Weihnachtsziege von KiraNear ================================================================================ Kapitel 1: Weihnachtsziege -------------------------- Der Schnee knirschte unter seinen Füßen, als er Waterfall hinter sich ließ. Die Flocken umspielten sein Gesicht und der Nebel fühlte sich feucht an, doch beidem schenkte er keine Beachtung. Stattdessen achtete er darauf, nicht vom Weg abzukommen und in den nahegelegenen Fluss zu fallen, das gleichmäßige Rauschen diente ihm als Orientierung. Normalerweise würde es Asgore nichts ausmachen, ein Bad im kühlen Nass zu nehmen, doch weder seine aktuelle Kleidung noch das Gepäck, das er bei sich trug, würden es ihm verzeihen. Genauso wenig wie die Kreide, mit welcher er seine Haare und seinen Bart weiß gefärbt hatte. Zu seinem Glück war der Weg, der wie durch magische Umstände fast vollständig vom Nebel verschluckt wurde, kein besonders schwieriger. Doch wenn man nicht aufpasste, hatte man schnell den einen oder anderen falschen Schritt getan. Als sich Asgores Sicht wieder verbesserte und der Nebel sich mit jedem Meter lichtete, stieß er ein großes Seufzen auf. Besonders in der Winterzeit, zumindest wenn es nach seinem Kalender ging, hatte der Nebel eine höhere Dichte als zu anderen Jahreszeiten. Doch so sehr sein Wissenschaftler versuchte das Geheimnis zu lüften, das war eines der Dinge, an denen er noch sehr lange forschen musste. Asgore nahm den Sack von seiner Schulter und legte für einen kurzen Moment eine Pause ein. Mit der Hand massierte er die Stelle, an welcher er sein Gepäck getragen hatte, den gesamten Weg, seit er den KERN hinter sich gelassen hatte. Seine Schulter fühlte sich verspannt an, doch Asgore wusste, dass das nicht erst seit dem heutigen Tag der Fall war. Er müsste sich unbedingt wieder einmal den kompletten Rücken massieren lassen, doch woher die Zeit nehmen und nicht stehlen? Pesky und Snotty würden ihm jederzeit den Gefallen tun und sich seiner annehmen, wenn es sein eigener Terminkalender zuließ. Doch die vielen Weihnachtsvorbereitungen; die Geschenke, die Briefe und die Antworten, die er im Namen des Weihnachtsmannes formulieren musste, all das lastete allein auf seinen Schultern. Ein Gewicht, das ihm jedes Jahr aufs Neue zu schwer wurde. Dass er sich zusammen mit einer Frau die Aufgaben geteilt hatte, lag nun so lange zurück, dass er sich nicht sicher war, ob es nicht gar Teil eines vergangenen Lebens war. Um keine weitere Zeit zu verlieren, schulterte Asgore seine Fracht nun auf der anderen Schulter und bemühte sich ein Lächeln auf sein Gesicht zu bekommen. Um diese Uhrzeit waren alle Kinder der kleinen Stadt längst im Bett, oder wenigstens zuhause, bei ihren Familien. Niemand würde ihn sehen und sollte doch noch ein Monster auf den Straßen sein, würde Asgore nichts befürchten müssen. Jeder, der ihn in dieser Verkleidung sah, hielt sofort respektvollen Abstand oder tat gar so, als müsste er oder sie umgehend in die entgegengesetzte Richtung verschwinden. Asgore wusste, die Illusion, dass er der echte Weihnachtsmann wäre, verlor bei den Monstern bereits im Teenageralter ihre Wirkung; und doch gelang es ihm stets, alle glücklich zu machen, jung wie auch alt. Selbst, wenn sich in dieser heutigen Nacht niemand auf den Straßen Snowdins aufhalten sollte, so wollte Asgore seiner Aufgabe nicht mit einem grimmigen Herzen begegnen. Seine Untertanen waren ihm wichtig; und wenn er sein größtes Anliegen nach wie vor nicht vergessen hatte, er würde bis dahin dafür sorgen, dass sie sich alle wohl fühlten. Dass sie alle etwas hatten, an dem sie sich erfreuen konnten. Wenigstens, bis es ihnen irgendwann gelingen würde, die Barriere zu zerbrechen und außerhalb des Berges ein neues Leben zu beginnen. Bis dahin würde er ihr Weihnachtsmann sein und ihnen jedes Jahr Geschenke vorbeibringen.   Wachsam blickte Asgore sich um, weder konnte er ein anderes Monster sehen, noch hören. Die meisten Lichter der Häuser waren dunkel und er stellte sich vor, wie das eine oder andere Kind heimlich seine Neugierde stillte. Wie es heimlich einen Blick aus dem Fenster warf, bis seine Mutter oder sein Vater es vom Fenster wegziehen würde. Den Weihnachtsmann bei seiner Tat zu beobachten wäre ein schlechtes Omen, hatte er einst durch den Spalt eines leicht geöffneten Fensters zu hören bekommen; vermutlich war es der Mutter gar nicht aufgefallen, als sie ihr Kind zur Rede gestellt hatte. Asgore musste in diesem Moment ein wenig kichern. Ob die Monster ihre Geschenke erhalten würden oder nicht, würde er nicht davon abhängig machen, ob er dabei beobachtet worden war oder nicht. Dass es ihm trotzdem