Deep down von BurglarCat (grows our greatest strength) ================================================================================ Kapitel 3: relaxation --------------------- 2023 - New York „Ärger beim Job?“ „Wie kommst du denn darauf?“ Nami blickte ihr Gegenüber ausdruckslos an und schob sich dann auf den Hocker vor der Bar, um es sich dort gemütlich zu machen. Im Hintergrund lief entspannte Jazzmusik, kleine Gruppen saßen beieinander und führten leise Gespräche. Nur wenige waren alleine hier. Das gedämpfte Licht erzeugte eine entspannte Atmosphäre und es war genau das, was Nami an diesem Abend brauchte, um runterzukommen. Ihre Optionen waren auch nicht weit gestreut gewesen. Ihre Schwester hätte ihr an der Nasenspitze abgelesen, dass etwas nicht stimmte und ihre Mitbewohnerin hätte sie mit ihrem Optimismus und ihrer guten Laune erschlagen. Und so war Nami nur kurz zu Hause gewesen und war dann mit einem Uber hierher gefahren. Ein Drink, Abstand. „Du bist selten hier und du trinkst nur dann, wenn du Stress hast.“ Da konnte sie wohl nicht Wiedersprechen. Es war genau das. Nami konnte es nicht leiden die Kontrolle zu verlieren und wenn sie trank, dann diente es einzig und alleine der Entspannung und niemals dazu sich wirklich zu betrinken. Entsprechend war sie auch limitiert in dem, was sie überhaupt gerne trank und wenn sie hier war, dann war es meistens ein Cocktail. Angel’s Best. Eben jener wurde ihr dann auch einfach zubereitet. Orangensaft und Orangenlikör fanden sich mit anderen Zutaten in einem Glas zusammen und wurden noch hübsch dekoriert. „Ich weiß.. keine Fragen zu deinem Job aber vielleicht solltest du mal darüber nachdenken, dass genau das das Problem daran ist?“ „Sagst du mir das als meine Freundin oder als meine Ex?“ Nami’s Blick zuckte von dem Glas hinauf zu der anderen. Ihre Haare waren in einem dunklen Violet gefärbt und zu einem Bob geschnitten. Die wachsamen Augen beobachteten jede ihrer Bewegungen, doch daran störte sich Nami nicht weiter. Sie konnten beide nicht aus ihrer Haut. „Beides. Denn in beiden Fällen ist es ungesund.“ Eine Aussage, die Nami so nicht unterschreiben würde. Denn natürlich war es in einer Freundschaft weniger schädlich, als in einer Beziehung, wenn über gewisse Dinge nicht gesprochen wurde. Sie hatten es erlebt. Als ihre Partnerin hatte Carina diese Geheimnisse und das Schweigen irgendwann nicht mehr ertragen und hatte einen Schlussstrich gezogen. Etwas das vielleicht eher daran gelegen hatte, dass es offensichtlich gewesen war, dass etwas nicht stimmte. Und weniger daran, dass sie von Nami detaillierte Antworten erwartet hätte. Doch Nami bewegte sich nun einmal in Kreisen, die zum einen nicht ungefährlich waren, zum anderen auch immer wieder neue Probleme mit sich brachten. Sie hatte sich davon nicht einschränken lassen wollen. Nami wollte ein normales Leben führen und doch schien genau das nicht möglich zu sein. Seit Carina hatte sie keine tiefere Beziehung mehr gehabt und sich lediglich auf kurze Geschichten konzentriert. Nichts ernstes. Keine Verpflichtungen. „Welcher Job ist nicht manchmal stressig und anstrengend?“ „Es geht weniger um den Stress als darum, dass es dir offensichtlich nicht gut damit geht.