Love Is Blind von Last_Tear ================================================================================ Kapitel 1: Sugar&Spice ---------------------- Dezember, eisige Kälte, Schneechaos. Weihnachtsstress. Mit einem tiefen Seufzen ließ sich Takashi auf sein Bett fallen und vergrub das Gesicht im Kissen. Scheißdreck. Blödes Wetter, blöde Menschen, alles blöd. Ihm war kalt, er war müde und er war verflucht noch mal einsam. Dabei war alles, was er jetzt wirklich wollte, ein heißes Bad, eine Tasse Kakao und jemandem zum kuscheln. Möglich war nichts davon, weil er in dreißig Minuten bei seinem Zweitjob sein musste. Den er brauchte, weil es kurz vor Weihnachten war und es da immer einen riesigen Umsatz gab. Er war nur einfach nicht gewillt, aufzustehen und sich mit glücklichen Pärchen zu umgeben. Zum kotzen. Mit einem schweren Seufzen drehte er sich auf den Rücken, starrte an die Decke und schloss die Augen. Wieso konnte man sich nicht teleportieren? Warum musste er sich mit anderen Menschen jetzt noch in der Bahn einquetschen lassen? Er war doch keine Sardine! Das musste anders gehen. Mit einem schweren Seufzen zog Takashi sein Handy aus der Tasche, scrollte langsam durch die Kontakte. Vielleicht hatte er ja Glück. Wenn er lieb genug fragen würde… Vielleicht war es unfair, einen einseitigen Crush so auszunutzen, aber sollte er mit jedem erstbesten Kerl ins Bett steigen? Konnte auch keiner von ihm erwarten, er hatte Ansprüche, verdammt noch mal. Und für billig hatte er sich bisher auch nie gehalten. Eine kurze Nachricht, inklusive niedlichem Bildanhang war schnell getippt und abgeschickt und er hatte sich in der Zwischenzeit ins Bad geschleppt um sich zumindest eine heiße Dusche zu gönnen. Irgendwie musste er ja auftauen, sonst würde er noch andere Klamotten brauchen. Und ein Ganzkörperthermosanzug war leider absolut nicht sexy. Keine zehn Minuten später hatte er sich gerade seine Uniform geangelt, als eine Nachricht eintraf. Natürlich hatte er angebissen. Wie jedes Mal. Perfekt. Es war doch gut gewesen, das Bild mitzuschicken. Jetzt war er doch schon etwas besserer Laune und mit einem leisen Summen hatte er sich fertig gemacht, sicher gestellt, dass er alles wichtige in die Handtasche geschmissen hatte und dann hatte er die Wohnung verlassen. Vor der Tür wartete auch schon sein Fahrdienst und er hatte diesem schmunzelnd einen zarten Kuss auf die Wange gedrückt. „Danke, du rettest mir den Hintern. Wär ja blöd, wenn ich mir den abfriere, nicht?“ Damit hatte er seinem Gegenüber zugezwinkert und es sich auf dem Beifahrersitz bequem gemacht, während er innerlich schmunzeln musste. Männer. So viel einfacher um den Finger zu wickeln, wenn man seine Reize gekonnt einsetzte. Und es war ja nicht so, als ob er irgendetwas Böses tun würde. War ja nicht seine Schuld, dass der Idiot in ihn verliebt war und alles für ihn tat - er hatte ihm mehr als deutlich gemacht, dass das rein freundschaftlicher Natur war und nie mehr werden würde. Pech. Aber wer nicht hören wollte, musste eben leiden oder so. Die Autofahrt verlief schweigend, nur das Radio spielte im Hintergrund und Takashi nutzte die Gelegenheit um sein Make-up direkt aufzutragen. So hatte er schon ein paar Minuten gespart und konnte es sich vielleicht noch leisten, kurz eine Zigarette zu rauchen, bevor er sich einstempeln musste. Das hatte er nämlich nicht mehr geschafft nach der Uni. Wenigstens war es heute halbwegs interessant gewesen, dass es sich gelohnt hatte, sich nicht nur zu den Pflichtkursen hin zu quälen auch wenn er zwei Kurse mit Schlaf nachholen verbracht hatte. Immerhin hatte er für seinen ersten Job bereits um sechs Uhr morgens aufstehen müssen. Das Kosmetikstudio öffnete zwar erst um acht Uhr, aber es gab so viel vorzubereiten außerdem musste er eine halbe Stunde mit der Bahn hinfahren! Als Lichtblick bekam er aber immerhin Rabatt und die Nageltechnikerin kannte ihn mittlerweile beim Vornamen und war echt nett. Manchmal wenn Not am Mann war, blieb er sogar als Aushilfe. Immerhin, extra Geld konnte er immer gebrauchen, die Studiengebühren zahlten sich ja leider nicht von allein. Takashi wurde erst durch eine sanfte Berührung an seiner Wange aus seinen Gedanken gerissen und für einige Momente starrte er sein Gegenüber irritiert an, bis ihm bewusst wurde, dass sie offenbar bereits ihr Ziel erreicht hatten. Umso besser. Mit einem schnellen „Danke.“, hatte Takashi seine Sachen zusammen gepackt und gerade aussteigen wollen, als sein Fahrer doch noch das Wort ergriff. „Darf ich dich abholen? Wir könnten essen gehen und ich fahr dich nachhause?“ Huh. Takashi legte den Kopf leicht schief, musterte den Anderen aufmerksam. Wenn er bei der Kälte nicht mehr würde laufen müssen, wäre das eigentlich wahnsinnig praktisch. Trotzdem war er skeptisch. Die Sache hatte doch sicherlich einen Haken. „Bitte, Taka. Ich zahle auch.