recht war, dass ihm im Augenblick zumindest dem Anschein nach keiner zu Sicht bekam, lag schlicht und allein am Kostüm selbst. Die Kreide tat nach wie vor ihre Arbeit, färbte das weiß, was sie weiß färben sollte. Doch das Kostüm selbst zeigte langsam starke Nutzungserscheinungen auf und so sehr er sich auch Mühe gab, beheben konnte er sie nicht. Dazu benötigte es den richtigen Umgang mit der Nadel. Da half es nicht, nur die beste Absicht der Welt zu haben, wenn man nicht mit Nadel und Faden umzugehen wusste. Die einzige Pflege, die Asgore mit Leichtigkeit machen konnte, war, sein Kostüm regelmäßig und so schonend wie möglich zu reinigen und zu trocknen. Doch die einzelnen Risse, die mit der Zeit länger und unansehnlicher wurden, machten ihm immer mehr und mehr Sorgen. Er wusste, wenn er sich nicht darum kümmerte, würde ihm das Kostüm eines Tages auseinanderfallen. Ein Anliegen, für dass er sich im Augenblick weder die Zeit nehmen konnte noch wollte. Seine Schritte brachten ihn immer weiter hinein ins Zentrum von Snowdin, eine kleine Stadt voller freundlicher und herzensguter Monster. Trotz der eisigen Kälte, die dort zeitweise herrschte. Asgore sah sich um, wie erwartet konnte er niemanden sehen oder hören, was ihn doch ein wenig erleichterte. Der Tannenbaum war in greifbarer Nähe, wenige Meter trennte Asgore von seinem Ziel. Langsam begann auch die andere Schulter unter der Last der Geschenke zu schmerzen, doch Snowdin war seine letzte Station und auf dem Rückweg konnte er die Fähre nehmen, welche eine ideale Abkürzung darstellte. Er musste sich nur noch ein letztes Mal zusammenreißen, es war immerhin für sein Volk und er wusste, er würde allen von ihnen eine Freude damit machen. Später, wenn er dann wieder als König Asgore zur Bescherung zurückkehren würde, wären allein die vielen glücklichen Gesichter seiner Untertanen Lohn und Aufwandsentschädigung genug. Als er gerade dabei war, am Gebäude des lokalen Pubs, fingen seine aufmerksamen Ohren ein kleines Geräusch auf. Zu welchem sich nach wenigen Sekunden ein weiteres Geräusch gesellte. Asgore musste nicht genau hinhören, um zu erkennen, um was es sich handelte: Kinderstimmen. Stimmen, die sich ihm von der anderen Seite des Baumes näherten. Sofort blickte Asgore sich um, suchte nach einer Möglichkeit sich zu verstecken. Der Pub selbst kam dafür nicht in Frage. Es bestand immer die Gefahr, dass sich selbst um diese Uhrzeit dort noch der eine oder andere Gast befand. Also rannte er den Weg ein Stück zurück, am Haus vorbei und presste seinen gesamten Körper an die Wand des Gebäudes. Um seinen aufgeregten Atem zu verbergen, drückte er eine seiner Pfoten auf den Mund und hoffte darauf, dass die Kinder ihn nicht gesehen hatten. Dass sie unaufmerksam genug waren, um ihn zu bemerken, wie er sich im Schatten des Gebäudes versteckte. Gleichzeitig fragte er sich, welche Eltern ihre Kinder noch zu dieser späten Stunde allein lassen würden. Zwar war es lange her, dass der letzte Mensch zu ihnen heruntergefallen war und sich als Bedrohung herausstellte. Doch allein die hohen Klippen in der näheren Umgebung stellten für kleine, unvorsichtige Monster ein Sicherheitsrisiko dar. Er versuchte die Stimmen zuzuordnen, doch er konnte die Worte nicht genau verstehen; und auch sagten ihm die Stimmen nichts. Aus seinem Versteck herausgehen konnte er auch nicht, nicht einmal einen kurzen Blick um die Kurve zu werfen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als in seinem Versteck auszuharren, bis die Kinder wieder weg waren. Dass er sie in ihrem Gespräch belauschte und immer besser verstand, was sie zueinander sagten, jagte ihm ein schlechtes Gewissen ein. „Ich verstehe dich nicht! Warum machst du das?“, konnte er die Stimme eines lauten und aufgeregten Kindes hören. Das andere schien dagegen bei seiner Antwort sehr ruhig zu sein. „Weil ich mir nun mal nichts wünsche, das habe ich doch gesagt.“ Von der Art, wie es seine Antwort aussprach, ging Asgore davon aus, dass das Kind ein paar Jahre älter als das andere sein musste. Gleichzeitig fühlte er sich angesprochen und fragte sich erneut, ob die Kinder ihn gesehen hatten oder nicht. „Aber das kann nicht sein! Jeder wünscht sich doch was, da bin ich mir sicher!“ Die Stimme des jüngeren Kindes wurde immer trotziger, je weiter sie sich Asgore in seinem Versteck näherten. „Nun, ich habe halt keinen Wunsch.“ „Lügner!“ „Ich lüge nicht.“ „Doppellügner!“ „Fein…“ Asgores Ohren wurden immer größer, das Gespräch nahm ihn doch mehr mit, als er es für möglich gehalten hätte. Ein Kind, dass keine Wünsche hatte? Das war in der Tat sehr ungewöhnlich. „Gut, dann wünsche ich mir eben, dass dein Wunsch in Erfüllung geht, Kleiner.