Das Reich der sieben Drachenkrieger von MarryAnn ================================================================================ Kapitel 1: Willkommen in Ikine ------------------------------ Ein lautes Getrappel ließ mich langsam wieder zu mir kommen, während eine unerträgliche Hitze meinen Körper durchzog, welcher sich gleichzeitig hart und schwer anfühlte. „Au-ha!“, stöhnte ich leise und rieb mir den Kopf. Langsam setzte ich mich auf und öffnete dabei meine Augen. Geblendet von dem Sonnenlicht, was mir direkt ins Gesicht schien, kniff ich die Augen kurz zusammen. Ein leises Stöhnen ertönte neben mir. June, schoss es mir durch den Kopf und ich drehte mich hastig herum. June lag direkt hinter mir und regte sich ebenfalls leicht. „Alles okay bei dir?“, fragte ich und berührte sie an der Schulter. Sie zuckte kurz zusammen. Ein Glück, seufzte ich innerlich, als sie langsam zu sich kam. „Orr. Mein Kopf.“ stöhnte sie leise. Ich wusste, dass es ihr damit wohl den Umständen entsprechend gut ging und sah mich um. Was ich jetzt feststellen musste, überstieg all meine Vorstellungskraft. Ich rieb mir hastig die Augen und war auf einmal hellwach – denn wir waren nicht mehr in der Stadtbibliothek. Nein – ganz sicher nicht. Um uns herum waren vereinzelte Bäume und wir lagen augenscheinlich auf eine Straße, denn aus sah ich, wie Menschen auf Pferden davon ritten. „June!“, sagte ich hastig und blickte zu ihr herum. June lag immer noch mit dem Gesicht auf den Boden und schien irgendwie noch nicht das Bedürfnis zu spüren sich aufzusetzen. „JUNE!“, schrie ich sie an und packte sie gleichzeitig an der Schulter, um sie nach oben zuziehen. „Hey!“, rief sie verärgert zurück, als ich sie so anpackte und sah mich fast wütend an, doch dieser Blick verflog, als sie ebenso wie ich gerade bemerkte, dass wir nicht mehr in dem Gang der Bibliothek waren. „May, wo sind wir?“, fragte sie ungläubig und sah sich um. „Ich habe keine Ahnung!“, antwortet ich und blickte mich weiter um. Ich versuchte mich zu erinnern, doch irgendwie war mein Kopf gerade leer. „Wo sind wir, May?“ wiederholte Sie ihre Frage fast panisch und ich antworte abermals mit denselben Worten. „ICH – WEISS – ES – NICHT – JUNE!“ „Aber … aber … wir waren doch gerade noch …“ – ihre Worte blieben ihr fast im Hals stecken. „Ich weiß.“, bemerkte ich und stand langsam auf. Ich klopfte mir den Dreck von den Hosen und hielt ihr meine Hand hin. „Wir träumen. Sicher. Wir träumen. Das muss alles ein Traum sein!“ versuchte sich June selbst zu beruhigen als sie meine Hand ergriff. Ich zog sie auf die Beine und sah mich weiter um. „Unsere Sachen …“, sagte ich und sah dicht neben uns Junes grünen Beutel und meinen grauen Rucksack, ebenso wie unsere Einkaufsbeutel. Hastig schnappte ich mir die Sachen und ging zu June zurück, die aussah, als würde sie gleich einen Schlaganfall erleiden. „Erstmal müssen wir von dieser Straße runter!“, schlug ich vor, als ich abermals das Hufgetrappel von Pferden vernahm. Ich schnappte Junes Hand und zog sie hinter mich her, runter von der Straße und in Richtung eines Felsens. Die Hitze, die ich anfangs verspürt hatte, wurde langsam unerträglich. „Man ist es hier heiß!“, stöhnte ich als wir den Felsen erreichten und ich unsere Sachen auf den Boden stellte. June schwieg immer noch und ich begann zunächst meine Winterjacke und den Schal abzulegen. „June zieh dich aus sonst bekommst du auch noch einen Hitzeschock!