Es gibt noch andere die Geburtstag haben von Arinna (Fanfiction-Adventskalender 2021) ================================================================================ Es gibt auch noch andere die Geburtstag haben --------------------------------------------- Die Fensterscheibe war eiskalt und sie griff sofort auf ihn über, als er diese berührte. Langsam kroch sie über seine Handflächen, stellte bei erreichen des Arms die feinen Härchen auf und löste anschließend in seinem Körper eine Welle Kälte aus. Sein Körper zitterte kurz. Doch er war die Kälte gewohnt. Hatte er all die Jahre nichts weiter bekommen als diese. Sein Blick ruhte auf seiner Hand, die nicht mehr klein war. Es war nicht mehr die kleine Kinderhand, die sich immer so fürchtete. Nein, er war Erwachsen geworden und dennoch, immer wenn dieser eine Tag sich nährte, begann er Panik zu bekommen. Seine Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass an diesem Tag nichts gutes passieren konnte. Jedes Jahr hatte er immer nur einen Wunsch gehabt. Der bisher nicht in Erfüllung gegangen war. Wobei, wenn er ehrlich war, eigentlich hatte er sich zum Teil ja erfüllt. Er wusste das sich nur umzudrehen brauchte und dann würde sein Wunsch dort liegen. Selig schlafen, eingehüllt in die feinsten Daunen. Schneeweiß würde seine Haut strahlen und das braune Haare wie ein wild gewachsener Busch auf seinem Kopf ruhen. In den letzten Jahren, so stürmisch sie auch gewesen sein mögen, hatte er immer wieder versucht, seinem Freund einzureden, dass sich doch mal eine neue Frisur zulegen sollte. Aber das war unmögliches Unterfangen. Ein kleines Lächeln huschte auf seine Lippen. Er brauchte eigentlich keine Angst zu haben. Er war ja bei ihm, aber gerade das leerte ihm noch mehr Angst. Er hatte ihn schon beinahe verloren und das mehr als einmal und immer war es zu seinem Geburtstag. Immer wieder, versuchte das Schicksal ihm das wichtigste im Leben zu entreißen. Außer gerechnet an seinem Geburtstag. Als würde ihn irgendwer für etwas bestrafen. Durfte er vielleicht nicht glücklich sein? War es sein verdammtes Schicksal um sein Glück, Jahr für Jahr zu kämpfen? Er ließ seine Stirn gegen die kalte Fensterscheibe sinken. Die Kälte fühlte sich langsam angenehm an. Hatte er ja Jahre lang gelernt mit ihn zu leben. Dabei war die Kälte des Winters gar nicht mal so schlimm. Die Kälte seiner Familie, damit zu leben, dass hatte ihn doch einiges abverlangt. Vielleicht hatte er deshalb keine Ahnung wie es ist, jemanden zu lieben ohne ihn zu verletzen? Was anderes hatte er bisher nämlich nicht wirklich zu Stande gebracht. Immer wieder hatte sein Freund unter seiner liebe zu leiden. Warum stellte man ihn so sehr auf die Prüfung? Warum musste er nur so leiden und besonders die Menschen, die er liebte. Jedem brachte er Unglück und zerstörte das Leben des anderen. Koji hörte es hinter sich rascheln und aus Reflex drehte er sich um. Wunderschöne braune Augen blickten ihn verschlafen an. Sein Körper durchlief eine heiße Welle, bei der Erinnerung an gestern Nacht. Er fühlte wie seine Wangen warm worden. Die Kälte, die sich jedes Jahr zu seinem Geburtstag zeigte, wurde von diesem warmen Anblick verdrängt. Sein Freund blinzelte, gähnte und streckte sich. Koji konnte nicht anders als zu Lächeln. Niemals hätte er damit gerechnet, dass sie beide noch einmal so ruhig neben einander liegen würden oder auf der Flucht vor irgendwem zu sein oder sich Streiten in den Armen zu liegen. Dieses Jahr, war das schönste was er je erlebte hatte. Jeder hielt sie für Tod. In diesem Land kannte sie keiner. Es war als würden sie in einem Traum leben. Wenn sie das doch nur immer tun könnten. Doch irgendwas sagte ihm, dass dieser Traum enden würde. Ein Jahr. Sein Geburtstag, er war sich sicher, das ganz genau dieser Tag wieder alles ruinieren würde, wie immer. „Was guckst du denn so griesgrämig?