Deep down von BurglarCat (grows our greatest strength) ================================================================================ Kapitel 7: doubt ---------------- 2023 - New York Das Mädchen schluchzte. Sie zitterte am ganzen Leid, man konnte die Angst förmlich durch den Bildschirm spüren. Sie war nackt. Sie saß auf einem Stuhl. Ihre Zähne schlugen unkontrolliert aufeinander. Jedoch nicht aus Kälte sondern aus purer Angst. Tränen liefen ihre Wangen hinunter, mischten sich mit dem Blut, welches ihr aus Mund und Nase drang. Mit den Händen klammerte sie sich an die Sitzfläche, verkramte sich immer wieder. Ihr Oberkörper wippte leicht vor und zurück, was die Kette im Hintergrund in Schwingungen versetzte. Augenscheinlich war das Mädchen nicht gefesselt, saß einfach nur da. Und doch führte die Kette zu ihrem Nacken hinauf und schien sie bei jeder Bewegung daran zu erinnern, dass sie noch da war. Ein Mann trat in den Bildausschnitt. Er war in schwarz gekleidet, während man sein Gesicht nicht erkennen konnte. „Du kannst gehen. Die Tür ist offen, siehst du? Wenn du das nicht willst, dann steh einfach auf und geh.“ Etwas herablassendes, gehässiges lag in seiner Stimme. Man konnte das Grinsen auf seinen Lippen förmlich hören, welches er vermutlich auf den Lippen trug. Das Mädchen reagierte nicht auf seine Worte, sie zitterte am ganzen Leib, starrte auf den Boden und versuchte sich möglichst klein zu machen. Man konnte förmlich erkennen, wie sie versuchte zu verschwinden und sich an einen anderen Ort wünschte. Einen Ort, den sie vielleicht nie wieder sehen würde. Der Schlag kam unerwartet und gleichzeitig nicht. Was dann geschah würde man nicht sehen. Das Video würde beendet werden. Die Lichter wurden eingeschaltet, so dass sich die Beteiligten im Raum wieder sehen konnten. Nami hielt den Blick auf den schwarzen Bildschirm gerichtet. Ihr war schlecht. Am liebsten würde sie aufstehen, aus dem Raum verschwinden. Hätte sie gewusst, auch nur geahnt, in was sie hineingeraten würde, dann hätte sie versucht nicht hier zu landen. Aron hatte geladen. Seine engsten Vertrauten, ein paar Partner und Nami. Er hatte von einer Erweiterung des Geschäftszweiges gesprochen. Bisher war sein Brodel das, was im wesentlichen seine Geschäfte trug. Kleinere Drogengeschäfte kamen sicherlich auch vor und sie ging davon aus, dass er auch ihre Passe verkaufte. Geldwäsche geschah über den Laden durch die Gefälschten Scheine, die durch Nami nach und nach in Umlauf gebracht wurden. Doch das, was sie nun gesehen hatte war eine ganz andere Dimension. Menschenhandel. Menschenhandel in seiner abscheulichsten Dimension. Missbrauch in jeder Form für den die Mädchen und Frauen zur Verfügung gestellt werden sollten. Schon immer war ihr klar gewesen, dass auch sie ihre Hände in schlimmen Dingen drin hatte. Doch wie schlimm? Nein. Das war durchaus etwas das ihr in dieser Form das erste Mal vor Augen geführt worden war. „Wie allen anwesenden bekannt sein sollte, wurde unsere letzte Lieferung aufgegriffen und die Polizei schaut sich derzeit alles genauer an. Das wird uns in unserem Zeitplan etwas zurückwerfen, doch ich habe nicht vor weiteres Geld durch diesen unglücklichen Zwischenfall zu verlieren.