“, befahl ich mit ernstem Ton und sah zu ihr – doch sie rührte sich immer noch nicht. Leicht gereizt, trat ich an meine beste Freundin heran und kniff ihr in die Schulter. „Au-ha!“, schrie sie auf. „Spinnst du?“ „Ach doch noch am Leben!“, sagte ich und zeigt auf ihre Jacke. „Zieh die Jacke aus und gib sie mir. Ich packe Sie in meinen Rucksack!“ June tat, was ich sagte und reichte mir ihre Wintersachen. „Ich weiß nicht was passiert ist, aber ich glaube nicht wirklich, dass dies ein Traum ist!“ überkam es mich und als ich mich umsah. „Wie kommst du darauf? Vielleicht träumen wir ja doch? Vielleicht haben wir Bücher auf den Kopf bekommen und liegen im Koma oder sowas?“ mutmaßte June und versuchte sich wohl damit selbst zu beruhigen. „Das glaubst du doch nicht wirklich?“, fragte ich sie ernsthaft nach und sah sie dabei skeptisch an. June seufzte und schien auch langsam zu begreifen, dass sie wohl kein Traum war. „Und was machen wir jetzt? Ich meine das ist so surreal das ich nicht weiß was wir jetzt machen oder wohin wir gehen sollen!“ Ich nickte. „Verstehe ich. Ich habe auch nicht wirklich eine Ahnung – vor allem bei dieser Hitze kann ich kaum denken!“ Mit diesen Worten sah ich hinauf in den strahlend blauen Himmel und spürte die brennende Hitze auf meinem Gesicht. „Aber …“ - ich wand meinen Blick wieder zu June „…ich würde sagen, wir versuchen erstmal irgendwo sowas wie eine Zivilisation zu finden. Ich meine, das macht man doch so? Zumindest in Filmen!“ June sah mich ernst an, nickte dann aber. „Was bleibt uns anderes übrig?“, murmelte sie leise und schnappte ihren Beutel, nachdem ich meinen Rucksack über meine Schulter geworfen hatte. „Lass uns einfach der Straße folgen, irgendwo muss sie ja hinführen!“ June nickte und folgten der Straße mit der Hoffnung bald ein Dorf, Stadt oder ähnliches zu finden. Wir folgten der Straße einige Kilometer, ohne weit und breit nur ein einziges Anzeichen von Zivilisation zu finden. „Ein Glück haben wir heute nicht die dicken Pullover an!“, sagte ich und zog meine Strickjacke aus, sodass ich nur noch ein Tanktop anhatte. June tat es mir gleich und band sich ihr Jäckchen um die Hüfte, während wir die Hügel langsam erreicht hatten. „Verdammt diese Hitze!“, stöhnte sie. „Ich weiß – dass müssen mindestens 30 Grad sein!“, stimmte ich ihr zu und stöhnte leise. Ich spürte den feuchten schweiß, der mir langsam den Rücken hinunterlief. „May! Schau da …“ rief June und ließ mich Aufsehen. „…eine Stadt!“ Ich runzelte die Stirn und rieb mir kurz die Augen, bevor ich tatsächlich etwas, dass einer Stadt ähnelte, auf einer kleinen Anhörung am Horizont sah. „Endlich. Sicher finden wir dort jemanden, der uns sagen kann, wo wir hier sind!“ sprach June aufgeregt und machte sich mit schnellen Schritten auf den Weg dorthin. „Warte!“, rief ich ihr nach und versuchte so gut es ging ihr zu folgen. Dabei machte ich mir etwas Sorgen, ob wir dort wirklich eine Antwort auf unsere Frage bekamen. Denn ein kleiner Teil von mir wusste schon, dass wir definitiv nicht mehr in Deutschland – geschweige in Europa waren. Und dass dies wohl ein Ort war, der auf keine Weltkarte verzeichnet war. „WOW!