In den Fängen des Mäusekönigs von KiraNear ================================================================================ Kapitel 3: Aufgeregte Stimmung ------------------------------ Es hatte ein paar Minuten und mehrere fragende Blicke in die Runde gedauert, bis wir alle noch Anwesenden zu uns an den Tisch gesetzt hatten. So saßen wir nun, wie die Ritter der Tafelrunde, an dem Tisch in der Mitte; doch keiner wusste so recht, wer zu sprechen anfangen sollte. Ich blickte zu Green und ich war nicht alleine damit. Er hatte das Ruder an sich genommen und der Rest von uns wartete auf seine nächsten Schritte. Dies war eine Ausnahmesituation. Im Normalfall würden wir alle unseren kleinen und großen Aufgaben nachgehen, hier und da wird bedauerlicherweise eine Leiche gefunden und wir beraten uns darüber, wer der Imposter ist, wer der Mörder der armen Person ist, die gerade aufgefunden worden war. Doch dieses Mal war es anders, dieses Mal ging es um die Sicherheit der Crew und auch der der Mission. „Was auch immer der Mäusekönig haben möchte, es muss etwas sehr Wertvolles sein, sonst hätte er sich nicht die Mühe gemacht, mit seiner Bande ein komplettes Raumschiff zu erobern. Außerdem muss es jemand sein, der sich mit den Techniken des Schiffes auskennt. Nicht einmal ich wusste, dass es einen Alarm geben kann, ohne dass der Reaktor oder die Luftzufuhr daran beteiligt sind“, meinte Green und verschränkte die Arme. Ich kannte diese Geste bereits an ihm, er tat es immer, wenn er angestrengt über etwas nachdachte, meistens wenn er vor den Leitungen stand, die wieder einmal auseinandergerissen worden waren. „Ich bin immer noch dafür, dass Red der Verräter hier ist, er hat den Knopf gedrückt und damit basta!“, polterte Purple und haute mit der Faust auf den Tisch. Red ließ dagegen den Kopf hängen. Er tat mir leid. Ich hatte oft genug mitbekommen, dass die roten Teammitglieder verdächtigt wurden, einfach nur aufgrund der Farbe ihres Raumanzugs. Ich selbst hatte immer versucht, eine Erklärung dafür zu finden. Ein Buch über die Theorie der Farben hatte mich aufgeklärt, dass Rot in der Natur als Signalfarbe galt, meistens ein Signal für Gefahr für Leib und Leben. Eine Signalfarbe, die unsere Urinstinkte reizen und zur Vorsicht mahnen sollte. Doch eigentlich sollten wir darüberstehen, darüber hinwegsehen und rote Kollegen als das sehen, was sie waren: Teammitglieder. Natürlich kam es auch unter ihnen vor, dass der eine oder andere ein Imposter war, doch das ist nicht die Regel. Jeder konnte ein Imposter sein, da kam es nicht auf die Farbe drauf an. Ich sah ein wenig in die Runde, doch der Rest guckt entweder beschämt auf den Tisch oder in seinen digitalen Unterlagen. Ein kleiner Seufzer entwich meinen Lippen. „Purple, bitte, sei nicht so voreilig mit deinen Verdächtigungen. Zumindest solange du keinen Beweis hast, der uns zeigt, dass Red wirklich ein Imposter ist. Nur aufgrund der Farbe das zu vermuten, ist mir persönlich zu wage. Abgesehen davon, wäre Red wirklich einer, hätte er spätestens jetzt das Licht ausgeschaltet und dich gleich mit dazu, allein dafür, dass du ihn beschuldigt hast;“ sagte ich und haute ebenfalls auf den Tisch. Purple verschränkte die Arme. „Und wer sagt uns, dass du nicht der Imposter bist? Warum verteidigst du Red so sehr? Hast du Mitleid mit ihm, dass ich ihn verdächtige, weil du ganz genau weißt, dass du der Verräter unter uns bist? Ist es das, was du mir damit sagen möchtest?“, sagte er hämisch, ich rollte mit den Augen, auch wenn er es nicht sehen konnte. Kopfschüttelnd wollte ich etwas erwidern, da sah ich aus den Augenwinkeln Green, wie er sich erhob. „Bevor jetzt noch weitere Verdächtigungen in den Raum fliegen, lassen wir das. Wie White sagte, wir brauchen Beweise dafür, dass jemand von uns ein Imposter ist. Und nun Schluss damit, die Situation ist seltsam genug. Wir sind immerhin allesamt Geiseln dieses Mäusekönigs, und wenn wir uns selbst beschuldigen; gar sogar gegenseitig per Abstimmung aus dem Raumschiff werfen, wer weiß, ob wir ihm nicht dabei in die Hände spielen. Am besten ist, wir setzen uns in Ruhe zusammen und überlegen uns, wie wir am besten vorgehen sollten.