“ Oh. Heute ging das Gebettel aber früh los. Allerdings was sprach gegen ein gratis Abendessen? Takashi lächelte sanft, bevor er sich über die Mittelkonsole gebeugt hatte, dass er den Anderen küssen konnte. Das war das Mindeste, was er tun konnte um ihn bei Laune zu halten. Je nachdem wohin sie essen gehen würden, würde er sich vielleicht sogar zu einem Blowjob herab lassen. „Ok. Ich schreib dir eine halbe Stunde bevor ich Feierabend habe. Bis dann mein Hübscher und fahr vorsichtig.“ Noch ein liebevoller Kuss folgte, bevor er sich gelöst, dem Anderen zugezwinkert hatte und ausgestiegen war. Igitt. Er brauchte jetzt dringend Alkohol um seinen Mund zu desinfizieren. Weil sich Takashi jedoch sicher war, beobachtet zu werden, legte er einen kleinen Hüftschwung hin auf den letzten fünf Metern zum Café und kaum, dass er durch die Tür geschlüpft war, atmete er tief durch und schloss für einige Sekunden die Augen. Endlich in Sicherheit. So praktisch das Kerlchen auch war, so wahnsinnig anstrengend konnte er auch sein. Klar war ihm bewusst, dass er selbst Schuld war, so wie er mit dem Anderen spielte und immer wieder Hoffnungen weckte, aber was sollte er denn tun? Er war ein armer Student, der Idiot war CEO in der Firma seines Vaters - der hatte Geld wie Heu. Wenn den schon jemand abzog, warum denn dann nicht er? Mit einem leisen Summen verschwand Takashi in den Personalbereich - damit wäre das Abendessen auch geklärt. Nachdem er seinen Mantel aufgehängt hatte, streckte er sich ordentlich, verstaute seine Handtasche und warf einen Blick in den Spiegel um sein Outfit zu überprüfen und Lipgloss aufzutragen. So sehr er die Kundschaft auch mochte - er musste zugeben, er liebte die Uniform die er während dieser Jahreszeit tragen durfte. Ein hübsches rotes Kleid dass ihm bis zu den Knien ging, rote Stulpen mit weißem Pelzbesatz, rot-weiße Kniestrümpfe und grüne Overkneestiefel zusammen mit einer grünen Schürze und einer roten Weihnachtsmannmütze mit silbernen Sternchen. Die Absätze hatten die perfekte Höhe um seine Beine zu betonen und auch wenn es nicht danach aussah, das Outfit war warm genug wenn man ständig in Bewegung war so wie er. Und mit den zwei seitlichen Zöpfen sah er einfach zum anbeißen niedlich aus. Nach einem letzten, prüfenden Blick in den Spiegel hatte Takashi auch den Verkaufsraum betreten und bereute es beinahe sofort als eine seiner Kolleginnen ihm freudestrahlend um den Hals fiel. „Mein Lebensretter! Ich dachte schon du kommst bei dem Wetter nicht.“ Während er ihr vorsichtig die Schulter tätschelte, verdrehte Takashi innerlich die Augen. Als ob er es sich würde leisten können, eine Schicht zu verpassen. Noch dazu in der Vorweihnachtszeit wo die Menschen viel zu viel Geld ausgaben um sich gegenseitig zu belügen und nach dem großen Fest gleich wieder fallen zu lassen. Widerlich. „Aber Aya…Ich könnte dich doch niemals allein lassen.“ Damit zwang er sich zu einem sanften Lächeln, tätschelte ihr erneut die Schulter und löste sich dann mit ein wenig Nachdruck von ihr. Sie war ja nett. Aber manchmal so übertrieben anhänglich. „Wer war das eigentlich in dem schicken Auto der dich her gefahren hat? Ist das dein Freund? Der bringt dich doch recht oft her wenn schlechtes Wetter ist, oder nicht?“ Ach ja, noch eine Eigenschaft seiner Kollegin auf die er gut hätte verzichten können. Alles beobachten und nicht aufhören können zu reden. Wobei, wenn er so drüber nachdachte waren das zwei Eigenschaften…Auch egal. Mit einem tiefen Seufzen hatte sich Takashi seine Ausrüstung geholt - bestehend aus Block und Stift - und sich gezwungen tief durchzuatmen. Er war auf der Arbeit, hier musste er seine Maske wieder aufsetzen, nett sein, so tun als ob er kein Arschloch war, der andere Menschen wegen Geld ausnahm. Wobei das konnte man als Schmerzensgeld sehen, so lange wie er den Kerl schon ertrug. „Nein, Yoshiatsu ist nicht mein Freund. Falls du Interesse hast, geb ich dir seine Visitenkarte, er freut sich bestimmt, wenn du dich bei ihm meldest, Er ist ziemlich einsam weißt du?“ Und verzweifelt. Aber das behielt er lieber für sich. „Ehrlich? Super das rettet mir Weihnachten!“ Takashi zuckte leicht zusammen, als er einen Kuss auf die Wange gedrückt bekam - offensichtlich hatte er da ja gerade die zwei Richtigen verkuppelt. Super. Wenigstens wusste er dass ihn das nicht um Yoshiatsus Weihnachtsgeschenke bringen würde. Schmuck und Bargeld. Wenigstens konnte der Kerl sich seinen Lieblingsdesigner merken. „Kein Thema…übernimmst du noch kurz meine Sektion mit? Ich brauch erstmal einen Kaffee.