Stolz und Eifersucht von Vampyrsoul (Eine Boston Boys Kurzgeschichte) ================================================================================ Kapitel 1: Stolz und Eifersucht ------------------------------- »Hallo meine kleine Elster. Hast du etwas Schönes entdeckt?« Toby legte die Arme um mich und schaute über meine Schulter in das Schaufenster des Juweliers, vor dem ich auf ihn gewartet hatte. »Magst du ein neues Piercing haben?« Ich drehte meinen Kopf und küsste ihn. »Nein. Ich glaub nicht, dass sie hier welche haben.« »Was hat dich denn sonst so abgelenkt?« Ich zuckte mit der Schulter, auf der kein Kopf lag. »Ich hab mich nur gelangweilt und hab mir deshalb alles angeschaut. Aber schau mal, wäre der nicht etwas für den Kleinen?« »Du willst Isaac einen Ring schenken?«, fragte er ungläubig lachend. Dennoch sah er sich ihn genauer an. »Ich glaube nicht, dass er das annimmt.« »Wir müssen ihm den ja nicht zum Geburtstag schenken.« Bittend sah ich Toby an. Der Ring war sehr schön und würde Isaac wirklich stehen. Mir gefiel der Gedanke, dass er etwas von uns trug. Toby seufzte ergeben. Ich hatte gewonnen! »Na gut, lass uns reingehen und sehen, ob wir etwas machen können, ohne seine Größe zu kennen.« Ich küsste ihn und zog ihn dann in das Geschäft. In den Vitrinen glitzerte und funkelte es. Ich traute mich kaum, etwas anzusehen, zu zerbrechlich und teuer sah das meiste aus. Die Preise zeugten davon, dass es auch wirklich so war. »Wie kann ich Ihnen helfen?«, wurden wir von einer Verkäuferin angesprochen. Ihr Blick fiel auf unsere verschränkten Hände. »Oh, ich seh schon. Hier entlang.« Bevor Toby oder ich etwas sagen konnten, lief sie davon. Eilig folgten wir ihr und holten sie auch erst in der Abteilung mit den Ringpaaren wieder ein. »Eigentlich suchen wir ein Geschenk für einen Freund«, erklärte Toby, lächelte mich kurz an und drückte meine Hand. Dankbar lächelte ich zurück. Mir war schon klar, dass es albern war, dass ausgerechnet ich nicht gut mit Frauen reden konnte. Bei drei großen Schwestern hätte man das wohl erwarten sollen. In Wahrheit aber verunsicherten sie mich. Ich verstand ihren Humor nicht und ihre Interessen gingen völlig an mir vorbei. Jeden Tag nach der Arbeit war ich froh, wenn ich keine mehr sehen musste. Daher war ich umso dankbarer, dass Toby dann häufig das Reden übernahm. »Oh, entschuldigen Sie, ich war wohl etwas voreilig«, entschuldigte sie sich verlegen kichernd. »An was dachten Sie denn?« »Wir haben im Schaufenster einen Ring gesehen, der ihm sicher gut gefallen würde. Leider kennen wir aber seine Ringgröße nicht. Gibt es da vielleicht eine Möglichkeit?« Toby ignorierte, dass die Frau ihn ansah wie einen Geist. Ich dagegen knirschte mit den Zähnen. Es ärgerte mich, dass wir ständig schief angesehen wurden, nur weil es da noch einen weiteren Mann in unserem Leben gab. Es ging doch niemanden etwas an. Um mich von ihrer Unhöflichkeit abzulenken, ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen. Dabei blieb er an einem Paar Titanringen hängen. Beide wurden nur von einem dünnen Strich geziert. Einer in Rot, der andere in Schwarz. Automatisch musste ich sie mir an Tobys und meiner Hand vorstellen. Schnell verwarf ich den Gedanken wieder. Ich konnte Toby keinen Antrag machen, ohne mein Gesicht zu verlieren. Und er würde es nicht tun. Dafür hatte ich ihn zu sehr verletzt, als er mich vor ein paar Jahren darauf angesprochen hatte. Dabei hatte sich auch an meiner Einstellung nichts geändert: Wir waren so lange zusammen, eine Hochzeit war völlig unnötig, wir