaben und somit ihre Aufmerksamkeit erregten. Sie lächelte. Genau jetzt hatte sie das Gefühl vollkommen frei zu sein, so wie die beiden Möwen vorbeigeflogen waren. "André, setzen wir uns einen Moment?", fragte sie nach einer Weile. Sie spürte, dass sie körperlich noch immer nicht ihre volle Kraft zurückerhalten hatte und zog es besser vor eine kleine Pause einzulegen. "Wie du möchtest..", antwortete er und setzte sich in den Sand. Oscar tat es ihm gleich und nahm neben ihm Platz. Die Sonne ragte jetzt nur noch ein bisschen hervor. Er hatte seinen Arm um sie gelegt und Oscar lehnte mit ihrem Kopf auf seiner Schulter und betrachtete die gleichmäßigen, sanften Bewegungen des Meeres. Die Stille wurde nur von diesem Rauschen unterbrochen, das in ihrem Kopf widerhallte - genauso wie der Schlag von Andrés Herz. Sie wusste, dass sie, so lange sie es schlagen hören könnte, es immer einen Grund zu leben geben würde. "Weißt du, ich habe heute Nacht geträumt, wir würden mit dem Pferd zusammen am Strand entlang reiten. So wie früher...", sagte sie mit leiser Stimme und schloss die Augen. Die Umgebung wirkte so beruhigend. Er sagte nichts. Er konnte sich die Situation genau vorstellen, die sie beschrieben hatte und diese zauberte ein Lächeln auf seine Lippen. "Das ist eine gute Idee, das nächste Mal reiten wir hier entlang." Sie nickte. Ihr Kopf wurde plötzlich immer schwerer und sie lehnte sich fester an ihn. Sie bekam gerade noch mit wie er ihr einen Kuss auf den Kopf gab. Sie fühlte sich auf einmal wie in Trance. Nur noch den Wind fühlte sie durch ihre Haare wehen und an ihrem Gesicht sanft vorbeistreifen. Dann siegte die Müdigkeit und auch der letzte Sonnenstrahl war am Horizont verschwunden. °~ Fin ~° Anhang: So, das war's also.. wow, ich hätte zu Anfang nich gedacht, dass die Story so lang werden würde..! Eigentlich wollte ich sie schon etwa ab Kapitel 10 abbrechen, weil mir der Nerv und die Zeit gefehlt hatten weiterzuschreiben. Aber als ich dann gemerkt habe, dass noch Interesse besteht, gab mir das irgendwie neuen Ansporn... also speziellen Dank an Kirra und den Rest von der Lady Oscar Homepage, die sich das ganze sogar immer übersetzen müssen!! O_o *das echt toll find* Bisher hatte ich mich immer davor gedrückt darüber nachzudenken, wie ich den Schluss schreiben sollte. Kirra gab mir da einige ihrer Ideen, worüber ich froh war. Weissu, ohne deine Hartnäckigkeit hätt ich aufgehört.. *gg* Ich hoff' alle sind mit dem Ende einverstanden.. hätte ich die beiden sterben gelassen wäre das zwar dramatisch gewesen, aber meine Fanfic hätte ihr Ziel verfehlt.. der Untertitel ist ja "Ihr Leben zu zweit". ^^° Dass Oscar völlig gesund werden würde war mir aber auch zu unwahrscheinlich.. immerhin hatten die damals ja noch gar keine Mittel dagegen und ich wollte realistisch bleiben.. also blieb nur so ein Ende! ^.~ Hoffe es hat euch gefallen.. ich glaub mir werden die ENS von Kirra fehlen, die mich immer wieder daran erinnern, dass ich doch weiterschreiben soll. Würd mich freuen, wenn ich trotzdem noch was von dir hören würde.. besonders was du jetzt vom Ende hälst! xD Hab euch lieb, bis dann! ^-^ *alle abknuddel, die das gelesen haben* *winkz* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)