Frostkuss von Swanlady (Gray x Juvia) ================================================================================ Kapitel 1: Frostkuss -------------------- Es war nötig gewesen. Trotz dieser Tatsache konnte Gray das flaue Gefühl im Magen nicht ignorieren, als die kleine Siedlung in seinem Blickfeld auftauchte. Der strömende Regen, der konstant auf die Dächer niederprasselte, sorgte nicht unbedingt dafür, dass er sich besser fühlte, obwohl sie gerade einen Sieg errungen hatten und es allen Grund gab, um erleichtert zu sein. Seine Doppelagent-Mission war vorbei und Fairy Tail wieder auf dem besten Weg, eine offizielle Gilde zu werden. Dennoch wartete noch eine Begegnung auf ihn, die seinen Gewissensbissen genügend Futter gab, um ihn unzufrieden das Gesicht verziehen zu lassen. „Soll ich dich begleiten, Gray-san?“, ertönte Wendys leise Stimme neben ihm, doch er sah sie nicht an, sondern marschierte direkt in den Regen hinein. Wendy hatte sich bereiterklärt, nach Juvia zu sehen, da ihr Fieber noch immer nicht abgeklungen war. Sie hatte ihm erzählt, dass Juvia darauf bestanden hatte, dass sie nicht an ihrer Seite verweilen, sondern ihren Freunden helfen gehen sollte. Auch Wendy schien Schuldgefühle deswegen zu haben, doch Gray war sich sicher, dass sie nicht an seine heranreichten. „Ich rufe dich“, teilte er ihr mit und ließ sie im Trockenen zurück. Wasser lief über sein Gesicht, ließ seine Hose an seiner Haut kleben. Als Eismagier gab es wenige Dinge, die er als kalt empfand, doch die Intensität des Regens jagte ihm einen Schauer über den nackten Rücken. Vor dem Haus stehenbleibend, in dem sie das letzte Jahr über gemeinsam gewohnt hatten, atmete Gray tief durch. Er war ihr eine Erklärung schuldig und diese musste – oder wollte? – er persönlich abliefern. Leise und langsam drückte er die Tür auf. Im der Hütte, die aus einem einzigen Zimmer bestand, war es fast komplett still – nur ein rasselnder, unregelmäßiger Atem war zu hören. Als Gray an das Bett herantrat, auf dem Juvia lag, fiel sein Blick auf ihr verschwitztes Gesicht, die geöffneten Lippen und die leicht zusammengekniffenen Augen, die darauf hindeuten, dass ihr Schlaf alles andere als erholsam war. Gray biss die Zähne fest aufeinander, bis sein Kieferknochen zu schmerzen begann. Er war dafür verantwortlich, dass Juvia litt, niemand sonst. Er redete sich ein, dass es keine andere Möglichkeit gegeben hatte, aber stimmte das wirklich? Zögerlich streckte er die Hand aus, bis seine Finger ihre Wange berührten. Sie schien regelrecht zu brennen. Als Gray seine Hand wieder zurückzog, war diese zur Faust geballt und bebte. Wendy hatte gesagt, dass Juvia wieder zu sich kommen und gesund werden würde, doch sie in diesem Zustand zu sehen, machte ihn wütend. Wütend auf die Zeit, die es gedauert hatte, seine Aufgabe zu erfüllen, wütend auf sich selbst. „Gray-sama“, verließ sein Name kaum hörbar ihre Lippen. „Juvia?