wussten auch so, dass wir zusammengehörten. Außerdem gab es mittlerweile auch Isaac in unserem Leben. Ja, er hatte deutlich gemacht, dass er nicht mit uns zusammen sein wollte, dennoch gehörte er einfach dazu und ich hätte das Gefühl, ihn auszuschließen. Doch das änderte alles nichts daran, dass mir die Vorstellung gefiel, wie wir beide diese Ringe trugen. Es würde auch nach außen zeigen, dass wir zusammengehörten. »Gib mir mal deine Hand«, forderte Toby mich auf und griff nach meiner Linken. Erschrocken und noch immer in Gedanken, wollte ich sie zurückziehen, doch er hielt sie lachend fest. »Wir müssen wenigstens halbwegs die Größe wissen und deine Finger sind kleiner.« Noch immer leicht irritiert, sah ich dabei zu, wie die Verkäuferin einen Ring über den Finger schob, dann einen zweiten, um herauszufinden, welche Größe besser passte. So ganz sicher war ich nicht, ob der Ring Isaac dann passen würde, doch Toby versicherte mir, dass er sicher am Mittelfinger gut passte und man ihn notfalls etwas anpassen konnte. Mit einem Lächeln nahm ich es hin. Ich hatte ja eh nichts vom Verkaufsgespräch mitbekommen. Am Abend ließ mich der Gedanke an die Ringe immer noch nicht los. Immer wieder wälzte ich die Argumente herum. Ich wollte es, hoffte eigentlich schon seit Jahren, dass Toby darauf schiss, was ich gesagt hatte, und mir trotzdem einen Antrag machte. Doch gleichzeitig kannte ich ihn gut genug, um zu wissen, dass es nicht geschehen würde. Er respektierte meine Meinung. Auch Toby bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Zärtlich streichelte er durch meine Haare. »Was ist denn los?« »Ich bin immer noch nicht sicher wegen dem Ring«, nahm ich das Erstbeste, was mir einfiel. »Was ist, wenn Isaac das falsch versteht? Er hat immerhin deutlich gemacht, dass er keine Beziehung will.« Toby lachte leise. »Das fällt dir aber früh ein. Dabei hast du mich doch dazu überredet.« »Ja, weil der Ring einfach perfekt für ihn ist. Aber ich hab nicht daran gedacht, dass man das falsch verstehen könnte.« Natürlich hatte ich das, es war mir aber egal. Doch irgendwas musste ich Toby ja erzählen. Er hätte mir nicht geglaubt, dass nichts los war. »Hör mal, es ist nur ein einfacher Ring und er passt zu ihm. Solange wir nicht versuchen, es ihm als Geburtstagsgeschenk zu geben, oder dabei vor ihm auf die Knie fallen, wird das kein Problem.« Zärtlich küsste er mich. »Wir wollen ihn damit ja nicht an uns ketten.« »Dabei ist er so süß, wenn man ihn ankettet.« Ich grinste Toby in dem Versuch abzulenken an. Ich wollte von dem Thema weg. Er grinste zurück, packte mich und drehte mich auf den Rücken. Auf meinen Beinen sitzend strich er über meine Wange und die Lippe. »Wenn ich einen von euch ankette, dann dich.« Gierig empfing ich Tobys Mund, als er sich zu mir herunterbeugte. Es war einer dieser leidenschaftlichen Küsse, die mir versicherten, dass ich noch immer seine Nummer Eins war. Nicht einmal Isaac konnte damit konkurrieren. Selbst wenn er sich zu einer Beziehung bereit gesehen hätte und nicht noch immer darauf bestehen würde, dass auch für ihn fast dieselben Regeln galten wie für unsere Affären, wäre er wohl bei uns beiden immer nur die Nummer Zwei geblieben. Vielleicht war es doch gut, wie es war. Zärtlich strich Toby über meine Wange. »Wo bist du mit deinen Gedanken? Noch immer bei Isaac?« Ich nickte und küsste ihn dann kurz. Toby war vermutlich die einzige Person, die wusste, dass ich fast immer über irgendetwas grübelte. Doch wenn er nachfragte, was los war, dann musste ich schon sehr abwesend wirken. Verdammt, ich musste endlich über die Sache hinwegkommen! Er strich über meine Stirn, um ein paar Falten zu glätten. »Wir können ihn fragen, ob er noch vorbeikommt.