“ Mit einem Nicken war Aya damit auch schon strahlend zurück zu den Gästen gegangen und Takashi hatte sich mit einem tiefen Seufzen auf einen ihrer Barhocker fallen lassen und den Kopf auf den Tresen gelegt, Block und Stift hatte er halbherzig in die Tasche seiner Schürze geschoben. Er sah erst wieder auf, als jemand ihm eine Tasse zuschob und der himmlische Geruch von Kaffee ihn erreichte und mit einem müden Lächeln hatte sich Takashi bemüht, wieder eine normale Sitzhaltung anzunehmen, dass er zuerst den Kaffee und dann ihren Barista anlächeln konnte. „Ich liebe dich. Und du bist mein Lebensretter!“ Damit hatte er Tomo einen Handkuss zugeworfen, woraufhin dieser lachend den Kopf schüttelte. „Du bist die einzige Person die ich kenne, welche ihrem Kaffee sagt, dass er geliebt wird…“ Takashi murrte leise, hatte direkt eine Schnute gezogen und schließlich Tomo mit dem Keks welchen dieser auf dem Unterteller platziert hatte, beworfen. „Du bist doof. Außer Kaffee hab ich doch nichts, worauf ich mich im Leben freuen kann.“ Tomo hatte den Keks mittlerweile gefangen, schulterzuckend ausgepackt und sich selbst zwischen die Lippen geschoben, was Takashi nur noch mehr zum Schmollen brachte. Wieso ließ sich der Kerl bitte von nichts aus der Ruhe bringen? „Dann hast du ja Glück, dass ich da bin um dir den Tag zu retten.“ Beinahe hätte sich Takashi an seinem Kaffee verschluckt als Tomo ihm zuzwinkerte und er konnte diesem nur nachsehen als Tomo in Richtung Espressomaschine verschwand. Blöder Bastard aber mit nem echt hübschen Hintern. Und leider wusste Tomo wirklich wie man guten Kaffee machte. Kopfschüttelnd hatte Takashi seine Tasse leer getrunken, sich wieder ein Lächeln auf die Lippen gezwungen und sich auf den Weg zu seinem ersten Tisch gemacht. Als endlich der letzte Gast das Café verlassen hatte, war Takashi mehr als bereit auf der Stelle umzufallen. Er hatte vergessen wie anstrengend es war stundenlang zu lächeln, freundlich zu sein, Komplimente zu verteilen und ständig hin und her zu rennen. Aber es hatte sich gelohnt. Wenn das so weiter gehen würde, würde er sich selbst ein tolles Weihnachtsgeschenk machen können - Urlaub. Weit weg von Japan, jedem der ihm auf die Nerven ging und vor allem weit weg von der Uni. Wobei weit weg auch übertrieben war aber Thailand sollte ja auch ganz schön sein. Oder Korea. Hauptsache er konnte die freie Zeit genießen ohne sich vor irgendwem jemals rechtfertigen zu müssen. Mit einem leisen Gähnen hatte er seine Sachen zusammen gepackt, sich von seinen Kollegen verabschiedet und war dann halb aus der Tür geschlichen. Natürlich hatte es begonnen zu schneien, alles war weiss und Takashi fluchte leise. In seinem übermüdeten Zustand wäre er sogar zur Bahnstation gelaufen, hätte nicht jemand seinen Namen gerufen. Mit einem irritierten Blinzeln hatte er sich umgesehen und fand sich direkt in Yoshiatsus Armen wieder. Oh. Ups. Den hatte er ja total vergessen. „Denkst du so schlecht von mir, dass du gleich davon ausgehst, dass ich dich hier allein rumirren lasse wenn wir noch Essen gehen wollen?“ Yoshiatsu klang wahnsinnig verletzt und Takashi musste aufpassen, dass er nicht die Augen verdrehte. Stattdessen schlang er die Arme um sein Gegenüber, dass er ihm einen sanften Kuss auf die Wange drücken konnte. „Entschuldige, war ein langer Tag. Ich würde dich doch niemals absichtlich stehen lassen.“ Sah er da wirklich Tränen in Yoshiatsus Augen schimmern? Abartig. „Versprochen…“ Damit hatte er sein Gegenüber liebevoll geküsst und erschauderte. Wenigstens küssen konnte der Kerl. Wie gut, dass Aya schon weg war, denn das hätte er nie im Leben erklärt bekommen. Yoshiatsu schien sich mit dieser Art der Entschuldigung auch abspeisen zu lassen und Takashi ließ sich von diesem zurück zum Auto führen und in den Wagen helfen. Den Weg zum Restaurant über hatte er gedöst und sich im Auto dann umgezogen. Er hatte ja nicht ahnen können, wohin Yoshiatsu mit ihm gewollt hatte. Wenigstens hatte der Idiot ihm passende Kleidung eingepackt, dass er nicht mehr aussah wie ein Kellner und Yoshiatsu hatte ihm geholfen, sein Make-up aufzufrischen, dass er sich, als er wenig später das Restaurant an Yoshiatsus Arm betrat, nicht komplett fehl am Platz fühlte. Sehr zu Takashis Erstaunen wurden sie sofort zu einem Tisch geführt und er ließ neugierig den Blick schweifen. Offenbar war Yoshiatsu hier bereits bekannt. Vermutlich Stammgast. Dafür sprach zumindest der Tisch, welcher ihnen zugewiesen wurde und die Tatsache, dass Yoshiatsu nicht mal einen Ton sagen musste, bevor auch schon ein Glas Wein vor diesem stand. Takashi hob beide Augenbrauen, wenn der Idiot sich jetzt zulaufen würde, würde er ihm das Geld für ein Taxi aus den Rippen leiern später. Er war doch nicht bescheuert und stieg zu wem ins Auto der Alkohol getrunken hatte! Yoshiatsu schien seinen Blick bemerkt zu haben, denn er schenkte ihm ein breites Lächeln, welches an Takashis Selbstbeherrschung zerrte. Hätte sein Magen nicht begonnen zu knurren, hätte er es sich mit dem Abendessen wohl doch noch mal überlegt. „Keine Angst Liebling, das bleibt bei einem Glas. Ich kann es doch nicht riskieren, dass dir was zustößt.