“ Asgore wusste nicht so recht, was er von der Antwort halten sollte. Dem Geschwisterchen des wunschlosen Kindes schien es ähnlich zu gehen, denn es schwieg für mehrere Minuten. „Aber das kann doch nicht alles sein. Ich hatte auch mehrere Wünsche aufgeschrieben“, begann die kleine aufgeregte Stimme erneut zu sprechen; da sie in der Zwischenzeit nicht nähergekommen war, schloss Asgore daraus, dass sie stehen geblieben waren. „Komm schon, Sans, du wirst dir doch irgendwas wünschen können!“ „Nein, Paps, ich will halt einfach nichts.“ „Lügner, du lügst doch!“ „Wenn du das meinst …“ Mittlerweile konnte Asgore die Schritte der kleinen Kinder hören, sie befanden sich nur wenige Meter von ihm entfernt. Eine Kurve trennte ihn von den beiden, und nur ein falscher Blick in die falsche Richtung würde genügen, damit sie ihn entdecken konnten. Um das zu verhindern, rutschte Asgore langsam und so leise wie möglich die Wand entlang, näher an die angrenzenden Bäume heran. Versuchte dabei so wenig Geräusche wie möglich zu machen. Ob es ihm gelungen war oder die Kinder zu sehr auf ihren Streit konzentriert, konnte er nicht sagen. Als sie in seine Sichtweite kamen, schienen sie ihn dagegen nicht zu bemerken. Nun sah er auch, wem die beiden Stimmen von Sans und Paps, wie sich gegenseitig genannt hatten, gehörten. Dass es zwei kleine Skelettmonster waren, überraschte Asgore ziemlich. Er wusste zwar, dass es unter seinen Untertanen noch das eine oder andere von ihnen gab. Dass es unter ein Paar gab, welches zweifachen Nachwuchs hervorgebracht hatten, das war ihm dagegen neu. Asgore schüttelte den Kopf, dies war nicht der richtige Moment, um sich in Selbstvorwürfen darüber zu verlieren, dass er offenbar zu sehr den Kontakt zu seinen Untertanen verloren hatte. Dass der Graben zwischen ihnen größer war als Asgore bisher angenommen hatte. In diesem Augenblick gab es nur zwei Dinge, die wichtig waren. Zum einen durfte er seine Deckung nicht aufgeben, so simpel sie auch war, sie funktionierte besser als erhofft. Zum anderen hoffte er noch mehr über die Kinder zu erfahren. Wieder fragte er sich, was mit den Eltern der beiden war, doch ein genauerer Blick auf deren Kleidung genügte. Allein die vielen Flicken in den Jacken der Jungen, wie auch der Zustand der gesamten Kleidung verrieten Asgore, dass diese Kinder mehr oder weniger auf sich allein gestellt waren. Tränen füllten seine Augen und er musste sie mehrfach gewaltvoll wegblinzeln, um sich nicht von seinen Emotionen übermannen zu lassen. Dass sich einer der beiden, vermutlich der ältere, als Elternersatz bemühte, war für Asgore mehr als offensichtlich. Gleichzeitig beantwortete das auch mehrerer seiner offenen Fragen, und er konnte Sans Ansicht nun deutlich besser nachvollziehen. Der kleine Bruder dagegen war noch zu jung, um all das verstehen zu können. „Ach komm schon, Bruder, noch sind wir in der Nähe des Baums! Wenn du es dir dolle wünscht, dann … dann bringt dir Santa bestimmt auch ein Geschenk vorbei!“, versuchte der kleinere, den Asgore als Papyrus vermutete, den älteren Bruder zu überzeugen. Doch es gelang ihm nicht, Sans machte keine Anstalten zurückzulaufen. So sehr Asgore das gesamte Gespräch mitnahm, so war er recht dankbar dafür; Sans befand sich in einem idealen Winkel, um ihn entdecken zu können, sollte er sich in seine Richtung umdrehen. Doch das tat Sans nicht, stattdessen lief er in die Richtung, aus welcher Asgore noch wenige Minuten zuvorgekommen war. Er schloss daraus, dass die Skelettbrüder in der Gegend wohnten und nahm für sich vor, sie demnächst dort aufzusuchen. Asgore musste es nur so zufällig wie möglich aussehen lassen und da er als König überall hingehen konnte, wo er wollte, müsste er sich auch keine Ausreden einfallen lassen. Alternativ könnte er auch die Wache nach ihnen suchen lassen, doch die Idee schob er sofort wieder von sich. Er wusste nicht, ob die Wache die Kinder nur unnötig verschrecken oder gar verjagen könnte. Nein, das war eine Angelegenheit, um die er sich selbst kümmern musste. Am liebsten hätte er sein Vorhaben sofort in die Tat umgesetzt, wäre er nicht gerade als Weihnachtsmann verkleidet dabei, sich vor den zweien zu verstecken. „Sans, das ist die falsche Richtung, der Baum steht hinter uns, nicht vor uns!“ „Ach, ich bin mir sicher, dass Santa uns auch von zuhause aus hören kann!“ „Sicher?