« »Nein.« Ich strich über seine Schläfe, als würde ich ihm eine imaginäre Strähne hinters Ohr streichen. »Ich will dich heute für mich allein haben. Wir sehen ihn doch morgen wieder.« »Was möchtest du denn tun?« Tobys Lippen wanderten hauchzart über meine. »Ich will dich lieben«, flüsterte ich zärtlich. Mir war nicht nach wildem Geficke. Wenn ich ihn schon nicht heiraten konnte, dann wollte ich ihm wenigstens so nah wie möglich sein. Der Ausdruck in Tobys Gesicht versetzte mir einen Stich. Etwas war nicht in Ordnung. Hatte ich etwas Falsches gesagt? »Ist es okay, wenn ich dich nur verwöhne? Mir ist gerade nicht so gut ...« »Klar.« Tapfer lächelte ich über die Enttäuschung hinweg. Hätte er doch lieber Isaac hier gehabt? Ich spürte eine leichte Eifersucht auf den jungen Mann, der Toby alle Wünsche erfüllen konnte. Er hätte einfach seinen Arsch angeboten und alles wäre gut gewesen. Doch für mich fühlte sich das gerade nicht richtig an. So wirklich kam auch keine Stimmung auf. Toby gab sich alle Mühe, verwöhnte mich mit allem, was ging. Doch mein Kopf war weiter damit beschäftigt, dass ich nicht das bekam, was ich wollte. Gerade war es mir gar nicht recht, ihn zu teilen. Selbst wenn nur in Gedanken. * * * »Verdammt, Toby!« »Was ist denn?«, rief er von draußen und stand einen Moment später in der Tür des Schuppens. »Ich hab dich jetzt schon x-Mal gebeten, den Rasenmäher nicht immer in den Weg zu stellen! Ich komm an nichts mehr ran, ohne mich an dem Ding zu stoßen!« Einen Moment sah er mich mit leicht schiefgelegtem Kopf an, dann schüttelte er ihn seufzend. Mit einer Handbewegung schob er mich zur Seite. »Wenn er dich stört, dann kannst du ihn doch auch selbst umsetzen.« Er griff sich das Gartengerät und machte mir einen Weg frei. Bei dem Versuch, ihm auszuweichen, stieß ich mir den Kopf an einem Regal. Mit einem Schmerzensschrei griff ich an die Stelle. Es ratschte laut und ein höllischer Schmerz durchfuhr meinen Oberarm. »Fuck!« »Scheiße.« Sofort stand Toby neben mir und wollte mich packen. Ich schüttelte seine Hände jedoch ab. Fluchend verließ ich den Schuppen und ging ins Haus. Mein Shirt war am Ärmel komplett aufgerissen und noch immer schmerzte die Stelle, dennoch konnte ich nicht erkennen, was passiert war. Es war für mich einfach nicht sichtbar. Die rote Spur am Riss bedeutete jedoch nichts Gutes. Toby erschien auf der Terrasse und streifte sich die Schuhe von den Füßen. Eilig kam er zu mir. »Was ist denn passiert? Zeig mal her.« Nur widerwillig ließ ich mich von ihm am Arm packen, damit er sich die Wunde ansehen konnte. »Wahrscheinlich wieder dieser beschissene Haken!« Toby zog mich in die Küche und machte dort ein Küchentuch nass, bevor er damit über meinen Oberarm wischte. »Das sieht nicht gut aus. Soll ich Mat anrufen, damit er sich das ansieht?« »Nicht nötig, ich bin nachher noch mit einem Arzt verabredet. Im Notfall schaut er sich das nochmal an.« Ich entriss Toby meinen Arm wieder und versuchte erneut vergeblich, ihn mir anzusehen. Er öffnete den Mund, schloss ihn dann mit einem Seufzen jedoch wieder und verließ die Küche in Richtung Flur. Wenig später kam er mit einem Verbandskasten zurück. »Dann lass mich das wenigstens abdecken.« Nachdem er mir aus dem Shirt geholfen hatte, wickelte er den Verband um meinen Oberarm. »Danke«, murrte ich und schmiss das kaputte Shirt in den Müll. »Setz dich hin, ich mach den Rest allein fertig. Sonst passiert dir noch wirklich was.