Tale of Koguma von TheGoodWifeyLife (Icewind Dale - Rime of the Frostmaiden) ================================================================================ Prolog: Mutter -------------- Stille. Alles um mich herum war getränkt in eisiger Stille und unerträglicher Kälte. Ich versank tiefer und tiefer in dieser Kälte die mich umgab. Wieso hatte sie das nur getan? Wieso liebte sie mich nicht mehr? Mutter! Ich wollte nach ihr rufen, meine Hände nach ihr ausstrecken. Doch das eisige Nass hatte meine Lungen bereits gefüllt und meine Glieder gefrieren lassen. Das Salz des Wassers und der Schmerz brannten, während alles andere gefror. Stille! Tiefer und tiefer versank ich im Meer, sowie in den Fragen, die ich hatte. Doch da war nur Stille und Schweigen. Meine Tränen machten das Meer noch ein wenig salziger und füllten es mit mehr Tod. Tod! Das war es wohl, was mich erwartete. Zuvor hatte ich nie ganz verstanden, was das wohl bedeutet. Mutter sagte, Vater sei tot. Auch sie hatte damals geweint und Vater kehrte nie zurück. Ein böser Frostriese habe ihn von uns genommen, sagten sie. Doch wohin hatte er ihn mitgenommen? War er wohl hier, auf dem Grund des treibenden Eismeeres? Würde ich ihn hier wieder sehen? Mehr Kälte und Furcht erfüllten mich. Vaters Herz war stets aus Eis gewesen. Immer wenn er mich sah, gefror sein Blick und er wandte sich von mir ab. Ich war nicht traurig, als er verschwand. Doch scheinbar war Tod eine böse Sache. Denn auch Mutters Herz wurde von Kummer und Kälte erfüllt, seit er fort war. Sie übernahm seine Aufgaben und wurde Königin unseres Stammes. Doch die Menschen sagten, dass seither Eiswasser aus ihrem Herzen fliese. Hatte ihr Herz dieses Meer geschaffen? Es fühlte sich ebenso kalt an. Kälte war alles, was ich noch kannte. Stille. Kälte. Dunkelheit. Das wenige Bisschen Licht, welches über der Oberfläche existierte, war nun ungreifbar für mich. Ich ergab mich der Dunkelheit und begab mich in die Hände des Todes. Hände! Sie zerrten an mir, rissen mich in die Tiefe! Nein! Mein Körper wurde nicht tiefer, sondern zurück an die Oberfläche gezogen. Der zuvor erloschene Lichtpunkt tauchte wieder auf und plötzlich war da nichts als Licht! Licht und Schmerz der meinen gesamten Körper erfüllte und die Taubheit der Kälte ablöste. Das Salz in meinen Lungen brannte erneut und meine Glieder pochten unerträglich, als das Blut zurück in seine Bahnen floss. Hitze umgab mich. Zuerst glaubte ich zu verbrennen. Doch es war eine angenehme Wärme die mich umgab. Nicht nur die Temperatur verwunderte mich. Ebenso war es die Geste von der sie ausging. Jemand hielt mich in den Armen. Wie lange war es her, dass Mutter mich so gehalten hatte? „Ich wusste, dass du mich nicht verlassen würdest, Mutter!“ brachten meine blauen Lippen krächzend hervor, bevor Erleichterung und Erschöpfung mich in einen kurzen aber tiefen Schlaf begleiteten. Von weit her vernahm ich noch eine Stimme, welche mir gänzlich unbekannt war, sich aber dennoch herzlich und warm anfühlte. „Tut mir leid. Du hattest wohl jemand anderen erwartet. Doch keine Sorge. Ich werde dich von hier fortbringen.“ Nach einer Weile erwachte ich kurz aus meinem traumlosen Schlaf. Noch immer wurde ich von diesen starken warmen Armen gehalten, getragen. In meinem Inneren wusste ich nun, dass es nicht meine Mutter war. Sie hatte mich verlassen. Ich schluchzte. Wer auch immer mich trug, schien dies zu bemerken und hielt kurz inne. Noch leicht benommen blinzelte ich mit den Augen und versuchte ein Gesicht zu erkennen. Zuerst sah ich nur weißes Licht. Doch nach einer Weile hoben sich die verschiedenen Nuancen voneinander ab und über mir erschien das Gesicht eines schneefarbenen Bären. Für ein Tier erschien die Mimik jedoch zu fein. Das Fell war an manchen Stellen zu lang und zu kräftigen mit Perlen verzierten Zöpfen verflochten. Ein Auge des Bären war mit einer ledernen Augenklappe bedeckt. Der Bär blickte zu mir herunter und schenkte mir ein freundliches Lächeln. „Oh, guten Morgen!