“ Unsicher blieb Papyrus stehen, Asgore konnte sein Gesicht nicht mehr sehen, aber es sich mehr als gut vorstellen. Die Körperhaltung erinnerte ihn an seinen eigenen Sohn, wie dessen Körper stets am Beben war, kurz, bevor er angefangen hatte zu weinen. Papyrus‘ Körper wackelte auf eine ähnliche Art und Weise. Sans, der bemerkte hatte, dass sein Bruder ihm nicht mehr folgte, blieb stehen, drehte sich halb um und streckte Papyrus seine Hand aus. „Ja, da bin ich mir sicher. Santa hat seine Augen und Ohren überall, ich bin mir sicher, er wird es auch dort hören.“ Papyrus schien noch nicht sonderlich überzeugt zu sein, nur sehr zögerlich ging er auf seinen Bruder zu. „Und du wirst dir ganz bestimmt etwas wünschen? Ganz laut, damit es Santa auch hören kann?“ Sans sagte nichts, Asgore konnte nur ein schwaches Nicken seines Kopfes sehen. Was Papyrus für den Moment jedoch als Antwort genügte. „Jetzt komm, es wird spät und damit kalt. Santa möchte sich doch nicht den Bart abfrieren, wenn er dir die Geschenke vorbeibringt.“ „Du meinst uns, unsere Geschenke.“ „Ja, natürlich, sorry.“   Dies waren die letzten Worte, die Asgore gerade noch verstehen konnte, der Rest wurde zu einem unverständlichen Kauderwelsch, als sie sich immer weiter von ihm entfernten. Kurze Zeit später konnte er sie auch nicht mehr sehen. Dennoch wartete er noch ein paar Minuten länger, bevor er sich aus seinem Versteck herauswagte. Hatte Sans ihn etwa doch gesehen? Oder war das reiner Zufall, dass Sans seinen Besuch erwähnt hatte? Vorsichtig sah er sich zu allen Seiten um, doch die beiden Skelettmonster waren die letzten gewesen, die sich offenbar noch außerhalb ihrer Häuser befunden hatten. Für einen kurzen Augenblick fragte sich Asgore, wo und wie die beiden Brüder leben würden, in einem normalen Haus mit einer normalen Familie mit Sicherheit nicht. Ob sie zumindest ein Dach über den Kopf hatten? Es gab einen Ort, den sie als ihr Zuhause betrachteten … Asgore nahm das als weiteren Punkt in seinem To-Do auf, das es nachzuforschen galt. Sobald er die Zeit und Gelegenheit dazu haben würde. Als er sich mehrfach davon überzeugt hatte, allein zu sein, nahm er den Sack von seinen Schultern und begann, ein Geschenk nach dem anderen herauszuholen und unter dem Baum zu verteilen. Wie immer hatten sich die Bewohner von Snowdin alle Mühe gegeben, um den Baum so schön wie möglich zu dekorieren. Päckchen für Päckchen sammelten sich die Geschenke, für den einen Bewohner mehr, für den anderen Bewohner weniger. Damit es in der anschließenden Bescherung kein Chaos geben würde, hatte er alle Päckchen mit einem kleinen Namensschild ausgestattet. Auf diese Weise würde jedes Geschenk an den richtigen Adressaten geraten. Als er das letzte Päckchen abgelegt hatte, ging er alles noch einmal durch, in der Hoffnung, niemanden vergessen zu haben. Verglich jeden Namen, den er zu lesen bekam, mit der Liste aus seinem Inventar, und als er geistig den letzten Namen auf seiner Liste durchstreichen konnte, nickte er zufrieden. Gleichzeitig musste er an das Gespräch von zuvor denken, an die beiden Kinder, die er unabsichtlich in ihrem Konflikt belauscht hatte. Er versuchte sich an die Namen der beiden zu erinnern; dann suchte er sie erneut auf den Namensschildchen. Dass es sich bei „Paps“ um eine Abkürzung des Namen Papyrus handeln musste, war Asgore sofort klar. Die Geschenke, die laut der Schildchen an ihn adressiert waren, hatte er auch sofort gefunden. Doch eins, welches an Sans gehen würde, das konnte er nicht finden. Asgore versuchte, sich an die einzelnen Listen zu erinnern, die er in den vergangenen Wochen bis Monaten erhalten hatte. Er konnte sich noch genau an die Liste erinnern, die er von Papyrus erhalten hatte, trotz der sehr krakeligen Kinderschrift hatte sich das kleine Kind sehr viel Mühe damit gegeben, einen besonders verzierten Brief abzugeben. Auch war er äußerst präzise mit seinen Wünschen gewesen. Asgore hatte sie zwar nicht alle so genau erfüllen können, war sich aber sicher, dass Papyrus dennoch mit seinen Geschenken zufrieden sein würde. Doch an einen Brief von Sans konnte er sich nicht erinnern, weder in diesem Jahr noch in den Jahren davor. Wieder spürte er, wie er schleichend den Kontakt zu seinem Volk verlor. Wer hatte noch alles aufgehört, ihm als Santa zu schreiben? Wer verzichtete auch darauf, den einen oder anderen Wunsch nach einem Geschenk zu äußern? Asgore musste dringend dagegen etwas unternehmen, das wurde ihm noch deutlicher bewusst.aa Nachdenklich sah Asgore die Geschenke an, die vor ihm auf dem Boden lagen, jedes einzelne von ihnen säuberlich eingepackt und verziert. Sein Blick fiel immer wieder auf die fünf Geschenke, welche Papyrus‘ Name auf den Zettelchen trugen. Hatte er zuvor sich lediglich ausgemalt, wie sich jedes Monster darüber freuen würde, sein Geschenk zu finden und auszupacken; so