« Toby wollte mich ins Wohnzimmer schieben, doch ich riss mich auf halbem Wege von ihm los. Ich brauchte ein neues Shirt. »Das wäre nicht passiert, wenn du den Rasenmäher nicht immer in den Weg stellen würdest.« Er hob verzweifelt die Hände, winkte dann jedoch ab und begab sich wieder nach draußen. Ohne ein weiteres Wort schlüpfte er in die Schuhe und lief zum Schuppen. Schweigend sah ich ihm nach und strich gedankenverloren über den Verband. Ich hatte doch recht! Nur weil er sich ein paar Handgriffe sparte, hatte ich nun das Nachsehen. ›110:118! Ich wünsche mir morgen einen ruhigen Abend zu zweit mit dir. Bis morgen früh, schlaf gut. Dein Toby‹ Die Nachricht ließ einen eisigen Schauer über meinen Rücken laufen. Langsam senkte ich das Handy. Ein gemurmeltes »Scheiße« drang über meine Lippen. »Ist alles in Ordnung?«, erklang Robs Stimme aus dem Bad. »Ja«, erwiderte ich so schnell wie möglich. Dann besann ich mich eines Besseren: »Nein. Ich muss nach Hause. ... Kannst du mich vielleicht fahren?« Ich konnte nicht bei ihm bleiben. Toby wäre nicht böse, aber die Nachricht war ein Hilferuf! »Ja klar. Ist etwas passiert?« Rob kam ins Zimmer und suchte im Schrank nach etwas zum Anziehen. Ich stand ebenfalls auf und suchte meine Anziehsachen. »Beziehungsstress«, entschied ich mich für die kurze, abweisende Antwort. »Verdammt. Dann hoffe ich, dass ihr das wieder hinbekommt.« Abwesend nickte ich. Ich war so ein Vollpfosten! Aber wenigstens machte Rob kein Drama daraus, sondern fuhr mich einfach und unkompliziert nach Hause. Die Zeit, auf ein Taxi zu warten, wollte ich nicht verplempern. Das Haus war dunkel, als ich ankam. Offenbar war Toby bereits ins Bett gegangen. Ich winkte Rob zum Abschied, bevor ich leise die Wohnungstür öffnete. Kein Laut war zu hören. Ich schlich in die Küche, um noch etwas zu Trinken zu holen. Dabei fielen mir die Bierdosen neben der Spüle auf. Scheinbar hatte ich es noch mehr verkackt als im ersten Moment gedacht. Die Nachricht hatte mich schon stutzig gemacht, immerhin nutzte Toby den kleinen Wunsch, der ihm zustand, weil seine Mannschaft das Spiel – das ich vollkommen vergessen hatte – gewonnen hatte, dafür, mit mir zu reden. Ich musste wirklich sehr abweisend ihm gegenüber gewesen sein, wenn er davon ausging, anders nicht mit mir sprechen zu können. Dass er sich jedoch allein das Spiel angesehen und dabei auch noch Bier getrunken hatte, machte deutlich, dass es ein größeres Problem gab. Eines, das ich nicht bis zum nächsten Abend warten lassen wollte. »Toby?«, flüsterte ich, als ich mit Klamotten zu ihm ins Bett kletterte. Sanft streichelte ich über seinen Oberarm, der mein Kissen umklammert hielt. Er brummelte, gab das Kissen frei und hielt es ungefähr in meine Richtung. Ich nahm es ihm ab, dann strich ich mit der einen Hand über seinen Nacken, mit der anderen griff ich nach dem Lichtschalter der Nachttischlampe. »Vorsicht, ich mach Licht an.« Trotz der Vorwarnung verzog er das Gesicht und vergrub es halb unter der Decke, als es im Zimmer hell wurde. Kaum verständlich murmelte er: »Was ist?« »Wir müssen reden.« »Ist etwas passiert?« Schneller als erwartet richtete er sich auf und starrte mich erschrocken an. »Nein«, beruhigte ich ihn schnell. »Also nicht gerade. Aber mit uns passiert etwas. Und das gefällt mir nicht. Warum hast du nicht gesagt, dass heute ein Spiel ist? Warum kannst du mir nicht einfach sagen, dass du mit mir reden willst? Ich wäre doch hiergeblieben.