Zwei Seiten einer Medaille von Shino-Tenshi ================================================================================ Kapitel 42: ------------ Vergangenheit: Erneut war ich abgehauen. Mein Vater hatte mir Hausarrest aufgebrummt, als er mitbekam, dass ich die Duschkabine beschädigt hatte. Ich hatte mit Schläge gerechnet, doch es kamen ausnahmsweise keine. Dafür aber drei Monate Hausarrest. Ich wusste nicht, was ich von dieser Strafe halten sollte. Es passte nicht in sein Schema. Schließlich nutzte er doch jede Möglichkeit mich zu verprügeln. Aber durch das Verbot konnte ich auch nicht fragen, ob ich weggehen durfte. Nicht sagen, dass ich doch zu diesem Treffen ging. Ich wusste nicht, ob ich mich wirklich zu ihnen gesellen würde, aber ich wollte sie alle noch einmal sehen. Vielleicht ihnen mein Verhalten erklären, oder auch nicht. Sie... sie bedeuteten mir so viel. Daher saß ich im Zug zu Tayakas Zuhause. Ich würde zu spät kommen. Aber früher hatte ich keine Chance mich aus meinem Zimmer zu schleichen. Vielleicht war das auch ganz gut. Sie rechneten sowieso nicht mit mir und anders würde ich vielleicht zögern. Aber jetzt saß ich hier und wartete darauf, dass der Zug an seinem Ziel ankam. Nur noch zwei Stationen. Meine Hände begannen zu zittern und ich schluckte trocken. Versuchte irgendwie ruhig zu bleiben. Es würde nichts passieren. Ich konnte immer noch umdrehen. Niemand musste je wissen, dass ich das hier tat. Darum musste ich nicht nervös sein. Ich konnte umdrehen, wenn ich merkte, dass die Entscheidung falsch war. Noch eine Station. Ich wünschte mir, dass sie fröhlich waren. Dass sie irgendwie immer noch eine gute Band waren. Auch wenn ich nicht mehr da war. Ich wollte nicht schuld an ihrem Zerbrechen sein. Schließlich hatten sie das nicht verdient. Sie alle liebten das Spiel und hatten Spaß. Nur ich... ich war zu blöd gewesen. Mit einem Knurren unterbrach ich meine Gedanken. Nein, ich wollte nicht in die Opferrolle rein. Auch Luzifer war schuld daran. Er hatte das Alles genauso zugelassen. Genauso getan. Und jetzt? Jetzt half er mir nicht einmal. Wut kroch in mein Herz und ließ mich erneut leicht knurren, als sich mein Körper anspannte. Warum musste das passieren? Hätte Xenia diesen Mist nicht gemacht. Hätte Luzifer hinter mir gestanden. Ihr Paroli geboten. Dann hätte ich nicht gehen müssen. Dann hätten mich die anderen nicht angegriffen. Aber... Meine Haltestelle wurde durchgesagt und ich stand auf, um zu den Türen zu gehen. Ich wusste nicht, was ich mir erhoffte oder gar was ich erwartete. Aber irgendwie wollte ich vorbei schauen und so trat ich aus dem Zug, bevor ich nach meinem Handy griff, um mir den Weg zum Park anzeigen zu lassen. Der Park... dort hatte mich Luzifer gefunden und dann mit zu sich genommen. Mit diesem Treffen hatte das Unheil begonnen. Schon fast ein Zeichen von Ironie, dass es dort endgültig enden sollte. Endgültig vorbei sein würde. Nicht mehr nach hinten sehen. Nur noch weitergehen. Ich folgte der Anweisung und kam schließlich bei der Grünanlage an und begann nach Luzifer und Tayaka Ausschau zu halten. Von den anderen Drei wusste ich nicht, wie sie aussahen. Aber die Zwei sollten mir als Anhaltspunkt reichen und so folgte ich dem Weg. Menschen kamen mir entgegen. Manche mit Hund andere nur so. Ein paar in Gruppen, zu zweit oder sogar ganz alleine. Ich sah sie nicht an. Wünschte mir, dass sie nicht existierten. Ich hatte Angst, dass sie mich verpfeifen würden. Bei meinem Vater, bei meine Bandmitgliedern oder irgendwem, der mir aus meiner Anwesenheit einen Strick drehen könnte. „Das glaubst du doch selbst nicht, Azrael! Niemals!“ Ich hörte das Lachen von Tayaka und stoppte meine Schritte. Ruhig ging ich von dem Weg herunter und bewegte mich nur noch im Schutz der Bäume vorwärts. „Doch. Es war so. Dem Kerl war unsere Band nicht berühmt genug. Aber er selbst hatte gerade erst angefangen.