stellte er sich nun vor, wie enttäuscht Papyrus sein würde, wenn sein Bruder dabei leer ausgehen würde. Einen Umstand, den Asgore auf keinen Fall hinnehmen wollte. In der Innentasche seiner roten Jacke kramend, holte er einen Ersatzzettel wie auch einen Stift hervor und schrieb sorgfältig Sans‘ Name auf. Dann nahm er ein zufälliges Geschenk, welches ursprünglich für Papyrus gedacht war und tauschte die Zettel aus. Den alten nahm er in die Hand und betrachtete ihn. Er war sich sicher, dass es Papyrus nicht stören würde, ein Geschenk weniger zu erhalten, wenn dafür sein Bruder auch eins bekam. Mit einem Lächeln im Gesicht verbrannte Asgore den Zettel, die wenigen Aschereste verschwanden spurlos im Schnee unter ihm. Kaum hatte er Sans‘ Geschenk unter dem Baum abgelegt, griff er erneut in die Innentasche seiner Jacke. Er wusste definitiv, an welchem Ort er die spätere Bescherung verbringen wollte, und um das unauffällig tun zu können, musste es auch für ihn selbst ein Geschenk geben. So nahm er ein kleines Päckchen, welches nicht schlechter eingepackt worden war als der Rest und legte es zu den anderen dazu. Jetzt war alles bereit. Er musste nur noch zurückgehen und sich umziehen, die Kreide aus Haaren und Bart waschen und sich später überrascht freuen, dass ihm Santa ebenfalls ein Geschenk hinterlassen hatte.   ~   „Mr. Asgore, bei allem Respekt, aber Sie kommen viel zu spät“, beschwerte sich die junge Undyne, kaum war Asgore an ihrem Treffpunkt angekommen. Dass Asgore die diesjährige Bescherung in Snowdin verbringen würde, hatte ihr anfangs nicht gepasst, aber am Ende hatte sie sich dann doch gefügt. Mehrere Stunden zusätzlicher Trainingseinheiten hatten sich als wahrer Argumentverstärker herausgestellt. „Ich bin nun mal ein alter Mann, wir sind alle so langsam, meine Kleine“, sagte Asgore und versuchte es mit einem entschuldigendem Lächeln. Er konnte ihr unmöglich die Wahrheit sagen, dazu war sie noch viel zu jung. Sie musste nicht wissen, dass sich hinter Santas weißem Vollbart der König der Monster versteckte; oder dass er nach der stundenlangen Reise durch den Untergrund auf der Couch eingeschlafen war. Irgendwann, wenn sie älter war, würde er ihr davon erzählen können, doch jetzt war der falsche Zeitpunkt dafür. Gleichzeitig war ihm bewusst, dass sie nicht auf den Kopf gefallen war. Misstrauisch hob sie eine Augenbraue und sah ihn mit einem zweifelnden Blick an, wie sie ihn nur Kinder ihres Alters hinbekamen. „Beim Training bist du immer so schnell, wie kannst du im normalen Alltag so eine Schnecke sein? Komm schon oder die anderen machen die Geschenke ohne uns auf!“ Ohne eine Antwort von ihrem Mentor abzuwarten, nahm Undyne ungeduldig Asgores Hand und zog ihn in Richtung Snowdin. Erst jetzt bemerkte er, wie dick sich das kleine Mädchen in Winterklamotten eingepackt hatte. Viel ihrer Kleidung hatte einst seiner einzigen Tochter gehört, dass sie durch Undyne weiteren Gebrauch fanden, machte ihn mehr als glücklich. Die kleinen Finger, die um die seinen fest geschlungen waren, weckten nostalgische Gefühle in ihm. Gefühle, die er schon lange nicht mehr gespürt hatte. „Sieh doch mal, die stehen schon alle am Baum und wir beide kommen zu spät. Mr. Asgore, Sie sind wirklich ein ganz, ganz lahme Schnecke!“ Wieder konnte Asgore nichts weiter tun, als schwach vor sich hinzulächeln, doch da Undyne es nicht sehen konnte, spielte es keine große Rolle. In einem hastigen Tempo waren sie in Snowdin hineingestolpert und als Asgore sich umsah, konnte er sämtliche Bewohner wiedererkennen. Unter seinem Volk sah er auch den einen oder anderen Nachwuchs, erkannte, wie schnell manche von ihnen gewachsen waren; aber auch, wie wenig er von ihnen überhaupt mit Namen benennen konnte. Viele von ihnen sah er zum ersten Mal, wurde ihm bewusst. Schnell wanderte sein Blick weiter, und blieb auf den zwei kleinen Skelettmonstern hängen, die er Stunden zuvor noch beobachtet und belauscht hatte. Wie alle anderen Kinder sah Papyrus ungeduldig zum Baum hinüber, während Sans absolut nichts aus der Ruhe hätte bringen können. Asgores Blick wanderte weiter, bis er auf zwei vertrauten Gesichtern hängen blieb. Sofern man bei zwei Köpfen, komplett aus Flammen bestehend, überhaupt von Gesichtern reden konnte. „Asgore, es freut mich, dass du doch noch deinen Weg hierhergefunden hast. Ich hatte schon befürchtet, dass du es dir anders überlegt hast nach deinem Anruf vorhin“, sagte Gridiron höflich und legte seinen Arm auf die Schulter seines Sohnes. „Nein, nein, du weißt doch, wie das so im Alter ist, da wird man nun mal langsamer“, tischte Asgore erneut seine Lüge auf. Dann sah er an Gridiron hinab. „Du musst dann wohl der kleine Grillby sein, nicht wahr? Dein Vater erzählt viel von dir, wenn er mir das Essen in den Palast liefert“, sagte er und beobachtete, wie sich Grillbys Flammenkopf von Rot ins rosafarbene umfärbte. Sein Vater ignorierte wohlwollend die Reaktion seines Sohns und wechselte sofort das Thema. „Wir sind alle ganz aufgeregt, wir haben nur noch auf dich gewartet. Kaum war bekannt, dass du dieses Jahr die Bescherung mit uns verbringen möchtest, haben wir beschlossen, die Geschenke nicht aufzumachen, bevor du nicht auch hier bist. Vermutlich hätten wir dir was sagen sollen, aber das Ganze hat sich dann doch recht spontan entwickelt. Verzeih mir.