Umwege des Herzens von Charly89 (Team 7 - neuformiert) ================================================================================ Kapitel 1: Wintermelancholie ---------------------------- Kakashi konnte es nicht einordnen, wollte er auch nicht – es war magisch und Magie sollte man genießen und nicht hinterfragen Dicke Flocken tanzten vor dem Fenster. Sie wirbelten im leichten Wind und häuften sich auf dem Vordach langsam aber sicher an. Bereits seit gestern schneite es fast ununterbrochen und ganz Konoha war inzwischen in einen flauschigen weisen Mantel gehüllt. Kakashi seufzte tief und schwer und starrte auf das Blattpapier vor sich. Formular, korrigierte er sich gedanklich. Vorsichtig blickte er zur Seite; der Stapel an Formularen war nicht wirklich weniger geworden seit gestern. Am liebsten würde er einfach alles unterschreiben und fertig. Das hatte er tatsächlich einmal am Anfang seiner Amtszeit gemacht und fürchterliches Chaos ausgelöst. Außerdem hatte er danach das doppelte und dreifache an Arbeit gehabt – Nein, das wollte er definitiv nicht wieder. Er sah wieder auf das Formular. Brauchte Konohagakure ein Seniorenheim? Kakashi war sich da nicht so sicher. Shinobi wurden meist nicht sehr alt und Zivilisten hatten meist Familien, die sich um sie kümmerten, wenn sie es selbst nicht mehr konnten. Familie. Der Hokage sah auf und richtete seinen Blick zum Fenster hinaus. Die Schneeflocken wurden immer mehr, schienen jetzt erst richtig loszulegen, als wüssten sie, welcher Tag heute war. Brauchte Konohagakure nun ein Seniorenheim, oder nicht? Kakashi fuhr sich frustriert über das Gesicht und ließ seinen Stift fallen. Schluss für heute, er war eh schon spät dran - nicht, dass das etwas Neues war. Er stand auf, warf sich einen dicken Mantel über, verließ das Hokagebüro und anschließend das Gebäude. Draußen empfingen ihn Kälte und Schnee. Die weißen Flocken bildeten einen starken Kontrast zum dunklen Himmel. Ein kleines Lächeln umspielte den Mund des Hokage. Noch einmal atmete er tief die frische Luft ein und setzte sich in Bewegung. Der Schnee knirschte unter seinen Schuhen, während er Konohagakure durchquerte. Die wenigen Menschen, die er auf der Straße traf, grüßten ihn beinahe ehrfürchtig. Er würde sich nie daran gewöhnen, so viel stand für Kakashi jetzt schon fest. Andererseits standen andere Dinge für ihn früher auch immer fest und jetzt ... Inzwischen hatte er das Dorfzentrum verlassen. Das Lazarett welches hier gestanden hatte wurde bereits vor Einbruch des Winters abgebaut, weil das Krankenhaus wieder seine volle Kapazität hatte. Er war oft in dieser provisorischen Zeltstadt gewesen, öfter wie es ihm seine Arbeit eigentlich erlaubt hätte. Doch er wollte sichergehen, dass alles da war, was gebraucht wurde ... und, ja, er schaute gern nach seiner ehemaligen Schülerin. Er war immer noch erstaunt darüber, zu was für einer ausgezeichneten Ärztin sie geworden war. Wenn er an die Anfangszeit vom Team 7 zurück dachte ... Er hatte sich oft Sorgen um Sakura gemacht. Unbegründet, wie er inzwischen wusste, aber damals waren sie sehr real gewesen. Nachdem Sasuke das Dorf im Herbst verlassen hatte, war er sogar noch öfter dort gewesen. Seine Sorge war einfach zu groß gewesen, dass Sakura daran zerbrechen könnte. Doch, mal wieder, überraschte sie ihn. Sie zerbrach nicht, sie schien konform damit und mit sich selbst im Reinen. Kakashi erinnerte sich genau an den Moment, weil ihm bewusst wurde, dass sie kein Kind mehr war, sondern eine Frau, die nicht mehr ihrer Teenagervorstellung von Liebe hinterherjagte. Inzwischen war er am Stadtgarten angelangt. Die Bäume waren mit so viel Schnee bedeckt, dass sich einige schon begannen unter der Last zu biegen. Kakashi kannte das Gefühl zu gut. Nicht nur der Hokageposten lastete auf