“ Nami setzte an, um etwas zu erwidern, doch da wandte sich die andere bereits ab und schlenderte hinter der Bar zu einer anderen Kundin, die etwas bestellen wollte. Es war vielleicht auch besser, wenn sie dieses Gespräch nicht weiter vertiefen würden. Denn wäre Nami einmal ehrlich zu sich selbst, dann würde sie zugeben müssen, dass Carina recht hatte. Doch da sie so oder so nichts an ihrer Lage ändern konnte, warum sollte sie sich weiter Gedanken darum machen? Das erschien ihr doch eher eine Zeitverschwendung zu sein. Sie konnte eben nicht einfach kündigen und sich einen neuen Job suchen. Eine Kündigung bedeutete in ihren Kreisen meistens dort zu landen wo ihre schwächsten Glieder der Kette arbeiteten oder direkt eine Zielscheibe auf den Rücken gemalt zu bekommen. Beide Fälle ersann Nami nicht wirklich als erstrebenswerte Zukunft für sich. Sie war einen Handel eingegangen und an diesem ließ sich nichts ändern. In den engen Grenzen, die ihr gesetzt waren, versuchte sie das beste aus ihrer Situation zu machen und doch stand fest, dass ein normales Leben unter diesen Umständen einfach nicht möglich war. Meistens kam sie gut damit aus, es hätte sie schlechter treffen können. Und doch gab es Tage wie diesen, wo ihre Nerven einfach blank lagen. Wo er mit ihren Ängsten spielte. Und Nami hatte Angst. Sie hatte Angst ihre Schwester zu verlieren, das er ihr schaden und sie doch wieder zurück in diesen Abgrund ziehen würde. Vielleicht auch, dass Nojiko das wahre Ausmaß dessen erfahren könnte, was Nami wirklich tat. Bisher war das etwas, das sie von ihrer Schwester fern gehalten hatte, damit sie sich keine Sorgen machen musste. Abgesehen davon, dass sie es auch nicht wollen würde. Sie hätte all dem niemals zugestimmt, wenn Nami ihr die Wahrheit gesagt hätte. Stattdessen glaubte ihre Schwester, dass Aron unter der Bedingung locker gelassen hatte, dass Nami ab und an bei ihm war und mit ihm einen auf heile Familie machte und seine Partner ab und an mit ihrem Talent beeindruckte. So oder so ähnlich zumindest hatte sie ihr das verkauft. Ob ihre Schwester es allerdings wirklich glaubte oder lediglich gute Miene zum bösen Spiel machte, das vermochte Nami nicht zu sagen. Für einen Moment schloss sie die Augen und musste sich selbst ermahnen diesen Gedanken heute keinen Platz mehr zu geben. Heute nicht mehr. Morgen konnte sie sich sorgen machen aber jetzt sollte sie lieber ihren Drink genießen. Und so hob Nami das Glas an die Lippen und würde den ersten Schluck über die Zunge gleiten lassen. Sie schmeckte den Orangensaft und kurz darauf die schärfe des Likörs. Eine wunderbare Mischung, die ihr wenig später ein warmes Gefühl in der Magengegend bereitete. Gut, dass sie wenigstens eine Packung instant Nudeln gegessen hatte, bevor sie weitergezogen war. Auf nüchternem Magen würde das heute sonst wohl kein langes Vergnügen werden. Langsam würde sie den Blick schweifen lassen und sich die Frauen in der Bar ansehen. Diejenigen, die in Begleitung da waren, warne nicht von Interesse. Doch es gab auch genug andere, die sich wie Nami alleine hierher verirrt hatten. Und während die einen offensichtlich ihre Ruhe wollten, blickten sich andere ebenso neugierig um, wie sie es tat. Ob es dabei nur darum ging sich die Zeit zu vertreiben oder, ob die ein oder andere selbst auf der Suche nach Ablenkung war blieb dabei offen. Man würde es nur herausfinden, wenn man das Gespräch suchen würde. Jedoch war Nami auch da eher vorsichtig. Ihr Augenmerk lag in erster Linie auf etwas unkompliziertem. Sie suchte weder eine neue Beziehung noch eine andere Form von Drama. Es war also Menschenkenntnis gefragt, denn sie konnte kaum durch die ganze Bar schleichen und bei einem Fehlschlag eine neue Frau ansprechen. Das konnte man in einem Club machen, wo niemand auf den anderen achtete, doch nicht in einer solchen Bar. Sie hatte einen Versuch. Noch einmal nippte sie an ihrem Cocktail und würde die potentiellen Frauen ein wenig genauer unter die Lupe nehmen. Sie betrachtete eine junge Frau, das braune Haar fiel