“ Es war ein Geschäft. Nichts weiter. Niemand in diesem Raum schien sich von dem geschehen irgendwie beeindruckt zu sehen. Für diese Männer war das Geschäft mit dem Leid und dem Schmerz von jungen Frauen alltäglich und etwas völlig normales. Etwas, zu dem sie jedes Recht der Welt hatten. Nami wusste, dass sie ihre Betroffenheit, die Wut, den Ekel. Nichts von all diesen Emotionen zeigen durfte. Sie steckte mitten drin und Schwäche oder gar der Verdacht, dass sie sich gegen Aron stellen könnte, könnte sie ganz schnell auf diesen Stuhl bringen. Sie oder jemanden den sie liebte. „Das wichtigste für uns ist, dass unsere Ware in einwandfreiem Zustand ist, wenn sie hier ankommt und wir sie zum Verkauf freigeben. Wir können also nicht irgendwelche Mädchen von der Straße holen. Zumal ich keine Lust darauf habe mich mit den hiesigen Zuhältern zu befassen.“ Leises lachen im Raum. „Wir haben einen Kontakt. Er arbeitet mit Waisenhäusern und Schulen in Mexico zusammen. Wir können also den Landweg nutzen. Was kein Problem ist, da sie alle gültige Pässe und die entsprechenden Visa haben werden.“ Nami konnte spüren, wie die Blicke auf ihr ruhten. Sie sah allerdings auf den Bildschirm und biss die Kiefer zusammen. Bisher war es darum gegangen eine Arbeitserlaubnis zu fälschen. Seinen Leuten andere Identitäten zu geben, für sie Pässe zu fälschen. Falschgeld in Umlauf zu bringen. Nun sollte sie diesen Mädchen ein Ticket in die Hölle ausstellen. „Oder gibt es dabei ein Problem?“ Ihre Augen gingen langsam zur Seite. Nami betrachtete ihn schweigend. Die Art wie er Sprach, was er sagte, wie er es sagte, es war eine einzige Drohung. Sie musste sich zusammenreißen! „Bei Personen die aus Mexiko kommen werden die Papiere grundsätzlich besonders streng geprüft. Wir wissen alle wie die Grenzkontrollen laufen und das darauf geachtet wird, dass niemand ins Land kommt, der hier nicht sein sollte. Präzise und fehlerfreie Arbeit ist dabei absolut notwendig. Das bedeutet nicht nur, dass ich die richtigen Informationen brauche sondern es muss klar sein, dass ich nicht innerhalb von 24 Stunden fehlerfreie Dokumente ausstellen kann. Spontane Planänderungen werden nicht funktionieren. Ich brauche Vorlauf, um zu gewährleisten, dass wir ohne Probleme durch die Grenze kommen.“ „Wie viel Vorlauf?“ „Es kommt immer auf die Anzahl an. Von wie vielen Pässen sprechen wir pro Tour? Wobei.. eine Woche das mindeste ist, was ich bekommen muss.“ Eine Woche Vorlauf. Er konnte die Mädchen immerhin nicht mit Bussen auf die andere Seite bringen. Das würde auffallen es sei denn er verkaufte es als Klassenfahrt oder Schüleraustausch. Nami wusste nicht wie genau er es anstellen wollte, sie wusste nicht warum er sich nicht einfach irgendeinen anderen, illegalen Weg suchte. Aber vermutlich glaubte er, dass es ihn so mehr absichern würde. Und Aron liebte es zu zeigen, dass er etwas besseres war. Die Mädchen direkt unter dem Auge des Gesetzes ins Land zu bringen gab ihm vermutlich den gewissen Kick auch, wenn er wohl selbst kaum beteiligt sein dürfte. Er blickte sie schweigend an, nickte dann aber. „Die Vorbereitungen laufen, wir wollen trotz allem ein wenig Gras über alles wachsen lassen. In zwei Wochen geht es los, bis dahin erwarte ich, dass alle ihre Aufgaben kennen und bereit für die Umsetzung sind. Ich erwarte, dass es diesmal ohne Zwischenfälle laufen wird. Bis wir den Hafen wieder nutzen können wird das unser neuer Weg sein.