ihm, sondern auch Fragen, die er eigentlich als erledigt abgetan hatte. Jetzt wo er gewissermaßen sesshaft war, begannen einige Dinge in ihm zu rumoren. Doch er schien nicht der einzige mit Problemen. Es war schon merkwürdig, dass Sakura endlich über Sasuke hinweg war und ihn wirklich nur noch als Freund oder Bruder ansah; Naruto hingegen, genau wie damals, es einfach nicht wahrhaben wollte, dass sein bester Freund ihn verlassen hatte – erneut. Die ersten Wochen war der Blonde wirklich unerträglich gewesen. Sakura stand ihm bei, wie sie Sasuke nach seiner Rückkehr beigestanden hatte. Sie war wirklich toll geworden, nicht nur als Ärztin, sondern eben auch als Frau … Kakashi schüttelt den Kopf. Der Stadtgarten lag nun bereits hinter ihm und vor ihm ein Mehrfamilienhaus. Die Fenster waren alle geschmückt und verkündeten den Heiligen Abend. In der ober obersten Etage öffnete sich ein Fenster. „Du bist zu spät, Kakashi! Echt jetzt!“, brüllte es von oben herab, und schallte durch die gesamte Nachbarschaft. Der Hokage lachte leise und schüttelte amüsiert den Kopf. Familie. Heilig Abend mit Familie. Kakashi saß tatsächlich mit seiner Familie zusammen, oder dem, was dem am nächsten kam. Natürlich fehlten einige. Sai war auf Mission und Yamato ließ sich selbst an so einem besonderen Tag nicht von seinen Pflichten weglotzen – und das obwohl Kakashi tatsächlich den Hokage rausgekehrt hatte und ihn zwingen wollte. Am Ende hatte er natürlich aufgegeben, er wollte Yamato es schließlich nicht aufdrängen. „Es ist doof“, nörgelte Naruto erneut, „Er hätte wenigsten heute kurz vorbeikommen können!“ Er redete von Sasuke, wie schon den halben Abend. Sakura lächelte warm und wuschelte ihm durch die Haare, was dazu führt, dass er schmollte. Kakashi schmunzelte verstohlen vor sich hin. Sie war wirklich manchmal wie eine Mutter für den immer etwas kindischen Naruto. Was ihr aber auch nicht schwerzufallen schien; sie würde bestimmt einmal eine tolle Mutter werden – ziemlich temperamentvoll auf jeden Fall, aber eben auch unglaublich herzlich. Die junge Frau schaffte es problemlos, dass man sich in ihrer Gegenwart Geborgen und zu Hause fühlte – auch wenn man gelegentlich mit einer Kopfnuss rechnen musste. Der Hokage musste sich eingestehen, dass er sich dem auch nicht wirklich entziehen konnte. Allerdings schien es bei ihm einen völlig anderen Weg einzuschlagen und etwas Anderes anzusprechen. Wieder rumorte es in ihm bei dem Gedanken. Er war als Hokage zwar sehr eingespannt, aber er war dauerhaft im Dorf – etwas, was er früher nicht hatte. Nun stellte er sich Fragen, die er sich früher nicht gestellt hatte. Familie. Klar, hatte er eine – diese hier, aber nun könnte er, vielleicht, wenn er wollte … Kakashi seufzte und stützte seinen Kopf auf seiner Hand ab, während er Sakura dabei beobachtete, wie sie verzweifelt versuchte Naruto vom ständigen Kosten des Essens abzuhalten. Er fühlte es selbst jetzt; dieses Warme und Liebevolle. Er hielt es immer für die typische Geborgenheit, die einem die Familie vermittelte. Doch es war nicht dieser zusammengewürfelte Haufen, es war Sakura – sie war der Ursprung dieses Gefühls. Der Gedanke war befremdlich und er schämte sich eigentlich dafür. Ausgerechnet seine ehemalige Schülerin, mit ihren 23 Jahren löste dieses wunderbare Empfinden in ihm aus. Er sollte sich wirklich schämen. Unzufrieden brummte Kakashi und brach kurz darauf in Gelächter aus, als Naruto mit einer großen Beule aus der Küche geschlichen kam. „Das schmeckt wirklich toll!“, schmatzte Naruto und grinste. Kakashi stöhnte genervt. „Also wirklich. Er hat recht; mit vollem Mund spricht man nicht“, tadelte Sakura mit finsterer Miene. „Das hat er gar nicht gesagt!“, widersprach der Blonde sofort. „Nicht wahr, Kakashi?“ Irritiert blickte der Hokage auf. „Was?