“ Bei dem folgenden Zwinkern hätte sich Takashi am Liebsten übergeben, aber er zwang sich zu einem niedlichen Augenaufschlag, gefolgt von einem gewisperten „Danke.“ Obwohl Yoshiatsu für sie Beide bestellt hatte, musste Takashi zugeben, dass das Essen wahnsinnig lecker war. Er hatte nur keine Ahnung was es genau war, irgendetwas ausländisches. Aber gut, war auch das erste Mal dass er sich in ein so teures Restaurant hatte ausführen lassen. Yoshiatsu führte das Gespräch, während Takashi mit einem Ohr zuhörte. Selbst wenn es ihn interessiert hätte, er konnte nicht zuhören. Der Tag war zu lang gewesen, zu anstrengend. Zu viele Gäste, zu viele Bestellungen. Ihm schwirrte immer noch der Kopf, dass er nur ab und an zustimmende Laute von sich gab und sich komplett auf sein Essen konzentrierte. Es war ein Wunder, dass er es schaffte, aufzuessen. Als Yoshiatsu für sie bezahlte, war Takashi beinahe schon sicher, dass der Raum begonnen hatte sich zu drehen und auf dem kurzen Weg zurück zum Auto hätte er kein Wort von dem wieder geben können, was Yoshiatsu ihm erzählt hatte. Mit einem leisen Gähnen hatte sich Takashi angeschnallt und kaum dass das Auto sich in Bewegung gesetzt hatte, war er eingeschlafen. Er hatte erwartet, dass Yoshiatsu ihn nachhause fahren würde. Immerhin musste er morgen wieder zur Uni. Als Takashi jedoch am nächsten Morgen die Augen aufschlug, musste er sich erstmal orientieren. Das war weder sein Bett, noch seine Wohnung. Das ganze Schlafzimmer war beinahe schon doppelt so groß wie seine komplette Wohnung und es brauchte noch einige Sekunden, bis Takashi bewusst wurde, dass er sich in Yoshiatsus Bett befand. Im nächsten Moment saß er aufrecht und fluchte leise. Wie dreist konnte man bitte sein?! Wenigstens hatte er seine Klamotten noch an wie ein kurzer Blick unter die Bettdecke zeigte. Der zweite Blick machte ihm bewusst, dass er zwar Kleidung trug - aber nicht seine eigene. Was ihn davon abhielt, zu schreien, wusste Takashi selbst nicht. Vielleicht war es die Müdigkeit. Vielleicht das bequeme Bett. Eventuell war er auch noch vollkommen überwältigt davon, dass Yoshiatsu es wirklich für eine gute Idee gehalten gehabt hatte, ihn einfach mit in sein eigenes Zuhause zu nehmen. Während er geschlafen hatte! Mit einem schweren Seufzen hatte er sich umgesehen, wenigstens lag sein Handy auf dem Nachttisch. Was bedeutete, dass Yoshiatsu seine Sachen durchwühlt hatte. Fuck. Jetzt war er wirklich sauer. Vor allem weil er wahnsinnig sicher war, dass Yoshiatsu mit im Bett geschlafen hatte. Wo auch immer der Mistkerl jetzt hin war. Er wusste ja nicht mal, ob er sich noch in Tokyo befand! Wenigstens hatte sein Handy noch Akku und mit einem tiefen Seufzen hatte Takashi zuerst einen Blick auf die Uhr geworfen und sich dann wieder in die Matratze sinken lassen. Ok, es war eindeutig zu spät für die Uni. Viel zu spät. Ein Glück hatte er heute keine Kurse gehabt mit Anwesenheitspflicht. Nur was jetzt? Gerade als er sich überlegt hatte, Yoshiatsu anzurufen, wurde die Tür geöffnet und der Gesuchte traf mit einem breiten Grinsen auf den Lippen sowie einem Tablet mit einer Kanne, Geschirr und einer beachtlichen Menge an Essen ein. „Guten Morgen, Herzblatt. Hast du gut geschlafen? Ich dachte, ich verwöhn dich etwas nach der harten Nacht.“ Yoshiatsu schien sich absolut keiner Schuld bewusst zu sein und als dieser das Tablet auf dem Nachttisch abstellte, überlegte Takashi ob er ihm die leere Tasse an den Kopf werfen sollte. Dann stieg ihm der Geruch von Kaffee in die Nase und er atmete tief ein. Yoshiatsu nach dem Frühstück erschlagen klang mit einem Mal viel vernünftiger. Dass der Idiot sich neben ihn fallen ließ, kam unerwartet, aber nicht überraschend und Takashi verdrehte die Augen. Er wollte doch einfach nur seine Ruhe haben beim Essen. Aber Yoshiatsu hatte schon immer einen Dreck auf seinen persönlichen Freiraum gegeben dass er mittlerweile zu müde war um etwas dagegen zu sagen. Außerdem hatte er ihn wenigstens nicht betrunken auf der Straße liegen lassen. Mit einem Kopfschütteln hatte sich Takashi eine Tasse Kaffee eingeschenkt und einen vorsichtigen Schluck genommen. Warm. Nicht heiß. Perfekte Trinktemperatur. „Wenn dir der Kaffee nicht schmeckt, kann ich dir neuen machen.“ Yoshiatsu grinste so breit als hätte er einen tollen Witz erzählt. Takashi hingegen hob nur unbeeindruckt eine Augenbraue und nahm noch einen Schluck Kaffee. „Schau nicht so. Mein Halbbruder hat Kaffee gekocht, bevor er zur Arbeit ist heute morgen…seit er die Ausbildung zum Barista abgeschlossen hat, lässt er niemanden mehr an die Kaffeemaschine das ist echt absurd, weiß gar nicht was so anders am Kaffee sein soll…“ Na wenigstens hatte er eine Erklärung bekommen auch wenn Takashi innerlich schmunzeln musste. „Nein, danke. Der Kaffee ist perfekt wie er ist.