“ Als Übergang. Er wollte sicherlich auch eine andere Auswahl an Mädchen liefern, um bestimmte Vorlieben abdecken zu können. Nami wollte sich nicht vorstellen was genau das bedeutete und wie weit das alles wirklich ging. Wollte er einen Club eröffnen in dem Gewalt uns Missbrauch okay war? Wollte er die Mädchen zu hörenden Preisen einfach weiterverkaufen und mit diesem Handel ein Geschäft eingehen? Vielleicht beides. Vielleicht etwas ganz anderes. Doch am Ende war es durchaus irrelevant, denn dort stand das Schicksal dieser Mädchen und das würde in der Regel im Tod enden. Früher oder später würden sie daran zugrunde gehen. Körperlich oder mental spielte wohl kaum eine Rolle. Aron begann die einzelnen Rollen zu verteilen. Archer, Ray und Octa würden die Fahrer sein. Es gab einen Arzt, den Nami bisher noch nie gesehen hatte und der wohl dafür sorge trug, dass die Mädchen möglichst lange am Leben erhalten wurden. Ein Partner, der den Kontakt zu Mexico hatte und sich um die Logistik kümmern würde. Dann noch jemand, der sich hier in der Stadt um alle wichtigen belange kümmern und Aron berichten würde. Es war ein kleines Team, wenig Menschen die involviert waren und an den passenden Stellen hatte er diejenigen platziert, denen er entweder blind vertraute oder, deren Loyalität er sich erzwungen hatte. Letzteres traf auf Nami zu, denn was hatte sie schon für eine Wahl? Sie würde ihre Schwester mit jedem falschen Schritt in Gefahr bringen und sie vertraute der Polizei zu wenig, als das sie wirklich geglaubt hätte, dass diese sich wirklich einmischen würden. Hinzu kam, dass Aron selbst dort seine Finger im Spiel hatte, seine Kontakte pflegte und sie sich nicht einmal sicher sein könnte an wen sie sich wenden sollte ohne, dass es postwendend bei ihm landen würde. Doch dieses Spiel einfach mitspielen? Diese Mädchen wissentlich in die Hölle schicken? Ihr Blut würde auch an Nami’s Händen kleben, denn sie würde mit ihrer Arbeit einen wesentlichen Beitrag zu dieser Sache leisten. Sich einzureden, dass sie nichts damit zu tun hätte wäre daher absolut illusorisch. Naiv. Was sollte sie jetzt tun? Diese Frage drängte sich ihr unaufhörlich auf, so dass es fast schon unmöglich war diesem Gespräch weiter zu folgen und sich auf die Anweisungen zu konzentrieren, die Aron da herunterbetete. Hier ging es nicht darum sich abzustimmen. Er delegierte und sie hatten es einfach umzusetzen so, wie er es sich in seinem tollen Plan vorstellte. Und wenn es nicht möglich war? Dann mussten sie einen Weg finden, um es möglich zu machen. So einfach war das. Nur, dass es für sie nicht einfach war. Nicht in dieser neuen Situation, die hier auf den Tisch gelegt worden war. „An die Arbeit. Ich will keine Fehler mehr erleben.“ Etwas das noch einmal betont wurde, bevor Aron sie entlassen würde. Nami kam zurück ins hier und jetzt. Sie blinzelte und sah dabei zu, wie die Männer sich erhoben, um sich an die Arbeit zu machen. Davon hatten sie alle sicherlich genug auf dem Tisch und so würde auch Nami sich erheben. Sie müsste sich erst einmal in Ruhe und mit etwas Abstand ordnen, was auch bedeuten würde einen Überblick darüber zu bekommen was genau nun getan werden musste, welche Materialien sie brauchten und, um welche Sicherheitsstandarts sie sich zu kümmern hatte. Man würde sie vermutlich mit den entsprechenden informationen füttern, davon ging sie aus. Dennoch würde sie diese prüfen und genauer betrachten müssen. Denn darauf vertrauen, dass man ihr das richtige liefern würde? Nein. Denn am Ende würde sie die Verantwortung tragen, sollte bei all dem etwas schief gehen. Es war alles doch eher fragwürdig und noch immer fragte sie sich, wie sie bei all dem einfach blind mitmachen sollte. Doch was hatte sie für eine Wahl? Man hatte immer die Wahl. Ihre Schwester hatte ihr das einmal gesagt und sicherlich hatte sie Recht. Es war immer eine Entscheidung die man traf auch, wenn man glaubte keine Wahl zu haben. Meistens lag es doch eher daran, dass man nicht bereit war mit den Konsequenzen zu leben. Und wenn Nami