“ Asgore konnte sich bereits denken, dass es unter den Erwachsenen schnell seine Runden gemacht hatte, kaum, dass er sich für einen Ort entschieden hatte. So war es immer gewesen und so würde es auch wohl auch immer sein. Es war ein offenes Geheimnis, wie auch Santas wahre Identität, doch allein der Kinder zuliebe versuchte Asgore alles Erdenkliche, um dessen Aufdeckung mit allen Mitteln zu verhindern. Das ihn dabei die erwachsenen Monster unterstützten, oder zumindest die, die sein Geheimnis kannten, war ihm eine große Stütze. Einer von ihnen war Gridiron, der wie jedes Jahr das Zepter in die Hand zu nehmen schien. „In Ordnung, in Ordnung, ich bitte alle Anwesenden um Ruhe“, sagte er und klatschte mehrfach laut in die Hände. Sämtliche Gespräche starben im Nu ab und selbst die Kinder hörten mit ihrem aufgeregtem Getuschel auf. Alle Augenpaare richteten sich auf Gridiron, viele von ihnen bemerkten erst jetzt, dass sich Asgore zu ihnen gesellt hatte. Mehrere Kinderaugen begannen zu leuchten. „Wie ihr sehen könnt, ist auch unser diesjähriger Überraschungsgast mittlerweile eingetroffen und ich bin sehr dankbar, dass Snowdin wieder einmal die Chance bekommen hat. Trotz der Tatsache, dass sich unsere kleine, aber feine Stadt so weit weg vom Palast befindet, unser König hat uns nicht vergessen“, sagte er und mehrere Monster begannen bei der Erwähnung des Stadtnamens zu jubeln. Asgore winkte ihnen kurz zu, bevor er sich zurückhielt und Gridiron weiterhin das Wort überließ. „Nun denn, ich denke, wir haben auch lange genug gewartet; daher möchte ich eure und meine Zeit nicht mit einer unnötig langen Rede verschwenden. Nur so viel: Ich wünsche euch allen schöne Feiertage und hoffe, dass Santa euch alle mit wunderbaren Geschenken beschert hat!“   Mit diesen Worten klatschte er ein letztes Mal in die Hände, doch wenn es nach den Kindern gegangen wäre, hätte es kein Startsignal gebraucht. Hatten sie noch brav neben ihren Eltern gewartet, stürmten sie nun zum Baum und suchten nach den Geschenken, die ihren Namen trugen. Manche wurden sofort fündig, andere dagegen mussten erst viele Schildchen lesen, bevor sie das richtige Geschenk in den Händen hielten. Asgore, der bereits wusste, wo sich sein Päckchen befand, tat so, als würde er seins nicht sehen; doch auch hier half ihm Gridiron wieder aus. „Bitte schön, mein König, so wie es aussieht, suchst du in der falschen Ecke. Santa hat dein Geschenk hier drüben abgelegt“, sagte er und reichte Asgore sein Fundstück. „Oh, danke, das ist aber lieb … was da wohl drin ist?“, fragte Asgore und begann sofort, die Verpackung vom Geschenk herunterzureißen. Er wusste bereits, was sich darin befand, dennoch fiel es ihm nicht schwer, seine Freude über den Inhalt zu freuen. Im Gegenteil, er machte ihn trotz des Vorwissens sehr, sehr glücklich. „Der Pullover hat eine ausgezeichnete Farbe, passend zu deinen Augen … zieh ihn doch mal an“, sagte Gridiron und Asgore ließ sich das nicht zweimal sagen, sofort stülpte er sich den Pullover über und sah sein Geschenk mit vollem Stolz an. „In der Tat, ich hatte recht“, sagte Gridiron und legte die Finger ans Kinn. Kurz zupfte er mit seinen sehr warmen Fingern an Asgore herum, bemühte sich aber, den Pullover nicht in Brand zu setzen. Erneut sah er seinen König mit ein wenig Abstand an und nickte dann zufrieden. Asgore war sich sicher, dass Gridiron noch etwas sagen wollte, doch dessen Aufmerksamkeit wurde bereits von seinem Sohn beansprucht. „Ofenhandschuhe. Sehr praktisch für meine Magieübungen“, sagte Grillby und Asgore konnte sich ein kleines Lächeln vorstellen, dass das Gesicht des Jungen zieren würde, wenn es sichtbar genug wäre. Gridiron tätschelte seinem Sohn den Kopf. „Dann sollten wir wohl ans Werk gehen, nicht wahr? Wie praktisch, dass Santa deinen Wunsch berücksichtigt hat, damit kannst du mir endlich zur Hand gehen. Das wird eine kleine Premiere, aber auch wichtig für dich, wenn du eines Tages