“, sagte ich, als wir vor einem gigantischen Eingangstor standen. „Das ist ja wie in eine Festung!“, bemerkte ich und betrachtete die riesige Mauer, die das Tor und somit wohl die ganze Stadt umgaben. Mein Blick fiel durch das Tor. Dort herrschte ein lautes und eiliges Treiben. Menschen liefen hastig zwischen Ständen hin und her, wo Händler lauthals ihre Waren anpreisen. „Wo zu Hölle sind wir?“, fragte June. Ihre Augen waren auf den Leuten geheftet, die an uns vorbeigingen. Ich folgte ihren Blick und verstand ihre Verwirrung. Die Menschen sahen aus, als wären sie einen japanischen Mittelalter-Roman entsprungen, wobei ihre Gesichter eher uns Europäern ähnelte. Sofort blickte ich wieder durch das Tor und stellte fest, dass die Stadt ebenso einer japanischen Stadt im Mittelalter glich. „Fuck …“, stieß ich leise hervor und sah zu June, doch sie war verschwunden. „JUNE?“, rief panisch und sah mich um. Ich machte ein paar Schritte nach vorne und erblickte durch das Getümmel June direkt neben ein paar älteren Männer. Hastig rannte ich zur ihr. „Spinnst du! Wieso rennst du den Weg!“ fuhr ich sie an, als ich nach ihrer Hand schnappte und zu mir drehte. Sie war leicht blass und sah aus, als hätte man ihr gerade das letzte Stück Lebensglück genommen. „Was ist los?“, fragte ich sofort nach. „Wir sind definitiv nicht mehr in Europa!“, kam es ihr leise über die Lippen. Ich sah sie verwirrt an und blickte dann zu den alten Männern hinter ihr. Sie sahen uns misstrauisch an, sodass ich entschloss erst einmal von hier zu verschwinden. Also machte ich auf dem Absatz kehrt und zog June hinter mir her in Richtung der nächstmöglichen Seitengasse. Wir folgten den Weg, bis wir weit genug weg waren, sodass man das Treiben auf der Straße nicht mehr hören konnte. „Was meinst du mit: Wir sind nicht mehr in Europa?“, fragte ich und drehte zu mir. June sah mich fassungslos an. „Das wir nicht uns nicht mehr in Europa befinden! Geschweige irgendwo sonst auf der Welt?“ „Äh? Was redest du da? Hast du dir vorhin doch irgendwo am Kopf weh getan?“ entgegnete ich und sah sie verwirrt an. Doch June schüttelte heftigen den Kopf und packte mich bei der Schulter. „Ich meine das genauso, wie ich gesagt habe, May! Ich kenne dieses Land nicht, davon habe ich noch nie gehört!“ Ich sah sie mit einem verwirrten Blick an als vorher, was sie anscheint, dazu anstachelte mich leicht zu schütteln. Also ob ich dann verstehen könnte, was sie sagte. „Lass das!“, zischte ich und befreite mich aus ihrem Griff. „Was haben den die alten Knacker da gesagt?“, fragte ich nach und zog mein Top zurecht. „Ich habe Männer gefragt, ob sie mir sagen könnten, wo wir sind!“, erzählte sie und versuchte sich zeitgleich etwas zu beruhigen. „Und?“ „Also wie soll ich das sagen. Laut der Aussage der Männer befinden wir uns im Kaiserreich Layándyąr.“ Sie sah mich, selbst ungläubig darüber was sie gerade von sich gab, an. „Um genau zu sein in ihrer Hauptstadt Ikine.“ „Bitte was?“, fragte ich nach und konnte nicht glauben, dass June mir gerade ernsthaft erklären wollte, dass wir uns in ein Land befanden, von dem ich noch nie was gehört hatte. Das konnte ich einfach nicht glauben. Abermals wiederholte sie ihre Worte: „Kaiserland Layándyąr. Hauptstadt Ikine.