ihr ins Gesicht, so dass sie verstohlen zwischen den einzelnen Haarsträhnen hindurchblickte und man ihr förmlich ansehen konnte, wie unsicher sie war. Wie ein verschrecktes Reh, welches sofort verschwinden würde, wenn nur zu viel Licht auf es fallen würde. Nein. Das würde nicht funktionieren. Diese Sorte Frau kannte Nami, sie hatte es versucht und es war jedes Mal gescheitert. Nami brauchte eine Frau, die ihr auch etwas entgegensetzen konnte und nicht alles zufrieden abnicken und annehmen würde. Langsam wanderte ihr Blick weiter und noch einmal wurde der Cocktail an die Lippen gehoben, um einen Schluck zu trinken. Weiter hinten saß noch eine Frau, doch die Zornesfalte zwischen ihren Brauen und das angespannte Gesicht zeigten davon, dass diese Begegnung wohl eher schwierig werden könnte. Und da Nami heute nicht mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten wollte wäre auch diese raus aus dem Rennen. Es ging weiter. Die nächste war schlichtweg nicht ihr Typ. Wobei Nami vielleicht keinen richtigen Typ Frau hatte, jedoch konnte sie es anders nicht beschreiben. Bei manchen Menschen spürte man einfach ein Interesse, eine Anziehung und bei anderen nicht. Ob das nun an einem Typ lag oder an anderen Dingen war dabei wohl erst einmal egal. Immerhin brachte sie auch das für diesen Abend nicht weiter. Etwas resigniert würde sie den Blick wieder auf ihren Drink richten und die Eiswürfel ein wenig hin und her schieben. Vielleicht war heute einfach nicht ihr Tag und sie sollte sich damit abfinden anstatt sich weiter zu quälen. „Willst du darüber reden?“ Carina war wieder zu ihr zurück gekommen und beschäftigte sich damit ein paar Gläser zu trocknen, die sie gerade abgespült hatte und die anschließend wieder ihren Weg in das Regal hinter ihr finden würden. Das es bei ihr allerdings nicht nur Show war erkannte man alleine schon daran, dass sie bedeutend schneller arbeitete, als die meisten Barkeeper, die man aus Filmen kannte und bei denen man den Eindruck bekam, dass Gläser polieren in der Jobbeschreibung stehen musste. „Ist einfach beschissen, wenn du für die Fehler anderer verantwortlich gemacht wirst und dir dann mit Sanktionen gedroht wird“; fasste sie es ruhig zusammen. So konnte man es umschreiben ohne auf die Details zu achten und am Ende wollte sie Carina auch nicht vor den Kopf stoßen. Sie beide hatten zwar ihre Differenzen und mochten als Paar nicht funktioniert haben, doch sie war froh darum sie in ihrem Leben zu wissen. Als Freundin und Menschen, dem sie vertrauen konnte. „Warum kündigst du nicht einfach? Ich weiß, es ist nicht so einfach, das hatten wir schon. Aber ganz ehrlich.. auch ohne das du mir etwas sagst weiß ich, dass dich dieser Job krank macht und man dich nur wie Dreck behandelt.“ „Hätte ich eine Wahl, dann würde ich es tun.“ Hatte sie aber nicht. Und das Carina das nicht verstehen konnte, das niemand das verstehen würde, ja das verstand Nami auch. Doch was würde es ihr bringen? Inzwischen steckte sie selbst viel zu tief drin und das letzte worauf sie scharf war, war ein Aufenthalt in einem Gefängnis. Weggesperrt für Jahre? Nein. Das würde sie nicht überstehen, das konnte sie einfach nicht. Als sie den Blick hob konnte sie deutlich die Sorge im Blick der anderen erkennen. Nami wusste darum, doch sie beide wussten auch, dass es besser war, wenn Carina dieses Gespräch jetzt nicht weiter verfolgen würde. Diese unausgesprochene Grenze hatten sie früher zu oft überschritten und es hatte ihnen beiden nicht gut getan. Und so würden sie diese Grenze zumindest heute wahren und sich nicht weiter damit befassen. Nami hoffte darauf aber sie konnte