meinen Pub übernehmen möchtest“, sagte er und Grillby lauschte jedem Wort seines Vaters mit einer starken Portion Neugierde. Zumindest verriet es seine Körperhaltung. „Asgore, du entschuldigst uns, aber die Essensversorgung, nun, die passiert nun mal nicht von allein. Wir können uns gerne später oder zu einem anderen Zeitpunkt weiter unterhalten“, verabschiedete das Feuermonster sich von Asgore, bevor es sich mit seinem Sohn auf dem Weg in den Pub machte. „Sehr gerne doch, Gridiron, bis später dann“, sagte Asgore in der Hoffnung, dass sein Freund dies noch hören konnte. Dann wandte er sich wieder an die anderen Bewohner der Stadt, beobachtete, wie diese ihre Geschenke aufrissen oder voller Freude betrachtete. Er konnte nicht mehr sagen, welche davon er selbst besorgt hatte und welche ihm zugesandt worden waren, mit der Bitte, es in Santas Namen einem bestimmten Monster zu schenken. Normalerweise gab es hier niemanden, dem er dabei eine besonders große Aufmerksamkeit schenkte, er freute sich allgemein für und mit seinem Volk und war glücklich, sie wieder für einen Moment von ihrem traurigen Schicksal ablenken zu können. Doch diese Bescherung war es anders, dieses Mal gab es zwei Kinder, deren Reaktion er genauestens erfahren wollte. In der Hoffnung, nicht zu spät zu sein, ging er mit eiligen Schritten durch die Massen, sein Blick wanderte umher in der Hoffnung, die beiden Skelette finden zu können. Es dauerte wenige Minuten, aber als er sie sah, ging erleichtert sein Herz auf. Er konnte sehen, wie Papyrus dabei war, ein Geschenk nach dem anderen zu öffnen, offenbar hatte er gerade einmal die Hälfte davon geschafft. Viel zu sehr war er damit beschäftigt, sich über seinen Schal und die kleinen Handschuhe zu freuen, die er sich bereits angezogen hatte. Sein Bruder dagegen saß mit zufriedener Miene im Schnee und beobachtete seinen Bruder dabei, wie dieser energiegeladen vor ihm herumalberte. Als er in ihrer Nähe angekommen war, bemerkten die beiden ihn nicht, im Gegenteil, sie waren viel zu sehr auf den jeweils anderen fixiert. „Die Sachen sehen echt sehr gut an dir aus, Bro“, sagte Sans mit einer ziemlich ruhigen Stimme, doch Asgore konnte die Begeisterung darin trotzdem hören. Papyrus schien es nicht anders zu gehen. „Danke dir! Ja, die stehen mir wirklich gut. Und hättest du einen Brief an Santa geschrieben, hättest du dich an ebenso großartigen Sachen erfreuen können. Ich verstehe dich immer noch nicht!“ Sans zuckte mit den Schultern, dann lehnte er sich vor und legte seinen Kopf auf den verschränkten Armen ab. „Ach, das verstehst du, wenn du älter bist“, sagte er und damit war das Thema für ihn erledigt. Papyrus zog eine enttäuschte Miene, ließ sich jedoch nicht davon unterkriegen und drehte sich zurück zum Baum um, bereit, seine letzten zwei Geschenke zu holen. Mit eiligen Schritten schnappte er sich, was ihm gehörte und für einen Augenblick befürchtete Asgore, dass Papyrus das Schildchen übersehen könnte, doch ein lauter Aufruf ließ jegliche Sorge verpuffen. „Sans! Komm schnell her, Sans! Auf einem dieser Päckchen steht dein Name!“, rief Papyrus aufregt, kaum hatte er seinen Kopf in die Richtung seines Bruders gedreht. „Moment, was?“, fragte Sans überrascht und erhob sich wie in Zeitlupe aus seiner bequemen Sitzposition. „Jetzt komm schon, Sans, hier ist ein Geschenk für dich, jetzt beeil dich doch!“, begann Papyrus nun sich laut zu beschweren und die ersten Monster richteten ihre Blicke in seine Richtung. Sans dagegen ging mit langsamen Schritten zum Baum hinüber und bückte sich, hielt sein Geschenk in der Hand und betrachtete es argwöhnisch. „Stimmt, hier steht mein Name. In Santas Schrift“, sagte er, als er das Zettelchen in der Hand hielt und las, was darauf geschrieben stand. „Mach es auf, mach es auf! Santa hat dich nicht vergessen, er fand es sicherlich auch dumm, dass du den Zettel vergessen hast. Aber dieses Mal hat er dir auch was geschenkt und ich möchte wissen, was es ist!“ Sans war lange nicht so begeistert wie sein Bruder, das konnte Asgore ihm ansehen, dennoch schien er auch nichts dagegen zu haben, ein überraschendes Geschenk zu bekommen. Unter den wachsamen Augen von Papyrus öffnete dieser sehr langsam die Bänder, die die Schachtel verschlossen hielt und hob den Deckel hoch. Derweil ist aus dem aufgeregten Zittern des Skelettkindes ein unaufhaltsames Hüpfen geworden. „Was ist es, was ist es?“, wollte er unbedingt wissen und kaum holte Sans den Inhalt heraus, brachte Papyrus laut seine Freude zum Ausdruck. „Wowie, Santa hat dir auch eine Actionfigur geschenkt! Dann kann ich mit dir zusammen Superhelden spielen, du mit deiner Figur und ich mit meinen!