“ „Das habe ich schon verstanden aber …“ Ich hielt kurz innen und dachte nach, dabei fuhr ich mir durch mein Haar. „Willst du mir jetzt damit sagen, dass wir in einem Land sind, was es nicht gibt – in einer Stadt die wir nicht kennen und in anscheint in einem Zeitalter, wo – nur ganz nebenbei gesagt, Menschen, die nicht der Norm entsprachen, gleich getötet werden?“, fragte ich nach und konnte mir die Antwort schon vorstellen – sodass ich June zu verstehen gab, dass ich diese Frage nur rein rhetorisch gestellt habe und mir keine Antwort erhoffte. „Ich komme mir vor wie im falschen Film!“, sagte ich schlussendlich und lehnte mich an die Mauer hinter mir. „Stimmt. Es ist, als wären wir …“ June hielt ebenso, wie ich gerade, innen und sah den Weg hinab, denn wir gerade gekommen waren. „...als wären wir in einer unsere Fantasy-Animes gelandet.“ beendete ich ihren Satz und sah sie an. June sah mir direkt in die Augen und wir beide erkannten in diesem Augenblick, dass als das was wir bisher in unsere Welt als Fantasy und nicht real wahrgenommen hatten, tatsächlich unsere Situation entsprach. Man brauchte kein Hellseher zu sein, um zu wissen, das wir beiden ziemliche Angst verspürten in diesem Augenblick, doch ich versuchte irgendwie optimistisch zu sein - für June. „Keine Sorge June. Wir sind hier irgendwie gelandet, also gibt es mit Sicherheit auch einen Weg wieder zurück!“ versuchte ich sie aufzumuntern und stieß mich von der Wand hinter mir ab. Ich nahm ihre Hand in meine und drückte sie fest, doch June hatte immer noch ihren Blick gesenkt und sah aus als würde sie gleich weinen wollen. „Ach Muppel!“, sagte ich und grinste leicht. „Vielleicht ist das ja auch nicht so schlecht, ich meine egal was das hier jetzt ist und ob real oder nicht. Wir haben uns. Und vielleicht ist es hier gar nicht so schlimm, wie wir es uns ausmalen. Denk doch mal an die ganzen Serien und Filme, die wir gesehen haben mit solchen Reisen!“ erinnerte ich sie. „Da ist den Hauptfiguren auch nie was schlimmes Wiederfahren und vielleicht …“, ich merkte, dass sie leicht schmunzelte über das Wort Muppel und mich ansah. „…vielleicht finden wir ja ein paar heiße Jungs. So ein Ban oder Meliodas wäre doch was!“ scherzte ich und sie erkannte sofort, dass ich auf unsere Lieblingsanime The Seven Deadly Sins anspielte. „Stimmt!“, gab sie zu und musste bei dem Gedanken lächeln, auch wenn ich hinter ihrer Fassade sah, dass sie immer noch mit den Tränen kämpfte. „Siehst du. Keine Sorge ich finden einen Weg wie wir wieder heimkommen und bis dahin machen wir einfach das beste daraus!“, schlug ich vor und ließ ihre Hand los. June nickte und schien damit erstmal neuen Mut gefasst zu haben. Sie sah sich um und letztlich wieder zu mir. „Was?“ „Wir fallen zu sehr auf!“, bemerkte sie und musterte mich zugleich. „Ähm …“, stammelte ich und folgte ihren Blick, nickte dann aber. „Hast du schon eine Idee?“, fragte ich etwas überfordert und sah mich zeitgleich um. Doch nichts erschien mir die Lösung für das Problem zu sein. Doch June schmunzelte nur, lief an mir vorbei und zog aus einer Kiste, die hinter mir stand, zwei dreckige Laken. „Willst du die etwa anziehen? Das Stinken zu Hölle!“ Ich hielt mir die Nase hastig zu, als sie mit den Laken vor meinem Gesicht herumwedelte. „Ja!“, sagte sie und griff in ihre Beutel, zog ihre Federmäppchen heraus und öffnete es. „Wir schneiden sie einfach etwas zurecht und nutzen sie als Umhang. Zumindest ist das besser als so herumzulaufen und Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen!“ sagte sie und machte eine Bewegung zu mir, bevor sie die Schere zwischen ihren Stiften hervorholte und begann die Jute artigen Laken zu zerschneiden. In wenigen Minuten hatten wir beide zwei stinkende Umhänge mit Kapuze aller Jutesack um. „Stylisch! Sicher der nächste Schrei in Mailand!“ scherzte ich und drehte mich leicht. „Und das Deo übertüncht den höllischen Geruch zumindest etwas!“, fügte ich hinzu. „Ja. Das war auch der Plan.“ June lachte leise, schob sich die Kapuze ins Gesicht und seufzte kaum hörbar. „Und was machen wir jetzt? Wir können ja schlecht die Leute hier nach dem Weg zurück in unsere Welt fragen!“ sagte sie und man hörte einen leisen sarkastischen Unterton in ihrer Stimme. Ich hockte mich neben sie und verstaute unsere Sachen neu, sodass wir am Enden alles in meinen Rucksack und Junes Beutel komprimieren konnten. „Ich denke …“, begann ich zu sprechen und erhob mich wieder, dabei ließ ich meinen Blick kurz Richtung Himmel wandern „…wir sollten erstmal versuchen irgendwie einen Unterschlupf für die Nacht zu finden. Es wird sicher bald dunkel.“ June nickte und ein leises Knurren erfüllte die kurze Stille. Ich schmunzelte. „Und vielleicht auch an was zu essen!“, fügte ich an. „Das klingt nach einem Deal!“ „Das will ich auch meinen, schließlich bin ich von uns beiden das Organisationstalent!“ scherzte ich und warf den Rucksack über meine Schulter. June hob eine Augenbraue, schwieg, aber als sie den Beutel in ihre Hand nahm. Zum Gehen bereit, sah sie mich an. „Gut. Dann lass uns zurückgehen!“ Mit diesen Worten schritt ich voran und wir nahmen den gleichen Weg wieder zurück in Richtung Hauptstraße. Das Treiben schien sich in Zwischenzeit etwas gelegt zu haben, sodass ich mit June dicht an meiner Seite langsam durch die Menschenmengen schlängelte. Dabei beobachtete ich das Treiben um uns herum und bemerkte erstmals offensichtlich, dass ich sie alle verstand. „Komisch!“, murmelte ich leise zu June, die sich zu mir herabbeugte. „Was ist May?“, flüsterte sie, kaum hörbar. „Diese Stadt sieht aus, wie als wären wir in tiefsten japanischen Mittelalter. Du weißt schon, so wie in den Animes. Auch die Kleidung der Leute hier ähnelt dem stark. Aber sie sprechen alle deutsch!“ gab ich zu bedenken und sah kurz zu June. Ihr schien dies gerade auch bewusst zu werden, obwohl sie vorhin so unbeschwert und gedankenlos mit den alten Männern auf der Bank geredet hatte. „Du hast recht!“, stimmt sie mir nach ein paar Sekunden Bedenkzeit zu. „Komisch nicht?“, wiederholte ich mich und ging weiter die Straße entlang. „Hast du schon eine Idee wie wir an einen Schlafplatz kommen?“, fragte June nach einer Weile. Darüber zerbrach ich mir schon seit geraumer Zeit den Kopf, wir konnten hier wohl kaum mit Euro bezahlen und ich kannte ihrer Währung hier nicht – geschweige hatten wir irgendwas Wertvolles was man vielleicht hätte als Gegenwert anbieten können und somit würden wir keine Unterkunft bezahlen können. Ich seufzte und ließ den Blick schweifen, in der Hoffnung einen Einfall zu bekommen und in dieser Sekunde – als hätte man meine Gedanken erhöht kam mir eine Idee, als wir an einen Stand mit Schmuck vorbeikamen. „Warte kurz hier!