“ Sofort kniete Gray sich neben das Bett, um sie besser hören zu können, doch Juvia war nicht wach – sie hatte seinen Namen lediglich im Schlaf gemurmelt. „Du solltest dich ausruhen und dich nicht mit einem Idioten beschäftigen, der dich zurückgelassen hat“, murmelte er, obwohl sie ihn nicht hörte. Gray schüttelte den Kopf über sich selbst und lockerte seine verkrampfte Hand. „Es tut mir leid, Juvia“, testete er das Aussprechen der Worte, die er an sie richten würde, sobald sie aufwachte, damit ihn sein Mut später nicht verließ. Es war weitaus einfacher, dies vor der schlafenden Juvia zu tun, als ihr dabei in die glänzenden Augen zu sehen, die ihn anstarrten, als wäre er die wundervollste Person auf Erden. Das war er nicht. Und sie hatte allen Grund, um ihn zu hassen, auch wenn Grays Magen sich bei diesem Gedanken erneut unangenehm zusammenzog. Gray lehnte sich sachte vor, berührte abermals ihre erhitzte Haut und strich ihr ein paar der blauen Haarsträhnen von der Stirn. Wie sollte er es jemals wiedergutmachen? Oooh, Juvia hätte nichts gegen eine innige Umarmung, Gray-sama! Oder einen… K-Kuss!, ertönte die ihm gut bekannte, schwärmerische Stimme in seinen Gedanken. Gray stutzte und schüttelte energisch den Kopf. Wieso dachte er so einen Mist? Natürlich kannte er Juvia inzwischen gut genug, um zu ahnen, dass seine verrückte Vorstellungskraft den Nagel so ziemlich auf den Kopf traf, würde er ihr die Entscheidung überlassen, wie seine Wiedergutmachung aussah. Er verspürte nicht das Bedürfnis, dies in die Wege zu leiten, aber ein Teil von ihm, der nun dafür verantwortlich war, dass seine Augen erneut nachdenklich auf ihrem Gesicht lagen, fragte sich, ob er… es ihr nicht schuldete. Eine kleine Geste, die Juvia freuen und sein Gewissen beruhigen würde. Gray war sich ziemlich sicher, dass er völlig übergeschnappt war. Seine Ohren brannten so stark, dass sie sogar Natsus Flammen Konkurrenz machten, als er einen Kampf gegen sich selbst ausfocht. Schließlich schluckte er hörbar und beugte sich über Juvias reglosen Körper. Er vergaß vollkommen, dass es seine eigene, lebhafte Fantasie gewesen war, die ihm diesen Gedanken in den Kopf gepflanzt hatte und nicht Juvia selbst, als seine Augen über die geschlossenen Lider, die feine Nase, bis hin zu ihren Lippen wanderten. Es dauerte nur einen Sekundenbruchteil, dann flog sein Blick sofort wieder hinauf zu ihren Augenbrauen und den blauen Strähnen, die ihm verhältnismäßig harmlos erschienen. Er konnte das nicht. Lieber stritt er sich mit Natsu in Erzas Anwesenheit, als etwas so Gewagtes zu tun. Stattdessen dachte Gray gar nicht groß darüber nach, sondern entschied sich für eine Alternative und presste seine Lippen gegen ihre Stirn. Die Hitze, die von ihr ausging, konnte er nun beinahe auf der Zunge schmecken und um sich später vor sich selbst rechtfertigen zu können, griff Gray auf seine Magie zurück, um ihre Haut sachte zu kühlen. Dass er dafür auch seine Hand hätte benutzen können, blendete er in diesem Moment aus und konzentrierte sich nur darauf, Juvias Fieber zu senken. Seine Lippen waren blass vor Kälte, als er sich schließlich wieder aufrichtete. Juvia schlief immer noch, aber sie hatten den Mund geschlossen und sie wirkte weniger verspannt, als hätte die Kühlung ihr Erleichterung verschafft. Gray lächelte zufrieden. Seine wahnwitzige Idee war also doch nicht ganz so schlecht gewesen. Ein paar Minuten verweilte er noch neben dem Bett, entschied dann aber, dass er Wendy holen würde. Es sah nicht danach aus, als würde Juvia so schnell aufwachen. Vielleicht würde Wendys Heilmagie ihr noch etwas mehr Schmerzenslinderung bringen. Als Gray sich jedoch erhob, streifte etwas Warmes seine Hand. Überrascht blickte er an sich hinab und entdeckte zärtliche Finger, die schwach sein Handgelenk umklammerten. „Gray-sama“, murmelte