« Toby blinzelte ein paar Mal, dann seufzte er und richtete sich auf. Mit dem Rücken an die Wand gelehnt sah er mich an. »Ich hatte nicht das Gefühl, dass du mir zuhören würdest. Du bist die letzten Wochen sehr ... abwesend.« »Du meinst zickig?« Ich wusste es doch selbst. Natürlich wäre ich nicht geblieben, wenn er mich darum gebeten hätte. Zumindest nicht, ohne ihm den Abend zu versauen. Er sah ein, dass ich ihm eine andere Antwort nicht abkaufte, daher nickte er. »Ich habe das Gefühl, nicht mehr zu dir durchzukommen. Wegen jeder Kleinigkeit brichst du einen Streit vom Zaun. Ich habe gehofft, dass du besser drauf bist, wenn ich dich gehen lasse. Während des Spiels fühlte sich das aber total scheiße an. Darum wollte ich morgen mit dir reden.« »Es tut mir leid. Ich weiß, dass ich im Moment kein guter Freund bin.« Mit der Rückseite seiner Hand strich er mir über die Wange. »Was ist los? Was beschäftigt dich?« Ihm zu sagen, dass nichts war, hätte nichts gebracht. Er wusste genau, dass es nicht stimmte. Nach 20 Jahren kannte er mich gut genug. 20 Jahre ... das gab mir einen guten Grund. »Unser Jahrestag. Hast du ihn vergessen? Wir haben noch nichts ausgemacht, wohin wir dieses Jahr fahren.« »Hast du nicht Anfang des Jahres gesagt, dass du hierbleiben möchtest, damit wir am Abend Isaac einladen können? Ich meine, wir können auch gerne noch etwas anderes planen, wenn du möchtest, ein paar Wochen sind ja noch.« Ach ja, Isaac ... »Nein, ich möchte ihn gerne dabei haben.« Erneut strich die Hand über meine Wange und ich schmiegte mich dagegen. »Roger.« Tobys Stimme klang eindringlich, aber auch ängstlich. »Was ist wirklich dein Problem? Bitte, rede mit mir. Ich will nicht wieder Angst haben müssen, dass du mich in einer Kurzschlussreaktion verlässt.« »Nein, nie wieder!« Ich rang mir ein Lächeln ab, das sicher kläglich misslang. Es war süß, dass er seine Angst so offen aussprach. Dennoch konnte ich sie verstehen. Bisher war es viel zu oft vorgekommen, dass ich versuchte, unsere Beziehung zu beenden, wenn ich so drauf war wie in den letzten Wochen. Ich musste zumindest versuchen, mit ihm zu reden. »Ich habe eher Angst, dass wir nicht mehr nur zu zweit sein können, dass wir uns nicht mehr genügen und nur noch wegen anderer zusammensein können.« »Das glaube ich nicht. Ich hab dich noch immer genauso lieb wie am Anfang«, antwortete er sanft. Einen Moment beobachtete er mich eingehend, bevor er vorschlug: »Möchtest du eine Pause?« Zuerst war ich schockiert und starrte ihn an, dann begriff ich, was er vorschlug. Eilig nickte ich. »Ja, bitte!« Das würde mir hoffentlich Zeit geben, die Gedanken, die mich seit Wochen quälten, endlich zu sortieren. »Ist in Ordnung.« Vorsichtig legte er die Hand in meinen Nacken und zog mich an seine Brust. Besitzergreifend legte er den Arm um mich. »Ich möchte dich dennoch darum bitten, das nächste Mal früher mit mir zu reden. Ich liebe dich und möchte dich nicht wegen einem unnötigen Streit verlieren.« Ich kuschelte mich an ihn und seufzte. Die Worte, die mir Ruhe gebracht hätten, lagen mir auf der Zunge, doch ich brachte sie nicht hervor. Wenn ich jetzt meine Meinung änderte, verlor ich mein Gesicht. Eine Hand verirrte sich unter mein Shirt und streichelte zärtlich über meine Haut. Sanft raunte er mir ins Ohr: »Zieh dich aus und dann komm wieder her.« Nur ungern entfernte ich mich von ihm, aber die Aussicht, mich gleich richtig an ihn kuscheln zu können, ließ mich die Faulheit überwinden. Schnell zog ich mich bis auf die Unterhose aus und schlüpfte dann zu ihm unter die Decke. »Tut mir leid, dass ich schon wieder so bin.