“ Yoshiatsus Blick nach hätte er auch einen Welpen ermordet haben können, aber das verbuchte Takashi nur als weiteren Sieg für sich selbst. Ob Yoshiatsu überhaupt wusste, dass es unterschiedliche Kaffeesorten gab? Takashi hatte sich im Endeffekt doch gnädig gezeigt, in dem er es sich auf Yoshiatsus Schoß bequem gemacht und sich hatte füttern lassen. Manchmal verstand er sich selbst nicht, aber das war auch schon längst nichts Neues mehr. Mit einem leisen Gähnen ließ Takashi den Kopf gegen Yoshiatsus Schulter sinken und schloss die Augen. Konnte er den restlichen Tag nicht einfach im Bett verbringen? Solange Yoshiatsu schwieg war der nämlich wirklich gut zu ertragen. Allerdings schreckte er etwas hoch, als er Yoshiatsus Finger auf seinen Oberschenkeln fühlen konnte und Takashi erschauderte unbewusst. Oh. Das hatte er vergessen. Yoshiatsu wusste nicht wann es besser war seine Finger bei sich zu behalten. „Yoshi…Nicht.“ Takashi biss sich auf die Unterlippe, natürlich reagierte sein Körper auf die Streicheleinheiten aber das musste nicht bedeuten, dass es ihm gefiel verdammt noch mal. „Schuldest du mir nicht noch was fürs Abendessen?“ Yoshiatsu klang amüsiert und als Takashi aufsah, kam er nicht dazu zu protestieren weil er sofort geküsst wurde und im ersten Moment vollkommen erstarrte, während seine Gedanken zu rasen begannen. Natürlich hatte er Yoshiatsu ausgenutzt, sehr gut sogar bisher, aber von Sex war nie die Rede gewesen und ihm wurde allein bei dem Gedanken daran übel. Außerdem wie sollte er sich denn dann in Zukunft bitte noch darauf berufen dass das zwischen ihnen nur freundschaftlich war? Freunde hatten nicht einfach Sex miteinander. Und nur weil er versuchte, Yoshiatsu bei Laune zu halten, hieß dass doch nichts! Oder? Tief in seinem Inneren begann sich Panik auszubreiten, war das jetzt der Preis den er zahlen musste dafür, dass er sich Yoshiatsu als Sugar Daddy hatte warm halten wollen? Ein kräftiger Griff in seine Haare brachte ihn zum Aufkeuchen und er ließ den Kopf automatisch in den Nacken sinken um den Schmerz so gering wie möglich zu halten. Er hatte ja nicht ahnen können, dass Yoshiatsu das ausnutzen würde um ihm in den Hals zu beißen und ein leises Wimmern entkam Takashi während er die Fingernägel hart in Yoshiatsus Schultern vergrub. Verdammt. Wie kam er aus der Situation wieder raus? „Yoshi…Ich muss arbeiten!“ Vielleicht war das nicht das Schlaueste was er hätte sagen können, aber egal, immerhin wirkte es und sein Gegenüber ließ von seine Hals ab und nahm die Hand aus seinen Haaren, dass Takashi erleichtert aufatmen konnte. Fuck. Das war echt knapp gewesen. „Kannst du dich nicht krank melden?“ Während er noch versuchte wieder zu Atem zu kommen, schien Yoshiatsu nicht gewillt zu sein so schnell aufzugeben und Takashi verfluchte sich erneut. Wieso war er so dumm und brachte sich immer wieder in solche Situationen nur wegen Geld… Stumm schüttelte er den Kopf, er traute seiner Stimme noch nicht so ganz. „Wenn ich dir den Tag bezahle auch nicht? Ich leg sogar was drauf, du kannst das als Weihnachtsbonus sehen…“ Takashi schüttelte erneut den Kopf, eigentlich war das alles, was er je gewollt hatte, jemand der ihn bezahlte, damit er mit ihm im Bett bleiben konnte und nicht arbeiten musste. Aber nicht mit Yoshiatsu! So gut es mit seinen zitternden Gliedmaßen ging, rutschte er langsam von Yoshiatsus Schoß, während er darauf bedacht war, nicht gleich komplett vom Bett zu fallen. „Das wäre nicht fair. Wir haben so viel zu tun…Die Gäste…“ Vorsichtig versuchte sich Takashi von der Matratze zu erheben, gab einen überraschten Aufschrei von sich als er zurück gezogen wurde und sich auf dem Rücken unter Yoshiatsu wieder fand. Scheiße. Seine Gedanken drehten sich im Kreis und er war kurz davor, alles zu riskieren und Yoshiatsu das Knie in den Schritt zu rammen, als sich jemand räusperte, was ihn komplett erstarren ließ. „Ich glaube, er hat jetzt oft genug Nein gesagt. Zeit dass du ihn gehen lässt, Yoshiatsu.“ Irgendwie kam ihm die Stimme bekannt vor, aber er konnte sie nicht zuordnen, bis Yoshiatsu sich mit einem Grummeln erhob und dem Fremden einen bösen Blick zuwarf. „Du tust als hätte ich ihn vergewaltigen wollen, Tomo.“ Moment. Was? Takashi rutschte auf dem Laken zurück, bis er sich aufrichten konnte und er starrte mit großen Augen in Richtung Tür, wo die Stimme hergekommen war. Und wo wirklich Tomo stand. Sein Tomo. Sein Kollege aus dem Café und er war so perplex dass er einfach nur starren konnte, während sein Herz immer noch in seiner Brust raste, als wäre er einen Marathon gelaufen. „Ich würde dir eine kalte Dusche vorschlagen, während ich deine Eroberung nach hause bringe. Sieht immerhin nicht so aus, als ob er gewillt wäre, zu bleiben.