“, bat ich June und versicherte mich kurz, dass sie mich auch gehört hatte. Sie nickte. Ich lächelte, gab ihr meinen Rucksack, zog den Umgang und die Kapuze enger um meinen Körper und ging zu einem Stand. „Entschuldigen Sie!“, begann ich das Gespräch und einen in die Jahre gekommen 35-jährigen Mann, sah mich überaus freundlich an. „Junge Dame! Treten Sie doch näher. Was kann ich Ihnen zeigen? Ich habe die erlesensten Stücke im Angebot!“ rief er mit zu und begann sofort damit auf Haarnadeln und Ketten zu zeigen – die durchaus meinen Geschmack trafen, aber ich schüttelte den Kopf. „Ich möchte nichts kaufen!“, entschuldigte ich mich und öffnete meinen Umhang und streckte in meinen Arm entgegen. „Ich würde ihnen lieber dieses Armband anbieten!“ Der Mann betrachtete mit skeptisch und blickte dann auf mein Handgelenk. „Es ist ein erlesenes Stück. Es war ein Geschenk meiner Mutter. Es ist echtes Silber!“, pries ich meine Bettelarmband an, dass ich heute Morgen zum Glück noch angelegt hatte. Der Mann griff nach meinem Handgelenk und zog mich an sich heran, um es besser begutachten zu können. Sein Griff war fest und schmerzte leicht, doch ich schwieg, um den Deal nicht zu gefährden. „Echtes Silber sagst du?“ Ich nickte. „Ich biete dir 3 Dyąr.“ Drei was, fragte ich mich und sah ihn kurz verwirrt und unschlüssig an. Doch er schien meinen Ausdruck misszuverstehen und legte ein leichtes freches Grinsen auf, wobei mir eine schlechte Vorahnung beschlich. „Nein, danke ich habe es mir anders überlegt!“, sagte ich hastig und zog meine Hand zurück, doch der Typ griff er erneut danach und zog sie mit hartem Griff zu sich. Mein Körper beugte sich schwungvoll über seinen Tisch und ich spürte wie meine Kapuze leicht verrutschte. Sein warmer Atem berührte meine Handrücken und ließ mich erschaudern. „Was soll das? Lass mich los!“ sagte ich hastig und versuchte mich zu befreien, doch seine Hand schloss sich nur enger um mein Handgelenk. „Was soll dieser Aufstand, Kleines. Du wolltest doch verhandeln, oder etwa nicht?“ fragte er mit einer so gierigen Stimme, dass mir schlecht wurde. Ich blickte mich hastig um. Mein Blick suchte nach June die auf der gegenüberliegenden Seite stehen bleiben sollte, doch dort war sie nicht mehr. Zum Teufel, wo war dieses Weib schon wieder, schoss es mir wütend durch den Kopf – doch wurde ich hastig wieder in die Realität zurückgeholt als der Händler seinen Griff verstärkte. „Sie tun mir weh!“, fuhr ich ihn an und sah finster zu ihm auf. „Aber, aber, so ein Gesichtsausdruck steht dir nicht. Ich werde mein Angebot wohl doch nochmal überdenken.“ Er musterte mich mit seinen grauen Augen. „Obwohl wenn du jetzt etwas netter zu mir bist, könnte ich mich nochmal umstimmen lassen!“ „Den Teufel werde ich tun und jetzt lass mich los! Sonst schrei ich hier alles zusammen!“ drohte ich ihm und versuchte abermals meinen Arm ihm zu entziehen. Doch in dieser Sekunde beugte sich der Händler über den Tisch zu mir herunter und hielt mir ein Messer an die Kehle. „Schrei nur und ich werde dich als Diebin sofort hinrichten!“ Ich schluckte. Panik steig in meine Körper auf und ich wusste nicht, was ich jetzt tun sollte. Ich wollte doch nur etwas Geld holen und jetzt saß ich in diesem Schlamassel. „Entschuldigung, gibt es hier irgendwelche Probleme.