Glück haben, immerhin musste Carina arbeiten. Sie beobachtete, wie die andere ein Glas wegstellte, sich das Handtuch in die hintere Hosentasche klemmte und dann die Bar entlang ging. Nami saß recht mittig. Links von ihr ging es weiter in das innere der Bar, deren Schnitt recht lang und Schmal war. Rechts von ihr befanden sich nur wenige Tische, da es von hier aus nicht weit zum Ausgang war, weswegen Nami dieser Seite bisher keine Beachtung geschenkt hatte. Das tat sie erst jetzt, als Carina sich auf den Weg machte, um am anderen Ende bei einer Frau stehen zu bleiben und mit ihr zu sprechen. Etwas das Nami genau beobachten würde. Das schwarze Haar war locker zusammengebunden, sie war schlank, gut gekleidet. Was Nami allerdings viel mehr auffiel war das schmale Gesicht, die schönen Wangenknochen und diese eisblauen Augen. Zumindest wirkte es in diesem Licht so als wären sie stechend blau. Etwas das einen faszinierenden Kontrast zwischen dem dunklen Haar und der gebräunten Haut bildete. Nami konnte nicht anders, als die Frau einfach dabei zu beobachten, wie sie mit Carina sprach, wie sich die Lippen zu einem schmalen Lächeln auseinander zogen. Sie betrachtete diese perfekte, gerade Nase, deren Linie sie gerne mit dem Finger abgefahren wäre. Und dann kam sie wieder zurück zu diese Augen, die sie direkt anblickten. Nami fühlte sich ertappt in ihrer Träumerei und würde den Blick wieder abwenden, um ihn wieder auf ihren Cocktail zu senken und einen Schluck zu trinken. Falls das ihre neue Taktik werden sollte, dann war sie schon jetzt zum scheitern verurteilt. Eine Frau wie diese wurde sicher ständig fasziniert angestarrt. Beeindruckender wäre es gewesen, wenn Nami gleich ihren Arsch hoch bekommen und mit ihr gesprochen hätte. Aber dazu war sie schlichtweg zu abgelenkt gewesen und hatte diese Chance nun wohl verpasst. Ganz großes Kino. Konnte der Tag denn eigentlich noch schlimmer werden? Sie atmete tief durch. Vielleicht wäre es besser, wenn sie einfach ihren Cocktail trinken und dann verschwinden würde. Immerhin musste man einsehen können, wann man verloren hatte und das war sicherlich einer dieser Tage. Ein Typischer Montag auch, wenn es gar kein Montag war. Das Gefühl war dennoch das gleiche, welches sie nun beschlich. Möglicherweise sähe die Welt auch schon wieder ganz anders aus, wenn sie eine Nacht darüber geschlafen hatte. Carina riss sie aus ihren Gedanken, als sie ihr ein kleines Shotglas hinstellte und sie dabei vielsagend ansah. „Was soll das?“ „Sie sagt ich solle dir etwas bringen, was dich entspannt. Also, entspann dich. Was ist nur los mit dir?“ Das Unverständnis ihrer Freundin war nicht zu überhören. Doch anstatt sich weiter damit zu beschäftigen würde Nami den Blick abwenden und wieder zu der Schwarzhaarigen blicken. Sie beobachtete sie, strich mit den Fingern entspannt über den Rand ihres Glases und zeigte dabei ein leichtes Lächeln. Auffordernd? Belustigt? Geheimnisvoll? Konnte in diesem Moment sicherlich alles sein. „Kennst du sie?“ Fragte sie lieber, anstatt auf Carina’s eigentliche Frage zu antworten. Nebenbei würde sie dann auch nach dem Shot greifen und diesen einfach hinunter stürzen. Im besten Fall würde es wirklich etwas mit ihren Nerven machen. Etwas positives. „Nicht wirklich. Sie war vor einigen Monaten mal hier. Ich erinnere mich, weil sie da auch schon für Aufsehen gesorgt hat. Ein paar haben sich die Zähne ausgebissen und auf einmal war sie weg. Keine Ahnung, ob alleine oder mit jemandem.“ Carina zuckte mit den Schultern. Viel gab es also nicht zu wissen. Doch wie sie das einschätzte, hatte sie es hier mit einer Frau zu tun, die gerne die Fäden in der Hand hatte. Aber das musste gewiss nicht das schlechteste sein. „Gut, dann werde ich das jetzt wohl herausfinden.