“ Yoshiatsu setzte an zu protestieren, aber irgendetwas in Tomos Blick brachte diesen zum Schweigen und mit einem letzten Blick zu Takashi war Yoshiatsu dann auch verschwunden und hatte die Tür hinter sich ins Schloss geschmissen, laut genug um Takashi heftig zusammen zucken zu lassen. Was war hier nur los? Tomo entkam ein leises Seufzen und Takashi starrte diesen absolut fasziniert an, vor allem als der Andere zu ihm ans Bett kam, aber keine Anstalten machte, sich auf die Matratze zu setzen. War er in irgendeine dämliche Seifenoper geraten, von der er selbst keine Ahnung hatte? „Komm, zieh dich richtig an, dann bringe ich dich nachhause.“ Wollte er das? Andererseits hier zu bleiben war keine Option weswegen Takashi schließlich langsam nickte und irritiert aufsah, als Tomo sich tatsächlich umdrehte, dass er sich von Yoshiatsus Klamotten befreien und in seine eigenen schlüpfen konnte. Auch wenn es seine Arbeitsuniform war, alles war besser als diese teuren Sachen zu tragen. Ein leises „Fertig.“ Kam ihm über die Lippen, gerade als er sich an sein Handy erinnert und dieses in die Hosentasche gesteckt hatte und zu seiner kompletten Verwunderung hatte Tomo ihm zuerst ein sanftes Lächeln geschenkt und dann seine Hand hingehalten. Wieso er diese ergriffen hatte, wusste Takashi nicht, aber es fühlte sich gut an. Tomos Hand war warm, leicht rau, sicherlich von der Kälte und der Arbeit, trotzdem war es ein vollkommen anderes Gefühl als wenn er Yoshiatsus Hand genommen hatte. Tomos Griff war nicht so stark, dass er ihn hinter sich herzog und als Takashi aufsah, wurde ihm erst so richtig bewusst, wie vorsichtig Tomo ihre Finger miteinander verschränkt hatte. Als wäre er zerbrechlich und unbewusst entkam ihm ein leises Kichern. Er verstand zwar immer noch nicht so ganz wieso Tomo hier war, geschweige denn wieso er diesem widerstandslos folgte wie ein gut erzogener Hund, aber es war an sich auch egal. Tomo war nett, er hatte ihn bisher noch nie bedrängt und während sie durch das viel zu große Haus liefen, herrschte Schweigen zwischen ihnen, während Takashi sicher war, dass Andere ihm längst einen Vortrag gehalten hätten, dass er selbst Schuld war, in eine solche Situation zu geraten, dass man ihn nicht hätte retten sollen, weil er sowieso ein undankbares Miststück war und so weiter… Takashi wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Tomo stehen blieb und er ließ irritiert den Blick schweifen. Er hatte gar nicht gemerkt, dass sie sich längst in der Eingangshalle befanden und er hatte Tomos Hand los gelassen, dass er sich seine Schuhe anziehen konnte auch wenn es schwer war, nicht umzufallen, weil er nur wieder begonnen hatte am ganzen Körper zu zittern. Nach einigen Minuten hatte er es jedoch geschafft und konnte sich problemlos aufrichten nur um im nächsten Moment in Tomos Arme zu stolpern. Oh. „Entschuldige…“ Eigentlich hatte sich Takashi sofort wieder lösen wollen, aber die Umarmung fühlte sich unerwartet gut an, dass er das Gesicht an Tomos Schulter vergrub und für einen Moment die Augen schloss. „Alles ok?“ Tomo klang so besorgt, dass er sich zusammen reißen musste, nicht los zu lassen, stattdessen festigte er den Griff in dessen Kleidung und schüttelte den Kopf. „Nein.“ Tomo schwieg einige Sekunden, dann hatte er die Umarmung erwidert und es war, als wäre ein Schalter in ihm umgelegt worden, denn im nächsten Moment kannte Takashi sich selbst schluchzen hören, während ihm Tränen über die Wangen zu laufen begannen. Er wusste nicht wie lange es gedauert hatte, bis er sich beruhigt hatte, nur dass Tomo ihn keine Sekunde lang los gelassen hatte. Auch hatte dieser kein Wort von sich gegeben, einfach zugelassen dass er sich in seinen Armen ausgeweint hatte und allein dafür war Takashi wahnsinnig dankbar. Denn mit jemandem, der ihn verurteilen würde, konnte er im Moment nicht umgehen. Er wusste selbst, dass er Scheiße gebaut hatte, dass er ein Idiot war. Und dass er aus diesem Haus raus musste. Dringend. Erst als sie in Tomos Auto saßen, hatte er das Gefühl wieder durchatmen zu können und nachdem er dem Anderen seine Adresse genannt hatte, ließ Takashi den Kopf ans kühle Fenster sinken und schloss die Augen. Vielleicht sollte er sich ja wirklich den Tag frei nehmen. Aber wie sollte er das erklären? Krankheit würde einen Nachweis vom Arzt verlangen und ihm fiel kein besserer Grund ein, egal wie elend er sich im Moment fühlte. Was für eine beschissene Situation. „Hey Takashi, welche Musik hörst du eigentlich so?“ Huh. Völlig aus seinen Gedanken gerissen, blinzelte Takashi irritiert, bevor er lachen musste. „Du kennst mich so lange und hast absolut keine Ahnung von mir, oder?