bedachte, was die Konsequenzen für sie bedeuten würden, dann war das schlichtweg noch einmal eine ganz andere Sache. Nein. Sie konnte mit diesen Konsequenzen nicht leben. Niemals. „Nami“, wandte sich Aron an sie und hinderte sie damit daran zu gehen. Er machte eine leichte Handbewegung, um sie zu sich zu winken. Etwas dem sie schweigend nachkam. Dabei verschränkte sie die Arme vor der Brust und würde sich an die Tischkante neben seinem Platz lehnen, um zu ihm hinunter zu blicken. Auf Grund seiner Größe war das allerdings nicht weiter relevant. Sie befanden sich fast auf Augenhöhe. „Hast du irgendein Problem mit dem, was wir hier tun werden?“ „Warum sollte ich ein Problem damit haben? Es ist mir egal, wie du dein Geld machst.“ Das war es durchaus nicht. Aber was sollte sie ihm denn auch sagen? Er erwartete ja wohl nicht, dass sie sich nun offiziell gegen ihn stellte und klar machte, was sie wirklich von all dem hielt. „Ich kenne dich, etwas geht in deinem hübschen Kopf vor sich“, gab er zu bedenken und musterte sie eingehend. Das war wohl eine offensichtliche Sache, doch Nami würde ihn einfach nur schweigend ansehen und abwarten. Wenn er etwas zu sagen hatte, dann sollte er es tun. Alles weitere interessierte sie in diesem Moment nicht. Sie hatte andere Probleme als das. Für einen Moment begegneten sie sich schweigend, bevor er durchatmete und schüttelte den Kopf. „Wie dem auch sei, ich hoffe es ist klar, dass ich keine weiteren Fehler dulde. Diese Sache ist zu groß und zu wichtig. Ich erwarte schnelle und präzise Arbeit. Und sollte etwas dabei schief laufen, dann werde ich dich dafür verantwortlich machen, haben wir uns verstanden? Ich muss dir wohl kaum erklären, dass deine Schwester die erste ist, die ich mir dann vorknöpfen werde, oder?“ „Schon klar, ich weiß wie es läuft.“ Sie versuchte sich möglichst gelassen zu geben auch, wenn das angesichts der Umstände durchaus nicht einfach war. Aber es war das mindeste, was man im Kontakt zu jemandem wie Aron tun musste, um nicht gleich unterzugehen. „Ich verlasse mich darauf.“ Er machte eine wischende Handbewegung. Wohl als Zeichen, dass sie gehen konnte und das würde sie dann auch tun. Es war ziemlich klar was die Voraussetzungen für die nächsten Wochen waren und es war klar, dass die Arbeit nur mehr werden würde. Bisher hatte sie es geschafft sich immer wieder aus diesem Leben, dieser Welt, herauszuziehen. Doch je mehr man sie hier verpflichten würde, umso weniger Chancen hatte sie darauf aus all dem heraus zu kommen. Sie konnte förmlich spüren, wie der Sog stärker wurde, der sie immer weiter mit sich riss. Würde sie nicht aufpassen, dann würde sie irgendwann gar nicht mehr aus all dem herauskommen. Bereits jetzt schien es unvorstellbar zu sein, wie genau das funktionieren sollte und Nami hatte keine Vorstellung davon, wie es weiter gehen sollte. Sie würde sich abwenden und den Raum verlassen. Durchatmen. Einen kühlen Kopf bewahren. Das letzte was ihr nun half war, in Panik zu verfallen. Ein Umstand über den sich Nami durchaus im klaren war. Wie man angesichts dieser Umstände allerdings nicht in Panik verfallen sollte, das war ihr durchaus ein Rätsel. Wie sollte sie das schaffen? Tief atmete sie durch, machte sich auf den Weg zu ihrem Atelier. Zwar hatte sie noch keine Konkreten Informationen zu den Mädchen, keine Fotos oder andere Daten aber dennoch konnte sie sich an die Vorbereitungen machen. Ein Ausweis war eine heikle Sache und musste durchaus gut gemacht sein. Gemessen daran wie strickt die Sicherheitsbestimmungen waren und wie genau man