“ Sie wechselten einen kurzen Blick mit Carina und dann würde sie sich von ihrem Barhocker schieben und mit ihrem Cocktail die Bar entlang schlendern. Den Shot fasste sie als Einladung auf und zumindest diese wollte sie annehmen und sehen wohin das vielleicht führen würde. Es war sicherlich die interessanteste Begegnung, die sie an diesem Abend haben könnte und diese Frau hatte sicherlich etwas an sich, was Nami einfach neugierig machte. Bei der anderen angekommen würde sie ihr Glas abstellen und sich dann neben ihr an die Bar lehnen. Aufmerksam glitt der Blick weiter über sie, musterte die Züge, die sich ihr zugewandt hatten und den Blick ebenso forschend erwiderten. „Hat es geholfen?“ Fragte sie schließlich. Ein leicht belustigter Unterton war an dieser Stelle nicht zu überhören. Das leichte Lächeln blieb auf ihren Lippen und Nami konnte nicht anders, als dieses zu erwidern. „Wer hat behauptet ich sei unentspannt gewesen?“ „Intuition. Ich war nicht sicher, ob du dich trauen würdest deine Fragen zu stellen.“ „Ich wäre schon noch auf dich zugekommen. Aber du warst offensichtlich gerade erst angekommen. Dich gleich zu überfallen wäre mir doch recht unhöflich erschienen.“ Nicht, dass ihre Gedanken an irgendeiner Stelle so weit gegangen wären, doch das musste nicht das Thema sein. Nun, wo dieser erste Schritt getan war, war sie wieder im Spiel und würde sich auch keine Unsicherheiten anmerken lassen. In der Regel war sie auch nicht der Typ für so etwas. Nami wusste durchaus, was sie zu bieten hatte und, dass sie sich nicht verstecken musste. Ihre Erfolgsquote war durchaus hoch, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte und hier würde das auch so sein. Zumindest schien ihr Gegenüber nicht abgeneigt, denn sie spürte den aufmerksamen Blick auf sich, der von nahem noch durchdringender wirkte. Das entspannte Lächeln allerdings sprach dafür, dass die Situation doch als angenehm empfunden wurde. „Das ist sehr rücksichtsvoll. Du hättest also lieber gewartet, dass andere zuerst ihre Chance ergreifen, anstatt das Risiko einzugehen als unhöflich zu gelten.“ „Du denkst mir wäre jemand zuvor gekommen?“ „Du bist nicht die einzige, die plötzlich aufmerksam wurde.“ Die Aussage zeugte entweder von verdammt viel Selbstbewusstsein oder davon, dass diese Frau ebenfalls sehr genau ihre Umgebung im Blick gehabt hatte. In beiden Fällen hätte man wohl am Ende doch das gleiche Ziel und das sprach aus Nami’s Sicht für diese Situation. Ganz gleich wie ihr eigenes Verhalten nun bewertet wurde. Immerhin hatte es ausgereicht, um einen Shot und damit eine Einladung zu bekommen. Man konnte also nicht behaupten ihrem Gegenüber hätte irgendetwas missfallen. Sei es nun ihre Art oder ihr Aussehen. Und mit dieser Gewissheit würde sie sich nun auch nicht weiter aus der Ruhe bringen lassen auch, wenn die andere das vielleicht versuchte. „Aber die Einzige, die einen Shot bekommen hat.“ Nami grinste die andere wissend an und erntete dabei ein zustimmendes Nicken. An der Stelle war man sich wohl einig. „Ich habe dich hier noch nie gesehen, bist du geschäftlich in der Stadt?“ Das sie nicht neu war, dafür sprach die Aussage von Carina. Oder sie ging selten aus und gönnte sich nur ab und an diesen Spaß. Dennoch könnte sie mit dieser Frage vielleicht auch herausfinden was die andere beruflich machte. Immerhin auch ein wichtiger Aspekt wenn man einen Menschen kennenlernte. Und, obgleich das für eine Nacht nicht so relevant war, war Nami schlichtweg neugierig. „So könnte man es nennen, ja.