“ Einstimmiges Nicken in der Runde, Green wirkte zufrieden, zumindest vermutete ich es, da er sich ruhig und langsam wieder auf seinen Platz setzte. Purple warf noch einen letzten Blick auf Red, bevor er sich wieder von ihm wegdrehte. Wir alle warteten drauf, dass jemand das Wort erhob, mit einer Idee, einem Vorschlag kam, was nun die nächsten Schritte sein könnten. Doch alles, was kam, war Schweigen. Und ein weiteres Mal die Dunkelheit. Ein weiteres Mal hatte jemand dafür gesorgt, dass es komplett dunkel wurde. Wieder konnte ich hören, wie jemand aus den Lüftungsschächten kam oder in ihnen verschwand.   Kaum war das Licht zurück, blickten wir uns um, versuchen herauszufinden, wer von unserer Tafelrunde verschwunden war. Der Sitz von Red war leer, Purple konnte sich ein „Ich hab es euch doch gesagt!“, nicht verkneifen. Erneut schüttelte ich den Kopf. „Orange fehlt übrigens auch“, konnten wir die leise Stimme von Yellow hören. Nur zu gerne würde ich ihr sagen, dass sie keine Angst haben soll, doch das hatte bereits in den letzten Missionen nicht funktioniert. Vermutlich hatte sie auch einfach ein leises Stimmchen und konnte von Natur aus nicht lauter reden. Verwirrt blickten wir uns um und zu meiner Schande musste ich gestehen, dass mir bis eben nicht großartig aufgefallen war, dass Orange auf dieser Mission mit an Bord gewesen war. „Wie, Orange war bei uns? Na großartig, jetzt hat Red sich mit Orange aus dem Staub gemacht. Armer Kerl, was er wohl mit ihm macht? Ich mag es mir gar nicht ausmalen“, sagte Purple angewidert und schüttelte sich. Yellow dagegen schüttelte nur ihren Kopf. „Sie. Orange ist eine Sie“, sagte sie, was mich ein weiteres Mal erstaunte. Gleichzeitig wunderte es mich nicht, dass Yellow so viel über Orange wusste, zumindest mehr als wir alle anderen hier im Raum. Ich hatte sie oft zusammen mit Red in den Gängen gesehen, doch dass es sich bei dem unauffälligen Orange um ein weibliches Crewmitglied handelte, das war mir auch neu. Ich sah hinüber zu Green, er zuckte nur mit den Schultern. „Außerdem, Red würde Orange nie etwas antun, also … also behaupte das bitte nicht einfach so …“, sagte sie, mit stockender Stimme. Mitleid stieg in mir auf, offenbar kämpfte sie nicht nur gegen ihre eigene Unsicherheit, sondern nun auch mit aufsteigenden Tränen. „Und was macht dich so sicher?“, fragte Purple leicht aggressiv, woraufhin wir ihn alle scharf ansahen. Zwar konnte er das aufgrund der Visiere nicht erkennen, dennoch musste er unsere Blicke spüren. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht angreifen“, ruderte er zurück. „Also, warum hat Red deiner Meinung nach Orange nicht verschleppt? Was weißt du, was wir nicht wissen.“ Unsicher spielte Yellow mit ihren Fingern, das Verhalten konnte ich oft genug sehen, wenn es zu einem Meeting kam. „Orange ist Reds Freundin, die beiden sind seit zwei Jahren zusammen“, sagte sie und machte den Eindruck, als wollte sie unter den Tisch verschwinden. Normalerweise zog sie nicht so viel Aufmerksamkeit auf sich, wenn überhaupt; und nun die Blicke des gesamten Tisches abzubekommen, war wohl zu viel für sie. „Red liebt Orange, er würde für sie seinen letzten O2 Behälter geben. Ich weiß das, wir sind gute Freunde und erzählen uns alles. Also hör bitte auf, solche Dinge zu sagen. Er ist kein Imposter und war auch nie einer“, da konnte ich auch schon ihr Weinen hören. Green ging zu ihr hinüber und nahm sie sachte in seine Umarmung, sie ließ es schluchzend mit ihr geschehen.   Ein kurzes Knacken ließ uns alle zusammenzucken, zwar hörten wir das Geräusch relativ selten, doch wir wussten, was es zu bedeuten hatten. Die Lautsprecher kamen wieder zum Einsatz. „Lästige kleine Astronauten, so klein, so überflüssig und doch brauche ich euch …. Hört nun gut zu, ihr Maden“, konnten wir den Fremden schon fast brüllen hören, offenbar war seine Geduldsschnur auch nicht gerade für ihre Länge bekannt. Ein Räuspern folgte. „Nun, wie ihr kleinen Maden bestimmt sehen könnt, sind zwei weitere eurer Mitglieder verschwunden. Während ihr noch damit beschäftigt wart, euch gegenseitig als Imposter zu verdächtigen, haben meine Freunde und ich die Gelegenheit genutzt. Jedenfalls wollte ich euch wissen lassen, dass sich die Regeln geändert haben.