“ Eine tiefe, fast melodisch klingende Stimme tauchte hinter mir auf. Der Händler, der bis gerade noch dicht vor mir war, beugte sich zurück und schob sein Messer zurück unter seinen Mantel. „Nein. Nein!" erwiderte er hastig "Das junge Fräulein hatte nach dem Weg gefragt!“ erwiderte er wieder außerordentlich freundlich. „Ach wirklich?“ Die Stimme kam näher und ich spürte jemanden dicht hinter mir stehen. Eine Hand schnellte nach vorne und befreite mein Handgelenk ohne große Bemühungen aus dem Griff des Händlers. „Und wieso befindet sich dann der Arm des Mädchens so fest in ihren widerwärtigen Griff?“, fragte die Stimme. Ich zog meinen Arm hastig zurück und umgriff mein Handgelenk, welches leicht errötet war. Sanft massierte ich die Stelle, ohne mich ein Millimeter von Fleck zu bewegen. „Wie bitte? Sie wollte mir ihr Armband anbieten!“ wehrte sich der Mann sofort und erhob dabei leicht empört die Stimme. „Ach ja? Sagten sie nicht gerade, dass sie nach dem Weg gefragt hat?“ wiederholte er mit ruhiger aber zugleich leise bedrohlich klingender Stimme. Meine Nackenhaare stellten sich auf, bei dem Gedanken das der Typ hinter mir vielleicht noch schlimmer war als der Händler vor mir. Doch ich fühlte mich, wieso auch immer, sicher und das ließ mich endlich wieder zu meiner Stimme finden. „Das stimmt. Ich wollte ihm mein Armband verkaufen, aber als gezögert hat, hat er mich grob angepackt und einem Messer bedroht. Er wollte das ich nett bin!“ erzählte ich dem Fremden, was geschehen war. „Du kleines …“, zischte der Mann und schien sich gleich auf mich stürzen zu wollen, doch wie ein Blitz schoss ein Schwert Millimeter an meinem Gesicht vorbei und hielt vor Hals des Händlers. Ich zuckte erschrocken zusammen und machte einen Schritt nach hinten. Dabei stieß meine Rücken gegen den Körper des Mannes hinter mir. „Keine Angst!“, flüsterte er und ich spürte, wie eine Hand meine Schulter packte. Ich wollte aufsehen – den Mann hinter mir ansehen und wissen, wer er war, doch ich zwang mich weiterhin nach vorne zu sehen. Dem Händler stand der Angst im Gesicht geschrieben und er schien leicht zu zittern. „Wie viel hat er dir geboten für das Armband?“, fragte der Mann hinter mir. Ich überlegte kurz und antworte dann: „3!“ Da mir der Name, der Währung nicht einfiel, hoffte ich, dass diese Antwort ausreichte. „3?“ – der Mann lachte. „Das Armband ist mindestens das 3-fache wert.“ Was? Das Vierfache? Also 9? – schoss es mir durch den Kopf und ich sah sofort wütend zu dem Händler. „Du wolltest mich abzocken!“, warf ich ihm sofort vor. „Ja? – also eigentlich Nein.“ stotterte der Händler und spürte immer noch die Spitze des Schwertes an seine Kehle. „Schon gut. Schon gut! 9 Dyąr.“ „Mache wir 10 Dyąr daraus, weil du dem jungen Mädchen Unannehmlichkeiten bereitet hast!“ „Ja!“, stimmt der Händler sofort zu und schluckte. Hastig zückte er ein Beutel aus einem kleinen Versteck unter dem Stand hervor, öffnete es und nahm 10 leicht golden glänzende Metallstücke heraus. Sie waren rund und hatten 4 kleine Löcher in der Mitte. „Hier!“, sagte er und hielt mir das Geld hin, ich nahm es und sah dann auf mein Handgelenk, wo das Bettelarmband meiner Mutter hing. Ich zögerte kurz, bevor ich mein Armband von meinem Handgelenk löste und es dem Händler gab. „So, sie hat ihr Geld. Jetzt, nimm endlich das Schwert aus meinem Gesicht!