“ Wieder dieses süffisante Lächeln. Eine solch spärliche Antwort könnte man durchaus als Desinteresse oder Abweisung aufnehmen. Doch etwas an ihrem Blick, ihrem Lächeln sagte Nami, dass weder das eine noch das andere der Fall war. War das ihre Taktik, die Unnahbare zu spielen? Wenn es eine war, dann konnte Nami nicht leugnen, dass es einen gewissen Effekt hatte. Denn auch, wenn es ihr eigentlich völlig egal sein könnte, es machte sie einfach neugierig. „Und, deswegen bist du jetzt hier? Um dich noch etwas zu entspannen?“ Und während Nami auf eine Antwort wartete, den Moment nutzte, um noch einmal etwas zu trinken, erntete sie lediglich ein vielsagendes Lächeln. Die Frau war eindeutig kein Freund großer Worte. Wobei das durchaus angenehm war. Die Verhältnisse schienen auf beiden Seiten klar zu sein. Kein tiefes Kennenlernen, keine unendlichen Gespräche. Nur das wichtigste, um zu erahnen, ob das alles vielleicht harmonieren könnte. Ob man das gleiche wollte. Unweigerlich musste sie schmunzeln, während die andere sich nun doch ihrem eigenen Glas zuwandte. Nur anhand der Farbe müsste Nami spekulieren, was sie da wohl trank aber am Ende war selbst das unwichtig. Und gleichzeitig blieb die Frage offen, was wohl zu einer Frau wie ihr passen könnte? Sicherlich ein teurer Tropfen. So zumindest schätzte sie sie anhand ihres Verhaltens und ihrer Kleidung ein. „Darin müsste man sich zumindest einig sein.“ Auch Nami hatte noch einmal einen Schluck getrunken und zuckte dann mit den Schultern, als sie diese Aussage vernahm. „Ich hege weder die Absicht heute Abend jemanden zu heiraten, noch umzuziehen.“ Ja, darauf konnte man sich durchaus einigen. Das war nicht ihr bestreben. Auch Nami wollte lediglich entspannen und eine gute Zeit haben. Das letzte, was sie in ihrer derzeitigen Lage wohl gebrauchen konnte war eine komplizierte Beziehung. „Das sind zwei nicht anzustrebende Ziele.“ Sie hob ihr Glas an und Nami würde mit ihr anstoßen. Man war sich einig. Man suchte nicht die große Liebe und vor allem keine enge Partnerschaft. Und damit war eigentlich alles wichtige gesagt, was man wissen musste. Obgleich das nicht bedeutete, dass man direkt zum eigentlichen Teil übergehen würde. Sie beide hatten noch ihre Getränke und wenigstens die sollte man noch entspannt austrinken können. Zumal es auch davor bewahrte doch noch unangenehme Überraschungen zu erleben, die man vielleicht vermeiden könnte, wenn man nur etwas länger miteinander sprach. Wobei Sprache vielleicht auch relativ war. Die andere hatte sich ihr inzwischen zugewandt, während sie noch immer auf ihrem Barhocker saß. Nami hatte sich ihr etwas mehr entgegen gelehnt und hatte inzwischen eine Hand auf ihrem Oberschenkel ruhen. Ganz langsam hatte man sich aneinander herangeschlichen und schien nun auszuloten, ob sich diese ersten Annäherungen stimmig anfühlten. Machten sie Lust auf mehr? Fühlte es sich stimmig an? Wusste das Gegenüber, Berührungen gut zu setzen? Wie reagierte der eigene Körper auf diese Berührungen? All das waren Dinge, die für eine gemeinsame - und vor allem gute - Nacht relevant waren. Denn sollte man bereits bei solchen Annäherungen Irritationen verspüren, dann würde es im Verlauf des Abends kaum besser werden. Nami hatte gelernt auf diese kleinen Signale zu hören und sie sich auch ganz genau anzusehen, um ihre Zeit nicht mehr zu verschwenden. Ein schlechter One-Night-Stand konnte durchaus auf die Laune drücken und frustrieren. Wenn man aber eigentlich das Gegenteil suchte, dann war es doch besser sich vorher abzusichern und nichts dem Zufall zu überlassen. Diese Begegnung hier wirkte allerdings sehr vielversprechend. Nami hatte ein gutes Gefühl und die Finger, die sich irgendwann von ihrer Hüfte zu ihrem unteren Rücken schoben versprachen durchaus viel. Ja, sie konnte sich vorstellen, sich von diesen Fingern berühren zu lassen. Ihr Körper reagierte mit einer gewissen Vorfreude auch, wenn sie sich davon nicht zu sehr leiten lassen wollte. Das Haar in der Suppe zu suchen wäre allerdings auch der falsche Ansatz. „Ich denke wir sollten hier bald verschwinden.