Boston Boys - Fragmente von Vampyrsoul (Kurzgeschichten zur Boston Boys Reihe) ================================================================================ Kapitel 39: Eloy – Januar 2017 IV --------------------------------- Ich entwirrte gerade wieder das Wollknäuel, das sich um meine Finger gewickelt hatte, als plötzlich ein rot-gelber Blitz durch die Zimmertür auf mich zugeschossen kam und sich mir entgegenwarf. Trotz seiner Geschwindigkeit schaffte ich es, mich aufrecht zu halten und legte die Arme um Maxime. Beruhigend streichelte ich ihm über den Kopf. »Ist wieder alles gut, bichito?« Eifrig nickte er. »Ja! Leonardo hat gesagt, dass er mein Freund bleibt. Aber auch dass er dich auch ganz, ganz doll lieb hat und ich ihn vorhin traurig gemacht hab.« Mit großen Kulleraugen sah er zu mir auf. »Lo siento. Ich mag nicht, dass ihr traurig seid.« »Ist in Ordnung, bichito. Manchmal passiert das, auch wenn wir das nicht wollen.« Ich drückte ihn fest an mich. Während Maxime seinen Kopf an mich drückte, sah ich zu Leonardo auf, der in der Tür stand, und versicherte mich mit einem kurzen, fragenden Blick, dass es ihm gut ging. Er lächelte mich kurz an und lenkte dann Caro ab, die etwas unsicher noch immer neben mir saß. Ich hatte mich etwas mit ihr unterhalten und versucht, ihr die Situation zu erklären, doch so ganz verstand sie es noch nicht. »Eloy?« Ich widmete mich wieder ganz dem Jungen auf meinem Schoß. Liebevoll streichelte ich über seine Wange. »Was ist?« »Du hast doch gesagt, dass wir jetzt auch viel mehr Sachen zu viert machen können ...« Lächelnd nickte ich, damit er weitersprach. Er hatte ganz sicher schon eine Idee. »Können wir in den Trampolinpark?« Bittend sah er mich an. Dabei war der Hundeblick nicht einmal nötig. Ich war froh, dass er nach diesem echt schlechten Wochenende von sich aus vorschlagen konnte, was ihm guttun würde. Außerdem hatten wir für uns drei eh einen Jahrespass, selbst wenn Caro noch nicht so viel dort machen konnte: Für ihren Bruder war es der ideale Stressabbau. Und mit einer zweiten Aufsichtsperson war es ziemlich entspannt. Dennoch wollte ich das nicht über den Kopf der beiden anderen hinweg entscheiden. »Caro, möchtest du Trampolinspringen? Und Leonardo möchtest du mitkommen?« Bei Caro war die Frage absolut überflüssig gewesen. Sofort wollte sie wissen, wie sie die Strickwolle von ihren Fingern bekam. Leonardo half ihr, nachdem er mir bestätigt hatte, dass er gern mitkam. »Hast du gegessen?«, wollte ich noch von Maxime wissen. Bevor er nicht etwas im Magen hatte, würde ich nicht losfahren. »Ein Toast. Und den Kakao.« »Kann ich dich überreden, noch einen zweiten Toast oder etwas Rührei zu essen?« Sein Gesichtsausdruck beantwortete die Frage. »Kompromiss: Wir packen etwas Obst ein und möchte, dass du bei jedem Trampolinwechsel ein Stück isst und etwas trinkst.« »Okay.« Das war zwar nicht gerade begeistert, aber ich konnte mich zumindest darauf verlassen, dass er sich an die Zusage halten würde. Und spätestens nach einer Stunde würden er und seine Schwester eh von ganz allein nach etwas zu essen fragen. »Gut. Dann geh dich anziehen. Ich helf Caro. Leonardo wärst du so lieb, das Essen vorzubereiten?« Caroline hatte ihr Köpfchen erschöpft gegen meine Schulter gelehnt und schlief schon fast. Sie hatte sich im Park komplett ausgepowert. Es würde heute keine Probleme geben, sie ins Bett zu bekommen. Ihr Bruder war ebenso müde, doch er hielt sich noch wacker wach. Langsam ging er neben Leonardo und hielt dessen Hand. »Liest du heute die Gute-Nacht-Geschichte vor?« »Ich ...« Etwas verzweifelt sah Leonardo zu mir. »Nein.« »Schade.« Maxime zog einen Flunsch. »Warum nicht?« »Weil ich heute nicht bei euch schlafe. Ich muss doch morgen auch wieder arbeiten und habe keine Sachen bei euch. Dann muss ich vorher noch nach Hause. Und das ist mir wirklich zu früh.