bei diesen Mädchen hinschauen würde. Perfektion war das minimum, welches Nami erreichen musste in ihrer Arbeit. Und, ob das reichen würde? Als Fälscherin musste sie sich ständig weiterentwickeln, musste den ganzen Bestimmungen immer einen Schritt voraus sein und sich neue Tricks ausdenken. Es war ein Katz und Maus spiel. Sie begab sich in ihren Raum, atmete tief ein. Sie roch Lösungsmittel, verschiedene Farben. Eigentlich handelte es sich hier um einen wunderbaren Ort. Für jemanden, der die Kunst liebte und damit etwas anfangen konnte. Ein Traum, der für Nami jedoch immer ein Albtraum gewesen war. Ein Gefängnis. Freiheit hatte sie hier nie verspüren können. Der einzige Trost, den sie hatte war wohl, dass das hier ihr räum war. Aron und seine Volkschaft konnte mit all dem nichts anfangen. Sie tauchten nur dann auf, wenn sie etwas von Nami wollten, doch ansonsten konnte sie sich darauf verlassen hier ihre Ruhe zu haben. Mit einem seufzen würde sie ihren Blazer ablegen und die Ärmel ihrer Bluse hochkrempeln. Das mindeste, was sie tun konnte, war die Materialien noch einmal ordentlich zu reinigen, um dafür zu sorgen, dass sie sofort mit der eigentlichen Arbeit beginnen konnte, wenn die Informationen herein kamen. Zum anderen war es auch einfach schrecklich beruhigend. Es half Nami dabei sich zu sammeln, zu entspannen und zu sich zu finden, wenn es sein musste. Die Gedanken ordnen, sich beruhigen. Das waren die wesentlichen Dinge, die es brauchte. Nicht nur, dass sie sonst keine Lösung finden würde, nein. Sie würde auch schlechte Arbeit machen und so oder so würde es sie in Teufels Küche bringen. Sie suchte das passende Lösungsmittel heraus, ein paar Lappen und würde dann die Treppe zu einem weiteren Raum hinunter gehen. Während sie oben die Feinarbeit machte, sich um Farben, Papiere und Schrift kümmerte, standen hier unten die passenden Drucker. Mit dem nötigen Geld konnte man fast alles bekommen und Aron hatte sicherlich seine Quellen. Nami hinterfragte es auch nicht, immerhin war es das mindeste, was sie brauchte. Das Papier, die passenden Farben, die wichtige Technik. Das war ihre Sorge. Die Reinigungsutensilien würde sie neben den Drucker stellen und dann beginnen die Maschine auseinander zu bauen. Kein handelsüblicher, kleiner Drucker für den Hausgebrauch. Das Ding war etwas größer. Im Vergleich dazu waren die Maschinen für die Bindung und den Schnitt deutlich handlicher. Wobei es hier auch nicht darum ging in eine Massenproduktion gehen zu können. Es reichte völlig aus, was sie hier hatte. Leider. „Hier bist du.. du arbeitest schon?“ Nami blickte auf. Sie hatte nicht gehört, wie Octa den Raum betreten und nun zu ihr hinunter gekommen war. Er sah sich prüfend um. Bereits einige Male hatte Nami versucht ihm zu erklären, wie es funktionierte, da er sie gefragt hatte. Ob er inzwischen verstanden hatte, wagte sie allerdings zu bezweifeln. „Vorbereitungen. Wann kann ich mit den Informationen rechnen?“ „Kann ich dir nicht sagen. Du weißt, dass das Ray’s Aufgabe ist.“ Durchaus. Die drei verwalteten die verschiedenen Bereiche, die an das Pearl angegliedert waren. Menschenhandel, Prostitution und der Stripclub. Jeder Bereich hatte seine ganz eigene Aufgabe, seinen ganz eigenen Schwerpunkt, der die Maschinerie am laufen hielt. Sie bedingten sich gegenseitig, wobei der Stripclub wohl noch der legalste Bereich des ganzen war. Der Bereich, der Octa unterstellt wurde. Ein Umstand, der meistens dafür sorgte, dass Ray und Archer ihn eher belächelten. Vielleicht, weil es für sie aussagte, dass Aron ihm nicht mehr Verantwortung oder die härteren Aufgaben geben wollte. Etwas das Nami durchaus nachvollziehen konnte. Von den dreien war Octa noch der vernünftigste. Der, der noch nicht völlig abgestumpft zu sein schien. „Was kann ich dann für dich tun?