« Liebevoll nahm er mich in den Arm und küsste meine Stirn. »Ich bin mir sicher, du hast deine Gründe und wirst mir hoffentlich bald davon erzählen.« Unsicher nickte ich. Womit hatte ich diesen wundervollen Mann nur verdient? * * * »Bist du fertig?« »Ja, gleich.« Lustlos fuhr ich mir durch die Haare. Ich wollte lieber zu Hause bleiben. Doch Toby hatte es sich gewünscht und wer war ich, ihm diesen Wunsch auszuschlagen. Er gab sich in den letzten Tagen so viel Mühe, nahm immer auf mich Rücksicht, und das, obwohl ich noch immer nicht den Mund aufbekommen hatte. Da wäre es unfair, ihm diesen kleinen Gefallen nicht zu tun. Ein paar Stunden im Club würde ich schon überstehen. Zärtlich legten sich seine Hände auf meine Hüfte und er hauchte mir einen Kuss auf die Wange. »Du siehst gut aus.« »Klar, für dich seh ich doch immer gut aus.« Die Haare sahen aus wie Kraut und Rüben! »Ich weiß, wie du aussiehst, wenn du krank bist. Also ja: Du siehst gut aus.« Ich verpasste ihm einen Knuff gegen den Oberarm. »Danke, du mich auch.« »Vielleicht nehm ich das Angebot an, wenn wir wieder hier sind. Aber dafür sollten wir erstmal los.« Ein angenehmer Schauer zog durch meinen Körper und ich gab mich geschlagen. Gegen das Unkraut auf meinen Kopf kam ich nicht an. Da musste ein Friseur ran. Geräuschvoll schabten meine Zähne übereinander. Es war eine Scheißidee gewesen, in den Club zu gehen! Er zeigte mir viel zu deutlich auf, wie daneben ich mich in letzter Zeit benahm. Verdammt, ich wusste doch noch nicht einmal, wer der Kerl war! Vermutlich hatte er Toby angesprochen, während ich auf Klo war. Dennoch störte es mich unverhältnismäßig stark, wie er meinen Freund ansah. Er hätte ihn direkt wegschicken und kein Gespräch mit ihm anfangen sollen! Zwar hatten wir nicht vereinbart, dass Flirten tabu war, aber ich war davon ausgegangen, dass unsere Pause auch das beinhaltete. Sonst machte es doch keinen Sinn. Immerhin hatten wir sogar Isaac vorerst ausgeschlossen. Ich ballte die Fäuste und ging auf Toby zu. Sobald er mich entdeckte, lächelte er mich an. Der Kerl bei ihm drehte sich um, sprach noch ein paar Worte, dann verzog er sich. Wenigstens wusste er, was gut für ihn war. »Ich möchte nach Hause«, verkündete ich, sobald ich in Tobys Hörweite war. Ich hielt es nicht mehr aus. Die vielen attraktiven Männer ließen meine Unsicherheit immer weiter steigen. Toby hatte die volle Auswahl, warum sollte er ausgerechnet mich mit meiner Zickerei bei sich haben wollen? Er wirkte überrumpelt und starrte mich mit aufgerissenen Augen an. Wieder ein Grund mehr, mich zurückzulassen: Ich war viel zu sprunghaft. Dann stammelte er: »Äh, ja, klar. Ist etwas passiert?« »Nein. Aber mir ist nicht nach Party.« »Na gut ...« Er sah sich um, als suche er jemanden, dann richtete sich sein Blick wieder auf mich, während seine Hand mit einer unsicheren Geste in seine Hosentasche wanderte. Kurz ballte sie sich darin. »Würdest du trotzdem noch einmal mit mir tanzen?« Unsicher sah ich mich um. Ich hatte überhaupt keine Lust. Und warum wollte er überhaupt mit mir tanzen? Ich konnte es doch eh nicht. Er könnte so viele Tanzpartner haben! Sein bittender Blick und ein zärtliches Streicheln über meinen Arm ließen mich dann doch einknicken. »Aber nur ein Lied.« »Nur ein Lied.