“ Er sah erst Naruto, dann Sakura an. Ihre Augen hielten ihn gefangen, fragten stumm ob alles in Ordnung ist. Den kurzen Stich, dem ihm ihre Sorge versetzte, spürte er überdeutlich; er wollte ihr keine Sorgen bereiten. „Die Arbeit“, antwortete er schließlich. Sakura legte den Kopf schief und wartete. Sie wusste genau, wenn ihm etwas auf der Seele brannte und ließ nicht locker, bis er es ihr sagte. „Ich habe einen Antrag, für ein Seniorenheim auf dem Schreibtisch und weiß nicht so richtig.“ „Das ist doch eine gute Sache“, sagte Sakura und wendete sich wieder dem Essen zu. „Klar“, pflichtete Naruto bei. „Jetzt wo Frieden herrscht, werden wir bald jede Menge alte Leute haben.“ Die junge Frau verdrehte die Augen, der Hokage sah es genau aus dem Augenwinkel. Er musste grinsend bis … „Dann hast du auch einen Platz, wo du hinkannst, wenn ich Hokage bin.“ „Naruto!“ Sakura sprang empört auf und knallte ihre Hände auf den Tisch, der gefährlich knirschte. „Kakashi ist doch kein alter Mann!“ „Noch nicht“, antwortete der Blonde und schob sich den nächsten Happen in den Mund. Kakashi schwankte, zwischen dem Ärger über Naruto und der Freude, dass Sakura ihn nicht alt fand – wofür er sich selbst gedanklich schellte, als es ihm bewusst wurde. Die junge Frau kochte, was wohl auch dem Blonden nun auffiel, denn er wurde blass um die Nase. Der Hokage legte seine Hand auf die von Sakura. Diese kleine zierliche Hand, die trotzdem in der Lage war, gehörige Schmerzen zu bereiten – oder wohltuende Linderung schaffen konnte. Die junge Frau wendete ihren Blick und einen Moment sahen sie sich an, bis ein lauter Rülpser von Naruto sie unterbrach. Es folgte ein Wutschrei, ein Schlag und anschließend ein Schmerzschrei. Es war inzwischen weit nach Mitternacht. „Müsst ihr wirklich schon?“, nörgelte Naruto ungeniert. Sakura und Kakashi verdrehten synchron die Augen. „Wir müssen morgen arbeiten“, erklärte Sakura genervt zum hundertsten Mal und zog ihren Mantel an. Der Blonde brummte unzufrieden, gab sich aber geschlagen und begleitete seinen Besuch zur Tür. Es wurde sich herzlich verabschiedet. Kakashi öffnete die Tür und ließ Sakura den Vortritt. Kaum das die junge Frau vor der Schwelle stand jubelte Naruto und sprang grinsend in die Höhe. Völlig perplex starrten der Hokage und die junge Frau erst den Blonden, dann sich gegenseitig an. „Erwischt!“, freute sich Naruto und deutete über die beiden. Mit böser Vorahnung sahen die Gäste nach oben – ein Mistelzweig. Kakashi spürte deutlich wie ihm die Hitze in die Ohren schoss und war froh über die Mütze, die ihm Sakura zu Weihnachten geschenkt hatte. Unsicher sah er nach unten. Die smaragdfarbenen Augen sahen ihn an, in ihn hinein. Schon öfters hatte er das Gefühl, dass sie manchmal direkt in seinen Kopf sehen konnte. Es beruhigte das Chaos, welches sich des Öfteren darin befand, normalerweise – doch jetzt heizte es das noch mehr an. Das grün glänzte nicht, es glitzerte. Die Zeit schien still zu stehen und ihr leichtes Parfum kroch ihm mehr und mehr in die Nase. Irgendetwas passierte hier gerade. Kakashi konnte es nicht einordnen, wollte er auch nicht – es war magisch und Magie sollte man genießen und nicht hinterfragen. „Macht schon!“ Die Zeit setzte wieder ein und der Moment zerplatzen wie eine Seifenblase. Sakuras Gesicht verfinsterte sich und ihre Augenbraue zuckte gefährlich. Im nächsten Augenblick landete Naruto in der hintersten Ecke seiner Wohnung und stöhnte schmerzerfüllt. Anschließend atmete die junge Frau kurz durch um sich zu beruhigen. Sie dreht sich zu Kakashi um und lächelte ihn an. „Wir können gehen.“ Ohne auf Antwort oder Reaktion zu warten marschierte sie los. Der Hokage lachte, rief Naruto noch einen Abschiedsgruß zu und folgte Sakura. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)