“ Auch Azrael lachte auf und schließlich erblickte ich sie. Die kleine Gruppe saß auf einer Decke mitten im Gras. Azrael und Athena nahe beieinander. Auch an Luzifers Seite lehnte ein Mädchen, das wohl Xenia war. Tayaka wirkte fast wie ein Außenseiter. So einsam wie er dem beiden Pärchen gegenüber saß, doch das schien ihn nicht zu stören. Athenas hellblaues Haar fiel ihr sanft über den ganzen Rücken, während sich Azrael eine seiner schwarzen Strähnen hinters Ohr strich, doch sie fiel fast augenblicklich wieder nach vorne. Sie wirkten elegant gekleidet und passten nicht in das Bild der anderen Drei. Denn Xenia selbst zeigte nur allzu gerne, was sie zu bieten hatte. Ihre Kleidung war knapp und ich würde es schon fast als nutig bezeichnen. Sie klammerte schon fast an Luzifer, der ein wenig desinteressiert wirkte und ihr halt aus Bequemlichkeit seinen Arm überließ. Vielleicht wollte ich das aber auch nur sehen. Ihre braunen Haare hatte sie zum Teil in einem Dutt, während der Rest offen über ihre Schultern und Rücken fiel. Immer wieder spielte sie mit einer Strähne und lachte ebenfalls über die Unterhaltung von Tayaka und Azrael. Sie wirkten ausgelassen. Fast schon perfekt. Ich spürte wie in mir das Gefühl erwachte, dass ich dort nicht hingehörte. Dieser Gruppe gehörte ich nicht mehr an. Ich hatte mich selbst ins Aus katapultiert und ich hätte nicht hierher kommen sollen. Mit eine Seufzer wandte ich mich um und wollte gerade gehen, als ich schon beim ersten Schritt in jemanden hinein lief. „Hoppla! Warum so stürmisch?“ Die Stimme kam mir bekannt vor und kaum hob ich meinen Blick war dort das grinsende Gesicht von Alexy. Er sah mich irritiert an, während seine Hand erhoben war, als wollte er mich ansprechen, doch ich wich sofort einen Schritt zurück. „Es tut mir Leid. Ich muss schon wieder los.“ Ich wollte an ihm vorbeigehen, doch er stoppte mich sofort. „Du willst vielleicht, aber du musst nicht.“ Er griff nach meinem Arm und sieht mich immer noch direkt an. „Bist du nicht hier, um die anderen kennen zu lernen? Wenn du dabei bist, kann ich vielleicht endlich gehen. Armin hat mich genötigt mitzukommen, weil er nicht alleine mit den Pärchen sein will.“ „Nein, ich... Doch, aber ich...“ Ich stoppte und atmete tief durch, um meine Gedanken zu sortieren, bevor ich erneut zu einer Antwort ansetzte: „Doch, wollte ich. Aber ich habe kein Recht mehr dort zu sein. Ich bin einfach verschwunden ohne etwas zu sagen und hab sie dadurch in eine blöde Situation gebracht.“ „Armin ist nicht nachtragend und auch der Rest wirkt sehr nett. Bestimmt verstehen sie deine Beweggründe und verzeihen dir. Komm doch einfach mit mir, okay?“ Er will mich mit sich zerren, doch ich wehrte mich sofort und befreite mich dabei aus seinem Griff. „Nein! Ich will nicht! Ich kann nicht, okay? Das ist nicht mehr meine Welt. Ich muss mich auf andere Dinge konzentrieren. Wenn ich da jetzt hingehe, dann muss ich ihnen nur wieder weh tun. Es ist vorbei. Es ist endgültig vorbei.“ Ohne auf eine Antwort zu warten rannte ich los. Ich wollte nur noch weg von dort. Sie waren ohne mich definitiv besser dran. Ich konnte ihnen nicht die Freude am Spiel nehmen, indem ich einen Streit provozierte. Xenia und ich konnten nicht nebeneinander existieren. Nicht solange wir beide etwas für Luzifer empfanden. Alexy folgte mir nicht und nach einigen Minuten stoppte ich schließlich langsam meine Schritte. Ich wusste, dass es falsch war. Schließlich war ich doch hier um mich vielleicht wieder mit ihnen zu versöhnen. All das endlich zu bereinigen und klare Linien zu ziehen. Doch ich konnte nicht. Auch jetzt konnte ich nicht zu meinem Standpunkt stehen. Mich selbst behaupten. Ich hätte es nur schlimmer gemacht. Viel schlimmer. Mit einem Seufzen ging ich weiter auf den Ausgang des Parks zu. Ließ dieses Treffen hinter mir. So weit es irgendwie möglich war. Es war besser so. Um so vieles besser. Immer wieder wiederholte ich diese zwei Sätze, um mich selbst davon zu überzeugen, dennoch konnte ich nicht verhindern, dass sich eine große Leere in meinem Herzen ausbreitete und ich das Gefühl hatte, dass ich gerade die letzte Chance verpasst hatte. Die letzte Chance zurück zu kehren. Zurück in mein eigenes Paradies... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)