“ Takutos Stimme klang ein wenig rau und Koji fühlte sich tschuldig. Hatte er es gestern doch übertrieben? Takuto musste zwar heute nicht arbeiten und sie beide konnten seinen Geburtstag im Bett verbringen, dennoch hatte er ein schlechtes Gewissen. „Ich dachte Geburtstagskinder sehen glücklicher aus, an ihrem Ehrentag.“ „Von Ehrentag kann man nicht sprechen. Unglückstag trifft es wohl eher." Koji wusste wie er klang. Wie ein alter verbitterter Mann, der keine Freude in seinem Leben kannte und auch keine Liebe. Lange Zeit hatte das so gar gestimmt. Seine Mutter war nicht gerade liebevollste gewesen und von seinem Vater und seinen Geschwistern wollte er erst gar nicht reden. Die einzig Liebe die er erfahren hat, bevor er Takuto traf, war die anderer Frauen und das war alles nur körperlich und nie wirklich war. Das hatte er bitter lernen müssen, nach dem er Takuto kennen gelernt hatte. Erst durch ihn wusste er, wie schön es war jemanden zu lieben und von diesem auch geliebt zu werden. Es war ein steiniger, ach was, ein felsiger Weg gewesen, bis dahin aber sie hatten es geschafften, „Unglückstag? Wie kann dein Geburtstag ein Unglückstag sein?“ Takuto richtet sich auf und Koji fiel einer der besten Gründe in seinem Leben ein. Takuto war Querschnittsgelähmt. An den Knie abwärts konnte er nichts bewegen. Und das er es kann ist schon ein Wunder und der dank aufwendiger und gefährlicher Operationen zu verdanken. Allerdings, wenn Takuto an seinem Geburtstag an seinem Geburtstag nicht von seinem durchgeknallten Bruder Akihito angefahren worden wäre, dann könnte er immer noch laufen und wäre sicher der Top-Fußballspieler in Japan. „Das hätte an jedem anderen Tag auch passieren können.“ Takuto deckte seine Beine auf und legte seine Hand auf seine verdammt dünnen Unterschenkel. Koji wollte seinen Blick abwenden, aber er traute sich nicht. Takuto würde er damit verletzen und das hatte er schon genug getan. Aber er schämte sich viel zu sehr, dafür. „Ist es aber nicht, Takuto. Es ist nicht an irgendeinem Tag passiert, sondern an meinem Geburtstag. Es passiert immer irgendwas an meinem Geburtstag.“ „Du bist geboren wurden.“ Koji blickte in die vor aufrichtiger strahlender Liebe. Das hatte er bei ihm auch noch nie gesehen. Immer waren seine Augen betrübt gewesen, so als hielte er etwas in sein gefangen, was nicht ans Licht dringen dürfe. Es wirkte, als wäre es endlich frei. „Ich kann mir nichts besseres vorstellen.“ „Fußballspielen?“ Koji wünschte er hätte er die Klappe gehalten. Das einzig was Takuto immer noch traf, war die gewisse Erkenntnis das er dort nie wieder zurückkehren würden. Aufs Spielfeld. Nie wieder würde er einem Ball hinterherjagen. Koji sah es in den Augen von ihm sofort. Den Schmerz und die Bitterkeit. Und was war daran schuld. Er, ganz alleine er. Wie gerne würde er alles Rückgänig machen. Takuto daran hindern an diesem Tag aus dem Haus zu gehen. „Siehst du. Mein Geburtstag ist schlecht. Er hat noch nie was gutes hervorgebracht.“ „Er hat dich hervorgebracht.“ „Und was du davon hast, siehst du ja. Ohne mich wärst du viel besser dran.