Zwei Seiten einer Medaille von Shino-Tenshi ================================================================================ Kapitel 10: ------------ Gegenwart: „Ich komme jetzt zu euch. Hab Luzifer eine Nachricht hinterlassen. Vielleicht kommt er ja und wenn nicht, dann geh ich nochmal auf die Suche.“ Ich mache mich voller Zuversicht auf den Weg zu unserem Bandhaus und ich höre schon wie Tayaka die Luft scharf anzieht, als hätte ich ihm mit voller Wucht auf den Finger gehauen. „Echt jetzt? Den hast du gefragt? War kein anderer da?“ „Doch, aber wieso denn nicht? Luzifer ist gut und er ist auch zuverlässig. Ich sehe da kein Problem, warum er nicht mitmachen sollte. Laut seinem Avatar ist er aktuell auch in keiner Band. Also, sprich doch nichts dagegen. Ist ja nicht so, dass ich ihn irgendwo abwerbe.“ „Echt? Wieso denn das? Normalerweise war er doch immer in einer. Schon komisch. Was ist wohl aus seiner Band mit Xenia geworden?“ „Weiß ich nicht. Aber er kann uns dabei helfen die zwei Neulinge höher zu bekommen. Desto mehr wir sind, umso schneller wird es gehen.“ „Du weißt, dass er so etwas hasst wie die Pest, oder?“ „Ja, schon. Aber was sollen wir denn bitte sonst tun? Soll ich irgendeinen x-beliebigen ansprechen? Bei ihm wissen wir zumindest, dass er dran bleibt!“ „Ja, am Spiel, aber nicht unbedingt in der Band! Außerdem ist jeder besser als der!“ Der Wutausbruch von Tayaka irritiert mich und ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Schließlich kann ich mich nicht daran erinnern, dass er große Probleme mit Luzifer hatte. Klar, er ist nicht unbedingt leicht im Umgang, aber man kann es dennoch lernen und an sich hatten wir alle den Dreh am Ende raus. „Was ist damals passiert?“ Ich will es verstehen und auch wenn ich ein wenig Angst habe, weiß ich, dass ich die Geschichte hören muss, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Tayaka seufzt schwer und ich kann direkt spüren, wie er um Worte ringt. Nur weiß ich nicht, ob es daran liegt, dass er keine findet oder nicht will. „Es ist kompliziert, okay?“, weicht er aus und ich spüre, dass es zweiteres ist, dennoch will ich es nicht darauf beruhen lassen. Diese Geschichte ist wichtig und er muss es mir endlich erzählen, doch bevor ich etwas sagen kann, trudelt schon eine Antwort von Luzifer ein. „Gabriel? Du bist wieder da? Ich komme!“ Seine Reaktion verwirrt mich so sehr, dass es scheinbar selbst Tayaka mitbekommt, denn dieser hakt sofort nach. „Was ist los? Ist irgendetwas passiert?“ „Luzifer kommt hierher. Er scheint mitmachen zu wollen.“ Seine Reaktion überrascht mich. Ich rechnete mit viel, aber nicht damit. Er scheint es kaum erwarten zu können mich wieder zu sehen. Was war nur in den drei Jahren passiert? Ich hätte eine kühlere Begrüßung erwartet. „Echt jetzt? Ach, verdammt!“ Tayaka seufzt schwer und ich lasse meinen Avatar im Flur stehen. Eigentlich hatte ich vor in den Proberaum zu gehen, um Tayaka beim Training der Neulinge zu helfen, doch jetzt warte ich darauf, dass Luzifer ankommt, was nicht lange dauert. Nur wenige Atemzüge später klingelt es an der Tür und ich öffne das Schloss, um dann auf seinen Avatar zu sehen. Ich kann nichts sagen, sondern schaue ihn nur an und auch er bleibt abrupt stehen und traut sich keinen Zentimeter weiter. Als schon eine neue Nachricht im Chat erscheint. „Du bist es wirklich. Du hast es echt gewagt zurück zu kommen.“ Meine Kehle schnürt sich plötzlich zu und ich höre die Fragen von Tayaka nur am Rande ohne sie wirklich zu verstehen. Ich starre weiter auf den Avatar und diese wenigen Worte. Ich weiß nicht, was ich sagen soll und tippe nur ein einfaches „Hi“ in den Chat. Mein Avatar winkt automatisch und ich fühle mich so dämlich dabei. Nach all den Jahren bringen ich wirklich nicht mehr zustande. Idiotisch! Plötzlich wird meinem Avatar eine verpasst, was mich irritiert und ich begreife nicht, seit wann das denn möglich ist, doch mein Charakter rappelt sich wieder auf und ich sehe nur, dass meine Laune dadurch ein wenig gefallen ist. Genauso wie sich meine Wange leicht verfärbt. Ich bin der Meinung, dass wir jetzt quitt wären, doch anstatt sich unserer Band anzuschließen, lehnt er meine Einladung ab und wendet sich mit wutverzerrten Gesicht ab. „Schreib mich nie wieder an! Am Besten verpisst du dich gleich wieder! Beim nächsten Mal kommst du nicht so leicht davon!“ Sein Avatar verschwindet vor meinen Augen in der Masse und ich verstehe nicht, was gerade passiert ist und erst die Stimme von Tayaka holt mich zurück in die Wirklichkeit: „Was ist denn passiert? Er ist nicht in unserer Band. Ist er noch nicht da?“ „Doch, aber er ist wieder gegangen.“ Ich kann meine Worte selbst nicht glauben. Wieso ging er wieder? Warum schlug er mich? Er... er wollte das damals doch, oder etwa nicht? „Häh?! Was sollte denn das? Klar, er war echt sauer gewesen, als du einfach abgehauen bist ohne einen richtigen Abschied. Aber hey, keiner von uns war darüber glücklich. Auch die anderen haben dich für eine gewisse Zeit zum Teufel gejagt. Ich dachte aber eigentlich, dass er sich wie wir alle irgendwann gefangen hätte.“ „Es tut mir Leid.“ Ich hab eine Ahnung, warum er es eben nicht vergessen hat. Schließlich habe ich nicht nur den Kontakt im Spiel zu ihm abgebrochen, sondern auch außerhalb. Etwas, was die anderen niemals erfahren haben. Zumindest nicht von mir. Nur Xenia wusste es damals. Aber ich... „Na ja, jeder macht mal Fehler. Schwamm drüber. Jetzt bist du wieder da und gut ist.“ Ich kann das Lächeln von Tayaka richtig hören. „Komm runter und hilf mir mit unseren Neulingen. Wenn wir zu zweit sind, dann geht das schneller.“ „Ist okay.“ An sich ist mir die Lust an dem Spiel gerade vergangen, aber ich habe Tayaka versprochen, dass ich ihm helfe und das muss ich auch halten. Also lasse ich meinen Avatar die Treppen nach unten steigen und nehme hinter dem Schlagzeug Platz, als Tayaka schon das nächste Lied startet. Die zwei Neuen – Akiko und Nocturn – haben schon einige Level bekommen und scheinen Spaß zu haben, denn immer wieder erscheinen grinsende Smileys über ihren Kopf, wodurch ich nun auch anfange wieder in das System des Spiels zurück zu finden. Doch das ist gar nicht so leicht, denn immer wieder kommen mir die Worte von Luzifer in den Sinn und ich fange an mich wie der größte Idiot zu fühlen, aber ich konnte damals einfach nicht anders... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)