Juvia, dieses Mal vollkommen bewusst und ihr glasiger Blick fing den seinen auf. „Du bist wach“, stellte Gray überrascht fest. Er unternahm nichts, um Juvias Hand festzuhalten, schüttelte sie aber auch nicht ab. Reglos verharrte er einfach an Ort und Stelle. „Gray-sama ist zurück“, fuhr sie fort und in ihren Augen begannen Tränen zu funkeln. Juvias Mundwinkel verzogen sich, bis ein hoffnungsvolles Lächeln ihre erschöpften Gesichtszüge erhellte. Gray spürte, wie sich etwas in seiner Brust zusammenzog. „Juvia“, flüsterte er, seine Stimme bedeutungsschwer. Gray senkte den Blick und erinnerte sich daran, dass er nun kein Feigling sein durfte. „Es tut mir leid, dass ich so lange weg war.“ „Das spielt keine Rolle mehr. Gray-sama ist jetzt hier und Juvia ist sehr glücklich darüber“, erhielt er noch im selben Atemzug eine Antwort, die ihn überrumpelte. Juvias obsessives Verhalten war eine Sache, aber ihre Worte hörten sich so… überzeugend an, dass Gray nicht anders konnte, als ihr zu glauben. Seine Ängste, sie würde ihn nun mit anderen Augen sehen, lösten sich in Luft auf, noch bevor er sie überhaupt bewusst wahrnehmen konnte. „Es ist vorbei, Juvia. Meine Aufgabe und der Kampf“, teilte er ihr zuversichtlich mit und sie nickte freudig. Sie ließ sein Handgelenk los, allerdings nur, weil sie zu schwach war, um sich länger daran festzuhalten. „Wendy ist auch da, um nach dir zu sehen“, informierte Gray sie und wollte sich gerade abwenden, als Juvia entzückt seufzte. „Gray-sama ist also gekommen, um nach Juvia zu sehen. Juvia ist gerührt“, nahm sie schwärmend seine Worte auseinander und Gray zuckte zusammen. Er verzog das Gesicht, verneinte aber nicht. „Juvia hatte einen sehr schönen Traum“, plauderte sie weiter und Gray kam zu dem Schluss, dass es ihr wieder besser gehen musste, wenn sie so viel redete. Er schämte sich glatt dafür, dass er sich unnötig solche Sorgen gemacht hatte. „Juvia hat geträumt, dass Gray-sama sie… sie… ah!“ Was auch immer Juvia geträumt hatte, es war peinlich genug, um sie dazu zu veranlassen, das rote Gesicht in den Händen zu vergraben. Gray fühlte sich von Sekunde zu Sekunde unwohler in seiner Haut und wünschte sich nichts sehnlicher, als endlich Wendy rufen zu gehen. „Es war ein frostiger Kuss, aber unglaublich schön“, hörte er Juvia zwischen ihren Fingern murmeln und war froh, dass sie ihn in diesem Augenblick nicht ansah. Grays Schultern spannten sich an und er wandte ihr hastig den Rücken zu. „Es war nur ein Traum, Juvia“, winkte er gereizt ab, konnte aber das trockene Gefühl in seinem Mund nicht ignorieren. Er konnte ihr unmöglich die Wahrheit sagen. Dieses Geheimnis würde er mit ins Grab nehmen. „Ruh dich aus. Ich werde jetzt gehen“, beendete er das Gespräch mit Nachdruck und setzte sich in Bewegung. „Kommt Gray-sama bald wieder zurück?“, fragte Juvia leise, als seine Hand bereits auf der Türklinke lag. Gray zögerte einen Moment. „Ja“, bestätigte er schließlich mit absoluter Sicherheit in der Stimme. „Ich bin gleich wieder da.“ „Dann wird Juvia hier warten.“ Ich weiß, schoss es Gray grimmig durch den Kopf und er unterdrückte ein Seufzen. Man konnte über sie sagen, was man wollte, aber sie hielt ihre Versprechen – und dieses Mal wollte er seins auch ernst nehmen. Er würde sie nicht wieder so lange allein lassen. Er würde sie nie wieder zurücklassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)