« Sein Blick hatte sich nicht geändert. Es war ihm wirklich sehr unangenehm, Maxime einen Gefallen abschlagen zu müssen. Dieser nickte jedoch verstehend, wenn auch traurig. Erst wollte ich mich dabei nicht einmischen, doch die Freude darüber, dass Maxime nun doch danach fragte, ob Leonardo bei uns blieb, obwohl er noch am Morgen so abweisend reagiert hatte, siegte. »Wir können auf dem Weg auch bei dir vorbeifahren, damit du ein paar Sachen holen kannst. Und ich kann dich auch morgen zur Arbeit fahren. Ich muss erst später im Büro sein.« »Bist du sicher?« Noch immer wirkte Leonardo etwas überfordert, doch da leuchtete durchaus etwas Freude in seinen Augen auf. Ich lehnte mich zu ihm rüber und strich mit der Hand sanft über seinen Arm. »Ja. Ich würde mich sehr freuen.« Und da ich mich wegen der Kinder in den Innendienst hatte versetzen lassen, war es mit den Arbeitszeiten echt kein Problem. Ich musste die Zeit lediglich hinten ranhängen und dafür sorgen, dass Caroline währenddessen betreut war. Aber auch das würde schon gehen, wenn ich unsere Nachbarin fragte, mit deren Sohn sie in den Kindergarten ging und gut befreundet war. Glücklich lächelte Leonardo mich an. »Dann lese ich natürlich gern eine Geschichte vor.« Leonardo keuchte leise, als meine Finger über seine Seite wanderten, ich beantwortete es mit einem wohligen Brummen in seinem Nacken. Ich genoss die zusätzliche, unerwartete Nacht, die wir – nachdem die Kinder eingeschlafen waren – ungestört für uns hatten. Dennoch drängte in meinem Hinterkopf eine wichtige Frage: »War das heute für dich in Ordnung? Ich meine der Ausflug mit den Kindern und als mein Partner. Oder ging dir das zu schnell? War es unangenehm?« Er drückte den Rücken dichter gegen mich und griff meine Hand, um sie sich auf die Brust zu legen. Nur so halb drehte er das Gesicht zu mir, seine Stimme war träge und rau vor Müdigkeit. »Ich fand es wunderschön. Ich hatte immer geglaubt, dass ich das nie haben würde: eine eigene Familie – Kinder. Auch wenn ich das wollte. Und das heute ... Es war schon sehr nah an dem, was ich insgeheim immer erträumt habe.« Ein warmes Gefühl breitete sich von meinem Herzen ausgehend in mir aus. Ich hatte gewusst, dass er Maxime und Caroline liebte, aber von ihm zu hören, dass er zu unserer Familie gehören wollte, hatte ich so nicht erwartet. Dennoch machte es mich sehr glücklich. »Von mir aus können wir das gern wiederholen. Oder natürlich auch etwas anderes mit den beiden machen.« »Das würde mich sehr freuen. Und die Kinder sicher auch.« Ich schmiegte mein Gesicht gegen seinen Hals und hauchte einen Kuss darauf. »Ich habe aber auch nichts dagegen, wenn wir trotzdem auch noch ab und zu etwas zu zweit machen, wenn sie bei ihrem Vater sind.« Er lachte leise und drehte sich dann herum, um mich sanft zu küssen. »Ja, natürlich. Schließlich musst du doch in deinem Alter die freien Wochenenden genießen.« Eigentlich wollte ich ihn dafür boxen, doch ich war zu müde-faul. Stattdessen legte ich den Arm wieder um ihn und rutschte so nah wie möglich heran. »Wenn wir es jetzt nicht mehr vor den Kindern geheimhalten müssen ... wollen wir uns dann auch öfter treffen? Auch mal an den anderen Wochenenden oder unter der Woche? Also unabhängig von Unternehmungen?« Er rutschte sich noch einmal sein Kopfkissen zurecht, dann entspannte er sich. »Am Wochenende sehr gerne, aber unter der Woche weiß ich nicht so wirklich. Wenn es dann so spät wird und du mich noch nach Hause fahren musst ... Du kannst die beiden ja abends auch nicht allein lassen.« »Wenn ich ihnen vorher Bescheid sage, dann geht das. Zumindest für so kurze Zeit. Und ansonsten kannst du ja auch ein paar Sachen hierlassen für spontane Übernachtungen. Also, wenn du möchtest.« Er klang plötzlich deutlich wacher. »Ja! Sehr gern.« Ich grinste in mich hinein. Gut, dann war das geklärt. »Dann schlaf gut.« »Du auch.« Sanft streichelte Leonardo über meinen Arm. Es dauerte nicht lange, bis er eingeschlafen war und die Bewegungen aufhörten. Ich dagegen lag noch eine Weile länger wach, weil mich die Freude nicht sofort einschlafen ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)