“ begrüßte sie mich, mit einer tiefen, aber weiblich klingenden Stimme. Sie setze ihren Gang fort, wendete den Blick jedoch nicht von mir ab. Ich betrachtete ihr Gesicht noch eine Weile und versuchte meine Situation einzuschätzen. Mein Stamm jagte Bären und mein ganzes Leben lang wurde mir geraten, ihnen gegenüber vorsichtig zu sein, da sie sehr gefährlich seien. Dennoch spürte ich keinerlei Furcht. Eher im Gegenteil. Diese Bärin hatte mich gerettet, anstatt mich zu fressen und trug mich nun in ihren warmen Armen. Zudem sprach sie unsere Sprache und wirkte einfach so… menschlich. „Wer…?“ war alles, was ich hervorbrachte. Ein Husten unterbrach meine Frage. Meine Lungen und mein Mund brannten zu sehr, als dass ich ein weiters Wort hätte sprechen können. Besorgnis schlich sich in den Blick der Bärin, wurde aber schnell wieder von purer Herzlichkeit abgelöst. „Mein Name ist Oyaminartok! Mach dir keine Sorgen. Ich werde dir nichts tun und dich in die nächste Stadt bringen. Versuch noch ein wenig zu schlafen und nicht zu sprechen. Du hast viel Salzwasser geschluckt.“ erklärte sie mir. Wie um ihre Worte zu unterstreichen, musste ich erneut husten. Meine Hand legte sich um meinen schmerzenden Hals. „Hier!“, sagte Oyaminartok und löste einen Arm aus der Umarmung, um nach ihrem Gewand zu greifen und es wie eine Decke um mich zu legen „Halt dich damit warm, bis wir da sind.“ Ich griff nach dem dunkelgrünen Stoff und zog ihn an mich heran. Der Mantel roch nach Moschus und Leder, vielleicht ein klein wenig nach Fisch. Ackerforelle dachte ich noch, während ich mit diesem Geruch in der Nase und dem leichten Wippen von Oyaminartoks Schritten erneut in den Schlaf gewogen wurde. Das nächste Mal erwachte ich, als die Bärin mich sanft auf einem größeren Felsen ablegte. Noch immer war ich in ihren grünen Umhang gewickelt wie ein Neugeborenes. Ein leichter Schneesturm säuselte zwischen den Bäumen, welche uns umgaben. Ich konnte meine Augen nicht ganz öffnen, doch ich sah, wie meine Retterin sich ein paar Schritte von mir entfernte. Erneut stieg Panik in mir auf und ich schaffte es irgendwie die Kraft aufzubringen, mich aufzusetzen. Bitte lass mich nicht zurück, schrie ich in Gedanken. Obwohl die Worte nicht über meine Lippen kamen, blieb Oyaminartok stehen und blickte in das unter uns liegende Tal. „Wir sind bald da.“, sagte sie, drehte sich zu mir um und lächelte „Doch so kann ich dich nicht in die Stadt bringen!“. Die Bärin zeigte mit ihren großen Pranken an ihren Körper herab und lachte, wobei ihre scharfen Zähne zum Vorschein kamen. Sie kam wieder auf mich zu und bückte sich zu einem Lederbeutel herunter, welchen sie neben mir abgelegt hatte. Nach einem Moment des Suchens kramte sie einen Becher aus Lehm und einen kleinen Stoffbeutel hervor. Sie löste die Schlaufe des Beutels und schüttete mir unbekannte Kräuter aus dem Beutel in den Becher. Anschließend blickte sie zu mir auf und ertappte mich dabei, wie ich genau beobachtete, was sie tat. Ein leicht geschnaubtes Lachen entwich ihren Lefzen, als sie wieder aufstand. Sie ging an mir vorbei und ich schaute ihr weiter nach. Erst jetzt sah ich, dass hinter mir mit schwacher Flamme ein Lagerfeuer brannte, über dem eine kleine kupferne Kanne erhitzt wurde. Oyaminartok nahm die Kanne vom Feuer und goss heißes Wasser über die Kräuter. Obwohl der Becher mit Tee sich etwa sieben Fuß entfernt in der großen Bärenklaue befand, schwappte augenblicklich ein lieblich herber Geruch zu mir herüber. Die Bärin kam mit dem Getränk zu mir und legte mir führsorglich den grünen Mantel wieder um die Schultern. Er musste verrutscht sein, als ich mich aufgesetzt hatte. „Du hast wirklich gar keine Angst vor mir, oder?