“ Tomo wurde tatsächlich rot und Takashi schüttelte amüsiert den Kopf. „Keine Chance, dass ich dir das jetzt verrate. Entweder du versuchst dein Glück mit dem Radio oder du springst ins kalte Wasser und legst eine von deinen Lieblingscds ein!“ Leider entschied sich Tomo dazu das Radio anzumachen, aber nach drei Senderwechseln hatten sie etwas gefunden, was sie Beide hören konnten und Takashi merkte deutlich, wie er begann sich zu entspannen und es störte ihn nicht mal, dass es begann zu schneien. Es war anders mit Tomo zu fahren als mit Yoshiatsu. Tomo starrte nicht nur gradeaus auf die Straße, er kommentierte die Musik, die Landschaft, die anderen Fahrer und unterhielt sich wirklich mit ihm. Eine schöne Abwechslung und als sie vor Takashis Haus einen Parkplatz gefunden hatten, merkte er, dass er das nicht aufgeben wollte. Nicht so schnell. Tomo hatte es immerhin erfolgreich geschafft, ihn abzulenken und er wusste immer noch nicht, ob er zur Arbeit gehen sollte oder nicht…“Tomo? Kannst du bei mir bleiben?“ Takashi biss sich auf die Unterlippe, er rechnete fest mit einem Nein, denn wieso sollte sich Tomo länger als nötig mit ihm abgeben wollen? Zu seiner Überraschung jedoch schnallte sich Tomo ebenfalls ab und er beobachtete mit großen Augen, wie dieser ausstieg nur um ihm die Autotür zu öffnen. „Ich bleib so lange wie du mich haben willst.“ Ein Jahr später Mit einem leisen Summen drehte sich Takashi ein Mal im Kreis, dann hatte er nach seiner Tasse Kakao mit Marshmallows gegriffen und einen großen Schluck getrunken, während er gleichzeitig einen Blick aus dem Fenster warf. Dieses Jahr schien der Schnee nicht überall liegen bleiben zu wollen und ein kleiner Teil von ihm war durchaus dankbar darüber, denn das hieß, er würde seine neuen Stiefel eintragen können. Morgen. Denn heute hatte er noch frei. Kaum zu glauben, dass er sich über einen freien Tag freuen konnte! Aber gut, es hatte sich einiges geändert in den letzten Monaten und mit einem verträumten Lächeln nippte er erneut an seinem Kakao. Tomo war das Beste gewesen, dass ihm hatte passieren können. Nachdem dieser ihn damals nachhause gebracht hatte, hatten sie ausgiebig Zeit gehabt um zu reden. Er hatte so viel über Tomo erfahren gehabt. Alles Dinge mit denen er nie im Leben gerechnet hätte, welche im Nachhinein aber sehr viel Sinn ergeben hatten. Takashi gähnte leise, streckte sich ordentlich und sah im nächsten Moment in Richtung Wohnungstür weil er sicher war, dass er Schritte gehört hatte. Aber Tomo konnte doch noch gar nicht zuhause sein. Oder? Er wurde eines Besseren belehrt als die Tür geöffnet wurde und er hatte die Tasse abgestellt, dass er in den Flur tänzeln konnte. Gerade rechtzeitig offenbar, denn eine der Tüten welche Tomo in den Armen hatte, schwankte bedrohlich und Takashi hatte sicherheitshalber zugegriffen um diese und eine weitere Tüte vorsichtig hinter sich auf den Boden zu stellen. „Oh…Danke. Ich bin wieder da.“ Tomos schiefes Grinsen ließ ihn lachen und Takashi hatte sich nach vorne gelehnt, dass er ihn küssen konnte. Sein liebenswerter Chaot. „Willkommen zuhause. Ich hab dich so früh nicht erwartet, also ist das Essen noch nicht fertig, entschuldige.“ Tomo schüttelte den Kopf, während er sich von Mantel und Schuhen befreite und Takashi folgte ihm automatisch in die Küche wo Tomos restliche Einkäufe auf den Tisch wanderten, was ihm bewusst machte, was er im Flur vergessen hatte. Ups. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen hatte er die restlichen zwei Tüten geholt, diese aus Platzmangel heraus auf einen der Küchenstühle gestellt und sich dann von hinten an Tomo gekuschelt, das Gesicht an dessen Schulter vergraben und die Augen geschlossen. Dass er ihn damit abhielt, die Schränke einzuräumen, war Takashi egal und er gab einen unwilligen Laut von sich, als Tomo versuchte, weiter auszupacken. „So lange war ich auch nicht weg dass du mich schon vermisst haben kannst.“ Takashi murmelte etwas vor sich hin, das wie Idiot klingen mochte und es dauerte einen Moment bis er seinen Griff lang genug gelockert hatte damit Tomo sich umdrehen konnte. „Du hast absolut keine Ahnung!“ Takashi hatte noch mehr sagen wollen, weiter protestieren, Tomo deutlich machen, dass er ihn immer vermissen würde, aber dieses Mal wurde er geküsst. Mit so viel Gefühl, dass ihm schwindlig wurde und als sie sich wieder voneinander lösten, schnappte er erstmal nach Luft und leckte sich die trockenen Lippen, während er Tomo triumphierend ansah. „Man küsst niemanden so, den man nicht vermisst!“ Tomo hob unbeeindruckt eine Augenbaue und hatte Takashi dann die Tasse mit dem lauwarmen Kakao in die Hand gedrückt. „Trink aus bevors kalt wird.