« Das glückliche Lächeln zeigte mir, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Auch wenn es durch irgendetwas getrübt wurde. Als das Lied langsam ausklang, befreite ich mich von Tobys Händen. Das Tanzen hatte meine Laune etwas gehoben, dennoch wollte ich nach Hause. Ein paar schöne Stunden mit ihm allein täten mir sicher besser. Während ich bereits die ersten Schritte auf den Rand der freien Fläche zumachte, bewegte Toby sich nicht. Verwundert sah ich mich nach ihm um. Wir hatten doch gesagt, dass es bei einem Lied blieb, und mittlerweile erklangen die ersten Takte des nächsten. Doch noch immer tat er keinen einzigen Schritt. Er stand einfach nur da und sah mich an, machte schon fast einen unsicheren Eindruck. War etwas passiert, was ich nicht mitbekommen hatte? Dann erkannte ich das Lied: Es war ›unser‹ Lied! Es hatte keine besondere Bedeutung, wir hatten es eher wahllos dazu erklärt, weil es uns an unsere ersten Clubbesuche erinnerte, aber das war ›unser‹! Noch bevor sich meine Füße in Bewegung setzen konnten, um zu ihm zurückzugehen, wurden meine Knie weich und drohten, unter mir wegzusacken. Toby hatte wieder in seine Hosentasche gegriffen. Diesmal ohne den Blick von mir zu nehmen. Während er seine Hand langsam wieder herauszog, beugte sich sein Knie. Gemächlich ließ er sich sinken, seine Augen noch immer auf mich gerichtet. »Ich weiß, ich hätte das schon viel eher tun sollen, aber ich hoffe einfach, dass es jetzt nicht schon zu spät ist, um ein Zeichen zu setzen. Ich möchte, dass du immer weißt, dass wir zusammengehören und dass ich dich liebe. Roger, möchtest du mich heiraten?« Als er mit Sprechen fertig war, streckte er mir seine Hand entgegen und öffnete sie langsam. Im Scheinwerferlicht konnte ich zwei Ringe in der Handfläche ausmachen. Beide schimmerten silbern und wurden jeweils von einem farbigen Band durchzogen; das eine Schwarz, das andere Rot. Ich nickte und nahm langsam die zitternde Hand von meinem Mund. Ich musste tief durchatmen, um meine Stimme wiederzufinden. Doch selbst dann verließ nur ein einziges Wort meinen Mund: »Ja.« Es war, als löste sich jede Nervosität von Toby. Er schloss die Hand wieder, sprang auf und zog mich fest an sich. Sanft küsste er meine Wangen. »Hey, nicht weinen.« »Dann drück mich nicht so fest.« Ich löste mich etwas und wischte mir eilig über das Gesicht. »Idiot!« »Dein Idiot«, erwiderte er sanft. Er fing meine Hand ab, nahm sie zwischen seine und schob dann den Ring mit dem roten Band darüber. Er passte perfekt. »Wohe... Woher wusstest du das?« Zärtlich streichelte er über meine Wange. »Du wirktest ziemlich traurig und angepisst, als wir Isaac den Ring geschenkt haben. Dabei war es deine Idee und du warst auch erst so begeistert davon. Darum wollte ich dir auch etwas Besonderes schenken und bin noch einmal in den Laden. Als ich die Ringe gesehen habe, ist mir klar geworden, was dich so traurig gemacht hat.« »Danke.« Ich schmiegte mich an ihn. »Danke, dass du nicht auf mich gehört hast.« »Es hat ja auch lange genug gedauert, bis ich verstanden habe, dass du das nicht so meinst.« Vorsichtig legte er mir den zweiten Ring in die Handfläche. Ich nahm ihn entgegen und schob ihn über Tobys Finger. Dann küsste ich ihn. »Ich liebe dich.« »Ich dich auch, meine große Zicke.« Zärtlich strich er mir durch die Haare. »Wollen wir nach Hause?« Als er es aussprach, fiel mir auf, dass wir noch immer mitten im Club standen. Kurz war es mir unangenehm, dann nahm ich seine Hand und verschränkte unsere Finger. Nein, es sollte jeder wissen, dass dieser Mann mich heiraten wollte! Es war zwar nicht der Club, in dem wir uns nähergekommen waren, aber wir gingen hier beide häufig ein und aus. Sie sollten sehen, zu wem er am Ende des Abends nach Hause kam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)