“ Ihr Gegenüber gluckste leise. Der warme Atem kitzelte ihr Ohr und jagte ihr eine leichte Schauer über den Rücken. Ein angenehmes Prickeln, welches die Vorfreude lockte und von einem interessanten Abend sprach. Für manch einen mochte diese Annäherung zu schnell gehen. Nami lebte allerdings getreu dem Motto; wenn es sich gut anfühlt, dann mach es! Da musste man nicht alles hinterfragen. „Läuft das so, du nimmst sie gleich am ersten Abend mit zu dir?“ „Wer sagt, dass wir zu mir gehen?“ Wieder ein Lachen. Ja, man verstand sich schon. Am Ende war es doch auch egal wohin es gehen würde. Gemessen an ihrem bisherigen Tag hätte der Abend auch ganz anders enden können und Nami hatte auch nicht damit gerechnet wirklich so viel Glück zu haben eine passende Gespielin zu finden. Doch das waren meistens die besten Abende. Wenn die Dinge sich einfach fügten und man auf jemandem traf mit dem es einfach harmonierte. Glück musste man haben. „Du möchtest, dass ich dich mitnehme?“ Sie spürte wie die Nase sich gegen ihre Schläfe drückte und schloss für einen Moment die Augen. Die leise Jazzmusik lud dazu ein sich weiter zu entspannen auch, wenn es Nami leicht fiel ihre Umgebung auszublenden. Das Carina sie sicherlich beobachtete musste sie immerhin nicht sehen, um es zu wissen. Manch einer würde ein solches Verhalten vielleicht als taktlos bewerten, doch über diesen Punkt waren sie beide hinaus. Die Beziehung lag lange genug zurück und Carina war keine eifersüchtige oder jähzornige Frau. Sie war eine Zicke, doch das würde hier kaum eine tragende Rolle spielen. Andernfalls wäre Nami auch nicht hierher gekommen, um sich eine Frau für den Abend zu suchen. Es würde sicherlich zu viele Probleme aufwerfen und ihr die Sache nur unnötig erschweren. Mit der ersten Berührung legte sie automatisch ihre Hand in den Nacken der anderen, strich etwas darüber, während sich ein Schmunzeln auf ihren Lippen ausbreitete. „Meine Mitbewohnerin ist zu Hause.. ich denke wir hätten bei dir deutlich mehr Ruhe. Es sei denn du hast mehr Mitbewohner, dann müssten wir uns ein Zimmer nehmen.“ Es war wohl eine recht pragmatische Sache, die man einfach begründen konnte. Letztlich erwartete sie sich nicht, dass es weiter diskutiert und vertieft werden würde. Warum auch? Niemand wollte gestört werden, wenn ein vielversprechender Abend auf einen warten könnte. „Gut.. trink deinen Drink und dann verschwinden wir.“ Man war sich einig und sicherlich musste man ihr das nicht zweimal sagen. Leicht drehte sie sich zur Seite und griff nach ihrem Glas. Das Eis war inzwischen geschmolzen, der Farbverlauf verschwunden. In einem Zug wurde das Glas geleert, dabei schob die andere ein paar Scheine für Carina über die Theke. Es geschah in einvernehmlichem Schweigen, als man sich löste und durch die Bar hinaus verschwand, die sie vor ein paar Stunden alleine betreten hatte. Die angenehm, kühle Nachtluft schlug ihnen entgegen. Durchatmen. Ein Arm legte sich um ihre Hüfte und führte sie die Straße entlang. Nami wollte bereits zur Seite ausscheren um ein Taxi zu rufen, doch sie wurde wieder eingefangen. Kurz ging der Blick fragend hinauf. Die andere war