“ Takuto rutscht an die Kante des Bettes, schob seine Beine über die Kante und setzte sich hin. Ernst leuchtete das Braun in seinen Augen. Funkelte wie Bernstein in der Sonne. Früher hatte die Haut von ihm wie Bronze geschimmert, aber dieser Glanz war schon lange verschwunden. Schneeweiß war diese und erinnerte ihn daran wie kalt die Wirklichkeit war. Wie hart ihr Leben und wie zerstört er das Leben von der Person hatte, wie er doch eigentlich liebte und beschützen wollte. „Wahrscheinlich hast du Recht.“ Koji Herz setzte einen Schlag aus. „Ich würde vielleicht immer noch Fußball spielen, natürlich nie ernsthaft, weil ich ja meine Vergangenheit schütze. Keiner soll er fahren, was meine Mutter getan hat. Das sie den Mann umgebracht hat den liebt. Keiner soll von der Narbe erfahren, das Zeichen dieser Tat ist.“ Kojis Blick wanderte wie automatisch zu der Narbe. Sie sah bei weiten nicht mehr so schlimm aus, wie beim ersten Mal, als er sie gesehen hatte. Weiß noch, als er Takuto das erste Mal genommen hatte, hatte dieser immer wieder geschrien, er soll es nicht tun, die Narbe würde wieder aufgehen. Wie recht er doch gehabt hatte. Mittlerweile zeichnete eine zweite Narbe seine Hüfte. Quer drüber gezogen, von einem Messer. Es prangte ein Kreuz auf der Hüfte seines geliebten. Zwei Narben, für zwei verlorene Liebe. „Ich würde immer noch zwei Jobs machen, in einer Wohnung leben, die im Sommer zu heiß und im Winter zu kalt ist. Einsam und alleine. Weil ich keinem vertraue.“ Takuto erhob er sich vom Bett. Koji wollte schon einen Schritt vortreten um ihn zu stützten. Sie beide wussten, dass er sich nicht lange auf den Beinen halten konnte. Jedenfalls nicht ohne seine Gehhilfen und den Beinschienen. Takuto hielt ihn aber auf. Streckte ihm die Handfläche entgegen, was deutlich sagte, bleib wo du bist. „Ich hätte immer noch keine Ahnung, wie wahnsinnig sich die Liebe einen machen kann. Wie berauschend und wie sehr man dafür leiden muss. Wie es sich anfühlt in den Armen des Menschen zu liegen, der für einem das wichtigste auf der Welt ist. Wie schön es ist, in die Augen des Menschen zu sehen und feststellen, egal was kommt, er wird nie von deiner Seite weichen.“ Die wenigen Schritte vom Bett zum Fenster, in seine Arme, schaffte Takuto. Wackelig, aber sicher gelangte er in die Arme von ihm. Er fühlte sich immer noch so warm an. Takuto strahlte immer noch Lebendigkeit aus, so das Koji sich ebenso lebendig fühlte. Takuto bescherte ihm immer wieder neue Gefühle, die er so nie gelernt hatte. Er liebte ihn dafür und er könnte es ihm jeden Tag immer wieder sagen. „Du hast recht, Koji. Es ist echt furchtbar das wir uns über den Weg gelaufen sind.“ „Dann bereust du es nicht?“ „Was soll ich denn bereuen, du riesigen Baby? Wie oft soll ich dir es denn noch sagen, ich liebe dich und nun lass uns in die Küche gehen, Frühstücken und den Baum schmücken.“ Koji lachte, drückte ihn an sich und küsste ihn dann schnell und verlangend auf den Mund. Es sollte nur ein leichter Kuss, der einfach sagen sollte, ich liebe dich. Aber kaum hatten sich ihre Lippen berührt, krallten sich Takutos Finger in seine Haut. Das war ihm noch nie aufgefallen, aber Takuto mochte es, wie sie sich lange und langsam küssten. Auch mochte Takuto es, wenn er über sein Rücken strich. Jetzt waren sie schon so lange zusammen und erst nach all den Trapazen ihrer Reise, lernten sie sich kennen. Koji hätte vor ihrer Flucht nach Italien, geschworen er würde ihn kennen, aber da hatte er sich gehörig geschnitten. Kennen gelernt hatte er ihn erst jetzt richtig. Er sich wohl auch, jedenfalls was das Sexuelle an ging, schien Takuto aufzublühen und Vorlieben zu entwickeln. „Allerdings kann es ja auch nicht schaden, wenn wir heute einfach im Bett bleiben oder?