“ „Ich brauche ein paar Dokumente für die Hygiene Aufsicht.“ „Warum kommst du damit zu mir? Der Laden ist sauber, du würdest die Dokumente ohne weiteres auf legalem Wege bekommen.“ Das einzige was wirklich zu laufen schien. Die Arbeitsbedingungen schienen okay, er achtete darauf, dass der Laden sauber war und auch sonst gab es nichts daran auszusetzen. Im Grunde war es der einzig legale Teil, den Aron unter sich hatte. Octa schwieg auf ihre Frage hin und Nami ließ schließlich ihre Arbeit auf sich beruhen. Sie musterte den großen Kerl, der wie immer schrecklich unbeholfen wirkte. Wieder einmal fragte sie sich, wie er dazu gekommen war, für Aron zu arbeiten. Aus Nami’s Sicht ergab das absolut keinen Sinn. Er passte in all das genauso wenig hinein, wie sie. „Bist du okay? Du warst vorhin ziemlich blass um die Nase.“ „Natürlich bin ich okay. Ist doch ein fantastischer Plan, den er ausgearbeitet hat.“ Ihr Antwort war sicherlich zu schnell gekommen. Doch es war ein Reflex. Sie durfte nicht durchblicken lassen, wie sie wirklich zu all dem stand, durfte niemandem zeigen, wie sie sich wirklich fühlte. An Octa’s zweifelndem Blick erkannte sie allerdings, dass sie es diesmal wohl doch ein wenig übertrieben hatte. Immerhin war es ein offenes Geheimnis, dass Nami nicht viel von Aron hielt. Wie sollte sie auch? Sie hatte sich immerhin nie freiwillig und voller Freude dazu entschieden für ihn zu arbeiten. Man hatte ihr nie eine Wahl gelassen. „Kommt überraschend, dass wir auf einmal diesen Weg einschlagen. Ich dachte es würde bisher nur seinem privaten Vergnügen dienen?“ „Du meinst Mädchen aus armen Verhältnissen in die Prostitution zu zwingen?“ "Nein." Nein. Natürlich nicht. Sie wussten beide, was man besprochen hatte. Mädchen zu verkaufen, um sie Soziopathen zur Verfügung zu stellen, die frei über sie verfügen konnten. Der Tod dieser Mädchen wäre am Ende vermutlich das gnädigste, was ihnen widerfahren konnte. Stattdessen würden Folter und Missbrauch ihren Alltag, den Rest ihres Lebens bestimmen. Das zumindest war es was man ihnen gezeigt hatte und vielleicht waren die wirklichen Abgründe noch viel tiefer. Nami konnte und wollte sich all das nicht wirklich vorstellen. Was er ihr hier allerdings sagte war, dass es bisher bereits unter diesem Dach stattgefunden hatte. Mehr als das. Wer wusste schon, was Aron in seinem privaten Trakt dieses Hauses trieb. Die Vorstellung, dass dort Mädchen gefangen gehalten wurden, die dazu dienten seinen sadistischen Phantasien Abhilfe zu verschaffen, war nicht einmal überraschend. „Er wird nie aufhören können mehr zu wollen. Er hält sich für klüger und besser als die Behörden und irgendwann wird er uns alle damit in den Abgrund stürzen.“ Was war auch falsch daran seine kleinen, kriminellen Machenschaften weiterzuführen? Aron hatte ein gutes Leben. Die Geldwäsche, der Club und die anderen Aktivitäten beschafften ihm gutes Geld. Nur, dass es eben nie genug war. Vielleicht war es ihm bisher gelungen die Polizei nicht auf seine Spur zu bringen. Doch wie lange würde es noch so weitergehen? Wenn das ganze größer wurde, dann wuchs damit auch ungleich die Möglichkeit, dass man auf sie aufmerksam werden würde. Und wenn sie einmal auf dem Radar auftauchten, dann war es nur sehr schwer wieder von diesem zu verschwinden. „Vielleicht. Wenn du etwas brauchst..