Eine etwas andere Geschichte - Die Klammer muss weg! von izu- ================================================================================ Kapitel 6: Vorbereitung – Vierter Termin bei Dr J (01.06.2021) -------------------------------------------------------------- Noch vor kurzem hatte ich mich mit meiner Freundin unterhalten. Sie ließ sich vor ein paar Jahren die Augen lasern und kam von -6 Dioptrin auf Null. Von einem Tag auf den Anderen konnte sie richtig sehen. Sie erzählte mir, dass sie Rotz und Wasser heulte, als sie zum ersten Mal den Sternenhimmel sah. Denn selbst mit Brille und Kontaktlinsen hatte sie noch nie die Sterne sehen können. Auch sie musste die ganze Prozedur selber bezahlen, da die Krankenkasse erst ab 9 Dioptrin – nun haltet euch fest - 20% dazu zahlt. 20%! Ich darf langsam nicht mehr darüber nachdenken, wofür wir in unsere Krankenkassen einzahlen. Kein Mensch sucht sich aus, dass er halb erblindet ist, oder bei einem Unfall die Zähne verliert. Jedenfalls kamen wir Beide überein, dass alles was im Gesicht gemacht werden muss, eine miese Kiste ist. Und, dass Krankenkassen uns ausnehmen. Aber spulen wir zum Anfang: Ich ging zu diesem Termin in meiner Mittagspause. Ich dachte, so lange kann es ja nicht dauern, sich den neuen Kostenvoranschlag abzuholen und Abdrücke machen zu lassen. Dachte ich... Tatsächlich dauerte das alles ein wenig länger: Diesmal war ich das Vorzeigemodell, welches sich jeder anschauen muss. Immerhin hat man nicht oft so einen Patienten, bei dem so ein einzigartiger Eingriff vorgenommen wird. Es waren bereits Dr J und drei andere Personen im Raum, als ich hinein kam. Innerhalb der nächsten Momente füllte sich der Raum noch einmal. Nach etwa zwei Minuten waren Dr J, drei Schwestern, zwei Zahntechniker und noch ein Arzt anwesend. Ich bin es gewöhnt, das Anschauobjekt zu sein. Das war ich schon damals im Krankenhaus. Daher war es für mich kein Problem, dass nun etwa sieben Köpfe über mich gebeugt waren. Solange es den Ärzten hilft sich weiterzubilden, habe ich nichts dagegen. Die jetzige Prothese wurde gefühlt zwanzig Mal raus genommen und wieder eingesetzt, es wurden Fotos mit und ohne Zähnen gemacht, Debattiert und Diskutiert und Aufträge erteilt. Dadurch, dass der Knochenaufbau gemacht wird, wird nun eine neue Prothese, eine sogenannte „Aufbissschiene“ die auch den Druck vom Knochenaufbau nimmt, angefertigt. Anschließend leerte sich das Behandlungszimmer und jeder ging an seine Arbeit. Zum Glück habe ich keinen ausgeprägten Würgereflex, denn anschließend wurden Abdrücke von meinen Zähnen gemacht, um die Aufbissschiene anzufertigen. Dazu wird eine klebrige Masse die nach Minze schmeckt in eine Schiene, einen sogenannten „Löffel“, gefüllt, der die Zähne umschließt. Dieser wird dann in den Mund geführt und für etwa eine Minute auf die Zähne gepresst. Dabei härtet die Masse aus. Schließlich wird der Löffel mit der Masse von den Zähnen entfern, was sich so anfühlt, als würde man gleich alle Zähne mit raus ziehen. Tolles Gefühl! Das wurde bei mir am Ober- und am Unterkiefer gemacht, damit die Praxis ein exaktes Abbild von meinen Kiefer und meinen Zähnen hat. Als auch dies erledigt war, blieben nur Dr J und ich zurück im Raum. Wieder setzten wir uns an den Stammplatz am Schreibtisch und sprachen noch einmal über den ganz genauen Ablauf der ersten OP. Diese ist nämlich schon beim nächsten Termin. Nachdem keine einzige Frage mehr offen blieb, wurde ich noch einmal kurz in den Warteraum geschickt, um anschließend über Kosten zu sprechen. Dies fand ein weiteres Mal in den seperaten Büro hinter dem Empfangsthresen statt, wo die Damen aus der Buchhaltung sitzen. Als ich dann den neuen Kostenplan von den netten Damen hinter den Kulissen bekam, musste ich lustigerweise an meine Jugend denken. Am Wochenende durften wir immer lange auf bleiben und auf irgendeinen Sender lief eine Show mit Sketchen. Jedenfalls war dort dieser lustige Hartz-IV-Typ, der immer alkoholisiert war und absolut keinen Bock hatte zu arbeiten. Dieser bekam Besuch von einem Bankberater, der sagte: „Ich denke, es führt kein Weg daran vorbei... - Sie müssen den Pfand weg bringen.“. Warum ich daran dachte? - Ganz einfach: In meinem Fall reicht es leider nicht, den Pfand weg zu bringen... Auch, wenn ich in der Kostenfrage mal wieder über das Ziel hinaus schoss (vorgestellt hatte ich mir Extrakosten von etwa 3000-5000 Euro), ist es mal wieder viel Geld von dem wir reden. Von den etwa 1000 Euro Kosten die zusätzlich auf mich zukommen, hätten M und ich einen schönen Urlaub machen können, den wir tatsächlich schon geplant hatten. Wir wollten ein Wochenende in Berlin verbringen, bevor es mit meinen OP's und Heilungsphasen los geht. Zusammen haben wir nun entschieden, dass wir das besser sein lassen. Ich muss ehrlich sagen, dass mir das wirklich gegen den Strich geht. Ich habe es satt, dass M meinetwegen immer mir zurück stecken muss! Mit dem Geld, was ich für Zähne ausgebe, könnten wir so viele schöne Sachen machen. Zusammen! Er ermahnt mich immer wieder, an die „Zahnkasse“ zu gehen, streckt immer wieder Geld vor und sagt, dass das sowieso „unsere“ Kasse ist, wenn wir verheiratet sind. Ich bin wirklich glücklich und dankbar einen Mann zu haben, der dermaßen hinter mir steht! Auf der anderen Seite weiß ich aber, dass er sich eigentlich selber ein paar Sachen gönnen wollte. Zurück bleibt das schlechte Gewissen. Irgendwann werde ich mich sicherlich bei ihm revangieren können, aber bis dahin wird wahrscheinlich wieder ein wenig Zeit ins Land ziehen. Eine Sache, die mich zusätzlich ärgert, ist die Krankenkasse. Bei dem ersten Kostenvoranschlag bekam ich einen Zuschuss von genau 1086,32€. Dafür, dass nun ein Implantat mehr anfällt, wird man offensichtlich bestraft: Bei einen Ersatz von mehr als vier Zähnen wird nur noch eine „Pauschale für prothetische Maßnahmen“ angerechnet, die genau 469,54€ beträgt. Obwohl ich es mir fest vorgenommen habe, habe es mir doch verkniffen bei der Krankenkasse anzurufen und die mal nach den Puls zu fragen... Am Ende würde ich mich nur noch mehr ärgern. Daher werde ich nun in den sauren Apfel beißen müssen und weiter sparen, sparen, sparen. Mehr bleibt mit eh nicht übrig. Und beim nächsten Termin ist es schon soweit: Der erste große Schritt nach vorne! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)