“ beschwerte sich der Händler und sah den Mann direkt an. Anscheint versuchte er noch seinen letzten Rest Männlichkeit aufzubringen, um nicht ganz so kläglich dazustehen. Der Mann hinter mir lachte nochmal auf und zog sein Schwert zurück. „Wieso nicht gleich so!“, sagte er und löste mit diesen Worten seinen Griff von meiner Schulter. Ich atmete tief ein und aus – und schloss für eine Sekunde die Augen, um mich zu beruhigen. Dann drehte ich mich um, um mich bei den Fremden zu bedanken, „Vielen Da …“, begann ich zu sprechen doch stoppte sofort wieder, als ich merkte das niemand mehr hinter mir stand. Der Mann, der bis gerade noch ganz dicht bei mir stand, war verschwunden. Verwirrt sah ich mich um und entdeckte zu meiner Verblüffung nicht den Fremden, sondern June in der Menschenmenge. „JUNE!“, rief ich und lief zu ihr herüber. „Schau doch mal. Hier. May. Ist dieser kleine nicht süß?“ fragte sie und kraulte einen kleinen Streuner die Ohren. „Nicht dein Ernst? Ich habe doch gesagt du sollst dich nicht wegbewegen!“ schnauzte ich sie an. „Ich hatte Angst, das man dich entführt hat oder schlimmeres. Dass du dich verlaufen hast!“ June sah nicht auf und konzentrierte sich vollkommen auf den Hund. „Hörst du mir eigentlich zu?“, fuhr ich sie an, als sie keine Anstalten machte was zu sagen. „Ja! Ich bin ja nicht taub!“ erwiderte sie trocken und sah auf. „Außerdem stimmt deine Aussage nicht, du hast gesagt, ich soll warten. Und das habe ich getan. Von – nicht wegbewegen – war keine Rede. Außerdem war ich ja die ganze Zeit in der Nähe des Standes!“ argumentierte sie . Ich musterte sie kurz und dabei wurde mir klar, dass sie von Vorfall am Händlerstand bis jetzt nichts mitbekommen hatte. Ich seufzte. „Und hattest du Glück?“ Ich sah sie an. „Wie bitte?“ „Na du wolltest doch irgendwas machen!“ „Ach ja!“ – ich verstand sofort. „Ja. Hier!“ sagte ich und zeigte ihr das Geld. „Anscheint, nennt man diese Währung Dyąr!“, erzählte ich und hockte mich neben sie. June sah zu mir auf und sah mich mit einem streng forschenden Blick an. „Was hast du dafür hergeben müssen?“ - ihre braunen Augen starrten mich an. Ich zögerte. „May?“ Ihr Blick wurde ernster und ihre Stimme drängender. „Nichts Großes. Nur das Armband!“ murmelte ich und packte das Geld in meine Hosentaschen. „Das Armband deiner Mutter!“, rief June erschrocken aus. „Pssst. Nicht so laut!“ zischte ich und sah mich kurz um, als ich spürte, dass uns andere beobachteten. „Aber May, das ist doch das einzige was …“ Ich unterbrach sie sofort: „Ich sagte doch – kein großes Ding. So und jetzt lass uns endlich was zum Übernachten suchen. Es wird bald die Sonne untergehen und dann will ich in nicht mehr hier draußen herumlaufen!“ June sah mich besorgt an, nickte und erhob sich schweren Herzens. „Eine Frau sagte, dass nicht weit von hier eine Taverne ist, dort soll man auch Zimmer vermieten!“ Ich sah sie fragend an. „Du denkst doch nicht allen Ernstes, dass ich hier nur dumm herumstehe und warte? Dafür kennst du mich aber schlecht!“ erwiderte sie trocken und nahm ihren Beutel auf. Ich schüttelte fassungslos und zugleich auch etwas amüsiert den Kopf. „Okay, dann lass uns das mal auschecken!“ – mit diesen Worten machten wir uns auf die Suche nach diesem Gasthaus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)