“ flüsterte Takuto verführerischer. „Man muss ja kein Risiko eingehen.“ „Da kann ich dir nur zu stimmen.“ Das war das beste Geburtstagsgeschenk was man ihm machen konnte. Den ganzen Tag im Bett liegen und sich lieben. Koji hob Takuto auf seine Arme und trug ihn zurück zum Bett. Dort ließ sich Takuto zurück sinken und zog Koji auf sich. Vor einem Jahr hatten sie schon einmal so im Bett zusammen gelegen und da hatte er versucht sie beide zu töten. Allerdings hatte er das nicht über sein Herz gebracht. Hatte Takuto ihm doch gerade gestanden, dass er ihn liebte. Er hatte seine letzten Rest an Geld zusammen kratzt, Takuto widerwillig geschnappt und war mit ihm nach Italien geflogen. Dort nahm er einen Job in einem Radiosender an und Takuto erhielt einen Job als Fußballkommentator. Italisch lernten sie beide nebenbei. Sie lebte in einer kleinen Wohnung, die für Takutos Behinderung umgebaut werden musste. Gerade als Koji dran glauben wollte, dass dieses Jahr nichts schlimmes passieren würde, klingelte es an der Tür. Beide sahen sich verwundert an. Sie erwarteten niemanden. Sie hielten zeitgleich die Luft an, in der Hoffnung das es nicht nochmal klingelte. Diese Hoffnung zerschlug sich und Koji hatte keine andere Wahl auf zustehen und zur Tür zu gehen. „Wer in drei Teufelsnamen...“ „Ich, wer denn sonst.“ An ihm huschte eine bekannte Person vorbei. Er konnte es aber nicht glauben und bevor er die Tür schließen konnte, sah er gerade noch rechtzeitig im Augenwinkel, das noch zwei weitere Personen herein traten. „Happy Brithday Koji“, fiel ihm die Frau um den Hals und er konnte sie nur verblüfft in die Arme schließen. „Koji wer ist das denn?“ „Das glaubst du mir sowieso nicht.“   Eine halbe Stunde später stand Takuto in der Küche und schaltete den Herd an. Auf so viele Gäste war nun nicht vorbereitet gewesen, aber er freute sich riesig. Serika und Yugo streitenden sich darum wie der Baum geschmückt werden sollte und Koij schien eine heiße Diskussion mit Katsumi zu führen. Das eine Jahr ohne die drei war schön gewesen, aber erst jetzt fiel ihm auf wie sehr sie vermisst hatte. Ehrlich gesagt, hatte er dieses Jahr auch nicht viel Zeit gehabt um sie zu vermissen. Es waren gefühlte Flitterwochen mit viel Arbeit und Stress. Aber sein neues Leben gefiel ihm. „Soll ich dir helfen?“ Koji trat zu ihm in die Küche. „Nein geht schon“, antwortete er fröhlich „Katsumi hat nach uns ein Jahr gesucht. Scheinbar hat man geglaubt das wir Tod sind.“ „Echt. Das wusste ich nicht. Arme Serika und armer Yugo.“ Takuto blickte von der Küche in das Wohnzimmer, wo nun alle drei um den Weihnachtsbaum herumstanden und scheinbar diskutierten wie man am besten den Baum schmückte. Koji schlang seine Arme um ihn und er lehnte sich gegen den großen Körper. Die Beinschienen hielten ihn zwar aufrecht und halfen ihm beim laufen. Es war aber anstrengend den ganzen Tag damit herumzulaufen und er nutzte jede Gelegenheit sich irgendwo anzulehnen oder sich hinzusetzten. Sie beide genossen den Anblick. Das war ihre Familie. Schöner hätte dieser Tag eigentlich nicht werden können. Im stillen schickte Takuto ein Gebet an das Schicksal: Hey, Schicksal. Heute nicht. Es gibt auch noch andere die Geburtstag haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)