fast einen ganzen Kopf größer als sie, doch das störte Nami nicht weiter. Es war ein angenehmes Gefühl so neben ihr zu gehen. Dabei beobachtete sie, wie sie den Kopf schüttelte und lieber weiter die Straße hinunter ging, um dann wenig später in eine Seitenstraße einzubiegen. Dort würde sich schnell zeigen, warum man wohl auf ein Taxi verzichten würde. „Netter Wagen“, stellte sie fest und strich mit den Fingerspitzen über die Motorhaube des schwarzen Sportwagens. Ein älteres Model, obgleich sie sich nicht wirklich damit auskannte. Spielte auch keine Rolle, denn es sprach zumindest eine deutliche Sprache zu ihr. Hier hatte sie es mit jemandem zu tun, der Geld hatte und zumindest eine stabile, finanzielle Basis haben musste, um sich ein solches Auto zu leisten. „Ein Erbstück“, kam die knappe Antwort. Nichts was sie störte. Bereits den ganzen Abend über sprachen sie nicht zu viel und das, was man ausdrückte geschah durchaus nonverbal. Letztlich ging es aber auch keiner von ihnen darum eine gute Gesprächspartnerin zu finden. Nami würde keine weiteren Fragen stellen, die Aussage einfach auf sich beruhen lassen und warten, bis die andere den Wagen aufgeschlossen hatte. Dann würde sie die Tür öffnen und sich in den Wagen hineinsinkend lassen. Manch einer würde wohl behaupten, dass es nicht besonders klug sei sich einfach in einen fremden Wagen zu begeben und dann an einen Ort zu fahren, den man nicht kannte. Allerdings hatte Nami in ihrem Leben bereits viele schlechte Menschen kennengelernt und glaubte durchaus ein Gespür dafür zu haben, wenn sie jemandem gegenüber saß, der schlechtes im Sinn hatte. Diese Frau gehörte wohl kaum dazu und wenn, dann wäre sie durchaus in der Lage sich zu verteidigen. Und so würde Nami auch keine weiteren Fragen mehr stellen, als sich der Wagen schließlich in Bewegung setzte und auf die Straße bog, um sich durch die Stadt zu schieben und sich doch langsam immer weiter vom Stadtkern zu entfernen. Sie stellte auch keine Fragen, als sie schließlich in einer ruhigeren Gegend ankamen in der sich ein Backsteinhaus an das nächste reihte. Nami mochte diese Architektur durchaus gerne. Sie hatte Charakter und war nicht so steril wie manch ein modernes Gebäude. Irgendwann würde der Wagen auch langsamer werden und sie lenkte ihn an den Straßenrand, um vor einem der Häuser zum stehen zu kommen. Der Motor wurde ausgestellt und Nami würde aussteigen, nachdem sie der anderen noch einen flüchtigen Blick zugeworfen hatte. Etwas das allerdings nicht weiter kommentiert wurde und das war auch in Ordnung. Sie blieb einfach neben dem Wagen stehen, wartete bis die andere um diesen herum gegangen war, und würde ihr dann zu einem der Häuser folgen, um dort die wenigen Stufen zur Eingangstür hinauf zu steigen. Das Gebäude wirkte gepflegt und in einem sehr guten Zustand. Etwas das durchaus neugierig darauf machte, wie es wohl drinnen aussah, obgleich Nami nicht wegen der Einrichtung hergekommen war. Aber diese Frage würde sich glücklicherweise auch gleich von alleine beantworten. „Eine schöne Wohngegend. Wohnst du schon lange hier?“ Vielleicht war es nicht notwendig das Gespräch zu suchen und doch konnte sie sich die Frage nicht ganz verkneifen. Eine Antwort würde sie allerdings nicht bekommen. Die andere würde die Tür hinter ihnen schließen und Nami dann wieder mit einem Arm zu umfangen und an sich heran zu ziehen. Als man sie etwas zurückdrückte und sie gegen die Tür lehnte, würde Nami automatisch die Augen schließen und ihre Lippen für einen Kuss in empfang nehmen, der sie all ihre Fragen vergessen lassen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)