“ Er lachte auf, unsicher sah ich mich in der Gruppe um. Wir waren nur noch zu viert und da ich Green vertraute, waren Purple und Yellow entweder Freunde oder …. Ich schüttelte mit dem Kopf. Was auch immer der Fremde, der Mäusekönig da vorhatte, ich würde ihn nicht in meinen Kopf hineinlassen. „Ich sagte zwar, dass jede Stunde nur ein Crewmitglied verschwinden würde, aber naja, das würde mir dann doch etwas zu langsam gehen. Daher musste ich … eine Planänderung vornehmen. Um euch einen gewissen Druck zu geben. Wer auch immer von euch den Zugangscode hat, für das Leben eurer Mitglieder, melde dich und ich gebe eure Freunde wieder frei. Um es demjenigen, oder derjenigen, wir wollen ja niemanden ausschließen, einfacher zu machen: Keiner der restlichen Anwesenden, noch einer der Gefangenen ist ein Imposter. Na, das ist doch eine gute Nachricht, nicht wahr? Ihr könnt eure Kameraden alle wohlbehalten zurückbekommen, ihnen ist nichts passiert. Noch nicht. Ich brauche einfach nur den Code, um die Box zu öffnen und alles ist wieder gut. Wir verschwinden und ihr bleibt am Leben. Nun denn, viel Spaß beim Nachdenken. Und die Person mit dem Code, schreib es einfach in den Chat, ich werde dich sofort abholen lassen.“ Ein weiteres Knacken, gefolgt von einem Knarzen, dann verstummten die Lautsprecher ein weiteres Mal. Still blieb trotzdem nicht, Purple schlug immer wieder kräftig auf den Tisch vor ihm ein. „Jetzt reicht es mir langsam! Was soll das hier nur werden? Und warum sollten wir den Code wissen? Wir sind ganz normale Crewmitglieder, verdammt nochmal!“ Immer wieder hämmerte er mit der Faust auf den Tisch ein, ließ diesen seinen aufgestauten Zorn spüren. Green ging zu ihm hinüber, doch Purple wich zurück. „Nein, bleib wo du bist! Wer sagt mir, dass du nicht der Imposter bist. Oder derjenige, der den Code kennt … nein, lass das!“, doch Green tat nichts. Er hob lediglich seine leeren Hände, in Purples Richtung und blieb stehen. „Hör zu, ich kann mir vorstellen, dass dich die ganze Situation nervös macht, mir gefällt es auch nicht. Niemanden von uns gefällt es und ich möchte mir auch gar nicht ausmalen, was passiert, wenn der Mäusekönig uns alle in seine schmierigen Finger bekommt“, versuchte Green die Lage zu entschärfen. Schließlich ließ Purple das Hämmern sein und sackte kraftlos auf seinem Stuhl zusammen. Green schloss die Distanz und klopfte ihm sachte auf die Schulter. „Wir mögen nicht immer der gleichen Ansicht sein und uns auch nicht immer so gut verstehen, aber hier müssen wir zusammenhalten. Der Mäusekönig ist offensichtlich eine sehr ungeduldige Person und wer weiß, was ihm sonst noch alles einfällt. Wir müssen zusammenhalten, alleine sind wir viel zu schwach und gefährdet“, sagte er und reichte Purple seine Hand. Dieser erwiderte die Geste, wenn auch erst recht widerwillig. „Tut mir leid, der Vorfall gerade eben“, sagte er, doch Green schüttelte mit dem Kopf. „Kein Problem, bei uns allen dürften die Nerven blank liegen, auf die eine oder andere Art.“ Er ließ Purples Hand los und sah sich ein wenig im Raum um, beobachtete alle Wände, Ecken und Kanten. Ich folgte seinem Blick, doch was immer er sah, ich konnte es nicht erkennen. Schließlich nickte Green in die Runde. Er nahm einen Stift wie auch einen Zettel, notierte darauf etwas und gab es schließlich erst Purple, dann Yellow und anschließend mir zu lesen: „Der Raum ist verwanzt, der Mäusekönig belauscht uns. Wir sind nur noch zu viert und wir müssen schauen, dass wir erst einmal uns in Sicherheit bringen, bevor wir die anderen retten können. Wir müssen einen Weg aus der Cafeteria finden. Es ist nur eine Theorie, aber ich habe einen Plan. Bitte vertraut mir, wir haben vermutlich nur diese eine Chance und dafür brauche ich die Hilfe von euch dreien.“ Stumm sahen wir uns gegenseitig an, was auch immer Greens Idee sein würde, wir wären dabei. Purple vermutlich, um sich für seine Demütigung uns gegenüber beim Mäusekönig zu rächen. Yellow, weil sie um die Sicherheit ihrer Freunde besorgt ist. Green, weil er wie ein Anführer nur das Beste für uns und die Mission möchte. Und ich? Ich, weil ich das Gleiche wie Green möchte. Wir nickten, Green notierte auf einem zweiten Zettel etwas, was er uns auch wieder nacheinander zu lesen gab. Es waren einfache Anweisungen, jetzt mussten wir nur noch warten, bis die bedrohliche Finsternis erneut über uns einbrechen würde. Und sie ließ auch nicht allzu lange auf sich warten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)