“ „Informationen für die Ausweise. Fotos. Und das zeitnah aber da das nicht in deiner Verantwortung liegt..“ Sie zuckte mit den Schultern und wandte sich wieder der Maschine zu. Auch hier war ihr bewusst, dass er nicht das gemeint hatte. Er hatte von etwas ganz anderem gesprochen, doch wie sollte sie damit umgehen? Sie war sich sicher, dass dieses Haus Ohren besaß und selbst, wenn Nami wollte, sie konnte das nicht ändern. Er schwieg, sah sich um. Dabei trat er an eine der Maschinen heran und beugte sich etwas darüber, als wolle er sie genauer unter die Lupe nehmen. Nami beobachtete ihn aus dem Augenwinkel. „Es wird schon gut gehen. Vermutlich wird er bald die Lust daran verlieren. Er hat uns gesagt, dass er nur etwas Abwechslung braucht und mal etwas neues probieren will. Keine große Sache.“ Ob er das wirklich glaubte? Nami war sich nicht sicher aber sie selbst glaubte es zumindest nicht. Manchmal war Octa durchaus zu gutgläubig. Einmal hatte sie ihm einen 11$ Schein unter die Nase gehalten und behauptet, dass der Schein so echt war, dass sie damit überall bezahlen konnte. Natürlich war der schein eine perfekte Fälschung gewesen. Zumindest wenn es um Papier und Technik ging. Allerdings war wohl kaum anzunehmen, dass jemand einen solchen Schein angenommen hätte. Octa zumindest hätte es getan und war hellauf begeistert gewesen. Sammlerstück hatte er es genannt und ihr den Schein abgekauft. Sie wusste, dass das Ding bei ihm eingerahmt an der Wand hing und einen Ehrenplatz erhalten hatte. Warum auch immer, denn wirklich einordnen konnte sie es noch immer nicht. Jedoch zeigte es für Nami nur, dass er durchaus anders drauf war, das da noch ein anderer und sehr guter Kern in ihm steckte. „Vielleicht hast du recht.“ Vielleicht. Doch wenn sie ehrlich war, dann glaubte Nami nicht daran. Aus ihrer Sicht war das eine ganz miese Sache. Und sollte es wirklich so funktionieren, wie er es plante, dann war das eine Goldgrube, die Aron nicht einfach so wieder zuschütten würde. So lief es nun einmal nicht, so war es noch nie gelaufen. Ganz abgesehen davon, dass er viel zu viel Freude daran hatte zu beweisen, dass er der Beste war. Ob er das nun war, war einmal dahingestellt, doch Nami wollte sich nicht auf eine wage Hoffnung verlassen. Sie musste realistisch bleiben, damit sie mit all dem zurechtkommen würde. „Gut dann.. wenn du nichts brauchst, dann machte ich mich auch wieder an die Arbeit. Du weißt ja, wo du mich findest.“ Wusste sie, durchaus. Früher war sie öfter im Club gewesen, sie mochte die Stimmung dort. Und doch war inzwischen eher etwas zu dem sie Abstand nahm. Aus verschiedenen Gründen sicherlich. „Ja, wir sehen uns.“ Noch einmal würde sie von ihrer Arbeit aufblicken und ihm nachsehen, als er sich umwandte und dann verschwinden würde. Nachdenklich schürzte Nami die Lippen. Sie wusste nicht, ob sie es wirklich wagen könnte ihm zu vertrauen und sein Angebot anzunehmen. Doch was sollte das schon sein? Egal was Octa denken mochte, auch er würde sich niemals gegen Aron stellen. Ebenso wenig, wie Nami es am Ende tun würde. Ob nun aus Freundschaft, Loyalität oder anderen Gründen war dabei durchaus unerheblich. Es zählte nur, dass auch er nichts tun könnte, um ihr aus all dem herauszuhelfen. Er konnte Aron’s Zorn nicht abwenden, konnte ihre Schwester nicht beschützen. Und wenn all das nicht gegeben war, was sollte Nami dann tun? Sie war dem ausgeliefert und so sehr sie seine Geste zu schätzen wusste, so wenig war sie am Ende des Tages doch wert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)