“ Damit wurde er auch schon liebevoll zur Seite geschoben und verschränkte mit einem beleidigten Schnauben die Arme vor der Brust. War Lebensmittel einräumen wirklich so viel wichtiger als er?! Aber er war brav und trank seinen Kakao, versuchte nur ab und an einen Blick auf die Dinge zu erhaschen, welche Tomo nach hause gebracht hatte. Sie wohnten zwar nicht zusammen, aber irgendwie verbrachte er trotzdem fast seine gesamte Freizeit bei Tomo. Dieser hatte ihm zwar geholfen eine neue Wohnung zu finden und den kompletten Umzug organisiert, aber seit dem Überfall von Yoshiatsu tat er sich schwer damit, allein zu sein. Im Endeffekt hatte er es nicht über sich gebracht gehabt, Aya mit Yoshiatsu zu verkuppeln, geschweige denn noch mal ins Café zurück zu kehren. Er hatte ungern gekündigt, aber er hatte sich einfach nicht mehr sicher genug gefühlt. Von der Uni hatte er sich auch für ein Jahr frei stellen lassen, weil er sich nicht mehr hatte konzentrieren können und stattdessen war er dazu übergegangen, im Beauty Salon ganztags zu arbeiten. Es war eine willkommene Abwechslung, die Kunden hatten sich ebenso gefreut und er hatte eine neue beste Freundin gefunden. Hitomi war drei Jahre älter als er, hatte die Ausbildung zur Stylistin abgeschlossen und sie war die netteste Person die er je kennen gelernt hatte. Vielleicht würde er sie irgendwann mal Tomo vorstellen, aber im Moment genoß er es, eine klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit zu haben. „Hab ich dich jetzt so verschreckt, dass du in deine Gedankenwelt flüchten musst?“ Tomos Stimme holte ihn zurück in die Wirklichkeit und Takashi streckte seinem Gegenüber die Zunge heraus, bevor er mit den Schultern zuckte. „Vielleicht.“ Im nächsten Moment fand er sich über Tomos Schulter wieder und konnte nicht anders als zu lachen, selbst als er so ins Wohnzimmer getragen und doch etwas unsanft auf dem Sofa abgesetzt wurde. „Du machst mich wahnsinnig, Taka. Was mach ich nur mit dir?“ Obwohl er versuchte verärgert auszusehen, war nichts davon in Tomos Stimme zu hören und er hatte sich dessen Hand geschnappt, dass er ihn zu sich aufs Sofa ziehen und verlangend küssen konnte. „Mich nie wieder gehen lassen?“ Takashi blinzelte niedlich, gab einen überraschten Laut von sich als er sich auf Tomos Schoß wieder fand und dieser ihn mit einem undefinierbaren Blick in den Augen ansah. Hatte er jetzt etwas Falsches gesagt? Tomo hatte ihn noch nie so angesehen und er musste den Blick schließlich abwenden, weil er deutlich spürte, wie er rot wurde. Nicht gut. „Oh, Takashi.“ Tomos Hände hatten sich an seine Hüften gelegt und er erschauderte leicht. Das war eine verdammt intime Geste dafür, dass sie noch nicht mal mit einander geschlafen hatten, aber er ließ es zu, legte fragend den Kopf schief. Irgendetwas hatte sich verändert durch seine Aussage, aber er kam nicht drauf, was es war, bis Tomo eine seiner Hände genommen und ihm einen Ring auf den Zeigefinger gesteckt hatte. „Wie könnte ich dich je wieder gehen lassen? Ich liebe dich.“ Sekundenlang war Takashi sprachlos, während er versuchte zu verarbeiten, was Tomo ihm sagen wollte. Sie waren Freunde, ja. Vielleicht waren sie etwas mehr, wenn man bedachte, dass er keinen seiner Freunde ansonsten küsste, aber es wollte einfach keinen Sinn für ihn ergeben. Sicherlich zahlte Tomo öfters, wenn sie zusammen essen gingen, aber er hatte das nie als Dates gesehen, war immer davon ausgegangen, dass Tomo ihn einfach in keine brenzlige Lage bringen wollte, nachdem dieser wusste, dass Takashis Finanzen nicht gut aussahen. War er wirklich so blind gewesen die ganze Zeit? Oder hatte er es innerlich gewusst, aber sich damit nie intensiv befassen wollen? Immerhin, er verbrachte gerne Zeit mit Tomo, nicht nur weil dieser Geld hatte oder ihn vor Yoshiatsu gerettet hatte, sondern weil sie fast die gleichen Interessen hatten, einen ähnlichen Musikgeschmack und es zusammen so viel mehr Spaß machte zu kochen, als allein. Tomo hatte ihn auch nie als Mädchen bezeichnet wenn er sich für die Arbeit geschminkt hatte, er hatte nie einen blöden Kommentar von sich gegeben, wann immer er im Rock aus dem Haus war, nur ab und an hatte er gefragt ob ihm das warm genug war, wenn sie zusammen unterwegs gewesen waren, er hatte immer sicher gestellt, dass Takashi sicher nachhause kam. Ebenso hatte er ihn in den Armen gehalten, wenn er einen Alptraum gehabt hatte und ihn getröstet, ihn sich meist einfach ausweinen lassen und ihn dann mit irgendwelchen Erzählungen abgelenkt. Oh. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr wurde Takashi bewusst, dass er das alles für selbstverständlich hingenommen und es Tomos Persönlichkeit zugeschrieben hatte. Ganz offensichtlich war er dieses Mal der Idiot gewesen und mit einem Lächeln hatte er Tomo einen sanften Kuss auf die Lippen gedrückt, die Finger langsam durch dessen Haare gleiten lassen. „Ich liebe dich auch. Und ich geb dich nie wieder her.“ Immerhin war er nicht komplett verrückt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)