“ Papyrus grinste seinen Bruder an und Asgore konnte die kleine Zahnlücke erkennen, die den kleinen Jungen zierte. „Ja, das können wir, Bro“, sagte Sans ruhig, aber mit einem breitem Lächeln im Gesicht. „Das ist echt nett von Santa, dass er an mich gedacht hat, obwohl ich ihm keinen Zettel geschrieben habe. Muss wohl ein sehr nettes … ein sehr netter Kerl sein“, korrigierte er sich selbst, während er ein wenig in Asgores Richtung sah. Dieser begann zu schlucken, hatte Sans ihn zuvor etwa doch gesehen und sofort erkannt? Trotz des Kostüms und der Kreide? Doch Sans richtete seine volle Aufmerksamkeit wieder auf seinen Bruder zurück und beobachtete ihn, wie dieser seine restlichen Geschenke öffnete. Wie dieser sich freute, sowohl für sich selbst als auch für Sans. Ungeduldig zerrte Papyrus am Ärmel seines Bruders, offenbar wollte er ihr gemeinsames Spiel auf der Stelle in die Tat umsetzen. Sans schien ein wenig unwillig zu sein, setzte sich dann aber zu seinem Bruder in den Schnee und begann, mit ihm zu spielen. Kurz sah sich Asgore um, um herauszufinden, zu welchen Eltern die beiden Kinder gehörten, wurde jedoch nicht fündig. Eine weitere Angelegenheit, um die er sich so schnell wie möglich kümmern musste. Am besten in den nächsten Tagen noch. Dass der heutige Tag dafür nicht richtig war und er in den Kindern keine unpassenden Wunden aufreißen wollte, war ihm mehr als bewusst.   Für den Moment begnügte er sich damit, die beiden Skelettbrüder dabei zu beobachten, wie sie viel Spaß mit ihren Geschenken hatten. Wie sie miteinander spielten und zusammen lachten, begann in ihm selbst Erinnerungen zu wecken, die er lange nicht mehr hatte. Vor seinem inneren Auge sah er Chara und Asriel, wie sie stets zusammen herumgetollt hatten. Wie sie Spiele spielten, die Chara aus der Menschenwelt überliefert hatte; oder Spiele, die die beiden sich zusammen ausgedacht hatten. Wie unzertrennlich die beiden gewesen waren, ein Herz und eine Seele. Bis das Schicksal es nicht gut mit ihnen meinte und es ihm beide weggenommen hatte. Verloren, an einem Tag, erst das eine Kind, dann das andere. Ohne, dass er es verhindern konnte, füllten sich seine Augen mit Tränen und es dauerte auch nicht lange, bis sich die eine oder andere davon ihren Weg über sein Gesicht bahnte. Asgore schluckte erneut und er spürte, wie sich ein Knoten in seinem Hals bildete. „Asgore, ist alles in Ordnung mit dir?“, konnte er die besorgte Stimme von Gridiron hören und spürte, wie sich dessen warme Hand auf seine Schulter legte. Sofort wischte sich Asgore mit der Hand über die Augen und trocknete sein Gesicht so gut es ging. „Ja, ja, keine Sorge, es ist alles in Ordnung“, sagte Asgore leicht schniefend. „Wirklich? Wenn du möchtest, kannst du darüber reden…“ „Ich bin mir sicher, Gridiron, alter Freund, es ist wirklich nichts.“ Asgore zwang sich zu einem Grinsen und sah Gridiron ins Gesicht, als würde er Blickkontakt aufbauen wollen. Für Gridiron ein Zeichen, dass Asgore nicht näher darauf eingehen wollte. „Weißt du“, sagte Asgore, drehte seinen Kopf und blickte in die Monstermasse hinein. „Es ist einfach nur, dass mich die Stimmung und die Freude der anderen so ergriffen hat. Wenn ich sehe, wie sich mein Volk, besonders die Kleinen unter ihnen sich so über die Geschenke freuen, das erwärmt mein Herz. Bis es dann doch zu viel wurde“, sagte er und wischte sich eine weitere Träne aus dem Augenwinkel weg. Gridiron schwieg, folgte jedoch Asgores Blick und sah sich ebenfalls die vielen Monster an, die sich aufgeregt untereinander austauschten. So verharrten sie für wenige Minuten, ihren Gedanken nachgehend. Bis Gridiron die Hand von Asgores Schulter nahm. „Soll ich dir einen Kakao mit Schuss machen? Das könnte dir bei deiner … Ergriffenheit ein bisschen helfen, denkst du nicht?“ Asgore sah ihn ein weiteres Mal an und dieses Mal war das Lächeln aufrichtig, mit dem er seinen alten Freund ansah. „Gerne doch. Und bitte mit einem kleinen, leicht angerösteten Marshmallow drauf, wenn ich noch einen Sonderwunsch äußern darf?“ „Natürlich. Für dich doch jederzeit gerne“, sagte Gridiron und machte sich auf den Weg zurück in seinen Pub. Asgore dagegen blieb auf der Stelle stehen, wenige Minuten später hielt er seine Tasse fest in den Händen und pustete den Inhalt an. „Frohe Weihnachten, Asgore“, sagte Gridiron und legte seinen Arm um die Schulter des Königs. Dieser nahm einen großen Schluck aus seiner Tasse. „Danke, das wünsche ich dir auch, alter Freund.“ Dabei lächelte er vor sich hin, mit einem warmen und angenehmen Gefühl im Bauch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)