“ fragte sie mich mit ihrer warmen Stimme. Ich schüttelte hastig den Kopf. Ich wusste nicht, weshalb sie sich so um mich sorgte, geschweige denn, warum sie mich überhaupt gerettet hatte. Doch ich war heilfroh, dass sie da war. Oyaminartok hielt mir den Tee hin und schmunzelte. Dankend nahm ich das duftende Gebräu entgegen. „Du wirst mal eine sehr mutige und starke Frau werden… Da fällt mir ein, dass ich noch gar nicht deinen Namen kenne.“ Ich öffnete meinen Mund um zu antworten, nur um von einem Stechen in meinem Hals daran erinnert zu werden, dass es wohl noch eine Weile dauern würde, bis ich wieder sprechen konnte. Sie hielt sich eine von der Pfote gespreizte Kralle vor die Schnauze „Psst. Du solltest ihn mir besser nicht verraten. Ohnehin wirst du wohl einen neuen brauchen. Aber wir finden schon etwas passendes. Und jetzt trink erstmal. Der Sturm wird das Wetter sicher noch etwas herunterkühlen und wir haben noch etwa einen halben Tagesmarsch vor uns.“ Sie deutete auf den Becher in meinen Händen, bevor sie wieder aufstand und erneut ins Tal blickte. Ich nahm einen großen Schluck von meinem Tee und die Wärme breitete sich umgehend in meinem gesamten Körper aus. Doch es geschah noch etwas anderes. Meine Augenlieder wurden schwer und erneut überkam mich eine Müdigkeit, von der ich spürte, dass ich nicht gegen sie ankommen würde. Verwirrt blickte ich auf und meine Blicke suchten nach Oyaminartok. Doch stattdessen stand vor mir nun eine aus Stein gemeißelte Frau, kräftig, aber wesentlich zierlicher als die Bärin, welche grade noch an ebendieser Stelle gestanden hatte. Ich blinzelte, in dem Glauben mich verguckt zu haben. Doch die sanfte Bestie war verschwunden und war einer wunderschönen steinernen Frau gewichen. Sie blickte zu mir herüber und schmunzelte. „Du hast mich Mutter genannt… Vielleicht sollten wir dich Koguma nennen. Wo ich herkomme, bedeutet das Bärenjunges.“ Die Frau kam auf mich zu und hielt mich fest, sodass ich nicht fiel, als ich dem Schlaf beinahe erlegen war. Erneut bettete Oyaminartok mich auf dem verschneiten Felsen. Ich wusste das sie es war. Ihre Umarmung war genauso warm und sie roch nach Moschus, Leder und Ackerforellen. Jeder andere hätte diesen Geruch wohl als unangenehm empfunden. Doch für mich bedeutete er von diesem Tage an Geborgenheit. Es war ein ganzer Tag vergangen, bis ich allmählich wieder zu Bewusstsein kam. Ich spürte, dass ich in einem Bett lag. Stimmgewirr schwirrte durch den Raum, in dem der Geruch von Heilkräutern lag. Ich wagte weder die Augen zu öffnen, noch mich zu bewegen. So hatte man es mir beigebracht, wenn man irgendwo erwachte und nicht direkt wusste, wo man war. Nur langsam wurden mir die Ereignisse des vergangenen Tages Stück für Stück wieder bewusst. Mit einem Ruck setzte ich mich auf, mit weit aufgerissenen Augen. In mir entbrannte das Verlangen nach zwei Personen, denen ich im Geiste zwei Schwüre leistete, wie sie unterschiedlicher nicht hätten sein können; uneingeschränkte Dankbarkeit und maßlose Rachlust! Diese beiden Gefühle rangen in mir und sie beide waren so unfassbar stark, dass keines von ihnen an diesem Tag über das andere obsiegen würde, sodass sie sich als ein einziges forderndes Wort manifestierten: „Mutter!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)